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  1. #41
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    "Witziges Kerlchen.", entgegnete Leif grinsend. "Ich zweifel den Hauskauf nicht im Geringsten an, aber-...Ich weiß nicht ob sie die Art schätzt, mit der ich mich in ihr Leben dränge.", gab er zu und seufzte. Diese beschissenen Kopfschmerzen kamen wieder, das konnte er spüren. Erst vorletzte Nacht hatten sie ihn kaum schlafen lassen und jetzt schienen sie ein lästiges Nebenprodukt der Unruhe, die in ihm herrschte. "Manchmal frage ich mich, ob diese ganze Beziehung nicht nur-...Ich habe über zwei Jahre darauf gehofft, sie wiederzusehen, verstehst du? Sie hat nicht dasselbe empfunden. Vielleicht waren es die Umstände und die Tatsache, dass ich euch damals operiert habe, die sie offener gemacht haben. Für das mit uns, meine ich.", sinnierte der Schwede und sah nicht den Italiener an, sondern stur geradeaus. Schaute ein regelrechtes Loch in die Luft, als sei da etwas, das man fixieren konnte. "Im Grunde muss ich mich fragen, was genau ich hier erwarte? Du weißt dieses Projekt ist Mittel zum Zweck für mich, Gil.", erläuterte Leif und warf einen kurzen, fast entschuldigenden Blick zum Italiener. "Verdammt-..Ich...ich will nicht dass sie in diese Sache gezwungen wird. In eine Beziehung oder Freundschaft oder-...irgendeine Form der Abhängigkeit. Das Ziel ist ihre Freiheit und irgendwie fühlt es sich an, als würde ich eben genau am Gegenteil arbeiten."


    "Leif..", sagte er und drehte sich in die Richtung seines Freundes um ihm deutlich zu machen, dass es ihm wichtig war mit ihm zu sprechen und seine Sorge ihm nicht egal war. Ja, sogar nachvollziehbar für den Südländer schien. "..du musst zu aller Erst damit aufhören zu glauben, dass sie die Welt auf die selbe Weise wahrnimmt wie du. Wie wir, wenn mans genau nimmt. Natürlich hat sie ein Freiheitsempfinden, ein Gefühl von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit - aber es ist nicht diese Freiheit die du kennst. Es ist eher...", versuchte er in Worte zu fassen, aber kam selbst nach einer halben Minute nicht auf den richtigen Gedanken, der diesen Satz vollendete. "Diese Stadt - diese Insel, im Grunde, ist für Luceija eigentlich nichts weiter als ein riesengroßes Gefängnis, in dem sie nicht merkt, dass sie eingesperrt wird. Verstehst du? Sie liebt diese Region, ist verwurzelt hier, auch, wenn es vielleicht nicht so scheint weil sie sicherlich nicht diejenige ist die sich hier große Freunde gemacht hat und sie liebt zweifelsohne jeden einzelnen Fleck dieses Stück Landes. Aber sie war hier immer gefangen. Hatte im Grunde nie wirklich diese allumfängliche Freiheit gehabt, die du kennst, aber der Punkt ist: Sie wollte es auch nie anders. Wenn man einem Tier in einem Zoo nie die Freiheit außerhalb der Gitter gezeigt hat wächst für gewöhnlich auch kein Wunsch danach, eben die jemals zu sehen."
    Er atmete kurz durch. Besah Leif eindringlich und wunderte sich nicht, dass seine Verwirrung oder Panik nur weiter wuchs. "Ich möchte damit nur sagen: Sie wird niemals das Gefühl haben, hier gefangen zu sein oder keine Freiheit zu haben. Aber ich teile deine Sorge, was die vermeintliche Privatsphäre angeht. Denn ja, du zwingst ihr deine Anwesenheit tatsächlich auf. Du hast dich Cerberus angeschlossen ohne ihr etwas davon zu sagen und stehst von einem Moment auf den nächsten als dieser 'neue Arzt' da, der sie behandeln soll? Auch mich würde das verwirren. Und wütend machen. Verdammt wütend. Und..vermutlich auch traurig machen? Verstören? Ich will dir nichts vormachen. Du weißt, dass ich Sergios Studien kenne, dass ich ihn gekannt habe, dass ich weiß, wie die beiden miteinander funktioniert haben - auch das, vertrau mir, du wirst es noch sehen wenn du die Unterlagen durchgehst - war alles andere als einfach. Der Vorteil war, dass sie unheimlich jung zu ihm gekommen ist. Sie war noch formbar. Jetzt kommt es im Grunde sehr stark darauf an, wie sehr sie an dir hängt. Wie wichtig du ihr bist und wie sehr sie sich mit dem Gedanken anfreunden kann, zumindest für einige Zeit ein Leben mit dir zu führen, obwohl eure Beziehung vorbei ist. Denn du weißt selbst, dass sie keine Wahl hat. Das weißt du, das weiß ich, das weiß sie."
    Er sah sich kurz im Raum um.
    "Aber wenn du mich fragst..? Die Sache mit ihr wäre, wie du weisst, nur auf zwei Arten weiter gelaufen: Cerberus hätte ihr auf Poveglia ein Projektil zwischen die Augen geschossen und sie ohne zu zögern exekutiert. Oder, was viel unwahrscheinlicher gewesen wäre, irgendjemand anderes außer dir hätte sich ihr angenommen und sie entweder langsam zu Tode gequält oder nicht unter Kontrolle bekommen - was wiederum Suizid, Überdosen oder auch wieder die endgültige Lösung seitens Cerberus mit sich gezogen hätte. Im Grunde ist es also so, Leif: WIR hatten ebenfalls keine Wahl. Denn wir wollen sie beide nicht verlieren. Also selbst wenn sie es absolut verabscheuen sollte hier mit dir zu Leben, dann ist es immer noch besser als jede der Alternativen."

    Wirklich aufmunternd schien es nicht gewesen zu sein, was Vigilio sagte. Aber ihn anzulügen hätte ihm kaum geholfen.

    "Und was ich zudem sicher weiß, zwangsläufig, weil ich jede Minute meines Lebens mit dem Schutz meiner Schwester beauftragt war, ist: Luci hing niemals so sehr an einem anderen Menschen wie an dir."
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  2. #42
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    "Leif..", sagte er und drehte sich in die Richtung seines Freundes um ihm deutlich zu machen, dass es ihm wichtig war mit ihm zu sprechen und seine Sorge ihm nicht egal war. Ja, sogar nachvollziehbar für den Südländer schien. "..du musst zu aller Erst damit aufhören zu glauben, dass sie die Welt auf die selbe Weise wahrnimmt wie du. Wie wir, wenn mans genau nimmt. Natürlich hat sie ein Freiheitsempfinden, ein Gefühl von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit - aber es ist nicht diese Freiheit die du kennst. Es ist eher...", versuchte er in Worte zu fassen, aber kam selbst nach einer halben Minute nicht auf den richtigen Gedanken, der diesen Satz vollendete. "Diese Stadt - diese Insel, im Grunde, ist für Luceija eigentlich nichts weiter als ein riesengroßes Gefängnis, in dem sie nicht merkt, dass sie eingesperrt wird. Verstehst du? Sie liebt diese Region, ist verwurzelt hier, auch, wenn es vielleicht nicht so scheint weil sie sicherlich nicht diejenige ist die sich hier große Freunde gemacht hat und sie liebt zweifelsohne jeden einzelnen Fleck dieses Stück Landes. Aber sie war hier immer gefangen. Hatte im Grunde nie wirklich diese allumfängliche Freiheit gehabt, die du kennst, aber der Punkt ist: Sie wollte es auch nie anders. Wenn man einem Tier in einem Zoo nie die Freiheit außerhalb der Gitter gezeigt hat wächst für gewöhnlich auch kein Wunsch danach, eben die jemals zu sehen."
    Er atmete kurz durch. Besah Leif eindringlich und wunderte sich nicht, dass seine Verwirrung oder Panik nur weiter wuchs. "Ich möchte damit nur sagen: Sie wird niemals das Gefühl haben, hier gefangen zu sein oder keine Freiheit zu haben. Aber ich teile deine Sorge, was die vermeintliche Privatsphäre angeht. Denn ja, du zwingst ihr deine Anwesenheit tatsächlich auf. Du hast dich Cerberus angeschlossen ohne ihr etwas davon zu sagen und stehst von einem Moment auf den nächsten als dieser 'neue Arzt' da, der sie behandeln soll? Auch mich würde das verwirren. Und wütend machen. Verdammt wütend. Und..vermutlich auch traurig machen? Verstören? Ich will dir nichts vormachen. Du weißt, dass ich Sergios Studien kenne, dass ich ihn gekannt habe, dass ich weiß, wie die beiden miteinander funktioniert haben - auch das, vertrau mir, du wirst es noch sehen wenn du die Unterlagen durchgehst - war alles andere als einfach. Der Vorteil war, dass sie unheimlich jung zu ihm gekommen ist. Sie war noch formbar. Jetzt kommt es im Grunde sehr stark darauf an, wie sehr sie an dir hängt. Wie wichtig du ihr bist und wie sehr sie sich mit dem Gedanken anfreunden kann, zumindest für einige Zeit ein Leben mit dir zu führen, obwohl eure Beziehung vorbei ist. Denn du weißt selbst, dass sie keine Wahl hat. Das weißt du, das weiß ich, das weiß sie."
    Er sah sich kurz im Raum um.
    "Aber wenn du mich fragst..? Die Sache mit ihr wäre, wie du weisst, nur auf zwei Arten weiter gelaufen: Cerberus hätte ihr auf Poveglia ein Projektil zwischen die Augen geschossen und sie ohne zu zögern exekutiert. Oder, was viel unwahrscheinlicher gewesen wäre, irgendjemand anderes außer dir hätte sich ihr angenommen und sie entweder langsam zu Tode gequält oder nicht unter Kontrolle bekommen - was wiederum Suizid, Überdosen oder auch wieder die endgültige Lösung seitens Cerberus mit sich gezogen hätte. Im Grunde ist es also so, Leif: WIR hatten ebenfalls keine Wahl. Denn wir wollen sie beide nicht verlieren. Also selbst wenn sie es absolut verabscheuen sollte hier mit dir zu Leben, dann ist es immer noch besser als jede der Alternativen."

    Wirklich aufmunternd schien es nicht gewesen zu sein, was Vigilio sagte. Aber ihn anzulügen hätte ihm kaum geholfen.

    "Und was ich zudem sicher weiß, zwangsläufig, weil ich jede Minute meines Lebens mit dem Schutz meiner Schwester beauftragt war, ist: Luci hing niemals so sehr an einem anderen Menschen wie an dir."


