Viele Spieler kritisieren FO 4 ja wegen der Handlung der Haupt-Kampagne und bezeichnen sie als die wohl schlechteste der gesamte Franchise. Auch steht FO 4 für viele Spieler als Beweis, dass Bethesda endgültig jegliche Fähigkeiten, eine Geschichte zu erzählen, verloren hat.
Der Fairness halber lasse ich im darauffolgenden Text einmal FO 1&2 von Interplay/ Black Isle außen vor, gleiches gilt für NV von Obsidian (oder FO 74, das überhaupt keine Handlung hat), und beschränke mich ausnahmslos auf Bethesdas FO Teile.
Wenn man jetzt also die Handlung von FO 3 mit der von FO 4 vergleicht, ist FO 3 tatsächlich seinen direkten Nachfolger derart überlegen?
- In FO 3 flieht der Protagonist aus einer Vault, um in der Außenwelt nach seinen Vater, James, zu suchen. James ist wiederum auf der Suche nach dem, aus FO 2 bekannten, G.E.C.K., um mit ihm das radioaktive verseuchte Wasser des Ödlands rund um Washington (nach 200 Jahren) wieder trinkbar zu machen.
Die aus FO 2 ebenso bekannte Enklave übernimmt dabei erneut die Rolle der Bösen, welches dieses Vorhaben aus reiner Boshaftigkeit verhindern wollen, und die ebenfalls aus FO 1&2 bekannte Brotherhood of Steel mimen nun die goody two shoes, um dieses Vorhaben heldenhaft, aufopferungsbereit, und aus reiner Nächstenliebe zu unterstützen.
- In FO 4 flieht der Protagonist aus einer Vault, um in der Außenwelt nach seinen Sohn, Shawn, zu suchen. Dabei gerät er in den Machtkampf dreier Fraktionen um das Commonwealth, der erneut auftretenden (und wieder zu ihren Selbst, aus FO 1&2 sowie NV, zurückgekehrten) Brotherhood of Steel, der Railroad, und den Institut, welche allesamt unterschiedliche Ideologien verkörpern, was den Umgang mit den sogenannten Synth betrifft.
Zudem erhält der Protagonist automatische Unterstützung von den, sich aus diesen Konflikt heraushaltenden, Minuteman, welche diesmal die goody two shoes mimen und in dieser Funktion als einzige Fraktion unantastbar und nicht in Frage zu stellen sind.
Was als erstes Auffallen dürfte ist, dass FO 3 eine sehr einfältige Gut vs. Böse Mär zeichnet, die an schwarzweiß Malerei nicht mehr zu übertreffen ist, während FO 4 versucht es seinen indirekten Vorgänger, Obsidians NV, gleich zu tun, und stattdessen einen politischen Plot malen möchte, mit drei Fraktionen die sich weniger durch Gut vs. Böse unterscheiden als vielmehr ihrer persönlichen Ethik.
Die unantastbare Alternative in FO mit den Minuteman gab es zwar auch bereits in Obsidians NV, in Gestalt, des 'Yes-Man', sollte der Spieler dort keine der anderen drei Fraktionen unterstützen wollen. Doch während Obsidian den Spieler im Epilog mit den Twist konfrontiert, dass es sich bei den 'Yes-Man' in Wahrheit um eine böse Super-K.I. gehandelt hat, wie z.B. Skynet in den 'Terminator'-Filmen, und er somit die denkbar schlechtestes Wahl getroffen hat, bleiben die Minuteman in Bethesdas Werk patriotische amerikanische Helden mit Heiligenschein. So dass Bethesda zumindest was die Minuteman betrifft, zu jener einfältigen Erzählweise von FO 3 zurückkehrt.
Gemeinsam haben FO 3&4, dass sich Bethesda erst überhaupt nicht die Mühe macht die Motive und Hintergründe der einzelnen Fraktionen zu erläutern. In FO 3 sind die Brotherhood of Steel schlicht die Guten und die Enklave schlicht die Bösen aufgrund der EXTREMEN Verkörperung jedes entsprechenden Klischees, und in FO 4 soll der Spieler die Fraktionen lediglich darauf bewerten, wie ihre Ethik zu den Thema Synth aussieht.
Warum, Weshalb, Weswegen besagte Fraktionen tun was sie tun, oder was ihre Taten als großes Ganzes bewirken könnten, wird in beiden Teilen nicht einmal angesprochen. So dass man BEIDEN Spielen lediglich die selbe mangelhafte bzw. extrem oberflächliche Erzählstruktur vorwerfen kann.
