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    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    COMPLICAZIONI ORGANICHE
    - ein Past-RP, zeitlich angeordnet unmittelbar vor den Ereignissen von Nothing Cerberus Can't Fix -

    Gespielte Charaktere: [Sergio Vittore] [Luceija Natalicia Ascaiath]




    2175, LUCEIJA NATALICIA ASCAIATH (19)

    Eine kleine Drohne schwirrte um sie herum. Sie sah sie nicht, noch nicht, die Augen noch immer geschlossen, aber sie spürte, wenngleich es unmöglich schien, das dünne Netz des scannenden Lasers auf ihrer Haut. Härchen hatten sich aufgestellt, kaum, dass er begonnen hatte - ungefragt natürlich. Sie hörte das leise Surren, dass die mechanische Hilfe eröffnete, erst links von sich, dann, wie es um sie herum flog und auf der anderen Seite ihres ruhenden Körpers den nächsten Scan ausführte. Eine weitere Maschine war viel leiser als die Drohne selbst, war wohl in einem Standby-Modus gefangen und aktuell unrelevant für ihre Behandlung. Ansonsten war es erschreckend ruhig. Es musste ein Krankenhaus gewesen sein, aber das Huerta Memorial stand sicherlich nicht auf der Liste. Es war das berühmteste Krankenhaus der Citadel, aber weder sie noch Sergio hatten sich jemals viel im Präsidiumsring aufgehalten. Dazu gab es nie einen Anlass und war, ohnehin, noch viel ruhiger und unangenehmer als alle anderen Bezirke. Verhältnismäßig leer. Viel zu teuer. Nichts drumherum was Spaß machte, nur wenige Shops. Die wenigen die es gab waren Souvenirläden oder überteuerte Cafés. Also nicht wichtig. Aber welches war es dann? Sie rechnete auch nicht mit einem Privatzimmer, aber so ruhig schien es tatsächlich. Hier hörte man keine Schritte oder Skycars von Außerhalb, nicht mal regelmäßige Stations-Ansagen. War das noch die Citadel? Sie roch jedenfalls so. Genauso schäbig, genauso kalt, genauso künstlich. Alles zu weiß und hell, das bemerkte sie selbst unter geschlossenen Augenlidern, die sie am liebsten niemals wieder geöffnet hätte. Trotzdem wagte sie ein kurzes Blinzeln, ein kurzes, behäbiges Öffnen ihres rechten Auges, dass brannte wie die Hölle selbst. Sie blinzelte mehrmals und lange, befeuchtete es auf natürliche Weise, aber es kam ihr vor als habe man ihr Sandpapier auf die Iris geklebt. Licht blendete sie. Es war Abend, irgendwie hatte sie das im Gefühl ohne wirklich verifizieren zu können, dass es so war. "Update: Patient im Wachzustand. Willkommen, Patient 0 - 1 - 7 - 4 - 2 - delta - error, Patientenakte nicht gefunden. Vielen Dank, dass Sie sich für das Fayva-Copeland-Medical-Center entschieden haben. Heute ist der error, error, error, error - Fehler im Zeitmodul gefunden, bitte Update installieren. Sie haben 999999999 Stunden geschlafen. Es ist 99:99 Uhr." Wie viele Stunden?! Luceijas Blick weitete sich schneller als sie es für möglich gehalten hatte, der Schmerz der Helligkeit schien ihre Sicht zu durchbohren. Sie sah eine Schrankwand. Citadel. Eindeutig. Schritte näherten sich. Hier war die surrende Drohne, die sich den Schritten zu wandte, als müsse sie sich ebenfalls um die Neuankömmlinge kümmern. "Willkommen, Dok-". Weder die Drohne noch ihre unmittelbare Umgebung deuteten darauf hin, dass sie eine Zeitreise hinter sich gebracht hatte, obwohl eben diese genau das gewesen wäre, wonach sie sich nun am ehesten gesehnt hätte. Eine Zeitreise. Einen Weg zurück an diesen Punkt den sie noch gar nicht richtig zu fassen bekam. "Abmelden. Schwirr ab, ich bin da!", wandte sich eine, zumindest als Ärztin gekleidete, Frau in ihren vermeintlichen Sechzigern an das Gerät, wedelte ausufernd mit der Hand und die Drohne schien enttäuschtes Surren zu antworten, seine Linse zu senken und zu schließen und schließlich aus dem Raum zu schweben. Die vermeintliche Störquelle verschwand, bis die Ärztin, die sich noch nicht ausgewiesen hatte, ein unheimlich grelles Licht in Luceijas Augen richtete und diese damit sofort zusammenzuckte. Sie schloss die Augen reflexartig, wollte dem hellen Licht entgehen und drehte den Kopf in die gegensätzliche Richtung. "Reaktion, na großartig! Guten Abend, Miss Ascaiath, wir haben Sie schon vermisst. Wie geht's Ihnen? Können Sie mich hören?", wollte sie wissen und Luceijas Kopf reagierte automatisiert mit einem schwachen Nicken. Abend. Wusste sie's doch. "Wissen Sie, wo Sie sind?" Wieder ein schwaches Nicken. Fayva-Copeland-Medical-Center. Die Drohne hatte wenigstens diesen Job erfüllt. "Gut. Versuchen Sie bitte Ihre Zehen zu bewegen.", verlangte sie als nächstes und Luceija war kaum darauf vorbereitet, dass die Frau die Bettdecke von ihren Füßen hochklappte. Kühle Luft ließ sie sich kurz schütteln. Die Frau berührte ihren Fuß und sofort zuckte die Sizilianerin zurück und ihre Gliedmaßen aus der Reichweite der Fremden. Ihr Herz pulsierte stark, dezenter Schwindel machte sich bemerkbar. "Ganz ruhig, Miss, ganz ruhig." Sie deckte sie wieder zu und stattdessen lieber ihre linke Hand auf, an welcher einige, kleine Schläuche endeten. Hier war das Ausweichen schwerer. Grüne, skeptische Blicke beobachteten die Frau paranoid. Ihre Stresspegel stieg erheblich. Im Hintergrund piepte eine Maschine, gab einen größeren Ausschlag der ihre Vermutung bestätigen wollte. "Wir machen hier nur Routinetests. Bewegen Sie die Finger bitte für mich?" Luci atmete schwer, aber bewegte dennoch ihre Finger. Schwach, aber es funktionierte. "Gut, sehr schön. Wissen Sie, weshalb Sie hier sind?"

    Nicht eindeutig. Ihre letzte Erinnerung steckte in diesem Club aus welchem Sie kam. Danach war alles...schwarz. Nicht gänzlich, aber sie konnte die Strippen noch nicht ganz ziehen. Deshalb schüttelte sie sehr, sehr vorsichtig ihren Kopf und schon im ersten Moment dieser Bewegung spürte sie stechende Schmerzen in ihrem Gesicht. Ihre Augen schlossen sich wieder. Immer noch dieses Gefühl von Sandpapier. "In Ordnung. Das könnte eine kurzfristige Amnesie sein, aber machen Sie sich keine Sorgen, Miss Ascaiath. Es ist ganz natürlich, dass ihr Körper so reagiert und Sie erstmal zu schützen versucht. Wir werden Ihnen in Kürze einen Psychologen an die Hand geben, der das Trauma mit Ihnen aufbereitet." Trauma? Was für ein Trauma? Sie hatte nur Schmerzen, oder? Ein Unfall? War sie gestürzt? Sie formulierte eine müde Frage, die nur leeres Säuseln mit sich brachte. Keine Sprache. "Ihr-...Doktor wurde bereits informiert. Wir können Ihnen leider noch keine weiteren Schmerzmittel geben, bevor er nicht seine Zustimmung gegeben hat, verstehen Sie? Sie wissen schon, Miss Ascaiath? Wegen Ihrer Testresultate. Aber-...es wird kaum lange dauern, er ist bereits auf dem Weg. Wenn es garnicht mehr auszuhalten ist, geben Sie bitte Bescheid. Hier ist der Knopf." Sie drückte der Patientin einen kleinen Knopf in die Hand der etwaige, medizinische Unterstützung auf den Weg senden würde und Luceijas Hand wurde dabei wieder berührt. Sie wusste nicht warum, aber zuckte wieder zusammen. Ihr Atem wurde schneller. Sie sah sich auf eine verstörte und hilflose Weise um. Versuchte ihre Hand zu heben und hatte dank einer Fixierung keine Chance sie weit anzuheben. Sie wimmerte. Deutete einen gebrochenen Laut an. Etwas fühlte sich grauenvoll an. Und etwas an und in ihr hatte sich grundlegend verändert - das spürte sie, voll-umfänglich. Nur WAS es war, das-...schien ihr Geist kaum schon zu verarbeiten.
    Die Ärztin verschwand mit einem aufmunternden Lächeln und einer erneuten Erinnerung an den Knopf in ihrer Hand aus dem Raum. Die Schiebetür schloss sich und ließ sie diesmal gänzlich allein. Erstmal.
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    Ritter Avatar von Tjordas
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    Prof. Dott. Ric. Sergio Vittore

