Zitat von
Forenperser
Niall O'Grady
Sein Leben zog wie ein Film an seinem geistigen Auge vorbei. Die Schüsse prallten weiter um ihn herum ein, er hörte die Stimmen dazwischen rufen, hielt die Waffe zitternd fest. Er war im Arsch. Hudson hatte versucht ihn zu warnen, seine Tante hatte versucht ihn zu warnen. Und jetzt zahlte er den Preis für seine Sturheit. Er nahm die Waffe, erhob sie mit zittrigen Händen und hielt sie sich an die Schläfe. Sie würden ihn nicht bekommen. Diese Genugtuung gab er ihnen nicht. Leise rezitierte er innerlich das Gebet, was seine Mutter ihn und seine Geschwister immer hatte aufsagen lassen.
"May God give you...
For every storm, a rainbow,
For every tear, a smile,
For every care, a promise,
And a blessing in each trial.
For every problem life sends,
A faithful friend to share,
For every sigh, a sweet song,
And an answer for each prayer."
"C-Sicherheit! An alle Beteiligten, sofort sämtliche Kampfhandlungen einstellen!"
Er schlug die Augen wieder auf. War er schon tot? Nein! Die Sirenen heulten laut. Und wieder ertönte das Megafon. "Hier spricht C-Sicherheit! An alle Beteiligten, stellen Sie sofort sämtliche Kampfhandlungen ein und ergeben sie sich! Der Block ist umstellt!"
Der Beschuss hörte auf. Niall's Hirn ratterte, er blickte nach links und rechts. Eine Feuerleiter, au dem Gebäude zu seiner Rechten. Bis zur Dachkante waren es rund 10 Meter. Die Gebäude trennten gute 4. Ließ sich das überwinden?
"Scheiß drauf!"
Er rollte hinter der Deckung hervor, gab eine weitere Salve Schüsse auf die Ganoven ab, welche ihn zuvor noch beharkt hatten und nun aufgrund der Situation ratlos dastanden. Einer ging schreiend zu Boden, die anderen griffen wieder an die eigenen Waffen und schossen.
Die Hälfte der Strecke war bereits überwunden, da spürte er wieder einen stechenden Schmerz, als ein Projektil die Panzerung in der Höhe seiner Hüfte durchbohrte. Die Zähne zusammenbeißend sprang er trotzdem, sah die metallene Feuerleiter in Reichweite kommen, griff zu und packte ins Leere. Er ruderte mit den Armen, spürte wie er tiefer fiel, griff wieder zu. Ein reißendes Gefühl an beiden Armen, die Kraft verließ ihn, mit einem lauten, verzweifelten Schrei zog er sich mit tauben Händen nach oben und fiel kopfüber auf den harten Stahl.
"Hey!" Einer der Polizisten, die um das Gebäude Stellung bezogen hatten, hatte ihn bemerkt. Er richtete die Waffe hoch auf ihn. "Stehen bleiben!"
Niall ignorierte ihn, stürmte die Treppen hinab. "Stehen bleiben oder ich schieße!"
Die Höhe war jetzt niedrig genug. Niall sprang herunter, landete federnd auf allen Vieren.
Blamm
Die Zeit schien stillzustehen. Wie in Zeitlupe spürte er, wie das Geschoss sein linkes Bein durchbohrte. Das Adrenalin das ihn zuvor noch angetrieben hatte ebbte ab, er spürte den rohen Schmerz an sämtlichen Stellen.
"Ok! Ok! Ganz ruhig jetzt! Ich rufe einen Sanitäter! Keine Bewegung, sonst - "
Die nächsten Worte des jungen Menschen gingen im Husten aufgrund der gezündeten Rauchgranate unter. Der Ire griff an seinen Gürtel, zog 3 Painkiller auf einmal davon runter und rammte sie sich in den Hals.
Das Sichtfeld war verschwommen. Seine Hände verkrampften. Und auch der Schmerz begann wiederzukehren. Niall flog jetzt sicherlich bereits 20 Minuten. Alles um ihn herum war verschmiert mit seinem eigenen Blut. Seine Kleidung, die Sitze, die Instrumente. Er fühlte eine Übelkeit in ihm aufsteigen. Wo war er hier überhaupt? Er hatte seinen Orientierungssinn völlig verloren, war einfach nur geflogen, stur geradeaus, weg von den Tips und weg von den Sirenen hinter ihm. Doch jetzt ging es nicht mehr. Er spürte wie er ständig abrutschte, das Skycar mehrmals gefährliche Schlenker machte und aus den Spuren flog. Nicht mehr lange und er würde das Bewusstsein verlieren. Also landete er. Die nächste Biegung, weg von der Hauptstraßen, in eine der dunklen Gassen hinein.
>>Fuck.....<<
Das Skycar schlitterte ungebremst über den Boden, kam wenige Zentimeter vor der Stationswand zum stehen. Das Cockpit öffnete sich und er fiel seitlich auf den kalten Boden. Er griff an die Maske und zog sie sich vom Gesicht, sie behinderte sein Sichtfeld. Dann öffnete er sein Omni-Tool, tippte und sprach mit ersterbender Stimme.
"Hilf....Hudson.....brauche Hilfe.....stecke.....Schwierigkeiten......"
Die Nachricht wurde gesendet, zusammen mit den Koordinaten. Dann fiel er in Ohnmacht.
Donal Harlington
Der Leibwächter hielt sich noch ein wenig abseits von Gil und seiner Frau auf, offenbar wollten sie etwas Privatsphäre. Stattdessen blickte er aus dem Fenster.
Es war schon lange her, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Der Anflug auf diese Station war jedes Mal wieder ein Erlebnis. Egal was für Prachtbauten es auch auf der Erde gab, nichts davon war wirklich hiermit zu vergleichen. Ein wahres Wunder der Architektur.
Der letzte Landeprozess begann. Donal hielt sich mit beiden Händen am Sitz fest. Der kurze Ruck beim Andocken war so ziemlich das einzige, was er an interstellaren Reisen hasste. Es schüttelte alles innerlich wie äußerlich durch.
Glücklicherweise war es wie immer nur ein kurzer Moment. Die letzte Durchsage kam und die Luftschleuse wurde zischend geöffnet. Nun ging es ans Aussteigen.
Kurz nachdem sie die Luftschleuse verlassen hatten, fiel Donal bereits die erste Änderung auf, denn direkt dahinter mussten sie erst einmal durch einen scheinbar doppelt gesicherten C-Sec Checkpoint. Ein Haufen grimmig ausschauender Menschen (wenigstens waren es keine Turianer) tasteten jeden von ihnen doppelt und dreifach ab und nickten sie dann kommentarlos durch, ohne auch nur ein Wort der Entschuldigung.
Als sie endlich durch den Checkpoint waren, erblickte er auf einem der blickenden, großen Newsboards bereits das Gesicht des roten Turianers.
Auf einem anderen prangte nur in weiß auf einem schwarzen Untergrund ein sich nicht ändernder Schriftzug.
In Gedenken an die 427 Toten des Green Heart. Spenden für den Wiederaufbau und die Hinterbliebenen, sowie Verletzten können jederzeit eingereicht werden im Bürgerbüro der Meadows oder online über den Citadel-Spendenfond, Hashtag #OneCitadel. Jeder Credit zählt. Haben Sie ein Herz!
"427 Tote...." murmelte Donal leise. Und wer wusste schon wie viele Schwerverletzte noch zusätzlich? "Was hat dieser kranke Kerl hier nur wieder angerichtet?" fragte er kopfschüttelnd an Gil gewandt und ließ ihn und seine Frau dann etwas vorangehen.