    Dem Schweden waren die Schläge ins Gesicht anzusehen. Er haderte, selbst nach dem milden Abschluss seines Freundes, was er davon halten sollte. Aber hatte Vigilio nicht recht? Das hier war die einzig gängige Option für alle Beteiligten. Im Zweifel würde er aussitzen müssen, was immer Luceija ihm vorwerfen würde oder aber ewig damit Leben. Doch eben das war der Punkt: Sie WÜRDE leben. Alt werden, wenigstens so alt, wie ihr Körper es zuließ, nach allem, was er schon hatte erfahren müssen. "Weißt du-...", begann er und seine Stimme schien viel zu leise, während er sich nach vorn lehnte, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er rieb sich die Stirn mit der flachen Hand, versuchte diesen Schmerzen nicht noch mehr Raum zu geben, sondern sie irgendwie unter Kontrolle zu halten. Noch waren sie das. Sehr bald aber würde sein gesamter Körper sich diesem Gefühl anschließen. So war es erfahrungsgemäß immer. "Es ist beschissen schwer, irgendwas davon zu akzeptieren.", gab Leif seufzend zu. "Ich will sie nicht ändern. Ich weiß mit absoluter Sicherheit, dass ich sie will, wie sie ist, aber-...Warum sitzt mir das alles immer im Nacken, Gil? Wieso ist mir nicht längst nur klar, dass...Ich meine-...wieso kann ich nicht akzeptieren, dass daraus wohl nie eine glücklich klischeehafte Ehe im Haus am Strand wird? Es gibt Momente, da spielt dieser ganze Scheiß mit ihrer Überzeugung und meinem völlig anderen Weltbild keine Rolle und dann wieder möchte ich sie ohrfeigen, weil die Dinge nicht funktionieren, wie ich sie haben will.", sprach er vor sich hin und hob plötzlich mit einer Miene den Kopf, die seine ganzen Worte irgendwie selbst abwertete. "Das ganze muss sich irgendwie krank anhören.", vermutete er und wieder war da dieses tiefe Seufzen. Ein Blick zu Vigilio, entschuldigend mehr, als nach Rat suchend. "Ich denke es spielt ohnehin keine Rolle, nicht wahr? Ich liebe sie und aus dieser Nummer komm ich in keiner Welt wieder raus und...Ich will es auch nicht."
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  3. #43
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    Dem Schweden waren die Schläge ins Gesicht anzusehen. Er haderte, selbst nach dem milden Abschluss seines Freundes, was er davon halten sollte. Aber hatte Vigilio nicht recht? Das hier war die einzig gängige Option für alle Beteiligten. Im Zweifel würde er aussitzen müssen, was immer Luceija ihm vorwerfen würde oder aber ewig damit Leben. Doch eben das war der Punkt: Sie WÜRDE leben. Alt werden, wenigstens so alt, wie ihr Körper es zuließ, nach allem, was er schon hatte erfahren müssen. "Weißt du-...", begann er und seine Stimme schien viel zu leise, während er sich nach vorn lehnte, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er rieb sich die Stirn mit der flachen Hand, versuchte diesen Schmerzen nicht noch mehr Raum zu geben, sondern sie irgendwie unter Kontrolle zu halten. Noch waren sie das. Sehr bald aber würde sein gesamter Körper sich diesem Gefühl anschließen. So war es erfahrungsgemäß immer. "Es ist beschissen schwer, irgendwas davon zu akzeptieren.", gab Leif seufzend zu. "Ich will sie nicht ändern. Ich weiß mit absoluter Sicherheit, dass ich sie will, wie sie ist, aber-...Warum sitzt mir das alles immer im Nacken, Gil? Wieso ist mir nicht längst nur klar, dass...Ich meine-...wieso kann ich nicht akzeptieren, dass daraus wohl nie eine glücklich klischeehafte Ehe im Haus am Strand wird? Es gibt Momente, da spielt dieser ganze Scheiß mit ihrer Überzeugung und meinem völlig anderen Weltbild keine Rolle und dann wieder möchte ich sie ohrfeigen, weil die Dinge nicht funktionieren, wie ich sie haben will.", sprach er vor sich hin und hob plötzlich mit einer Miene den Kopf, die seine ganzen Worte irgendwie selbst abwertete. "Das ganze muss sich irgendwie krank anhören.", vermutete er und wieder war da dieses tiefe Seufzen. Ein Blick zu Vigilio, entschuldigend mehr, als nach Rat suchend. "Ich denke es spielt ohnehin keine Rolle, nicht wahr? Ich liebe sie und aus dieser Nummer komm ich in keiner Welt wieder raus und...Ich will es auch nicht."


    Vigilio nickte wissend und mehrmalig. "Ja. Aus der Nummer kommst du definitiv nicht wieder raus. Aber das habe ich dir mehrmals gesagt. Du weisst also, auf was du dich eingelassen hast. Und dass es schwer wird auch. Ich wünschte ich könnte dir versprechen dass es diese kitschige Form von Versöhnung und..Ehe und dem allen gibt. Aber ich bin nicht Luci, ich bin nur ihr Bruder.", zuckte er mit den Schultern.
    "Nichts desto Trotz, Leif. Wenn wir hier weiter über Wenns und Abers diskutieren, musst du meine Schwester in einem baufälligen Haus begrüßen, dass irgendwann einmal ihres war und jetzt als Lagerplatz für Zierdeckchen dient. Also..", klopfte er dem Schweden aufs Bein. "Wo fangen wir an?"
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  4. #44
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    Vigilio nickte wissend und mehrmalig. "Ja. Aus der Nummer kommst du definitiv nicht wieder raus. Aber das habe ich dir mehrmals gesagt. Du weisst also, auf was du dich eingelassen hast. Und dass es schwer wird auch. Ich wünschte ich könnte dir versprechen dass es diese kitschige Form von Versöhnung und..Ehe und dem allen gibt. Aber ich bin nicht Luci, ich bin nur ihr Bruder.", zuckte er mit den Schultern.
    "Nichts desto Trotz, Leif. Wenn wir hier weiter über Wenns und Abers diskutieren, musst du meine Schwester in einem baufälligen Haus begrüßen, dass irgendwann einmal ihres war und jetzt als Lagerplatz für Zierdeckchen dient. Also..", klopfte er dem Schweden aufs Bein. "Wo fangen wir an?"


    "Ist ja gut, oh großer Meister der Tat.", unkte Leif und erhob sich, ganz im Stile eines alten Mannes, indem er sich am Bein des Italieners stützte, um in die Senkrechte zu kommen. Dann verschwand er für wenige Sekunden scheinbar gänzlich, kehrte aber rasch mit dem Bier zurück, welches Vigilio nicht versäumt hatte mitzubringen. "Wir fangen mit dem trinken an.", verkündete der Arzt, der die Flaschen längst geöffnet hatte, die beinahe genau SO kalt waren, wie er sie haben wollte. Eine reichte er dem Italiener, neben den er sich wieder setzte. "Morgen kümmern wir uns um die Möbel. Das meiste muss raus, der Geruch von alter Frau hängt in ALLEM. Die Ausbesserungen einiger Wände dürfte übermorgen hinhauen, denke ich. Das Haus ist so winzig, wirklich monströse Arbeit wird nur der Garten machen."
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  5. #45
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    "Ist ja gut, oh großer Meister der Tat.", unkte Leif und erhob sich, ganz im Stile eines alten Mannes, indem er sich am Bein des Italieners stützte, um in die Senkrechte zu kommen. Dann verschwand er für wenige Sekunden scheinbar gänzlich, kehrte aber rasch mit dem Bier zurück, welches Vigilio nicht versäumt hatte mitzubringen. "Wir fangen mit dem trinken an.", verkündete der Arzt, der die Flaschen längst geöffnet hatte, die beinahe genau SO kalt waren, wie er sie haben wollte. Eine reichte er dem Italiener, neben den er sich wieder setzte. "Morgen kümmern wir uns um die Möbel. Das meiste muss raus, der Geruch von alter Frau hängt in ALLEM. Die Ausbesserungen einiger Wände dürfte übermorgen hinhauen, denke ich. Das Haus ist so winzig, wirklich monströse Arbeit wird nur der Garten machen."


    Am nächsten Tag

    Er wachte wieder auf. Hatte eigentlich bestanden auf dem Sofa zu schlafen - aber der Tag war kurz, die Biere zahlreich und nachdem die ausgetrunken waren hatten sie tatsächlich noch Marsala gefunden. Es war so gut wie es ihr beider Untergang war und dafür sorgte, dass sie verdächtig früh in diesem großen Bett landeten und eingeschlafen waren. Aufgewacht hingegen war der Halbbrite viel zu früh und mit legendären Kopfschmerzen. Da half auch ein fettreiches Frühstück kaum.
    "Welche Möbel willst du loswerden..?", wollte Vigilio zaghaft wissen, sich versichernd wie sehr er sich heute anstrengen musste und wie viele Tabletten er brauchte um wieder auf den Damm zu kommen.
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  6. #46
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    Am nächsten Tag

    Er wachte wieder auf. Hatte eigentlich bestanden auf dem Sofa zu schlafen - aber der Tag war kurz, die Biere zahlreich und nachdem die ausgetrunken waren hatten sie tatsächlich noch Marsala gefunden. Es war so gut wie es ihr beider Untergang war und dafür sorgte, dass sie verdächtig früh in diesem großen Bett landeten und eingeschlafen waren. Aufgewacht hingegen war der Halbbrite viel zu früh und mit legendären Kopfschmerzen. Da half auch ein fettreiches Frühstück kaum.
    "Welche Möbel willst du loswerden..?", wollte Vigilio zaghaft wissen, sich versichernd wie sehr er sich heute anstrengen musste und wie viele Tabletten er brauchte um wieder auf den Damm zu kommen.


    Es war Leifs Glück, dass es ihn nicht so schwer getroffen hatte, wie Vigilio. Nicht etwa, weil der Italiener weniger trinkfest gewesen wäre, sondern weil Leif viel eher an diesen katerähnlichen Zustand gewohnt gewesen war, als sonst jemand. Und trotzdem standen sie BEIDE mit hängenden Schultern in diesem Wohnzimmer und glotzten in die Runde. "Alles.", antwortete der Hochgewachsene kurzerhand. "Jedenfalls hier unten. Wohnzimmer, Küche, inklusive des Essbereichs-...Lass nur dieses Fensterlose Zimmer unangetastet.", verwies er auf das Labor. "Und mach dir schon mal Gedanken darüber welche Küche wohl hübsch aussehen könnte. Ich habe einige Bilder durchgesehen, aber nirgends etwas gefunden, was Hinweise auf die alte Einrichtung liefert."
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  7. #47
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    Es war Leifs Glück, dass es ihn nicht so schwer getroffen hatte, wie Vigilio. Nicht etwa, weil der Italiener weniger trinkfest gewesen wäre, sondern weil Leif viel eher an diesen katerähnlichen Zustand gewohnt gewesen war, als sonst jemand. Und trotzdem standen sie BEIDE mit hängenden Schultern in diesem Wohnzimmer und glotzten in die Runde. "Alles.", antwortete der Hochgewachsene kurzerhand. "Jedenfalls hier unten. Wohnzimmer, Küche, inklusive des Essbereichs-...Lass nur dieses Fensterlose Zimmer unangetastet.", verwies er auf das Labor. "Und mach dir schon mal Gedanken darüber welche Küche wohl hübsch aussehen könnte. Ich habe einige Bilder durchgesehen, aber nirgends etwas gefunden, was Hinweise auf die alte Einrichtung liefert."


    "Du meinst ihr Zimmer..?", fragte er bedächtig. "Ist sicher sinnvoller darin erstmal nichts zu machen. Und was alles andere angeht.. Hm. Willst du die Aufnahmen sehen? Einen Ausschnitt davon. Wenn du alle sehen wollen würdest würde es etwa.. 24 Jahre oder so dauern. Aber da du jetzt zu Cerberus gehörst kann ich dir zumindest Zugriff drauf geben. Macht die Sache mit der Privatsphäre allerdings wieder zu ner Grundsatzfragen."
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  8. #48
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    "Du meinst ihr Zimmer..?", fragte er bedächtig. "Ist sicher sinnvoller darin erstmal nichts zu machen. Und was alles andere angeht.. Hm. Willst du die Aufnahmen sehen? Einen Ausschnitt davon. Wenn du alle sehen wollen würdest würde es etwa.. 24 Jahre oder so dauern. Aber da du jetzt zu Cerberus gehörst kann ich dir zumindest Zugriff drauf geben. Macht die Sache mit der Privatsphäre allerdings wieder zu ner Grundsatzfragen."


    Leif schüttelte bestimmt den Kopf. "Wir haben keine vierundzwanzig Jahre.", bemerkte er grinsend. "Und auch keine Zeit für Ausschnitte. Wichtig sind diese verdammten Rosen. Und ja: ihr Zimmer.", war er sich sicher. "Also lass uns anfangen. Der Kerl für den Garten hat sich für zehn Uhr angekündigt und ich erwarte von dir heute nicht nur Unterstützung beim Ausräumen des Hauses, sondern auch bei der Wahl einer neuen Küche.", erläuterte Leif, der bereits den kleinen Sessel im Raum in Richtung Ausgang bewegte. Ganz ohne Muskelkraft und froh darüber, dass diese Biotik sich endlich zu etwas nütze zeigen würde. "Wir stellen den Krempel vors Tor. Der Container sollte bald da sein. Weiß der Geier, wie den irgendwer durch die engen Straßen kriegen will."
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  9. #49
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    Leif schüttelte bestimmt den Kopf. "Wir haben keine vierundzwanzig Jahre.", bemerkte er grinsend. "Und auch keine Zeit für Ausschnitte. Wichtig sind diese verdammten Rosen. Und ja: ihr Zimmer.", war er sich sicher. "Also lass uns anfangen. Der Kerl für den Garten hat sich für zehn Uhr angekündigt und ich erwarte von dir heute nicht nur Unterstützung beim Ausräumen des Hauses, sondern auch bei der Wahl einer neuen Küche.", erläuterte Leif, der bereits den kleinen Sessel im Raum in Richtung Ausgang bewegte. Ganz ohne Muskelkraft und froh darüber, dass diese Biotik sich endlich zu etwas nütze zeigen würde. "Wir stellen den Krempel vors Tor. Der Container sollte bald da sein. Weiß der Geier, wie den irgendwer durch die engen Straßen kriegen will."


