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  1. Beiträge anzeigen #61
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline

    Stewark, Küste

    Es gab keine Worte, um Lukars Erleben nach dem Sturz in die Fluten zu beschreiben. Da Lukar in seiner Sturheit es dennoch versucht hätte, die Ereignisse ins Tagebuch niederzuschreiben, müssen wir uns mit einer Annäherung begnügen.

    Das Nass empfing ihn. Nicht mit warmen, behutsamen Händen, sondern viel eher mit den geschärften Klingen eintausend mal eintausend Schwerter. Er tauchte in rauschendes, schäumendes, brodelndes Wasser, doch für seinen Körper waren es Dornen und Dolche. Sie stachen ihn, schnitten. Sein ganzer Leib brannte, und das im Wasser! Der Schmerz wurde schlimmer, unerträglich, bis er ganz aufhörte. Erst in den Fingern, die sich nutzlos durch die Wellen gruben. Dann in den Armen. Beinen. Ohne zu wissen wohin es ihn trug oder wohin er sein Gliedmaßen bewegte, ruderte Lukar weiter ziellos mit den Armen; oder bildete sich zumindest ein mit ihnen zu rudern, spüren tat er sie längst nicht mehr. Es gluggerte ihm in den Ohren, er wurde blind hin und her geschleudert, er wusste nicht mal, ob er sich an der schwarzen Oberfläche der See befand, oder längst hinab in die Tiefe gesogen worden war. Nur eines war klar, Luft bekam er in keinem Fall, und als ihm schon das Salzwasser in die Lunge ströhmte und Lukar gegen seinen Willen Wasser atmete, die Schwärze vor Augen auch in seinem Kopf immer näher und näher rückte ... da spuckte ihn die Ungewalt aus.

    Die wirbelnde Schwerelosigkeit gab seinen Körper frei, schlaff und grob klatschte er auf festen Boden, blieb liegen, hörte noch immer das Gurgeln, zu dem sich bald ein fernes Husten und Keuchen mischte. Bei jedem fernen, echondem Hustanfall schmerzte seine Lunge, und es dauerte tatsächlich, bis der ziemlich mitgenommene Lukar Durand begriff, dass es seine eigenen Hustenkrämpfe waren, die das Salzwasser aus seinen Lungen pressten. Sein Kopf drohte noch immer in die Schwärze abzudriften, ein Abgrund quälender Furcht, hinter dem ein verlockener Vorhang weißen, warmen Lichts wartete ... doch spätestens, als er seine Lunge brennen spürte, und der Anflug eines dumpfen Gefühls in seine Glieder zurückkehrte, wich das Schwarz wieder.

    Ihm offenbarte sich ein weißer Lichtstrahl. Nicht Beliars Todesengel die ihn in sein Reich holten. Das gönnte ihm der Todesgott freilich nicht. Es war das schnöde Mondlicht. Lukar glotzte ungläubig zum Himmel hinauf, hustete und prustete weiter. Seine Hände krallten sich in den Sand. Ächzend wand er sich auf der Stelle herum, kroch willenlos einige Handbreiten vorwärts, nur um sogleich kraftlos wieder zusammenzusacken. Sein Körper war völlig ausgezehrt. Doch sein Geist wurde von Atemzug zu Atemzug wacher. Er wurde sich der Felsen um sich herum gewahr, dem nassen Sand, der Kleidung die ihm eisig kalt am Leib klebte. Dem Brennen in seinem Hals.

    Lukar blinzelte, schüttelte den Kopf um die letzte Benommenheit loszuwerden ... da fiel ein Schatten über ihn. Lukar blinzelte. Der Schatten kam näher. Schnell. Ein Stein! Ein Fels der von der Klippe stürzte! Lukar sammelte seine Kräfte, die Hände stützten ihn einige Fingerbreiten empor, er wollte sich zur Seite rollen ... da war das Objekt schon heran, schlug ihm mit einem seltsam hohlen Laut auf die Glatze, hüpfte vornüber und landete mit einem letzten, dumpfen "plopp" im Sand. Lukar keuchte entgeistert, mit aufgerissenem Mund und blutunterlaufenen, roten Augen starrte er auf eine stilisierte Ratte, die Pfoten leicht nach oben gereckt, das Viech bereit zum Sprung. Triumphierend thronte das reglose Animal vor seinen fast schielenden Augen, dämonisch vom Mond beleuchtet, untermalt vom dröhnenden Schäumen der Wellen. Der Mumienfetisch regte sich nicht. Es war ein totes Objekt, wohl die Götze irgendeines wilden Stammen von Argaanern. Lukar blinzelte, unterdrückte ein weiteres Husten, mittlerweile schielte er die Kreatur wirklich an. Was. Im Namen. Der Götter.

    Der Rattengott gab keine Antwort von sich. Dafür näherte sich ein zweiter Schatten. Und zwar ebenso schnell, dass man denken konnte, diesmal brach wirklich ein Felsblock über den Händler herein. Doch der Schatten wuchs zu einer Menschengestalt heran, die es wohl auf die Ratte abgesehen hatte. Lukar streckte die Hand nach dem Schatten aus. Unsicher, ob er um Hilfe rufen oder um Gnade ersuchen wollte, je nach dem, ob es ein Stewarker oder ein Wilder war. So, fand ihn der anrennende Schatten. Klitschnass, halb erfroren und ertrunken, die Augen blutunterlaufen, die Hand scheinbar nach dem Rattenobjekt ausgestreckt, das nur wenige Handbreiten vor seiner stolzen Nase ruhte.
    Geändert von Lukar (29.01.2022 um 20:51 Uhr)

  2. Beiträge anzeigen #62
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Stewark, Küste

    "Rumpel!", schrie Radzinsky gegen das Tosen der Wellen an, doch die Umgebung verschluckte jeglichen Schall. Seine Stimme hatte schon längst nicht mehr die Kraft von früher, dafür trank er viel zu wenig und die jahrelange Kellerluft hatte ihr Übriges dazu beigetragen. Also sparte sich der Genius seine Kräfte und konzentrierte sich lieber darauf, in der Finsternis der Nacht jenen Ort ausfindig zu machen, an den sein armer Assistent gelandet sein musste. Wahrscheinlich hatte seine Ratte schon Todesangst, so ganz allein hier in der Wildnis. Auch wenn das lächerlich war, immerhin war das Tier schon seit Jahren tot.

    Radzinsky rutschte am letzten Felsen ab, der sich glücklicherweise nur noch fünf Rumpel über dem Meeresspiegel befand. Er landete bäuchlings im Sand und musste sich erst einmal aufrappeln.
    "Mein schlimmster Tag!", fluchte der Wissenschaftler, "Erst der wolkenverhangene Himmel, der die Michailiden verdeckt, dann verschwindet mein treuster Arbeitskollege und nun habe ich auch noch Sand im Ohr! Ich muss der größte Pechvogel von ganz Argaan sein!"

    Da seine Energie noch zum Fluchen reichte, genügte sie auch noch zum Weiterlaufen. Zum Glück, denn die Aufschlagstelle von Rumpel konnte sich nicht weit von hier befinden. Er konnte nur wenige Schritt von sich entfernt einen größeren Schatten erkennen. Einen organischen Schatten, er bewegte sich. War das Rumpel? Es müsste genau die Stelle sein, wo die Ratte heruntergefallen war. Radzinsky wandte seinen Blick empor und erkannte den Felsen, auf dem er vorhin noch gesessen hatte. Ja, eindeutig, bei seinen Wurfkünsten konnte Rumpel nicht viel weiter gekommen sein. Das hatte er in unzähligen Tests gelernt, in denen er das ausgestopfte Tier quer durch seine Zelle geschleudert hatte.

    Aber für Rumpel war diese Gestalt eindeutig zu groß - und zu beweglich. Wäre das Genius noch Herr aller seiner Sinne, wie zum Beispiel dem Gefahrensinn, der ihn davon abhielt, sich nachts und unbewaffnet auf unbekannte Wesen zuzubewegen, wäre es zu folgender Begegnung womöglich niemals gekommen. Doch die Sorge um seinen Assistenten war zu groß und womöglich hatte genau jene Schattengestalt den armen Rumpel als Geisel genommen.

    "Ich warne Euch!", rief Radzinsky der unbekannten Gestalt entgegen, "Ich bin bewaffnet mit der schärfsten aller Klingen: meinem Verstand! Macht keine Anstalten und rückt Rumpel unverzüglich heraus oder es wird euch leidtun!"

    Als Antwort bekam er nicht viel mehr als ein heiseres Hauchen. Eine unbekannte Lebensform? Versuchte sie, mit ihm zu kommunizieren? Was, wenn ihm das Schicksal nicht zu den Michailiden, sondern zu einem anderen, viel größeren Mysterium geführt hatte? Er trat vorsichtig an das Wesen heran und stupste es mit einem Stückchen Treibholz. Das Wesen hustete. Es ähnelte leider zu sehr einem gewöhnlichen Menschen, anstelle einer großen Entdeckung. Etwas enttäuscht hockte sich Radzinsky zu ihm herab. Er war klitschnass und unterkühlt. Radzinsky seufzte.

