Saenia Yukhi Hanna Vincent
Nachdenklich strich sich Thadera mit dem Zeigefinger über die längliche Narbe die sich über ihre linke Wade zog. Man hatte sie auch ins Tayseri gebracht, wo die Wade behandelt worden war. Sie hatte Glück gehabt, keine Sehne war verletzt worden. Nur Fleisch und eine Überdehnung der Bänder. Auch wenn sie nach Aussage des Arztes nur knapp an einer Verletzung der Arterie vorbeigeschrammt war. Und durch die anschließende Belastung wäre fast etwas geplatzt. Die Sportlerin verschwendete jedoch keinen Gedanken mehr daran. Es war verheilt, sie musste nochmal zur Nachuntersuchung und die Sache war erledigt.
Ihr Blick wanderte gedankenverloren zwischen der dünnen Narbe und dem Bildschirm an ihrer Wohnzimmerwand entlang. Live- Übertragungen aus dem Katastrophengebiet, Bilder des Schreckens und der Zerstörung. Ja man konnte es drehen und wenden wie man wollte, die ganze Angelegenheit war nicht gut verlaufen.
Betroffen starrte sie auf die Trümmer des "Green Heart", ausgelöscht ohne besonderen Grund, die Bergungsarbeiten würden Tage dauern. Und der Wiederaufbau vermutlich mehrere Monate. Viel Arbeit für Vox, falls er überhaupt den Sturm überstehen würde der zweifellos noch auf ihn zukommen würde. Sie streifte das Hosenbein wieder über die Wade und lehnte sich in ihr Sofa zurück. Vielleicht konnte sie ja dem Turianer die Hilfe einer ihrer Stiftungen anbieten, ihn beim Wiederaufbau unterstützen. Sie schüttelte den Kopf. Ein guter Gedanke, aber nutzlos solange diese Irre noch frei über die Station lief. Braelyn. Wie sie diese Frau verachtete.
Eigentlich wäre diese Situation perfekt um etwas zu trinken, doch die Asari hatte die letzten beide Tage nichts angerührt. Sie musste fokussiert bleiben, irgendwann würde die Turianerin wieder ihr hässliches Gesicht zeigen. Darin war sie sich sicher, genauso wie sie fest entschlossen war dann erneut die Konfrontation zu suchen. Auch wenn es unwahrscheinlich war das man sie erneut mitspielen ließ, jetzt wo diese eindeutig sportuninteressierte Spectre das Kommando hatte. Thadera wusste selbst das sie von der bunten Truppe wohl am wenigsten Erfahrung für solche Unterfangen hatte, jedoch hatten auch diese knallharten Elitesoldaten beim letzten Mal genauso versagt wie sie.
Das Summen ihres Omni Tools riss sie aus ihren Gedanken. Genervt blickte sie auf das orange Display, sicherlich niemand den sie hören wollte. Dann entspannte sich jedoch ihre finstere Miene und sie nahm den Anruf an.
"Ja Schwesterherz?", begrüßte sie die andere Asari am Ende der Leitung freundlich.
"Thadera, gut deine Stimme zu hören. Ich bin gerade von einer Studie zurück und hatte von der Explosion des Green Heart gehört. Geht es dir gut?", erkundigte sich Elaveria besorgt.
"Mir geht es gut Ela. Alles in Ordnung.", beruhigte die Sportlerin die Asari und machte den Monitor aus.
"Das ist gut, wenigstens eine gute Nachricht von der Citadel. Gut das du Mutter nichts von deinem Besuch dort erzählt hast. Die Frage mag unsensibel angesichts der vielen Tode klingen, aber konntest du die Angelegenheiten wegen Zari klären?", fragte Elaveria vorsichtig nach.
"Wir organisieren eine Trauerfeier für sie, wann ist angesichts der Umstände fraglich. Ich muss noch ein paar Dinge klären, Lara lädt das Team ein. Dann können wir ihr die letzte Ehre erweisen.", antwortete Thadera nach kurzer Bedenkzeit.
"Das klingt gut, wenn du mir den Termin schickst schau ich das ich vorbeikommen kann. Was musst du denn alles noch erledigen?"
"Formalitäten, ein paar Sachen die Zari aufgrund ihres Todes nicht klären konnte.", umschrieb es die Sportlerin diplomatisch.
"In Ordnung, melde dich wenn du Hilfe brauchst. Und pass bitte auf dich auf, gerat bloß nicht in Schwierigkeiten."
"Du kennst mich doch. Bis bald. ", scherzte Thadera gelassen. "Ebendrum. Bis bald Thadera.", verabschiedete sich Elaveria.
Thadera beendete das Gespräch und starrte in ihre Wohnung. Ja, sie konnte sich noch nicht von Zari verabschieden. Vorher musste Braleyn ihre Leben aushauchen, entweder durch ihre Hand oder durch eine andere.
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"In Ordnung, die Narbe ist absolut sauber. Alles ist gut verheilt und ihre Bänder sind auch wieder in Ordnung. Sie können das Bein wieder normal belasten. Und wegen der Narbe können ihnen sicherlich die Kollegen von der plastischen helfen.", erklärte die Ärztin wohlwollend und lächelte.
"Wegen dem kleinen Ding?", fragte Thadera und schüttelte mit dem Kopf. Langsam krempelte sie das Hosenbein wieder herunter.
"Das kann ruhig bleiben, erinnert mich daran vorsichtig zu bleiben.", ergänzte sie lässig und erhob sich von der Liege.
"Wie sie wollen. Ich hoffe sie hatten kein Problem mit den Journalisten, die machen uns die Arbeit hier nicht umbedingt leicht.", erkundigte sich die Ärztin höflich und tippte etwas auf einem Pad ein. Thadera schüttelte mit dem Kopf.
"Glücklicherweise halten die Ratten dort mehr nach Turianern Ausschau, vor allem die mit roten Platten.", antwortete die Asari mit leichter Verachtung in der Stimme. Es war schön das man bei C-Sec ihre Beteiligung in der Sache unter Verschluss hielt, sonst hätten hier sicher noch mehr Reporter vor der Tür gelauert. Generell waren die Beamten bisher sehr zurückhaltend gewesen, sie musste nur angeben wo sie sich gerade aufhielt und wenn sie irgendwo hin wollte. Ähnlich wie bei Doping Kontrolleuren, auch wenn vor Einschaltung ihrer Anwälte auch eine Art Bewegungsmelder im Gespräch gewesen war.
Nachdem sie das Behandlungszimmer verlassen hatte, schritt Thadera gedankenverloren durch die Gänge des Tayseri. So richtig wusste sie nicht was sie jetzt tun sollte, nach Hause gehen und dort rumhocken?
Dann fiel ihr ein das Vhan ja immer noch hier im Krankenhaus war, wieder genesen aber teilnahmslos. Auf jedenfall hatte man ihr das erzählt. Die Asari war froh das der Turianer überlebt hatte, wenigsten eine ihrer Aktionen im Devils Tip war nicht sinnlos gewesen. Nachdenklich blieb sie auf dem Flur stehen. Vielleicht sollte sie die Gelegenheit nutzen um ihm einen Besuch abzustatten. Ob ihn das freuen würde?
Vermutlich nicht, die beiden kannten sich ja kaum, aber ärgern würde es ihn wohl auch nicht. Thadera zuckte mit den Schultern, einen Versuch war es wert.