    Sergios Hand krallte sich regelrecht in die stählerne Haltestange des grell beleuchteten Aufzugs. Immer im Wechsel umgriff er das Metall entweder zornig mit aller Kraft, oder tippte dann doch wieder ungeduldig mit den Nägeln darauf herum. Aufgewühlt und daher zitternd griff er in seine Brusttasche, wo er eine bereits gestopfte Zigarette herauszog und sich erst einmal nur zur Beruhigung in den Mundwinkel steckte. Dann öffnete sich die Aufzugtür und er stampfte mit großen Schritten auf die Etagenrezeption zu, wo eine gelangweilte Arzthelferin durch Sergios Anblick nahezu aus dem Halbschlaf gerissen wurde - und das nicht nur, weil dieser das Rauchverbot so offensichtlich bereit war zu ignorieren.
    "Dr. Vittore?", stammelte die junge Frau mit den schulterlangen, braunen Haaren nur ungläubig.
    "Ganz Recht - Aber bevor Sie jetzt irgendwelche Fragen stellen, würden Sie mir bitte einfach sagen, in welchem Zimmer ich meine Tochter finde?"
    Der Italiener zügelte sein Temperament für diesen Satz, auch wenn es ihm hörbar und sichtbar schwer fiel.
    "Sie... Meinen Luceija Ascaiath?", hakte die Helferin nach, offenbar verwirrt, wie sie den begriff 'Tochter' angesichts des Namens einzuordnen hatte.
    "Natürlich Luceija! Und wenn Sie schon nach der Zimmernummer suchen, vielleicht erklären Sie mir auch, wieso Luceija für mehrere Tage einfach verschwindet, ihre Behandlungstermine vertrödelt und jetzt in einem Krankenhaus eingeliefert wird, statt einfach zu mir in mein eigenes Labor gebracht zu werden, wo sie eine ideale Behandlung für ihre medizinischen Probleme bekommen hätte"
    Die Helferin prüfte parallel nervös einige Dinge auf ihrem Terminal, schaute dann ungläubig zwischen Sergios dunklen Augen und dem Krankenakteneintrag hin und her und stammelte schließlich nur.
    "Ich fürchte bei den medizinischen Details müssen Sie sich an die behandelnde Ärztin wenden. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Luceija im Schockzustand und mit mehreren schweren Verletzungen vor etwa achtzehn Stunden hier eingeliefert wurde und man erst ihren Zustand stabiliseren wollte, bevor man Sie kontaktiert. Sie finden Sie auf Zimmer 464, den Korridor hinunter und ganz am Ende rechts ab, dann das zweite Zimmer rechts."
    Sergio blieb nicht mehr bis zum Ende er Erklärung am Tresen, sondern stapfte bereits los den Gang hinunter. Noch auf dem Weg zündete er sich zur Empörung der Arzthelferinnen seine Zigarette an und hinterließ Rauchschwaden wie eine Dampflok hinter sich. Erst vor der Tür angelangt nahm er noch einen letzten, knisternden Zug durch den Filter und schnippte dann die restliche Zigarette noch glimmend aus dem danebenliegenden, halbgeöffneten Fenster, bevor er klopfte, jedoch öffnete, bevor man ihn zum Eintreten aufforderte.

    Er fand Luceija - oder einen kümmerlichen Rest von ihr - im Krankenbett, wo sie so wenig von der Decke ausfüllte, dass man sie ohne all die Schlüche zu ihr hin kaum gesehen hätte. "Verfickt-", stammelte er noch heraus, ehe er, als er sah, dass sie allein war, sofort die Tür hinter sich schloss und zu ihr ans Bett stürmte, dort instinktiv die Vitalwerte an den Displays prüfte, und erst dann ihre Verletzungen begutachtete.
    "Mia piccola Luceija...", begann er dann auf Italienisch, "Sag mir bitte, dass dich ein Skycar erwischt hat oder sowas", war alles, was er herausbrachte, als er bei der Form der behandelten Wunden verstand, dass hier offensichtlich eben kein Unfall im Spiel war. Noch bevor er eine Antwort bekam, prüfte er auf dem Patientendisplay neben dem Bett die bisher verabreichten Mittel, und als er dort kein Schmerzmittel fand, nahm er sogleich eine eigens mitgebrachte Ampulle aus der Seitentasche, suchte dann die Schubladen des Zimmers nach einer Spritze ab, ließ alle Schubladen geöffnet stehen, bis er schließlich eine fand und zog den Kolben neben Luceija auf, bevor er die Nadel in den bereits gelegten Venenkatheter steckte und eine Mindestdosis verabreichte, die bei manch anderem Patient wohl schon die Höchstdosis dargestellt hätte. Erst jetzt, da er das Mittel wirken sah, wie es die Muskeln seiner Ziehtochter entspannte, entspannte auch er sich und sank mit der Stirn auf ihre Schulter hinab.
    "Was hast du jetzt nur wieder für eine Scheiße gebaut...", seufzte er flüsternd in ihr Ohr, unschlüssig, ob er trauern oder wütend sein sollte.
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  3. #3 Zitieren
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    Nicht mal unter Einfluss der stärksten, bislang konsumierten Drogen hatte Luceija es einmal erlebt, dass sie nichts mehr wirklich wahrnahm. Zwar schon die Anwesenheit von Maschinen, von regelmäßigen, piependen Geräuschquellen und noch viel deutlicher von einer überwältigenden Welle von Schmerz die permanent in pulsierenden Wellen über ihren Körper hinwegschwappte und sie tiefer und tiefer unter Sand zu begraben versuchte - aber trotz dessen, dass sie wusste, dass da etwas war und dass da auch JEMAND war, nahm sie ihn nicht wahr. Nichtmehr so wie sie sich sonst wahrgenommen hatten. Als liege in diesem Bett eben nicht mehr 'seine kleine Luceija', sondern etwas anderes, wofür man noch keinen Namen gefunden hatte. Tief in den Kissen eines viel zu weichen und dick gepolsterten Bettes. Verkabelt, verbunden und fixiert. Ihr Atem schien zu rasseln, unregelmäßig zu sein. Jedes Mal wenn sie versuchte zu schlucken, spürte sie, dass ihr Hals so trocken wie tausend Wüsten war. Noch immer ein Schlauch hier steckte, klein, nicht wirklich schmerzlich im Vergleich zu all dem Rest, aber einschränkend. Sprechen hätte sie so kaum können, nicht ohne das Gefühl man wolle ihr die Eingeweide über den Mund herausziehen. Aber das wollte sie auch nicht. Sie hatte nicht mal den Kopf in die Richtung ihres Vaters gedreht, als er, umringt von Resten seines Zigarettenrauches, in das Zimmer gestürmt kam. Stattdessen überkam sie eine Scham, die sie nicht einordnen konnte. Es fühlte sich falsch an, dass überhaupt irgendjemand in diesem Zimmer war. Dass sie hier lag und nicht selbstständig verschwinden konnte. Sie brauchte Ruhe. Zeit. Einen klaren Kopf um zu verstehen, was überhaupt passiert war. Warum sie sich fühlte wie sie sich fühlte, warum sie so verwirrt war, ihre Gedanken derartig unsortiert und wo dieses Gefühl hin verschwunden war, die natürliche Selbstsicherheit einer sizilianischen, jungen Frau mit einem viel zu dominanten, eigensinnigen Kopf. Wenn sie es hätte beschreiben müssen hätte sie gesagt, dass es sich genau so anfühlen müsste, beerdigt zu werden. In ein tiefes, tiefes Loch zu fallen, Schreie, Klagen, Meinungen, Schmerzen - alles urplötzlich egal war. Ebenso wie das Leben, welches man vorher geführt hatte. Alles war von dieser-...Gleichgültigkeit überzogen. Alles fühlte sich seltsam an. Alles war anders.

    Auf kein einziges Wort des Sizilianers hatte Luceija geantwortet, geschweige denn reagiert. Selbst, als er den Kopf wieder anhob und auf die runter sah, fokussierten sich ihre Augen nicht auf ihn. Das Rechte war sanft geöffnet und sah an die Decke. Das andere geschlossen. Zur Hälfte unter einem dicken Verband, der ihre gesamte Schläfe mit einwickelte - gepolstert von der Kompresse. Blutreste klebten noch am sichtbaren Teil ihres Auges. Längst oxidiert, längst angetrocknet. Das hier war nicht normal und Sergio würde es schneller merken als sie selbst. Dass sie so gar nicht reagierte, nicht mal mit Wut oder irgendeiner Form von Gegenwehr gegenüber seinen Aussagen oder seiner sehr eigenwilligen Form von Fürsorge, war untypisch für sie.