    "Hat Euch denn niemand beigebracht, dass man bei diesen Temperaturen nicht schwimmen gehen soll? Nanu?"
    Bei genauerem Hinsehen erkannte Radzinsky, dass der Kerl Rumpel in seinen kalten, sterbenden Fingern hielt.
    "Rumpel! Ihr Monster, gebt ihn her!"
    Er zerrte an den Fingern des Halbtoten, doch sie verkrampften sich um die Ratte. So würde er ihn wohl kaum hergeben. Nein, er würde die Muskeln des Kerls erst einmal lockern müssen. Zum Glück hatte er das Feuermachen in seiner Zeit bei der Thorniarer Miliz verinnerlicht. Innerhalb weniger Augenblicke hatte er Treibholz zusammengesucht, ein wenig Reisig und zwei Feuersteine. Das Feuer machte er in einem windgeschützten Bereich der Küste, dann zerrte er den leblosen Körper mit all seiner Kraft in selbige Richtung. Hoffentlich war es noch nicht zu spät. Wenn erst einmal die Leichenstarre einsetzte, konnte er noch mehrere Stunden warten, ehe er dem Toten den armen Rumpel aus seinem kalten Griff lösen konnte...

  3. Beiträge anzeigen #63
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline

    Stewark, Küste

    Offenbar war Lukar doch noch nicht ganz bei Sinnen. Der Rattenmumie schloss sich nämlich ein Mumienmann an, der Lukar sogleich mit einer scharfen Klinge bedrohte. So ganz hörte Lukar nicht, welche Art von Waffe der Schatten bei sich trug, dem drohenden Ausruf zufolge musste es ein beeindruckendes Bastardschwert sein. Lukar hatte längst wieder die Hand zurückgezogen, dabei allerdings gegen seinen Willen dieses Totemviech an sich gerissen. Was der Mumienmann natürlich sofort an sich bringen wollte. Nach einem verzweifelten Zerren und mehreren Warnungen trottete der Schatten wieder davon. Lukars Welt drehte sich, mehrmals versuchte er sich an einer Anwort. Als ihn jedoch zwei knochige, wenn auch kräftige Hände packten und von der Küste schleiften, war ihm noch nichts sinnvolles entflohen. Der Schatten zerrte ihn zu einer Feuerstelle. Der Rattling hätte Lukar auch mitten in die Flamme rollen können, es wäre ihm kaum geglückt, sich dagegen zu wehren.

    Im Gedanken driftete er auch schon wieder ab. Hinter dem wuselnden Mann sah er Warrick stehen, ebenso triefend nass, mit Algen überhangen, seltsam bleich, aber verächtlich grinsend. Noctal stand daneben, trocken zwar, aber noch viel blasser und weißhäutiger als der ertrunkene und wohl truggestaltige Warrick. Noctal fragte ihn, ob er den nie Schwimmen gelernt habe ... oder kam das von dem Feuermacher? Dem Feuermacher, der direkt vor den beiden Truggestalten von Lukars alten Gefährten hockte und den halb Ertrunkenen sorgsam tadelte.

    Ein seltsames Wiedererkennen brannte in Lukars hintersten Hirnwindungen, wagte sich aber nicht an die Oberfläche. Das Gesicht, welches ihn anstarrte, wirkte ausgezehrt, umrahmt von fettigen und in alle Richtung abstehenden Haaren. Der Ansatz einer Glatze zeigte sich, womit die beiden zumindest etwas gemein hatten. Am absonderlichsten war aber der fordernde, energiegeladene Blick, zwei große und wachsame Augen, die Lukar zu durchbohren schienen. Fast fiebrig. Und irgendwoher kam ihm dieser Ausdruck bekannt vor. Was nicht auf die Worte des Feuermachers zutraf. Rumpel. Schwimmen. Kälte. Rumpel. Lukar kannte keinen Rumpel, hatte nie einen gekannt, hies auch nicht selber Rumpel. War das ein Schimpfwort? Irgendso ein Küstendialekt? Rumpel, Töpel, Depp, Idiot? Lukar seufzte. Zum ersten Mal ein Laut, der nicht in einem schmerzhaften Rasseln erstarb.

    Der Händler wagte es, drehte sich zur Seite und riskierte ein halbes Aufrichten. Noch ehe ihm das Manöver geglückt war, hatte sein Retter dazwischengegriffen und ihm die Rattenmumie entrissen. Zwischen den beiden entstand ein Dialog, in dem nur der Mensch antwortete, und diesmal war sich Lukar sicher, dass die Bezeichnung Rumpel der Ratte golt. Und nachdem Lukar an diesem Abend so viele Dinge hintereinander gespürt hatte ... Überdruss, Zorn, Wut, Furcht, blanke Todesangst ... gesellte sich nun eine Erkenntniss dazu. Er war von einem zotteligen Kerl gerettet worden, der mit einer toten Ratte sprach. Ein Wirrkopf. Und als Lukar über eben jenen wirren Kopf hinwegsah und das breiter werdende Grinsen des Trugnoctals bemerkte, bevor dieser endlich ins Nichts entschwand, da gab das Schicksal Lukar zwei schallende Ohrfeigen. Aufwachen, Lukar!
    "Rad...krch!" Krächzte Lukar und hustete. "Radzins...krch!"

  4. Beiträge anzeigen #64
    Provinzheld Avatar von Die Wassernovizen
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    Die Wassernovizen ist offline

    Auf dem kleinen Platz nördlich es Torhauses

    Harkos fegte einen Bereich in der Nähe der Mauer und entfernte so mühsam den Schmutz, der sich aus der Verbindung von Dreck, Unrat und dem Regen in den letzten Nächten ergeben hatten. Es war nicht der Festplatz im Süden und Stewark war nicht Setarrif, denn im Vergleich zur Stadt der Tausend Kuppeln im Ostern Argaans, die durchaus mit Prunkt anzugeben gewusst hatte, waren in Stewark die Verhältnisse ein bisschen einfacher.

    Das störte ihn nicht, der Adept kam selbst aus einfachen Verhältnissen und hatte lange als einer Vertreter der "Wüstenmaden" Hyperius' in Lago ausgeharrt und sich meist nur von dem ernährt, was ihm seine Fähigkeiten als Jäger oder die Pflanzen der Natur zu bieten vermochten. Nachdem sich durch das myrtanische Reich Rhobars die Verhältnisse auf dem Festland geändert hatten, war er nach Setarrif gekommen gewesen. Dort hatte Harkos einige Zeit verbringen können, hatte gelegentlich den Predigten des Erzdekans gelauscht oder die Jäger bei ihrer Arbeit unterstützt, bis das Unglück mit Naturkatastrophen, Echsen und Drachen über die Insel hereingebrochen war.

    Nun lag Setarrif in Trümmern und einige Jahre hatte er sich mehr als Jäger als Mitglied des Ordens des Wassers verdingt, um so seinen Teil zur Unterstützung der Bevölkerung der Silberseeburg zu leisten. Doch die Silberseeburg war eine Festung, keine Stadt - teilweise traf das zwar auch auf Stewark zu, aber zusammen mit dem umliegenden Land, fühlte sich die Gegend hier viel mehr an wie ein Ort, an dem man auch Leben konnte und nicht nur ausharrte, wie es sich in der Festung beim Silbersee angefühlt hatte.

    So fegte und fegte er und ein kleiner Bereich vor den Mauern, über die man hinab die Steilküste aufs Meer blickten konnte, war nun einigermaßen gesäubert. Der Adept allein hatte weder die Kraft, noch die Muße den ganzen Platz alleine zu reinigen, aber darum ging es auch nicht und dennoch zeigte sich an diesem Platz das ganze Dilemma der letzten Jahre. Mal hatten die Streiter Innos', die Diener Beliars und nun Ethorn und der Kreis des Wassers sich hier breit gemacht und nach der Macht gegriffen.

    Diese vielen Wechsel, bei denen Strukturen und Dokumente zerstört oder verloren gegangen waren, sich Regeln änderten und zwischendurch das Leben der Bewohner und die Integrität der Gebäude gelitten hatten, hatte zu einer gewissen Apathie und lethargischen Grundstimmung geführt. Woran sollte man sich noch halten, was durfte man glauben und was brachte es, sich etwas aufzubauen, wenn man mit dem nächsten Machtwechsel doch wieder alles verlieren konnte - waren nur einige Gedanken, die den Bewohnern der Stadt und des Umlandes durch den Kopf gingen.

    So begann Horkas nun einige Stücke Feuerholz aufeinanderzuschichten und die Befestigung für einen Kessel anzubringen, denn obschon es auch hier einige gab, die das Beste aus der Situation machten, hungerten die meisten doch. Hauptsächlich nach Hoffnung und Perspektive, aber einiger längeren Gemüsebrühe mit Fleisch war auch niemand abgeneigt. Und so entzündete er das Feuer und schuf ein wenig Wasser mithilfe seiner Magie, bevor er begann das Gemüse zu schneiden.