    Zwangsläufig packte der Neapolitaner mit an. Auch wenn der Umstand unfair schien, dass Leif sich seiner Biotik bedienen konnte während der Halbitaliener Muskelkraft einsetzen musste die er zwar zweifelsohne hatte, aber der Prozess ihn nicht minder ermüdete. Im Laufe der Zeit baute sich vor dem Tor ein beachtlicher Turm der, sobald als möglich, in den angefahrenen Container übersetzt wurde. Der Krach und das ungewöhnliche Treiben in der ruhigen Straße lockte einige Besucher an. Manche Nachbarn boten sogar ihre Hilfe an oder nahmen dem neuen Hausherren das ein oder andere Möbelstück ab um es vor der Müllpresse zu retten. So wurden es locker ein paar Hände mehr die anpackten, wenigstens temporär.
    Auch der bestellte Gärtner rückte mit einem Team an, welches Leif erstmal einweisen und Gil ausladend begrüßen durfte. Es ging um Rosen. Ganz bestimmte Rosen ganz bestimmter Farbe. Es war Nachmittag und die Siesta vorbei bis man glaubte, sie hatten verstanden welche Zusammensetzung erwartet wurde. Mehr oder weniger ging es nur noch darum, zeitliches und finanzielles zu verhandeln.
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  10. #50
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    Zwangsläufig packte der Neapolitaner mit an. Auch wenn der Umstand unfair schien, dass Leif sich seiner Biotik bedienen konnte während der Halbitaliener Muskelkraft einsetzen musste die er zwar zweifelsohne hatte, aber der Prozess ihn nicht minder ermüdete. Im Laufe der Zeit baute sich vor dem Tor ein beachtlicher Turm der, sobald als möglich, in den angefahrenen Container übersetzt wurde. Der Krach und das ungewöhnliche Treiben in der ruhigen Straße lockte einige Besucher an. Manche Nachbarn boten sogar ihre Hilfe an oder nahmen dem neuen Hausherren das ein oder andere Möbelstück ab um es vor der Müllpresse zu retten. So wurden es locker ein paar Hände mehr die anpackten, wenigstens temporär.
    Auch der bestellte Gärtner rückte mit einem Team an, welches Leif erstmal einweisen und Gil ausladend begrüßen durfte. Es ging um Rosen. Ganz bestimmte Rosen ganz bestimmter Farbe. Es war Nachmittag und die Siesta vorbei bis man glaubte, sie hatten verstanden welche Zusammensetzung erwartet wurde. Mehr oder weniger ging es nur noch darum, zeitliches und finanzielles zu verhandeln.


    Es war ein Segen, dass der Italiener hier war. Nicht allein, weil - selbst im Besitz eines Übersetzers - die Sprache bei den Verhandlungen ein Problem dargestellt hätte, sondern weil Vigilio auch auf dieselbe Art funktionierte, wie diese Leute es taten oder sie wenigstens perfekt verstand. Während es für einen Schweden völlig unverständlich war, wieso Arbeiten jede Stunde Unterbrechungen erfuhren, um Espresso oder Kaffee gebeten wurde (Gott sei Dank bauten sie die Küche erst in den späten Abendstunden ab) war es hier in Italien ein Teil der Gewohnheit, ja, sogar des guten Tons, mochte man meinen. Arbeitete ER weiter, während die anderen tranken, erntete er vielsagende Blicke und wenigstens die seines Freundes machten rasch klar, dass er mit seiner Attitüde in der Unterzahl war und sich besser anzupassen hatte. Letztlich gab Leif sich geschlagen und konnte trotz dieser völlig anderen Kultur am Abend in einem fast leeren Haus stehen und den Zustand erneut begutachten. Selbst die Küche hatten sie noch - gerade so - auf den Container verfrachten können, der morgen bereits wieder abgeholt würde. Um zu sitzen, blieb allein das Bett im Obergeschoss, welches er für den Moment behalten wollte und auf dem nun sogar ein leerer Pizzakarton und natürlich Bier Platz fanden. Er stieß seine Flasche klirrend gegen die von Gil und nickte. Der Kater vom Morgen war kein Thema mehr. "Ich schätze wir können morgen früh unsere neue Küche aussuchen gehen und gleich danach streichen, Liebling.", war der Schwede sich sicher und mehr als nur zufrieden mit ihrer Arbeit.
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  11. #51
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    Es war ein Segen, dass der Italiener hier war. Nicht allein, weil - selbst im Besitz eines Übersetzers - die Sprache bei den Verhandlungen ein Problem dargestellt hätte, sondern weil Vigilio auch auf dieselbe Art funktionierte, wie diese Leute es taten oder sie wenigstens perfekt verstand. Während es für einen Schweden völlig unverständlich war, wieso Arbeiten jede Stunde Unterbrechungen erfuhren, um Espresso oder Kaffee gebeten wurde (Gott sei Dank bauten sie die Küche erst in den späten Abendstunden ab) war es hier in Italien ein Teil der Gewohnheit, ja, sogar des guten Tons, mochte man meinen. Arbeitete ER weiter, während die anderen tranken, erntete er vielsagende Blicke und wenigstens die seines Freundes machten rasch klar, dass er mit seiner Attitüde in der Unterzahl war und sich besser anzupassen hatte. Letztlich gab Leif sich geschlagen und konnte trotz dieser völlig anderen Kultur am Abend in einem fast leeren Haus stehen und den Zustand erneut begutachten. Selbst die Küche hatten sie noch - gerade so - auf den Container verfrachten können, der morgen bereits wieder abgeholt würde. Um zu sitzen, blieb allein das Bett im Obergeschoss, welches er für den Moment behalten wollte und auf dem nun sogar ein leerer Pizzakarton und natürlich Bier Platz fanden. Er stieß seine Flasche klirrend gegen die von Gil und nickte. Der Kater vom Morgen war kein Thema mehr. "Ich schätze wir können morgen früh unsere neue Küche aussuchen gehen und gleich danach streichen, Liebling.", war der Schwede sich sicher und mehr als nur zufrieden mit ihrer Arbeit.


    Offensichtlich hatte Leif unterschätzt, dass Italiener- nein, Sizilianer vielleicht mehr Pausen machten als Skandinavier, aber sehr wohl die Begabung hatten dafür bis in die Nacht zu arbeiten wenn es denn eben nötig war. Besonders, wenn es extra Credits hagelte. Entsprechend ultra spät war ihr Abend, das Bierklirren und die sicher beste Pizza die er in seinem Leben jemals zu sich nehmen würde. Nicht nur Gil. Auch Leif. Ersterer jedoch seufzte völlig Ko, legte sich flach und noch in voller Montur auf das Bett und schob die Sonnenbrille erschöpft über die Augen um zu tarnen, dass er sie schloss und dieses Bier noch in der Hand hatte. "Erinner mich dran, niemals mit dir zusammen zu ziehen.", erwähnte er nur und war offensichtlich überaus geplättet. Eine Hand auf der Stirn.
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  12. #52
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    Offensichtlich hatte Leif unterschätzt, dass Italiener- nein, Sizilianer vielleicht mehr Pausen machten als Skandinavier, aber sehr wohl die Begabung hatten dafür bis in die Nacht zu arbeiten wenn es denn eben nötig war. Besonders, wenn es extra Credits hagelte. Entsprechend ultra spät war ihr Abend, das Bierklirren und die sicher beste Pizza die er in seinem Leben jemals zu sich nehmen würde. Nicht nur Gil. Auch Leif. Ersterer jedoch seufzte völlig Ko, legte sich flach und noch in voller Montur auf das Bett und schob die Sonnenbrille erschöpft über die Augen um zu tarnen, dass er sie schloss und dieses Bier noch in der Hand hatte. "Erinner mich dran, niemals mit dir zusammen zu ziehen.", erwähnte er nur und war offensichtlich überaus geplättet. Eine Hand auf der Stirn.


    "Du bist immer willkommen, mein Freund!", verkündete Leif dennoch, etwas betrunkener als angepeilt, was sicher nicht an Unmengen Alkohol lag, sondern an der Hitze, die die wenigen Mengen förderte. "Und da du es schon in mein Bett geschafft hast, musst du auch zukünftig nich' mehr auf dem Sofa pennen, sondern kommst einfach hierher zu mir. Du bist nicht ganz das, was ich sonst so mit nach Hause nehme, aber es passt schon.", versprach er grinsend und konnte dabei erstaunlich gut verbergen, dass da jetzt keine Arbeit mehr war, die ihn ablenkte, sondern nur noch Gil. Und der-...erinnerte ihn nicht viel weniger an Luceija, als es die temporäre Stille im Raum tat.
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  13. #53
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    Luceijas Schwägerin hätte nichts anderes tun können als das - als beizusitzen, sie zu halten, neben ihr diese stille Stütze zu bilden, die die gesamte Schwere der Situation irgendwie aufzufangen wusste. Wenigstens zu einem Teil. Denn der Körper der Neunundzwanzigjährigen brach unter dem unfassbaren Schmerz ein. Es war sichtlich zu viel für ihn gewesen. Jegliche Qualen, die er erleiden musste, von den heftigsten Streits, über Vorwürfe, die letzten Stunden auf Proteus, dieses Gerichtsverfahren, die Momente, die jenem zwischen lagen, die Sache um Nathan im Hyde Park Londons, die Aussprache die keine so richtig war, dort, im Apartment Vigilios...bis hin zu dieser alles vernichtenden Trennung. Selbst über einen längeren Zeitraum hinweg als diese..ja, gerademal eine gute Woche, wäre es nicht auszuhalten gewesen. Dieser Hammer diverser Neuigkeiten und Veränderungen jedoch trafen die Sizilianerin nicht nur hart, sie sorgten für ein jehes Ende. Nachdem sie stundenlang geheult hatte, den Checkout-Zeitpunkt des Hotelzimmers schon lange überschritten, hing sie gebrochen und eng eingepfercht in einer unterdessen schmerzlichen Position fest, die deutlich machte wie wenig Körpergefühl die junge Frau noch hatte. Wie wenig Interesse an einem Überleben. Wie wenig Lebenslust und Wille in diesem normalerweise so frechen Biest noch steckte: Garnichts mehr. Es schien egal, dass sie das Bewusstsein verlor. Dass sie sich regelrecht k.o. heulte. Mit ihrer Schwägerin an ihr, fest in die Arme der Blonden geschlossen, ihr Kopf auf der Schulter, die ohnehin schon die Last der gesamten Welt zu tragen schien.

    - - -

    Etwa 2 Tag später

    Zumindest um eine Sache war Luceija wirklich froh: Zurück in London zu sein. Am Ursprung dieses ganzen Chaos. Am Zentrum, dem Auge dieses tiefschwarzen Schlundes, der ihr Leben in diese Dunkelheit gestürzt hatte. Sie war nicht länger an diesem Vorsprung kurz vor dem Abgrund, kurz davor hinabzufallen - sie WAR gefallen. Das hier war das Dunkel. Das hier war die Stille. Das hier war genau das, genau dieses Worst Case, welches sich die Sizilianerin ausgemalt hatte. Und es übertraf auch noch ihre wildesten Vorstellungen von dem, was da kommen würde. Sie wollte, ja wagte es nicht sich zu bewegen. Sie lag. Permanent. Reglos. Ab dem Moment ab dem sie zurück in der Villa ihrer Familie angekommen war, hatte sie sich auf dieses Bett zurück gelegt, um welches selbst hier die Erinnerung an Leif in jedem Winkel klebte, sie heimsuchte. Und sie war nicht mehr aufgestanden. Nur für sehr dringende Fälle auf die Toilette gegenüber. Mitten in der Nacht, wenn sie alle schliefen, nur, um wieder zurück zu kriechen, sich in die selbe Position zu legen und wort- und regungslos einfach dort zu harren. Sie fühlte sich gefangen in ihrem eigenen Körper. In ihrem eigenen Kopf. Eingeschlossen und vergessen. Aber etwas anderes war ihr einfach nicht möglich. Es mochten klare Reaktionen auf ein massives Traumata sein. Irgendetwas war gebrochen. Endgültig und unwiderruflich gebrochen. Essen wurde verweigert. Flüssigkeitszufuhr kaum registriert. Und kaum etwas unterschied sie noch von einem Komapatienten - der sie war, als sie Leif 'kennengelernt' hatte.



