Katharina
Der schwere Stiefel setzte sich mit einem harten Klack auf den metallenen Boden der Station. Dann folgte zeitversetzt sein chirales Ebenbild, etwas sanfter auftretend. Langsam zogen die, in eine ausgebleichte Uniformhose gesteckten langen Beine, den Rest des Körpers vom Sitz des Skycars. Leicht ungelenk, aber aufgerichtet lehnte sich der Fahrzeuginsasse an den Fahrzeugrahmen. Ließ die verspannten Schultern kreisen und leerte den Kaffeebecher. Als der letzte Tropfen der lauen Brühe die Kehle passiert hatten, schleuderte die blaue Hand den leeren Becher in das Fahrzeuginnere. Ein verächtliches Schnauben war von der Fahrerseite zu vernehmen. Die Asari hob entschuldigend die Schultern und richtete dann den Trenchcoat, welchen sie über der leichten C-Sec Panzerung trug. Ihre Fahrerin, eine junge Menschenfrau kam energisch um die Motorhaube gestiefelt. Rosere seufzte ein wenig, Rookies waren immer so motiviert. Nach ihrer Akte hatte diese Nisha hervorragenden Arbeit in irgendeiner Menschenstadt namens Kalkutta verrichtet, wo immer das auch liegen mochte. Keine Ahnung wie es dort ablief, auf jedenfall strotzte die Inderin vor Energie und Arbeitseifer. Rosere hatte sich in den über 200 Jahren, in welchen sie diesen Job schon verrichtete, eine gewisse Routine angeeignet. Böse Zungen bezeichneten es eher als eine Mischung aus Zynismus und Abgestumpftheit. Sicher als, die Asari von den Jägerinnen zu C-Sec gewechselt war, war sie noch ein wenig motivierter gewesen. Aber sie hatte sich den Wandel dieses Viertels zum Schlechten anschauen dürfen und war jetzt hinsichtlich der Besserung ein wenig skeptisch. Vielleicht lag es auch daran das sie stramm auf die 500 zuging, also dem was die Menschen Midlife-Crisis nannten.
„Nur noch 150 Jahre bis zur Pensionierung.“, heiterte sie sich innerlich auf und steckte sich einen Kaugummi in den Mund. Gelangweilt kauend setzte sie sich in Bewegung, dicht gefolgt von Nisha.
„Also was hatten wir nochmal?“, erkundigte sie sich bei ihrer Kollegin. Die Inderin, welche den Fall schon während der Fahrt erläutert hatte, rollte kurz mit den Augen. Man hatte ihr gesagt das es nicht leicht würde, aber das die Erfahrung von Rose ihre Art wieder wett machte. Sie hoffte darauf.
„Ein Fall von Hausfriedensbruch und tätlicher Angriff auf die Bewohnerinnen. Versuchte Zwangsprostitution und Raubüberfall. Die Hausbesitzerin hatte uns kontaktiert.“ Rose nickte nachdenklich, betrachtete das Laufhaus
Sanctuary. Das Ding hatte auch schon bessere Zeiten erlebt, war aber schon hier seit ihrem Dienstantritt, mit wechselnden Besitzern. Irgendwie wenig überraschend das es in Folge der Unruhen zu einem Besitzerwechsel gekommen war. Ganz im Gegensatz dazu das die neue Besitzerin sich die Mühe machte C-Sec zu rufen. Das war in den letzten Jahrzehnten eher selten vorgekommen und auch die Revierleitung hatte ihren Schwerpunkt verlagert. Zum Verdruss der Asari, das war mal ihr Bezirk gewesen. Vielleicht war das dieser
Neue Wind von dem Rarkin in letzter Zeit faselte.
„Wenn wir drinnen sind, befragen sie die Damen. Ich rede mit der Hausbesitzerin. Und Shira, die wird vermutlich immer noch hier sein.“, erklärte Rose beim Hineingehen ihrer Partnerin.
„Jawohl Detective. Wer ist Shira wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich die Inderin neugierig während sie sich der Panzertür näherten.
„Neues Modell“, bemerkte Rosere aufmerksam und zeigte ihre Marke dem Pförtner, einen äußerlich lädierten Batarianer. Summend öffnete sich die massive Tür aus Panzerglas.
„Sagen wir es so, wenn sie wissen wollen was in diesem Teil der Tips vor sich geht, fragen sie Shira.“, merkte Rose an, ohne groß ins Detail zu gehen. Nisha nickte verständig und schien nicht weiter nachhaken zu wollen.
