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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Post [Story]Wettbewerbsbeitrag von Rhobar

    Vorwort:
    Diese Story ist mein bescheidener Beitrag zum diesjährigen "Schreim naoch Buchstohm" und folgt als solcher den allgemein gehaltenen Vorgaben des Wettbewerbs. Die Buchstabenzuweisungen stammen fast ausnahmslos von Stonecutter.


    Zuweisungen:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Dramatis Personae:
    Person A: Hyglas
    Person B: Coragon
    Person C: Attila
    Person D: Alligator Jack

    Dramatis Ortae:
    Ort A: Die Pyramide im Nordosten Khorinis'
    Ort B: Der Steinkreis bei Lobarts Hof
    Ort C: Die Brücke zum Orkdorf im Minental

    Dramatis Gegenstandae:
    Gegenstand A: Die Klaue Beliars
    Gegenstand B: Die Klaue des Dammlurkers
    Gegenstand C: Die von Wolf hergestellte Minecrawlerplattenrüstung

    Dramatis Gebrechenae:
    Gebrechen A: Manasucht
    Geändert von König Rhobar II (15.04.2019 um 20:57 Uhr)

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Vorgabe 1:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Nach langer Zeit der Gefangenschaft in Ort A gelingt es Person A, die an dem seltenen, unheilbaren Gebrechen A leidet, sich mithilfe von Gegenstand A aus den Fängen von Person B zu befreien. Gegenstand A bleibt an Ort A zurück.




    „Ja, ja, ist ja schon gut. Setzen!“
    Mit einem Seufzer nahm der höchst ehrenwerte Richter von Khorinis Platz, woraufhin alle übrigen im Gerichtssaal Anwesenden es ihm gleichtaten. Mürrisch spähte er in seinen Kelch und warf dem Gerichtsdiener einen fragenden Blick zu, den der junge Milizsoldat zunächst jedoch nur verwirrt erwiderte. Einen – ziemlich genervten – Augenblick später rannte selbiger los, um dem höchst ehrenwerten Richter seinen höchst ehrenwerten Wein zu holen. Bis zur Rückkehr des Gerichtsdieners verharrte der Richter, und mit ihm der gesamte Saal, in Schweigen.

    Lange Zeit hatte die einst florierende Hafenstadt Khorinis der direkten Gerichtsbarkeit der Paladine unter Lord Hagen unterstanden, gesandt vom König um das im Krieg gegen die Orks dringend benötigte Erz zu sichern. Wie alle vorangegangenen Kriege fand auch dieser schließlich ein Ende und die Paladine zogen wieder ab. Alle, die darauf gehofft hatten, dass die Dinge nun anders laufen würden, und der nachweislich korrupte Richter seines Amtes enthoben würde, waren eines Besseren belehrt worden. „Ein neuer Tag, und nichts hat sich geändert“. Aus dem neuen Tag wurde ein neues Jahr, aus dem neuen Jahr ein neues Jahrzehnt, doch wie eh und je waltete der Richter seines Amtes, und trieb wie eh und je die Gerichtskosten mit seinen teuren Weinen in die Höhe. Und wie eh und je tat das Volk von Khorinis dagegen nicht viel mehr, als sich bei einem kühlen Bier in der Taverne darüber aufzuregen, dass „die da oben“ doch eh machen was sie wollen.

    Nachdem er schließlich seinen Wein gekostet und für annehmbar befunden hatte, räusperte der Richter sich und warf einen Blick auf das Dokument vor ihm, das die Einzelheiten zum heutigen Fall enthielt.
    „Also gut, dann wollen wir mal“, murmelte er, während er den Fall rasch überflog. Erstaunt konnten die Zuschauer beobachten, wie sich die übliche arrogant-gelangweilte Mine des Richters beim Lesen nach und nach veränderte, über Verwunderung, Unglauben, Überraschung, Wut, Müdigkeit bis hin zu maßlosem Entsetzen.
    „Bei Innos! Ist das euer Ernst?“, rief er den anwesenden Milizsoldaten zu.
    Wulfgar, der nach dem Abzug der Paladine wieder das Kommando über die städtische Miliz inne hatte, nickte.
    „Jedes Wort, euer Ehren. Ich konnte es erst selbst nicht glauben, aber nach allem, was wir in Erfahrung bringen konnten, ist es wahr.“
    Erneut überflog der Richter das Pergament, wobei sich seine Lippen stumm mitbewegten.
    „Ungeheuerlich! Nein, das will ich von ihm persönlich hören! Hyglas!“, rief er laut in den Saal. „Wo steckst du?“
    Wulfgar stieß den neben ihm sitzenden Gefangenen an, der sich daraufhin schwerfällig erhob.
    „Hyglas, du wirst angeklagt wegen“ - er warf noch einen Blick auf das Dokument - „Höchstverrats! Ist das überhaupt ein Wort?“
    „Eigentlich nicht“, gestand Wulfgar. „In Anbetracht der Umstände dachte ich aber, normaler Hochverrat wird der Sache irgendwie nicht gerecht.“
    Der Richter winkte unwirsch ab. „Das habe immer noch ich zu entscheiden! Jetzt will ich aber erst einmal die ganze Geschichte hören, und zwar von dir, Hyglas!“
    Der Feuermagier Hyglas, der in seiner Sträflingskleidung einen weitaus weniger beeindruckenden Anblick machte, als es in seiner Robe der Fall gewesen wäre, verzog das Gesicht „Kann ich nicht einfach gleich verurteilt werden?“
    Wulfgar stieß ihn erneut an. „Na schön. Aber darf ich mich wenigstens setzen? Das kann eine Weile dauern...“
    „Setz dich, bei Innos, aber rede endlich!“, rief der Richter genervt.
    „Also, das war so...“

    ~~~

    Meine Hand hielt zitternd den kleinen, abgenutzten Stein umklammert, der im Laufe der Zeit beträchtlich an Größe abgenommen hatte. Nur schwach war noch das mystische Symbol zu erkennen, das ihn einst zierte. Mühsam ritzte ich mit dem Stein einen Strich in die Wand – geschafft!
    Ich ließ den Stein fallen und schleppte mich etwas von der Wand weg, gerade weit genug, um mein Werk in seiner ganzen Pracht bewundern zu können: Eintausendachthundertundsiebzehn Striche. Sie standen für die nunmehr 1817 Tage, die ich bereits hier festsaß – fast fünf Jahre! Nun, so genau stimmte das nicht, schließlich gab es in den verwinkelten Gängen und Kammern meines Gefängnisses keine Fenster. Keine Risse in Wand oder Decke, keine Gitter, nichts, was mir einen Hinweis auf die tatsächliche Tageszeit gegeben hätte. Also standen die Striche im Grunde nur für das, was ich für 1817 Tage hielt. Ich erinnerte mich gelesen zu haben – vermutlich in einem anderen Leben – dass der menschliche Körper sich, ohne Reglung durch den ewigen Kreislauf Innos' größter Schöpfung, einen eigenen Rhythmus aneignet, der länger dauert, als ein Tag. Wie schon so oft zuvor fragte ich mich, ob ich meinem Kunstwerk nicht womöglich noch so manchen Strich hinzufügen musste, bis es korrekt war.
    Welchen Rhythmus auch immer mein Körper sich in all der Zeit angeeignet hatte, das Grummeln meines Magens machte mir deutlich, dass es nun an der Zeit war etwas Essbares zu finden. Leider konnte ich mich auch nicht daran orientieren, wann man mir Essen brachte. Denn man brachte mir keines. Tatsächlich hatte ich in all der Zeit keinerlei Kontakt mit anderen Menschen.
    Zumindest keinen physischen...
    Hastig verwarf ich den Gedanken. Er führte in eine Richtung, die schon so mancher Gefangener eingeschlagen hatte, und mir war mein Verstand zu wertvoll, als dass ich ihn opfern würde um mich Hirngespinsten hinzugeben.
    Obwohl sich offenbar niemand um mich kümmerte, gab es doch ein reiches Angebot an Nahrung. Man musste lediglich seine Ansprüche weit genug senken und gegebenenfalls seine Definition von Nahrung überdenken.
    In der Not frisst Beliar Fliegen. Mir war nie klar, warum ausgerechnet Beliar. Immerhin war ich ein Priester Innos' und es behagte mir nicht mit dem dunklen Gott verglichen zu werden. Aber da mein Hunger größer war, als meine Abscheu vor unangemessenen Vergleichen, richtete ich mich so gut es mir möglich war auf, und machte mich auf die Suche.
    Mein Gefängnis war groß, zumindest im Vergleich mit so mancher Kerkerzelle. Es gab viele Räume – dreiundfünfzig – verbunden durch ein regelrechtes Labyrinth von Korridoren. Nach all den Jahren fand ich mich im Schlaf darin zu recht. Das war auch nötig, schließlich gab es in den meisten Räumen kein Licht. In manchen Kammern, wie meinem Schlafraum, wuchsen lumineszierende Kristalle, die die Kammern in ein diffuses Licht tauchten. Dummerweise waren es genau diese Kristalle, die diesen Ort zu meinem Gefängnis machten. Es gibt viele Varianten mit vielen komplizierten Namen, aber wir Magier fassen diese Kristalle meist unter dem schlichten Begriff „Antimagiekristall“ zusammen – der Name ist selbsterklärend. Die Tatsache, dass bislang keine Vorkommen solcher Kristalle auf Khorinis bekannt waren, faszinierte mich mehr und mehr, als ich mich erst mal mit meiner Lage abgefunden hatte – so um Strich 232 herum.
    Jedenfalls machten es mir diese Kristalle unmöglich Magie anzuwenden. Keine Lichtzauber, keine Beschwörungen, um besseres Essen zu bekommen, keine zerstörerischen Feuerzauber, um ein Loch ins Mauerwerk zu sprengen und natürlich erst recht keine Teleportzauber. Meine Runen waren an diesem Ort vollkommen nutzlos. Alle, bis auf eine. Die verfluchte Teleportrune, die mich überhaupt erst hierher gebracht hatte, nutzte ich seit dem, um Tag für Tag einen Strich in die Wand meiner Schlafkammer zu ritzen.
    Schlimmer als der Verlust meiner magischen Fähigkeiten waren jedoch die körperlichen Auswirkungen.
    Normale Menschen spüren die Gegenwart solcher Kristalle überhaupt nicht, selbst einige Novizen bemerken die antimagische Aura erst, wenn sie versuchen einen Zauber zu wirken. Die meisten Magier können das Feld, das die Kristalle erzeugen, spüren. Und einige wenige Unglückliche wie ich spüren sogar noch mehr.
    Ausnahmslos jeder Mensch besitzt ein angeborenes Talent für Magie. Meistens nur sehr schwach ausgeprägt, doch reicht es aus, dass selbst Kinder in der Lage sind einfache Spruchrollen zu verwenden. Durch intensives Studium der arkanen Künste, Übung oder auch dem Einsatz von Tränken, können Menschen ihre magische Energie steigern. Im Grunde kann jeder zum Magier werden, Einigen fällt es jedoch leichter als anderen.
    Mir selbst war es sehr leicht gefallen. Mein angeborenes Talent überstieg das der meisten Menschen bei Weitem. Dafür zahlte ich jedoch einen Preis. Genau so wie körperliche Anstrengung Energie kostet und zu Erschöpfung führt, kostet magische Anstrengung magische Energie, die irgendwann erschöpft ist und regeneriert werden muss, sei es durch Zeit oder durch Manatränke. Einfache Menschen spüren diese magische Erschöpfung nicht einmal – alles, was sie merken, ist, dass sie auf einmal keine Spruchrollen mehr wirken können. Erfahrene Magier fühlen sich oft müde, wenn ihre magische Erschöpfung zu groß wird. Aber in seltenen Fällen kommt es zu einer Erscheinung, die man gemeinhin als Manasucht bezeichnet. Durch das wiederholte Anwenden von Magie entwickelt der Körper bei den Betroffenen eine Art Gewöhnung. Mit der Zeit ist magische Energie nicht länger etwas, das einfach da ist, sondern wird zu etwas, das da sein muss, es entsteht eine Abhängigkeit. Die Folge ist, dass magische Erschöpfung gleichbedeutend wird mit körperlicher Erschöpfung. Dementsprechend fatal war natürlich die Wirkung der Kristalle auf mich. Seit ich hier gefangen war, verschlechterte sich mein Zustand mehr und mehr. Ich war permanent erschöpft und müde, konnte schließlich kaum noch gehen und war gezwungen mich kriechend fortzubewegen. Und wenn ich nicht bald hier raus kam, würde ich auch das irgendwann nicht mehr schaffen. Die Kristalle raubten mir nach und nach nicht nur meine magische, sondern auch meine körperliche Energie.
    Es hätte auch nichts genutzt, die Kristalle zu zerstören, selbst Kristallsplitter, ja sogar Kristallstaub, würden meine Kräfte noch lähmen. Oder weitaus schlimmeres bewirken...
    Außerdem vermutete ich schon seit geraumer Zeit, dass noch wesentlich mehr Kristalle existieren mussten, im Boden, außerhalb der Mauern, überall um mich herum. Nur so ließ sich erklären, dass das antimagische Feld scheinbar überall in meinem Gefängnis konstant war, selbst in Kammern ohne Kristalle – es gab keine Schwachpunkte. Das hatten mir jene ersten 232 Tage bewusst gemacht.
    Eine Möglichkeit gäbe es noch...
    Ich schüttelte heftig den Kopf und bemühte mich meine Konzentration wieder auf meinen leeren Magen zu lenken, und auf einen Weg ihn zu füllen.
    Zwei Gänge weiter kam ich an einem Felsen vorbei, auf dem im Schein eines Kristalls eine Art schleimiges Moos wuchs – eine echte Delikatesse! Allerdings musste ich damit sparsam umgehen, wenn ich zu viel aß, würde es nicht mehr nachwachsen. Seufzend wandte ich den Blick ab und machte mich auf den Weg zu einer weitaus weniger angenehmen Nahrungsquelle.

    ~~~

    Wütend schlug ich die Tür der Klosterbibliothek hinter mir zu, warf Bruder Karras, der aus seinen Studien aufschreckte, einen entschuldigenden Blick zu und ging zu dem Lesepult, auf dem noch immer aufgeschlagen „Die göttliche Kraft der Gestirne“ lag – das Buch, das der Erwählte mir während der großen Krise besorgt hatte. Während des Krieges, kurz nach der Ankunft der Paladine auf der Insel, hatten sich die Ereignisse überschlagen. Drachen, Echsenmenschen, dämonische Besessenheit... Mir war damals schon klar, dass die ungewöhnliche Konstellation der Gestirne einen unheilvollen Einfluss ausgeübt hatte. Das Buch bestätigte schließlich meine Befürchtungen: Die Barrieren zwischen den Welten waren geschwächt, der dämonische Einfluss aus Beliars Reich dementsprechend stark.
    Innos sei Dank gelang es dem Erwählten jedoch die Situation zu meistern. Die Drachen wurden getötet, die Echsenmenschen vertrieben und Dank der Studien Bruder Karras' und Bruder Neoras' alchemistischen Geschicks konnten die Besessenen geheilt werden.
    Dennoch war ich der Ansicht, dass wir Vorsichtsmaßnahmen ergreifen mussten. Es war jetzt ein Jahr her und ich wusste nicht, wie oft ich diesbezüglich bereits beim Rat vorgesprochen hatte, doch wie immer wollten sie nichts von meinen Plänen wissen. Würde das Kloster über ein Observatorium verfügen, könnten wir die Gestirne beobachten und solch gefährliche Konstellationen vorhersagen. Was uns, so Innos will, genügend Zeit zur Vorbereitung verschaffen sollte.
    „Wieder kein Erfolg?“, fragte Karras, der bereits wieder in sein Buch vertieft war.
    „Der Rat ist viel zu Kurzsichtig“, grummelte ich. „Natürlich ist ein Observatorium nicht billig zu haben, aber es muss ja kein großes sein. Und der Nutzen überwiegt bei Weitem die Kosten!“
    Karras zuckte mit den Schultern. „Ich verstehe dich ja, Bruder, aber die Klosterkassen sind nun einmal leer. Der Krieg hat auch von uns seinen Tribut gefordert.“
    „Das hat Pyrokar auch gesagt. Und Serpentes meint, jetzt, wo niemand mehr durch den Krieg abgelenkt ist, werden uns die Astronomen am königlichen Institut schon rechtzeitig warnen. Pah!“, schimpfte ich. „Die mögen ja gut darin sein, neue Gestirne zu entdecken und ihnen unaussprechliche Namen zu geben, aber von ihrer Bedeutung haben sie nicht die geringste Ahnung!“
    Karras blieb es erspart, darauf etwas zu erwidern, als sich die Tür öffnete und Gorax eintrat, der Lagerverwalter des Klosters.
    „Ah, Bruder Hyglas, du bist zurück!“
    Ich atmete einmal tief durch und versuchte die erneute Engstirnigkeit des Rates zu verdrängen. Bemüht freundlich wandte ich mich Gorax zu.
    „Wie kann ich dir helfen?“
    Gorax kramte in seiner Robe und zog einen Runenstein aus der Tasche.
    „Hier, sieh dir das einmal an. Ein Novize brachte es von einem Botengang mit, er sagt, er habe es in einer Taverne erstanden, wusste aber nichts damit anzufangen.“
    Neugierig nahm ich den Stein entgegen und sah ihn mir genau an. Eine ganz gewöhnliche Rune, so schien es. Dem Symbol nach zu urteilen ein Teleportzauber, auch wenn mir das Zielsymbol nichts sagte. Ein erster Eindruck der magischen Aura bestätigte es, eindeutig Teleportationsmagie.
    „Definitiv eine Teleportrune“, sagte ich. „Wohin sie jedoch führt, kann ich ohne eingehende Studien nicht sagen.“
    Gorax nickte. „Deshalb habe ich sie zu dir gebracht, du kennst dich damit am besten aus. Bitte gib mir Bescheid, wenn du mehr herausfindest.“
    Ich war bereits zu sehr mit meiner Untersuchung der Rune beschäftigt, um mitzukriegen wie Gorax den Raum verließ. Karras war wieder vor sich hinmurmelnd in seine Bücher vertieft und hatte unsere Diskussion bereits vergessen.
    Unbekannte Teleporte waren immer faszinierend. Natürlich gab es einen sehr einfachen Weg, herauszufinden, wohin sie führten. Doch eine unbekannte Rune zu benutzen barg auch Gefahren. Die Rune schien bereits vor langer Zeit gefertigt worden zu sein. Es war durchaus möglich, dass der Zielort gar nicht mehr existierte. Verschüttet, versunken, eingestürzt... Unter Wasser zu erscheinen war in dem Fall noch die angenehmste Möglichkeit.
    Zum Glück gab es Mittel und Wege herauszufinden, wohin der Teleport führte. Eine erste Peilung der magischen Aura ergab, dass das Ziel nordöstlich vom Kloster liegen musste, die Entfernung oder gar der genaue Ort waren so aber nicht feststellbar.
    Begierig darauf, das Geheimnis der Rune zu lüften, holte ich eine andere Rune aus der Tasche. Ein Teleport, der mich auf den Hof des Großbauern bringen würde, der am weitesten östlich gelegene Ort, den ich mit meinen Runen erreichen konnte. Eine zweite Peilung, von diesem Ort aus, sollte den Zielpunkt der unbekannten Rune weiter eingrenzen.
    Kurze Zeit später hatte ich Gewissheit: Das Ziel lag verblüffend genau nördlich des Bauernhofes.
    Ich führte noch eine Reihe weiterer Peilungen durch, bevor ich mich schließlich in der Abenddämmerung zurück in die Bibliothek begab.
    Aufgeregt zog ich eine Karte der Insel zu Rate und begann Linien einzuzeichnen: Eine vom Kloster, nach Ost-Nordost, eine vom Hof nach Norden, eine von Orlans Taverne nach Nordosten...
    Am Ende war das Ergebnis klar: Alle Linien kreuzten sich im Nordosten der Insel, direkt beim Pyramidental, wo die Wassermagier vor einiger Zeit mit ihren Ausgrabungen begonnen hatten.
    Da das Gebiet gut erkundet und dokumentiert war, beschloss ich das Risiko einzugehen. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwo in einem Felsen zu landen, war gering.