    Ein Klopfen riss beide Parteien aus ihren Gedanken - Sergio mehr als die Patientin. Ohne weitere Ankündigung öffnete sich die Türe und die selbe Ärztin schritt in den Raum, die Luceija kurz nach ihrem Erwachen bereits gesehen hatte. Sie schätzte die Medizinerin nicht wirklich als kompetent ein, aber sie hatte sich auch jahrelang an Sergios Routine gewöhnen können - alle mussten sich an ihm und seinen Fähigkeiten messen. "Ah. Guten Abend Doktor Vittore.", begrüßte sie den anderen Mediziner im Raum. "Ich hatte sie eigentlich früher informieren wollen, aber es schien mir wichtiger ihr Subjekt abzusichern bevor ich sie Ihnen wieder übergebe.", stellte sie fest und offenbarte ein wichtiges Detail. Subjekt. Sie waren vermutlich in einem normalen Krankenhaus, aber diese Ärztin war definitiv gekauft. Oder sogar fester Bestandteil ihrer Organisation. Jedenfalls nahm ihre Sprache einen nochmals anderen Ton an als zuvor als sie noch mit Luceija alleine gesprochen hatte - sie wusste mehr, das hatte Luci ja schon gehört. Jetzt, in der Intimität des Krankenzimmers und in Anwesenheit eines anderen Cerberus-Arztes, schien sie keine Barriere mehr zu halten. "Mein Name ist Doktor Greta Fiorentini. Ich habe mich um C-37 gekümmert, als sie eingeliefert wurde.", sie hielt ihm die Hand zu einer freundlichen Begrüßung hin, erhielt aber die ihres Gegenüber nicht, steckte sie also wieder zurück in die Kitteltasche und hob mit einem knappen Seufzen die Brauen. 'So einer also.', dachte sie sich nur und legte ihre andere Hand an den unteren, metallernen Griff von Luci Patientenbett. "Keine Italienerin.", winkte sie mit einem fast freundlichen Lächeln ab, lachte einmal leblos und eher aus gesellschaftlichem To-Do heraus, "Meine Eltern kommen aus Mendrisio in der Schweiz. Ich bin nie selbst dort gewesen. Weder-...in der Schweiz noch Italien. Citadel-Kind. Hm." Der unangenehme Blickkontakt intensivierte sich nur kurz bevor sie erneut tief seufzte und in Richtung Luceijas Bettes nickte, wo diese noch immer anteilnahmslose Blicke veräußerte. "Sie hat bereits auf äußere Reize reagiert, dass sie wach ist ist auch ein gutes Zeichen. Schmerzmittel wurden ihr noch keine verabreicht, wir wollten sichergehen, dass Sie hier sind bevor sie welche erhält, uns liegen immerhin keine Informationen zu ihren Versuchsstadien vor." Die vermutlich Fünfzigjährige sah von Luceija zu Sergio zurück, ihr kupferfarbenes, kurzes Haar brachte sich selbstständig zurück in eine gut geschnittene Form. Sie schien auf eine Reaktion des Italieners zu warten oder zumindest für Fragen zur Verfügung zu stehen. So viel Empathie wie Sergio schien sie für die gerade erst Erwachsene im Krankenbett allerdings kaum zu haben. Ihre Aussagen deckten diese eher kühle Herangehensweise.
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  4. #4 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Mit dem Kopf so auf Luceijas Schulter liegend, wartete er darauf, dass sie, wie er es von ihr bisher kannte, sich zumindest mit einer einsilbigen Äußerung beklagte oder in irgendeiner Form ihren Emotionen Luft machte. Doch die Reaktion blieb aus. Daher hob er langsam seinen Kopf wieder an, betrachtete das geschundene Gesicht seiner kleinen, begann sich dabei aber mehr und mehr nicht über ihren körperlichen, sondern ihren seelischen Zustand zu wundern. Er beugte sich etwas vor, um den Blick ihres offenen Auges abzufangen, doch auch so schaute sie einfach durch ihren Ziehvaterr hindurch. Kurz hob er die Hand vor ihr Gesicht und winkte etwas - sie blinzelte, folgte den Fingern reflexartig mit der Pupille, verbot sich dann aber offenbar selbst, der rauen Hand Sergios mehr Fokus zu schenken und sah daran vorbei an die Deckenlampen. Die Erkenntnis, dass sie bei Bewusstsein war und kein komatöses Gemüse beruhigte und beunruhigte Sergio gleichermaßen, denn er war ihr ungebremstes Temperament gewöhnt, das er im eigenen Labor nur unter hunderten Stunden pädagogischer Arbeit überhaupt zu bremsen vermocht hatte, und selbst das nur, so lange man sie nicht aus den Augen ließ. Aber wer war jetzt diese junge Frau, die teilnahmslos Luftlöcher starrte und ihrem Vormund den unbedingt eingeforderten Respekt verwehrte? Mit skeptischem Blick stand er auf, prüfte nochmal auf dem Display vor dem Bett den Krankenbericht, ob es wirklich seine Luci war - doch da stand unmissverständlich ihr voller, exotischer Name, den - so hatte er bereits früher herausgefunden - kein Bewohner der Citadel mit ihr teilte.
    "Was soll der Mist?", schlug seine Verwirrung nun in Wut um, als er sich auf das Fußgestell des Bettes nach vorne stützte.
    "Erst tauchst du tagelang nicht auf, dann finde ich dich hier eingewickelt wie eine Mumie und dann redest du nichtmal? Du kannst da draußen ja machen, was du willst, aber zumindest erwarte ich im Gegenzug..."
    Er konnte seine mit beiden Händen unterstützte Standpauke nicht zu Ende bringen, da kurz darauf die behandelnde Ärztin den Raum betrat. Widerwillig begradigte Sergio seinen offensiven Stand und räusperte sich.
    "Buonasera", begrüßte er die Ärztin wie zum Trotz auf Italienisch und ließ dabei die Titulierung bewusst aus. Ihr mit den Augen folgend, hörte er ihr weiter zu, behielt aber die Hände in seinen Kitteltaschen und drehte sich erst mit dem Körper zu ihr, als sie endlich ausgeredet hatte.
    "C-37, wie Sie sie nennen, heißt übrigens Luceija und den Klarnamen bevorzuge ich für alle Subjekte, die das Initialstadium überleben. Wir reden hier ja auch nicht über irgendein Balg aus den Slums", er beugte sich etwas nach vorne, nahm die Ärztin bei der Schulter und drehte sie von Luceija weg, um einen Schritt mit ihr zur Tür hin und vom Bett wegzugehen, bevor er mit leiserer Stimme weiter erläuterte: "Sie ist das Fleisch und Blut von Gaius Ascaiath. Wenn Sie ihr bei der Injektion auch nur ein Hämatom verpassen, kostet Sie das den Kopf, also empfehle ich Ihnen im eigenen Interesse einen gewissen Mindestrespekt"
    Sein Gegenüber nahm die Zurechtweisung mit überraschtem Schweigen auf, konnte sich aber zumindest ein kurzes Heben der Brauen nicht verkneifen, als Sergio nicht hinsah. Er selbst begann nun wieder lauter zu sprechen, um Luceija nicht komplett aus ihrer eigenen Behandlung auszuschließen, ob sie nun zuhören wollte oder nicht.
    "Schmerzmittel hat sie gerade von mir bekommen. Ab jetzt werden Sie jede medizinische Entscheidung mit mir vorher absprechen - ob ich da bin oder nicht. Und das ganze hier dauert nicht länger als nötig. Wie bald kann man ihr eine Entlassung zumuten?"
    Tjordas ist offline Geändert von Tjordas (12.10.2020 um 14:12 Uhr)

  5. #5 Zitieren
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    "Das hätte ich in diesem Fall kaum machen können, Doktor Vittore.", wandte sich die Ärztin eine Spur strenger an den etwas Älteren. Sie steckte nun mehr auch noch die andere Hand in die Kitteltasche und spielte dort mit einer kleinen Ampulle zwischen ihren Fingern. Wenn Nervosität aufgekeimt wäre, hätte sie sie so versucht zu neutralisieren. Sie schnaubte durch ihre Nase, betrachtete ihre apathische Patientin nochmal so, als wäre es noch weiterhin ihre und erklärte sich nun mehr. "Sie wäre in erster Linie an einem schweren, anaphylaktischen Schock gestorben wenn wir nicht sofort reagiert hätten und in zweiter Instanz verblutet. Da wären die kleinen Hämatome die sie beschreiben wirklich noch zu verkraften gewesen. Fragen Sie sich eher wie es sein kann, dass ihr Subjekt frei durch den Tayseri Ward spaziert und das passieren kann."
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  6. #6 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Sergio rollte nur mit den Augen angesichts der jämmerlichen Selbstverteidungsversuche seiner Kollegin, die sich jetzt auf Formulierungsunklarheiten stützte. Die darauf folgenden Vorwürfe ihrerseits brachten Sergio an den Rand seiner Geduld, doch nahm er sich dennoch die Zeit, in ruhigem Ton, aber unter genervtem Massieren seines Nasenbeins seinen Standpunkt darzulegen.
    "Sehen Sie, Doktor, wie Sie vielleicht der Tatsache entnehmen können, dass ich mich mit Luceija auf der Citadel befinde und nicht in irgendeinem Bunker auf Noveria, basiert die Forschung an ihr auf einem Konzept des freien Willens. Meine Ergebnisse wären unter Zwang und Haft weder erfolgreich noch valide. Ich verlange nicht, dass Sie mit Ihren altmodischen Methoden Verständnis dafür zeigen, aber vielleicht haben Sie ja ein noch lebendes Subjekt mit besseren Attributen als Gegenbeispiel vorzuweisen - dann können Sie das gerne mit dem Alten besprechen. Mein letzter Mitbewerber mit ähnlichen Ambitionen hat übrigens das zeitliche gesegnet - fragen Sie also auch nach einer Risikopauschale", beendete er seine sarkastische Antwort und trat dann wieder an die Projektion am Bett heran, die die Laborwerte und Diagnosen Luceijas zusammenfasste.
    "Anaphylaktischer Schock sagen Sie...", wechselte er das Thema zurück zum Kern der Sache, "Mir sind bei Luceija aber keinerlei allergische Reaktionen bekannt... Welches Allergen soll das denn ausgelöst haben? Und was hat das mit ihren Verletzungen zu tun?", fragte er sich selbst und seine Kollegin gleichermaßen, wobei er aber Luceija ansah und hoffte, vielleicht doch von ihr selbst eine Antwort zu bekommen.
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  7. #7 Zitieren
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    Von Luceija selbst erhielt er weiterhin anhaltende Teilnahmslosigkeit. Sie sah noch immer so eisern geradeaus, auch, wenn ein zarter Schimmer auf ihren grünen, im Moment recht emotionslos erscheinenden Augen aufgetreten war. Denn auch wenn es schien als stecke sie im Koma oder gar nicht mehr unter den Lebenden, hörte sie durchaus noch die Bruchstücke der Anklagen an sie. Sergio würde aus seiner Nähe zu ihr auch bemerken, wie sich ihre Iris sanft, nicht allzu weit, von links nach rechts bewegte. Sie war nicht tot. Jedenfalls nicht ihr Körper, der durchaus noch Reaktionen zeigte. Aber weiterhin sprach sie eben nicht. Antwortete auch nicht auf diese Fragen, die ihr Vater berechtigterweise stellte. Und noch berechtigter wütend wurde, denn sie verstand so wenig wie er und auch sie wollte Antworten. Sie verstand nicht, warum sie sich fühlte wie sie sich fühlte, nicht, warum sich ihr Körper in diesem Zustand befand und sie sich so schwer fühlte, als sei Laufen, sich bewegen, ein normales Leben zu führen niemals wieder im Rahmen der Möglichkeiten. Woher kam diese Panik in ihrem Inneren? Wieso tat ihr alles so verdammt weh? Wieso schien ihr gesamter Körper nur noch ein im Takt des Pulses pochendes, Stück Fleisch zu sein? Tatsächlich hatte die Ärztin mehr Antworten als sie. Denn im Vergleich zu Luceijas verwaschenen, brüchigen Erinnerungen, hatte sie valide Ergebnisse der Erstuntersuchung und Stabilisierung.