Im ersten Stock wurden sie schon erwartet, eben von der genannten Mutter aller Informationen.
„Huhu, Detective Peresa’an. Sie habe ich schon ewig nicht mehr hier gesehen. Rein dienstlich versteht sich.“, begrüßte die purpurne Asari die dunkelblaue Polizistin und zwinkerte der Inderin keck zu. Diese erwiderte leicht pikiert, aber auch perplex den Gruß mit einem Nicken. Rose lächelte milde.
„Shira. Hätte mir denken das du unser Empfangskomitee darstellst.“
„Ehrensache Detective. Ich hätte den roten Teppich ausgerollt, aber so ist leider nur noch ein wenig roter Schmier auf dem Boden. Also eine der Farben.“, scherzte sie und verwies auf ein paar Streifen getrockneten Blutes die noch nicht entfernt worden waren.
„Von den Mädchen?“, erkundigte sich Nisha dienstbar. Shira schüttelte den Kopf.
„Nein, von unseren Besuchern. Ich hoffe ihr seid nicht allein gekommen. Ich sagte doch, dass ihr ein paar Holzköpfe abholen müsst.“, erwiderte die Asari schmunzelnd.
„Der Skyvan braucht noch ein wenig, wurde woanders benötigt. Sind gerade auf weitem Feld unterwegs. Recht ausgelastet.“, erwiderte die Polizistin mit leichter Resignation. Shira grinste amüsiert.
„Ah, da ist sie also. Die Rückeroberung der Tips, mit Detective Peresa’an als Speerspitze. Wie lange wir darauf gewartet haben.“, verkündete sie beißend, aber immer noch lächelnd.
„Okay, Shira. Genügend Rumgeplänkel. Würdest du uns zu der neuen Besitzerin bringen dieser Miss…“ „Orlowski“, ergänzte Nisha ihre Vorgesetzte.
„Genau. Und meiner Kollegin die Verdächtigen zeigst, sowie alle beteiligten Zeugen.“, fuhr die Asari fort. Shira schnippte ihre Zigarette in den Flur.
„Suivez moi!“
Die beiden Beamten folgten der Prostituierten durch den schwummrig beleuchteten Gang, bis sie schließlich eine Tür erreichten an der eine Asiatin aufmerksam den Flur beobachtete, aber gleichzeitig gelangweilt einen Kaugummi kaute. Eine rosa Blase, dehnte sich ausgehend von ihrem Mund aus, um dann kurze Zeit wieder zu platzen. Mit einem leichten Schmatzen zog die Schwarzhaarige den schlabbrigen orangen Gummi wieder in die Mundhöhle zurück.
„Nun, dort drinnen befinden sich die Idioten. Diese Dame ist eine Angestellte von Miss Orlowski und maßgeblich daran beteiligt das diese Sache so gut verlaufen ist."
„Dann würde ich mit ihr anfangen Detective.“, warf Nisha ein und ging auf die Japanerin zu. Rose nickte nur stumm und musterte die andere Menschenfrau. Sie hatte eine gewisse Ausstrahlung, welche über die eines gewöhnlichen Schlägers hinausging. Ein Emblem auf ihrer Rüstung kennzeichnete sie als Mitarbeiterin einer Sicherheitsfirma.
„Blackthorne“, ging es Rose durch den Kopf. Kein klassisches Söldnerunternehmer, wie die Suns, mehr so eine Art Dienstleister, beziehungsweise Jobvermittler. Hatte in vielen Bereichen seine Finger im Spiel und auch auf der Citadel eine Dependance.
„Dürfte ich sie kurz sprechen Miss...“ „Takeda. Wie sie wünschen Officer.“ Hörte die Asari noch bevor sie mit Shira weiter den Gang entlang lief, bis sie zu einer Kaffeeküche gelangten. An deren Eingang das brünette Ebenbild der Asiatin wartete und ihnen den Weg freigab. Im Innern der Kaffeeküche saß eine weitere Asiatin, ein gutes Stück größer und etwas jünger als die beiden Zwillinge. Ein charmantes Lächeln zierte ihren Mund als sie die beiden Asari erblickte und sich von ihrem Platz erhob.
„Miss Orlowski, nehme ich an? Detective Rosere Peresa’an.“, stellte sich die Asari nach einer Bestätigung der Schwarzhaarigen vor.
