Luceija hatte absolut keine Ahnung wo sie sich befand. Weder, wie lange sie weg war, einen unruhigen Schlaf geschlafen hatte, noch, welche Tageszeit es war, welches Klima sie hatten, in welche Richtungen sie gefahren waren oder ob sie niemals in ein Shuttle gestiegen waren. Vielleicht war sie betäubt worden. Im Kreis gefahren und wieder vor dem Apartment Vigilios, alles nur eine Farce. Sie wusste es nicht. Und sie gab auf. Sie hatte bereits vor ungefähr 42 Tagen aufgegeben. Als sie in diesem Apartment aufgewacht war, dass nicht sie bewohnt hatte und am Ende dann doch komplett alleine zurückgelassen wurde.
Zora half ihr, sich aus dieser liegenden Position in eine Sitzende zu bewegen und hatte damit den richtigen Zeitpunkt gewählt. Denn man spürte zweifelsohne, wie der Wagen sich verlangsamte. Wie er über unruhigere Straßen rollte, die selbst durch die Scheiben hindurch, zumindest auf dem kurzen Weg den sie bis hier her wahrnehmen konnte, laut erschienen. Lebhafter und lauter als eine Metropole Londons, definitiv anders. Luceijas Atem war allgegenwärtig. Wieder war da die Hand Zoras und eine gewisse Ratlosigkeit, die sie aus ihrem Griff herauslesen konnte. Sie streichelte Lucis Handrücken immer wieder, versuchte beruhigend auf sie zu wirken, obwohl es absolut gar keine Wirkung auf die Sizilianerin hatte. Wo zur Hölle sie war wollte sie sich gar nicht ausmalen. Wer ihr bevorstehen würde nur noch weniger. Ihr Atem überschlug sich fast, obwohl sie sich eine gewisse Ruhe erhofft hatte. Eine gewisse...Seriosität, die sie ausstrahlte. Sicherheit. Sie wollte nicht schwach wirken, wenn sie diesem fremden Mann und ihrer neuen Aufgabe gegenüber stand. Und doch schlug alles fehl.
Ganz besonders falsch lief alles ab diesem Moment. Einem, an dem ihre Schwägerin ihr versicherte, ihr gleich zu öffnen. Der Fahrer war ausgestiegen. Luci stellte die Frage
"Sind wir da..?" und erschien alles andere als begeistert über diese bevorstehende...Projektübernahme zu sein. Sie antwortete nicht, weil sie selbst aus dem Fenster sah, den Fahrer beobachtete, wie er klingelte. Vermutlich interpretierte Zora es als Zeichen, denn sie stieg nun selbst aus, überließ Luceija sich selbst, die inzwischen die absolute Panik zu umarmen schien. Das Mittel, welches ihren Magen im Zaum halten sollte drohte zu versagen. Aber es war nichts gegenüber diesem Moment:
Der Moment, in dem sie die Türe auf ihrer Seite öffnete. Ihre Hand griff, die sie umständlich und zögerlich aus diesem Wagen holte. Und Luceija in eine Umgebung zog, in der sie niemals wieder sein wollte. Von ihrem Glück wusste sie noch nichts, nein. Aber diese regelrechte Wand an Wärme, selbst zur dämmrigen Abendzeit, war allgegenwärtig. Umhüllte ihren zu dünn gewordenen, ausgemergelten Körper, liess bis auf die Hose ihre Kleidung umspielen und erfasste ihr Gesicht, als sie tief - SEHR tief einatmete. Ein Kloß in der Größe eines Einfamilienhauses baute sich in ihrem Hals auf. Versperrte ihr die Möglichkeit zu schlucken, was sie hier vorgesetzt bekam.
"...wo bin ich, Zora?", flüsterte sie über ihre dunkleren Lippen hinweg. Ein Zittern legte sich auf ihre Haut. Gänsehaut bildete sich aus, als die angenehme Luft über die zarten Härchen auf ihren Armen blies. Wieder war ihre Schwägerin um eine Antwort verlegen und stützte sie um sie sicher mit diesem verbundenen Augen vor ein Tor zu buchsieren, welches sie SEHR gut kannte. Welches jeden kleinen Winkel ihrer Erinnerung wecken würde, ganz eindeutig, aber sie nicht sehen konnte, weil sie ihr Umfeld nur durch ihre anderen Sinne wahrnehmen konnte. Aber sie hatte eine Ahnung. Sie bekam eine Ahnung die ihr nicht gefiel..
"WO bin ich, Zora?!", wollte sie wissen, ihr Atem so unwirklich. Ihre Stimme sandte diese Dringlichkeit, vielleicht Wut, Verwirrtheit und Angst aus. Eine Menge Angst. Eine Menge Panik, die auch durch die Wortlosigkeit der Blonden herrührte. Wieder versuchte sie, sich der Augenbinde zu entledigen, aber Zora hielt sie auf. Der andere, der Fahrer? Vermutlich auch. Einer übergab Zora Luceijas Tasche, denn mit ihm sprach Sie und bedankte sich leise.
"Dio...", flüsterte sie leidend. Ihre Vorahnung wurde immer deutlicher je mehr sie sich ihrer Sinne verließ. Wieso zur Hölle roch es nach Salz? Wieso nach dieser Frische? Und wieso zur Hölle triggerte alles im Augenblick so sehr einen Strang Erinnerungen, die sie so lange begraben hatte..?
"ANTWORTE MIR!", wurde sie beinahe wahnsinnig. Schrie die Blonde regelrecht an. Und konnte nicht verhindern wie diese Tränen aufkeimten. Und ein Schmerz, ein innerer Schmerz, der sie endgültig zu töten drohte.