    Das Rauschen wurde leiser, das blendende Licht verblasste und der bläuliche Dunst verzog sich – und vor mir erhob sich unter dem aufgehenden Vollmond die geheimnisvolle Pyramide. Der Teleport war erfolgreich!
    Ich stand direkt vor der uralten Pyramide, die aus acht Stufen bestand. Zu meiner Rechten befand sich die Ausgrabungsstätte der Wassermagier, wo sie einen Zugang zu den unterirdischen Gewölben entdeckt hatten. Darin verborgen lag das geheimnisvolle Portal, dass sie schließlich in das nördlich gelegene Tal gebracht hatte.
    Etwas enttäuscht packte ich die Rune wieder in meine Tasche. Irgendwie hatte ich erwartet – oder zumindest gehofft – dass der Teleport mich in eine bislang unentdeckte Kammer geführt hätte. Natürlich sind unentdeckte Kammern nicht ohne Grund unentdeckt, weshalb ich vermutlich großes Glück hatte, an der Oberfläche anzukommen. Ich wusste nicht, was mich dazu getrieben hatte, das Risiko einzugehen, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, wie leichtsinnig ich war.
    „Na Endlich!“, rief plötzlich eine Stimme hinter mir. „Ich warte schon den ganzen Tag darauf, dass einer von euch auftaucht! Ich hatte zwar mit dem Novizen gerechnet, aber dass du hier bist, ist sogar noch besser!“
    Erschrocken drehte ich mich um und stand einem kräftig wirkenden Mann mit kurzem schwarzem Haar gegenüber. Bartstoppeln verdunkelten seinen Kiefer wie ein Schatten. Er hätte bedrohlich gewirkt, wäre da nicht das freundliche Lächeln gewesen, das sich auch auf seine Augen erstreckte.
    „Dann stammt diese Rune also von dir?“, fragte ich. Offenbar hatte dieser Mann dem Novizen – welcher auch immer es war – die Rune verkauft.
    „Ganz recht“, antwortete der Unbekannte. „Mein Name ist Coragon, mir gehört die Taverne in der Stadt. Die gute, nicht diese Hafenspelunke“, fügte er hinzu.
    „Verrätst du mir auch, was das ganze soll? Warum bist du hier?“
    Aus dem lächeln wurde jetzt ein Grinsen, das mich irgendwie beunruhigte.
    „Ist 'ne lange Geschichte, aber eine Gute! Erzähl ich dir später, jetzt muss ich dir erst mal was zeigen. Komm mit, wir müssen ein wenig klettern.“
    Einladend zeigte er auf die Pyramide und näherte sich der Treppe, die hinauf zur Spitze des Gebäudes führte. In der Zunehmenden Dunkelheit kaum zu erkennen, zeichnete sich ein kleiner Raum gegen den Nachthimmel ab. Was immer Coragon hier auch für eine Entdeckung gemacht haben mag, es musste dort drin sein. Was mich nur noch mehr verwunderte – diese Kammer musste doch schon vor Jahrzehnten entdeckt worden sein!
    „Immer langsam“, sagte ich. „Wenn du hier etwas entdeckt hast, wozu dann der Umstand mit der Rune?“
    Coragon schnaubte. „Was hätte ich denn sonst tun sollen? Zum Kloster gehen? Da habe ich keinen Zutritt, ihr lasst ja nur reiche Schafhirten hinein! Und euer Vertreter in der Stadt, Daran“ – Daron, dachte ich verärgert – „hätte mir nur wieder einen Vortrag darüber gehalten, dass Innos doch von mir erwarten würde, einen Großteil meiner Einnahmen der Kirche zu spenden! Tja, und die Wassermagier, weiß Beliar wohin die verschwunden sind!“
    Seine eigene Wortwahl ließ ihn zusammenzucken. „Naja, vielleicht doch eher Adanos. Egal, ich habe hier etwas wirklich wichtiges entdeckt, dass müsst ihr Magier euch einfach ansehen! Die Rune ist nur ein Vorgeschmack.“
    Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und begann den Aufstieg. Noch immer war mir nicht ganz wohl bei der Sache, doch erneut siegte Neugier – oder war es Leichtsinn? – über Vernunft.
    Das gemeine Volk hatte viele Vorurteile über uns Magier. Manche davon entsprachen leider der Wahrheit. Magie sei Dank legten nur wenige von uns zu Fuß größere Strecken zurück, als den Weg von unserer Schlafkammer bis zur Kirche und weiter in die Bibliothek. Ein Umstand den mir die einhundertsechsundfünfzig Stufen bis zur Spitze schmerzlich bewusst machten – dass ich den ganzen Tag über gezaubert hatte, machte es natürlich nicht besser.
    Vollkommen außer Atem betrat ich die Kammer und stellte mich neben Coragon, der über eine Öffnung im Boden gebeugt stand und hinein spähte.
    „Da, sieh! Hast du so was schon mal gesehen?“
    Vorsichtig beugte ich mich über das Loch und sah hinein. Es war ein tiefer Schacht, an dessen Grund sich das Licht vieler Kristalle im Wasser eines Brunnens oder einer Zisterne spiegelte. Mir war sofort klar, was ich da sah! Meine Erschöpfung war möglicherweise nicht allein das Resultat meiner schlechten Kondition. Die Kristalle übten definitiv einen Einfluss auf mich aus. Und wenn es wirklich Antimagiekristalle waren, hier auf Khorinis... Coragons Entdeckung war womöglich die Umstände wert, die er in Kauf genommen hatte, um mich herzuholen.
    Doch bevor ich ihm das mitteilen konnte, spürte ich einen Stoß und fiel vornüber in die Tiefe. Das letzte, was ich hörte, bevor ich mit einem lauten Platschen im Wasser landete, waren Coragons Worte: „Vergib mir, aber es muss sein!“
    Als ich mich wieder an die Wasseroberfläche strampelte – was mir meine weite Robe nicht gerade erleichterte – sah ich noch, wie Coragon eine Steinplatte über die Öffnung schob. Ich war gefangen, gefangen im Inneren der Pyramide, von der bisher niemand wusste, dass sie überhaupt ein Inneres hatte.

    ~~~

    Ich würgte meine „Mahlzeit“ hinunter und verbrachte noch einige Zeit damit zu versuchen, sie drin zu behalten. Etwas, was mir auch nach den fast fünf Jahren nicht jedes Mal gelang.
    Hättest vielleicht doch das Moos essen sollen...
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das muss ich mir einteilen!“
    Nur, wenn du vorhast noch länger zu bleiben...
    Entsetzt wurde mir klar, was ich gerade tat. Ich schüttelte meinen Kopf noch energischer und versuchte an was anderes zu denken. Diese Stimme war nicht real, ihr zu antworten hieß, mich dem Wahnsinn hinzugeben!
    Du kränkst mich... „Nicht real“, also wirklich!
    „Nein, nein, nein“, murmelte ich vor mich hin, während ich mich aufraffte und zurück in meine Schlafkammer kroch. „Fünf Jahre habe ich mich widersetzt und jetzt werde ich doch noch verrückt!“
    Nun, wenn du mit dir selbst redest, erweckt das durchaus den Eindruck. Rede doch lieber mit mir!
    Ich schloss die Augen. „Du bist nicht real, du bist nicht real! Ich höre keine geisterhafte Stimme in meinem Kopf, das sind nur Nebenwirkungen des schlechten Essens!“
    Wenn ich nicht real wäre, wie könnte ich dann etwas wissen, was du nicht weißt?
    „Unmöglich!“, murmelte ich, während ich mir zusammengekniffenen Augen weiter kroch.
    Wenn du mir nicht glaubst, geh in die Kammer rechts von dir. Sie ist dunkel, stockfinster. Du weißt, dass es eine Sackgasse ist, aber du weißt nicht, was drin ist, nicht wahr?
    Ich blieb stehen. Nie zuvor hatte diese Stimme so konkret gesprochen. „Und was ist da drin, deiner Meinung nach?“, rief ich in die Dunkelheit.
    Fünf Schritte rein, drei Schritte nach rechts. Auf dem Boden liegt eine antike Steintafel. Nimm sie mit in eine der helleren Kammern, du wirst sehen, dass ich recht habe.
    Ich war wie gelähmt. Sollte ich wirklich in diese Kammer kriechen und blind umher tasten? Wenn ich nichts fände, wäre das der Beweis, dass ich verrückt geworden bin. Doch wenn ich was fände... Ich wusste nicht, welche der beiden Möglichkeiten mir mehr Angst einjagte. Ich hatte hier schon viele Steintafeln gefunden und sorgfältig untersucht. Wenn ich in dieser Kammer eine ertastet hätte, hätte ich das gewusst. Die Tatsache, dass ich es nicht wusste, die Stimme aber schon...
    Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Vorsichtig wandte ich mich nach rechts und folgte der Wegbeschreibung. Fünf Schritte geradeaus, rechts herum und weitere drei. Sofort berührte meine Hand die vertraute raue Oberfläche einer alten Steintafel.
    „Nein! Das ist nicht möglich!“
    Warum denn nicht? Nimm sie mit, du wirst sie sehr interessant finden.

    Es dauerte länger als sonst, aber schließlich erreichte ich wieder den Raum, in dem ich schlief, zusammengekauert auf einem Haufen weniger genießbaren Mooses direkt unter meinem Kunstwerk, das vom fahlen Licht der Kristalle beleuchtet wurde. Mit zitternden Händen untersuchte ich die Steintafel, fuhr Zeile für Zeile mit meinem Finger über die gemeißelte Oberfläche und versuchte so gut es ging ihren Inhalt zu erfassen. Je mehr ich übersetzen konnte, desto unruhiger wurde ich. Das, wovon diese Tafel sprach...
    „Wer bist du?“, wandte ich mich wieder an die körperlose Stimme.
    Ah, das sage ich dir besser nicht. Wenn dir „unangemessene Vergleiche“ schon Unbehagen bereiten...
    Viel interessanter ist doch, was ich dir bieten kann! Ich denke du weißt, wovon ich rede.

    Mein Blick fiel wieder auf die Tafel, auf einen ganz Bestimmten Begriff. „Beliars Klaue“
    Ich hatte die Geschichten gehört. Ein machtvolles Artefakt des dunklen Gottes. Das Gegenstück zu Innos' heiligem Auge. Der Untergang des alten Volkes, das diese Pyramide errichtet hatte. Nach allem, was ich wusste, hatte ein ehemaliger Gefangener der Minenkolonie während des Krieges versucht seiner habhaft zu werden, doch der Erwählte konnte ihn aufhalten und das verfluchte Schwert, die Klaue Beliars, in Sicherheit bringen. Doch was dann aus dem Schwert geworden ist, wusste ich nicht.
    Ich kann dir sagen, wo es ist! Mit der Macht der Klaue wäre es ein Leichtes die Mauern deines Gefängnisses niederzureißen und Rache zu nehmen! Du könntest stark sein, mächtig, mächtiger noch, als dein „Erwählter“. Er war zu schwach die Macht zu nutzen, die das Schwert ihm bot. Er gab es den Wassermagiern, die es unschädlich machen wollten. Sie haben es versteckt, an einem Ort, von dem sie dachten, dass niemand mehr davon weiß. Rate mal wo!
    Es gab nur eine logische Antwortet darauf. Die Klaue Beliars musste hier sein, irgendwo hier in einer der dreiundfünfzig Kammern der Pyramide. Und wenn es keine Tür gab, keinen Eingang, konnten die Wassermagier das Schwert nur auf dem selben Weg hereingebracht haben, auf dem ich hergekommen bin!
    So schnell es mein Zustand zuließ, erhob ich mich und schleppte mich zurück in die zentrale Kammer, der Raum, in dem, unter einem Schacht der bis zur Spitze der Pyramide reichte, ein Brunnen stand. Die einzige Wasserquelle in meinem Gefängnis und der Ort, an dem meine Gefangenschaft begonnen hatte.
    Vorbei an Kristallen und moosbewachsenen Felsen hastete ich so schnell mich meine müden Beine trugen zu dem ummauerten Becken, gefüllt mit kaltem, klaren Wasser. Seit meiner Ankunft war ich nicht mehr darin gewesen – wer will schon sein eigenes Badewasser trinken? – doch nun sprang ich beherzt in die kalten Tiefen. Der Brunnen war zu tief, um darin zu stehen, doch im kalten Glanz der Kristalle meinte ich den Grund ausmachen zu können. Ich holte tief Luft und ließ mich dann nach unten sinken, hinunter in die eisige Kälte. Ich zwang mich die Augen offen zu halten, und tatsächlich, in der Mitte des Brunnens lag ein länglicher, dunkler Gegenstand, der sich deutlich vom helleren Stein des Bodens abhob. Ich griff zu und bemühte mich wieder an die Oberfläche zu kommen.
    Prustend kletterte ich aus dem Wasser und ließ mich an der Mauer herabsinken.
    „Bei Innos“, murmelte ich, als ich das Schwert betrachtete, das ich in der Hand hielt
    Nah dran, aber nicht ganz.
    Obwohl ich durch all die Zeit in der unmittelbaren Nähe zu den Antimagiekristallen erschöpft und kraftlos war, fühlte ich mich wie berauscht. Ohne zu zögern erhob ich mich und eilte in eine weitere Kammer. Während der ersten 232 Tage war ich oft hier, da ich vermutete, dass die Kammer dicht an der Außenwand liegen musste. Ich glaubte sogar einen leichten Luftzug zu spüren, als würde der Wind durch winzige Ritzen eindringen. Ich wusste, was ich zu tun hatte. Mit beiden Händen packte ich die Klaue, konzentrierte mich voll auf die Mauer vor mir und schlug zu. Es gab ein gewaltiges Krachen. Vor meinem geistigen Auge sah ich förmlich den Blitz, der vom Himmel herab schlug und ein Loch in das alte Gemäuer sprengte. Kühle Nachtluft umwehte mich, das Zirpen von Grillen drang an mein Ohr, und als der Staub sich legte, sah ich den Vollmond sein Licht durch die Öffnung schicken, die sich nun in der Flanke der Pyramide auftat. Ich war frei! Ich war stark! Ich war mächtig! Ich war.. unfassbar naiv! Als ich die Kraft spürte, die von der Klinge ausging und durch meine Adern pulsierte, wurde mir schlagartig klar, wessen Stimme ich gehört hatte.
    „Nein!“, rief ich laut in die Nacht hinein. „Du kriegst meine Seele nicht!“
    Mit aller Kraft, die mir noch geblieben war, stieß ich das Schwert von mir, zurück in die Finsternis der Pyramide.
    Stolpernd und Schlitternd bahnte ich mir einen Weg durch das Geröll und verließ diesen abscheulichen Ort. Mir war klar, wie gefährlich es war, die Klaue hier zurückzulassen, doch wenn ich sie mitnahm, würde ich ihr mit Sicherheit verfallen. Das Risiko war zu groß, ich würde andere schicken müssen, um das Schwert zu bergen und sicher zu verwahren.
    Ich zitterte vor Kälte, als der kühle Wind durch meine durchnässte Robe blies. Es wurde höchste Zeit, von hier zu verschwinden. Wie von selbst fand meine Hand eine der Teleportrunen, die nun, da ich wieder an der Oberfläche war, außerhalb der Reichweite der Kristalle, funktionieren sollten.
    „Nein!“, rief ich noch einmal, bevor ich mit letzter Kraft die Rune benutzte. „Du kriegst mich nicht, Beliar!“
    Noch nicht. Noch!
    Geändert von König Rhobar II (18.02.2019 um 04:52 Uhr)

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    König Rhobar II ist offline
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    Person A begibt sich auf die Suche nach Person C. Person A vermutet, dass Person C sich an Ort B aufhält. Unterwegs nimmt Person A den Gegenstand B in Besitz, den sie mit zum Treffen mit Person C nehmen will. Das Gebrechen A macht die Reise sehr beschwerlich.




    Benommen blinzelte ich gegen das helle Licht an, als ich ganz allmählich wieder zu mir kam. Meine Augen brannten nach all der Zeit in der Beinahefinsternis meines Gefängnisses. Es dauerte, bis ich sie soweit öffnen konnte, um meine Umgebung wahrnehmen zu können. Die Sonne stand hoch am Himmel und wärmte meinen durchfrorenen Leib mit ihrem göttlichen Licht. Ich lag noch immer im Pyramidental, genau dort, wo ich in der Nacht zuvor aus meinem Gefängnis entkommen war. Die Teleportrune, die ich verwenden wollte, lag neben mir. Mühsam setzte ich mich auf und versuchte mich zu erinnern, was geschehen war. Offenbar hatte ich das Bewusstsein verloren. Vermutlich war die Anstrengung, nach all der Zeit unter dem Einfluss der Kristalle eine Rune zu verwenden, zu viel gewesen. Meine magische Energie war vollkommen erschöpft und mein Zustand machte die Sache nicht besser – ich konnte vom Glück reden, dass ich den Versuch überlebt hatte! Obwohl ich das antimagische Feld der Kristalle nicht mehr spürte, versagten mir meine Beine den Dienst. Ich musste dringend einen Trank oder etwas Ähnliches finden. Es kostete mich ungeheure Anstrengung langsam vorwärts zu kriechen, aber ich biss die Zähne zusammen und bewegte mich Stück für Stück von der verfluchten Pyramide weg. Zu meiner Linken, am Rande des Tals, befand sich ein Zelt, vermutlich ein Überrest des Lagers der Wassermagier. Vielleicht hatten sie ja etwas zurückgelassen, das mir helfen konnte!
    Während ich um die Ausgrabungsstätte herumkroch, fiel mir eine Pflanze auf, die hier überall wuchs: Blauflieder! Nicht besonders schmackhaft, uninteressant für Alchemisten, aber doch nicht vollkommen nutzlos. In den violetten Beeren der Pflanze waren Substanzen enthalten, die halfen magische Energie zu regenerieren – längst nicht so wirkungsvoll wie Feuerkraut, aber ich war nicht wählerisch. Verglichen mit dem, wovon ich die letzten Jahre über leben musste, schmeckten die bitteren Beeren geradezu himmlisch. Da sie hier in Hülle und Fülle wuchsen, hatte ich mich beinahe satt essen können, bis ich schließlich das Zelt erreichte. Ich war noch immer erschöpft und kraftlos, doch ich spürte, dass die Beeren ihren Zweck nicht verfehlten. Als ich im Zelt angekommen war, schaffte ich es schon wieder mich auf die dort stehende Pritsche zu ziehen und konnte zum ersten Mal seit Jahren wieder bequem liegen. Mit den Augen suchte ich das Zelt ab. Auf einem Tisch lagen verwitterte Pergamentrollen, eine Kerze lag heruntergefallen auf dem Boden und in einer Ecke lagen einige Wolfsfelle. Darüber hinaus gab es nichts. Aber das war nicht weiter tragisch. Ich hatte gegessen und wenn ich jetzt noch ein wenig schlief, standen die Chancen gut, dass ich am nächsten Tag vielleicht schon wieder halbwegs aufrecht gehen konnte. Ich schloss die Augen und war sofort eingeschlafen.

    ~~~

    „Bevor du uns jetzt auch noch erzählst, was du geträumt hast“, wurde Hyglas vom Richter unterbrochen, „schlage ich vor, du kommst langsam mal auf den Punkt! Wir haben auch noch andere Zeugen zu befragen!“
    Der Richter kramte in seinen Dokumenten bis er fand, wonach er suchte. „Homer! Vielleicht machen wir erst einmal eine Pause von Hyglas' Lebensgeschichte und hören von dir, wie du in die ganze Sache verstrickt wurdest!“
    Ein bärtiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht erhob sich und trat vor. Der Richter nickte ihm auffordernd zu und der Mann, Homer, begann zu erzählen.
    „Das fing an, als ich damals in die Minenkolonie verbannt wurde...“
    „BEI INNOS!“, polterte der Richter erzürnt. „Jetzt fang du nicht auch noch so ausschweifend an! Berichte uns, wie du Hyglas getroffen hast, und belasse es dabei!
    „Na schön...“

    ~~~

    Es war Mittag, als ich wieder an die Oberfläche kam. Ich hatte die Anweisungen der Wassermagier wortgetreu befolgt und hatte jetzt nur noch eines zu tun. Ich verließ die düsteren Gewölbe, die das uralte Portal beherbergten, und befand mich wieder vor der Pyramide – die sich seit dem Vortag drastisch verändert hatte!
    Ein Loch klaffte rechts neben der Treppe und Trümmerstücke lagen überall verstreut. Mit einem unguten Gefühl sah ich mir die Sache näher an. Es gab keine Spuren von Werkzeuggebrauch, irgendetwas hatte dieses Loch regelrecht ins Mauerwerk gesprengt. Vermutlich im Laufe der Nacht. Ich hockte mich auf den Boden und besah die Spuren, die für das geübte Auge deutlich im Schutt erkennbar waren. Jemand – oder etwas – ist aus der Pyramide herausgekrochen. Ich verspürte nicht die geringste Lust alleine und ohne Fackeln hineinzugehen, also folgte ich den Spuren in die andere Richtung. Schnell war klar, dass sie zu dem alten Zelt hinter der Ausgrabungsstätte führten. Ich zog meine Waffe und schlich langsam näher. Der Lagerplatz wirkte unberührt, bis auf rötliche Spuren am Boden. Blut? Den Blick auf den Zelteingang gerichtet kniete ich mich hin. Nein, das war kein Blut. Vorsichtig betastete ich die klebrige Masse und roch dran. Blauflieder? Ich wischte meine Finger an der Hose ab und wandte mich dem Zelt zu, das Messer vor mir ausgestreckt. Auf der Pritsche im Inneren lag eine Gestalt. Dem Geruch und dem verfilzten Bart nach zu urteilen, jemand der schon lange nicht mehr in halbwegs zivilisierten Gegenden unterwegs war. Was mich jedoch überraschte war die Kleidung des verwahrlosten Mannes: Er trug etwas, das eindeutig mal eine Robe der Feuermagier gewesen ist.
    Mit einem lauten Schnarcher erwachte der Magier. Als er mich mit erhobener Waffe erblickte, wich er zurück, was ihm offenbar sehr anstrengte.
    Ich entschied, dass vorerst keine Gefahr bestand und steckte das Messer weg.
    „Wer bist du?“, fragte ich. „Und warum treibst du dich hier rum?“
    Unsicher musterte mich der Mann, bis sein Blick auf meinem Aquamarinring hängen blieb.
    „Innos sei Dank!“, murmelte er mit heiserer Stimme. „Mein Name ist... ist.. Hyglas! Ich bin ein Mager des Feuers aus dem Kloster hier auf der Insel. Ich war in der Pyramide gefangen!“
    Hyglas? Der Name war mir bekannt. Die Wassermagier hatten ihren Brüdern im Feuerkloster ihre Hilfe zugesagt, als einer der ihren spurlos verschwand, doch das war gut fünf Jahre her! Dass er all die Zeit über im Inneren der Pyramide gewesen sein soll, und das auch noch überlebt hatte, erschien mir unwahrscheinlich. Andererseits, den Spuren nach ist er zumindest beim Loch in der Pyramide gewesen. Und so wie er aussah...
    „Mal langsam“, begann ich. „Erzähl mir erst mal, wie du überhaupt da rein gekommen bist.“ Bevor Hyglas Gelegenheit hatte zu antworten, fiel mir noch etwas ein. „Bei Adanos, es tut mir Leid! Ich müsste hier noch ein paar Tränke haben, die dir sicherlich helfen werden.“
    Ich kramte in meiner Tasche, bis ich fand wonach ich suchte: Eine Essenz der Heilung. Nicht besonders stark, aber es sollte helfen Hyglas wieder zu Kräften zu kommen lassen.
    Der Magier nahm den Trank dankbar entgegen und leerte das Fläschchen in einem Zug. Er setzte sich mühsam auf und begann mir seine Geschichte zu erzählen.