„Sehr erfreut, Detective. Möchten sie einen Kaffee?“ Rosere ließ sich auf einen Stuhl neben Kathy fallen und ließ kurz den Blick durch die Küche fallen.
„Wenn sie es mir schon anbieten, gerne.“, stimmte die Beamtin schulterzuckend zu. Überraschenderweise erhob sich die Menschenfrau selbst von ihrem Sitz und stolzierte zu der nahen Kaffeekanne. Die Asari sah ihr interessiert nach, ließ den Blick die langen Beine hinauf laufen, kurz auf den in einem straffen Rock verpackten Hintern ruhen. Die Verlockungen des Fleisches. Böse Zungen behaupteten ja das Asari sich gerne kurzlebigen Spezies abgaben, um sich an deren kurzlebigen Energie zu berauschen. Rosere konnte es für sich nicht abstreiten, die Impulsivität ging verloren, im Mahlstrom der Jahrhunderte. Als sich Kathy ihr wieder zuwandte, hob sich ihr Blick sofort wieder, stringent auf die Kaffeetasse gerichtet.
„Danke.“, sprach sie und nickte Kathy zu.
„Wollen wir dann anfangen? Ich würde das schnell hinter mich bringen.“, erwiderte diese und ließ sich wieder auf ihren Stuhl sinken. Rosere nickte und aktivierte die Aufnahme.
Schließlich trafen sich Nisha und Rosere wieder vor dem Hauseingang des Laufhauses. Die Asari fingerte einen Kaugummi aus ihrem Trenchcoat und packte diesen aus dem silbrigen Papier. Kaugummi und Kaffee, das waren ihrer Meinung nach die zwei nützlichen Mitbringsel der Menschheit. Und Zigaretten, je nachdem welchen Kollegen man fragte. Die Inderin vermutlich nicht, diese rauchte nicht, trank kaum und war Veganerin. Vielleicht war sie als Ausgleich ja eine Sau im Bett, aber die Asari hatte diese Frage noch nicht ausgesprochen.
„Was haben wir Agent Kadam?“
„Nach Aussagen der Zeugen, waren die Angreifer Mitglieder einer Gang, der Devils Sons.“, fasste die Inderin zusammen.
„Kenne ich nicht, wohl neu. Scheinen dumm zu sein.“, erwiderte Rose knapp.
„Ja, der ganze Plan scheint mir auch mehr als improvisiert gewesen zu sein. Auch wenn sie wohl nicht mit der Anwesenheit der beiden Security Mitarbeiterinnen gerechnet hatten. Jedoch wurden sie unterstützt von einem schwarzen Salarianer. Hat eine der beide Japanerinnen verletzt. Und den Pförtner niedergeschlagen.“, fuhr Nisha fort, in ihrem Pad scrollend.
„Pförtner auf Abruf, wie es im Gespräch mit der Besitzerin klang.“, merkte die Asari sarkastisch an.
„Aber das mit dem schwarzen Salarianer habe ich auch gehört. Erinnert mich an einen Fall aus den Turfs. Illegale Kampfarenen. Muss ich im Revier nochmal nachprüfen. Erinnern sie mich dran.“
„Jawohl Detective. Abgesehen von diesem Salarianer konnten wohl alle Angreifer festgesetzt werden. Haben sie noch Ergänzungen aus ihrem Gespräch mit dieser Orlowski?“, erkundigte sich die Inderin neugierig.
„Och, hat einen passablen Arsch für ne Menschenfrau.“, erwiderte Rosere beiläufig, bis sie bemerkte das sie das laut ausgesprochen hatte.
„Nichts für ungut, Kadam.“, entschuldigte sie sich angesichts des Blickes des Agents und spuckte den Kaugummi.
„Aber nein, bestätigt ihre Aussage. Ich habe mich ein wenig über die neuen Sicherheitsvorkehrungen hier unterhalten. Und die Notwendigkeit dieser. Lokalpolitik, wenn sie möchten. Hat mich nachdenklich gemacht.“, fuhr die Beamtin fort, während sich die Eingangstür öffnete. Mehrere stark lädierte Männer, unterschiedlicher Spezies wurden von Kollegen abgeführt und in den Skyvan verladen.
„Razzien und Task-Forces, schön und gut. Aber wenn wir nicht nachhaltig Präsenz zeigen, ist das hier alles nur ein Sturm im Wasserglas.“, sprach sie abschließend und ging langsam in Richtung Skycar.
„Kommen sie, zurück ins Revier. Es wartet Schreibarbeit auf uns.“