    Etwa 12 Tage später

    Zumindest eine Phase hatte sie überstanden: Die zu glauben, irgendetwas würde sich noch ändern. Irgendetwas oder irgendwer würde sie an der Hand nehmen, sie aus diesem Sog ziehen und behaupten, alles sei nur ein riesengroßes Missverständnis gewesen. Es würde nicht passieren. Luci hatte nun mehrere Tage lang nur auf einem Bett verbracht, gekrümmt und eingepfercht in einer unwohlen Pose dagelegen und sich nur dann gerührt, wenn sie auf den kurzen Weg zur Toilette musste. Ansonsten war diese immerwährende Stagnation eingetreten. Die sich überschlagenden Gedanken und Erinnerungen weckten immer wieder stille Tränen in ihr, ließen sie lautlos weinen, dann die schlimmsten Migräneanfälle bekommen, diese irgendwie ertragen und schließlich schlafen. Kein Extranet, kein Fernsehen, sie konsumierte nichts außer reine stille und das unerträgliche Bild eines beinahe leeren Gästezimmers, in welchem sie sich schon so knapp vor ihrem Ableben unter Schmerzen gewunden hatte. Immer wieder sah sie einen Moment wie diesen vor ihrem geistigen Auge: Wie ihre schwache Hand nach Leifs Kragen gegriffen hatte, sie ihn zu sich nach unten zog und die schmale Frau kein Widerstand erwartete, als sie ihn flüsternd anbettelte, sie nicht mehr aufwachen zu lassen. Und wieder hätte sie sich erhofft er hätte diese Bitte erhört und sich niemals mit diesem verfluchten, bildschönen Lächeln in ihre Erinnerung gebrannt. Für die unausweichliche Ewigkeit in der sie schmorte.
    Immer wieder über diese Zeit hinweg war Zora da gewesen. Sie war sich sicher, dass man sie beobachtete und Angst hatte, sie würde sich umbringen. Zurecht, denn einen freien Moment hätte sie zweifelsohne genutzt. Ihre Schwägerin hatte wenigstens für ein Minimum an Privatsphäre gesorgt, hatte regelmäßig gelüftet, ihr ein, zwei Gläser Wasser aufgezwungen und ihr beigesessen. Mit ihr gesprochen und von Alltagsdingen erzählt, die sie so alle erlebt hatte. Geschichten von ihrer Nichte Emma, ersten Schritten, ersten Worten, von Glück und Unglück, vom Ableben ihres Vaters. Beinahe so als nutze die Blondine die vollständig kommentar- und scheinbar komatös leblose Luceija zu therapeutischen Zwecken aus. Für das gegenseitige Wohl, wie sich verstand. Anfangs war auch Vigilio hier gewesen. Hatte sich die ganze Zeit über neben sie gesetzt oder gelegt, hatte sie weinen lassen wenn ihr danach war. Für einen Moment war er sogar so weit gegangen, dass er seine Tochter mit in dieses Zimmer gebracht hatte. Emma verstand den Ernst der Situation kaum und auch nicht, dass ‚Zia Luci‘ sich nicht in der Lage fühlte, auch nur irgendwie auf die Kleine zu reagieren, mit ihr zu spielen oder sonst irgendwie aktiv zu werden. Sie fragte ihren Vater ob sie krank war. In ihrem Inneren antwortete die Sizilianerin ja. Und beneidete dieses winzige Mädchen darum, noch keinen einzigen Schrecken dieser Welt zu kennen.

    Sie alle meinten es vermutlich gut mit ihr, aber sie war arm an Reaktionen und entsagte jeglicher Worte. Kein einziges schien irgendwie richtig, keines schien sie zu entschuldigen oder zu erklären. Bei Gaius war sie sich nicht sicher, was er dachte. Wenn sie geistig anwesend war wenn er ihr Zimmer betrat, war es schwer zu glauben, dass er vollstes Verständnis hatte. Mitleid vermutlich. Auch Sorgen schien er sich zu machen. Aber sie glaubte eher daran, dass sie sich ihm gegenüber als vollkommen nutzlos erwies. Als Paradebeispiel eines gescheiterten Projektes. Millionen oder Milliarden verschwendete Credits. Hayden glaubte, sich besonders oft sehen lassen zu müssen, redete aber ununterbrochen. Hörte nicht mehr auf und bereitete der Sizilianerin Kopfschmerzen. Man merkte, dass auch in ihrem Blut irgendwo mal Italiener steckten – sie ließ sich kaum abwimmeln. Auch hier, verdammt gottseidank, rettete Zora dieses stumme Geschöpf, dass irgendwann mal die großschnäuzige Luceija gewesen war.

    Erst nach 5 Tagen regte sich irgendwas. Sie war weit entfernt davon bei ihrer Familie zu essen. Aber mit sehr viel zutun ließ sie sich zu zwei, drei Bissen hinreißen, die ihren Magen entfachten als habe man Feuer darin entzündet. Sofort wurde ihr schlecht. Keine Chance.

    Nach circa 10 Tagen verlängerten sich die Phasen, in denen sie sich bewegte. Hin und wieder saß, manchmal einen halben Tag aus dem Fenster sah. Dem Wind, der Illusion von Natur vor der Haustüre und einem dezenten Stadtverkehr lauschte.

    Am 11. Tag sprach sie wenigstens wieder kurze, knappe Sätze mit Zora. Ob es ihr besser ginge beantwortete sie nicht, denn wie krank und vollkommen Irre ihr Zustand war, zeigte sich, als sie sich endlich – auch auf dringendes Bitten ihrer Schwägerin, nach all den Tagen wieder wusch.

    Nach diesem Intro einer buchstäblichen Leidensodyssee wurde sie zurückerinnert: Mitunter der schlimmste Tag war einer der Ersten. Der, an dem Luci dazu gezwungen wurde einen Arzt aufzusuchen, der sie wegen ihrer Verletzungen an kritischster Stelle untersuchen sollte. Gynäkologie-Termine, die sie niemals hatte. Sie wehrte sich, sprach aber nicht. Ertrug es, weinend, unter tatsächlichen Schmerzen bei jeder notwendigen Berührung. Wimmerte und erschien eher, als flehe sie Zora an abhauen zu können. Als werde sie gefoltert. Festgestellt hatten sie das, was man erwartet hatte. Fissuren. Hämatome. Mehr, als man hätte finden sollen.

    Zwischen dem 11 und 12. Tag stand die Sizilianerin selbstständig wieder auf. Hatte sich gewaschen. Angezogen. Einen winzigen Bissen des bereitgestellten Frühstücks zu sich genommen und beinahe wieder heraufgewürgt. Intensives durch die Nase atmen rettete sie vor dieser weiteren Demütigung. Stattdessen entschloss sie sich für frische Luft, ging nach draußen und steckte seit so langen Tagen wieder in ihren eigenen Stiefeln.

    Ihre Schritte führten sie vermeintlich ziellos durch die Stadt. Gefühlt ans andere Ende, obwohl es so weit unmöglich sein konnte. Und dennoch kam sie wieder auf dieselben Wege zurück, an die sie sich gewöhnte. Sie passierte dieselben Straßen, bog gleich ab wie damals und fand sich in der Nähe des Hyde Parks wieder. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, den die Stadt mit Stufen gesäumt hatte. Einen Platz auf dem dieser Markt rund um die Weihnachtszeit stattfand. Und setzte sich auf eine Parkbank, die unmittelbar vor dieser Stelle stand, an der im tiefsten Winter die Eisfläche lag und Touristen und Einheimischen die Möglichkeit des Schlittschuhlaufes bot. Dort saß Luci nicht nur an einem Tag, sondern an mehreren. Blickte ab exakt diesem Ort auf die Fläche, auf der zurzeit rein Garnichts geschah und wartete leblos. Auf einen Tag der nicht mehr kam, auf eine Situation, die unmöglich zu wiederholen schien.

    Und immer wieder sah sie das. Denselben Moment in tausendfacher Ausführung. Spürte Eis unter ihren wackeligen Füßen, eine kleine Erinnerung an ihren Mut, den sie hatte, eigenständig zu fahren und dazu nur diesen lächerlichen Pinguin vor sich herschob. Der Geschichte war, als sie in dieses Kind knallte. Es spielte keine Rolle. Alles um diese Situation herum ließ sich ausblenden, denn was sie sah, war der Moment, in der er SIE gesehen hatte. In der etwas Wurzeln geschlagen hatte, dass sie kaum bis zu diesem Tag hatte denken lassen. An dem sie sein Lächeln sah.
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  14. #54
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    "Du bist immer willkommen, mein Freund!", verkündete Leif dennoch, etwas betrunkener als angepeilt, was sicher nicht an Unmengen Alkohol lag, sondern an der Hitze, die die wenigen Mengen förderte. "Und da du es schon in mein Bett geschafft hast, musst du auch zukünftig nich' mehr auf dem Sofa pennen, sondern kommst einfach hierher zu mir. Du bist nicht ganz das, was ich sonst so mit nach Hause nehme, aber es passt schon.", versprach er grinsend und konnte dabei erstaunlich gut verbergen, dass da jetzt keine Arbeit mehr war, die ihn ablenkte, sondern nur noch Gil. Und der-...erinnerte ihn nicht viel weniger an Luceija, als es die temporäre Stille im Raum tat.


    Leif war auch nicht das, was Vigilio sonst so zu sich nach Hause nahm. Eigentlich wartete da eine blonde Schönheit auf den Neapolitaner, die im Moment eingespannt wurde nicht nur ein Auge auf Emma, sondern auch seine Schwester Luci zu richten - verständlicherweise, denn es ergab sich kaum die Option, eine von beiden sich selbst zu überlassen. Die Kellnerin war schon eher das, was er mit heim brachte - aber für beide, oder besser alle drei, hatte der Mann jetzt jedoch keine Energie. Er schlief mehr oder minder kurz nachdem auch der frischgebackene Hausherr eingeschlafen war, ein. Neben ihm.

    Am nächsten Tag stiegen sie in ein leeres Haus hinab. Fast alles war der schnellen Entscheidungsgewalt des Arztes zum Opfer gefallen und auch die Küche fehlte - was für Gil bedeutete, um die Ecke erstmal Cappuccini zu besorgen und ein kleines Frühstück - anders wäre Arbeiten kaum machbar gewesen. Noch auf dem Rückweg zur Wohnung wurde die Küche angeliefert und schließlich im Laufe des Tages fix eingebaut und fertiggestellt. Was noch fehlte war, nach der obligatorischen Pause, die anderen Räume zu streichen.

    Erst sehr spät in der Nacht waren sie damit fertig geworden und hatten viele Hindernisse auf diesem Weg beseitigt. Jetzt stand Vigilio, natürlich mit Farbe bekleckert, vor der fertiggestellten Wand und wirkte recht stolz in dem, was sie erreicht hatten. "Sieht besser aus als ich erwartet hätte!"
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  15. #55
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    Leif war auch nicht das, was Vigilio sonst so zu sich nach Hause nahm. Eigentlich wartete da eine blonde Schönheit auf den Neapolitaner, die im Moment eingespannt wurde nicht nur ein Auge auf Emma, sondern auch seine Schwester Luci zu richten - verständlicherweise, denn es ergab sich kaum die Option, eine von beiden sich selbst zu überlassen. Die Kellnerin war schon eher das, was er mit heim brachte - aber für beide, oder besser alle drei, hatte der Mann jetzt jedoch keine Energie. Er schlief mehr oder minder kurz nachdem auch der frischgebackene Hausherr eingeschlafen war, ein. Neben ihm.

    Am nächsten Tag stiegen sie in ein leeres Haus hinab. Fast alles war der schnellen Entscheidungsgewalt des Arztes zum Opfer gefallen und auch die Küche fehlte - was für Gil bedeutete, um die Ecke erstmal Cappuccini zu besorgen und ein kleines Frühstück - anders wäre Arbeiten kaum machbar gewesen. Noch auf dem Rückweg zur Wohnung wurde die Küche angeliefert und schließlich im Laufe des Tages fix eingebaut und fertiggestellt. Was noch fehlte war, nach der obligatorischen Pause, die anderen Räume zu streichen.

    Erst sehr spät in der Nacht waren sie damit fertig geworden und hatten viele Hindernisse auf diesem Weg beseitigt. Jetzt stand Vigilio, natürlich mit Farbe bekleckert, vor der fertiggestellten Wand und wirkte recht stolz in dem, was sie erreicht hatten. "Sieht besser aus als ich erwartet hätte!"