    Denn wie es in der Silberseeburg eine Zeit gegeben hatte, wo seine Dienste als Jäger benötigt wurden, so schien es hier in Stewark, als wären die Dienste eines Dieners Adanos' von Nöten. So verbrachte er schon seit einigen Wochen einen Tag in der Woche damit den Platz zu reinigen und Essen zu vorbereiten. Der Jäger tat dies natürlich nicht alleine, die Kosten für das Essen übernahm der Kreis des Wassers.

    Wenn später am Tage die Leute kamen, um sich etwas Suppe zu holen, war auch stets ein Wassermagier anwesend, um neben dem Brot hoffentlich auch ein bisschen Hoffnung und Weisheit zu spenden. Nachdem bei den ersten Malen nur eine Handvoll Leute, hauptsächlich ehemalige Bewohner Setarrifs gekommen waren, mischten sich nun immer mehr Einheimische in die Gruppe. Viele verließen den Platz nach der Speisung sofort wieder, aber gelegentlich blieb mittlerweile auch länger stehen, um sich mit den Dienern Adanos' zu unterhalten. Es war nicht viel, doch es freute Horkas.

    Hyperius

  5. Beiträge anzeigen #65
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Stewark, Küste

    Radzinskys Magen knurrte, er hing ihm schon regelrecht in den Kniekehlen. Erst jetzt, als er nach dem langen Marsch, dem Feuermachen und dem anstrengenden Zerren am Körper dieses leblosen Mannes endlich wieder etwas zur Ruhe kam und dem Kerl Rumpel entwenden konnte, kam er wieder etwas zur Ruhe und bemerkte, wie weit an die Grenzen des Ertragbaren er seinen ausgezehrten Körper er überhaupt gebracht hatte. Viel hätte wohl nicht gefehlt und er wäre ohnmächtig geworden und hätte sich direkt neben den Kerl legen können, den er vor dem sicheren Kältetod gerettet hatte. Aber was viel wichtiger war: er hatte seinen Assistenten wieder. Rumpel war wohlauf. Der Kopf der ausgestopften Ratte war vom Aufprall auf den Fremden noch ein bisschen zerknautschter als vorher, aber alles in allem machte der Kleine einen vitalen Eindruck. Das würde Radzinsky ihm nie wieder antun, so viel stand fest.

    Sein Blick galt nach wie vor dem Himmel und den Sternen und obwohl sich die Wolken inzwischen wieder ein bisschen strähniger zeigten und der Mond gelegentlich durchschimmerte, war von den Michailiden nichts zu sehen. Die Nacht war auch schon längst zu weit fortgeschritten. Er musste sie wohl oder übel verpasst haben.

    Wieder knurrte sein Magen und diesmal so laut, dass er selbst das Keuchen des anderen Kerls übertönte, der sich mühsam an einem Wort versuchte. Ein aussichtsloses Unterfangen, er hatte wahrscheinlich viel Salzwasser geschluckt und war nahe dem Delirium. Er brauchte dringend Süßwasser, wenn er die Nacht überleben wollte, aber damit konnte Radzinsky ihm nun beim besten Willen nicht helfen. Der hatte schließlich auch Durst. Und Hunger! Verflucht, was hatte er für einen gewaltigen Hunger.

    "Schont Eure Kräfte, Kamerad. Wir können nur auf zwei Dinge hoffen, deren gleichzeitiges Eintreten heute Nacht nicht sonderlich hoch sind. Erstens: Es muss regnen, zumindest so viel, dass Ihr etwas trinken könnt, aber so wenig, dass das Feuer nicht erlischt. Schon das wäre ein Wunder, wenn man die Eigensinnigkeit der Wolken heute bedenkt."

    Radzinsky kratzte sich am Arm. Sah so aus, als gäbe es hier Sandflöhe... zu allem Überfluss.

    "Zweitens: Hier müsste ein Reh oder zumindest ein Kaninchen direkt neben uns vom Himmel fallen, im Idealfall schon gebraten. Dann könnten wir wieder genug Kraft tanken, um weiterzumachen. Ich bin ehrlich mit Euch, ich weiß nicht, ob ich noch einen Aufstieg die Klippe empor schaffe..."

    Das waren wirklich trübe Aussichten. Doch bei der gesamten Misere vergaß Radzinsky tatsächlich die wichtigste Person, die ihr Überleben sichern konnte. Und er wurde erst durch lautes Rufen seines Namen darauf aufmerksam, dass der gute Franz, dieser kräftige, durchtrainierte Überlebenskämpfer und zweitbester Freund Radzinskys, noch ganz in der Nähe war und nach ihm suchte. Er konnte seine Freude kaum fassen, als er dessen grummelige Stimme wahrnahm. Also nahm er alle Kraft zusammen, schnappte sich ein Stückchen vom Feuerholz und winkte damit aufgeregt, um den guten Franz auf sich aufmerksam zu machen...

  6. Beiträge anzeigen #66
    Lehrling Avatar von Die Schurken
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    Die Schurken ist offline

    Stewark, Küste

    Was für eine wundervolle Nacht, dachte sich Franz auf eins der Strohbetten im Schmugglerunterschlupf gekuschelt und mit einer Leinendecke vor der Kühle der Nacht geschützt. Es war im gelungen einen passablen Kandidaten aus dem Irrenhaus raus und an den Stadtwachen vorbeizuschmuggeln. Dabei war der Intellekt des Verrückten deutlich besser, als das was er dem Assistenten der Anstalt an Vergütung bezahlt hatte, aber dem Schurken sollte es recht sein.
    Wenn da nur bloß nicht dieses ständige Gelaber gewesen wäre, Sterne hier und Rumpel da, schien Herr Radzinsky kaum ein Ende zu finden, wenn er nicht gerade Luft holte.

    Dass sich der Verrückte eine Ratte zum Begleiter gewählt hatte, ließ ihn amüsiert und verschlafen schmunzeln, denn so etwas sagte man doch eigentlich nur Hexen oder Gossenkindern nach. So musste er leise kichern, als draußen ein wilder Streit zwischen Mensch und Tier entbrannte. Dieser Streit war wie immer sehr einseitig gewesen, denn entweder war die Ratte wirklich sehr schweigsam, oder bereits Tod. Dann war auf einmal Ruhe und die Wanz' wunderte sich schon, ob Michail nun den Weg ins Schmugglerversteckt antreten würde, weil er genug vom Sterne gucken hatte.

    Aber es passierte nichts, dann rief der Alte irgendwas verzweifelte aus, woraufhin Franz mit einer Mischung aus Humor und Genervtheit ergänzend rief: "Wie ein altes Ehepaar, Rumpel und Radzinsky kommt jetzt ins Bett, wir haben Morgen eines Tagesmarsch vor uns..." Danach drehte sich der Halsabschnieder wieder um und fing erneut an zu schnarchen. So vergingen einige Minuten, in denen eine Rückkehr des ungleichen Paares jedoch ausblieb und er begann sich Sorgen zu machen.

    "Immernoch die selbe Scheiße", fluchte er vor sich hin, warf die Leinendecke zur Seite, holte ein bisschen Trockenfleisch und trockenes Brot aus einer Kiste, bevor er noch immer verschlafen und leicht genervt die Schmugglerunterkunft verließ. Womöglich war sein Begleiter einfach in einer Mischung aus Erschöpfung und Hunger zusammengebrochen, denn er wusste ja wie gering die Rationen in der Anstalt ausfielen, was ja auch der einzige Grund war, warum man sich überhaupt auf Geschäfte mit ihm einließ. Es war zu viel zum Sterben und zu wenig zu Leben, ging es dem Schurken durch den Kopf, als er suchend sich nach Radzinsky umschaute.

    Vom vorherigen Regen leicht angefeuchtet, sah man im schwachen Licht des Mondlicht einige Spuren auf dem Boden, die auf die Küste zu liefen. Er hoffte bloß, dass der Alte nicht die Klippen herabgestürzt oder von einem hungrigen Wolf angefallen worden war, denn tot nützte er der Wanz' überhaupt nichts. Vielleicht war der andere aber auch einfach nur beim Betrachten der Sterne eingeschlafen oder zusammengebrochen, weshalb er zu rufen begann: "Radzinsky, Herr Radzinsky - wo seid ihr? Ihr müsst mit ins Versteck kommen und euch noch ein wenig stärken. Ohne Essen und Schlaf ist die morgige Reise zu anstrengenden."

    Diese oder ähnliche Rufe wiederholte der Ganove wieder und wieder, sich dabei stets umsehend, während er sich den Klippen näherte. Nach einer gefühlten Ewigkeit schien er in der ferne ein schwaches Leuchten zu entdecken und jemanden der eine Fackel herumschwenkte. "Wie ist er denn DA hingekommen?", rätselte der Verbrecher und wäre sicher ziemlich genervt gewesen, wenn im Moment nicht das Glück darüber überwogen hätte, dass seine Belohnung wohl doch eingestrichen werden konnte.