    ~~~

    „Meister Saturas?“
    Der alte Magier blickte von der Steintafel auf, die er studierte. „Ah, Homer! Gut, dass du kommst! Ich habe einen Auftrag für dich.“
    Ich seufzte innerlich. Natürlich war ich dankbar, dem Ring des Wassers anzugehören. Immerhin hatte ich es den Wassermagiern zu verdanken, dass ich nun wieder ein freier Mann war, trotz meiner Vergangenheit in der Minenkolonie. Aber es wäre schön gewesen, diese Freiheit mal für wenigstens einen einzigen Tag auch genießen zu können, ohne ständig auf neue Botengänge geschickt zu werden...
    „Worum geht es?“, fragte ich stattdessen.
    „Ein Bote der Feuermagier war kürzlich hier. Es scheint, als würde einer von ihnen vermisst.“
    Ein Feuermagier vermisst? Seit der Geschichte mit Ravens Banditen hatte es keine Vermisstenfälle mehr in Khorinis gegeben, nicht mal im Hafenviertel der Stadt. Und jetzt sollte ein Feuermagier verschwunden sein?
    „Ich habe ihnen zugesichert, dass wir alles in unserer Macht stehende tun werden, um ihn zu finden“, fuhr Saturas fort. „Der Name des Verschwundenen ist Hyglas, offenbar beschäftigte er sich zuletzt mit einer unbekannten Rune. Vermutlich ein Teleportzauber.
    Bei diesen Worten zuckte ich zusammen. Wenn dieser Hyglas wirklich so dumm war, eine unbekannte Teleportrune zu benutzen, war es unwahrscheinlich ihn zu finden. Höchstens eines fernen Tages bei Ausgrabungen. Saturas schien meine Gedanken zu erahnen.
    „Wir gehen davon aus, dass er besonnen genug war, den Teleport nicht leichtfertig zu benutzen, und dass er – so Adanos will – noch am Leben ist. Ich möchte, dass du dich umhörst. In den Tavernen, auf den Höfen, in der Stadt... Irgendjemand muss ihn gesehen haben, so groß ist diese Insel schließlich nicht.“

    Ich tat wie geheißen und verbrachte eine Woche damit über die Insel zu streifen und nach Spuren zum Verbleib des Feuermagiers zu suchen. Tatsächlich schien auch er vor seinem Verschwinden viel herumgekommen zu sein. Er wurde auf dem Land des Großbauern gesehen, wo er offenbar einige Zauber ausführte und dann sofort wieder verschwand. Das gleiche geschah wohl auch bei der Taverne „Zur toten Harpye“ im Zentrum der Insel – die zufällig das Hauptquartier des Rings des Wasser in diesem Teil der Welt war. Angeblich will man ihn auch am Hafen gesehen haben, aber die Zeugen waren nicht sehr verlässlich – seit dem Abzug der Paladine bewachte niemand vom Ring mehr den Hafen, also hatte ich nur das Wort betrunkener Hafenarbeiter.
    In der Stadt selbst wurde er nicht gesehen, allerdings war ein Novize aus dem Kloster in der dortigen Taverne und wurde beobachtet, wie er vom Wirt eine Rune erstand. Leider erwies sich auch das als Sackgasse. Der Wirt, Coragon, wusste nichts über die Rune. Er hatte sie beim Wandern gefunden und sofort dem Kloster übergeben wollen, weshalb er sie dem Novizen mitgab. Auf die Frage, warum er sie dann verkauft hatte, zuckte er nur die Schultern. „Ich muss auch sehen, wo ich bleibe.“
    Eine Woche und ich wusste nicht mehr als vorher. Hyglas hatte eine unbekannte Teleportrune untersucht und war kreuz und quer über die Insel gereist, um eine möglichst exakte Peilung vorzunehmen. Ohne mehr über die Ergebnisse dieser Untersuchungen zu wissen, gab es nichts, was ich noch tun konnte. Das berichtete ich auch Saturas, der es wiederum an die Feuermagier weitergab. Sie waren die einzigen, die jetzt noch etwas tun konnten. Ich hingegen ließ die Suche hinter mir und genoss endlich ein paar wohlverdiente freie Tage.

    ~~~

    Ich ging auf und ab, während Hyglas in allen Einzelheiten seine Geschichte erzählte und ich immer unruhiger wurde. Das war nicht gut, gar nicht gut.
    „Wir müssen die Wassermagier warnen“, sagte ich schließlich, als Hyglas fertig war.
    „Das wäre wohl das beste“, entgegnete der Feuermagier. „Sie haben Erfahrung mit der Klaue. Innos sei Dank, dass du hier bist, du musst ihnen das Schwert sofort bringen!“
    Ein Schauder überkam mich. „Oh nein!“, rief ich. „Ich rühr' das Ding nicht an! Davon abgesehen, haben wir ein größeres Problem. Die Wassermagier sind auf der anderen Seite des Portals. Und auf ihre Anweisung hin, haben wir das Portal hinter ihnen versiegelt.“
    Ich zog einen kleinen, runden Stein aus der Tasche.
    „Ein Bruchstück des Ornamentrings, der Schlüssel zum Portal. Ich hatte den Auftrag, es zu eurem Kloster zu bringen, mit der Bitte der Wassermagier, es sicher zu verwahren.“
    Hyglas schwieg eine Weile, während er offenbar angestrengt nachdachte.
    „Also“, begann er, „müssen wir den Ring wieder zusammensetzen, wenn wir die Wassermagier warnen wollen. Wie viele Bruchstücke gibt es? Und wo sind die übrigen?“
    „Es gibt vier, die selben vier, die die Wassermagier damals fanden, als sie das Portal zum ersten mal öffneten. Wir haben sie wieder dorthin zurückgebracht, wo sie damals gefunden wurden. Zu den Steinkreisen hier auf der Insel. Abgesehen von diesem ersten Stück, es befand sich damals hier in dieser Anlage. Aber die Magier befürchteten, hier wäre es nicht sicher genug, deshalb sollte ich es euch übergeben.“
    „Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als die Steinkreise aufzusuchen“, schloss Hyglas.
    Einfacher gesagt, als getan, dachte ich. Einer der Steinkreise lag auf den Feldern des Großbauern – kein sehr Sicherer Ort um etwas zu verstecken. Deshalb waren gewisse Vorkehrungen nötig gewesen, um die ich mich zuerst kümmern musste, wenn wir das Bruchstück zurückholen wollten. Ein weiterer Steinkreis befand sich im großen Wald nördlich der Stadt, selbst unter normalen Umständen ein gefährlicher Ort, aber für einen verletzten Magier, der kaum laufen kann?
    Nein, es gab nur eine Möglichkeit, auch wenn sie mir nicht gefiel.
    „Hör zu“, sagte ich schließlich. „Das beste wird sein, wenn du dich zum Hof des Bauern Lobart aufmachst, direkt südlich der Stadt. Genauer gesagt zu dem Steinkreis in der Nähe des Hofes. Der Mann, dem ich das Bruchstück anvertraut habe, könnte sogar noch dort sein.“
    „Das ist gut“, sagte Hyglas unsicher. „Aber wird er es mir auch geben?“
    Er deutete demonstrativ auf seine zerschlissene Robe.
    Ich seufzte vernehmlich, als ich den Anhänger, den ich an einer Kette um den Hals trug, hervorholte. „Ja, wenn du ihm das hier zeigst.“
    Hyglas sah verwundert auf den Anhänger, der eine Art große, dunkelgrüne Klaue darstellte.
    „Hör gut zu“, sagte ich und hielt ihm den Anhänger hin. „Der Mann, den du suchst heißt Attila. Er gehört nicht zum Ring, aber ich vertraue ihm. Tatsächlich habe ich ihm mein Leben zu verdanken. Allerdings...“
    Ich zögerte einen Moment, bevor ich fortfuhr. „Allerdings ist er auch gefährlich. Womöglich der gefährlichste Mann auf der Insel, zumindest, wenn man ihn nicht kennt. Er hat vor langer Zeit als Auftragsmörder gearbeitet.“
    Den entsetzten Ausdruck in Hyglas Gesicht hatte ich erwartet. So reagierten die meisten.
    „Lass mich ausreden!“, fuhr ich fort. „Sein letztes Opfer erwies sich als stärker als er. Der Kerl hat Attila umgehauen und einfach liegen lassen, glaubte vermutlich, er sei tot. Das hat Attila genutzt. Er ist untergetaucht und hat seine Tätigkeit als Attentäter an den Nagel gehängt. Wie bereits gesagt, ich vertraue ihm, und du solltest das auch!“
    Ich drückte Hyglas den Anhänger in die Hand. „Gib ihm das, dann wird er wissen, dass ich dich schicke.“
    Hyglas starrte ungläubig auf den Anhänger in seiner Hand. Es dauerte eine Weile, bis er die Worte fand, die er suchte.
    „Mal langsam. Du willst, dass ich einem gesuchten Auftragsmörder vertraue? Und deinem Wort, dass er mich nicht töten wird, bloß weil ich ihm eine alte Klaue zeige?“
    „Ganz genau.“
    Der Magier schüttelte den Kopf. „Nein, wenn der Kerl wirklich so gefährlich ist, wird er dann nicht eher glauben, ich hätte dir das Ding hier gestohlen? Was ist das überhaupt?“
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Gute Frage“, sagte ich. „Wenn du es mir gestohlen hättest, würde ich dir ja sicher nicht verraten, was es damit auf sich hat. Sag Attila, das ist die Klaue des Dammlurkers, dann wird er wissen, dass ich es dir freiwillig gegeben habe.“

    ~~~

    „Dammlurker?“, fragte der Richter verwirrt. „Was bei Innos ist ein Dammlurker?“
    Homer verdrehte die Augen. „Das wollte ich am Anfang ja erklären! Das war damals in der Minenkolonie...“
    Der Richter seufzte. „Schon gut, schon gut. Also raus mit der Sprache, was hat es mit diesem Dammkurker auf sich? Aber mach es kurz!“

    ~~~

    Vorsichtig fuhr ich mit der Hand über die raue Außenfläche des Damms, der den Fluss im Neuen Lager der Minenkolonie von Khorinis aufstaute. Die Feuchtigkeit, die durch das Holz sickerte, war deutlich zu spüren. Auf der anderen Seite musste es wieder eine Schwachstelle geben. Dieser verfluchte Lurker!
    Ich nickte dem Vorsteher der Reisplantage – dem Reislord – zu und ging wieder den Weg hinauf zum Damm. Schon seit Tagen machte sich ein Lurker, eine Art große, langbeinige Echse, die für gewöhnlich in Seen und Tümpeln lebte, am Fundament des Damms zu schaffen. Warum es ausgerechnet dort seine Klauen wetzen musste, war mir ein Rätsel, aber wenn es damit nicht aufhörte, würde der Damm früher oder später brechen.
    Wie so oft in diesen Tagen stand ich nun auf dem Damm und hielt Ausschau nach dem Mistvieh. Oder nach dem Neuen, der sich seit einiger Zeit hier rumtrieb und mir versprochen hatte, sich um den Lurker zu kümmern. Das war nun zwei Tage her, aber bisher gab es keine Spur, weder von ihm noch von dem Lurker.
    Ich ließ den Blick gerade über die Reisfelder schweifen, als ich hinter mir eine Stimme vernahm.
    „Hey, du!“
    Es war der Unbekannte. Und in seiner Hand hielt er die abgetrennte Klaue eines Lurkers.
    „Ich hab' das Biest erledigt!“, sagte er und hielt mir die Lurkerklaue hin. Ich nahm sie und betrachtete die Klauen, die schon so lange am Damm gekratzt hatten.
    „Gut!“, sagte ich. „Ich habe schon zusammen mit einigen Leuten des Reislords die gröbsten Schäden behoben, die es bisher angerichtet hat.“
    Ich seufzte. „Jetzt kann ich mich endlich mal wieder in Ruhe schlafen legen.“
    Der Kerl verschwand, überraschenderweise ohne nach einer Belohnung zu fragen. Er erkundigte sich später noch ein paar Mal, ob mit dem Damm alles in Ordnung sei, aber davon abgesehen, sah ich ihn nicht wieder.
    Die Klaue zeigte ich Wolf, einem der Banditen im Lager. Er war ein Experte in der Verarbeitung von Jagdtrophäen, immerhin war er es auch, der aus Fellen und Häuten die stabilen Leder- und Fellrüstungen anfertigte, mit denen die Banditen herumliefen. Er bastelte mir aus der Klaue einen Anhänger, den ich seit dem als Glücksbringer bei mir trug.

    ~~~

    Hastig kippte ich den Manatrank herunter, den Homer mir zum Abschied noch gegeben hatte, und humpelte weiter den Weg entlang, der aus dem Tal führte. Ich hielt es noch für zu gefährlich eine Teleportrune zu verwenden, also musste ich den Weg zum Steinkreis beim Hofe dieses Lobart zu Fuß zurücklegen. Natürlich wäre es wohl besser, direkt zum Kloster zu gehen, aber es stand zu viel auf dem Spiel – die Klaue Beliars war zu gefährlich, vor allem wenn man bedenkt, wie ich sie gefunden hatte...
    Nein, erst musste das Portal zu den Wassermagiern geöffnet werden, damit sie sich der Sache annehmen konnten. Danach konnte ich mich im Kloster erholen, während die Miliz sich Coragon vorknöpfen konnte, der an alldem Schuld war.
    Jetzt war erstmal nur eines wichtig: Diesen Attila finden, und hoffen, dass die Lurkerklaue an der Kette um meinen Hals genug war, um ihn zu überzeugen mir zu helfen.

  4. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #4 Zitieren
    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    An Ort B trifft Person A auf ihre alte Bekanntschaft Person D. Person D erzählt Person A, dass Person C an Ort C weilt. Person A und Person D brechen gemeinsam zu Ort C auf.




    „Halt! Keinen Schritt weiter!“, rief mir der Milizsoldat am Stadttor zu. „Vagabunden wie du haben hier nichts zu suchen! Vielleicht lässt ein Bauer dich in seiner Scheune schlafen, aber in die Stadt lassen wir kein solches Gesindel!“
    Nach dem langen Marsch von Pyramidental bis hierher war ich zu erschöpft, um darüber empört zu sein. Und gemessen an meinem Äußeren, hatte die Stadtwache leider gar nicht so unrecht. Bevor ich jedoch auch nur versuchen konnte, meine Situation zu erklären, mischte sich eine weitere Stimme in das Gespräch ein.
    „Hyglas? Bei Innos! Bist du es wirklich?“
    Bruder Daron, einer der anderen Feuermagier, der oft in der Stadt weilte um Spenden zu sammeln und den Segen Innos' zu erteilen, drängte sich mit ungläubiger Miene zwischen die beiden Torwächter.
    „Daron! Es tut gut ein vertrautes Gesicht zu sehen“, murmelte ich.
    „Ich muss Gestehen, wir hätten nicht geglaubt, dass du noch lebst. Nach all den Jahren... Was ist passiert? Nimm es mir nicht übel, aber du siehst furchtbar aus!“
    „Das ist eine lange Geschichte, und ich fürchte, sie muss noch ein wenig länger werden, bevor ich sie dir erzählen kann. Ich muss dringend durch die Stadt, zum Hof des Bauern Lobart. Bitte, Bruder, es ist von höchster Wichtigkeit!“
    Daron schien unschlüssig. Die beiden Wachen kehrten widerstrebend zu beiden Seiten des Tores zurück, offensichtlich nicht allzu begeistert, dass der abgerissene Landstreicher – ich – offenbar sehr wohl berechtigt war, die Stadt zu betreten.
    Schließlich ergriff Daron wieder das Wort.
    „Ich will dir glauben, Bruder, aber so kann ich dich unmöglich gehen lassen! Komm mit, der Trankhändler Zuris gewährt mir Unterkunft, wann immer ich in der Stadt bin, es ist gleich da vorne. Ich werde ihn bitten, den Badezuber zu füllen, und dir eine meiner Roben geben. Danach kannst du dich auf den Weg machen, während ich den Hohen Rat von deiner Rückkehr unterrichte. Es wäre allerdings gut, wenn du mir zumindest einen Hinweis geben könntest, worum es hier überhaupt geht“, fügte er hinzu.
    Dankbar gab ich ihm einen schnellen Überblick, während er mich zum Haus führte.

    ~~~

    Nur eine Stunde später verließ ich frisch gebadet – ich hatte schon ganz vergessen, wie gut sich das anfühlt! – und in einer sauberen Robe die Stadt durch das Südtor. Schon nach kurzer Zeit machte ich zu meiner Linken Felder und dahinter ein Bauernhaus aus. Der Steinkreis, nach dem ich suchte, befand sich direkt dahinter, auf einer Anhöhe. Es dauerte nicht lang, bis ich in der Ferne eine Gestalt ausmachte, die zwischen den gewaltigen Findlingen offenbar gegen einen Feldräuber kämpfte. Das musste Attila sein!
    Als ich jedoch näher kam, erkannte ich, dass es wohl nur einer der Bauern war. Die dunkle Haut passte zumindest nicht zu der Beschreibung Attilas, die ich von Homer erhalten hatte.
    Nichtsdestotrotz ging ich zu dem Bauern, der gerade dem Feldräuber den Todesstoß verpasste. Vielleicht hatte er Attila ja gesehen.
    „Ein Mistvieh weniger!“, sagte er zu niemand bestimmten, als er sein Schwert wegsteckte.
    „Innos zum Gruß“, rief ich ihm zu. „Ich bin auf der Suche nach jemandem und habe ge... Bei Innos! Jakob?!“
    Der Mann verdrehte genervt die Augen.
    „Ich hab's dir damals schon gesagt, nenn' mich nicht so! Ich heiße Jack, klar? Wobei mich die meisten inzwischen Alligator Jack nennen.“, ergänzte er mit einem Anflug von Stolz in der Stimme.

    ~~~

    „Augenblick!“, unterbrach der Richter, wieder einmal, die Aussage. „Alligator Jack? Der berüchtigte Pirat?“
    Hyglas nickte.
    „Hmpf, so langsam verstehe ich das mit dem... Höchstverrat. Du sagst du kanntest ihn bereits? Das würde mich mal interessieren. Was hat ein angesehener Magier mit einem dreckigen Piraten zu schaffen?“
    „Das ist lange her...“, setzte Hyglas an.

