Zitat von
AeiaCarol
Er hatte nichts anderes erwartet, als sich fehl am Platz zu fühlen, doch das hier war eine gänzlich neue Qualität dessen. Immerhin war Luceija verheiratet. Führte diese Ehe mit einem Mann, der vermutlich von der Familie respektiert wurde, aufgenommen und dessen Hochzeit jeder hier beigewohnt hatte. Es war nicht wie mit Luceija, die ihm diese wunderbar perfekte Reise in die Vergangenheit schenkte und ihm glauben machte, sie seien nie getrennt gewesen. Tatsächlich fühlte es sich kurz sogar beschissen an, aber-...wenigstens die deutlich zu feste und zu lange Umarmung des Italieners war alles andere als das. Leif bildete sich sogar die freundschaftliche Herzlichkeit ein, an die er sich erinnerte. "Danke..", antwortete der Blonde zögerlich und war aufgeregt. Sichtbar. Ebenso wie unsicher, was man ihm in beiden Fällen ansah, allein weil sein Lächeln so erzwungen und starr schien. Gottverdammt, was hatte er sich gedacht? Es wäre keine schlechte Entscheidung gewesen, einfach im Taxi zu warten, oder? Der Gedanke verflüchtigte sich, als schrille Schreie einerseits und lautes Grollen andererseits aus einem Raum des Hauses im Erdgeschoss kamen. Kinder. Ganz eindeutig. James zuckte leicht, Vigilio wusste es, die Augen unauffällig zu verdrehen und wollte in eben diesem Moment den Mund zum vermutlichen Tadel öffnen, da ließ eine völlig andere Stimme das Haus urplötzlich regelrecht in Teile zerfallen und jeden darin derart wohlerzogen, geraden Kreuzes dastehen. "Maria Antonia in nome di Dio, se non togli le dita dal telecomando e tuo fratello guarda le sue serie, allora la grazia di tuo padre potrebbe essere con te perché non ti porterò alla tua lezione di danza domani! Maria Antonia in Gottes Namen, wenn du nicht deine Finger von der Fernbedienung und deinen Bruder seine Serie ansehen lässt, dann möge die Gnade deines Vaters mit dir sein, denn ich fahre dich morgen nicht zu deinem Balletunterricht!", brüllte, ja, wirklich, brüllte die Stimme einer Frau durch das Haus und augenblicklich wurde es absolut still im vorherigen Krisengebiet. Leif, selbst etwas verängstigt, sah irritiert zu Vigilio, der nur dezent grinsend mit den Schultern zuckte und nicht das geringste hinzufügte, während hinter ihm die 'Friedensstifterin' hervortrat. Gehüllt in eine feine, schwarze Hose und einen dezent grauen Rollkragenpullover kam Zora aus einem Raum, der gut und gerne die Küche sein dürfte, denn sie hielt locker ein Glas Wein in den Händen und blieb abrupt stehen, als sie die unerwarteten Besucher sah. Luceija hatte nur für Sekunden ihre Aufmerksamkeit, die dann Leif geschenkt wurde. Ungern ließ er sich so eindringlich betrachten, bevor-...sie lachte. Ausgiebig. Nicht zu laut offensichtlich, um die Ohren der Kinder nichts hören und ihre Gemüter neugierig werden zu lassen, aber nunja-...neben einem exzellenten Italienisch schien diese Frau sich auch etwas Humor angeeignet zu haben, wenngleich der sehr eigenwillig war. So wie sie insgesamt. "Träume ich oder passiert das gerade echt?", wollte sie grinsend wissen, umarmte beinahe beiläufig ihre Schwägerin und stellte sich dann neben Vigilio, dem sie etwas ZU ungeniert mit der freien Hand über den Rücken und-...tiefer strich, aber darüber wollte der Schwede sich kaum mehr als einen Gedanken machen, also sah er hilfesuchend zu Luceija, die ihren Bruder allerdings allein mit Blicken anflehte. Die Stimmung und das Schweigen waren komisch. Ganz und gar. "Na schön-...", wandte Zora ein, die keine Antwort bekommen hatte, "Kaffee, irgendwer?", fragte sie in die Runde, die sich daran versuchte, einen Wettbewerb im Starren auszufechten. Leif nahm wenigstens diese leicht ungünstigen Schwingungen zwischen den Geschwistern wahr, grinste betont freundlich und hob die Hand, die eben noch Luceijas hielt. "Ich nehme Wein.", verkündete er völlig unerwartet und bekam ein strahlendes Lächeln der Hausherrin zur Antwort, die eine einladende Geste ins weitere Haus andeutete. "Bitte!", lud sie ihn ein und ging kurzerhand vor.