    Doktor Fiorentini schürzte lediglich die Lippen. "Nein. Habe ich nicht.", wies sie ihn zunächst noch auf das fehlende Gegenbeispiel hin. "War nicht meine Absicht ihre Kompetenz in Frage zu stellen. Aber ich versichere Ihnen, wir machen hier, was wir können. Und wie begrenzt die Mittel auf der Citadel sein können wissen Sie so gut wie ich." Er hatte nicht lange zu warten, denn die moderaten Absätze der Schuhe der Medizinerin kündigten bereits an, dass sie sich in Sergios Nähe zurück arbeitete und neben ihn ungefragt an Luceijas Patientenbett trat, ganz zu ihrem Missfallen. "Allergene nicht-terrestrischen Ursprungs.", stellte sie für Doktor Vittore über seine Schulter hinweg klar. Dieser sah erstmals, vermutlich mit Skepsis, wenn sie diese Mimik richtig deutete, von der Projektion ab und Fiorentini schritt ein weiteres Mal ein. "Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen: Auf der Citadel ist das nicht wirklich selten. Man isst einmal in einem weniger guten Restaurant, in dem die Köche, bei Gott hoffentlich nicht, Quarianer oder Turianer sind", Luci, die all das mit anhörte, wurde aus heiterem Himmel speiübel, "und Hygienevorschriften nicht einhalten, Teller, Besteck, Küchenutensilien nicht richtig oder gar nicht abspülen oder verwechseln und Woom - schon haben sie anaphylaktische Schocks die bei manchen Spezies sogar noch eine Ecke schlimmer Resultieren als bei Ihrer Tochter. Schon klar. Keine Seltenheit, wir leben hier immerhin im bunten Multikulti-Paradies." Sie stimmte seiner fehlenden Reaktion zu, nahm sie dementsprechend also einfach an. "Aber das hier sollten Sie sich trotzdem ansehen. Dann verstehen Sie vermutlich besser was ich meine."

    Auf alles Nachfolgende war Luceija noch weniger vorbereitet als die schwammigen, kaum zu ihr durchdringenden Worte über Turianer. Ihr Herzschlag erhöhte sich als sie etwas zu ahnen begann, als sich ein Funke in ihrem Hinterkopf entzündete und ihr einen längst überflüssigen Hinweis geben wollte. Doch er zündete noch nicht ganz. Sondern erst, nachdem Fiorentini mit ihrem Kupferhaar die Sache in sprichwörtlich in die eigene Hand nahm, den Saum der dicken Daunendecke Luceijas griff und sie mit einer gewissen Rücksicht, aber noch stärkerem Willen der Aufklärung, vom Körper der blutjungen Frau zog. Zum Vorschein kam der fast untergegangene, gefährlich schmale Körper der Neunzehnjährigen, die in einem typischen Krankenhauskleidchen steckte und gerade einmal nötigstes bedeckte. Man hörte ein leises Wimmern ihrerseits - mehr bekam auch schon die Ärztin nicht von ihr zu hören. "Es tut mir Leid, Luceija, Sie müssen da kurz durch.", gab sie der Patientin und auch ihrem Ziehvater, der etwas ratlos neben der Frau stand, nur mit auf den Weg. "Die Schmerzmittel die Doktor Vittore Ihnen gegeben hat müssten das schlimmste dämpfen." Ja. Das schlimmste. Aber nicht dieser widerliche Scham, die bisweilen unerkannt in ihren Knochen gesteckt hatte. Sie zitterte. Ihre Augen - DAS Auge - wurde groß, beinahe panisch, und fokussierten die Ärztin mit einer seltsamen Angst. Diese hingegen tat ihr nichts - so, wie die Neunzehnjährige hier lag gab es auch nicht viel, was der Enthüllung wert gewesen wäre, abgesehen von freiliegenden Beinen, aufgeschürften Knien und, soweit man sehen konnte, einer Menge an Blutergüssen und blauen Flecken. Nichts, was man hier nicht erwartete, wo ihr Gesicht schon so aussah.
    "Atmen Sie tief durch, Luceija.", bat Fiorentini die Jüngere noch einmal und nahm ein paar der Schläuche vorsichtigst aus dem Weg. Sie drehte vorsichtig Luceijas Gesicht auf die Seite ins Kissen. Was nun auffiel war die Stelle nah derer, an welcher Fiorentini ihre Hände ansetzte: Luci lag auf einem dünnen, womöglich saugfähigen Stoff, einer Art Unterlage um den Bezug des Bettes zu schützen und natürlich auch die Wunden. Die, die Sergio bislang verborgen geblieben waren. So lange, bis die Ärztin ihre Patientin vorsichtig an Hüfte und Schulter nahm und auf ihre rechte Seite drehte.