    ~~~

    Caldera. Der südlichste Zipfel des Reiches, gewissermaßen der Rand der Welt. Zumindest der zivilisierten Welt. Ich hatte gehört, dass es auf einigen Inseln südlich von hier Piratennester gab. Und angeblich gab es jenseits des Meeres Gebiete, die von Wilden bewohnt wurden. Doch ob das stimmte oder ob tatsächlich mal jemand dort gewesen war, wusste ich nicht.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als ich von Bord des Handelsschiffes ging. Es war ein heißer Tag und ich war froh, dass die üblichen Novizengewänder keine Ärmel hatten.
    Es kam nicht häufig vor, dass Novizen das Kloster verließen, abgesehen von gelegentlichen Botengängen. Da ich allerdings aus einer alten Familie reich an Geld und Einfluss stammte, hatte ich die einmalige Gelegenheit die Welt zu bereisen und in mehr als nur einem Kloster zu lernen. Ich war bereits im hohen Norden gewesen, und hatte von den Meistern des hohen Klosters in Nordmar gelernt. Von der unerbittlichen Wüste Varants und den südlichen Inseln bis zu den rauen Gewässern des östlichen Archipels hatte ich beinahe jeden Winkel der vier Reiche besucht. Ich hatte alte Schriften im Kloster von Farangar studiert, Kristallmagie auf Taranis, hatte sogar mit eigenen Augen die Erschaffung der Barriere auf Khorinis mitangesehen – und die fatalen Folgen. Auch wenn ich nur ein Novize war, hatte ich vermutlich schon mehr gelernt, also so mancher altehrwürdige Magier. Nach meiner Rückkehr nach Vengard, würde ich mit Sicherheit endlich in den ersten Kreis der Magie aufgenommen werden.
    Um mich herum herrschte emsiges Treiben, als das Schiff ent- und beladen wurde. Der Kapitän feilschte mit dem Hafenmeister, Arbeiter rollten Fässer in und aus dem Lagerhaus am Kai und mitten drin stand ein junger Mann und schien auf jemanden zu warten. Als er mich erblickte, setzte er ein einstudiertes Lächeln auf und ging auf mich zu.
    „Willkommen in Caldera! Ich bin... Jakob, man hat mich geschickt dich hier in Empfang zu nehmen.“
    Er streckte mir eine wettergegerbte Hand entgegen, die eher zu den Hafenarbeitern zu passen schien, als zu einem Gesandten der Magier.
    „Woher wussten die Magier, dass ich heute ankommen würde? Die Abfahrt meines Schiffes hat sich immer wieder verzögert, weil angeblich orkische Galeeren nahe der südlichen Inseln gesehen worden sind


    Anmerkung: Hier hat mir einfach die Zeit gefehlt
    War mir wichtiger, die eigentliche Vorgabe noch mit reinzubringen, der Rest dieser Rückblende folgt dann leider erst NACH dem Wettbewerb
    Zurück zu Hyglas.


    ~~~

    „Also gut, dann eben Jack. Was treibst du hier? Ich dachte, du hättest auf einem Schiff angeheuert?“
    „Habe ich auch“, sagte Jack. „Und mein Käpt'n ist wohl der mit Abstand... sagen wir, berühmteste Seefahrer der vier Reiche. Ich bin in seinem Auftrag hier, ich soll ein wenig die Stadt im Auge behalten. Und weil ich in der Stadt... nicht gern gesehen werde, habe ich eben von hier aus einen Blick auf die Stadttore. Gibt keine bessere Tarnung, als die eines Bauerntölpels!“
    Jack grinste breit. „Selbst Käpt'n Greg ist damit durchgekommen, kannst du dir das vorstellen?“
    Ich runzelte die Stirn. Von Kapitän Greg hatte selbst ich gehört, der berüchtigste Pirat des myrtanischen Meeres. Auch wenn ich gehofft hatte, dass Jakob – Jack – ehrlicher Arbeit nachging, habe ich es nie wirklich geglaubt. Aber dass er sich einer so üblen Piratenbande angeschlossen hatte...
    „Naja, genug von mir. Was machst du hier? Du sagtest, du suchst jemanden?“
    „Hm? Oh, ja, richtig. Ich suche einen Mann namens Attila, angeblich soll er sich hier aufhalten. Du hast ihn nicht zufällig gesehen?“
    Jack wich einen Schritt zurück.
    „Was in Beliars Namen hast DU denn mit Attila zu schaffen? Ein ehrbarer Magier und ein gesuchter Auftragsmörder? Der Kerl war in seinen besten Tagen schlimmer als ich, und das will was heißen!“
    Ich seufzte. „Ich habe wirklich keine Zeit, dir das zu erklären. Aber ich muss dringend mit ihm reden! Weißt du, wo er ist?“
    „Er war heute früh hier. Hat den Steinkreis untersucht, warum auch immer. Aber du hast ihn verpasst, er ist schon vor Stunden wieder aufgebrochen. Allerdings“, fügte er hinzu, „weiß ich, wo er hin wollte. Wird dir aber nicht gefallen.“
    „Lass es drauf ankommen“, sagte ich. „Es steht viel auf dem Spiel, ich muss ihn einfach finden!“
    „Na gut. Er wollte ins Minental. Genauer gesagt in das alte Orkdorf. Allerdings wird er Schwierigkeiten haben dort hinzukommen. Die einzige Brücke dorthin ist eingestürzt, also werden wir ihn wohl fluchend vor den Überresten der Brücke finden.“
    Ich setzte mich ins Gras. Das war zu viel. Die Reise bis hierher war schon anstrengend genug, aber jetzt noch durch die Berge zum Pass in die alte Minenkolonie um dort – wo auch immer – die Überreste einer eingestürzten Brücke zu finden, nur in der vagen Hoffnung, dass Attila sich dort aufhält...
    „Ich habe keine Wahl“, sagte ich schließlich. „Es ist zu wichtig.“
    „Gut“, sagte Jack. „Dann sollten wir uns auf den Weg machen, sonst schaffen wir es nicht vor Einbruch der Dunkelheit.“
    „Wir?“
    „Natürlich“, sagte Jack nickend. „Ich schulde dir noch was, und sein wir ehrlich: So wie du aussiehst, schaffst du das niemals allein, Magie hin oder her. Also los, steh auf, wir haben einen weiten Weg vor uns!“
    Mühsam erhob ich mich und machte mich zusammen mit Jack auf den Weg.

  5. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #5 Zitieren
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    Vorgabe 4:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    An Ort C erfährt Person A, dass Person C schon vor langer Zeit gestorben ist – was zutrifft. Person D benutzt in Gegenwart von Person A den Gegenstand A. Person A erkennt (zutreffenderweise), dass Person D im Auftrag von Person B handelt und Person A zu Ort A zurückbringen soll. Wegen Gebrechen A sieht Person A keine Chance, sich offen gegen Person D zu wehren. Person A verzichtet daher auf eine offene Konfrontation mit Person D.




    Wieder dauerte die Reise recht lang. Wir schlugen uns durch die Berge nach Süden, bis zum Pass, und erreichten das Minental schließlich gegen Abend. Unter anderen Umständen hätten wir es sicher schon bis ans Ziel geschafft, aber ich hatte mich noch immer nicht vollständig erholt und hielt jedes Mal an, wenn ich am Wegesrand eine Feuernessel oder ähnliches erblickte. Roh schmeckten sie zwar nicht besonders gut, aber sie halfen.
    Wir schlugen ein primitives Lager auf einem Felsvorsprung auf, direkt auf der anderen Seite einer Brücke, die sich vom Eingang einer alten Mine über den Pass schwang.
    Am nächsten Tag setzten wir unsere Reise fort. Es war das erste Mal, dass ich das Tal der Minen betrat. Einmal, vor vielen Jahren, als die Barriere erschaffen worden war, hatte ich es von weitem erblickt. Den Berichten aus der Zeit vor meiner Gefangenschaft nach, hatte sich das Tal nach dem Zusammenbruch der Barriere radikal verändert. Verwüstet von Orks, Echsenmenschen, ja sogar Drachen, war das Land verbrannt und öde. In den letzten fünf Jahren schien es sich jedoch allmählich erholt zu haben. Junge Bäume wuchsen aus der Asche der verbrannten Wälder, frisches Gras eroberte die kahlen Flächen zurück und auch die Menschen waren zurückgekehrt. Jack erzählte mir, dass einige Händler eine neue Minengesellschaft gegründet und damit begonnen hatten, hier im Tal wieder magisches Erz zu fördern, vor allem im Westen, wo angeblich zur Zeit der Barriere noch bis zuletzt geschürft worden war. Unser Ziel lag jedoch weiter im Süden, in dem Bereich, den man früher das „Orkgebiet“ nannte. Jahrhunderte lang die Heimat eines Orkstammes, war das Land nun verlassen. Nach dem Fall der Barriere schlossen sich die Orks ihren Brüdern vom Festland bei der Belagerung der Burg im Zentrum des Tals an. Nachdem der Krieg zu Ende war, kehrten die wenigen Überlebenden nicht in ihr zerstörtes Dorf zurück, sondern verließen die Insel.
    Es war bereits Mittag, als wir in der Ferne einen unheimlichen Turm ausmachten, ähnlich dem südlich von Khorinis, in dem der Dämonenbeschwörer Xardas gehaust hatte. Wir wandten uns nach Westen und erreichten kurze Zeit später die eingestürzte Brücke, hinter der das alte Orkdorf lag. Ich hatte, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet, Attila hier vorzufinden. Umso größer war meine Überraschung, als ich nicht nur ihn, sondern gleich einen ganzen Haufen Leute vorfand, die hier ihr Lager aufgeschlagen hatten.
    „Jack!“, rief einer von ihnen, der Homers Beschreibung nach Attila sein musste.
    „Da bist du ja endlich! Sieht aus, als hätte alles geklappt?“
    „Wie am Schnürchen. Darf ich vorstellen, der Feuermagier Hyglas. Hyglas, das ist Morgan, mein Entertruppführer.“
    Ich blieb abrupt stehen. Was in Innos Namen ging hier vor?
    „Morgan? Ich dachte du wärst Attila! Homer hat mich geschickt dich zu suchen.“
    Der Mann, den ich für Attila gehalten hatte, fing an zu lachen.
    „Tja, ich muss dich leider enttäuschen“, sagte er gespielt traurig. „Attila ist schon seit.. puh, über fünf Jahren tot. Du wirst wohl mit mir Vorlieb nehmen müssen!“

    ~~~

    „Moment, was soll das heißen, Attila ist seit fünf Jahren tot?“, rief der Richter überrascht. „Homer hat doch eben noch ausgesagt, sich mit ihm getroffen zu haben!“
    Er warf Homer einen empörten Blick zu. „Oder war das etwa gelogen?“
    Der Angesprochene war kreidebleich.
    „Ich... verstehe das nicht... tot? Das kann nicht sein, ich habe mit ihm gesprochen!“, verteidigte er sich.
    „Es kann ja wohl nicht beides wahr sein! Homer, reiß dich zusammen und erzähl uns, was du über Attila weißt. Oder zu wissen glaubst.“

    ~~~

    Ich hätte auf Torlof hören sollen!, dachte ich wütend. Er hatte mir bei meiner Flucht geraten, Ruhe zu bewahren und bei den anderen zu bleiben. Aber ich wollte einfach nur weg und habe ihn stehen lassen.
    Als die Barriere, die gut zwanzig Jahre lang wie eine Kuppel aus Blitzen das Minental umgeben und so jede Flucht der Sträflinge unmöglich gemacht hatte, endlich zusammenbrach, war auf einen Schlag alles anders geworden. Neues Lager, Altes Lager... Drauf geschissen! Es zählte nur noch eines: Freiheit!
    Obwohl ich einer der Gründer des Neuen Lagers gewesen war, war selbst mir plötzlich alles egal. Ich wollte nur noch weg, weg vom Damm, weg von den Lurkern, weg von den ewig gleichen Gesichtern.
    Die Söldner hingegen hatten es richtig gemacht: Unter der Führung von Lee hatten sie und ein Großteil der Banditen sich gesammelt, organisiert und sind geschlossen losgezogen. Meine überstürzte Flucht hingegen hatte nur dazu geführt, dass ich nun allein in einer feuchten Höhle hockte und seit drei Tagen nichts gegessen hatte... Und damit hatte ich noch Glück. Nur die Wenigsten, die auf eigene Faust losgezogen waren, haben es überhaupt aus dem Tal heraus geschafft. Mehr oder weniger große und weniger oder mehr organisierte Gruppen von ehemaligen Gefangenen waren über Nacht zu Herumtreibern und Banditen geworden, die jeden überfielen, der ihnen über den Weg lief.
    Die Reisbauern des Neuen Lagers waren die ersten Leichen, die ich auf meiner Flucht sah, niedergemacht vom Reislord und seinen Schlägern, die ihre wenigen Vorräte, die sie in aller Hast zusammengeklaubt hatten, nicht teilen wollten.
    Eine größere Gruppe aus dem Alten Lager tötete wahllos jeden, der das Pech hatte ihnen zu begegnen – mich hätten sie beinahe auch erwischt. Am schlimmsten waren jedoch die Sektenspinner, aus dem Lager im Sumpf. Sie schienen wie von Sinnen, rannten planlos umher, griffen im Alleingang selbst große Gruppen an, warfen sich schreiend auf den Boden oder saßen völlig apathisch in der Gegend herum.
    Es grenzte an ein Wunder, dass ich es lebend aus dem Tal geschafft hatte. Und nun hockte ich hungrig in dieser modrigen Höhle, die zu allem Überfluss auch noch in der Nähe einer Taverne lag – in die ich als entflohener Häftling natürlich nicht einfach hereinspazieren konnte, vor allem ohne Geld.
    In der Höhle selbst gab es nichts Essbares. Keine Tiere, die hier hausten, nicht mal Pilze oder Moos. Das einzige, was sich, abgesehen von mir selbst, in dem engen Felsspalt befand, war eine merkwürdige Steinplattform, von der ein eigenartiges Schimmern ausging – wäre ich bei Kräften gewesen, hätte ich mir wohl eine andere Höhle gesucht, so beschränkte ich mich aber darauf, möglichst weit von dieser Plattform entfernt zu bleiben.
    Gerade, als ich mich fragte, ob meine zerrissene Kleidung möglicherweise essbar war, ertönte plötzlich ein lautes Rauschen von der Plattform. Erschrocken blickte ich auf, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie in einem hellen Licht eine Gestalt erschien.
    „Innos?“, hauchte ich kaum hörbar. Doch kurz darauf war klar, dass es keine göttliche Erscheinung war. Gut, ich hatte noch nie einen Gott gesehen, aber ich konnte mir bei bestem Willen nicht vorstellen, dass Innos ein schlecht rasierter Mann in einer Lederrüstung war.
    „Verflucht, was war das? Wo kommst du auf einmal her?“, fragte er mich mit leiser, seltsam beherrscht klingender Stimme.
    Ich runzelte die Stirn.
    „Ich? Ich war die ganze Zeit hier. DU bist plötzlich aus dem Nichts hier aufgetaucht!“
    Der andere kniff misstrauisch die Augen zusammen, dann sah er sich schnell in der kleinen Höhle um.
    „Das ist tatsächlich eine andere Höhle, interessant! Ich war gerade... nun, sagen wir, in einem freundschaftlichen Wettrennen mit einigen Mitgliedern der Stadtwache, als ich in diese Höhle lief und vor mir plötzlich diese Plattform war. Bevor ich anhalten konnte, hatte ich sie schon betreten und dieses blendende Licht erschien. Und jetzt bin ich hier. Sag mir, wo genau ist dieses hier?“, fragte er.
    „So genau weiß ich das nicht. Ich bin... neu in der Gegend. Aber ein Stück nördlich von hier scheint es eine Taverne zu geben, falls dir das was sagt.“
    „So so. Das ist gut. Neu in der Gegend, hm? Nicht zufällig ein... Reisender aus dem Süden?“
    Die ruhige Stimme des Mannes in Kombination mit den kalten, stechenden Augen, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich hatte den Eindruck, dass es einem nicht gut bekommt, ihn zu belügen.
    „Könnte man so sagen“, antwortete ich schließlich. „Mein Name ist Homer.“
    „Namen sind bedeutungslos. Aber wenn es dir wichtig ist, mich nennt man Attila.“
    Der Anflug eines Grinsens schlicht auf sein Gesicht. „Ich würde ja so was sagen wie, du hast bestimmst schon von mir gehört, aber ich bezweifle, dass mein Ruf bis in die Barriere vorgedrungen ist – auch wenn so mancher sich freiwillig verhaften ließ, um mir zu entgehen.“
    Das klang nicht gerade, als wäre er ein sonderlich angenehmer Zeitgenosse.
    „Entgehen?“, fragte ich, bereute es aber sofort. Es wäre vermutlich besser, es nicht zu wissen. Attila aber lächelte nur.
    „Nun, ich helfe Leuten, die Probleme haben. Ich kümmere mich um diese Probleme, lasse sie verschwinden. Wenn die Bezahlung stimmt. Und die Leute, die ein Problem für meine Auftraggeber darstellen, tun gut daran mir zu entgehen.“
    „Es scheint, als wären wir in ähnlicher Lage“, fuhr er fort. „Keiner von uns möchte der Stadtwache über den Weg laufen. Also...“
    Er griff in den Beutel den er bei sich trug und zog etwas heraus. Ich zuckte zusammen, als er es auf mich richtete. Es stellte sich jedoch als Laib Brot heraus.
    „...können wir einander helfen. Du siehst hungrig aus. Iss nur, und dann überlegen wir, wie wir hier weg kommen. Ich an der Stadtwache vorbei zurück ins Hafenviertel und du wohin auch immer du willst.“

    Attila erzählte mir von der Situation in der Stadt, vom Krieg und von vielen anderen Dingen, die sich in meiner Abwesenheit ereignet hatten. Im Gegenzug erzählte ich ihm vom Leben in der Kolonie, von den Lagern, dem täglichen Kampf ums überleben. Als ich ihm schließlich von den Wassermagiern erzählte, kam ihm eine Idee.
    „Ich habe Gerüchte gehört, dass die Wassermagier für einige wenige Getreue eine Begnadigung erwirken konnten. Für mich klingt es so, als könnte das etwas für dich sein. Immerhin scheinst du ihnen in der Vergangenheit den einen oder anderen Dienst erwiesen zu haben.“
    Ich dachte darüber nach. Soweit, dass die Wassermagier mir etwas schuldeten, würde ich nicht gehen, aber ich war immerhin ein Mitbegründer des Neuen Lagers, in dem sie gelebt hatten. Und ich war für den Bau des Dammes verantwortlich gewesen, der uns den Anbau von Reis ermöglicht und uns so von den Lieferungen aus der Außenwelt unabhängig gemacht hatte. Es war gut möglich, dass die Wassermagier mir helfen konnten. Und für sie zu arbeiten wäre ein geringer Preis, für meine Freiheit.
    „Klingt gut“, sagte ich schließlich. „Aber wo sind sie? Und wie soll das dir helfen?“
    „Ganz einfach“, begann Attila. „Es gibt einen Vertreter der Wassermagier in der Stadt. Du gehst einfach zum Stadttor und verlangst ihn zu sehen. Er hört jeden entflohenen Sträfling an, bevor er eingekerkert wird, könnte ja schließlich sein, dass die Magier ihm noch was schulden. Und während die Soldaten abgelenkt sind, schleiche ich mich einfach wieder in die Stadt.“

    Gemeinsam brachen wir schließlich in Richtung Hafenstadt auf. Kurz vor dem Osttor von Khorinis verabschiedeten wir uns. Es stellte sich heraus, dass Attila Recht gehabt hatte. Die Miliz brachte mich sofort zu einem Wassermagier namens Vatras. Als ich ihm erzählte, wer ich war, benachrichtigte er Saturas, den Anführer der Magier aus der Kolonie. Es dauerte nicht lange, bis sie tatsächlich meine Begnadigung erwirkt und mich in ihren Bund aufgenommen hatten, den Ring des Wassers.

    ~~~

    „Ist ja alles schön und gut...“, begann der Richter genervt. „Ich meinte aber eher deine letzte Begegnung mit ihm!“
    „Also, so gesehen war das die letzte. Ein paar Wochen später erfuhr ich, dass Attila von so einem namenlosen Kerl getötet worden war“, fuhr Homer fort. „Ich glaube, der Typ war später sogar im Ring des Wassers, soweit ich weiß, hat er seine Nase so ziemlich überall reingesteckt.“
    Ein überraschter Ausdruck zeigte sich auf seinem Gesicht.
    „Ich frage mich, ob das der selbe war, der mir damals auch mit dem Lurker gehol...“
    „Innos noch eins, komm zum Punkt!“, schrie der Richter zornig. „Attila, letzte Begegnung, los!“

    ~~~

    „Ein Mistvieh weniger!“
    Ich wischte die Überreste des Moskitos von meiner Hand und bahnte mir weiter einen Weg durch das dichte Gestrüpp. Das Lager der Wassermagier war nicht mehr weit, und mit etwas Glück würde mein nächster Auftrag mich wieder durch das Portal in angenehmere Gefilde führen. Irgendwie war es erstaunlich, dass das Klima hier oben in Jharkendar, dem versteckten nördlichen Teil der Insel Khorinis, so viel anders war, als ein paar Meilen weiter südlich. Die Magier hatten sicherlich unglaublich komplizierte und unverständliche Erklärungen dafür, aber im Grunde war es mir egal. Nur die lästigen Viecher waren es nicht. Wieder schlug ich nach dem nächsten Blutsauger, der versuchte auf mir zu landen. Wenigstens explodieren die nicht, so wie ihre großen Brüder im Sumpf, fuhr es mir durch den Kopf.
    Kurz darauf erreichte ich endlich die Ruinen, die die Magier erforschten, und konnte Saturas meinen Bericht abliefern.

