Es war grauenvoll. Vor allem in seiner Methode. Kurz nach ihrer Stimme, kam ihr Anblick. Kleine Schritte, ungewohnt und so wenig selbstbewusst, angewiesen auf die Stützte, die man ihr bot. Und Leif sah zu. Sah, wie Luceija, die rein gar nichts würde sehen können, in diesem Raum bugsiert wurde. Es gab nur ein einziges Szenario, welches man sich in ihrer Lage vorstellen konnte: Methoden, die keinen anderen Umgang mit dem Subjekt zuließen. Gefolgt von einem raschen Tod. Ein Arzt, der seine Patientin nicht kennen wollte. Nicht in diesem Haus, sondern zwischen kühlen Wänden, irgendwo im Universum, aber sicher nicht an einem beispiellos schönen Ort wie diesem. Denn das war er wieder geworden. Sauber, nichts vom alten Charme einbüßend und doch leicht überarbeitet. Ganz zu schweigen von den Rosen, die ihren wenig aufdringlichen Duft überall verteilten. Eins wurden, mit diesem leicht salzigen Geruch, der rasch zu einem-...Geschmack wurde. Dieser Umgebung etwas gab, das sich nirgendwo anders finden ließ. Wie höhnisch, so musste Luceija vielleicht glauben, wollte man sie hier also verspotten? Mit wie vielen Qualen würde sie alte Verfehlungen büßen müssen? Leif wusste es nicht, wusste nicht, was in diesem Kopf vorging, dieser Frau, die so bitterlich weinte, unterbrochen von einer unfreiwilligen Neugier, jeden Schritt langsam gehend, weil der nächste womöglich bereits den Abgrund bereithielt. Doch der Schwede verstand, wieso man sie auf diese Weise her brachte. Blind und unwissend. Alles andere hätte sie rasend machen können. Sie und ihren Zustand weiter aufreiben können oder die Italienerin gar Entscheidungen treffen lassen, mit denen Leif zweifelsfrei nie hätte leben können. Nun war er es, der dort stand. Ungesehen, nur mit diesem Nicken Vigilios bedachte und einem Blick Zoras, der nichts außer Sorge versprach. Ein Gefühl, das sich tief in seinem Innersten breit machte. Seinen Magen mit einer Faust umspannte, Übelkeit aufkommen, aber ihn nicht weiter Tränen vergießen ließ. Es wurde still. Bis auf diese bitteren Tränen, die von leisem Schluchzen zerrissen wurden und immer wieder abbrachen. Es war ein Anblick, den nicht einmal ein Feind ertragen hätte. Und schon gar nicht Leif, der sie musterte. Sah, dass sie nichts weniger war, als immer noch diese perfekte Schönheit, diese Frau, in der er sich viel zu überstürzt, aber unwiederbringlich verliebt hatte. Sie war dünner geworden. Zweifellos schwächer und definitiv auf eine Art gebrochen, die er wohl nie zuvor so gesehen hatte. Sie hatten sich getrennt, ja. Gestritten, unzählige Male, aber so-...so hatte er sie nie gesehen. Nie wäre ihm der Gedanke gekommen, er hätte auch nur einen geringen Teil dazu beitragen können, dass sie sich so fühlte, wie sie vor ihm stand. Er, der ihr hätte sagen können, was vor sich ging. Der ihre endgültige Trennung hätte abtun und sie einfach immer wieder hätte anrufen können. Wenigstens Versuche hätte es geben müssen, sie wissen lassend, dass er da war. Nicht einfach neu anfing und sie abgeschrieben hatte, weil schnelle Entscheidungen es so wollten. Leif ertrug es nicht. Wahrlich nicht. Das Wimmern, alles was noch von ihr übrig schien und es waren wenige Schritte, sehr langsam, nicht zu viel ankündigend, ohne dass er sie bewusst länger quälen wollte. Bis er vor ihr stand. Nicht einmal eine halbe Armlänge entfernt. Ihre schmalen Hände hatten aufgehört, nach Halt zu suchen, als er danach griff. Es war ihre Rechte, die er nahm, ihre wunderbaren, schmalen und viel zu kleinen Finger, die sein Angebot annahmen und sich sofort in der Sicherheit seiner Hand niederließen. Vorsichtig, verbunden mit diesem Zucken der Sizilianerin, die ihn nicht hatte kommen sehen. Die vielleicht nicht ahnte, dass er hier war, obwohl es so klar sein musste. Er nahm sie in seine Linke und hob die eigene, rechte Hand auf Höhe ihres Gesichte. Machte diesen, ja, nahezu obligatorischen Halt an ihrer Wange und strich diese Strähne aus ihrem Gesicht und über ihre Schulter. Sie wimmerte wieder. Hilflos, sichtbar verzweifelt und nicht bereit, sich weiter von diesen Tränen beuteln zu lassen. Also erlöste er sie. Nahm den Stoff ihrer Augenbinde zwischen seine Finger und zog behutsam daran. Ließ ihren Augen die Möglichkeit, sich langsam an die schummrige Innenbeleuchtung zu gewöhnen. Ihn zu erfassen. Und ihren Kopf begreifen zu lassen, was hier eigentlich wirklich vor sich ging. Er wollte es erklären. Wollte sie begrüßen oder IRGENDETWAS sagen, aber da waren nichts weiter, als diese Augen, die ihn völlig gefangen hielten. Ihn nur dieses
"Hej-..", flüstern ließen, nicht mehr und nicht weniger.