    Als er sich einen sicheren Weg nach unten gebahnt hatte, sah er schließlich, dass jemand wohl ein kleines Feuer angemacht hatte. Im Scheine eben dieses Feuer sah er Radzinsky, Rumpel und noch eine weitere Gestalt, die so aussah, als hätte sie schon deutlich bessere Tage gesehen. Genau das war der Moment, wo sich das Grinsen des Schurken weiter auf seinem Gesicht ausdehnte und ihn fast bis zu beiden Ohren reichte. Doch als er sah, dass der Verrückte auf ihn zugelaufen kam, wandelte er seine Mimik schließlich zu einem leichten freudigen Lächeln.

    "Ach wie schön, dass ich dich wiedergefunden habe. Ich dachte schon, dir wäre was passiert. Hier ist etwas Brot und Trockenfleisch, teil es doch auch gerne mit deinem Bekannten, wenn du magst", flötete Franz freudig, während er Radzinsky die Lebensmittel in die Hand drückte. Nachdem dies geschehen war und er dem anderen einen kurzen Klaps auf die Schulter gegeben hatte, trat er näher an das Lagerfeuer heran, um den anderen zu betrachten, den er sicherlich auch zum Trankmischer mitnehmen konnte - dieser würde wahrscheinlich für ein zweites Versuchsobjekt auch gut bezahlen - Was für eine wundervolle Nacht

    Hyperius

  7. Beiträge anzeigen #67
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline
    Diese Nacht wird nicht besser. Das war Lukars Gedanke während seine Sinne mehr und mehr zurückkehren und vorallem eines offenbarten, nämlich dass es ihm absolut beschissen ging. Das war eigentlich ein gutes Zeichen und das wusste Lukar auch, änderte aber nichts an seinem 'Wohlbefinden', der Kälte, der klebrigen Klamotten, dem Brennen in seinem Hals. Auf all das hätte er ebenso gut verzichten können, wie die Gestalt vor sich. Radzinsky.

    Falls es noch irgendeinen Zweifel gegeben hatte, so machte diesen der herbeieilende Freund und Helfer des Wirrkopfes zunichte. Breit grinsend kam der Mann aus der Nacht getreten, mit einer Stimme die Radzinsky schmeichelnd ums Gesicht leckte. Radzinsky. Ein Name, den man nicht so leicht vergessen konnte, wenn man einmal gelernt hatte, ihn richtig auszusprechen. Radzinsky. Der Name des Wirrkopfes, der einen Bären, jawohl, nicht weniger als einen Bären, zu Mudras Gaststätte gelockt hatte. Radzinsky. Der Gast an ihrem Tisch dieses zweifelhaften Abends. Radzinsky. Der vergessliche, der nicht nur den Bären vergaß den er der gesamten Kundschaft aufbinden wollte, sonden auch die Bestellung eines großen Käses, dessen Geruch wochenlang in Lukars Gehrock gehangen hatte. Michail Radzinsky. Ein Name und ein Gesicht, dass Lukar niemals vergessen hatte. Und dieses Gesicht hockte nun vor ihm, ausgemergelt und erschöpft.

    Das Schicksal trug Lukar auf seltsamen Wegen. Möglicherweise nun auf seinem letzten, denn Radzinsk war nicht nur ein Wirrkopf gewesen, sondern auch der beste Freund eines gewissen Peterson ... den Noctal und Lukar um seine teuren, möglicherweise überlebenswichtigen Ersparnisse gebracht hatten. Lukar schluckte, halb aus Unsicherheit, halb aus schmerzender Kehle. Falls Radzinsky sich an Lukars Gesicht ebenso erinnert, an das Gesicht des Mannes der die Frau seines Freundes Peterson mit dem Dolch bedroht hatte ... Nun. Die Nacht wurde möglicherweise noch beschissener für den armen, rechtschaffenden Händler.

    An Flucht war nicht zu denken. Seine Beine schafften es immer noch nicht, sein Gewicht zu tragen. Und auch den eigenen Arsch mit silberner Zunge herauszulavieren war erst Mal reine Theorie. Lukar war froh, wenn er nur eine Silbe verständlich herausbrachte. Nachdem er seinen Schock erst mal verarbeitet hatte, hielt er drum auch erst mal die Klappe. Denn Radzinsky zeigte keinerlei Verhalten, das auf ein freudiges Wiedererkennen hindeutete. Vielmehr war er mit seiner Radde ... seinem Rattenrumpel beschäftigt. Keine Götze. Kein Götterbild. Der beste Freund einer zerborstenen Seele. Man hätte Mitleid mit Radzinsky haben können. Wenn man nicht grade Lukar Durand war. So berechnete Lukar erst einmal kühl, dass Radzinskys Festhalten an seinem Rattenkumpel Rumpel für ihn zum Vorteil gereichte. Zur Not liese sich vielleicht sogar die Ratte bedrohen, um die eigene Freiheit zu erkaufen. Eine mumiefizierte Geisel war besser als keine.

    Lukar stemmte sich etwas hoch und zog sich näher an das Feuer heran. Sofort spürte er die Hitze an seiner Haut, ein leichter Windstoß fegte Rauch und Asche in seine Richtung. Genau das richtige für seine angeschlagene Kehle. Hustend drehte Lukar den Kopf etwas zur Seite ... um in das Gesicht des Freundes und Helfers zu blicken. Der hatte Radzinsky einen fröhlichen Klaps gegeben, war ans Feuer herangetreten und begaffte nun ungeniert Lukar. Gaffte. Gaffte. Und gaffte. In völliger Glückseligkeit. Es gab angenehmere Blicke, mit denen man bedacht werden konnte. Sicher auch viel schlimmere, einen Blick voller Mordlust etwa, oder dder Blick eines rachesüchtigen Ehemannes ... doch der Blick des radzinskyschen Kumpels wirkte wie der Blick eines Händlers, der seine Ware begutachtete. Niemand kannte den Blick so gut wie Lukar. Abschätzend. Freudig den Wert ausrechnend. Das, oder Radzinskys Freund war einfach genau so Wirr und strahlte einfach die pietätslose Freude eines Narren aus. beides war möglich, beides zutiefst beängstigend. Lukar kannte, seines schmeichelnden Stimmorgans beraubt, nur eine Antwort auf dieses Starren. Er starrte zurück. Bis plötzlich der Blick auf den Gaffer verdeckt wurde und ein Stück Trockenfleisch vor Lukars Nase herumtanzte ...

  8. Beiträge anzeigen #68
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Stewark, Küste

    Wenn man ganz genau hinschaute, konnte man erkennen, wie Radzinskys Augen plötzlich voller Begierde, einer Katze gleich, das Trockenfleisch fixierten. Wer war dieser Franz nur? Wäre er gläubig, würde Radzinsky ihn als seinen Heiland bezeichnen. Aber so war er einfach der Sechser auf dem Würfel, den er immer und immer wieder warf. Gierig schnappte er Fleisch vor der Nase des Fremden weg und stopfte es sich selbst in den Mund. Aber er konnte es kaum schlucken und hustete die Hälfte wieder aus. Seufzend reichte Franz ihm auch noch seinen Trinkschlauch und Radzinsky trank sich gierig satt. Dann reichte er das Wasser an den Alten weiter, der es mit zittrigen Händen entgegennahm.

    "Von meinem Essen bekommt er nichts ab", sagte Radzinsky entschieden, "Ich bin viel bedürftiger. Habt Ihr euch mal die Klamotten des Kerls angesehen? Er scheint mir sehr rüstig zu sein, er wird's schon schaffen."

    Erst jetzt, da der Hunger nicht mehr sein primäres Problem war, erwachte wieder eine gewisse Neugierde für das Unbekannte in Radzinsky. Oder besser gesagt für den Unbekannten. Was hatte der Kerl hier verloren? Er war doch wohl nicht wirklich schwimmen gegangen, dafür sah er Mann nicht verrückt genug aus. Er hatte schon ein reifes Alter erreicht, reifer vielleicht als Radzinsky, das heißt, er wusste, was es bedeutete, am Leben zu bleiben. Vielleicht hatte er einen Unfall.

    Radzinskys blickte den Fremden nun umso neugieriger an. Ihm war beinahe so, als käme er ihm bekannt vor. Diese krumme Nase war auffällig, die Glatze erst recht. Wie oft traf Radzinsky schon jemanden mit weniger Haar als er? Andererseits... wie oft traf er überhaupt jemanden? Seine Bilanz neuer Bekanntschaften war in dieser Nacht schon weit über den Mittelwert gestiegen. Und irgendetwas in seinem Hinterkopf ratterte, eine Intuition, eine Warnung vor dem Fremden. Doch er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen.

    "Ich möchte jetzt gern wieder in meinen Keller zurückkehren", sagte Radzinsky zu seinem weisen Begleiter, "Es tut mir sehr Leid, guter Franz, wir werden heute wohl keine Sternschnuppen mehr sehen. Bringt mich und Rumpel bitte wieder in die Stadt."