    In den kommenden Wochen war das Haus leer. Buchstäblich, nicht aber nur wegen diverser, fehlender Möbel - Leif brachte es wenigstens noch auf ein Sofa für das Wohnzimmer - sondern auch, weil er spürte, dass diese Wände für gewöhnlich so viel mehr Leben beherbergt hatten. Ganz egal ob es hitzige Diskussionen eines Mannes mit seiner Tochter, oder der Kaffeeklatsch einer alten Frau mit ihren Freundinnen gewesen war. Nichts davon fand statt. Außer dieser Mann, der eingezogen war. Der so fremd und unnatürlich in dieser Umgebung wirkte, auch weil er sich selten anders fühlte. Sein Tagesablauf war straff organisiert: Es gab keine Anrufe, jene von Vigilio wies er meist ab, kein anderweitiger Kontakt zur Außenwelt, denn selbst Edna bekam nur wenige Updates. Stattdessen pflegte er frühes Aufstehen, irgendwann zwischen vier und fünf, eine Tageszeit, die noch moderate Temperaturen garantieren konnte, welche ihm gestatteten, entweder am Strand spazieren zu gehen oder zu joggen. Erst in der dritten Woche, nachdem Leif eingezogen war, begann er im Garten zu essen. Dieser bewachsene Innenhof, ebenso wie der Vorgarten, waren nun etwas, das sich auch so nennen durfte. Der Rasen erholte sich, wollte allerdings auch täglich Unmengen an Wasser und die Rosen wuchsen mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit, wurden aber von Tag zu Tag schöner. Der Arzt begann zu verstehen, wieso Luceija sie Zeit ihres Lebens hier derart bewundert hatte und wieso sie eine Art Symbol geworden waren. Meistens kümmerte sich der Schwede selbst darum, doch zur Sicherheit - und weil er das Gegenteil eines grünen Daumens besaß - kam der Gärtner wenigstens einmal wöchentlich vorbei und schaute nach dem rechten. Gab dem Fremden Tipps und schwärmte, was sich auf diesem Grundstück noch alles würde umsetzen lassen, wenn er nur die Freigabe erhielt. Für den Moment wies Leif die Vorhaben ab und verwies mit Vigilios Bemerkung, sizilianische Frauen seien gefährlicher als jede Waffe darauf, dass die Hausherrin womöglich nicht damit einverstanden sei. Der Mann nickte jedes Mal wissend und war angenehm unaufdringlich, nahm die Einladung auf einen Espresso gern an, verschwand aber auch rasch wieder. Vielleicht auch mit Blick auf das Papier- und Datapad-Chaos, welches im gesamten Untergeschoss herrschte. Das Haus selbst war einwandfrei sauber, selbst das 'Labor' regelrecht hergerichtet, die ersten medizinischen Geräte schon ausgetauscht und besser verstaut, als ihre Vorgänger, aber niemand kam umhin zu sehen, wie viel und, zugegeben, verzweifelt hier gearbeitet wurde. Daten wurden von einfachem Papier in digitale Akten übertragen, durchgegangen, unterstrichen, unwichtige Notizen wenigstens in Papierform zerstört, mit Fragen und Verweisen an den Professor gesandt, was Leif oft Tagelang auf Antwort warten ließ, bevor er weiterarbeiten konnte. Am vorläufigen Ende seiner Übertragung und kurzfristigen Sichtung aller Dinge stellte sich jedoch heraus, dass durchaus funktionieren konnte, worauf er so großkotzig gesetzt hatte: Mehr Training als Medikamente, weg von Zellzerstörung und anschließender Erneuerung zur Biotik fähiger Neuronen, denn Letzteres war zu einem Automatismus des Körpers der Sizilianerin geworden, wie sich anhand Leifs eigener Daten - die er lange kaum zu interpretieren wusste, ohne dass er Sergios Vorarbeit kannte - hervorging. Er mailte seine Überzeugung Vigilio, wartete aber nicht auf Antwort, sondern schlief anderthalb Tages durch. Wach wurde er dank einer völlig trockenen Kehle, die ihn an den Rande des Erstickungstodes zu bringen schien und einer zu vollen Blase. Ganz davon abgesehen-...Roch er schlimmer als ein nasser Fuchs nach Dauerregen auf Proteus, was ein völlig irrsinniger Gedanke war, wenn man denn tatsächlich wieder dachte. Eben das versuchte der Schwede zu vermeiden. Weg von Gedankengängen, die zu Luceija führten, hin zu allem anderen. Weg von den Zweifeln, der Trauer, den Gewissensbissen. Am Ende der fünften Woche schrieb er Vigilio erneut. Erklärte, er könne langsam aber sicher einen Plan dafür aufstellen, seine Schwester in die richtige Richtung zu bringen. Zu ihm. Hin zu diesem Projekt, von dem sie vermutlich noch immer nichts wusste. Gemeldet hatte sie sich nie und Leif hatte es für besser befunden. Ihr recht gegeben und sich völlig auf die Arbeit konzentriert. Bevor ihm die Augen zufielen, verzog er sich für eine Stunde an den Strand, ging schwimmen, nahm irgendetwas essbares zu sich und arbeitete weiter, bis er einschlief. Irgendwann gingen analytische Arbeiten in einfache Hausarbeiten über. Wenige Sachen von Conti hatte er übernommen, vielleicht waren sie auch noch Teil des Haushaltes Vittore, wenigstens aber die ganze Küche hatte er ersetzt und eingerichtet, einen Esstisch gekauft, zu viele Stühle um ihn herum aufgestellt, sein Zimmer auf Vordermann gebracht und eines für Luceija vorbereitet. Alles wurde wohnlicher, aber alles sah zu sehr nach ihm aus. Roch nach ihm und war regelrecht steril, als nur sauber. Diese Eigenschaft konnte er nie ablegen, selbst dann nicht, wenn es das Haus gemütlicher machen würde.

    In der Mitte der sechsten Woche bekam er zum ersten Mal Post. Verwunderlich, denn das Tor wies auf keinen Bewohner hin und schriftliche Post an sich war längst verwunderlich. Sergios Schild war entfernt, gesäubert und poliert worden und hatte einen Platz in Luceijas - vermutlich zukünftigem - Zimmer gefunden. Seinen Namen hatte Leif draußen nicht verewigt. Und dennoch war da dieses Schreiben, unterzeichnet vom Präsidenten der Universität Palermos und dem Dekan der einschlägigen Fakultät, die da ausdrucksstark 'Facoltà di Medicina e Chirurgia' genannt wurde. Der Schwede musste nicht einmal im Ansatz Italienisch beherrschen, um zu begreifen, was das bedeutete. Und der Brief, überaus vornehm und gleichzeitig regelrecht altbacken, bat um ein Gespräch vor Ort, über das Angebot einer Lehrtätigkeit an der Universität selbst. Man schätzte die Kompetenz Leifs über alle Maßen (auch wenn man sie offensichtlich nur an den diversen Auszeichnungen messen konnte) und wies sofort darauf hin, dass man von Prozess und Strafmaß wisse, das Praktizieren jedoch nicht der Lehrtätigkeit glich und deshalb kein Zweifel bestehe, dass der Schwede ganz ausgezeichnet zur Fakultät passe. Ein wenig erschlagen, zeitgleich aber auch wenig motiviert, irgendwelchen geistigen Kartoffeln etwas über chirurgische Künste beibringen zu wollen, legte er den Brief ganze anderthalb Tage zur Seite, ehe er sich kurzerhand und weil er ohnehin in der Nähe war, etwas ZU früh am Vormittag im Büro des Dekans blicken ließ. Man war völlig überrascht von so viel schwedischer Spontaneität und überhaupt war die Zeit der Mittagspause, wie wenigstens Leif sie nannte, an der er allerdings kurzerhand teilnahm. Die Universität war unglaublich. Fachlich aufgestellt in der Region nicht zu übertreffen und im Bau eine Augenweide, auch wenn der Arzt sich viel lieber an den typisch klaren Linien schwedischer Architektur satt sah. Unter Umständen war es aber auch dieser Austausch. Dieser plötzliche Bruch der Stille, dieser Kontakt zu anderen Menschen, die ihm so ähnlich waren und ihn so an Abu und seine eigentliche Arbeit erinnerten, von der er sich vollends entfernt zu haben schien. Es verblieb damit, sich melden zu wollen, doch sein neuer, sizilianischer Fanclub mochte nicht ahnen, dass er nicht vorhatte, genau das zutun. Es wäre ein Traum, sich unter diesen Leuten wiederzufinden. In irgendeiner Form wieder zu arbeiten, aber-...Er erwartete Luceija. Vigilios Startschuss, wann es losgehen würde und diese Universität hatte das Zeug dazu, ihn zu sehr abzulenken.
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  16. #56
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    Zumindest eine Phase hatte sie überstanden: Die zu glauben, irgendetwas würde sich noch ändern. Irgendetwas oder irgendwer würde sie an der Hand nehmen, sie aus diesem Sog ziehen und behaupten, alles sei nur ein riesengroßes Missverständnis gewesen. Es würde nicht passieren. Luci hatte nun mehrere Tage lang nur auf einem Bett verbracht, gekrümmt und eingepfercht in einer unwohlen Pose dagelegen und sich nur dann gerührt, wenn sie auf den kurzen Weg zur Toilette musste. Ansonsten war diese immerwährende Stagnation eingetreten. Die sich überschlagenden Gedanken und Erinnerungen weckten immer wieder stille Tränen in ihr, ließen sie lautlos weinen, dann die schlimmsten Migräneanfälle bekommen, diese irgendwie ertragen und schließlich schlafen. Kein Extranet, kein Fernsehen, sie konsumierte nichts außer reine stille und das unerträgliche Bild eines beinahe leeren Gästezimmers, in welchem sie sich schon so knapp vor ihrem Ableben unter Schmerzen gewunden hatte. Immer wieder sah sie einen Moment wie diesen vor ihrem geistigen Auge: Wie ihre schwache Hand nach Leifs Kragen gegriffen hatte, sie ihn zu sich nach unten zog und die schmale Frau kein Widerstand erwartete, als sie ihn flüsternd anbettelte, sie nicht mehr aufwachen zu lassen. Und wieder hätte sie sich erhofft er hätte diese Bitte erhört und sich niemals mit diesem verfluchten, bildschönen Lächeln in ihre Erinnerung gebrannt. Für die unausweichliche Ewigkeit in der sie schmorte.
    Immer wieder über diese Zeit hinweg war Zora da gewesen. Sie war sich sicher, dass man sie beobachtete und Angst hatte, sie würde sich umbringen. Zurecht, denn einen freien Moment hätte sie zweifelsohne genutzt. Ihre Schwägerin hatte wenigstens für ein Minimum an Privatsphäre gesorgt, hatte regelmäßig gelüftet, ihr ein, zwei Gläser Wasser aufgezwungen und ihr beigesessen. Mit ihr gesprochen und von Alltagsdingen erzählt, die sie so alle erlebt hatte. Geschichten von ihrer Nichte Emma, ersten Schritten, ersten Worten, von Glück und Unglück, vom Ableben ihres Vaters. Beinahe so als nutze die Blondine die vollständig kommentar- und scheinbar komatös leblose Luceija zu therapeutischen Zwecken aus. Für das gegenseitige Wohl, wie sich verstand. Anfangs war auch Vigilio hier gewesen. Hatte sich die ganze Zeit über neben sie gesetzt oder gelegt, hatte sie weinen lassen wenn ihr danach war. Für einen Moment war er sogar so weit gegangen, dass er seine Tochter mit in dieses Zimmer gebracht hatte. Emma verstand den Ernst der Situation kaum und auch nicht, dass ‚Zia Luci‘ sich nicht in der Lage fühlte, auch nur irgendwie auf die Kleine zu reagieren, mit ihr zu spielen oder sonst irgendwie aktiv zu werden. Sie fragte ihren Vater ob sie krank war. In ihrem Inneren antwortete die Sizilianerin ja. Und beneidete dieses winzige Mädchen darum, noch keinen einzigen Schrecken dieser Welt zu kennen.

    Sie alle meinten es vermutlich gut mit ihr, aber sie war arm an Reaktionen und entsagte jeglicher Worte. Kein einziges schien irgendwie richtig, keines schien sie zu entschuldigen oder zu erklären. Bei Gaius war sie sich nicht sicher, was er dachte. Wenn sie geistig anwesend war wenn er ihr Zimmer betrat, war es schwer zu glauben, dass er vollstes Verständnis hatte. Mitleid vermutlich. Auch Sorgen schien er sich zu machen. Aber sie glaubte eher daran, dass sie sich ihm gegenüber als vollkommen nutzlos erwies. Als Paradebeispiel eines gescheiterten Projektes. Millionen oder Milliarden verschwendete Credits. Hayden glaubte, sich besonders oft sehen lassen zu müssen, redete aber ununterbrochen. Hörte nicht mehr auf und bereitete der Sizilianerin Kopfschmerzen. Man merkte, dass auch in ihrem Blut irgendwo mal Italiener steckten – sie ließ sich kaum abwimmeln. Auch hier, verdammt gottseidank, rettete Zora dieses stumme Geschöpf, dass irgendwann mal die großschnäuzige Luceija gewesen war.

    Erst nach 5 Tagen regte sich irgendwas. Sie war weit entfernt davon bei ihrer Familie zu essen. Aber mit sehr viel zutun ließ sie sich zu zwei, drei Bissen hinreißen, die ihren Magen entfachten als habe man Feuer darin entzündet. Sofort wurde ihr schlecht. Keine Chance.

    Nach circa 10 Tagen verlängerten sich die Phasen, in denen sie sich bewegte. Hin und wieder saß, manchmal einen halben Tag aus dem Fenster sah. Dem Wind, der Illusion von Natur vor der Haustüre und einem dezenten Stadtverkehr lauschte.

