Sehr lange irrte die Sizilianerin in einer Stadt umher, die ihr eigentlich mehr als nur bekannt vorkam. Sie war hier aufgewachsen. Hatte ihren vielleicht wichtigsten Lebensabschnitt genau hier verbracht, war durch die teils sehr breiten, aber meist engen Gsschen geschlichen, zwischen den alten Fassaden mit geplatztem Putz und neugestrichenem Prunk, der sich hier und da wie kleine Tintenflecke auf ein altes Heft setzten. Neben Wohnhusern, Geschften, mittendrin, setzten sich Kirchen und Amtsgebude, scheinbar ohne irgendeine Struktur. Viele Touristen verloren und verirrten sich hier, aber zum Glck gab es Apps fr diese Zwecke. Luceija hingegen fand sich hier immer noch beinahe blind zurecht. Ohne Apps, ohne Hilfsmittel. Deshalb war es kaum ein Problem fr Luceija, ein paar wenige, gute Locations aus der scheinbar riesigen Karte herauszuziehen und die Schritte, die bei der Universittsklinik begannen, in die Richtung einer Bar zu setzen. Es war nicht dieselbe wie frher, sie ging durch vermutlich drei bis vier andere Hnde als sie immer wieder den Besitzer wechselte, aber Luceija mochte die Lage. Mitten in der Innenstadt, direkt neben einem Park, um eine Ecke, perfekt integriert. Es war verhltnismig ruhig hier, eine Fassade voller Glas mit Blick in den Park, Pflanzen berall, der Rest dster. Dunkel. Tiefhngende Lampen, Sandstein, eine trbe, schwermtige Atmosphre die umso besser war, wenn es regnete. Aber es war kein Regen in Aussicht. Allerdings Getrnke. Allein hier trank sie zwei Whiskey und drei Kurze. Zog weiter, da war es gerade einmal spter Nachmittag. Eine zweite Bar folgte. Sie trank genug und doch nicht genug um ihre Gedanken abzustellen. Also wurde es mehr. Immer mehr.
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Giuseppina musste den Eindruck machen als entfhre sie den Schweden. Denn sie lenkte ihn mitsamt eines Taxis und ihrem bezauberndsten Lcheln der Welt nicht in eine Gegend unweit ihrer Arbeitsstelle, sondern auf die andere Seite der sizilianischen Hauptstadt. Irgendwo im Sden, wo er sich mit Sicherheit nicht mehr auskannte. Aber statt einer Pistole auf der Brust und er, der den Weg ohne Credits zurck in die Stadt laufen musste, erwartete sie beide einen, wie beschriebenen, weitlufigen Automobilhndler. Ein sehr schmaler, gut gekleideter Italiener sprang ihnen entgegen, entfhrte sie weiterhin ins Innere und begrte Giuseppina berschwnglicher als Leif, aber brachte ihm mehr als genug Respekt entgegen.
Und wenig spter, vielleicht eine oder zwei Stunden intensive Verhandlungen spter, war der Schwede um ein paar tausende Credits rmer aber wenigstens um ein Auto reicher. Ausnahmsweise diesmal nicht von Gil.
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Luceija war nicht eingeschlafen und sa trotzdem in einer Ecke an der Wand, allerdings nicht auf einem der bequemen Sitze sondern auf dem Boden. Es war nicht einfach ein Zustand des Bewusstlossaufens, sie war bewusstlos. Das Zusammenspiel aus ihrem Entzug, Trauer, Sucht, Drogen, keinen Drogen, eben allem. Etwa eine halbe Stunde bis Stunde, der Laden in dem sie war deutlich zu voll, alsdass es irgendjemandem aufgefallen wre, dass unweit der Toiletten, hinten um die Ecke, eben keiner mehr auf dem Platz sa, sondern eben auf dem Boden. Nunja, nicht ganz. Ein Prchen hatte es bemerkt. Und nutzte die unsichtbare Ecke kurzerhand aus um der Sizilianerin zu schaden. Mittlerweile keine groe Sache mehr, aber da man keinem mehr einfach so die Geldbrse klauen konnte, war es nicht viel mehr als ein kleiner Hack. Einer stand Schmiere, die andere hackte und zack, waren 99% des Kontos der Schwarzhaarigen leer. Ein Glck fr Leif, dass er seinen Account nie auf ihre Devices verknpft hatte. Zurck blieben gerade mal nur genug Credits fr einen letzten Drink.
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"Ich nehme an du bist zufrieden mit deinem neuen Wagen?", grinste ihm Cavallaro entgegen, als sie den Laden verlassen hatten.