    Was dort lauerte - und für lauern gab es hier kein anderes Wort, nachdem selbst die stumme Luci ein schmerzliches Wimmern entließ - waren riesige Wunden. Beide hatten Aussicht auf ihre gesamte, durch das Krankenhauskleidchen so freiliegende, Rückseite. Und diese war als solche nur noch schwer erkennbar. Da zeichneten sich Verletzungen ab die so lang waren wie der gesamte Rücken der jungen Frau. Drei einzelne, parallel zueinander liegende Verletzungen, abgehend von einer Stelle kurz unterhalb ihrer linken Schulter bis hinunter auf die rechte Seite ihrer Hüfte. Ohnehin viel zu schmal nahmen diese Wunden so die fast gesamte Fläche problemlos ein. Sie waren ordentlich vernäht worden aber das nahm ihnen kaum den Schrecken. Die Wunden waren so frisch, dass sie noch immer feucht waren. Man erkannte die Spüren auf der Unterlage unter ihrem Körper, sah auch die kleinen Fäden die sie zogen, als Fiorentini sie bewegte und von jener Matte gelöst hatte. Sie selbst presste die Lippen gegeneinander. Die Hand hielt das Mädchen weiter in dieser Position, welches unter einer deutlichen, aufkeimenden Panik zu leiden drohte. Nicht, dass Sergio sie nicht längst in und auswendig kannte. Aber es offenbarte nicht nur diese riesigen Wunden. Hinweise, die nicht direkt deutbar waren. Ohnehin befasste sich die Ärztin erstmal mit dem was zu offensichtlich vor ihnen lag. "Zugegeben ist meine Expertise nicht so breit wie Ihre, aber für mich...", sie nutzte ihre freie Hand um die Spuren der großen Wunden, "...sehen diese Wunden aus wie-..."
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  8. #8 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    "...Wie von Klauen", ergänzte Sergio den Satz seiner Kollegin murmelnd und hielt dabei mit verschränkten Armen eine Hand vor seinen Mund um seine Fassungslosigkeit zu verdecken. Erst jetzt, da Luceija am Rücken entblößt auf der Seite lag, offenbarte sich ihm absolut unbestreitbar, dass sie nicht einfach nur Opfer irgendeines Unfalls geworden war. Doch die sich daraus ergebende Konsequenz wagte er kaum zu ziehen. So sehr er sich dagegen sträubte, die offensichtliche Wahrheit bohrte sich in sein Bewusstsein und verlangte, beachtet zu werden. Er ging langsam neben dem Bett in die Hocke und folgte mit den Augen genau dem Verlauf der drei Krallenspuren ihren Körper hinab, bis sich die Spur an der Mitte ihre Rückens zur Taille hin verlor. Er streckte die Hand danach aus und war im Begriff, die aufgequollenen Wundränder mit den Fingerkuppen zu berühren, doch kannte er seine Luci und wie schreckhaft sie unter Schmerzen auf unerwartete Berührungen reagieren konnte, weshalb er es bei einem Blick beließ und sich wieder aufrichtete. Obwohl er sie genauer begutachten wollte störte ihn der fremde Blick Fiorentinis auf sein Testsubjekt. Und so drehte er sie an den Schultern zurück auf den Rücken und berührte sie dabei nur mit der Decke zwischen seinen Händen und ihrer bloßen Haut. Er verbot sich in der Anwesenheit einer Fremden, Luceija zuzudecken und ihr die Zuwendung zu schenken, die sie wohl ohnehin verwehrt hätte, doch erlaubte er sich zumindest, eine unter dem Verband vor ihr Auge gefallene Strähne hinter ihr Ohr zu streichen.
    "Wo hat man sie gefunden?", wechselte er das Thema und verschwieg Fiorentini somit alle Schlussfolgerungen, die er bereits in seinem Kopf zu ziehen begann. Bei all der Fürsorge, die seine dunklen Augen verrieten, mischte sich immer mehr Hass hinzu. Eine Irrationalität, die Sergio schon dachte bei sich vergessen zu haben. Konnte es wirklich sein, dass seine als Klischee abgestempelten Feindbilder sich nun doch wieder bewahrheiteten?
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  9. #9 Zitieren
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    "Exakt..." .
    Fiorentini rümpfte kaum allein die Nase, weil sie die bare Rückseite dieses Mädchens betrachtete - das war Teil ihrer Arbeit und noch mehr schlicht, auf eine morbide Weise, interessant und lehrreich. Sie verstörte eher der Hintergedanke den die beiden Mediziner gerade zu teilen schienen. "Im Tayseri-Ward.", antwortete die Medizinerin, machte keinen Hehl aus den Informationen, die sie bereits aus den wenigen Anhaltspunkten hatte herausziehen können. "Unten bei den Um- und Verladestationen an den Ports. Ein paar davon werden fremd vermietet oder gar nicht mehr genutzt. Man sieht dort unten nicht mal einen Keeper rumschleichen - für gewöhnlich klettern die auch bislang nicht zwischen Handelswaren herum. Abgesehen davon dass sie noch keine manuell angelegten Zugangscodes gehackt haben." Vermutlich dachte sie zu weit. Hing in den Gedanken noch bei den klaffenden Wunden der kaum richtig Erwachsenen, dass sie die Beschleunigung des Atems ihrer Patientin überhörte. Das Röcheln angestrengter wurde und nicht länger ausschließlich gut klang. Bis die Maschinen piepten. Einen Zustand ankündigten, der kurz danach von Luceija selbst nicht verheimlicht werden konnte, weil ihr Körper kaum mehr tat was er sollte, sondern zitterte, während sie panisch und in heftiger Schnappatmung nach Luft rang. Die Hand in der am Meisten Schläuche endeten krallte sich so stark in das Laken unter ihr, dass ihr Knöchel weiß hervortraten. Es klang als drohe sie zu ersticken, unklar war ob sie es tat oder 'nur' ein Anfall war.
    Luceija selbst wusste, warum sie keine Luft mehr bekam. Warum sie glaubte, direkt ersticken zu müssen. Weil sie noch während der Erzählung der Ärztin zu realisieren begann, was da passiert war. Wann. Wo. Tayseri-Ward, an den Hangarstationen, eine kleine Abkürzung die so manche nahmen, nachdem sie in einem Club feiern waren und verdammt-...Luci hatte sich sternhagelvoll gesoffen. Das war bald auch den Ärzten klar, spätestens wenn die Ergebnisse eintrafen, die jetzt vermutlich weit in einen Hintergrund gerieten. Sie war fernab davon sich an alles zu erinnern, an jedes verdammte Detail oder jeden Schmerz, aber sie erinnerte sich, ziemlich früh, eben an das. An widerliche, mordlustige, abartige Augen. Daran, wie sie auf die Knie fiel, ihr eigenes Erbrochenes roch und darin herumkriechte, kaum in der Lage, sich auf die eigenen Füße zurück zu kämpfen. An Schreie, vollkommen aus dem Zusammenhang gerissene, eigene Schreie. Aber ihr war-...irgendwie wieder klar was passiert war. Klar, WAS da nicht mehr stimmte wie verflucht entrückt ihr gesamtes Leben plötzlich war. Und sowas wie das - diesen Anfall, diese plötzliche, heftige Luftnot, das Gefühl auf der Stelle zu ersticken, weil sich nirgendwo mehr auch nur ein bisschen Luft befinden konnte, hatte sie definitiv noch nie gespürt. Die schiere Panik auf scheinbar harmlose Worte und Erinnerungsfetzen. Sie realisierte genau dann, dass alles für immer anders war, als sie dieses erste Mal den Gedanken hatte, dass es vermutlich besser war, wenn sie jetzt ersticken würde und es einfach vorbei war.
    "Scheiße!"
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  10. #10 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Fiorentinis Fluch unterstrich nur, was beide ohnehin längst bemerkt hatten: Luci begann zu hyperventilieren - und Sergio musste nicht einmal überlegen, um zu verstehen warum. Sergio stürmte ans Bett heran, kniete sich wieder daneben und half Luceija vorsichtig in eine halb aufrechte Position, in der es ihr leichter fallen würde zu atmen, versuchte dabei, sie so vorsichtig wie möglich zu berühren und mit seinen Bewegungen möglichst wenig Hektik zu verbreiten. Der zweiten Ärztin im Raum gab er hingegen mit kurzen Gesten stumm zu verstehen, dass sie sich für einen Moment vor die Tür begeben solle. Störrisch wie sie war leistete sie dem Wunsch erst bei einem autoritäreren Blick folge, seufzte dabei natürlich wieder augenrollend.
    Sergio entschied sich gegen die offensichtliche Lösung ein Beruhigungsmittel zu geben und legte stattdessen nur seine Hand in Lucis Nacken, wie er es immer tat, wenn ihr bei einer Behandlung übel oder schwindlig wurde, um ihren hinteren Schädel mit den Fingern zu umfassen und zu stützen. Wo er sonst ihre Kopfhaut spürte, waren diesmal zum Großteil Verbände, doch hoffte er trotzdem, ihr ein gewisses Gefühl der Vertrautheit zu geben, während er bei einem der Nasenschläuche die Sauerstoffkonzentration erhöhte, um ihre Atmung zu erleichtern. Er wusste nicht, ob sie ihm zuhörte. Ob sie überhaupt mental anwesend war, oder doch schon am Rande eines Komas. Dennoch wollte er ihr das Gefühl vermitteln, wieder in vertrauten Händen und vertrauter Umgebung zu sein, und wenn es nur ihr Unterbewusstsein war, das ihm lauschen würde.
    "Ich hatte für dich gekocht", begann er in tiefem, ruhgien Ton zu sprechen, während er ihre Hand mit dem Venenkatheter darin in die seine nahm und auf ihren Atem lauschte, den Blick aus dem Fenster in die Ferne gerichtet.
    "Ja, ich weiß, albern. Ich weiß ja, dass du seit Monaten nicht mehr pünktlich zurück bist und dann meistens nichts essen möchtest. Aber ich bin sicher ohne meine Küche würdest du dich nur von Salzgebäck und Fastfood ernähren", schmunzelte er ein wenig gequält.
    "Oder eben gar nichts essen... Also habe ich dir ein Risotto gekocht und portioniert. Stand fünf Tage lang im Kühlschrank. Gestern Abend war es dann endgültig über dem Zenit. Da dachte ich dann schon, du bist vielleicht durchgebrannt. Und weil ich Angst vor der Antwort hatte, habe ich gar nicht weiter nach dir gesucht. Du würdest schon auftauchen, dachte ich... Ich bin zumindest froh, dass ich mit meiner Sorge falsch lag."
    Dann schwieg er wieder, erwähnte nicht, dass die Realität hier für ihn ebenso schwer zu ertragen war, wie die Sorge, sie könnte nicht zurückkommen. Er behielt weiterhin eine Hand an ihrem Nacken und die andere an ihrem Handrücken, während er aus dem Fenster schaute und ihr mit seinem langsamen Atem versuchte ein Beispiel zu sein, bis sie auf seinen Rhythmus einstimmte und sich beruhigen würde.
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  11. #11 Zitieren
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    Ein. Aus. Ein. Aus. Ihre Lunge brannte unter Höllenfeuer und war nach wie vor Trocken. Trinken und all das - eine gewisse Selbstständigkeit - würde vermutlich kaum möglich werden, denn noch immer spürte sie, jetzt mehr denn je, den Schlauch in ihrem Hals. Sie hatte diesen Drang zu weinen in sich. Einfach nur zu schreien. Alles übertrumpft von einer Scham, die sie insbesondere in Sergios Nähe empfand, obwohl es so unwirklich und falsch sein musste. Er hatte hiermit doch nichts zu tun. Rein gar nichts. Half ihr sogar und selbst seine Wut war abgeflaut. Aber mit keinem Moment kreisten Gedanken um ihren anwesenden Vater - viel eher versuchte sie sich vorzustellen an einem ganz anderen Ort zu sein. Zuhause, ihre Heimat, ein gewöhnlicher Ankerpunkt an den sie sich noch nicht zu setzen in der Lage war. Alles war geschah war, dass sich irgendwann ihr Atem wieder einpendelte, aufkeimende, stumme Tränen in ihren Augenwinkeln klebten, aber ihr Blick nach wie vor leer in eine andere Dimension zu sehen schienen. Und, dass sie seine Hand los ließ und sie stattdessen vorsichtig auf ihren Bauch legte.

    Ihr war so unheimlich schlecht. Jeder einzelne Gedankenstrang versuchte sich einen Weg hin zu dieser Wahrheit zu bahnen, eine Möglichkeit zu finden jedes verdrängte Detail zu ergründen und schwächte sie sichtlich. Sie nahm Stimmen, Geräusche, ja sogar Berührungen und Schmerzen wahr als wären sie da, jedes Mal wenn sie sich wieder an sie erinnern konnte. Und eine Alternative gab es nicht. Egal ob Sergio oder die Ärztin oder wer auch immer hier war - sie war schlicht allein und allein mit jedem dieser Erinnerungsfetzen, die man ihr nicht abnehmen konnte.