    Am 11. Tag sprach sie wenigstens wieder kurze, knappe Sätze mit Zora. Ob es ihr besser ginge beantwortete sie nicht, denn wie krank und vollkommen Irre ihr Zustand war, zeigte sich, als sie sich endlich – auch auf dringendes Bitten ihrer Schwägerin, nach all den Tagen wieder wusch.

    Nach diesem Intro einer buchstäblichen Leidensodyssee wurde sie zurückerinnert: Mitunter der schlimmste Tag war einer der Ersten. Der, an dem Luci dazu gezwungen wurde einen Arzt aufzusuchen, der sie wegen ihrer Verletzungen an kritischster Stelle untersuchen sollte. Gynäkologie-Termine, die sie niemals hatte. Sie wehrte sich, sprach aber nicht. Ertrug es, weinend, unter tatsächlichen Schmerzen bei jeder notwendigen Berührung. Wimmerte und erschien eher, als flehe sie Zora an abhauen zu können. Als werde sie gefoltert. Festgestellt hatten sie das, was man erwartet hatte. Fissuren. Hämatome. Mehr, als man hätte finden sollen.

    Zwischen dem 11 und 12. Tag stand die Sizilianerin selbstständig wieder auf. Hatte sich gewaschen. Angezogen. Einen winzigen Bissen des bereitgestellten Frühstücks zu sich genommen und beinahe wieder heraufgewürgt. Intensives durch die Nase atmen rettete sie vor dieser weiteren Demütigung. Stattdessen entschloss sie sich für frische Luft, ging nach draußen und steckte seit so langen Tagen wieder in ihren eigenen Stiefeln.

    Ihre Schritte führten sie vermeintlich ziellos durch die Stadt. Gefühlt ans andere Ende, obwohl es so weit unmöglich sein konnte. Und dennoch kam sie wieder auf dieselben Wege zurück, an die sie sich gewöhnte. Sie passierte dieselben Straßen, bog gleich ab wie damals und fand sich in der Nähe des Hyde Parks wieder. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, den die Stadt mit Stufen gesäumt hatte. Einen Platz auf dem dieser Markt rund um die Weihnachtszeit stattfand. Und setzte sich auf eine Parkbank, die unmittelbar vor dieser Stelle stand, an der im tiefsten Winter die Eisfläche lag und Touristen und Einheimischen die Möglichkeit des Schlittschuhlaufes bot. Dort saß Luci nicht nur an einem Tag, sondern an mehreren. Blickte ab exakt diesem Ort auf die Fläche, auf der zurzeit rein Garnichts geschah und wartete leblos. Auf einen Tag der nicht mehr kam, auf eine Situation, die unmöglich zu wiederholen schien.

    Und immer wieder sah sie das. Denselben Moment in tausendfacher Ausführung. Spürte Eis unter ihren wackeligen Füßen, eine kleine Erinnerung an ihren Mut, den sie hatte, eigenständig zu fahren und dazu nur diesen lächerlichen Pinguin vor sich herschob. Der Geschichte war, als sie in dieses Kind knallte. Es spielte keine Rolle. Alles um diese Situation herum ließ sich ausblenden, denn was sie sah, war der Moment, in der er SIE gesehen hatte. In der etwas Wurzeln geschlagen hatte, dass sie kaum bis zu diesem Tag hatte denken lassen. An dem sie sein Lächeln sah.


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    In den kommenden Wochen war das Haus leer. Buchstäblich, nicht aber nur wegen diverser, fehlender Möbel - Leif brachte es wenigstens noch auf ein Sofa für das Wohnzimmer - sondern auch, weil er spürte, dass diese Wände für gewöhnlich so viel mehr Leben beherbergt hatten. Ganz egal ob es hitzige Diskussionen eines Mannes mit seiner Tochter, oder der Kaffeeklatsch einer alten Frau mit ihren Freundinnen gewesen war. Nichts davon fand statt. Außer dieser Mann, der eingezogen war. Der so fremd und unnatürlich in dieser Umgebung wirkte, auch weil er sich selten anders fühlte. Sein Tagesablauf war straff organisiert: Es gab keine Anrufe, jene von Vigilio wies er meist ab, kein anderweitiger Kontakt zur Außenwelt, denn selbst Edna bekam nur wenige Updates. Stattdessen pflegte er frühes Aufstehen, irgendwann zwischen vier und fünf, eine Tageszeit, die noch moderate Temperaturen garantieren konnte, welche ihm gestatteten, entweder am Strand spazieren zu gehen oder zu joggen. Erst in der dritten Woche, nachdem Leif eingezogen war, begann er im Garten zu essen. Dieser bewachsene Innenhof, ebenso wie der Vorgarten, waren nun etwas, das sich auch so nennen durfte. Der Rasen erholte sich, wollte allerdings auch täglich Unmengen an Wasser und die Rosen wuchsen mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit, wurden aber von Tag zu Tag schöner. Der Arzt begann zu verstehen, wieso Luceija sie Zeit ihres Lebens hier derart bewundert hatte und wieso sie eine Art Symbol geworden waren. Meistens kümmerte sich der Schwede selbst darum, doch zur Sicherheit - und weil er das Gegenteil eines grünen Daumens besaß - kam der Gärtner wenigstens einmal wöchentlich vorbei und schaute nach dem rechten. Gab dem Fremden Tipps und schwärmte, was sich auf diesem Grundstück noch alles würde umsetzen lassen, wenn er nur die Freigabe erhielt. Für den Moment wies Leif die Vorhaben ab und verwies mit Vigilios Bemerkung, sizilianische Frauen seien gefährlicher als jede Waffe darauf, dass die Hausherrin womöglich nicht damit einverstanden sei. Der Mann nickte jedes Mal wissend und war angenehm unaufdringlich, nahm die Einladung auf einen Espresso gern an, verschwand aber auch rasch wieder. Vielleicht auch mit Blick auf das Papier- und Datapad-Chaos, welches im gesamten Untergeschoss herrschte. Das Haus selbst war einwandfrei sauber, selbst das 'Labor' regelrecht hergerichtet, die ersten medizinischen Geräte schon ausgetauscht und besser verstaut, als ihre Vorgänger, aber niemand kam umhin zu sehen, wie viel und, zugegeben, verzweifelt hier gearbeitet wurde. Daten wurden von einfachem Papier in digitale Akten übertragen, durchgegangen, unterstrichen, unwichtige Notizen wenigstens in Papierform zerstört, mit Fragen und Verweisen an den Professor gesandt, was Leif oft Tagelang auf Antwort warten ließ, bevor er weiterarbeiten konnte. Am vorläufigen Ende seiner Übertragung und kurzfristigen Sichtung aller Dinge stellte sich jedoch heraus, dass durchaus funktionieren konnte, worauf er so großkotzig gesetzt hatte: Mehr Training als Medikamente, weg von Zellzerstörung und anschließender Erneuerung zur Biotik fähiger Neuronen, denn Letzteres war zu einem Automatismus des Körpers der Sizilianerin geworden, wie sich anhand Leifs eigener Daten - die er lange kaum zu interpretieren wusste, ohne dass er Sergios Vorarbeit kannte - hervorging. Er mailte seine Überzeugung Vigilio, wartete aber nicht auf Antwort, sondern schlief anderthalb Tages durch. Wach wurde er dank einer völlig trockenen Kehle, die ihn an den Rande des Erstickungstodes zu bringen schien und einer zu vollen Blase. Ganz davon abgesehen-...Roch er schlimmer als ein nasser Fuchs nach Dauerregen auf Proteus, was ein völlig irrsinniger Gedanke war, wenn man denn tatsächlich wieder dachte. Eben das versuchte der Schwede zu vermeiden. Weg von Gedankengängen, die zu Luceija führten, hin zu allem anderen. Weg von den Zweifeln, der Trauer, den Gewissensbissen. Am Ende der fünften Woche schrieb er Vigilio erneut. Erklärte, er könne langsam aber sicher einen Plan dafür aufstellen, seine Schwester in die richtige Richtung zu bringen. Zu ihm. Hin zu diesem Projekt, von dem sie vermutlich noch immer nichts wusste. Gemeldet hatte sie sich nie und Leif hatte es für besser befunden. Ihr recht gegeben und sich völlig auf die Arbeit konzentriert. Bevor ihm die Augen zufielen, verzog er sich für eine Stunde an den Strand, ging schwimmen, nahm irgendetwas essbares zu sich und arbeitete weiter, bis er einschlief. Irgendwann gingen analytische Arbeiten in einfache Hausarbeiten über. Wenige Sachen von Conti hatte er übernommen, vielleicht waren sie auch noch Teil des Haushaltes Vittore, wenigstens aber die ganze Küche hatte er ersetzt und eingerichtet, einen Esstisch gekauft, zu viele Stühle um ihn herum aufgestellt, sein Zimmer auf Vordermann gebracht und eines für Luceija vorbereitet. Alles wurde wohnlicher, aber alles sah zu sehr nach ihm aus. Roch nach ihm und war regelrecht steril, als nur sauber. Diese Eigenschaft konnte er nie ablegen, selbst dann nicht, wenn es das Haus gemütlicher machen würde.

    In der Mitte der sechsten Woche bekam er zum ersten Mal Post. Verwunderlich, denn das Tor wies auf keinen Bewohner hin und schriftliche Post an sich war längst verwunderlich. Sergios Schild war entfernt, gesäubert und poliert worden und hatte einen Platz in Luceijas - vermutlich zukünftigem - Zimmer gefunden. Seinen Namen hatte Leif draußen nicht verewigt. Und dennoch war da dieses Schreiben, unterzeichnet vom Präsidenten der Universität Palermos und dem Dekan der einschlägigen Fakultät, die da ausdrucksstark 'Facoltà di Medicina e Chirurgia' genannt wurde. Der Schwede musste nicht einmal im Ansatz Italienisch beherrschen, um zu begreifen, was das bedeutete. Und der Brief, überaus vornehm und gleichzeitig regelrecht altbacken, bat um ein Gespräch vor Ort, über das Angebot einer Lehrtätigkeit an der Universität selbst. Man schätzte die Kompetenz Leifs über alle Maßen (auch wenn man sie offensichtlich nur an den diversen Auszeichnungen messen konnte) und wies sofort darauf hin, dass man von Prozess und Strafmaß wisse, das Praktizieren jedoch nicht der Lehrtätigkeit glich und deshalb kein Zweifel bestehe, dass der Schwede ganz ausgezeichnet zur Fakultät passe. Ein wenig erschlagen, zeitgleich aber auch wenig motiviert, irgendwelchen geistigen Kartoffeln etwas über chirurgische Künste beibringen zu wollen, legte er den Brief ganze anderthalb Tage zur Seite, ehe er sich kurzerhand und weil er ohnehin in der Nähe war, etwas ZU früh am Vormittag im Büro des Dekans blicken ließ. Man war völlig überrascht von so viel schwedischer Spontaneität und überhaupt war die Zeit der Mittagspause, wie wenigstens Leif sie nannte, an der er allerdings kurzerhand teilnahm. Die Universität war unglaublich. Fachlich aufgestellt in der Region nicht zu übertreffen und im Bau eine Augenweide, auch wenn der Arzt sich viel lieber an den typisch klaren Linien schwedischer Architektur satt sah. Unter Umständen war es aber auch dieser Austausch. Dieser plötzliche Bruch der Stille, dieser Kontakt zu anderen Menschen, die ihm so ähnlich waren und ihn so an Abu und seine eigentliche Arbeit erinnerten, von der er sich vollends entfernt zu haben schien. Es verblieb damit, sich melden zu wollen, doch sein neuer, sizilianischer Fanclub mochte nicht ahnen, dass er nicht vorhatte, genau das zutun. Es wäre ein Traum, sich unter diesen Leuten wiederzufinden. In irgendeiner Form wieder zu arbeiten, aber-...Er erwartete Luceija. Vigilios Startschuss, wann es losgehen würde und diese Universität hatte das Zeug dazu, ihn zu sehr abzulenken.



    Talos - Bloom

    Sie wusste wirklich nicht, was sie erwartete. Denn egal wie lange sie hier saß, egal, wie viele Tage sie zurück gekommen war um am Hyde Park auf diese eine Stelle zu sehen, es änderte nichts. Weder an ihrer Situation, noch an dieser Leere in ihrem Inneren, die sie mit rein gar nichts zu füllen wusste. Viele ihrer Tage sahen unterdessen so aus, dass sie sich wenigstens wusch, anzog und in die Stadt lief. Immer zu Fuß, nie mit einem der angebotenen Autos und nur selten mit der Metro, die sie im Grunde nur benutzte, wenn sie sich ohnehin vornahm einfach nur Ziellos vom einen Ende der Stadt ins andere zu fahren und dabei die Oyster Card ihres Bruders bis aufs äußerste auszureizen.