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    Lehrling Avatar von Die Schurken
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    Die Schurken ist offline

    In der Nähe von Stewark

    Die Gedanken waren geordnet, die beiden Freiwilligen mit etwas Essen & Wasser versorgt und die Nacht neigte sich dem Ende zu. "Also, Herr Radzinsky und ihr werter Herr, könnt entweder jetzt noch eine kleine Runde schlafen und wir begeben uns im Morgengrauen auf die Reise, oder wir marschieren gleich los, richtete der Schurke freundlich die Stimme an die beiden Herren und die Ratte, bevor er abschätzig hinzufügte, "In eurem aktuellen Zustand hielt ich aber eher eine kurze Pause für angebracht."

    Danach wärmte er sich selbst noch kurz die Händer vom laienhaft aufgeschichteten Feuer des Verrückten, das langsam auch begann in sich zusammenbrechen und seine besten Stunden wohl schon gesehen hatte. "Mein Lieber, du und Rumpel können nicht mehr zurück in die Stadt und in den Keller der Irrenanstalt, man will euch gar nicht mehr dort haben. Es gibt nicht genug Essen und außerdem haben wir doch eine Forschungsmission zu erfüllen beim Alchemisten des Silbersees. Mal davon abgesehen, das beim Silbersee durch die gute Lage das Wetter meist sehr schön und klar ist und du in der Nacht dort eine guten Blick auf den Himmel hast.", erklärte er Michail und nickte dabei anerkennend auch der ausgestopften Ratte zu.

    Wenn er dieses Spiel mitspielen musste, um sein Ziel zu erreichen, dann war das so, denn er selbst hatte nicht die Kraft oder noch war er gewillt Träger zu bezahlen, um einen, geschweige denn zwei Männer einen Tagesmarsch durch Stock und Stein zu schleifen. Deshalb versuchte er auch bei dem anderen zunächst das Zuckerbrot, bevor er sich die Hände mit der Peitsche schmutzig machte: Wir wurden einander noch gar nicht vorgestellt, Franz Möller aus Stewark aktuell unterwegs im Forschungsauftrag des Alchemisten vom Silbersee. Und wer seid ihr?

    Den Körper Lukars betrachten, vielen keine ernsthaften Verletzungen ins Auge, obschon der am Strand liegende durchaus den Eindruck vermittelte, schon bessere Tage gesehen zu haben: "Ich denke, dass der Alchemist sicher auch das ein oder andere Mittelchen hätte, um euch in der aktuellen Verfassung zu behandeln", erläuterte die Wanz' ruhig, bevor er in seinen Gedanken ergänzte "und herauszufinden, welche Nebenwirkungen sie mit sich brachten"

    Das Feuer ging langsam aus, der Wind an der Küste peitschte und die feuchte salzige Luft war nicht der Beste Ort, um sich auszuruhen. "Kommt, selbst wenn ihr gleich weiterziehen wollt, lasst uns zumindest kurz eine Proviantpause im Schmugglerversteck beim Hügel machen", ergänzte er seine bisherigen Ausführungen und kam somit zu der eingangs gestellten Frage zurück, während er die Hand in Richtung Lukars ausstreckte, um ihm bei Bedarf auf die Füße zu helfen.

    Hyperius

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    Lukar ist offline

    In der Nähe von Stewark

    Lukar blinzelte entgeistert dem Trockenfleisch hinterher, dass ihm einfach vorm Gesicht weggekrallt worden war. Die Hand, die er schon leicht danach ausgestreckt hatte, verharrte in der Luft, nur um sogleich mit einem halbleeren Trinkschlauch gefüllt zu werden. Das kostbare, süße Nass in seiner Hand und die Tatsache, dass Radzinsky das Fleisch mit einem einzigen gierigen Haps halb verschlang und halb im Sand verteilte, hielt Lukar vom empörten Aufkrächzen ab. Und vielleicht die Tatsache, dass Trockenfleisch, aus dem sogar die Salzkristalle glänzten, nicht grade das richtige für seinen übersalzenen Magen war. So nahm er das Wasser freudig entgegen und stürzte es regelrecht hinab. Erst nach der erfrischenen Flut hielt er einen kleinen Schluck im Munde und lies diesen gemächlich kreisen, um den widerlichen Meeresgeschmack loszuwerden.

    "Ein Alkschemischt, jaaah?" Krächzte Lukar zur Antwort und war froh, dass man zumindest ansatzweise verstand, was er von sich geben wollte. Die Worte des Helferleins, dem Freund dieses Radzinsky, klangen vernünftig und durchdacht. Was den Händler zögern lies, als ihm eine Hand angeboten wurde. Der Kerl war vernünftig. Bei klarem Verstand. Warum gab der sich mit dem Rattenbefreunder Radzinsky ab, wurde von diesem ein Freund genannt? Misstrauisch zog Lukar die geröteten Augen zusammen und blickte zwischen Radzinsky, dem Helfer und der angebotenen Hand hin und her, bis er endlich einschlug und sich auf die Beine ziehen lies. Ein Lager für die Nacht, das klang nach einem Angebot. Stewark war doch einen kleinen Marsch entfernt, viel zu weit als das Lukar es seinen kalten Beinen jetzt zutrauen wollte. Auch die Tatsache, dass bisher kein erkennendes Aufblitzen in den fiebrigen Augen Radzinskys zu sehen war, lies ihn das Angebot schmackhaft erscheinen. Vielleicht, hatte der Rattenfreund Lukar längst vergessen. Alles in Allem schien die Situation um Mudra, den Bären und ihre anschließende Flucht zu den Fischern nichts zu sein, was im Tagesablauf eines Radzinsky all zu ungewöhnlich war oder Spuren hinterlies. Immerhin, der Mensch sprach mit einer Ratte und sprang mit den Gedanken salopp zwischen eben jener Ratte, dem Himmelszelt und vom Firmament stürzten Rehbraten hin und her.

    "Mit wem habsch dasch vergn ... " Lukar schüttelte den Kopf, hustete und musste selbst über sein Kauderwelch müde Lächeln. Die Reaktion folgte prompt, der Helfer lächelte sein verständnissvollstes Lächeln und gab Lukar auch den Rest des Wassers zu trinken. Das Lächeln des Helfers kam Lukar immer noch ein wenig unkoscher vor.

    "Wer seid ihr?" Wagte er einen dritten Anlauf und bekam tatsächlich einige Worte heraus. "Und welcher Alchemist?" Lukar deutete zitternd hinter sich. "Ich bin ins Meer ... naja ... gestürzt. Da hilft nun wirklich kein Trank gegen. Aber euer Angebot eines Nachtlagers nehm ich gerne an. Gerne komme ich für die Unkosten auf. Morgen trennen sich unsere Wege auch wieder." Lukar verschwieg geflissentlich, dass er von dem Alchemisten in der Nähe des Silbersees schon gehört hatte. Informationen waren zu seiner Zeit, als er selbst noch am Silbersee gelebt hatte, das Ah und Oh gewesen. Aber er wollte von diesem Kauz hören, um welchen Alchemisten es ging. Warum der Fremde auf die Idee kam, ein aus dem Meer Gefischter könnte an diesem Interessiert sein. wieder fiel sein Blick auf Radzinsky. Der hatte zurück nach Stewark gewollt, doch sein Freund drängte ihn zum Besuch des Alchemisten? War der Freund am Ende in Sorge um Radzinsky? Versprach er sich eine Heilung der geistigen Eskapaden?

    "Ihr seid ein Freund von ... ihr seid sein Freund? Ein mutiger Mann. Er hat mich wohl vor dem Tode bewahrt." Fügte Lukar mit einem Nicken in Radzinskys Richtung hinzu, nachdem sich die Gruppe dreier Männer langsam auf den Weg gemacht hatte. Dieser Helfer war sofort zur Stelle als Lukar durch seine müden Beine leicht wankte, stützte ihn. Radzinsky schien dagegen mit dem Himmelszelt und seiner Ratte beschäftigt.

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    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Nachtlager nahe Stewark

    Radzinskys Laune war wie ein Metronom. Sie konnte schnell, mit nur einem Ticken von rauschender Freude zu tiefem Ärger und wieder zurück schnellen. Momentan jedoch pendelte sie irgendwo dazwischen, unschlüssig darüber, was er von diesem Fremden, aber vor allem von Franz' Freundlichkeit diesem Fremden gegenüber halten sollte. Er selbst stand gern im Mittelpunkt des Interesses und hatte sich schon sehr an dieses Entgegenkommen von Franz gewohnt. Sollte sich jetzt herausstellen, dass er auch zu einem x-beliebigen Gestrandeten so freundlich war und dies gar nichts mit ihm zu tun hatte, schmälerte das Radzinksys Meinung von diesem Kerl auf ein Minimum.