    „Gute Arbeit! Ich würde sagen, du hast dir eine Pause verdient.“
    Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als ich Saturas Worte vernahm. Endlich mal ein paar Tage raus aus diesem Tal!
    „Eine letzte Sache wäre da aber noch...“
    Das Grinsen erstarb.
    „Geh, und hol Gaan und Cavalorn, es betrifft die beiden auch!“
    Verwundert ging ich zu dem verfallenen, antiken Gebäude, in dem wir vom Ring untergebracht waren. Ich fand Cavalorn mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf seiner Pritsche liegend und geistesabwesend an die Decke starrend vor, während Gaan auf einem Hocker saß und Pfeile schnitzte.
    „Steht auf, Saturas will uns sehen. Er hat wohl einen Auftrag für uns.“
    Murrend stand Cavalorn auf. Gaan befestigte noch die Spitze am Pfeil, bevor auch er sich erhob und Cavalorn nach draußen folgte. Ich schloss mich den beiden an und gemeinsam kehrten wir zu Saturas zurück, der im großen Tempel beim Portal auf uns wartete.
    „Da seid ihr ja, gut“, sagte er, als er uns sah. „Ich habe einen Auftrag für euch. Vorerst der letzte, den ihr von mir erhalten werdet.“
    Cavalorn runzelte die Stirn, Gaan stieß ein irritiertes Grunzen aus. Auch ich war verwirrt.
    „Wir haben beschlossen, den Zugang zum Tal wieder zu versiegeln“, fuhr Saturas fort. „Wir Magier werden hier bleiben und unsere Studien fortführen, aber von euch können wir das unmöglich verlangen. Deshalb werdet ihr durch das Portal zurückkehren und es von der anderen Seite aus verschließen. Nehmt den Ornamentschlüssel an euch, und zerbrecht ihn! Ich möchte, dass ihr die Bruchstücke wieder dort versteckt, wo wir sie damals gefunden hatten.“
    Eine Weile sagte keiner etwas. Schließlich war es Cavalorn, der das Schweigen brach.
    „Du willst, dass wir euch hier... einsperren? Es wird sein wie damals in der Barriere, wollt ihr das wirklich?“
    Saturas lächelte.
    „Eure Sorge um uns ehrt euch, aber sie ist unnötig. Wir haben hier alles, was wir brauchen. Und sollte der Tag kommen, an dem es Zeit wird, Jharkendar zu verlassen... Nun, es gibt mehr als nur einen Weg, um hier wegzukommen.“
    Das stimmte wohl, dennoch gefiel mir der Gedanke nicht, dass Saturas und die anderen sich mit den Piraten an der Westküste einlassen mussten, um hier wegzukommen.
    „Nun, wenn ihr euch sicher seid...“, sagte Cavalorn.
    „Wir haben lange darüber diskutiert. Es ist besser so, das Portal sollte geschlossen werden, es ist einfach zu gefährlich. Nicht auszudenken, wozu es missbraucht werden könnte...“
    Saturas fuhr fort uns genaue Anweisungen zu geben, doch ich hörte nur halb zu. Mir war nicht ganz klar, was er damit meinte, dass das Portal missbraucht werden könnte. Schließlich war es doch nur ein Teleporter, der den Tempel hier mit seinem Gegenstück im Süden verband. Aber die Aussicht auf ein paar freie Tage war zu verlockend, um die Entscheidung in Frage zu stellen.
    „Wenn das Portal versiegelt ist, meldet euch bei Orlan, er wird fortan den Ring des Wassers auf dieser Insel anführen“, schloss Saturas seinen Vortrag. „Geht jetzt, und möge Adanos mit euch sein.“
    Mit diesen Worten ließ der Wassermagier uns stehen und verließ den Tempel.
    „Tja, dann sollten wir uns wohl auf den Weg machen“, meinte Gaan.
    „Geht ihr beiden schon mal vor“, sagte ich. „Ich muss noch meinen Kram zusammenpacken. Ich seh' euch dann auf der anderen Seite.“
    Gaan nickte nur und betrat, gefolgt von Cavalorn, das helle Licht im Zentrum des geheimnisvollen Portals, das die beiden wieder nach Khorinis bringen würde.
    Hastig kehrte ich in die Unterkunft zurück um meine Habseligkeiten einzusammeln, doch zu meiner Überraschung war schon jemand dort.
    „Es ist lange her, Homer“, sagte der Mann mit leiser Stimme. Das schlecht rasierte Gesicht kam mir vage bekannt vor, auch wenn es breiter wirkte, als in meiner Erinnerung.
    „Attila? Bist du das?“, fragte ich ihn ungläubig. Irgendetwas war anders an ihm, aber immerhin hatte ich ihn damals nur kurze Zeit gekannt. Bevor er starb...
    Das Lächeln, das sich nicht auf seine kalten Augen erstreckte, war zumindest noch das gleiche.
    „Sagen wir einfach, die Gerüchte über meinen Tod waren ein wenig übertrieben.“
    Es stellte sich heraus, dass er – nach dem Kampf gegen den Unbekannten schwer verletzt – von den Piraten aus der Stadt geschafft worden war. Er hatte die Gelegenheit genutzt um seinen Tod vorzutäuschen und aus Khorinis zu verschwinden. Nun jedoch wollte er zurück in die Zivilisation, oder – wenn man das Hafenviertel betrachtete – etwas ähnlichem.
    Da ich ihm noch etwas schuldig war, betrachtete ich es als selbstverständlich, ihm zu gestatten mit mir durch das Portal zu gehen. Kurze Zeit später stießen wir auf der anderen Seite zu den wartenden Gaan und Cavalorn.
    „Warum hat das so lange gedauert?“, fragte letzterer. „Und wer ist der Kerl? Doch nicht etwa einer der Piraten?“
    „Keine Sorge, er ist ein alter Freund“, verteidigte ich Attila. „Wir können ihm vertrauen, er saß nur eine Weile in Jharkendar fest und wollte endlich zurück in die Heimat, das ist alles. Du hast Glück“, fuhr ich an Attila gewandt fort. „Etwas später und das Portal wäre geschlossen gewesen.“
    Mit diesen Worten zog ich einen verzierten, steinernen Ring aus einer Vertiefung neben dem Portal. Es gab ein gewaltiges Rumpeln, als sich knirschend große Steinplatten vor den Durchgang schoben, und das Portal wieder versiegelten. Mit einem letzten dumpfen Rumms war es verschlossen und das helle Licht des magischen Portals war hinter dickem Stein weggesperrt. Die Kammer wurde jetzt nur noch von Licht der Fackel erhellt, die Cavalorn in der Hand hielt.
    „Dann bringen wir es mal hinter uns“, murmelte ich und zerbrach den steinernen Ring in vier Teile. Aus den Augenwinkeln meinte ich Attila zusammenzucken zu sehen, doch als ich ihm einen Blick zuwarf, strahlte er nur wieder seine übliche Ruhe aus.
    „Okay, Cavalorn, bring du das Stück hier zum Steinkreis beim Großbauern. Wir werden vielleicht ein wenig kreativ werden müssen, um neugierige Bauern fernzuhalten, aber dir fällt da schon was ein. Gaan, das Stück muss in den großen Wald nördlich der Stadt. Einem erfahrenen Jäger wie dir sollte es keine Schwierigkeiten bereiten. Ich bringe das dritte Stück zu Lobarts Hof und übergebe anschließend das letzte Stück den Feuermagiern. Noch Fragen?“
    Gaan schüttelte den Kopf, doch Cavalorn verschränkte die Arme vor der Brust und beäugte misstrauisch den neben mir stehenden Attila.
    „Hältst du es für klug, das vor einem... Außenstehenden zu besprechen?“
    „Wie gesagt, ich vertraue ihm. Er hat mir damals das Leben gerettet, ohne ihn wäre ich nie zum Ring gekommen.“
    „Wie du meinst.“
    Er schien nicht überzeugt, nahm aber sein Stück des Ornamentrings und verließ zusammen mit Gaan die Tempelruine. Attila und ich folgten ihnen.
    Als wir kurz darauf wieder an die Oberfläche kamen, verabschiedete ich mich von den beiden, Attila und ich blieben noch zurück.
    „Musst du denn nicht los?“, fragte Attila.
    „Schon, aber ich muss erst noch was im Tempel erledigen. Da liegt noch ne Menge Krempel der Magier herum, der nicht in falsche Hände geraten sollte.“
    „Brauchst du Hilfe?“
    Ich war etwas irritiert, Attila hatte mir früher schon geholfen, aber nicht, ohne selbst was davon zu haben. Außerdem Klang sein Angebot merkwürdig hoffnungsvoll. Ich blickte nach oben. Die Sonne stand bereits tief im Westen. Vermutlich würde ich bis zum nächsten Tag brauchen, bevor ich aufbrechen konnte. Und dann bis zur Stadt, weiter bis zum Bauernhof von Lobart und dann zurück zum Kloster der Feuermagier...
    Ich traf eine Entscheidung.
    „Hier, nimm das“, sagte ich, als ich Attila eines der Ornamentstücke reichte. „Bring du das für mich zum Steinkreis bei Lobarts Hof. Du wirst dort an den Findlingen insgesamt drei Schalter finden, betätige sie und das Versteck sollte sich offenbaren. Lege das Bruchstück hinein und verschließe es wieder. Und dann... vergiss, dass du jemals dort warst, verstanden? Es ist wirklich wichtig, dass das unter uns bleibt!“
    „Vertrau mir“, sagte er mit seiner leisen Stimme und einem seltsamen Glitzern in den kalten Augen. „Ich kümmere mich darum.“

    ~~~

    „Also war das gar nicht Attila, sondern dieser Pirat, den Hyglas erwähnt hat. Wie hieß er noch? Gestarn?“
    „Morgan“, korrigierte der Gerichtsdiener, während er dem Richter Wein nachschenkte.
    „Richtig. Aber warum? Wozu hat er sich für Attila ausgegeben, was hatte er davon?“, fragte der Richter wieder an Homer gewandt.
    „Vielleicht kann ich das erklären“, warf Hyglas ein. „Wenn ich meine Geschichte weiter erzählen dürfte...“
    Der Richter seufzte. „Schön, wenn's denn sein muss. Aber bitte, bitte fasse dich kurz, wenigstens dieses eine Mal!“

    ~~~

    Jack warf mir einen entschuldigenden Blick zu, als zwei der Piraten mich packten und festhielten. „Ist nichts persönliches“, sagte er schulterzuckend.
    „Hast du es?“, fragte Morgan.
    „Er müsste es in der Tasche haben“, antwortete Alligator Jack gelassen.
    Einer der beiden, die mich festhielten, begann meine Taschen zu durchwühlen, bis er schließlich fand, was er suchte: Das Bruchstück des Ornamentringes, das mir Homer mitgegeben hatte.
    „Ah, guter Mann!“, sagte Morgan anerkennend zu Jack.
    „Damit haben wir alle vier Stücke.“
    Ich riss überrascht die Augen auf. Alle vier?
    „Woher habt ihr die? Der Ring des Wassers hat sie doch versteckt!“
    Morgan lachte wieder. „Naja, eins hat mir der gute Homer ja selber gegeben. Das heißt, er hat es natürlich Attila gegeben. Und was die anderen beiden angeht... sagen wir einfach, die Typen, die er geschickt hat, sind leider nie bei den Steinkreisen angekommen. Traurige Sache.“
    „Und warum bin ich hier? Jack hätte mir das letzte Stück auch einfach wegnehmen können, wozu die Mühe mich hierher zu bringen?“
    „Der Boss wollte es so“, sagte Morgan schlicht. „Der Boss bezahlt gut, also stellen wir keine Fragen. Für ihn ist es wichtig, dass du beim nächsten Schritt dabei bist. Jack? Du hast die Ehre!“
    Morgan deutete auf ein längliches Stoffbündel, woraufhin Jack darauf zu ging und es auswickelte. Als ich sah, was darin zum Vorschein kam, stockte mir der Atem.
    Du erkennst es wieder?
    Es war die Klaue Beliars!
    „Nein!“, stieß ich hervor. „Ihr wisst ja nicht, was ihr da tut! Ihr habt keine Ahnung, wie gefährlich das ist!“
    „Der Boss sieht das anders und der Käpt'n stimmt ihm zu. Und wer bin ich, dass ich meinen Käpt'n in Frage stelle?“, meinte Jack, als er das dunkle Schwert hob.
    „Du weißt, was zu tun ist?“, fragte Morgan
    „Keine Sorge, ich krieg' das schon hin“, murmelte Jack, während er fasziniert das Schwert musterte.
    Das könnte jetzt ein bisschen unangenehm werden, aber mach dir keine Sorgen, wir brauchen dich noch.
    Jack ging auf die eingestürzte Brücke zu, Beliars Klaue vor sich erhoben. Und so, wie ich vor kaum zwei Tagen die unbändige Macht der Klinge gegen die Wand der Pyramide einsetzte, nutze Jack sie nun für die Überreste der Brücke. Wo ich jedoch nur Zerstörung anrichtete, schaffte er das genaue Gegenteil. Ich kniff die Augen in Erwartung einer krachenden Explosion zusammen, doch was stattdessen geschah, konnte ich kaum glauben. Durch die Kraft der Klaue bewegt, hoben sich die Trümmerstücke der steinernen Brücke aus der Schlucht und fügten sich wieder zusammen. Stück für Stück entstand die alte orkische Brücke neu, Säulen richteten sich auf, Pflastersteine setzten sich zusammen.
    Erst wusste ich nicht, woher Jack, ein einfacher Pirat ohne nennenswerte magische Begabung, die Kraft dafür nahm, doch es dauerte nicht lange bis mir klar wurde, woher sie kam. Und warum man mich hergebracht hatte. Ich fühlte, wie ich wieder schwächer wurde, als die Klaue mir meine Kraft entzog und Jack sie nutze, um die Brücke wieder herzustellen.
    Zugegeben, Schöpfung ist eher das Steckenpferd meines Bruders. Mir persönlich ist Zerstörung da ja doch lieber. Aber in der Not...
    Schließlich glitt der letzte Stein in Position und die Brücke erstrahlte wieder in altem Glanz – falls man bei der primitiven Architektur eines isoliert lebenden Orkstammes von so was wie Glanz sprechen konnte.
    Erschöpft sackte ich zusammen, nur noch von meinen beiden Bewachern aufrecht gehalten. Jack packte die Klaue wieder ein und Morgan grinste zufrieden.
    „Saubere Arbeit! Dann kann es ja weitergehen. Garret, Skip und Jack, ihr passt weiter auf unseren Gast auf, der Rest rückt vor! Wir müssen irgendwie in den alten Tempel gelangen...“
    Jack blieb bei mir und den beiden Piraten, die mich nach wie vor festhielten, während Morgan dem Rest der Truppe über die Brücke in die Ruinen des alten Orkdorfes folgte.

    „Lasst ihn ruhig los“, meinte Jack nach einer Weile. „Der haut schon nicht ab. Oder wollt ihr ihn den Rest des Tages wie einen nassen Sack aufrecht halten?“
    Die beiden Piraten tauschten einen kurzen Blick und ließen mich dann unsanft in den Dreck fallen.
    „Warum?“, fragte ich. Jack kicherte.
    „Warum sie dich loslassen sollten? Wär's dir denn lieber gewesen, weiter getragen zu werden?“
    „Das meinte ich nicht!“
    Jack zuckte wieder mit den Schultern.
    „Wie gesagt, ist nichts persönliches. Ich weiß, ich schulde dir noch was, und das zahle ich dir irgendwann auch zurück. Aber im Moment zahlt Coragon einfach mehr.“
    „Coragon?“, fragte ich, obwohl es mich eigentlich nicht überraschte. Schließlich war er es gewesen, der mich damals in die Falle gelockt hatte.
    „Er hat uns schon vor 'ner Weile angeheuert. Ich weiß nicht genau, was er vorhat, aber es wird uns alle sehr reich und vor allem sehr mächtig machen. Der Trick mit dem Schwert und der Brücke, das war nur der Anfang. Wegen der Geschichte damals in Caldera hat der Käpt'n mir befohlen, bei dem Steinkreis auf dich zu warten und dich dann hier her zu bringen. Morgan hat sich irgendwie bei dem Lakaien der Wassermagier eingeschleimt um das Ornamentding zu besorgen. Und wie ich höre, warst du so freundlich, das Schwert für uns zu finden. Naja, jetzt mach es dir erst mal bequem, wird wohl noch 'ne Weile dauern, bis die anderen Das Ding im Tempel repariert haben. Und dann geht es wieder zurück zur Pyramide, mitsamt Ring, Schwert und am wichtigsten, mit dir! So will es der Boss“, schloss Jack.
    Am schönsten ist es doch zuhause, nicht wahr?
    „Nein!“, rief ich. „Das lasse ich nicht zu! Ihr werdet mich nicht wieder dort hin bringen!“
    Sieh es positiv, inzwischen ist das gute Moos bestimmt nachgewachsen!
    Jack baute sich vor mir auf und verschränkte die Arme.
    „Gut, du kannst gehen. Aber dazu musst du erst mal an mir vorbei!“
    An anderen Tagen hätte ich ihn mit einer Windfaust umgehauen. Wäre er kein Freund, oder besser angeblicher Freund, hätte ich ihn einfach in einem Feuersturm gegrillt oder mit einem Blitz erschlagen. Aber geschwächt wie ich war, kam Magie nicht in Frage. Und im Kampf Mann gegen Mann hatte ich einem kampferfahrenen Piraten wie ihm nichts entgegenzusetzen. Also hatte ich nur die Wahl, mich meinem Schicksal zu fügen, oder zu versuchen zu fliehen. Da ich aber kaum stehen konnte, geschweige denn rennen, kam für Flucht nur eine Möglichkeit in Frage...
    Das würde ich an deiner Stelle lieber sein lassen.
    Unauffällig tastete ich in der Tasche meiner Robe nach einer Rune. Ich war geschwächt, ja, aber längst nicht mehr so sehr, wie noch vor wenigen Tagen. Und ein Teleport kostete nicht viel Energie, jedenfalls längst nicht so viel, wie Offensivzauber. Schlimmstenfalls würde der Versuch mir wieder das Bewusstsein rauben, aber wenn es gelang war ich frei und konnte Hilfe holen.
    Keine gute Idee...
    Ich musste es versuchen. Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf die Rune, die ich in der Tasche umklammert hielt und fokussierte die wenige Energie, dir mir geblieben war, auf den Stein. Jetzt oder nie!
    Ich hatte dich gewarnt...

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    In den Hinterlassenschaften von Person C finden Person A und Person D den Gegenstand C. Person A und Person D erkennen richtigerweise, dass Gegenstand C entweder benutzt werden kann, um Gebrechen A zu heilen, oder um Person C wieder zum Leben zu erwecken – nur eines von beiden geht, und das auch nur ein einziges Mal. Person D offenbart ihre wahren Gefühle zu Person C und will sie mithilfe von Gegenstand C wiederbeleben – Person D glaubt dabei, dass Person A dieses Vorhaben gefährden könnte. Bevor auch nur irgendetwas entschieden werden kann, wird die Situation vom spektakulären Auftauchen der Person B ordentlich durcheinandergewirbelt.