    Ein Klopfen kündigte das erneute Aufschieben der Türe an und Fiorentinis Kopf, der sich hindurch steckte, trug die Frage auf den Lippen: "Geht es ihr besser?"
    'Nein', wäre Lucis Antwort gewesen. Aber Sergio nickte. 'Es geht ihr nicht besser.' Denn was wusste sie schon. Aliens hatten sie verstümmelt. Und- ja, da war mehr, vielleicht war da mehr, aber vielleicht wollte sie davon einfach nichts hören. Realisierte es ohne es realisieren zu wollen. Hasste es. Schwäche, dieses ekelhaft leidige, dies- "Wir haben noch die Sachen hier, die man bei ihr gefunden hat.", erwähnte Fiorentini und berührte mit der Hand einen kleinen Stapel an einzeln in Tüten verpackten Gegenständen in einem metallernen Regal. "Der externe Communicator scheint kaputt zu sein, die anderen paar Dinge-..naja. Red Sand weit über der gewöhnlichen Konsummenge. Zwei Pillen die wir noch nicht gescannt haben. Spritzbesteck. Ampullen. Ein Päckchen farbiger Kontaktlinsen. Doktor, vielleicht-..vielleicht sehen Sie sich das selbst an.", gab sie zu bedenken und sah zwischen den einzeln verpackten Kleidungsstücken umher, wovon gerade mal Stiefel und eine neue Jederjacke intakt waren. Vermutlich würden diese Beweise die Bedenken beider Mediziner nur weiter decken.
    Luceija ist offline

  12. #12 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Er horchte auf. Ihre Versprechung neuer Beweise ließ ihn hellhörig werden und er erhob sich aus seiner Melancholie, die er verspürte, wenn er die immernoch fast reglos und sogar geringfügig abweisende Luceija ansah. Bei Fiorentinis Erwähnung von Indizien hoffte er zumindest eine befriedigende Antwort auf den Grund der ganzen Situation zu finden und so stand er auf und ging zu ihr hinüber, um ihr eine der Tüten beinahe schon aus der Hand zu reißen. Seine Reaktion hingegen fiel verhalten aus, nicht schockiert, eher etwas enttäuscht.
    "Meine Güte, Fiorentini, wenn's sonst nichts ist", rollte er schon fast mit den Augen und warf ihr die eben entrissene Tüte wieder zu, bevor er zu einer Sitzgruppe am Fenster ging und sich tief und mit ausgestreckten Beinen in einen der Stühle fallen ließ.
    "Luci verkauft schon seit Monaten Red Sand, Hallex, Videlicet... Solches Zeug eben"
    Er rieb sich erneut seufzend die vordere Stirn gegen den anwachsenden Stress, wobei er den urteilenden Blick seiner Kollegin spürte und darauf nur mit geöffneten Handflächen und angezogenen Achseln reagierte.
    "Jetzt kommen Sie, machen Sie kein Ding draus. Ich hab das alles natürlich genau im Auge behalten und die Autoritäten geschmiert, wann und wo sie nicht prüfen sollen. Und so lang sich Luci aus den Kartellgebieten raushält, kann sie dort treiben was sie will. Sie verhökert das alles für einen anderen Typen. Ein Nathan O'Sullivan" Er sah kurz entschuldigend zu Luceija hinüber, die ihn zwar nicht ansah, von der er sich aber sicher war, dass sie zuhörte, als der Name fiel. "Sorry, kleines, ich hab den Burschen natürlich schon lange gecheckt. Ich misch mich nicht gerne in dein Zeug ein, aber sicher ist sicher." Dann wandte er sich wieder Fiorentini zu.
    "Irgendein Niemand aus den Rattentunneln. Wenn sie irgendwann erwischt werden sollte, buchten sie den Typen dafür ein und Luci kommt mit einem blauen Auge davon, also bleiben Sie auf dem Teppich. Luceija ist bei ihren Behandlungsterminen sehr verlässlich und ihre Mentalität extrem loyal, also belohne ich sie mit diesen Freiheiten. Solange sie alles macht, was ich von ihr bezüglich der Versuchsreihe verlange und unsere Organisation da aus dem Spiel bleibt, kann sie machen, was sie will. Es sagt mir nicht zu, aber so ist der Deal. Und bisher bin ich damit einen guten Kurs gefahren", verteidigte er sich mit einem anfänglich großen Selbstbewusstsein, doch als sein Blick dann auf eine der Plastiktüten fiel, die auf einer Arbeitsplatte ausgebreitet lag und in der sich ein völlig zerfetztes Top befand, schluckte Sergio und verlor sein selbstsicheres Schmunzeln.
    "Es sei denn... Das alles hier hat mit ihren Geschäften zu tun... In dem Fall müssten wir natürlich über Lucis Freiheiten nachdenken..."
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  13. #13 Zitieren
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    Er horchte auf. Ihre Versprechung neuer Beweise ließ ihn hellhörig werden und er erhob sich aus seiner Melancholie, die er verspürte, wenn er die immernoch fast reglos und sogar geringfügig abweisende Luceija ansah. Bei Fiorentinis Erwähnung von Indizien hoffte er zumindest eine befriedigende Antwort auf den Grund der ganzen Situation zu finden und so stand er auf und ging zu ihr hinüber, um ihr eine der Tüten beinahe schon aus der Hand zu reißen. Seine Reaktion hingegen fiel verhalten aus, nicht schockiert, eher etwas enttäuscht.
    "Meine Güte, Fiorentini, wenn's sonst nichts ist", rollte er schon fast mit den Augen und warf ihr die eben entrissene Tüte wieder zu, bevor er zu einer Sitzgruppe am Fenster ging und sich tief und mit ausgestreckten Beinen in einen der Stühle fallen ließ.
    "Luci verkauft schon seit Monaten Red Sand, Hallex, Videlicet... Solches Zeug eben"
    Er rieb sich erneut seufzend die vordere Stirn gegen den anwachsenden Stress, wobei er den urteilenden Blick seiner Kollegin spürte und darauf nur mit geöffneten Handflächen und angezogenen Achseln reagierte.
    "Jetzt kommen Sie, machen Sie kein Ding draus. Ich hab das alles natürlich genau im Auge behalten und die Autoritäten geschmiert, wann und wo sie nicht prüfen sollen. Und so lang sich Luci aus den Kartellgebieten raushält, kann sie dort treiben was sie will. Sie verhökert das alles für einen anderen Typen. Ein Nathan O'Sullivan" Er sah kurz entschuldigend zu Luceija hinüber, die ihn zwar nicht ansah, von der er sich aber sicher war, dass sie zuhörte, als der Name fiel. "Sorry, kleines, ich hab den Burschen natürlich schon lange gecheckt. Ich misch mich nicht gerne in dein Zeug ein, aber sicher ist sicher." Dann wandte er sich wieder Fiorentini zu.
    "Irgendein Niemand aus den Rattentunneln. Wenn sie irgendwann erwischt werden sollte, buchten sie den Typen dafür ein und Luci kommt mit einem blauen Auge davon, also bleiben Sie auf dem Teppich. Luceija ist bei ihren Behandlungsterminen sehr verlässlich und ihre Mentalität extrem loyal, also belohne ich sie mit diesen Freiheiten. Solange sie alles macht, was ich von ihr bezüglich der Versuchsreihe verlange und unsere Organisation da aus dem Spiel bleibt, kann sie machen, was sie will. Es sagt mir nicht zu, aber so ist der Deal. Und bisher bin ich damit einen guten Kurs gefahren", verteidigte er sich mit einem anfänglich großen Selbstbewusstsein, doch als sein Blick dann auf eine der Plastiktüten fiel, die auf einer Arbeitsplatte ausgebreitet lag und in der sich ein völlig zerfetztes Top befand, schluckte Sergio und verlor sein selbstsicheres Schmunzeln.
    "Es sei denn... Das alles hier hat mit ihren Geschäften zu tun... In dem Fall müssten wir natürlich über Lucis Freiheiten nachdenken..."


    Fiorentini hörte sich das Treiben des Italieners zwar an, aber es hielt sie kaum auf, die Arme vor der Brust zu verschränken und einen besorgten, fast tadelnden Ausdruck aufzusetzen und schmallippig jedes Lächeln aus ihrem Gesicht zu absorbieren. Sie sah Sergio dabei zu, wie er die eingeschweißte, mit "evidence" und einer Nummer beschrifteten, Tüte in den Händen hielt, sie sogar ein wenig anhob und es ihm die Sprache zu verschlagen schien. Wenigstens schien es ihm den Wind aus den höchst arroganten Segeln zu nehmen. Etwas mehr zu Erden und bei seiner Kollegin ankommen zu lassen, die nur kurz von dem Mediziner absah, Luceija musterte und feststellte, dass sie nach wie vor eher die Haltung von totem Gemüse eingenommen hatte als der einer jungen Frau in ihrem Alter. Für die einzige, andere Frau im Raum schien der Fall relativ eindeutig, aber sie hatte auch in der Vergangenheit schon erlebt, dass Väter diesen Indizien nicht ohne Zweifel trauten. Alles schön und gut, aber Doktor Vittore war, ihrer Ansicht nach, ja wohl kaum gleichwertig zu einem Vater. "Sie sehen doch, was ihr diese Freiheiten eingebrockt haben.", erwähnte sie. Jetzt durchaus mit dieser abfälligen Note. Und sie stand hinter dem, was sie sagte. Auch als sie wieder zurück zu Sergio sah, beobachtete, wie er die Tüte mit dem eingeschweißten Top wieder zurücklegte, aber seine Bewegungen für den Moment eingefrorener wirkten als zuvor.