    "Das Wetter interessiert mich gerade gar nicht mehr", schimpfte Radzinsky laut vor sich hin, "Wie ich schon sagte, wir haben die Sternschnuppen verpasst, warum sollte ich dann noch in den Himmel schauen wollen? Da stecke ich doch viel lieber meine Nase in ein gutes Buch. Hat euer Alchemist auch Bücher? Eigentlich sollte er, sonst ist er nichts als ein Pfuscher. Ich konnte schon mit vier Jahren lesen!"

    Fürs Erste würde er an der Seite von Franz und diesem fremden Alten bleiben, der Radzinsky immer mal wieder misstrauisch beäugte. Das entging dem Genius nicht, auch er verspürte eine gewisse Neugier. Dass sich der Fremde noch nicht vorgestellt hatte, sprach doch Bände. Radzinsky hatte ihn schon irgendwo einmal gesehen, sein Gedächtnis war schließlich spitze. Es bestand aus Millionen und Abermillionen Puzzleteilen. Es dauerte nur manchmal ein bisschen länger, bis er sie alle wieder richtig zusammengesetzt hatte.

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    Lehrling Avatar von Die Schurken
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    Die Schurken ist offline

    Auf dem Weg Richtung Silbersee

    So ein bisschen kam er sich wie ein Kindermädchen vor und dieser alte Kauz schien deutlich widerspenstiger zu sein als Herr Radzinsky es war und darauf hatte er keine Lust. Auch entging dem Ganoven nicht, dass seit dieser andere Kerl dabei war, sich der Irre immer mehr wie ein trotziges Kind verhielt und das gefiel ihm nicht, denn das macht alles anstrengender. Auf Anstrengung hatte er keine Lust, so bedeutete es wohl erstmal genug vom Zuckerbrot und nachdem die Gruppe eine Weile im Schmugglerversteck gerastet hatte, stand der erneute Aufbruch knapp bevor.

    "Radzinsky, bei dem Alchemisten handelt es sich um den großen Klaus von Klausewitz, von dem ihr bestimmt schonmal gehört hat. Er hat Bücher und Tränke und ist zudem ein sehr interessanter Gesprächspartner", mischte die Wanz' geschickt Lüge, Vermutung und die Wahrheit, als sie die Frage des Genius beantwortete. Er war während des Schlafes zu dem Schluss gekommen, dass er weiterhin den Irren umgarnen sollte, da dies bislang ja auch ganz vernünftig funktioniert hatte.

    "Ihr seid hoffentlich auch ausgeruht und für euren Mann, der scheinbar keinen Namen hat, kann ich euch nur nochmal da dran erinnern, dass es hier draußen sehr gefährlich werden kann und ihr gut daran tätet uns zu begleiten. Es wäre doch zu schade, wenn man euch von Räubern überfallen am Wegesrand aufgeschlitzt vorfände.", drohte der Ganove und zwinkerte Lukar in einem Moment zu wo Michail in eine andere Richtung aufpasste.

    "Teilen und herrschen", dachte er sich, als der Schurke den Sack mit den Vorräten für die heutige Reise aufhob. "Dir und Rumpel kann ich vertrauen, willst du heute unsere Vorräte transportieren", fragte der Verbrecher mit einer Mischung aus Ehrlichkeit und Schmeichelei, während er gut sichbar für alle Beteiligten ein Kurzschwert an seinem Gürtel befestigte. Die Scharten an der Seite der Waffe zeigten, dass diese Waffe in der Vergangenheit nicht nur zur Dekoration gedient hatte.

    Hyperius

  13. Beiträge anzeigen #73
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline

    Auf dem Weg Richtung Silbersee

    Die Scharade fiel schneller, als Lukar hätte hoffen können … und fürchten. Das war kein freundlicher Helfer, der ihn da abwechselnd stützte und Radzinsky mit seiner Silberzunge umgarnte. Das war ein verlogener Krimineller. Das Schwert an dessen Gürtel hatte bessere Tage gesehen, die Kurzklinge eines Landstreichers, offenbar Zeuge seiner zahlreichen „Abenteuer.“ Die deutlichste Sprache aber kam diesmal nicht von den Indizien, die Lukar an Radzinskys „Helfer“ auszumachen wusste, sondern dessen Mundwerk selbst. Lukar war älter geworden seit er auf Argaan lebte … aber er erkannte noch immer eine Drohung, wenn man sie ihm vor die Füße spuckte. In anderen Situationen hätte Lukar jetzt vielleicht sowas wie Sympathie mit diesem Kerl verspürt, oder in Erwägung gezogen ihn in seine Pläne einzuspannen. Nur das die große Zeit des Planens bei Lukar vorbei war und dieser Kerl nicht weniger wagte, als ihn zu bedrohen! Ihn, Lukar Durand! Ihn, den … waffenlosen, zitternden, geschwächten Mann mit der Hackennase, den um diese Zeit keiner vermissen würde! Der Ganove war am längeren Hebel. Radzinsky schien die subtile, freundlich ausgesprochene Drohung nicht einmal zu bemerken. Der geborstene Geist, der ihm so viel Kraft und Sprunghaftigkeit verlieh, machte ihn wohl blind für das Nächstliegende.

    Doch eben jene Sprunghaftigkeit … Lukar fixierte den Sternendeuter mit nachdenklichen Seitenblicken. Von Ratte zu Stewark, von Stewark zu Sternen, von Sternen zu Büchern … der Ganove schien diesen Gedankentanz noch bändigen zu können, mit simplen Gesten der Freundlichkeit, mit Speis und Trank … aber, mit Lukar war nun eine weitere Variable in die Gleichung getreten. Wie das System Radzinsky wohl auf diese Störung reagieren würde, langfristig? Möglicherweise war ein widererkennender Wutausbruch des Rattenbefreunders grade nicht die Sache, die Lukar am meisten zu fürchten hatte. Und somit eine Handlungsoption.

    „Das kann in dieser Gegend sehr schnell passieren.“ Krächzte Lukar eisig. „Es gibt so viele Banditen in diesen Zeiten. Manche machen nicht einmal vor ihresgleichen halt und überfallen sich wie reißende Hunde.“ Der Gauner lächelte die hilflose Gegendrohungen einfach weg. Wie gelassen! Wie selbstbewusst! Und Lukar stellte sich zunehmend die eine Frage … was wollte dieser Kerl von Ihm und Radzinsky?

    "So, ihr wolltet also garnicht mein Leben retten, sondern fandet mich auf eurer Sternenbeobachtung." Wagte er einige scherzende Worte an den Rumpelkumpel, um auszuprobieren wie der Kerl auf seine Stimme und die direkte Andeutung reagieren würde. Im schlimmsten Fall würde es ....chaotisch. Im besten Fall fand er irgendeine Gemeinsamkeit mit Radzinsky, der sich schon der Ganove bediente um ihn zu zähmen. Nur das Lukar nicht vorhatte, Radzinsky bis nach Silbsersee zu losten, in die Klauen eines "Alchemisten". Im besten Falle konnte er ihn vor diesem Schicksal (welchem auch immer) sogar befreien. Natürlich ganz uneigennützig.

    "Ihr scheint an eurer Ratte zu hängen ... nein, kein Sorge, ich hatte garnicht vor sie am Strand euch zu rauben ... vielmehr ... " Lukar grübelte. Er war unsicher, ob Radzinsky wirklich an die Belebtheit der Ratte glaubte, oder sie einfach nur als Ausgleich seiner Gedanken nutzte. "Es war eure Ratte, die mich hilflos in den Fluten fand."

  14. Beiträge anzeigen #74
    Provinzheld Avatar von Die Wassernovizen
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    Die Wassernovizen ist offline

    In der Taverne

    Horkas fegte mal wieder, dieses Mal aber nicht auf dem kleinen Platz nördlich des Tores, sondern im Eingangsbereich vorm Haus der Magier. Ihm fehlte noch immer eine feste Aufgabe hier in Stewark und so bot er sich an zu helfen, wo er eben konnte. Da fast niemand Lust auf das Fegen hatte, blieb es eben an dem Adepten hängen diesen Dienst zu erfüllen.
    Mit einer Mischung aus Stolz und auch ein wenig aus Scham erfüllte es ihn, hier vor dem Haus der Magier zu sein. Mit Stolz, weil es zwar nicht an den Prunkbau aus Setarrif heranreichte, aber dennoch eine für Stewarker Verhältnisse schöne und beachtliche Unterkunft war und mit Scham deshalb, weil sie die Flüchtlinge in dieser noch immer etwas fremden Stadt besser hausen konnten, als die meisten Bewohner.

    Auch deshalb half er gerne bei den Armenspeisungen wie am Wochenende und bei gefühlt niederen Aufgaben wie dem Fegen der Straße, um seine Erdung nicht zu verlieren. Die Diener Adanos' sollten unter dem Volk sein und nicht von oben auf es herabschauen, war seine feste Überzeugung und so begab er sich in Richtung der Taverne von Ingor, die den liebevollen Namen "Klippenschenke" trug. Die Klippen hier in Stewark hatten ganz sicher nichts anderes zu verschenken als den schnellen Tod für den unvorsichtigen, der sich zu weit hinüber beugte.

