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    Irenicus-Bezwinger  Avatar von MiMo
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    Post [Story]Turm mit Moos - Hut mit Loch

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Personen:
    A: Joe
    B: Rengaru
    C: Lehmar
    D: Meldor

    Gegenstände:
    A: Schlüssel
    B: Blutbespritzter Hut mit Loch
    C: Die Tränen von Jhakardia

    Orte:
    A: Jener Turm in Khorinis
    B: Lehmars Geldverleih
    C: Kaserne

    Gebrechen:
    A: Grünflechte
    Geändert von MiMo (15.04.2019 um 20:49 Uhr)

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    Als der Schlüssel sich knirschend im Schloss drehte, schreckte Joe aus seinem Schlaf. Die Tür öffnete sich und zum ersten Mal seit Tagen, nein, Wochen durchbrach ein Strahl Sonnenlicht die Düsternis des Turms. Seit Rengaru ihn vor ungezählten Tagen hier eingesperrt hatte - zweiffellos, um ihn für immer zum Schweigen zu bringen - hatte niemand die Tür geöffnet. Doch nun war der Moment gekommen. Und Joe lebte. Bei diesem Gedanken huschte ein breites Grinsen über sein Gesicht. Er hatte ausgeharrt und nun war seine große Stunde gekommen.
    "Hey, wer bist du? Was machst du in diesem Turm?", fragte die Stadtwache verdutzt, als sie ihn entdeckte.
    Joe dachte gar nicht daran, sich zu verstecken. Er erhob sich von seiner Kiste und wankte ins Licht.
    "Bei Beliar, was ist mit deinem Gesicht passiert?!", schrie die Wache ihn an und sprang von dem Türloch zurück.
    "Lauf um dein Leben, sonst steck ich dich an!", entgegnete Joe und lachte keckernd. Augenblicklich war die Wache verschwunden.
    Joe konnte ungehindert ins Freie treten, wo die grünen Flechten in seinem Gesicht für jedermann gut sichtbar waren. Er hatte keine Lust mehr, sein Leiden zu verstecken. Er wollte nur noch Rache nehmen an den Menschen, die ihm die letzten Wochen zur Hölle gemacht hatten. Rengaru, der ihn bei einer alten Kiste Zwieback und ein wenig hereinleckendes Regenwasser im Turm eingesperrt hatte. Und Ignaz, der ihn gegen seinen Willen zum Versuchskaninchen erklärt hatte. "Tja, gegen diese Grünflechte kann ich auch nichts machen", hatte Ignaz achselzuckend gemeint und nicht einmal von seiner Arbeit aufgesehen. "Niemand kann das. Ich dachte, die Feuerwaranzunge würde das Gift des gelben Lurkers von Korshaan neutralisieren, aber... Tja, so kann man sich irren."
    Als Joe den Weg zum Hafenviertel einschlug, fuhr eine Böe durch die Gasse und ließ die Tür jenes Turms kläglich im Wind hin und her schwingen. Im Schloss steckte noch immer der Schlüssel.