    Sie selbst ließ sich kaum ein zweites Mal von den Tatsachen beirren und wenn sie ehrlich war, war es ihr auch recht gleich. Sie hatte keine Verbindung zu diesem Mädchen, war keine Verwandte, sondern eben was sie war: Eine Ärztin. Eine, die auch andere Patienten zu versorgen hatte. "Wenn Sie meinen Rat brauchen: Halten Sie Sie an der kurzen Leine. Insbesondere jetzt. Ich habe noch keine weiteren Rückmeldungen von oben, aber auf die werden sie nicht lange warten müssen.". Fiorentini steckte die Hände zurück in die Jackentaschen und lief um das Bett herum. Sie ordnete ein paar Kabel, überprüfte nochmals die Werte und Angaben auf den Geräten, ehe sie an einen der Schränke trat, den sie mit ihrem Handgelenk und einem dazugehörigen Piepen öffnete, eine Schublade herauszog und einige Blisterpackungen durchwühlte. Dabei murmelte sie etwas. "Ah!", reagierte sie, abermals, kaum so überrascht wie es klang und zog eine kleine Schachtel hervor, die sie öffnete und einen Blisterstreifen herauszog, den Rest zurück im Schrank verfrachtete und abschloss. "Hier.", sagte sie und legte dem Arzt mit Nachdruck die Pillen auf den Tisch. Sie senkte ihre Stimme nur minimal, ihm zugewandt. In ihr steckte eine Portion Zorn, die sie zu unterdrücken versuchte. "Geben Sie ihr das. Zur Sicherheit.", knurrte sie in schlecht unterdrückter Unzufriedenheit. "Wer weiß ob da mehr 'dran' waren als ein paar Aliens. Ich bin mir sicher, Sie können in der Verfassung kein zweites Testsubjekt gebrauchen.". Vermutlich begriff der Italiener spätestens jetzt, während Luci selbst die Puzzleteile noch zusammensetzte.
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  14. #14 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Natürlich hatte sie recht - es war zu einem Teil sein Verschulden, das seine Luci in diesem erbärmlichen Zustand war. Vielleicht sogar zu einem Großteil? Dass er in einem Zwiespalt mit sich war, war kaum zu übersehen, so unruhig wie sein Blick zwischen den beunruhigenden Beweisen in seinen Händen, Fiorentinis anklagenden Augen und dem geschundenen Gesicht seiner Kleinen umherirrte. Doch sein altbekannter und nur zu offensichtlicher Stolz ließ es nicht zu, seiner Kollegin diesen Triumph zu lassen und sich selbst und all seine Erziehungsmethoden zu diffamieren.
    "Machen Sie sich nicht lächerlich", bellte er regelrecht zurück, als sie ihm die Pillen hinhielt, deren Sinn er erst nach einer viel zu langen Dauer verstand. Und doch nahm er sie. Wütend zwar, grob wie mit einer Bärenpranke, doch er nahm den Blister an sich und versteckte ihn wie ein paar Drogen in seiner Tasche.
    "Sie glauben doch wohl selber nicht, dass es zu sowas gekommen ist. Die Ductrats sind jämmerliche, unmoralische Feiglinge, aber keine Sadisten. Zudem mit sowas wie einem Ehrenkodex. Nein, Fiorentini, ich weiß, wo ich Luci habe herumstromern lassen und ich weiß, dass ich sie gut genug erzogen habe, vor wem sie sich in Acht nehmen muss. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, hatte es auf sie speziell abgesehen. Vielleicht Profis? Vielleicht auch eine Botschaft von rivalisierenden Fraktionen. Aber nicht einfach irgendwelche Straßenköter. Hier will jemand der Familie ans Bein pissen und meine Luci machen sie zur lebendigen Nachricht an uns. Nein, mir können Sie das nicht zuschieben: Um sie vor solchen Leuten zu schützen, hätte ich Luci in einen goldenen Käfig sperren müssen und da wäre sie verkümmert wie eine Pflanze ohne Sonnenlicht."
    Vor Wut und Aufregung begann er zu spucken, während er sprach und trotzdem wurden seine Augen glasig bei dem Gedanken, er hätte das alles verhindern können. Er setzte sich wieder zu seinem Zögling ans Bett auf einen ramponierten Rollhocker, der daneben stand und stützte seine Ellenbogen auf die Matratze, sein Gesicht in seine Hände vergraben und die Augen auf das geschundene Gesicht Luceijas gerichtet.
    "Scheren Sie sich weg. Holen Sie sich meinetwegen täglich eine Krankenakte ab, aber lassen Sie Ihre Pfoten von ihr. An ihre Haut kommen keine anderen Finger mehr als meine."
    Zum Ende seines Satzes hin sank seine Stimme mehr und mehr zu einem Murmeln hinab. In seinen Händen hielt er vorsichtig eine bandagierte Hand Luceijas und es war nicht ganz klar, ob er damit sie oder sich selbst zu beruhigen versuchte. Stumm wartete er so ab, bis seine Kollegin endlich den Raum verließ.

    Sergio wurde ein Stammgast des Krankenhauses. Noch am selben Tag hatte er beim Leiter der Station darauf bestanden, natürlich nicht ohne eine erhebliche Summe an das Krankenhaus zu stiften, dass eines der Betten im Bereitschaftsschlafraum für ihn frei blieb und er so nahezu ununterbrochen in Luceijas Nähe sein konnte. Oft verließ er das Krankenhaus nur wenige Stunden täglich, um Arbeit von seinem Labor mitzubringen und die Besuchszeit so wenigstens halbwegs effektiv füllen zu können. Die restliche Zeit verbrachte er damit, Visiten von anderen Ärzten entweder gänzlich abzublocken, oder auf sein Beisein zu bestehen, wenn einige Behandlunsgmethoden ihm zumindest einleuchteten. Um sein eigenes Essen brauchte er sich wenigstens nicht zu sorgen - Luceija aß kaum, noch weniger als ohnehin schon, und so war er es, der meistens den Großteil des sowieso eher mittelmäßigen Essens abbekam, wobei Luceija oft nur mittels künstlicher Ernährung verköstigt wurde. Wenn er nicht gerade neben Lucis Bett an einem eigens bereitgestellten Schreibtisch arbeitete, ließ er einige Videos im Hintergrund laufen - und wie bei einem Kleinkind schaltete er zu einem anderen Vid, wenn ein Krimi etwa Gewalt zeigte oder auch nur Aliens zu lange im Bild waren - und so blieb es oft bei einschläfernd langweiligen irdischen Naturdokumentationen oder den Börsennachrichten.
    "Verfickt nochmal Luci... Gore und Horror haben mir nie was ausgemacht, aber wenn ich eins nach all dem hier nicht mehr sehen kann, sind das Leoparden, die Gazellen reißen oder Schlangen, die Mäuse runterwürgen...", brummte er grimmig vor sich hin, und schaltete zu einer Dokumentation über Eezoraffinerien um, während er auf seinem Datapad die neuesten Krankendaten studierte, die ihm der Chefarzt pünktlich um 9 Uhr zugeschickt hatte. Ihre Entzündungswerte hatten sich inzwischen normalisiert, ihre nicht mehr durchblutenden Verbände wurden durch semitransparente Schürfwundenpfalster ersetzt und die Sauerstoffzufuhr durch die Nasenbrille wurde überflüssig. Doch seufzte er, als er heute, am dritten Tag ihrer Einlieferung immernoch lesen musste: 'Patientin verweigert Nahrungsaufnahme - Ernährungsweise weiterhin künstlich mittels Magensonde und Infusion'
    "Nichtsdestotrotz... Wenn du diesmal beim Essen schmatzen würdest, würde ich nicht mal mehr was sagen."
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  15. #15 Zitieren
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    Natürlich hatte sie recht - es war zu einem Teil sein Verschulden, das seine Luci in diesem erbärmlichen Zustand war. Vielleicht sogar zu einem Großteil? Dass er in einem Zwiespalt mit sich war, war kaum zu übersehen, so unruhig wie sein Blick zwischen den beunruhigenden Beweisen in seinen Händen, Fiorentinis anklagenden Augen und dem geschundenen Gesicht seiner Kleinen umherirrte. Doch sein altbekannter und nur zu offensichtlicher Stolz ließ es nicht zu, seiner Kollegin diesen Triumph zu lassen und sich selbst und all seine Erziehungsmethoden zu diffamieren.
    "Machen Sie sich nicht lächerlich", bellte er regelrecht zurück, als sie ihm die Pillen hinhielt, deren Sinn er erst nach einer viel zu langen Dauer verstand. Und doch nahm er sie. Wütend zwar, grob wie mit einer Bärenpranke, doch er nahm den Blister an sich und versteckte ihn wie ein paar Drogen in seiner Tasche.
    "Sie glauben doch wohl selber nicht, dass es zu sowas gekommen ist. Die Ductrats sind jämmerliche, unmoralische Feiglinge, aber keine Sadisten. Zudem mit sowas wie einem Ehrenkodex. Nein, Fiorentini, ich weiß, wo ich Luci habe herumstromern lassen und ich weiß, dass ich sie gut genug erzogen habe, vor wem sie sich in Acht nehmen muss. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, hatte es auf sie speziell abgesehen. Vielleicht Profis? Vielleicht auch eine Botschaft von rivalisierenden Fraktionen. Aber nicht einfach irgendwelche Straßenköter. Hier will jemand der Familie ans Bein pissen und meine Luci machen sie zur lebendigen Nachricht an uns. Nein, mir können Sie das nicht zuschieben: Um sie vor solchen Leuten zu schützen, hätte ich Luci in einen goldenen Käfig sperren müssen und da wäre sie verkümmert wie eine Pflanze ohne Sonnenlicht."
    Vor Wut und Aufregung begann er zu spucken, während er sprach und trotzdem wurden seine Augen glasig bei dem Gedanken, er hätte das alles verhindern können. Er setzte sich wieder zu seinem Zögling ans Bett auf einen ramponierten Rollhocker, der daneben stand und stützte seine Ellenbogen auf die Matratze, sein Gesicht in seine Hände vergraben und die Augen auf das geschundene Gesicht Luceijas gerichtet.
    "Scheren Sie sich weg. Holen Sie sich meinetwegen täglich eine Krankenakte ab, aber lassen Sie Ihre Pfoten von ihr. An ihre Haut kommen keine anderen Finger mehr als meine."
    Zum Ende seines Satzes hin sank seine Stimme mehr und mehr zu einem Murmeln hinab. In seinen Händen hielt er vorsichtig eine bandagierte Hand Luceijas und es war nicht ganz klar, ob er damit sie oder sich selbst zu beruhigen versuchte. Stumm wartete er so ab, bis seine Kollegin endlich den Raum verließ.