Auf der persönlichen Ebene hingegen sucht in FO 3 ein Kind sein Elternteil, während in FO 4 ein Elternteil sein Kind sucht. So dass sich hier lediglich die Frage stellt, ob DER SPIELER sich dabei selber eher in die Rolle eines solchen Kindes oder eines solchen Elternteils hineinversetzen kann. In beiden Fällen stirbt das gesuchte Familienmitglied aber im Verlauf der Haupt-Kampagne unausweichlich, und das verbliebene muss lernen ohne weiterzuleben. So dass beide Suchen im Nichts enden, und besagtes Familienmitglied als das entlarvt wird, was es in Wahrheit ist, die typische Karotte, nach welchen der Protagonist jagt, um die EIGNTLICHE Handlung am Wegesrand zu erleben.
So geht es in FO 3 nicht darum, dass ein Kind seinen Vater findet, sondern DARUM dass das Ödland um die Hauptstadt Washington mit Hilfe des G.E.C.K. wieder trinkbares Wasser bekommt.
So geht es in FO 4 nicht darum, dass ein Elternteil sein Kind wiederfindet, sondern DARUM dass besagtes Elternteil die Zukunft für die Synth und somit des gesamten Commonwealth bestimmt.
Beide FO Teile setzen somit auf ein empathisches Thema abseits familiären, auch wenn zu Beginn das Gegenteilige den Anschein hat, welches den Spieler dazu bringen soll sich mit den fiktiven Geschehen soweit zu beschäftigen, dass es ihn kümmert was AUS DER MASSE wird.
Trinkbares Wasser für hunderte von Menschen in FO 3, und die Frage nach den Überleben eines ganzen Spezies in FO 4.
Während FO 3 allerdings in der Nachvollziehbarkeit scheitert, warum trinkbares Wasser nach über 200 Jahren auf einmal für die Einwohner des Ödlandes von Bedeutung sein SOLL, wo sie die letzten 200 Jahre doch offensichtlich auch ohne überlebt haben, schafft es FO 4 zumindest den Spieler mit den Gedanken zu konfrontieren: Sind künstliche Menschen echte Lebewesen, haben sie daher die selben Rechte wie echte Menschen verdient, oder stellen sie stattdessen sogar eine Gefahr dar?
Und wenn man ALLE diese Punkte vergleicht, und DABEI berücksichtigt, dass beide Handlungen Bethesdas in FO von der Schreibweise... ähem... ich sage einmal: nicht unbedingt Literaturpreis verdächtig sind, würde ich persönlich sagen, dass zumindest FO 4 DIE BESSERE Geschichte gegenüber FO 3 erzählt.
Anders als FO 3 steht FO 4 soweit auf eigenen Beinen, dass es in der Haupt-Kampagne lediglich die Brotherhood of Steel wiederverwertet, während die Railroad, das Institut und die Minuteman, sowie die Frage nach der Daseinsberechtigung der Synth, neue Elemente innerhalb der Franchise sind, während FO 3 nicht nur mit der Suche nach den G.E.C.K. und der Enklave als den Hauptantagonisten den Plot von FO 2 (in Schlechter) wiederverwertet, sondern auch wohl die einfältigste Mär der gesamten Franchise erzählt, indem ausgerechnet die Brotherhood of Steel dort zu goody two shoes umgeschrieben werden um den Spieler den typischen patriotischen amerikanischen Helden mit Heiligenschein zu liefern.
Auf der haben Seite verbucht FO 3 für mich lediglich den Einstieg, das Tutorial in der Vault, welcher nicht nur erzählerisch den Einstieg, den Tutorial, in FO 4 bei Weiten überlegen ist, da der Spieler quasi das 'gesamte' Leben seines Protagonisten, bis zur Flucht aus der Vault, mit ihn durchlebt, und somit eine besondere Verbindung zu diesen aufbaut, sondern aus den selben Grund der BESTE EINSTIEG, das beste Tutorial, der gesamte Franchise ist.
Und wer von euch könnte DEN Moment vergessen, wenn der Protagonist in FO 3 das erste Mal aus der Vault an der Oberfläche gelangt, und, zuerst noch vom Sonnenlicht geblendet, dann die Ruinen des zerstörten Washington in weiter Ferne vor sich erblickt? Kein anderer FO Titel kommt diesen Moment nah.
Doch reicht dieser EINE Moment aus um die gesamte darauf folgende Haupt-Kampagne zu retten? Ich denke nicht.
Wie seht ihr das?
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