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    Joe schmetterte das bisschen Gold, das er im Turm der Stadtwache gefunden hatte, auf den Tresen des einbeinigen Klabauters. Das Geräusch der klingenden Münzen bewog nicht nur Kardif, sich umzudrehen. Für einen kurzen Moment hafteten mehr Blicke auf seinem entstellten Gesicht, als ihm lieb war. Der finstere Blick des Wirts zeigte eine Spur Überraschung, als er ihn erkannte. Er verließ den Tisch mit der betrunkenen Kundschaft, die er gerade unterhalten hatte, und schlurfte hinter seinen Tresen. Allmählich wandten sich die anderen zwielichtigen Gäste wieder ihren Krügen, Karten und Würfeln zu.
    "Hab gedacht, sie hätten dich erwischt. Warst lange nicht hier."
    "Ich will nur meinen varantinischen Dolch", erstickte Joe jede Plauderei im Keim.
    "Ich hab dich vier Wochen nicht gesehen. Deinen Dolch hab ich längst vertickt", brummte Kardif.
    "Was?!", fuhr Joe auf und schlug auf den Tresen, was nur halb so eindrucksvoll war, wie er es sich erhofft hatte. "Ich habe gesagt, dass ich ihn abhole und ich stehe zu meinem Wort. Warum hast du das gemacht? Das Teil ist verdammt wertvoll!" Letzteres war wohl übertrieben, doch die geschwungene Klinge war ihm irgendwie ans Herz gewachsen.
    "Das hast du gesagt, ja", entgegnete der Wirt unbeeindruckt. "Hab ihn auch erst letzte Woche versetzt. Das war mein gutes Recht. Du warst blank, hast ein ganzes Fass leer gesoffen und mit dem Dolch bezahlt. Dann warst du wie vom Erdboden verschluckt und ich musste für Nachschub sorgen, der irgendwie bezahlt sein will. Wenn dir das nicht passt, kannst du dich ja mit Moe unterhalten." Mit einer gekonnten Handbewegung wischte Kardif alle verstreuten Goldmünzen auf einmal vom Tresen in seinen Lederbeutel.
    Joe warf über seine Schulter einen Blick zum Eingang der Kneipe. Tatsächlich beobachtete der bullige Türsteher ihn bereits. "Dann gib mir wenigstens irgendeinen anderen Dolch für das Gold."
    Wortlos griff Kardif unter seinen Tresen. Einen Augenblick später reichte er Joe einen schartigen Dolch, der mit Rostflecken übersäht war. Joe ahnte, dass er nichts besseres kriegen würde und schnappte ihn dem Wirt aus der Hand.
    "Dann verrate mir noch eins: Wem hast du meinen Dolch verkauft?"
    "Wer Informationen will, muss bezahlen. Das hat sich nicht geändert."
    "Ich habe bezahlt!"
    "Nur für den Dolch."
    Joe wollte mit seiner Hand nach dem Reveirs des listigen Wirts greifen, doch der wich gekonnt einen Schritt zurück. Kritisch musterte er die grünen Flecken auf seiner Hand.
    "Mir wäre es lieber, wenn du mich damit nicht anfässt. Das sieht übel aus, Joe." Er seufzte. "Na schön: Lehmar. Aber jetzt raus mit dir, bevor du meine Kundschaft ausrottest."
    Betont langsam glitt Joe von seinem Barhocker und schlenderte aus der Tür. Er machte sich einen Spaß daraus, besonders dicht an Moe vorbei zu gehen. Vielleicht war dieser grüne Ausschlag ja wirklich ansteckend.
    Als er ins Sonnenlicht trat, brannte der Ausschlag in seinem Gesicht wieder höllisch. Im Turm war es ihm nie aufgefallen, aber schon auf dem Weg zum Hafen war ihm aufgegangen, dass die Flechten brannten, wenn sie mit Sonnenlicht in Berührung kamen. Er konnte ein Ächzen nicht unterdrücken und tauchte rasch ein in eine der vielen engen Gassen des Hafenviertels. Hier war es schön schattig und das Brennen wurde langsam besser. Er entdeckte einen zerfledderten und blutverschmierten Hut im Gras neben sich. Er hob ihn auf, klopfte notdürftig den Staub von ihm ab und setzte ihn sich auf. So würde es besser gehen.
    Zurück auf der Straße musste er allerdings feststellen, dass er inzwischen eine Menge Aufmerksamkeit erregt hatte. Die Leute wichen vor ihm zurück und riefen sich gegenseitig Sachen zu.
    "Halt dich von ihm fern, Liebling!"
    "Habt ihr diese Flecken gesehen?"
    "Der is bald hinüber."
    Er prüfte noch einmal, ob der Dolch in seinem Ärmel auch gut versteckt war, dann machte er sich auf den Weg zu Lehmars Geldverleih.
    Erneut musste er keuchen. Der Hut musste ein Loch am Hinterkopf haben. Der Schmerz war so stark, dass er ihn blendete. Er torkelte auf die Menschenmenge zu, doch sie wichen immer weiter vor ihm zurück, machten ihm hektisch Platz. Die Leute sollten bloß aufpassen, dass sie nicht als nächstes auf seiner Liste landeten.
    Ignaz, Rengaru, Lehmar.