    Ich spürte, wie ich zu Boden gerissen wurde, doch es war zu spät, der Zauber war gewirkt. Ein blendendes blaues Licht, ein ohrenbetäubendes Rauschen und es war vorbei.
    Mühsam befreite ich mich von dem benommenen Jack, der sich im letzten Moment auf mich gestürzt hatte. Offenbar war er in den Zauber hineingeraten und mit mir teleportiert. Als ich mich hektisch umblickte, wurde mir klar, was für ein verdammtes Glück wir hatten. Wegen meines geschwächten Zustands und des zusätzlichen Gewichtes durch Jack, war der Teleport unvollständig. Innos sei Dank schienen wir beide in einem Stück zu sein, aber der Wald, in dem wir gelandet waren, war ganz sicher nicht das Kloster. Erst, als ich tiefer im Wald einige Grabsteine ausmachte, wusste ich, wo wir gelandet waren: In einem kleinen Waldstück südlich der Taverne im Zentrum der Insel. Und das bedeutete...
    Ein Stöhnen machte mich darauf aufmerksam, dass Jack wieder zu sich kam. Ich musste weg!
    So schnell mich meine Beine trugen humpelte ich weiter nach Süden, auf eine Felswand zu. Wenn ich mich nicht irrte, musste hier irgendwo ein Spalt im Fels sein, eine kleine Höhle. Ja, da war sie! Seit einigen Jahren versperrt durch eine Bretterwand samt Tür, verbarg die Höhle eine der antiken Teleportplattformen des alten Volkes. Falls die Tür nicht verschlossen war, würde mich die Plattform in eine andere Höhle, direkt außerhalb der Stadt führen. Hätte ich erst die Stadttore erreicht, wäre ich in Sicherheit.
    „Bleib stehen!“
    Jack hatte sich von dem unfreiwilligen Teleport erholt und war dicht hinter mir. Ich erreichte die Tür und riss sie auf – nicht verschlossen! Und da, direkt vor mir, befand sich der antike Teleporter. Bevor ich jedoch auch nur einen Schritt darauf zu machen konnte, wurde ich erneut zu Boden gerissen. Jack stand auf und zog seine Waffe.
    „Keine falsche Bewegung! Netter Trick, muss ich zugeben. Aber jetzt ist Schluss damit, klar? Wir gehen zurück zur Pyramide, alles weitere kannst du dann...“ er brach ab, den Blick auf die Felswand direkt am Höhleneingang gerichtet.
    „...mit dem Boss klären“, murmelte er, während er auf die Stelle zuging und anscheinend einige Kerben im Fels betrachtete. Kerben, die nicht natürlichen Ursprungs waren.
    „Meine Fresse, das gibt’s doch nicht! Hier hat der alte Gauner es also versteckt!“
    Jack steckte seinen Säbel weg und begann den Boden abzusuchen. Es dauerte nicht lange, bis er in der hinteren Ecke der Höhle etwas fand. Als er Dreck und Staub wegwischte, kam im Boden der Deckel einer alten Holzkiste zum Vorschein.
    „Was ist das?“, fragte ich und versuchte näher heran zu kriechen. Und damit auch – rein zufällig – näher an die Teleportplattform.
    „Attilas Kram! Hätte nicht gedacht, dass ich das Zeug je finden würde.“
    Ich hielt inne. „Moment, Attila? Dein Truppführer-Attila oder der tote Attila?“
    „Der einzig Wahre“, sagte Jack mit einem Grinsen, während er begann die Kiste zu durchwühlen.
    „Du kanntest ihn?“
    „Mehr als das“, begann Jack abwesend zu erzählen. „Er hat mir beigebracht, wie man überlebt...“

    ~~~

    Schon seit Stunden hockte ich hinter den Fässern auf der Kaimauer versteckt und überlegte, wie ich am besten vorgehen sollte. Es hatte anfangs so einfach geklungen, aber so langsam fing ich an zu glauben, dass Käpt'n Greg mich gar nicht testen, sondern einfach nur loswerden wollte.
    Nach Caldera hatte ich auf dem erstbesten Schiff angeheuert. Die Arbeit war hart, das Essen schlecht, der Grog verwässert und die Heuer mies. Mir war schnell klar, dass mir die Arbeit auf einem Schiff zwar liegt, die Umstände aber nicht das sind, was ich für den Rest meines Lebens ertragen will. Schließlich landete ich wieder in Caldera. Diesmal ging es für mich aber nicht nach Norden, sondern weiter nach Süden: Ich wollte nach Antigua, dem berüchtigten Piratennest in der Südsee! Es war nicht einfach ein Schiff zu finden, das dort hin fuhr, aber irgendwann gelang es mir mich als blinder Passagier an Bord eines irgendwie verdächtig aussehenden Handelsschiffs zu schmuggeln.
    Leider hatte ich mich verschätzt. Das Schiff fuhr nicht nach Antigua sondern zu einer anderen Insel, Takarigua. Aber das war nicht schlimm, Piraten gab es hier auch. Ich arbeitete eine Zeitlang als Wasserträger und wartete auf die Gelegenheit endlich auf einem Piratenschiff anheuern zu können. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis ein Schiff anlegte. Und nicht irgendein Schiff: Es gehörte dem berühmt berüchtigten Kapitän Gregorius Stahlbart, gefürchtet von Caldera bis Kap Dun. Sofort bat ich ihn anheuern zu dürfen und tatsächlich war er sofort einverstanden. Es hätte mir gleich auffallen sollen, dass das viel zu leicht ging. Wie sich zeigte, schien er kein sonderliches Interesse zu haben, mich tatsächlich in seine Mannschaft aufzunehmen. Er ließ mich bloß die Drecksarbeit an Bord erledigen. Es war wieder genau wie auf den Handelsschiffen, bloß dass die Heuer noch mieser war. Aber ich wollte mich beweisen, und das war nun meine Chance!
    Ich spähte über die Fässer hinüber zum Hochseehafen von Khorinis wo bald eine königliche Galeere anlegen würde. Ein weiterer Schwung Gefangener, die in die Strafkolonie im Süden der Insel gebracht werden sollten, verurteilt zu lebenslänglichem Erzschürfen in der Barriere. Unter ihnen auch zwei Mitglieder von Käpt'n Gregs Mannschaft, die ich nun befreien sollte. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto aussichtsloser schien die Sache zu werden.
    Ich duckte mich hastig wieder hinter die Fässer, als ein Junge vorbeigeschlendert kam, nicht viel Älter als ich. Er setzte sich lässig auf eines der Fässer, hinter denen ich hockte und begann mit einem Dolch einen Apfel in Stücke zu schneiden.
    „Weißt du“, begann er, „wenn du noch ein klein wenig auffälliger hier rumlungerst, kriegen es vielleicht sogar die Stadtwachen mit. Martin guckt schon so skeptisch.“
    Er deutete mit seinem Dolch zu einem jungen Milizsoldaten, der am anderen Ende des Kais Wache stand.
    „Verzieh dich!“, zischte ich ihm zu. „Wenn hier einer auffällt, dann du!“
    Der Junge lachte.
    „Wenn du meinst. Aber nur als gutgemeinte Warnung, die königlichen Gardisten sind nicht so trübe Tassen, wie die städtische Miliz. Wenn die dich erwischen landest du gleich auch in der Barriere.“
    Er warf die Reste seines Apfels ins Meer und sprang vom Fass, auf dem er gesessen hatte.
    „Tja, man sieht sich. Falls du doch lieber frei bleiben willst, ich bin in der Kneipe.“

    Eine Stunde später betrat ich die örtliche Hafenspelunke. Der Junge vom Kai saß in einer Ecke, vor sich ein Krug Bier, und ritze mit seinem Dolch im Holz des Tisches rum.
    „Verdammt nochmal, Attila!“, rief ihm ein weiterer Junge zu. „Wenn mein Vater das sieht, lässt er mich dafür bezahlen, also steck das Messer weg!“
    Attila grinste den anderen an, packte den Dolch aber wieder weg.
    „Entspann dich. Irgendwann gehört der Laden dir, dann kanns dir egal sein, was dein alter Herr über den Zustand der Tische denkt. Hol lieber ein Bier für unseren neuen Freund, der da so unentschlossen in der Tür steht.“
    Mit diesen Worten winkte er mich zu sich. Der andere beäugte mich misstrauisch, ging dann aber hinter den Tresen, wo er beim Wirt – offenbar sein Vater – einen weiteren Krug Bier holte.
    Kaum hatte ich mich gesetzt, stellte er den Krug vor mir ab und ging wieder seiner Arbeit nach.
    „Doch keine Lust als Erzschürfer zu enden?“, fragte mein Gegenüber und prostete mir zu.
    „Trink ruhig, die erste Runde geht auf mich.“
    Ich trank einen Schluck und wischte mir den Schaum von der Lippe.
    „Ich bin Jack“, sagte ich schließlich.
    „Schön für dich“, antwortete Attila. „Namen bedeuten mir nicht viel. Aber du hast ja schon mitbekommen, dass ich Attila genannt werde. Und der hinterm Tresen, der so grimmig guckt, ist Kardif, ein Freund von mir. Seinem Alten gehört der Schuppen hier, also benimm dich. Er mag es gar nicht, wenn man seine Tische zerkratzt.“
    Attila lachte. Nachdem er einen weiteren Schluck getrunken hatte, fuhr er fort.
    „Du interessierst dich also für die Galeere, die hier bald anlegt. Jemand an Bord, den du kennst?“
    Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm vertrauen sollte. Doch eins war klar, alleine würde ich Gregs Auftrag sicher nicht erledigen können – womit der wohl gerechnet hatte.
    „Nicht direkt“, sagte ich zögernd. „Aber... ein Freund von mir hat Freunde auf dem Schiff. Und sie fehlen ihm.“
    Attila verschluckte sich fast an seinem Bier.
    „Was, und du dachtest, du könntest sie einfach von dem Schiff holen und gemütlich mit ihnen zu deinem „Freund“ spazieren?“
    „Natürlich nicht!“, sagte ich, jedoch nicht ohne rot zu werden.
    „Ich seh schon, du musst noch ne Menge lernen. Klar, ich seh dir an, dass du schon einiges auf dem Kerbholz hast, aber hier in Khorinis laufen die Dinge anders. Das ist kein Allerweltshafen. Hier auf der Insel ist die verdammte Minenkolonie, hier kriegt der König das Erz für seine Armee. Diese Insel ist, wie die hohen Tiere so gerne sagen, kriegsentscheidend! Da kommst du mit deinen Gossentricks nicht weit.“
    „Ach, aber du schon?“
    Attila grinste.
    „Klar, oder denkst du, ich hätte die Biere aus eigener Tasche bezahlt?“
    Ich runzelte die Stirn. Meine Hand rutschte automatisch zu meinem Geldbeutel, der am Gürtel hing. Oder besser, gehangen hatte.
    „Verdammt, du hast mein Gold geklaut?!?“
    Attila schob mir über den Tisch meinen Geldbeutel zu. Es schien, als hätte er damit tatsächlich nur die beiden Biere bezahlt, der Rest war noch da.
    „Wie gesagt, du hast noch viel zu lernen. Zu deinem Glück kommt die Galeere frühstens in einer Woche hier an. Wer weiß, wenn du schnell lernst, kannst du deinem Freund vielleicht doch noch zum Wiedersehen mit seinen Freunden verhelfen.“

    In den folgenden Tagen hing ich praktisch Tag und Nacht mit Attila rum. Er konnte mir noch einiges über das Kämpfen beibringen, Taschendiebstahl, Schleichen... Dinge, von denen ich dachte, ich würde mich darauf verstehen. Offenbar lag ich damit falsch. Er ließ mich auch oft die Gegend erkunden, meinte, es wäre wichtig, dass ich mich in der Stadt auskenne. Deshalb gingen wir immer getrennt irgendwo hin, ich sollte den Weg selber finden. So wichtig die Stadt auch sein mochte, groß war sie nicht, also dauerte es nicht lang, bis ich die Gassen kannte wie meine Westentasche.
    Schließlich gab es nur noch eine Sache, die ich lernen musste. Kämpfen war eines, aber wer in dieser Welt überleben wollte, musste auch töten können – etwas, dass ich bisher nie getan hatte.
    „Da ist dieser Kerl“, begann Attila, als wir wiedereinmal bei einem Bier – diesmal von ihm bezahlt, oder von wem auch immer er das Geld geklaut hatte – in der Hafenkneipe saßen.
    „Und der hat ein Problem mit diesem anderen Kerl. Das Problem lässt sich einfach lösen. Und das gute daran ist, der Kerl bezahlt gut für diese Lösung. Soweit klar?“
    Es war nicht schwer zu erraten, worauf Attila hinauswollte.
    „Und du willst, dass ich das Problem löse?“
    „Sagen wir so, wenn du es gut machst, löst du damit auch dein Problem.“
    Was er damit meinte, erfuhr ich später am Abend. Der Kerl, der das Problem hatte, war ein Beamter aus dem oberen Viertel der Stadt. Rein zufällig der, der für die Überführung der Gefangenen verantwortlich war. Die Sache war einfach: Wir kümmerten uns um sein Problem und im Gegenzug würden die Haftbefehle für die beiden Piraten verschwinden. Sobald die Galeere anlegte, würde sich ihre Verhaftung als großes Missverständnis herausstellen und sie wären frei. Und was das Problem betraf, es war ein reicher Schnösel aus dem oberen Viertel, der sich einmal zu oft ins falsche Bett gelegt hatte.
    Attila saß in der Taverne der Unterstadt, nahe des Adanosschreins von Khorinis. Dort ließ sich der Kerl jeden Abend vollaufen, bevor er in den frühen Morgenstunden zurück ins obere Viertel wankte. Der Weg dorthin führte durch eine schmale Gasse, in der ich nun entspannt auf einem Fass saß und einen Apfel aß, während ich auf Attila wartete, der unserem Opfer aus der Taverne folgen würde.
    Eine Stunde später war es soweit. Meine Entspannung war verflogen, ich war so nervös wie nie zuvor. Das, was ich im Begriff war zu tun... Aber er hatte es nicht anders verdient. Und bei Beliar, ich war ein Pirat, ich hatte schon viele krumme Dinger gedreht. Das war nun einfach der nächste Schritt.
    Laut vor sich hinlallend wankte der Mann an mir vorbei, nicht ahnend, dass das nächste Bett, in dem er liegen würde, ein Sarg war. Kurz hinter ihm erschien Attila. Er nickte mir zu und wandte sich dann dem Zugang zur Gasse zu, um mich vor unerwünschten Passanten warnen zu können.
    Ich atmete tief durch und folgte dem Betrunkenen tiefer in die Gasse, den Dolch in der Hand. Mein Herz schlug schnell, als ich mich ihm näherte. Ich war fast bei ihm, nur noch drei Schritte hinter ihm. Ich musste nur noch zustechen.
    Doch ich konnte nicht. Nicht so.
    Stattdessen legte ich eine Hand auf seine Schulter und riss ihn herum.
    „Ich fürchte, du hast mit der falschen Frau geschlafen!“, sagte ich zu ihm, den Dolch drohend erhoben. „Verteidige dich, wenn du kannst!“
    Das war es. Aus mir würde vorerst kein gemeiner Meuchelmörder werden. Doch im offenen Kampf, das war etwas anderes. Gut, es war nicht gerade fair, so betrunken wie er war, aber ich hatte ihm eine Chance gelassen.
    Der Kampf dauerte nicht lang und endete wie erwartet.
    „Gut gemacht!“, flüsterte Attila. „Unnötig schwierig, aber gut. Und jetzt weg hier.“

    Am nächsten Tag stellte sich überraschend heraus, dass die Piraten unschuldig waren. Zusammen mit ihnen kehrte ich zu Greg zurück, der verdammt beeindruckt von mir war. Beeindruckt genug, um mich nun wirklich in seine Crew aufzunehmen.
    Was Attila betrifft, ich hatte ihn noch einige Male besucht, wenn ich in Khorinis war. Ohne ihn wäre ich wohl inzwischen tot. Vermutlich in einer Mine verreckt.

    ~~~

    „Tja, aber nun ist er tot, und alles, was von ihm geblieben ist, ist der Krempel hier in dieser Kiste“, schloss Jack, während er ein Buch aus der Kiste in Augenschein nahm – falsch herum – und es dann achtlos beiseite warf.
    „Hey, was haben wir denn hier?“, fragte er plötzlich, als er ganz unten am Boden der Kiste etwas großes fand. Mit einiger Mühe brachte er schließlich eine Rüstung zum Vorschein, wie ich sie noch nie gesehen hatte: Sie bestand weder aus Stahl noch aus Leder, sondern aus eigenartigen Platten, jede gut zwei Finger dick, die aneinander befestigt waren.
    „Die hatte er damals aber noch nicht. Hast du 'ne Ahnung, was das ist?“, fragte Jack schließlich, der scheinbar völlig vergessen hatte, in welcher Situation wir uns befanden. Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich es riskieren konnte, schnell zum Teleporter zu kriechen, aber viel hätte das nicht genützt – Jack wäre mir gefolgt und hätte mich eingeholt lange bevor ich das Stadttor erreichen könnte.
    Außerdem kamen mir diese Platten vage bekannt vor...
    „Vielleicht finden wir die Antwort hier drin“, sagte ich und hielt das Buch hoch, das Jack zuvor beiseite geworfen hatte.
    „Wieso sollte in einem Buch was über Attilas Rüstung stehen?“, fragte Jack stirnrunzelnd.
    „Naja, es ist sein Tagebuch. Hier, sieh nur!“
    Jack zuckte nur mit den Schultern. „Wenn du es sagst... Übernimm' du das Lesen, ich hab es nie gelernt.“
    Ich schlug das Buch auf und überflog einige der Einträge. Allzu viel schien Attila nicht geschrieben zu haben, die meisten Einträge waren kurz, fast schon Stichpunktartig. Es las sich mehr wie eine Auflistung seiner... nun ja, „Aufträge“. Nur hin und wieder berichtete er ausführlicher von Dingen, die er erlebt hatte. Erst auf den letzten Seiten wurde es interessant: Offenbar hatte er die Rüstung erst kurz vor seinem Tod erworben...

    ~~~

    Hatte heute wieder einen Auftrag, ein Kinderspiel. Mein Auftraggeber hatte doch tatsächlich ein Problem mit einem unterernährten Bauern! Es ist mir unbegreiflich, dass er dafür meine Hilfe brauchte. Gut, vielleicht hatte er einfach nur Angst vor den Söldnern die der fette Großbauer angeheuert hat, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass denen die Bauern sonderlich am Herzen liegen. Ihnen geht es ums Gold und daraus machen sie kein Geheimnis. Das muss ich ihnen zugute halten, auch wenn die meisten bloß Großmäuler aus der Kolonie sind. Amateure, die sich haben fangen lassen.
    Wie auch immer, ich hätte den Auftrag natürlich ablehnen können, aber ich hatte eh was auf dem Hof zu erledigen, also hab ich das Problem für meinen Auftraggeber gelöst. Hat sich gezeigt, dass es sich für mich gelohnt hat. Zufällig habe ich mitbekommen, wie ein Jäger, der weiß Beliar wieso wieder ins Minental zurückwollte, bei einem der Söldner eine Rüstung in Auftrag gegeben hat. Und zwar eine aus Minecrawlerplatten! Ich wollte erst meinen Ohren nicht trauen, aber dann habe ich gesehen, wie der Kerl seinem Kunden eine gezeigt hat. Und das Ding besteht doch tatsächlich aus den Überresten von Minecrawlern! Soll Beliar mich holen, sowas hab ich noch nicht gesehen!
    Der Typ ist dann losgezogen um Minecrawler zu jagen und ich hab die Gelegenheit genutzt um mich mal mit diesem Söldner zu unterhalten. Er heißt Wolf und stellt diese Rüstungen wohl schon seit einigen Monaten her. Hat in der Kolonie damit angefangen, nachdem er irgendeine arme Wurst losgeschickt hat für ihn Minecrawler zu jagen, und zwar die ganz großen Brocken!
    Er hat mir einen ganz guten Preis gemacht, wenn ich ihm das Material besorge, aber soweit kommts noch, dass ich in irgendwelchen verlassenen Minenschächten rumkrieche und Riesenkäfer jage. Die Rüstung, die er da hatte, wollte er nicht verkaufen, hat gemeint, dass sei seine erste gewesen. Mir egal, was es kostet, ich will das Ding haben!

    Hat ein paar Tage gedauert, aber schließlich habe ich ihn doch noch überzeugen können. Hat mich ne Stange Geld gekostet, aber die Rüstung gehört mir! Dagegen kann der alte Lederfetzen, den ich bisher getragen habe, nicht anstinken.
    Sie sitzt gut und scheint mehr als stabil zu sein, leider ist sie auch auffälliger als mir lieb ist. Im Hafenviertel falle ich damit auf, wie ein roter Scavenger!
    Werde das Ding also erstmal ins Versteck bringen, habe heute Abend noch eine „Verabredung“, bei der ich nicht auffallen will. Meine Freunde aus dem Besitz-Umverteilungs-Gewerbe haben da ein kleines Problem mit einem Fremden, der seine Nase in Dinge steckt, die ihn nichts angehen. Hat wohl einige von ihnen bei der Miliz verpfiffen und Petzen kann nunmal niemand leiden. Sollte nicht schwierig werden.