    Sergio wurde ein Stammgast des Krankenhauses. Noch am selben Tag hatte er beim Leiter der Station darauf bestanden, natürlich nicht ohne eine erhebliche Summe an das Krankenhaus zu stiften, dass eines der Betten im Bereitschaftsschlafraum für ihn frei blieb und er so nahezu ununterbrochen in Luceijas Nähe sein konnte. Oft verließ er das Krankenhaus nur wenige Stunden täglich, um Arbeit von seinem Labor mitzubringen und die Besuchszeit so wenigstens halbwegs effektiv füllen zu können. Die restliche Zeit verbrachte er damit, Visiten von anderen Ärzten entweder gänzlich abzublocken, oder auf sein Beisein zu bestehen, wenn einige Behandlunsgmethoden ihm zumindest einleuchteten. Um sein eigenes Essen brauchte er sich wenigstens nicht zu sorgen - Luceija aß kaum, noch weniger als ohnehin schon, und so war er es, der meistens den Großteil des sowieso eher mittelmäßigen Essens abbekam, wobei Luceija oft nur mittels künstlicher Ernährung verköstigt wurde. Wenn er nicht gerade neben Lucis Bett an einem eigens bereitgestellten Schreibtisch arbeitete, ließ er einige Videos im Hintergrund laufen - und wie bei einem Kleinkind schaltete er zu einem anderen Vid, wenn ein Krimi etwa Gewalt zeigte oder auch nur Aliens zu lange im Bild waren - und so blieb es oft bei einschläfernd langweiligen irdischen Naturdokumentationen oder den Börsennachrichten.
    "Verfickt nochmal Luci... Gore und Horror haben mir nie was ausgemacht, aber wenn ich eins nach all dem hier nicht mehr sehen kann, sind das Leoparden, die Gazellen reißen oder Schlangen, die Mäuse runterwürgen...", brummte er grimmig vor sich hin, und schaltete zu einer Dokumentation über Eezoraffinerien um, während er auf seinem Datapad die neuesten Krankendaten studierte, die ihm der Chefarzt pünktlich um 9 Uhr zugeschickt hatte. Ihre Entzündungswerte hatten sich inzwischen normalisiert, ihre nicht mehr durchblutenden Verbände wurden durch semitransparente Schürfwundenpfalster ersetzt und die Sauerstoffzufuhr durch die Nasenbrille wurde überflüssig. Doch seufzte er, als er heute, am dritten Tag ihrer Einlieferung immernoch lesen musste: 'Patientin verweigert Nahrungsaufnahme - Ernährungsweise weiterhin künstlich mittels Magensonde und Infusion'
    "Nichtsdestotrotz... Wenn du diesmal beim Essen schmatzen würdest, würde ich nicht mal mehr was sagen."



    Sergios Bitte blieb unbeachtet. Gehört, aber sie wurde ignoriert, wie so viele andere seiner Worte oder die der Mediziner die immer wieder abwechselnd den Raum betraten. Meist blieben sie alle nicht lang. Sergio schickte jeden von ihnen weg, auch wenn sie die einzige Möglichkeit für den älteren gewesen wären, wieder annehmbare Konversationen zu führen. Denn an Lucis Stummheit änderte sich rein gar nichts. Weder am dritten, noch am vierten oder fünften Tag. Selbst dann nicht, als man sie von Nasenbrille und anderen Kleinigkeiten abnabelte und sie lediglich weiter künstlich ernährte, weil ihr Interesse am Essen nur noch weiter gesunken war. Eigentlich sogar ihr Interesse an allem.

    Ein Teil von ihr nahm wahr, dass Sergio den Fernseher eingeschalten und fast immer an hatte. Nahm wahr, dass hier größtenteils Tierdokus und Nachrichten liefen, manchmal sogar Stundenlang irgendwelche Shoppingkanäle in der Neuerungen in der Kücheneinrichtung vorgestellt wurden. Aber wenn man sie gefragt hätte, was genau sie all die Tage gesehen hatte, dann würde man von ihr kaum genaue Beschreibungen erhalten können. Für sie waren es Fetzen aus Gesprächen, bunte Bilder die keine Bedeutung mehr hatten und die ihre Augen und ihre Ohren einfach nur beschäftigten, während sie mehr oder weniger durch sie hindurch sah. Irgendwo hin sehen konnte, Hauptsache nicht zu Sergio. Weder zu einem vorwurfsvollen noch einem bemitleidenden Gesichtsausdruck, ganz im Gegenteil. Ihr wäre lieber gewesen, wenn man sie einfach in eine Zeitkapsel ein paar Jahre zurück gesteckt hätte. Oder, viel schlichter, wenn man sie alleine gelassen hätte.


    An Tag vier oder fünf, so glaubte sie, dabei war es längst Tag sechs, teilte man ihnen mit, dass sie, wenn sie weiter so gut regeneriere, unter Sergios Aufsicht nach Hause konnte. Das war etwas, was sie durchaus mitbekam. Denn Sergio schien sich kaum davon abhalten zu lassen, möglichst viel ihrer beider Sachen bereits zusammen zu packen, weil er augenscheinlich so dringend in andere vier Wände wollte wie sie. Und Luci gab es wenigstens diesen Hauch an Hoffnung, dass sie in ihr Zimmer konnte, die Tür hinter sich abschließen und einfach in Ruhe gelassen werden konnte. Idealerweise für den jämmerlichen Rest ihres Lebens. Leider war dieser Moment noch nicht da. Stattdessen klopfte es einmal mehr an der Tür, quasi aus dem Nichts heraus. Zögerlicher als vorher und die Türe schob sich im Anschluss, ohne auf eine Antwort von Innen zu hoffen, vorsichtig auf. Das Gesicht von Fiorentini kam zum Vorschein - Luci hatte sie seit Sergios Ansage nicht mehr wahrgenommen.
    "Es besteht die...Option...dass sie bald entlassen wird?", wollte die weibliche Stimme wissen, ohne vorher auch nur Hallo zu sagen. Zwar kannte sie die Antwort bereits, aber es schien, als wolle sie es von Vittore selbst noch einmal hören. Sie betrat den Raum ohne, einmal mehr, auf Erlaubnis zu warten und schloss die Türe hinter sich. Nur von Weitem flog ihr Blick über eine nach wie vor recht erstarrte Luceija, ehe sie den Mediziner selbst fokussierte. Nahe der Tür stehen blieb und die Hände hinter ihrem Rücken verschränkte.
    Luceija ist offline

  16. #16 Zitieren
    Ritter Avatar von Tjordas
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    Lucis übereifriger Ziehvater war in diesem Moment damit beschäftigt, einige der Habseligkeiten, die er in den letzten Tagen stückweise in das Zimmer gebracht hatte, nun wieder feinsäuberlich in die Koffer und Beutel zu räumen, aus denen sie gekommen waren. Am eigens für ihn bereitgestellten Schriebtisch sitzend, warf er einen misstrauischen Blick unter dunkelgrauen Augenbrauen hindurch zu Fiorentini hinüber, die sich wie selbstverständlich mit ihrer abwartenden Haltung neben die Tür stellte, nachdem sie sich selbst ins Zimmer eingeladen hatte.
    "Das ist keine Option, das ist eine Notwendigkeit", brummte er als erste Antwort zurück, erhob sich von seinem Stuhl und stieß noch einen Stapel Papiernotizen auf der Platte zusammen, bevor er sie in einen Koffer ablegte. Dann ging er zu einem Haufen Kleidung auf der Matratze neben Lucis Beinen hinüber, die er ihr zwar zur besseren Eingewöhnung mitgebracht hatte, die bisher aber ungenutzt geblieben war.
    "Dieser ganze Aufenthalt war von Vornherein nur zur medizinischen Beobachtung gedacht. Alles Weitere braucht Mittel und Wege, die Sie hier nicht bieten können. Also schenken Sie sich Ihre gut gemeinten Ratschläge, ich kenne meine Luci besser als Sie und mein Handwerk allemal"
    Er legte die Kleidungsstücke grob zusammen, sodass sie in den Koffer passten, gab sich bei der Sortierung allerdings keinerlei Mühe, so als könne er auf diese Weise schneller dieses unangenehme Gespräch beenden.
    "Und abgesehen davon kommt weder sie noch ich zur Ruhe, solange der Abschaum da draußen rumrennt, der dafür verantwortlich ist. Also so lange Sie keine Adresse von diesen Arschlöchern, eine geladene Waffe oder zumindest einen Anhaltspunkt mitbringen, machen Sie sich vom Acker", schnaubte er bissig, bemühte sich allerdings, bei seinen Wutausbrüchen nicht laut zu werden, um Luci nicht noch weiter mit Stress zu belasten.
    Tjordas ist offline

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