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    Joe stürmte in Lehmars Geldverleih und warf die Tür krachend hinter sich zu. Die aufgeregten Stimmen von der Straße waren nun nur noch dumpf zu hören.
    Während Joe wieder zu Atem kam, sah er sich in dem verhältnismäßig üppig eingerichteten Innenraum um. Niemand sonst im Hafenviertel besaß einen Teppich und auf dem Kaminsims tummelten sich Kleinode.
    Joe musste allerdings feststellen, dass außer ihm nur ein weiterer Mensch in der Hütte war - und es war nicht Lehmar. Meldor, sein stumpfsinniger Mann fürs Grobe lehnte in einer Ecke und starrte ihn unter seiner vorstehenden Stirn an.
    "Wo ist Lehmar?", wollte Joe von ihm wissen und suchte den Raum nach seinem Dolch ab.
    "In der Kaserne", antwortete Meldor dröge. "Oh... Das sollte ich niemandem sagen."
    Joe rollte mit den Augen. "Dann werde ich ihm dort nun einen Besuch abstatten."
    "Und ich werde dich begleiten", erklärte Meldor langsam.
    "Brauchst du nicht."
    "Oh doch. Ich muss meinen Herren doch beschützen, wenn du was Dummes tust."
    Joe seufzte. Er konnte Meldor wohl kaum von seinem Vorhaben abhalten. Also lauschte er kurz, ob die Menschen sich zerstreut hatten, dann zog er den Hut tief ins Gesicht, öffnete die Tür und betrat gefolgt von Meldor die Straße.

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    Die Hitze der Sonne machte Joe zunehmend zu schaffen. Als er in den Innenhof der Kaserne trat, fühlte er sich wacklig auf den Beinen.
    "Das ist er, Lord Andre. Nehmt euch in Acht vor ihm!"
    Joe blinzelte in das viel zu helle Licht. Was machte denn Rengaru hier?
    "Sehr gut gemacht, Rengaru", sagte Lord Andre und wandte sich dann auch Meldor zu. "Du auch, Meldor. Dank eurer Initiative können wir Khorinis vor einer Katastrophe bewahren."
    Meldor zog ihm den Hut vom Kopf und sofort stürzten zwei Milizen herbei, die in seltsame Ganzkörperanzüge gekleidet waren.
    "Was ist hier los?", krächzte Joe, während die Schmerzen auf seiner Kopfhaut ihn blendeten.
    "Ignaz hat mich gebeten, mich um dich zu kümmern", drang Rengarus Stimme von irgendwoher an sein Ohr. "Wir können dich nicht umbringen, weil dein Blut ein giftiges Gas aussondern würde. Deshalb müssen wir dich einsperren, bis du verhungerst."
    "Und ich habe mich freiwillig für den Job gemeldet, deinen Turm im Auge zu behalten, als Rengaru sich selbst dafür zu fein wahr", übernahm Meldor und zog aus der Brusttasche seiner Lederrüstung einen nur allzu unscheinbaren Schlüssel. "Lehmar hatte nicht so starke Abwehrkräfte gegen diese Flechten wie du. Er hat sich an deinem Dolch angesteckt und ist binnen weniger Stunden qualvoll verstorben. Deshalb beschlossen wir zu handeln."
    "Das heißt, es war gar kein Zufall, dass ich in den Turm gesperrt wurde?!" Joe versuchte sich gegen den Griff der Wachen zu wehren, doch das Brennen seiner Kopfhaut raubte ihm den Verstand, und je mehr er sich bewegte, desto schlimmer wurde es. Er wollte nur einen kurzen Moment stillhalten, um die Schmerzen abebben zu lassen...
    Erst als er in die Schatten seines Turms gestoßen wurde, konnte er wieder einen klaren Gedanken fassen. Und da sah er nur Meldors finster lächelndes Gesicht. Dann schlug die Tür zu und Meldor drehte den Schlüssel im Schloss. Es klackte ohrenbetäubend.

