Cherenkov
Nachdenklich betrachtete die Japanerin das Gruppenfoto welches Cherenkov aufgerufen hatte. Es war wirklich nichts besonderes, hätte mühelos als Mitarbeiterfoto eines Pharmazieunternehmens durchgehen können. Wäre da nicht dieses Cerberus Symbol auf der Brust gewesen. Selbstverständlich hatte der Russe recht, man konnte nicht alle bei Cerberus über einen Kamm scheren, doch irgendwie hinterließ die Erwähnung der Organisation immer einen faden Beigeschmack. Ihr Blick lief von links nach rechts, musterte die Gesichter und blieb zum Schluss bei Ward hängen. Ein wenig jünger als der Mann den sie erst vor wenigen Stunden getroffen hatte, aber deutlich als dieser erkennbar. Wirkte ganz harmlos, wie alle Anwesenden auf dem Foto. Aber was hieß das schon, ein Foto sagte nichts über die Tätigkeiten eines Mannes aus, über seine Vorstellungen und Ziele.
"Die Wissenschaftler von Einheit 731 wirkten auf Aufnahmen auch normal.", schoß es der Japanerin kurz durch den Kopf, bevor sie sich wieder den Ausführungen des Russen widmete.
Schließlich beendete Cherenkov seine Einschätzung über Doktor Ward, eine recht vernichtende Einschätzung wie Akina fand. Die Japanerin hatte sich gegen die Lehne ihres Stuhls gelehnt und leicht grübelnd ihren Zeigefinger an die Schläfe gelegt. Sie hatte jetzt unterschiedliche Aussagen zu dem medizinischen Leiter gehört, von Iiyama, Cherenkov und Ward selbst. Fehlendes Einfühlungsvermögen schien bei allen drei der Konsens zu sein, beim Rest gab es gravierende Unterschiede. Wie so häufig lag die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen, man musste sie nur finden. Jedoch war die Befähigung des Doktors nicht Aufgabe ihrer Ermittlungen, zumindestens hatte Akina das bisher angenommen. Jetzt war sie sich da nicht mehr ganz sicher, denn wenn der Brite seinen Anteil an den Vorfällen hatte galt es das natürlich zu beweisen. Und falls er ein "wahnsinniges Pulverfass ohne Skrupel" war, so könnte es unter seiner Führung weitere Vorfälle geben. Wenn, könnte, vielleicht. Bisher war es nur ein leichter Verdacht, ein mögliches Puzzleteil in diesen Ermittlungen. Akina war sich sicher das sie erst an der Oberfläche kratzte, die Frage würde wohl so sein wo sie anfangen musste zu graben. Leider hatte Cherenkov nur Vermutungen und keine Fakten.
Doch er war kooperativ, ein guter Anfang für eine mögliche Zusammenarbeit, an gewisse Eigenheiten musste sie sich wohl noch gewöhnen.
"Nun ich danke ihnen für ihre ehrliche Einschätzung Lieutenant.", bedankte sie sich mit einem höflichen Lächeln.
"Letztendlich werde ich mir wohl selbst meine Meinung über diesen Mann bilden müssen, aber es ist hilfreich die Perspektive von jemanden zu hören der schon länger mit ihm arbeitet.", fügte sie anerkennend an. Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf, während der Russe weiterhin leicht pendelte.
"Ich sehe schon, es wird eine Weile dauern sich hier einzuarbeiten.", reüssierte die Japanerin und schnaufte kurz angespannt.
"Aber ich denke wir werden gut zusammenarbeiten.", verkündete Akina optimistisch und schenkte dem Russen einen wohlwollenden Blick.
"Ich würde sie dann auch wohl erstmal wieder arbeiten lassen, man wird sich die nächsten Tage wohl häufiger sehen. Zum Abschluß, haben sie vielleicht noch einen Rat oder Empfehlung worauf ich in dieser Station achten muss? Oder Personen mit denen sich ein Gespräch anbieten würde?", fragte sie Cherenkov wobei sie sich langsam zum Aufbruch bereit machte.