    Umso mehr musste man also vorsichtig sein, dass man in der Klippenschenke sich selbst nicht zu viel einschenkte, um dann tragischerweise später den Klippen sein Leben zu schenken. Aber das hatte der Diener Adanos' auch gar nicht vor.
    Er wollte sich ein Bier ein gönnen und dann vielleicht ein paar Worte mit den Einheimischen wechseln, wenn er ein Gesicht von den Speisungen wieder erkannte. Doch die meisten die zu den Speisungen kamen, hatten wohl nicht genug Geld, um regelmäßig in der Taverne vorbeizuschauen und die, die es trotzdem taten, sollten es zumindest nicht.

    Nachdem er sich also ein Bier geholt hatte, schlängelte er sich durch das rege Treiben hin zu einem kleinen Holzblock, den man als behelfsmäßigen Stuhl verwenden konnte. "Ich bin schon so lange Adept, aber ich kann weder mit dem Stab, noch mit der Magie umgehen", murmelte der Jäger in seinen nicht vorhanden Bart.
    Ob ich zur Magie tauge, weiß ich nicht, aber wenn ich die Leute beschützen will, reicht es nicht, dass ich früher als Jäger mal gelernt habe, mit dem Bogen umzugehen. Einst bildete Meisterin Aniron regelmäßig Schüler am Stab aus, doch hab ich sie dieses schon länger nicht mehr tun sehen. Ich frage mich, ob Sie mir vielleicht zumindest die Grundlagen zeigen konnte, ging es Horkas durch den Kopf, bevor er einen kräftigen Schluck seines Bieres nippte und sich einfach von der Situation treiben ließ.

    Hyperius

  15. Beiträge anzeigen #75
    Provinzheld Avatar von Die Wassernovizen
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    Die Wassernovizen ist offline
    "Sehr geehrter Meister Wombel,

    man hat mir mitgeteilte, dass eure Handwerkskünste im Orden des Wassers ihresgleichen suchen. Vielleicht wärt ihr bereit, mir zu helfen.
    Am Ende des kleinen Platzes nördlich vom Eingangstor nach Stewark werden in den letzten Wochen immer wieder kleine Armenspeisungen durch den Orden des Wassers vorgenommen und für die, die möchten anschließend noch eine kleine Geschichte oder kleines Gebet im Namen Adanos' gesprochen.
    Es wurde überlegt, dort vielleicht einen kleinen Schrein einzurichten, an dem die Gläubigen auch abseits der Speisungen ein Gebet an Adanos richten können.
    Ich würde mich freuen, wenn wir uns demnächst einmal darüber unterhalten könnten.

    Hochachtungsvoll
    Horkas, Adept des Wassers"


    Diesen Brief hatte der Diener des Gleichgewichts formuliert und ihn dann einem der Novizen mitgegeben, der Wombel kannte, oder zumindest wusste, wo man ihn regelmäßig antreffen könnte. Der Adept fühlte sich in den letzten Tagen und Wochen wieder von einem Tatendrang ergriffen, den er lange verloren geglaubt hatte.

    Zwar hatte er stets seine Aufgaben gern und zur Zufriedenheit erfüllt, egal ob es nun kleinere Dienste in Setarrif oder das Jagen am Silbersee war, dennoch hatte ihm in den letzten Jahren der Zweck gefehlt, so wie damals als er in Lago gedient hatte. Vielleicht war es ja auch ein Problem seiner Generation, das Arbeit immer Zweck; Beruf immer mit Berufung; und Ordensleben immer mit erfülltem Leben zu tun haben musste.

    Nun wenn er aber die Magier bei der Speisung und den kleinen aufmunternden Worten des Gleichgewichts im Dienste Adanos' unter der Woche unterstützte, so fühlte er sich wieder richtig am Platz. Ob es nun das Strahlen der Kinderaugen waren, die eine volle Schüssel Eintopf entgegennahmen oder der im vorbeigehend gemurmelte Dank der Setarrifer, die nun hier ihre Heimat gefunden hatte, konnte er nicht genau sagen.

    Dennoch alles zusammen erfreute und erhöhte ihn innerlich, so dass Horkas beim Schwingen des Besens nicht das Gefühl hatte, er fegte nur Drecke zur Seite, sondern dass er die Verkrustung des eintönigen Lebens löste, dass ihn über sich und viele andere der Flüchtlinge gelegt hatte wie ein träger Mantel der Lethargie.

    Hyperius

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    Knetmaster  Avatar von Wombel
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    Wombel ist offline
    „Oha. Post von den Vertretern Adanos …“ sagte Wombel, der den Brief durchlas den er in den schwieligen Händen hielt.
    In seiner Werkstatt leicht außerhalb von Stewark gelegen bekam er selten Besuch und noch seltener Post, insofern war seine Verwunderung nicht von der Hand zu weisen. Nach einer kurzen Überlegung entschied er sich diesmal seine lederne Zimmermannskluft abzulegen, sich etwas frisch zu machen und in seine Magier Robe zu schlüpfen.
    Es war ein wenig seltsam den edlen und bequemen Zwirn wieder auf dem Leib zu spüren, immerhin war eine beträchtliche Zeit vergangen seit er neben seiner Zimmermannstätigkeit einmal etwas in Stewark zu erledigen gehabt hätte. Natürlich war er auch einigermaßen regelmäßig beim Haus der Magier vorbeigekommen, zumeist gab es dort aber ohnehin etwas auszubessern oder anderweitige Holzarbeiten. Hierfür wäre die Robe aber fehl am Platz gewesen.

    Noch einmal glättete er das Pergament auf dem massiven Eichentisch und las die Zeilen ein zweites Mal durch, während er auf einem Stück Brot herumkaute, welches er sich mit einem Schluck Wasser herunterspülte.
    „Ein Schrein … hmm.“ brummte er nachdenklich und überlegte bereits wie so eine Konstruktion aussehen könnte und er überlegte laut vor sich hin:
    „Irgendwas mit dunkler Eiche und heller Birke wäre doch ganz nett.“
    Sich selbst zufrieden zunickend erhob er sich vom Esstisch und wollte bereits zur Türe hinaus, als er sich noch einmal umdrehte und einen hölzernen, reich verzierten Waffenständer ansteuerte. Als seine Hände über das makellos geformte und strahlend weiße Holz seines Stabes fuhren, bemerkte er seit langer Zeit wieder das vertraute elektrische Knistern. Ein wohliges knistern und eine angenehme Energie flossen durch seine Hände, bis er den Stab schließlich schulterte.
    „Dich nehm ich ebenfalls mit. Es wird allerhöchste Zeit mal wieder vollständig als Magier aufzutauchen.“ Er grinste, schulterte den Stab und schritt zur Türe hinaus.

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    Provinzheld Avatar von Die Wassernovizen
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    Die Wassernovizen ist offline

    Am Platz der Essensausgabe des Orden des Wassers

    Es war nicht viel Zeit vergangen, seit Horkas dem jungen Novizen den Brief für Meister Wombel mitgegeben hatte. Deshalb rechnete er aktuell noch nicht mit einer Antwort des Handwerksmeisters. Die Mühlen auf Argaan mahlten dieser Tage etwas langsamer und nach dem Chaos der frühen Jahre nach ihrer Ankunft hatte eine gewissen Behäbigkeit eingesetzt. Grundsätzlich war Behäbigkeit etwas Gutes, wenn man sie der Hast und Stress aus Zeiten der kriegerischen Auseinandersetzung entgegenstellte, aber auf der anderen Seite konnte Behäbigkeit auch etwas Lähmendes an sich haben, wenn sie zu Schwermut und einem Zustand der Paralyse führte.

    In Stewark zumindest taten seit einigen Wochen die Diener Adanos' alles, um die Bevölkerung aus ihrer Melancholie und Lethargie zu wecken und die Saat der Hoffnung im Volk zu verankern. Nicht durch hohe Predigten von der Kanzel herab, wichtigtuerischen Dekreten und der Macht der Autorität der Kirche; sondern durch karikative Tätigkeiten, ein offenes Ohr und den diakonischen Dienst an der Bevölkerung, fanden die Diener des Gleichgewichts einen Platz in der Welt und ihres Dienen, der vielleicht nicht jedem gefiel, aber auch alte Traditionen wieder aufgriff.

    Der Adept und Jäger selbst war wieder einmal damit beschäftigt an der behelfsmäßig errichteten Feuerstelle etwas Gemüse und Fleisch für den heutigen Eintopf zurecht zu schneiden, während einige Novizen noch eifrig damit beschäftigt waren ein paar Kopien der Flugblätter mit den wichtigsten Informationen zu Speisung und Lehre Adanos abzuschreiben. In dieses muntere Gewusel stahl sich plötzlich eine blaue Reflektion. Es waren noch nicht viele Stewarker da, weil die Speisung erst in einigen Stunden beginnen würde, aber selbst wenn der Platz voller gewesen wäre, hätte man diesen Mann nicht so leicht übersehen.