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    Moe lag in der Dunkelheit am Boden und hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Die ersten Tage hatte er damit zugebracht, noch einmal den ganzen Turm nach Essbarem abzutasten, doch offenbar hatten Andres Speichellecker dieses Mal achtsam alles mitgenommen, was er hätte gebrauchen können. Inzwischen suchten ihn diverse Trugbilder von hämlisch lachenden Hafenbewohnern ein. Manchmal bildete er sich auch ein, dass sie mit ihm sprachen, dabei redeten sie nur außerhalb des Turms miteinander. Doch alles in allem war er froh über seine Unterkunft. Denn hier war es dunkel.
    Als der Schlüssel im Schloss knartschte, hielt er auch das wieder für eine Einbildung.
    Doch irgendwann begriff er, dass Meldor wirklich mit einer kleinen Truhe hereingekommen war.
    "...hat jetzt erst diese Truhe unter den Bodendielen von Larius' Hütte gefunden", hörte er Meldor erzählen. Es kam ihm merkwürdig unzusammenhängend vor. "Darin befindet sich ein äußerst seltener Trank, von dem eigentlich angenommen wurde, das es ihn schon seit Jahrhunderten nicht mehr gibt, weil sein Rezept verloren ging. Die Tränen von Jhakardia, vom östlichen Archipel. Man sagt ihnen nach, dass sie jedes Stadium der Grünschuppen heilen können, solange man eine ganze Flasche mit einem Zug leer trinkt. Einer Sage nach können damit sogar diejenigen wieder zum Leben erweckt werden, die von dieser Krankheit dahingerafft wurden. Andre hat angewiesen, die Tränen dir zu verabreichen, bevor du noch mehr Leute ansteckst. Wir haben schließlich nur die eine Flasche."
    In Joes Gedanken kreiste alles. Er hatte seit Tagen weder getrunken noch gegessen. "Ha", lachte er heiser. "Und ich dachte, ihr verschwendet den edlen Tropfen an die Leiche vom ollen Lehmar. Müsst mich ja doch lieber haben als ihr zugeben mögt." Mit aller Mühe gelang es ihm, Meldor scharf ins Auge zu fassen.
    Und Meldor blinzelte tumb zurück. "Ach ja... stimmt. Auf die Idee ist gar keiner gekommen..." Hastig erhob Meldor sich von der Truhe, auf die er sich gesetzt hatte. "Ich muss es versuchen! Ist mir egal, ob ich damit riskiere, dass du noch weitere Bürger ansteckst. Lehmar hat meinem Leben einen Sinn gegeben, indem er mich von der Straße auflas. Diesem Mann verdanke ich alles. Danke, Joe! Du hast was gut bei mir!"
    "Halt, gib mir die Tränen!" Joe war schneller auf den Beinen, als er sich selbst zugetraut hatte.
    Meldor rannte zur Tür und wollte sie gerade zuwerfen, als sich ein Fuß dazwischen schob. Es war Rengaru. "Hört sofor auf, ihr beiden, am Ende zerbrecht ihr die Tränen noch!"
    "Ich brauche sie!", krächzte Joe verzweifelt und versuchte an Rengaru vorbei an Meldor heranzukommen, doch seine Schläge waren zu schwach, um Rengaru etwas anzuhaben.
    "Nicht nur du brauchst sie. Wie sich herausgestellt sind noch mindestens fünf weitere Hafenbewohner infiziert. Ignaz hat sich angeboten, die Zusammensetzung der Tränen zu untersuchen. Vielleicht kann er mehr von ihnen herstellen."

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    Ignaz' Hütte war erfüllt von den Dämpfen der brodelnden Flüssigkeiten. Der Alchemist hatte gleich nach ihrer Ankunft begonnen, die Tränen auf verschiedene Gefäße aufzuteilen. Was danach passiert war, entzog sich Joes Kenntnis. So kompliziert hantierte der kauzige Alchemist mit seinen Gerätschaften herum.
    Neben Ignaz und ihm selbst waren nur noch Rengaru und Meldor anwesend. Es war Joe fraglich, wieso sie es wagten, sich mit ihm in einem Raum aufzuhalten. Er fragte sich, ob das Gebräu, das Ignaz für ihn als Testperson vorbereitete, wirklich helfen würde. Dass Andre ein Dutzend Männer vor der Hütte des Alchemisten Wache stehen ließ, verstärkte sein Unbehagen nur noch.
    "So, probier das", sagte Ignaz und hielt Joe ein Fläschen mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit hin. Joe wollte das Fläschen gerade entgegen nehmen, als Rengaru seinen Degen zog.
    "Keine Bewegung!", rief er und richtete die Spitze direkt auf Ignaz' Brust. "Gib mir das Heilmittel!"
    Argwöhnisch schwenkte Ignaz seinen Arm zu ihm herum. Dann blitzte Erkenntnis in seinen Augen auf. "Wie lange schon?"
    "Noch bevor Joe in den Turm gesperrt wurde", erklärte Rengaru und hob kurz den Saum seines Hemdes: Die Haut auf seinem Bauch war von grüner Flechte überwuchert. "Ich nutzte es aus, dass Joe die ganze Aufmerksamkeit bekam, und konnte frei nach einem Heilmittel suchen. Aber nichts, was ich probierte, zeigte eine Wirkung. Alles, was ich herausfand, war, dass diese vermaledeite Flechte mit der Zeit sogar unweigerlich zum Tod führt! Vielen Dank also, dass ihr mir so eine Hilfe wahrt!"
    Er stürzte die bernsteinfarbene Flüssigkeit herunter - und erbrach sich augenblicklich unter offenkundig heftigen Krämpfen.
    Joe und Meldor starrten verdutzt auf den speienden Banditen.
    Dann hörten sie, wie Ignaz eine Flasche entkorkte.
    "Ihr seid nicht die einzigen mit Grünflechte", knarzte Ignaz und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Natürlich kann ich die Tränen nicht vervielfältigen. Aber was sollte ich sonst sagen, um sie in die Finger zu bekommen?" Er hob die offene Flasche an seine Lippen.
    "Nein!", schrie Meldor und sprang über den Alchemietisch auf den Alchemisten zu. Geistesgegenwärtig nahm er die Flasche wieder runter und hielt schützend die Arme vor die Flasche.
    Doch bevor Meldor Ignaz erreichte, bohrte sich ein Degen mitten durch Meldors Herz. Rengaru schubste den sterbenden Hafenviertelbewohner zur Seite und setzte die blutige Klinge nun auch Ignaz an den Hals. "Gib her, alter Mann!" Doch noch bevor Ignaz irgendetwas tun konnte, bohrte er die Spitze durch seinen Hals in den Schädel. Er entwand dem Alchemisten die Tränen, bevor er zusammenbrach und sie verschütten konnte.
    Schwankend erhob Joe sich von seinem Stuhl. In seinem Kopf wummerte nur noch der Gedanke daran, dass dies die einzigen Tränen waren, die es auf Khorinis zu finden gab.
    Rengaru setzte die Flasche an die Lippen, wie Ignaz zuvor. Mit einem Schrei der Verzweiflung warf Joe sich auf Rengaru.