    ~~~

    „Hätte er sie nur mal getragen, an dem Tag...“ murmelte Jack geistesabwesend.
    Ich hörte kaum zu, mich beschäftigten noch immer diese Platten. Minecrawler Panzerplatten. Gewachsen größtenteils aus einem Stoff, den man Chitin nannte. Doch wenn diese Rüstung tatsächlich in der Minenkolonie gefertigt worden war, und die Crawler, von denen die Platten stammten, dort wirklich Dank der Barriere Jahrzehntelang von der Außenwelt abgeschottet leben konnten...
    Minecrawler waren bis zu einem gewissen Grad magische Geschöpfe. Sie waren vielleicht nicht in der Lage Zauber zu wirken, wie höhere Wesen – Menschen, Orks, sogar Goblins und Gnome – es konnten, dennoch floss auch in ihnen magische Energie. Das Sekret, das aus den Mandibeln dieser Wesen gewonnen wurde, hatte starke, magische Eigenschaften. Am stärksten waren diese Eigenschaften bei einer auf dieser Insel einheimischen Unterart, die jedoch schon vor Jahrzehnten von anderen Arten verdrängt worden war. Tatsächlich hatte man seit mindestens zwanzig Jahren keine mehr gesehen – und das war vor meiner Gefangenschaft! Absolute Gewissheit gab es natürlich nicht, da sich die Arten für den Laien äußerlich praktisch nicht unterscheiden ließen, aber das geübte Auge eines Gelehrten erkannte sofort die wenigen Unterschiede.
    Die magische Barriere, die mittlerweile vor über fünfundzwanzig Jahren über dem Minental geschaffen worden war, hatte das Tal vollkommen von der Außenwelt abgeschirmt. Es war gut möglich, dass dort, vor dem Zusammenbruch der Barriere, noch diese anderen Crawler gelebt hatten. Und damit war es möglich, dass diese Rüstung aus ihren Platten gefertigt worden war!
    Es war eine Überlegung, die ich mit mir herumtrug, seit ich Magier im Kloster von Khorinis geworden war – zu einer Zeit, in der diese besonderen Crawler bereits verschwunden waren. Da sie ein derart starkes, magisches Sekret produzierten, mussten sie auch eine Art Schutzmechanismus entwickelt haben, der sie davor bewahrte ähnliche Auswirkungen zu erleiden, wie meine Krankheit sie bei mir verursachte. So wie Blutfliegen nicht an ihrem eigenen Gift sterben, musste es etwas geben, dass die Minecrawler davor schützte, von ihrer eigenen, ihnen innewohnenden Magie abhängig zu werden. Jahrelang hatte ich gewöhnliche Crawler untersucht, und auch, wenn das Sekret aus ihren Zangen machtvoll war, war es nichts verglichen mit der Wirkung, die das Sekret der anderen Art hatte.
    Wäre mir damals schon der Gedanke gekommen, dass es im Minental noch diese Unterart geben könnte, hätte ich sofort einen Brief an unsere Brüder geschickt, die nach dem Fiasko der Errichtung ebenfalls in der Barriere gefangen waren. Vielleicht hätten sie mir mit dem nächsten Erztransport einige Proben schicken können. Doch dafür war es nun zu spät. Die Barriere war gefallen und nach all der Verwüstung durch Erdbeben, Orks und Drachen, war es unwahrscheinlich, dass noch Exemplare überlebt hatten. Womöglich waren die Platten dieser Rüstung das einzige, was von dieser Unterart der Minecrawler übrig geblieben war. Und wenn das stimmte, dann bargen sie allein den Schlüssel zur Heilung der Manasucht!
    „Ich brauche diese Rüstung“, sagte ich schließlich, wobei ich Jack, der schon einige Zeit vor sich hingemurmelt hatte, aus seinen Gedanken riss.
    „Was? Wozu brauchst du denn eine Rüstung?“, fragte er verwirrt.
    „Wenn ich Recht habe, kann ich aus den Platten einen Extrakt gewinnen, der mich von meiner Krankheit heilen könnte! Ich bitte dich, du sagtest selbst, du würdest mir noch etwas schulden. Das ist es. Gib mir die Rüstung und deine Schuld ist getilgt. Im Gegenteil, ich würde dir etwas schulden!“
    Jack sah mich misstrauisch an und schob die Rüstung ein Stück von mir weg, als hätte er Angst, ich würde sie mir schnappen und damit fliehen.
    „Nein! Ich brauche diese Rüstung selber, du kannst sie nicht haben!“
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Natürlich wusste ich, dass Jack und die übrigen Piraten zur Zeit nicht unbedingt auf meiner Seite standen, und es wäre auch unter anderen Umständen übertrieben gewesen Jack als Freund zu bezeichnen, aber dass er mir noch etwas schuldig war – vor allem jetzt! - stand außer Frage.
    „Warum? Du weißt doch jetzt, wo Attila sie her hatte. Für einen erfahrenen Jäger wie dich sollte es doch kein Problem sein, ein paar Minecrawler zu erlegen und die Platten zu diesem Wolf zu bringen.“
    „Stimmt schon“, sagte Jack langsam. „Und weiß du was? Wenn all das vorbei ist, werde ich einige Crawler jagen und dir die Platten bringen. Die kannst du dann benutzen.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das geht nicht. Die Platten dieser Rüstung stammen von einer ausgestorbenen Unterart, andere Platten würden mir nicht helfen. Es muss diese Rüstung sein!“
    „Und ich sagte, du kannst sie nicht haben!“, rief Jack erzürnt. „Ich brauche sie noch, sie ist das einzige, womit es funktionieren kann!“
    „Was soll funktionieren?“
    Ein seltsames Glitzern trat in Jacks Augen.
    „Attilas Wiederbelebung!“, sagte er in einem ruhigen Tonfall, der der Bedeutung seiner Worte nicht angemessen schien.
    „Wiederbelebung? Bei Innos, wie soll das möglich sein? Man kann die Toten nicht wiedererwecken, jedenfalls nicht so, wie du dir das vorstellst. Skelette, vielleicht untote Körper, ja, das geht, aber eine tatsächliche Wiederbelebung?“
    „Du hast gesehen, welche Macht ich heute entfesselt habe. Der Meister sagt, das ist nur der Anfang! Wenn der Boss seinen Plan umgesetzt hat, werden wir alle belohnt werden! Der Meister hat mir verraten, wie ich diese Macht nutzen kann!“
    Sein Meister? Offenbar sprach er nicht von Coragon, er war schließlich der „Boss“.
    „Verstehst du nicht?“, fragte Jack jetzt lauter. Auch das Glitzern in seinen Augen schien stärker geworden zu sein.
    „Um Attila wiederzubeleben, sind einige Dinge nötig, aber das wichtigste ist etwas von ihm selbst! Diese Rüstung hat er getragen! Von allen Dingen hier ist das das einzigste, was funktioniert! Das hat mir der Meister erklärt!“
    Schlagartig wurde mir klar, wer der Meister war. Offenbar hatte ich nicht als einziger seine Stimme vernommen. Das Gemurmel kurz zuvor... Ich hatte angenommen, er habe bloß laut nachgedacht, aber das war ein Irrtum. Die Stimme hatte zu ihm gesprochen, und er hatte geantwortet. Und im Gegensatz zu mir hatte er sich nicht dagegen gewehrt, hatte vermutlich nicht einmal erkannt, wer sein Meister eigentlich war!
    „Du kriegst sie nicht! Du kriegst sie nicht!“, begann Jack zu wiederholen, während er die Rüstung misstrauisch umklammert hielt.
    Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht, das gefährliche Funkeln in seinen Augen... Ich bekam mehr und mehr das Gefühl, dass Jack begann in mir eine ernste Bedrohung zu sehen. Und ich fürchtete mich vor dem Moment, in dem er entschied, dass es für seine Pläne – was auch immer der Unnennbare ihm eingeredet haben mochte – das sicherste wäre, mich zu beseitigen. Ich musste hier weg! Ich machte eine vorsichtige Bewegung in Richtung der Teleportplattform, doch dummerweise befand sie sich nah bei der Kiste, vor der Jack hockte und die Rüstung umklammert hielt. Er deutete meinen Vorstoß als Versuch an die Rüstung zu gelangen und reagierte entsprechend. Bevor ich dem Teleporter auch nur nahe kam, sprang er auf und zog seine Waffe.
    „Keinen Schritt näher!“, schrie er beinahe. „Dein Glück, dass der Boss dich noch braucht! Hm... Andererseits“, überlegte er, „war nie die Rede davon, dass du in einem Stück sein musst!“
    Jack hob seinen Säbel und machte einen Schritt auf mich zu, im selben Moment ertönte ein lautes Rauschen, begleitet von einem hellen, bläulichen Licht. Bevor einer von uns reagieren konnte, erschien vor der Plattform, direkt zwischen uns, eine Gestalt.
    „Ah, sehr gut, wie ich sehe, seid ihr schon auf dem Weg! Ich hatte nicht vor morgen mit unserem Ehrengast gerechnet.“
    Der Mann wandte sich Jack zu.
    „Ich war gerade auf dem Weg zur Pyramide. Praktisch, diese Teleporter, nicht wahr?“
    Er verschränkte die Arme vor seiner fleckigen Schürze und hob eine Augenbraue. „Würde mich aber schon interessieren, woher du davon weißt!“
    Durch sein überraschendes auftauchen dauerte es, bis ich ihn erkannt hatte: Es war Coragon, der Mann, der hinter all dem steckte, der mich vor fünf Jahren in die verfluchte Pyramide gesteckt hatte und nun wollte, dass ich wieder dorthin zurückkehrte.
    Jack ließ den Blick zwischen mir und seinem Boss hin und her wandern, steckte dann aber schließlich die Waffe weg. Auch das Glitzern in seinen Augen schien ein wenig nachzulassen.
    „Reiner Zufall, Boss! Er hat versucht zu fliehen. Hat heimlich 'nen Teleportzauber benutzt, aber ich hab mich auf ihn geschmissen. Irgendwie sind wir dann hier gelandet, obwohl ich nicht glaube, dass das sein Plan war.“
    Coragon lachte. „Herrlich, vom Regen in die Traufe! Es gibt doch keinen Grund zu fliehen, mein lieber Hyglas. Ich sagte doch schon, du wirst unser Ehrengast sein! Ich habe nicht vor, dich wieder einzusperren, das wäre doch jetzt völlig sinnlos, nachdem du die schöne Pyramide demoliert hast. Aber es gibt noch viel zu tun. Wie ist es im Minental gelaufen?“, fragte er wieder an Jack gewandt.
    „Gut, denke ich“, meinte dieser. „Jedenfalls bis er hier versucht hat abzuhauen. Ich konnte mir diesem Schwert den Zugang freilegen, die anderen sind mit den Ornamentdingern in den Tempel gegangen. Was dann passiert ist, weiß ich nicht.“
    Coragon schien hocherfreut.
    „Gut, gut, gut, wird schon geklappt haben! Ich wusste doch, dass ich mich auf euch Jungs verlassen kann! Weißt du was? Sag deinem Käpt'n, dass ich noch was drauflege, ihr seid im wahrsten Sinne Gold wert!“
    Erst jetzt schien er die Kiste mit Attilas Hinterlassenschaften und die Rüstung aus Crawlerplatten zu bemerken.
    „Was habt ihr denn hier gefunden?“, fragte er neugierig.
    „Das gehört mir!“, rief Jack mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
    „Ganz ruhig, ich will dir nichts wegnehmen“, sagte er väterlich und legte Jack eine Hand auf die Schulter. Sein Blick verfinsterte sich, als er fortfuhr. „Mich würde nur interessieren, warum ihr beide euch um diese Rüstung streitet. Glaub nicht ich hätte nicht gesehen, dass du bei meiner Ankunft drauf und dran warst den armen Hyglas von ein paar Gliedmaßen zu befreien.“
    Jack zögerte. Bevor er jedoch mit einer Erklärung aufwarten konnte, ergriff Coragon bereits wieder das Wort.
    „Aber das könnte ihr mir auch unterwegs erklären, ich denke wir sollten aufbrechen. Es gibt noch viel vorzubereiten.“
    Er wandte sich wieder mir zu.
    „Zeit nach Hause zu gehen!“

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Vorgabe 6:
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    Person B erklärt, dass sie ebenfalls an Gebrechen A leidet und seit langer Zeit erfolglos an einem Heilmittel forscht. Person B erklärt außerdem, dass Gebrechen A ohne Heilung unweigerlich zum Tod führt und sowohl sie, Person B selbst, als auch Person A nicht mehr lange zu leben haben, wenn sie nicht geheilt werden. Um Gegenstand C entbrennt ein Kampf Jeder gegen Jeden, bei dem zuerst Person D umkommt und sich schließlich nur noch Person A und Person B gegenüberstehen.




    „Nein!“, rief ich. „Nicht ohne die Rüstung! Ich werde bereitwillig mit dir gehen, aber ich muss diese Rüstung haben, sie ist der Schlüssel.“
    Coragon gluckste amüsiert.
    „Was, der Schlüssel zu deiner Freiheit? Das würde ich wirklich gerne sehen! Komm jetzt, Jack, nimm du...“
    „Nicht zu meiner Freiheit, aber zu meiner Heilung!“, unterbrach ich ihn.
    Coragon brach ab und drehte sich langsam um. Jede Heiterkeit war aus seinem Gesicht gewichen.
    „Erklär das.“ Er sagte es ganz ruhig, und doch schwang eine gewisse Schärfe mit.
    „Das ist eine lange Geschichte“, begann ich, „aber der Punkt ist, dass ich an einer seltenen Erkrankung leide, die...“
    „Manasucht, ja, das weiß ich. Aber die ist unheilbar! Und tödlich“, fügte er hinzu.
    Hätte ich in der Situation nicht so unter Stress gestanden, wäre ich wohl mehr verwundert darüber gewesen, dass ein einfacher Schankwirt wusste, was Manasucht war oder dass ich daran litt. Andererseits waren einfache Schankwirte auch nicht mit Beliar im Bunde. Ich runzelte die Stirn.
    „Tödlich?“, fragte ich. „Davon habe ich nie gehört. Woher willst du das wissen?“
    „Weil du nicht der einzige bist, der daran leidet.“

    ~~~

    Rückblende in Coragons Kindheit, Gespräch der Eltern mit einem Magier

    ~~~

    „Seit vielen Jahren Suche ich nach einem Heilmittel. Ich habe mich intensiv mit Alchemie beschäftigt, aber vergeblich. Nicht mal mein Onkel hatte Erfolg, und er war Meisteralchemist am königlichen Hof, verdammt noch eins! Alles, was ich Zustande gebracht habe, ist ein ganz brauchbares Bier, das magische Energie stärkt. Zögert das unvermeidliche aber bloß hinaus. Ohne ein Heilmittel bleibt mir nicht mehr viel Zeit. Dir sogar noch weniger. Immerhin wärst du bereits tot, wenn ich dich nicht gerettet hätte!“
    Für einige Augenblicke herrschte Stille. Jack stand unschlüssig neben der Kiste, die Crawlerplattenrüstung umklammert, als wäre sie sein Erstgeborener. Coragon sah mir ernst in die Augen doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das war doch Irrsinn!
    Schließlich zog er einen Anhänger hervor, den er an einer Kette um den Hals trug. Mir war sofort klar, was ich da sah: Ein kleiner Antimagiekristall!
    „Es ist unangenehm“, gab Coragon zu, „aber der Entzug von Magie verlangsamt das Fortschreiten. Die Krankheit ist so viel mehr, als eine bloße Abhängigkeit. Die Magie in unserem Inneren ist wie ein Gift, ein Geschwür, dass uns, die dafür so anfällig sind, innerlich auffrisst. Das ist das perverse an dieser Krankheit, wir sind abhängig von dem Gift, das uns langsam tötet! Dich als Magier betrifft es natürlich umso mehr. In den letzten fünf Jahren wäre deine Krankheit immer weiter fortgeschritten und ich bin überzeugt, ohne mein eingreifen wärst du bereits tot! Der Entzug hat dich geschwächt, das stimmt. Ohne wären die vergangenen Jahre sicher angenehmer gewesen. Aber überlebt hast du nur Dank der Antimagiekristalle in deinem Gefängnis!“
    „Ist das etwa der Grund? Du hast mich fünf Jahre lang gefangen gehalten, um mich zu retten!?“
    Coragon hockte sich vor mir auf den Boden.
    „Ich mache dir ein Angebot“, sagte er. „Ich erzähle dir alles, wenn du mir erklärst, was du über die Heilung der Manasucht weißt.“
    Ich war in einer schwierigen Lage. Sobald ich ihm davon erzählte, würde er sich die Rüstung schnappen, daraus ein Heilmittel brauen und ich würde langsam sterben. Alles, was mir einfiel, war zu versuchen Zeit zu schinden.
    „Gut, aber du beginnst!“, sagte ich schließlich.
    Coragon grinste. „Meinetwegen. Es gab zwei Gründe, dich damals einzusperren. Dich am Leben zu erhalten war nur einer davon, schließlich brauche ich dich noch. Der andere war, dich aus dem Weg zu räumen, weil du meinen Plänen hättest gefährlich werden können.“
    „Welche Pläne denn? Und warum gerade ich?“
    „Das ist die Ironie an der ganzen Sache. Weil du an Manasucht leidest.“
    Ich verstand gar nichts mehr. Was hatte meine Krankheit mit seinen Plänen zu tun?
    „Fangen wir nochmal an“, fuhr Coragon fort. „Da ich keine Chance mehr sah, meine Krankheit zu heilen, schloss ich einen Pakt. Ich würde meinem Meister eine kleine Gefälligkeit erweisen und im Gegenzug würde er mir ewiges Leben schenken, die alte Geschichte.“
    „Ich weiß genau, wer dein Meister ist. Und ich kann nicht glauben, dass du so dumm bist, ihm das zu glauben!“
    Coragon winkte ab. „Das hat mit Dummheit nichts zu tun. Es ist ganz einfach: Ich habe absolut nichts zu verlieren. Würdest du nicht auch nach jedem Strohhalm greifen?
    Wie dem auch sei, der Plan war eigentlich ganz einfach. Ich wollte das antike Portal im Norden der Insel nutzen, um eine Passage zu Beliars Reich zu öffnen, durch die seine Armeen ungehindert in unsere Welt übertreten könnten.“
    Ich kann nicht sagen, was mich mehr schockiert hatte. Was Coragon vorhatte, oder die Unbekümmertheit, mit der er davon sprach.
    „Allerdings war der Zeitpunkt dafür entscheidend. Ich musste warten, bis die Wassermagier das Portal nicht länger bewachten und vor allem, bis eine weitere Gegebenheit eintrat. Ich wette, du kannst dir denken welche!“
    Mir war sofort klar, worauf er hinauswollte. Die Barrieren, die die Welten voneinander trennten, waren für gewöhnlich sehr stark, es war nicht einfach eine Verbindung zur anderen Seite herzustellen. Es sei denn...
    „Die Gestirne“, sagte ich. „Die Konstellation der Gestirne schwächt das Gefüge der Welten, so wie damals im Krieg.“
    „Exakt!“, sagte Coragon nickend. „Und jetzt weißt du auch, warum du aus dem Weg musstest. Ich hörte von deinen Versuchen den Rat zu überzeugen ein Observatorium einzurichten. Bei deiner Hartnäckigkeit war es nur eine Frage der Zeit, bis man deinen Wünschen nachgegeben hätte. Ihr hättet vorausgesehen, dass jetzt wieder eine Phase der Schwächung eintreten würde und hättet meine Pläne durchkreuzen können. Deshalb musstest du weg. Aber gleichzeitig musste ich dich am Leben halten, weil du noch wichtig bist!
    In diesem Augenblick fügen die Piraten in dem alten Tempel bei diesem Orkdorf den Portalschlüssel wieder zusammen und tränken ihn mit dämonischer Energie. Damit werde ich morgen das Portal öffnen. Aber um tatsächlich die Verbindung zu Beliars Reich herzustellen, ist viel magische Energie nötig. So viel, wie sie nur jemand hat, der an Manasucht leidet. Naja, und da ich nicht vorhatte, mich selbst zu opfern...“
    Jetzt war alles klar. Genauso, wie Jack mit Hilfe der Klaue Beliars meine magischen Reserven genutzt hatte um die Brücke wieder zu errichten, wollte Coragon mit meiner Hilfe einen Durchgang schaffen, der die Armee der Finsternis in unsere Welt bringen würde.
    Und alles nur, um sein eigenes Leben zu retten.
    „Das musst du nicht tun!“, sagte ich schließlich. „Vielleicht gibt es einen anderen Weg.“
    Ich erklärte ihm meine Theorie zu den Minecrawlern, und meinen Verdacht, dass die Rüstung womöglich die letzten Überreste jener besonders magischen Unterart darstellte.
    „Interessant“, sagte Coragon langsam und betrachtete fasziniert die Rüstung, die Jack jetzt noch fester umklammerte.
    „Wäre doch gut, eine Art Versicherung zu haben, für den Fall, dass der Meister doch nicht hält, was er verspricht. Jack, gib mir die Rüstung!“
    „Nein!“, riefen Jack und ich wie aus einem Munde.
    „Wenn du das Heilmittel hast, brauchst du Beliar nicht mehr zu dienen! Warum noch weitermachen?“
    Ewiges Leben! Darum! Und wenn es nicht klappt, kann ich immer noch die Rüstung verwenden um wenigstens ein normal langes Leben zu erreichen. Es hat sich nichts geändert, ich habe nichts zu verlieren.“
    Das konnte ich nicht zulassen! Ich brauchte die Rüstung, wenn es mir gelang zu fliehen und mich zu heilen, wäre ich wertlos für Coragon und er könnte seinen Plan nicht durchführen. Ich rappelte mich auf und stürzte mich auf Jack, der seine ganze Aufmerksamkeit Coragon zugewandt hatte.
    „Gib mir die Rüstung!“
    „Niemals!“
    Jack zog seinen Säbel und versuchte nach mir zu schlagen, doch Coragon schmiss sich ins Getümmel und versuchte nun seinerseits uns die Rüstung zu entreißen.
    Coragon hielt Jacks Schwerthand fest, von irgendwo kam ein Tritt, der meine Kniekehle traf und mich zu Boden schickte. Für einen Augenblick hielt ich die Rüstung in Händen, Jack, der sich gerade von Coragon befreit hatte, stand mit erhobenem Säbel über mir, doch bevor er auch nur eine weitere Bewegung machen konnte, erschien plötzlich ein Pfeil in seiner Stirn. Während Jack tot zusammensackte, wirbelte Coragon zum Eingang der Höhe herum. Dort stand Homer mit einem Bogen in der Hand. „Das war für Cavalorn und Gaan!“
    Ohne zu zögern stürzte Coragon sich auf den Neuankömmling und versuchte ihm den Bogen zu entwinden. Homer stieß Coragon den Bogen ins Gesicht und zog sein Messer, doch sein Gegner riss ihn herum und schlug ihm hart gegen die Schläfe. Benommen taumelte Homer so Seite und stürzte auf die Teleportplattform, wo er in einem hellen Lichtblitz verschwand.
    Schnaufend wandte sich Coragon wieder mir zu.
    „Jetzt sind es nur noch wir beide.“

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Nach einem dramatischen Showdown gelingt es Person A, mithilfe von Gegenstand B die Person B niederzustrecken. Anschließend verwendet Person A den Gegenstand C entweder um sich selbst von Gebrechen A zu erlösen oder um Person C zurück in die Welt der Lebenden zu holen. Ganz gleich, wie Person A sich entscheidet: Die vollen, tiefgreifenden Konsequenzen ihrer Entscheidung hatte sie so nicht vorhergesehen.