    Der Anblick, der sich dort vor den Augen Horkas' präsentierte und ihn fast das Gemüse schneiden vergessen ließ, war un- oder vielleicht mehr noch außergewöhnlich. Es näherte sich ein Wassermagier mittleren Alters, dessen Schultern und Körperbau davon zeugten, dass er im Gegensatz zu vielen anderen Magiern auch fähig war körperlich mit anzupacken, wenn es denn nötig war. Die Robe war schlicht und elegant zu gleich, wirkte aber allen voran sehr gepflegt, als ob sie nur zu bestimmten Anlässen getragen wurde. Schließlich ragte über eine Schulter die Spitze eines mächtigen Kampfstabes hervor, der spätestens jetzt allen Leuten klar gemacht hätte, dass dieser Mann nicht nur die Magie als Verteidigung nutzen konnte.

    Ein kraftvolles und ehrliches Lächeln der Freude stahl sich auf das Gesicht des Adepten, während er kurz einen der ohnehin schon leicht überforderten Novizen kurz dazu beordete seine Aufgabe fortzuführen, bevor er schließlich demütig auf den sich nähernden Mann zu schritt. "Seid ihr der Handwerksmeister Wombel, Meister?", sprach der Jäger ruhig und noch ehe der andere antworten konnte, ergänzte er, Dies ist die Stelle, an der wir das Essen ausgeben und die Priester einige Worte der Erbauung sprechen. Ich bin der Adept Horkas und ich schrieb euch, weil wir uns ein permanenteres Zeichen für die Gläubigen wünschen

    Hyperius

  18. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #78
    Knetmaster  Avatar von Wombel
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Wombel ist offline
    Der Zimmermann ging gemessenen Schrittes über den Platz. Nicht dass er es eilig gehabt hätte, aber nunmehr war er als Wassermagier mit einer Aufgabe betreut unterwegs und da wollte er nicht trödelnd oder gar müßig erscheinen. Doch seine Bedenken waren im nu verflogen. Es tummelten sich gerademal ein paar Handvoll Leute auf dem Platz. Wombel schaute kurz in Richtung Sonne und murmelte zu sich selbst:
    „Fürs Frühstück zu spät, fürs Mittagessen zu früh.“

    Dennoch konnte er einen verlockenden Geruch wahrnehmen, der in ihm trotz seines soeben eingenommenen Frühstücks ein leichtes Hungergefühl aufkommen ließ. Angeschmortes Gemüse verbreitete nun einmal seinen ganz eigenen, angenehmen Geruch und augenscheinlich schienen die Zwiebeln und Möhren in dem Kessel gerade in die richtige Röstfarbe zu bekommen.

    Er sah einen auf sich zuschreitenden Adepten, freundlich lächelnd und es schien als ob er der kleinen Gruppe der Helfer hier vorstand. Der Adept, welcher sich als Horkas vorstellte begrüßte den Magier pflichtgemäß, wenn auch für Wombels Geschmack ein wenig zu überschwänglich.
    "Seid ihr der Handwerksmeister Wombel, Meister?"
    Wombel lächelte freundlich zurück und musterte Horkas für einen kleinen Augenblick.
    Der Adept mochte um die Dreißig sein, einen Kopf kleiner als er selbst, aber drahtiger und vermutlich war auch dieser Mann nicht „nur“ ein Diener Adanos. Die breiten, sehnigen Hände hatte der Adept sicherlich nicht vom führen eines Federkiels über Pergament.
    „Nun ja, das ist wohl richtig so. Ich bin Handwerksmeister der Zunft der Zimmerleute und ein Magier des Wassers. Allerdings sollten wir uns künftig auf einen der Titel beschränken, sonst verlieren wir viel zu viel Zeit mit unnützen Floskeln während wir reden. Ein Meister genügt voll und ganz.“ sagte er augenzwinkernd.

    Horkas schien einen Augenblick etwas verwirrt, hatte den Faden aber recht rasch wieder gefunden und nachdem die beiden Männer noch ein wenig miteinander sprachen gingen sie hinüber zu der aufgebauten, kleinen Feldküche. Wombel musterte das fleißige Treiben der Novizen die mit allerlei Töpfen und Kesseln hantierten, auf einem kleinen Tisch wurde Gemüse geschnitten und unter dem größten Kessel brannte ein munteres Feuer. Wasser wurde in Holzbottichen herbei geschafft und ein weiterer Novize spülte das schlichte Holzgeschirr, welches wohl später zur Verteilung verwendet wurde.
    Anschließend wandte er sich wieder dem vorstehenden Adepten zu.
    „Nun denn Adept Horkas, die Überlegung für die Armen einen Schrein zu bauen ist eine treffliche Sache. So wie ich sehe haben wir hier einen doch recht großzügig bemessenen Platz dafür gefunden und so wie es scheint werden die Speisen dankbar angenommen. Doch zunächst erzählt mir etwas mehr, gibt es hierzu schon Überlegungen oder Vorstellungen wie wir diesen Ort hier entsprechend gestalten können? “

  19. Beiträge anzeigen #79
    Mamka  Avatar von Aniron
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    Ein wenig gedankenverloren säuberte Aniron die Waschschüssel, mit der sie Hyperius' ein wenig gewaschen hatte. Sinan hatte Recht gehabt: Es schien tatsächlich etwas Leben in den komatösen Körper des Erzdekans zurückgekehrt zu sein. Daraufhin hatte die Wehmutter Hyperius den Bart abgenommen, der schon eine Weile nicht mehr gestutzt worden war. Ja, Hyperius wirkte nicht länger leblos. Er regte sich hin und wieder unbewusst oder sein Atem ging anders. Nach all den unzähligen Monaten der Stille kam das einem Wunder gleich. Er schien wirklich einfach nur zu schlafen.

    "So", sagte Aniron und stellte die Waschschüssel zum Trocknen auf. Sie nahm sich ein Tuch, um ihre Hände abzutrocknen.
    "Was machen wir denn jetzt nur mit dir?", fragte sie Hyperius und erhielt wie gewohnt keine Antwort. Sie hatte es sich angewöhnt, mit ihm zu reden, als sei er wach und lebendig. Einerseits weil sie hoffte, dass er sie vielleicht hörte und anderseits auch weil es ihr Sicherheit gab. "Ich werde Tinquilius fragen, ob wir nicht mal in deinen Kopf schauen wollen. Das tut nicht weh, keine Sorge. Du weißt doch, dass wir vorsichtig sind."

    Sie drehte sich wieder weg von ihm, sprach aber weiter:
    "Ich werde ihn morgen gleich aufsuchen. Für heute muss ich noch ein wenig Verbandsmaterialien in die Vorratskammer sortieren, das wurde uns heute nämlich geliefert." Nachdem sie das Tuch wieder aufgehängt hatte, wandte sie sich Hyperius wieder zu.
    "Also dann sehen wir uns mo-", sie verstummte schlagartig. Denn Hyperius blickte sie mit offenen Augen an. Er blickte sie an wie jemand, der sehr, sehr lange geschlafen hatte. Aber er blickte sie wahrhaftig an.
    Sie sank erschrocken neben ihn:
    "Bei den Göttern!", entfuhr es ihr.

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    Szieeeeh Fooood!  Avatar von Drakk
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    Leise knisterte das Feuer als der Nordmann einen Holzscheit in den Feuerkorb warf. Ihre Reihen waren dünn geworden, viele Kameraden und Gefährten verschwunden - entweder weiter gezogen oder im Kampf gefallen. Das war auch schon der Hauptgrund warum der Hüne hier draußen am Tor Wache hielt.

    Einen Moment lang starrte er in die Flammen, ehe seine Hand den Trinkschlauch an seine Gürtel packte und den Knoten löste.Der Schnaps brannte sich seine Kehle herunter und ließ seinen Körper vermutlich auf die selbe Temperatur ansteigen wie das Feuer das den Holzscheit bereits verschlungen hatte.
    „Schnaps?” brummte der Rotschopf und hielt Torlof den Trinkschlauch hin. Dieser nahm den Trinkschlauch kommentarlos entgegen und nahm einen Kräftigen Schluck zu sich. Er hustete kurz und reichte den Schlauch zurück. „was ist das? Drachenpiisse? gab der Veteran von sich ehe er noch einmal Husten musste. „irgend so ein einheimisches Gesöff . Schmeckt nicht gut, aber die Wirkung ist gut“ antwortete Drakk und packte den Trinkschlauch zurück.

    Torlof war einer der wenigen Veteranen die Drakk noch von Khorinis kannte, damals noch im Sold des dortigen Großbauern. Das war ein halbes Leben her und nur wenige von damals waren noch da. Ganzo, Claw Taeris, Redsonja waren nur ein paar Namen die dem Nordmann dabei in den Sinn kamen. Lebten sie noch? Oder waren sie bereits zu den Ahnen gereist? Drakk konnte es nicht sagen. Mit der Zeit war in ihm eine Art Verwunderung gewachsen - wie konnte es sein das so viele Kameraden gefallen waren während er Schlacht um Schlacht überlebt hatte?

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