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    Joe riss Rengaru die Flasche einfach aus der Hand. In der Sekunde, die Rengaru brauchte, um zu begreifen, was passiert war, brachte Joe die Flasche auf dem Alchemietisch hinter sich in Sicherheit. Ihm war klar, dass er keine Zeit hatte, die Tränen leerzutrinken, bevor Rengaru aus seiner Schockstarre erwachen würde. Jetzt, wo die Flasche in Sicherheit war, sprang er auf Rengaru zu und riss ihn mit sch zu Boden. Rengarus Finger schlossen sich um seinen Hals. Joes Gurgel knackte unheilverkündend und seine Sicht verschwamm. Er fand nichts, womit er sich hätte wehren können. Dann fiel ihm der Hut wieder ein. Er riss ihn sich vom Kopf und stülpte ihn Rengaru übers Gesicht. Vor Joes Augen begannen Sterne zu funkeln, aber mit verkrampften Armen presste er den Hut weiter auf Rengarus Gesicht. Als Rengarus Arme erschlafften und zu Boden sanken, Joe endlich wieder nach Luft japsen konnte, kam ihm alles surreal vor.
    Taumelnd erhob er sich von dem Dieb, der nun alle Viere von sich gestreckt reglos dalag.
    Er fand die Flasche wieder und trank sie in einem Schluck leer. Ein Ziehen, irgendwo hinter seinem Brustbein. Dann sah er sich selbst auf dem Alchemietisch zusammenbrechen.
    Die Tür flog auf und die Milizsoldaten strömten in den Raum. "Verdammt, versorgt Ignaz, sofort!", brüllte Andre. "Wir dürfen ihn nicht verlieren, er ist der einzige, der die Stadt noch retten kann."
    "Und was ist mit dem hier?", fragte ein anderer Soldat und stupste Joes erschlafften Körper an.
    "Der ist wohl hinüber. Fass ihn besser nicht mehr an, sonst steckste dich auch noch an."
    Joe sah zu, wie die Milizen Ignaz hinaus trugen, Rengaru für tot befanden und einen großen Bogen um seine eigene Leiche machten. Sie hielten stets großen Sicherheitsabstand zu seinem Körper ein.
    Joe verstand nicht, was passiert war, bis er sich seine Hände vors Gesicht hielt. Und sie durchsichtig schimmerten. Von Grauen gepackt sank er auf die Knie.
    Er hatte sich schon gefragt, wie diese Tränen einerseits seine Hautkrankheit und andererseits den Tod heilen sollten. Nun konnte er es sich zusammenreimen: Sie lösten die Verbindung von Körper und Geist im Austausch für die Fähigkeit, auch als Geist in der Welt der Lebenden zu wandeln.
    Als die Milizen die Hütte verließen, hatte noch immer niemand eine Notiz von ihm genommen.

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