Ich bin und bleibe der Ansicht, dass wir nicht jedes Leben schützen können. Es wird bei einer Pandemie immer Tote geben. Nur sind wir anfangs von mehreren Millionen ausgegangen, inzwischen sind wir bei wenigen Hunderttausend (im schlimmsten Fall ohne jegliche Maßnahmen!!) angekommen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Pro Jahr sterben in Deutschland durchschnittlich rund 900.000 Menschen, nur so als Vergleich.
Schon wieder die Letalität, die ist doch gar nicht kriegsentscheidend. Aber gut, zwei Fakten dazu, wir stehen am Anfang der Pandemie, wir sind weder am Gipfel noch bereits wieder auf Talfahrt. Streeck kam in Hainsberg auf eine Letalität von 0,37% (nicht repräsentativ, ich weiß). Für eine Durchseuchung bzw. Massendurchimpfung (wie auch immer) der Weltbevölkerung brauchst du 5,2 Milliarden Infiziertgewesene, multipliziert mit 0,37% oder meinetwegen 0,25% (optimistischer) kommen wir am Ende mit dem Durchseuchungsmodell auf einen 2stelligen Mio. Betrag. Aber wie gesagt, die Letalität ist bei der Diskussion nicht ausschlaggebend, sie wäre eher ausschlaggebende Kennziffer für die Auslastung eines anderen Wirtschaftsbereichs.
Gleichzeitig haben wir auch die Folgen des Lockdowns, auch des weltweiten.
Es ist in der Öffentlichkeit immer noch so, dass die Meinung vorherrscht, dass so ein Lockdown einfach mal bis auf 3 Monate weniger zu tun, keine Folgen hat. Das ist schlicht unwahr. Ein Lockdown ist ein riesen Experiment, das in dieser Form noch nie stattgefunden hat. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft und somit auf uns alle hat.
Das nächste, was nämlich völlig untergeht, ist das Missverständnis von Wirtschaft. Wirtschaft sind wie alle. Jeder, der arbeiten geht, jeder der etwas vom Staat erhält. Ob Schüler, Arbeiter, Selbstständiger, Hartz4-Empfänger, Rentner. Wie leben alle davon, dass die Wirtschaft funktioniert. Ob durch selbst Erwirtschaftetes oder Transferleistungen. Bleibt die Wirtschaft aber stocken, bleiben auch Transferleistungen aus. Irgendjemand muss das alles ja auch zahlen. Wir alle. Jeder, der arbeitet und Steuern zahlt.
Daher ist es ein reines Abwägen zwischen Menschenleben durch Virus und Menschenleben durch Lockdown, welche verglichen werden. Darf man sowas überhaupt landesbezogen machen oder muss man weltweit vergleichen? Wenn wir durch unseren Lockdown 100.000 Leben hier "retten", dafür aber woanders Millionen Tote riskieren, ist das in Ordnung? Dazu muss man nicht mal weit schauen. Wie viele Suizide gibt es allein hier? Wie viele Menschen verlieren ihre Existenz, versinken in Armut und sterben dadurch früher usw. Es ist und bleibt ein Experiment.
Ja, ich weiß, das ist nur eine Wiederholung, aber genau das ist der Punkt, über den Uneinigkeit besteht. Wie löst man diese Krise am besten? Darüber MUSS offen diskutiert werden. Erfahrungen gibt es schlicht nicht. Da verlasse ich mich auch 0 auf das RKI. In der Frage, welche wirtschaftlichen Folgen der Lockdown hat, sind die genauso qualifiziert, wie Karl Werner aus der Bar, gar nicht. Das ist schlicht nicht deren Aufgabe und ich glaube auch nicht, dass sich dort irgendjemand anmaßen würde, etwas anderes zu behaupten.
Das ist nicht nur eine Wiederholung, du gehst immer wieder zurück auf Los. Die Diskussion ist schon viel weiter, die Abwägung geht völlig anders, aber man kann halt nicht alle abholen damit, auch nicht durch Wiederholung wie mir scheint.