    Die meiste Zeit aber war das zu Fuß gehen ihr bevorzugtes Fortbewegungsmittel. Sie streifte so gut wie jeden Tag durch dieselben Wege, schaffte sich eine eigene, ermüdende Routine dabei, an bekannte Orte zu laufen, bewusst oder unbewusst, die sie mit ihrer Beziehung zu Leif verband. Den Hyde Park. Das North Bent Hospital. Der Markt. Weil sie zu sehr und so naiv darauf hoffte, dass er eines Tages dort stehen würde, ähnlich wie nach Proteus, um einfach nur in ihrer Nähe zu sein, obwohl sie es war, die diese Verbindung zerstört hatte. Die alles was Hoffnung versprochen hätte im Keim erstickte, ihm klar machte, dass diese Beziehung endgültig keine mehr sein konnte, obwohl sich alles in ihr gegen diese Entscheidung wehrte und sie sichtlich darunter litt, was sie getan hatte.

    Diesen Fakt hatte sie auch vergessen, als es im Laufe der Zeit bessere Tage gegeben hatte als diesen. Sie hatte auf einen der vielen Spaziergänge einen alten Antiquitätenladen in einer Seitengasse entdeckt und schien interessiert, weil es einer der wenigen Shops war der heute noch alte Bücher verkaufte. Schon im Schaufenster lachten sie die Einzelstücke an und auch, wenn sie kaum geglaubt hatte etwas zu finden, was ihr zumindest die Leere irgendwie füllte, fand sie in einem Regal etwas, dass ihre Aufmerksamkeit erregte: Dante Alighieri. In einer wirklich wunderschönen Originalfassung mit Goldrand. Vermutlich super empfindlich. Viel zu teuer für das, was es für andere offensichtlich war, aber sie nahm es mit. Zeigte sogar so etwas wie ein kurzes Lächeln als ihre Finger über den Einband strichen. Nicht nur der Rand war wunderschön. Und sie kannte dieses Buch wirklich schon auswendig, hatte es so oft gelesen, dass sie im Grunde daraus zitieren konnte, aber sie wollte es. Dieses eine Objekt, dieses absolute Minimum an Besitz, dass sie sich leistete.

    Der kurze Moment der Freude löste eine kleine Kettenreaktion aus und lies sie wahrlich vergessen, dass sie diejenige gewesen war, die die heilige Beziehung zu Leif vollends vernichtet hatte: Ein Moment, der sie vollkommen umnachtet das Sprachlernpaket Italienisch – Schwedisch kaufen und herunterladen lies. Luceija war spätestens jetzt froh darum, dass Vigilio ihr genehmigt hatte, anstelle von Leif das Apartment zu benutzen und dort zu wohnen, bis Cerberus sie weiter verfahren ließ, denn das, was sie da, im Schneidersitz auf dem Bett, versuchte, vor sich hin zu brabbeln – nachzusprechen, was die sanfte und ja, irgendwie lustige, Männerstimme ihr vorsagte, war nichts, was irgendjemand aus ihrer Familie hätte hören sollen. Luci kam sich selbst lächerlich dabei vor es zu versuchen. Immer mehr. Obwohl sich die anfängliche Motivation noch über zwei Tage zog, dachte sie voller Frustration am Ende des zweiten Tages darüber nach, was sie da eigentlich tat. Sie schaffte es fast nicht mal Hur mår du?, also ein schwedisches ‚Wie geht es dir?‘ auszusprechen, trotz tatsächlicher Mühe, und verfiel immer wieder und viel zu stark in sizilianischen Dialekt. VERSTAND einfach nicht, was die Stimme von ihr wollte, VERSTAND nicht, wo der Schlüssel zu dieser Sprache liegen sollte und so löste Frustration die anfängliche Freude ab. Frustration. Dann Schmerz. Dann Trauer. Und mit neuen Tränen schwand auch der gesamte Erfolg, den sie sich innerhalb der letzten Zeit erarbeitet hatte. Von wegen ein guter Tag – es wurde alles nur noch schlimmer.

    Die Sizilianerin ging dazu über diese Läden künftig zu meiden. Stattdessen hatte sie sich etwa 14 Bücher über ihren Account bestellt und auf ein Datapad heruntergeladen. Hauptsächlich kulturelle Literatur, Klassiker, an die sie sich schon ihr ganzes Leben entlang gehangelt hatte, aber es war vermutlich von allem etwas dabei. Alles, was sie wenigstens ablenkte, wenn auch nicht interessierte.

    Einer ihrer Rückzugsorte die sie hatte war ein eine kleine, wie Italiener sie nannten, „Bar“ – Briten hätten es ein Cafè genannt. Der einzige Ort an dem sie sich angewohnt hatte jeden Morgen etwas zu trinken und dazu nicht zu ihrer Familie, zu Vigilio oder Zora musste, die sie ohnehin permanent in Beschlag nehmen zu versuchten. Der Laden gehörte einem Mailänder, der mit seiner Familie in die britische Metropole gezogen war und nicht verlegen an Worten schien. Den üblichen, kulturellen Diskurs hatten sie schnell durch – Mailand gegen Palermo konnte kaum eine Seite glücklich machen. Letztlich akzeptierte Luceija einfach das Gesicht des Mannes und der war froh, dass sich tatsächlich auch waschechte Italiener in seinen Laden verirrten, mit denen er wenigstens das ein oder andere Wort in seiner Muttersprache wechseln konnte. Und die eben keinen Cappuccino bestellten, wenn es nach 15 Uhr war. Zwar sprachen sie nicht viel, nicht über Gefühle, nicht groß über ihre Herkunft, nicht viel über ihre ihr in den Augen stehende Trauer, nicht darüber, dass sie fast jeden Morgen hier her kam. Aber es schien ihr einfach gut zu tun dieses bekannte Gesicht zu sehen, ohne zu wissen, warum es so war.

    Eine ähnliche Routine entwickelte sie mit vielen, langen Abenden, die sie mit Zigaretten und Bier oder Wein oder anderen Alkoholika in verrauchten, schmierigen Pubs verbrachte. Sie spielte dort Billard. Ganz alleine, nie gegen andere. Auch nicht gegen die, die sie herausfordern wollten um sie am Ende ins Bett zu kriegen. Sie ignorierte Kontakt, soweit es ging. Fing lieber Streit mit dem Barkeeper an, der sich immer beschwerte, wenn sie ihr Glas auf dem Rand der Platte abstellte, bis sie als Reaktion hierauf einmal eine Billardkugel nach dem Mann geworfen hatte – dieser sich gerade noch zu ducken wusste, aber einige Flaschen dabei zerstörte. Und sie danach Hausverbot hatte und sich mit eindeutigem Mittelfinger verabschiedete.
    Clubs waren eine weitere Alternative. In den die Musik laut genug war um ihre Sinne zu dämpfen. Bässe ihren Körper taub werden ließen, so wie die, ja, die Drogen, die sie nach wie vor nahm und keinen verdammten Grund fand, sie nicht zu nehmen. Weit weg von einem Exzess – Cerberus sah ihr immer irgendwie zu, so glaubte sie – aber sie brauchte diese Mittel wie die Luft zum Atmen. Tanzte auf starken Mitteln in den Mengen, bis Nächte zu Tagen wurden.

    Das schlimmste war: Nichts half. Rein gar nichts. Ihr erbärmlicher Schwedisch-Versuch riss ein noch tieferes Loch in ihre Seele. Hinterließ diese Hülle weiterhin. Jeder zündende Funke in ihr erstarb nach und nach bis einfach nichts mehr da war.

    Wartend auf einen Tag, der sie in fremde Hände legte und irgendwann, siechend und elendig krepieren ließ. Alles nur eine Frage der Zeit.
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  17. #57
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    Es war soweit. Zora, die wieder nicht mehr als Jeanshose und Shirt trug, die Füße in flache, schwarze Schuhe gehüllt, stand vor dieser Tür. Diesmal war sie geschlossen, längst repariert. Also blieb der Britin, deren Uhr siebzehn Uhr andeutete, nichts weiter, als zu klingeln. Eine ungewöhnliche Zeit, wenn man, wie Luceija, aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Besuch erwartete. Also war die Blonde geduldig. Wartete. Minute um Minute, bevor sie wieder klingelte. Ihr Forderung deutlicher machte, indem sie gegen die Tür trommelte. Laut genug, um es den Bewohner hören zu lassen, aber keine allzu große Aufmerksamkeit im Rest des Hauses zu erregen. Vermutlich kamen selten Gäste in diese Etage, geschweige denn gingen sie durch diese Tür. Sie selbst hatte das Apartment nur einmal innert der sechs Wochen betreten. Wenigstens dann, wenn man von Luceijas Abholung Richtung Poveglia absah. Damals hatte Zora kaum so lange warten müssen und sich - tatsächlich - weniger Sorgen gemacht. Svensson war da gewesen. Und egal was für ein Arschloch sie unter diesem Namen vor Augen hatte, irgendwie-...Auf irgendeine schräge Weise glaubte sie, ihre Schwägerin sei in diesen Händen immer sicher. Wie konnte sie eigentlich? Nach all dem, was passiert war? Oder dramatisierte sie schlicht, was sie beobachtet hatte und Luceija stets verharmloste? Es war wohl gleichgültig. Das was kam, passierte auf niemandes Wunsch, außer den Cerberus'. Es gab keinen anderen Weg, als wieder die Hand zu heben, anzusetzen und gegen diese Tür zu hämmern. Bis sie sich auftat. Die Italienerin, typischerweise ganz in schwarz gekleidet, vor ihr stand. Nicht grundlegend verändert, aber für den Moment ohne sichtbare Tränen. Es rang Zora ein Lächeln ab, bevor sie die Hand fast schüchtern zu einem Gruß hob. Ohne ein Wort die Tür weiter aufschob und in die Wohnung trat. Denn heute war es selbstverständlich, das sie es tat. Und das würde auch Luceija begreifen müssen, die sie jetzt ansah. Nickend. Ein schwarzes Stück Stoff aus der Tasche angelnd und zwischen sie haltend. "Du solltest jetzt deine Sachen packen.", riet die Blondine. "Nimm alles mit, was du in den nächsten Wochen brauchst. Den Rest-...Alles andere kann ich dir nachsenden, aber heute Abend wirst du mit mir kommen, Luci.", erklärte sie und fügte den Grund an, der vermutlich ohnehin längst klar war: "Es geht los."

    Kaum eine Stunde Shuttle-Entfernung weiter klingelte es nicht. Vigilio stand einfach in diesem Wohnzimmer, die - teilweise - neue Umgebung betrachtend, als sei so ein Sofa etwas völlig besonderes. Es war dabei Leif, der beinahe einen Herzinfarkt erlitt, als der Italiener, obgleich er den charakteristischen Anzug trug, zuerst nicht von ihm erkannt wurde. "Heilige Scheiße!", fluchte er in seiner Muttersprache und konnte dieses kurze, blaue flackern seiner Hände und Unterarme nicht verbergen, als er die Treppe heruntergekommen war, nur noch unweit entfernt von der letzten Stufe. "Ich hätte für das Tor wohl das Geburtsdatum deiner Mutter nehmen und hoffen sollen, dass du dir das nicht ganz so gut merken kannst, was?", schnaubte er und verzichtete auf eine Umarmung, weil er nach dem Duschen damit beschäftigt war, sich in dieses weiße Shirt zu schälen, das hier eigentlich kein Mensch brauchte. Genau wie die Hose, die er dennoch trug, weil er eigentlich vorgehabt hatte, das Haus zu verlassen. Doch jetzt war da Gil. Er und dieses Bier in seiner Hand und dieses Grinsen, das den Schweden seufzen ließ. "Also echt-...echt jetzt?", jammerte er und deutete auf die Tür. "In der verdammten Stadt verkaufen sie heut den ersten Schwung der neuen Singus-Staffel...", gab er schmollend zu, ergab sich aber bereits dem, was noch gar nicht erwähnt worden war.
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  18. #58
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    Es war soweit. Zora, die wieder nicht mehr als Jeanshose und Shirt trug, die Füße in flache, schwarze Schuhe gehüllt, stand vor dieser Tür. Diesmal war sie geschlossen, längst repariert. Also blieb der Britin, deren Uhr siebzehn Uhr andeutete, nichts weiter, als zu klingeln. Eine ungewöhnliche Zeit, wenn man, wie Luceija, aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Besuch erwartete. Also war die Blonde geduldig. Wartete. Minute um Minute, bevor sie wieder klingelte. Ihr Forderung deutlicher machte, indem sie gegen die Tür trommelte. Laut genug, um es den Bewohner hören zu lassen, aber keine allzu große Aufmerksamkeit im Rest des Hauses zu erregen. Vermutlich kamen selten Gäste in diese Etage, geschweige denn gingen sie durch diese Tür. Sie selbst hatte das Apartment nur einmal innert der sechs Wochen betreten. Wenigstens dann, wenn man von Luceijas Abholung Richtung Poveglia absah. Damals hatte Zora kaum so lange warten müssen und sich - tatsächlich - weniger Sorgen gemacht. Svensson war da gewesen. Und egal was für ein Arschloch sie unter diesem Namen vor Augen hatte, irgendwie-...Auf irgendeine schräge Weise glaubte sie, ihre Schwägerin sei in diesen Händen immer sicher. Wie konnte sie eigentlich? Nach all dem, was passiert war? Oder dramatisierte sie schlicht, was sie beobachtet hatte und Luceija stets verharmloste? Es war wohl gleichgültig. Das was kam, passierte auf niemandes Wunsch, außer den Cerberus'. Es gab keinen anderen Weg, als wieder die Hand zu heben, anzusetzen und gegen diese Tür zu hämmern. Bis sie sich auftat. Die Italienerin, typischerweise ganz in schwarz gekleidet, vor ihr stand. Nicht grundlegend verändert, aber für den Moment ohne sichtbare Tränen. Es rang Zora ein Lächeln ab, bevor sie die Hand fast schüchtern zu einem Gruß hob. Ohne ein Wort die Tür weiter aufschob und in die Wohnung trat. Denn heute war es selbstverständlich, das sie es tat. Und das würde auch Luceija begreifen müssen, die sie jetzt ansah. Nickend. Ein schwarzes Stück Stoff aus der Tasche angelnd und zwischen sie haltend. "Du solltest jetzt deine Sachen packen.", riet die Blondine. "Nimm alles mit, was du in den nächsten Wochen brauchst. Den Rest-...Alles andere kann ich dir nachsenden, aber heute Abend wirst du mit mir kommen, Luci.", erklärte sie und fügte den Grund an, der vermutlich ohnehin längst klar war: "Es geht los."


    Es schien kaum möglich, dass einem Menschen so sehr das Herz in die Hose rutschen konnte, wie es bei Luceija nun der Fall gewesen war. Die letzten Tage waren von so absoluter Neutralität versehen, dass es schon beinahe, irgendwie, in irgendeiner Welt als angenehm hätte durchgehen können. Die weniger hohe Scheiße in einem Pool aus Unrat. Sie hatte sich an einen ungesunden Schlafrhythmus gewöhnt - den, fast gar nicht zu schlafen und dann beinahe zwei Tage durch - und immer noch kaum gegessen, erst recht nicht regelmäßig. Aber die Nacht die sie hinter sich gehabt hatte war seit so langem die erste Nacht gewesen, in der sie ruhig geschlafen hatte. Ohne einen Alptraum. Ohne mitten in der Nacht schreiend wach zu werden. Ohne kotzen zu müssen. Ohne zu weinen. Und ohne...sein Gesicht zu sehen, welches sonst jede einzelne, verdammte Sekunde vor ihrem geistigen Auge klebte.
    Heute hatte sie diese gewohnte, sehr gern getragene, schwarze Synthetikhose an und das graue, längere Shirt, welches sehr angenehm war aber mittlerweile drohte ein bisschen zu groß zu werden. Dafür aß sie einfach zu wenig. Hungerte, obwohl sie ohnehin schon dürr war. Verschmähte selbst beste, italienische Hausmannskost bei ihrer Familie, die sie nur einmal zu einem solchen Anlass besuchte. Als sie sich an den Tisch gesetzt hatte und dann Hayden begeistert und voller Stolz verkündet hatte, dass sie 'mal etwas neues ausprobiert habe' und 'Schwedische Hackbällchen' gekocht hatte, warf ihre leibliche Tochter das Besteck formlos auf den Tisch, hob die Brauen mit einem 'das geb ich mir nicht'-Ausdruck, stand auf und verließ das Haus. Ihr Bruder folgte ihr, wollte sie beruhigen, obwohl sie nicht aufgebracht schien, aber ließ es schließlich gut sein und sie ziehen. Danach hielt sich der Kontakt auf einem Minimum zwischen Gil, einmal kurz Gaius und Don. Zora sah sie nun zum ersten Mal seit langem wieder und dann war es diese Nachricht, die die Blondine ihr überbrachte.

    Luceijas Sinne überreizten sich. Ihr wurde wieder übel - so wie schon seit Wochen, nur stärker. Beim Gedanken an dieses neue Leben konnte sie kaum etwas wie Freude verspüren. Ihre Schwägerin würde die Panik in Lucis Augen erkennen. Erkennen, dass sie gerade einen verhältnismäßig guten Tag zerstört hatte. Sie nickte zittrig. Besah den Boden. Schien darüber nachzudenken, was sie brauchte. Ob sie etwas brauchte. Ob ihr Körper nicht genug war.

    Nicht ganz, entschied sie und griff zu ihrer einzigen Sporttasche. Das Schwarz-Türkise Exemplar diente bereits auf Proteus als praktisches Reiseutensil, dass sie nun mit wenig Inhalt füllte. Ihrer Kleidung, die wahrlich nicht so zahlreich ausfiel wie man hätte glauben können, etwas wie ein kleiner Kulturbeutel, der kaum viele Dinge beinhaltete, das Buch, welches sie sich gekauft hatte. Schnell wirkte das Apartment so tot wie ihre Seele. Leblos. Selbst durch das zerkrumpelte Laken.
    "Weißt du, wo ich hingebracht werde..?", wollte sie leise wissen und signalisierte, wie unwohl ihr war. Nur langsam schnappte sich die Sizilianerin ihre Lederjacke und schlüpfte in die gewohnten und geliebten Stiefel.
    Das hier konnte nicht gut ausgehen...
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  19. #59
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    Kaum eine Stunde Shuttle-Entfernung weiter klingelte es nicht. Vigilio stand einfach in diesem Wohnzimmer, die - teilweise - neue Umgebung betrachtend, als sei so ein Sofa etwas völlig besonderes. Es war dabei Leif, der beinahe einen Herzinfarkt erlitt, als der Italiener, obgleich er den charakteristischen Anzug trug, zuerst nicht von ihm erkannt wurde. "Heilige Scheiße!", fluchte er in seiner Muttersprache und konnte dieses kurze, blaue flackern seiner Hände und Unterarme nicht verbergen, als er die Treppe heruntergekommen war, nur noch unweit entfernt von der letzten Stufe. "Ich hätte für das Tor wohl das Geburtsdatum deiner Mutter nehmen und hoffen sollen, dass du dir das nicht ganz so gut merken kannst, was?", schnaubte er und verzichtete auf eine Umarmung, weil er nach dem Duschen damit beschäftigt war, sich in dieses weiße Shirt zu schälen, das hier eigentlich kein Mensch brauchte. Genau wie die Hose, die er dennoch trug, weil er eigentlich vorgehabt hatte, das Haus zu verlassen. Doch jetzt war da Gil. Er und dieses Bier in seiner Hand und dieses Grinsen, das den Schweden seufzen ließ. "Also echt-...echt jetzt?", jammerte er und deutete auf die Tür. "In der verdammten Stadt verkaufen sie heut den ersten Schwung der neuen Singus-Staffel...", gab er schmollend zu, ergab sich aber bereits dem, was noch gar nicht erwähnt worden war.


    "...seit wann hast du was gegen Bier, hm? Und was das Passwort angeht glaube ich, dass deine Nachbarin den Code bereits an die halbe Nachbarschaft verteilt hat. Vielleicht solltest dus nochmal ändern. Stand nämlich offen.", machte er klar. "Vielleicht macht dich die Phase ohne Arbeit auch einfach so mürbe im Kopf, dass du vergessen hast sie zu schließen. Und...wow. Ist das Sonnenbrand?", wollte er wissen und hob dafür kurz die Sonnenbrille an um Leif genau zu begutachten.
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  20. #60
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    Es schien kaum möglich, dass einem Menschen so sehr das Herz in die Hose rutschen konnte, wie es bei Luceija nun der Fall gewesen war. Die letzten Tage waren von so absoluter Neutralität versehen, dass es schon beinahe, irgendwie, in irgendeiner Welt als angenehm hätte durchgehen können. Die weniger hohe Scheiße in einem Pool aus Unrat. Sie hatte sich an einen ungesunden Schlafrhythmus gewöhnt - den, fast gar nicht zu schlafen und dann beinahe zwei Tage durch - und immer noch kaum gegessen, erst recht nicht regelmäßig. Aber die Nacht die sie hinter sich gehabt hatte war seit so langem die erste Nacht gewesen, in der sie ruhig geschlafen hatte. Ohne einen Alptraum. Ohne mitten in der Nacht schreiend wach zu werden. Ohne kotzen zu müssen. Ohne zu weinen. Und ohne...sein Gesicht zu sehen, welches sonst jede einzelne, verdammte Sekunde vor ihrem geistigen Auge klebte.
    Heute hatte sie diese gewohnte, sehr gern getragene, schwarze Synthetikhose an und das graue, längere Shirt, welches sehr angenehm war aber mittlerweile drohte ein bisschen zu groß zu werden. Dafür aß sie einfach zu wenig. Hungerte, obwohl sie ohnehin schon dürr war. Verschmähte selbst beste, italienische Hausmannskost bei ihrer Familie, die sie nur einmal zu einem solchen Anlass besuchte. Als sie sich an den Tisch gesetzt hatte und dann Hayden begeistert und voller Stolz verkündet hatte, dass sie 'mal etwas neues ausprobiert habe' und 'Schwedische Hackbällchen' gekocht hatte, warf ihre leibliche Tochter das Besteck formlos auf den Tisch, hob die Brauen mit einem 'das geb ich mir nicht'-Ausdruck, stand auf und verließ das Haus. Ihr Bruder folgte ihr, wollte sie beruhigen, obwohl sie nicht aufgebracht schien, aber ließ es schließlich gut sein und sie ziehen. Danach hielt sich der Kontakt auf einem Minimum zwischen Gil, einmal kurz Gaius und Don. Zora sah sie nun zum ersten Mal seit langem wieder und dann war es diese Nachricht, die die Blondine ihr überbrachte.

    Luceijas Sinne überreizten sich. Ihr wurde wieder übel - so wie schon seit Wochen, nur stärker. Beim Gedanken an dieses neue Leben konnte sie kaum etwas wie Freude verspüren. Ihre Schwägerin würde die Panik in Lucis Augen erkennen. Erkennen, dass sie gerade einen verhältnismäßig guten Tag zerstört hatte. Sie nickte zittrig. Besah den Boden. Schien darüber nachzudenken, was sie brauchte. Ob sie etwas brauchte. Ob ihr Körper nicht genug war.

    Nicht ganz, entschied sie und griff zu ihrer einzigen Sporttasche. Das Schwarz-Türkise Exemplar diente bereits auf Proteus als praktisches Reiseutensil, dass sie nun mit wenig Inhalt füllte. Ihrer Kleidung, die wahrlich nicht so zahlreich ausfiel wie man hätte glauben können, etwas wie ein kleiner Kulturbeutel, der kaum viele Dinge beinhaltete, das Buch, welches sie sich gekauft hatte. Schnell wirkte das Apartment so tot wie ihre Seele. Leblos. Selbst durch das zerkrumpelte Laken.
    "Weißt du, wo ich hingebracht werde..?", wollte sie leise wissen und signalisierte, wie unwohl ihr war. Nur langsam schnappte sich die Sizilianerin ihre Lederjacke und schlüpfte in die gewohnten und geliebten Stiefel.
    Das hier konnte nicht gut ausgehen...


    Für den Moment hielt sie der Schwarzhaarigen nur die Tür auf. Antwortete nicht und schloss das Apartment geräuschvoll hinter sich. Wie ein Gong, der den ersten Schritt auf dem Weg zur Schlachtbank symbolisierte. Fühlte es sich für Luceija so an? Ihre Körperhaltung behauptete es, auch dann noch, als sie ihre Tasche in den Kofferraum des Wagens verfrachteten, der sie zum Flughafen bringen würde. Zora deutete an, ihre Schwägerin solle auf der Rückbank Platz nehmen, dann ließ sie sich selbst dort neben ihr nieder. Erst jetzt nickte sie. "Ja, ich weiß es.", gab sie zu. "Aber ich bin angehalten worden, dir nichts zu sagen. Und-...dir das hier anzulegen.", erklärte die Britin, die den schwarzen Stoff wieder hervorholte, der ganz offensichtlich eine Augenbinde war. Kein Teil des Weges sollte für Luceija sichtbar sein. Nicht, weil er im Nachhinein so geheim bleiben sollte, sondern weil sie 'Schwierigkeiten' bei der Anreise vermeiden wollten.
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