    Schweiß stand mir auf der Stirn, als ich mich mühsam wieder aufrappelte, die Rüstung unter den Arm geklemmt und den Säbel, den Jack im Augenblick des Todes fallen gelassen hatte, fest umklammert. Mein Blick fiel auf Jacks Leiche, die neben mir lag. Seine Augen waren geöffnet und es schien fast, als schielte er auf den Pfeil in seiner Stirn. Auf eine makabere Art und Weise war der Anblick beinahe komisch. Die Ironie war, dass Jack selbst vermutlich wirklich gelacht hätte – für Menschen wie ihn, die auf die eine oder die andere Weise ständig mit dem Tod konfrontiert waren, war das eine Art Schutzmechanismus, um all das nicht an sich heranzulassen. Ich wünschte, ich könnte das auch, denn trotz allem hatte ich Jack gemocht. Ich mochte nicht, was er aus seinem Leben gemacht hatte und noch weniger, was der dunkle Gott aus ihm gemacht hatte. Objektiv betrachtet hatte er den Tod vermutlich schon hundert Mal verdient, aber bei Innos, wer ist Angesichts des Todes eines bekannten Menschen schon objektiv? Unter anderen Umständen hätte ich ein Gebet für ihn gesprochen, wohl wissend, dass er darüber nur mit den Augen gerollt hätte, doch leider war nicht die Zeit für Gebete.
    „Aber, aber“, begann Coragon. „Ich bin unbewaffnet, findest du das nicht ein bisschen ungerecht? Du als Priester Innos?“
    „Wenn du ausgeglichene Chancen willst, wende dich an einen Priester Adanos!“, presste ich hervor und machte einen Schritt auf die Teleportplattform zu.
    „Lass mich einfach gehen und ich werde dir nichts tun!“
    Ein weiterer Schritt, den Säbel vorgestreckt und den Blick auf Coragon gerichtet. Es schien, als würde er mich ziehen lassen. Er machte keinerlei Anstalten mich aufzuhalten, nicht einmal mich abzulenken oder zu provozieren. Gerade, als ich die Plattform erreichte und dachte, ich wäre ich Sicherheit, schlug er zu. Mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm nicht zugetraut hätte,sprang er mich an und schlug mir den Säbel aus der Hand. Ich kippte nach hinten und riss Coragon mit mir. Ein blendendes Licht, ein ohrenbetäubendes Rauschen und wir fielen in der relativen Dunkelheit des Tempels auf den Boden. Wieder und wieder schlug Coragon auf mich ein, während ich versuchte mich von ihm zu befreien. Verzweifelt packte ich ihn am Kragen und stemmte meine Beine gegen seinen Körper. Ich warf mich nach hinten, und unter größter Anstrengung gelang es mir ihn von mir zu stoßen, über meinen Kopf hinweg in die nächste Kammer. Ich hörte, wie er aufschlug, doch ich wusste, dass es noch nicht vorbei war. Jetzt musste ich die Oberhand behalten! Unter Schmerzen drehte ich mich auf den Bauch und kroch ebenfalls in die Kammer, auf Coragon zu, der gerade versuchte wieder aufzustehen. Ich machte einen Satz und warf mich auf ihn, versuchte seinen Hals zu umklammern, doch er stieß meine Hände weg. Mit einem wütenden Schrei riss er mich zur Seite und rollte herum, um nun seinerseits die Oberhand zu gewinnen. Ich versuchte mich abzustützen, doch meine Hand griff ins Leere. Wir rollten weiter und fielen, stürzten in das leere Becken, das sich in der Mitte der Kammer befand. Der Aufprall presste mir die Luft aus der Lunge und für einen Moment war ich benommen, doch Coragon erging es nicht viel besser. Er rollte von mir herunter und blieb neben mir liegen. Mit letzter Kraft versuchte ich erneut ihn zu erwürgen – wenn sein Tod das einzige war, was diesen Kampf beenden und die Welt vor den Armeen der Finsternis bewahren konnte, dann musste es so sein. Coragon schien verletzt, er wehrte sich nicht mehr so heftig wie noch zuvor. Verzweifelt riss er an meiner Robe, versuchte meinen Hals zu packen, erwischte jedoch nur den Anhänger, den ich um den Hals trug: Homers Glücksbringer. Irgendwie gelang es ihm, mich erneut herumzureißen. Wieder ragte er über mir auf, bereit zuzuschlagen. Wir beide waren erschöpft, mit unseren Kräften fast am Ende, doch er war in der besseren Position. Er schlug mich, zweimal, dreimal, als hätte er völlig vergessen,dass er mich lebend brauchte – oder, als wäre es ihm egal geworden. Ich wusste, das wäre mein Ende. Meine Versuche ihn abzuwehren wurden immer unkoordinierter, immer wirkungsloser. Schließlich fand meine Hand den Anhänger, den Coragon mir kurz zuvor vom Hals gerissen hatte: Die Lurkerklaue. Ich zögerte nicht und stieß zu, mit aller Kraft, die mir noch geblieben war. Die scharfe Klaue, vor langer Zeit gewetzt an den Steinen und Stämmen des Dammes im Neuen Lager der Minenkolonie, bohrte sich tief in Coragons linkes Auge. Es ging so schnell, dass er nicht einmal schrie. Er hörte einfach auf zu schlagen und brach über mir zusammen. Kein Zucken, kein Röcheln. Es war ganz einfach vorbei.
    Keuchend schob ich Coragons Leiche von mir und kletterte aus der Vertiefung. Ich brauchte eine Weile, um wieder zu Atem zu kommen, doch dann fiel mir Homer ein. So gut es ging rappelte ich mich auf und schlurfte zu der kleinen Kammer, in der die Teleportplattform stand. Die Crawlerplattenrüstung lag achtlos weggeworfen in einer Ecke, der noch immer bewusstlose Homer lag neben der Plattform. Abgesehen von einer Platzwunde an der Schläfe schien er unverletzt.
    „Hey, wach auf!“
    Ich versuchte behutsam ihn wachzurütteln, und es dauerte nicht lang, bis er die Augen aufschlug.
    „Was... ist passiert?“, fragte er benommen.
    „Du hast mir das Leben gerettet, das ist passiert! Danach hat Coragon dich bewusstlos geschlagen.“
    Homer setzte sich auf und blickte sich um.
    „Ja, ich erinnere mich noch, dass ich auf die Plattform gestolpert bin. Was ist danach passiert? Wo ist Coragon?“
    „Tot“, sagte ich schlicht. „Er ließ mir leider keine Wahl.“
    Hastig erzählte ich ihm, was Coragon vorgehabt hatte, und warum wir so erbittert um die Rüstung gekämpft hatten.
    „Ein Heiltrank aus einer Rüstung?“
    Er schnaubte. „Sowas kann auch nur euch Magiern einfallen. Also, drüben, im Portalraum, steht noch ein Alchemielabor der Wassermagier. Ist vielleicht das beste, wenn du direkt anfängst, oder?“
    Homer hatte Recht. Wenn Coragon über die Krankheit die Wahrheit gesagt hatte, blieb mir womöglich nicht mehr viel Zeit. Allerdings gab es da noch eine Sache zu bedenken.
    Bisher hatte ich Homer verschwiegen, wozu Jack die Rüstung verwenden wollte. Attila war ein Freund von Homer gewesen. Ich zögerte ihm davon zu erzählen, immerhin war er noch immer Überzeugt, dass Attila sowieso noch am Leben war. Die Frage war, was ich nun tun sollte. Als Diener Innos wäre es nicht richtig gewesen, mein eigenes Wohl über das eines Anderen zu stellen. Andererseits war Nekromantie nicht ohne Grund verboten. Dazu kam, dass Attila kein freundlicher Nachbarsjunge war, sondern ein gesuchter Meuchelmörder. Aber es lag nicht an mir, darüber zu urteilen. Innos allein konnte entscheiden, ob er Attila seine Sünden vergibt oder nicht. So oder so war es nicht an mir, diese Entscheidung in Frage zu stellen, indem ich Attila zurückholte.
    Schließlich entschied ich mich, Homer nichts zu sagen. Ich sah keinen Grund ihn unglücklich zu machen und ihm die Wahrheit über Attila zu erzählen.
    „Du hast Recht“, sagte ich nur. „Es wird allerdings eine Weile dauern. Und Coragon hat nicht allein gearbeitet! Seine Schergen sind vermutlich schon auf dem Weg hierher, mit dem geschändeten Ornamentring!“
    Homer verstand.
    „Dann begebe ich mich direkt in die Stadt und hole Hilfe! Die Miliz sollte mit der Bande schon fertig werden.“
    Ich nickte. „Gut. Kannst du aufstehen? Ich kann dir auch erst einen Heiltrank brauen.“
    Homer winkte ab.
    „Hab schon schlimmeres überstanden. Kümmer dich mal lieber um dich selbst! Ich mache mich direkt auf den Weg. Obwohl ich ja schon gerne sehen würde, wie du aus einer Rüstung einen Trank braust.“
    Homer verließ die Kammer durch den Teleporter. Ich schnappte mir die Crawlerplattenrüstung und schleppte sie 'rüber in die Portalkammer. Dort begann ich sie zu zerlegen. Die Platten waren äußerst stabil, deshalb gaben sie auch eine so gute Rüstung ab. Das einzige, was ich tun konnte, um die magischen Substanzen herauszulösen, war eine stark ätzende Lösung zu verwenden. Ich legte die Platten in einen großen, gusseisernen Kessel und begann am Labortisch die Lösung vorzubereiten, indem ich Schwefel verbrannte und die Dämpfe wiederholt in Wasser löste. Es dauerte, bis ich genug zusammen hatte, um die Platten vollständig zu bedecken, aber schließlich zischte und blubberte das Gebräu, während sich die Chitinplatten allmählich in ihre Bestandteile auflösten. Als nächstes musste ich die zähe, schäumende Masse neutralisieren und einkochen. Es dauerte eine ganze Stunde, bis schließlich nur noch ein bräunlicher, brüchiger Bodensatz übrig war. Der Rest ging schnell. Ich mischte die Masse mit Alkohol, worin sich die magischen Substanzen lösen würden. Alles Übrige filterte ich einfach raus. Noch ein, zwei Mal destillieren, und der Extrakt wäre fertig. Nur noch einige Kräuter und ich konnte daraus einen Heiltrank brauen.
    Gerade, als ich den Sud aus Heilwurzel, Kronstöckel und dem Crawlerplattenextrakt ein letztes Mal destillierte, hörte ich Schritte aus dem Vorraum.
    „Homer? Das wurde auch Zeit.“
    Ich wandte mich um und erstarrte.
    „Ah, ich muss dich enttäuschen“, sagte der Pirat, den Jack mir als Morgan vorgestellt hatte.
    „Garret, Skip, ihr wisst was ihr zu tun habt!“
    Wie schon einige Stunden zuvor packten mich die beiden Piraten und hielten mich fest. Sie schleiften mich in die Mitte der Kammer, direkt vor das Portal.
    „Fies, was du da mit dem Boss angestellt hast“, sagte Morgan, während er an mir vorbei auf das geschlossene Portal zu schlenderte.
    „Bin beeindruckt, hätte ich dir nicht zugetraut. Aber weißt du was? Wir brauchen den Kerl nicht! Der Meister hat mir genau gesagt, was zu tun ist.“
    Mit diesen Worten steckte er den Ornamentring in die Vertiefung neben dem Portal. Rumpelnd schoben sich die Steinplatten auseinander, und gaben das helle Licht im Inneren der antiken Teleportvorrichtung frei.
    Entsetzt beobachtete ich, wie sich das Portal öffnete... und absolut nichts geschah.
    Morgan fing an zu lachen.
    „Junge, du solltest mal dein Gesicht sehen! Wir sind noch nicht fertig, im Moment führt das Portal wie eh und je nach Hause, nach Jharkendar.“
    Er wickelte, wie schon zuvor im Minental, ein Stoffbündel auseinander und holte die Klaue Beliars heraus.
    „Mit deiner Hilfe, werden wir das jedoch ändern.“
    Jetzt geht es los! Bist du auch schon so aufgeregt wie ich?
    „Nein! Begreift ihr nicht, was ihr da tut? Das ist das Ende der Welt!“
    Morgan lachte wieder, doch das war mir egal. Ich hatte aus den Augenwinkeln eine Bewegung bemerkt. Wenn es mir gelang noch ein bisschen Zeit zu schinden...
    „Du sagst Ende, ich sage Anfang!“
    Gut gesprochen!
    „Was hat er euch versprochen? Gold? Ewiges Leben? Wozu braucht ihr das denn noch, wenn die Welt in Trümmern liegt?“
    Morgan winkte ab und wandte sich dem Portal zu. Ich warf einen flüchtigen Blick nach rechts, zum Labortisch, wo sich gerade ein weiterer Tropfen aus der Destille löste. Nur noch ein bisschen.
    „Dreh dich nicht weg! Antworte mir, was willst du tun? Unsterblicher König eines Trümmerhaufens werden?“
    Morgan drehte sich wieder um.
    „Du siehst das ganz falsch! Der Meister hat nichts davon, alles und jeden zu töten! Am Ende landen eh alle bei ihm. Er will nur... ein wenig die Ordnung durcheinander bringen! Und sein wir mal ehrlich, als Piraten machen wir doch nichts anderes!“
    Er baute sich wieder vor dem Portal auf und hob die Klaue.
    „Also, sei ein guter Mann, und lass mich meine Arbeit erledigen. Wer weiß, vielleicht hat der Meister ja auch für dich eine Belohnung!“
    Da fällt mir bestimmt was nettes sein!
    Jetzt oder nie! Ich trat dem Piraten zu meiner Rechten in die Kniekehle und riss mich los. Bevor die anderen reagieren konnten, war ich schon auf halben Weg zum Labortisch. Ich achtete nicht auf die Rufe, nicht auf die Hände, die nach mir griffen. Ich hatte nur ein Ziel: Den Trank 'runterkippen, bevor sie mich wieder packen konnten! Ohne die Manasucht konnte ich wieder ungehindert zaubern und all dem ein Ende bereiten. Einer der Piraten packte mich am rechten Bein, doch es war zu spät, ich hatte die Flasche bereits aus der Destille gerissen. Hastig würgte ich die bittere Flüssigkeit herunter, bevor die Piraten mir die Flasche entrissen und mich wieder in Richtung Portal zerrten. Was dann geschah, bekam ich kaum noch mit. Ich spürte ein Brennen im Magen, das sich über meinen ganzen Körper auszubreiten schien und mich benommen machte. Wie aus großer Ferne hörte ich überraschte, ja geradezu panische Schreie. Irgendetwas geschah. Ich blinzelte gegen die Benommenheit an und wunderte mich darüber, wie leicht ich mich plötzlich fühlte. Die Piraten hatten mich losgelassen, doch ich fiel nicht. Ich glaubte zu sehen, wie sie durch das Portal flohen, bevor sich ein Schleier aus Licht über meinen Blick legte. Das letzte, was ich spürte, war ein scharfer Schmerz in der Schulter. Dann wurde es dunkel.

    ~~~

    „Und das war's? Mehr hast du nicht zu sagen?“
    „An mehr erinnere ich mich nicht“, gab Hyglas zu. „Das nächste, was ich weiß, ist wie ich mit schmerzender Schulter in einer Zelle aufwache.“
    „Bei Innos!“, schrie der Richter und schlug mit der Faust auf sein Pult. „Da quälst du uns stundenlang mit deiner kompletten Lebensgeschichte, und dann, wenn es um den eigentlich relevanten Teil geht, das einzige, was mich hier interessiert, erinnerst du dich nicht?“
    Hyglas zuckte nur mit den Schultern.
    „Allein dafür sollte ich dich schon in den Kerker werfen lassen!“, grummelte der Richter weiter.
    „Also gut. Ist irgendjemand anwesend, der bezeugen kann, was als nächstes geschah? Und warum wir uns diesen Unsinn überhaupt anhören?“
    Wulfgar erhob sich. „Mika war einer der ersten vor Ort, er hat alles mit angesehen.“
    Er nickte einem der Milizsoldaten zu, der daraufhin nach vorn trat und Haltung annahm.
    „In Ordnung, fang an“, sagte der Richter. „Du hast Zeit, bis ich meinen Wein ausgetrunken habe, also fass dich kurz!“
    „Ich spare mir die Vorgeschichte, wie ich diesen oder jenen kennengelernt hab.“
    Sein Blick blieb auf Homer hängen. „Hmpf, den da kenne ich sogar von früher!“
    Der Richter verschluckte sich, doch Mika fuhr hastig fort.
    „Aber es fing an, als er vor etwa einer Woche in der Kaserne aufkreuzte und Alarm schlug.“

    ~~~

    Es war lange her, seit ich zuletzt ein solches Aufgebot an Soldaten der städtischen Miliz gesehen hatte. Die Händler am Markt haben auch nicht schlecht gestaunt, als fast die gesamte Truppe durchs Osttor marschierte – und das nur, weil dieser Spinner im Namen der Wassermagier Hilfe anforderte! Ich erinnerte mich noch an diesen Homer, ich selbst hatte ihn damals vor dem Osttor aufgegriffen. Ein entflohener Gefangener aus der Strafkolonie im Süden. Wäre es nach mir gegangen, würde der Kerl noch immer im Kerker schmoren. Aber die Wassermagier mussten sich ja einmischen. Und dann, fünf Jahre später, genügt auf einmal ein Wort von dem Mistkerl und die halbe Miliz setzt sich in Bewegung!
    Wir waren noch nicht weit gekommen, als Homer auf eine kleine Höhle abseits des Weges deutete.
    „Es würde schneller gehen, wenn wir da lang gehen“, sagte er. „Darin befindet sich eine antike Teleportplattform.“
    Kommandant Wulfgar blieb skeptisch. „Teleportplattform?“
    Homer nickte. „Durch sie kommen wir zu einer Höhle nahe der Taverne von Orlan. Ein weiterer Teleport bringt uns dann direkt in den Tempel.“
    Wulfgar blickte eine Weile nachdenklich zum dunklen Höhleneingang.
    „Ich weiß ja nicht...“
    „Kommandant!“, mischte ich mich ein. „Da könnte was dran sein.“
    „Erklär das.“
    „Ist schon ein paar Jahre her, da habe ich Attila verfolgt.“
    Wulfgar schnaubte. „Oh ja, an den Mistkerl erinnere ich mich noch zu gut. Was war mit ihm?“
    „Er rannte in diese Höhle. Rangar und ich sind hinterher, haben die ganze Höhle durchsucht, aber es gab keine Spur von ihm. Da war nur dieses leuchtende Ding. Irgendwie unheimlich.“
    Ich warf Homer, der sich während des Berichts abgewandt hatte und sich nun am Kopf kratzte, einen misstrauischen Blick zu. Kurz nach diesem Zwischenfall war Homer aufgetaucht. Und nun stellte sich heraus, dass er den Teleporter kannte. Ich fragte mich, ob das ein Zufall war...
    Aber ich schüttelte den Gedanken ab. Attila war tot, Homer begnadigt, all das war Schnee von gestern.
    „Also gut“, sagte Wulfgar schließlich. „Wir gehen durch die Höhle!“
    Im Gänsemarsch zog die ganze Truppe in die dunkle Höhle. Hinter einer Biegung sah man bereits ein diffuses Licht schimmern. Als wir um die Ecke kamen, lag die Teleportplattform vor uns, genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Eine schimmernde durchscheinende Kugel schwebte über der runden, reich verzierten Plattform, an deren Rand nach innen gekrümmte Dornen emporragten, die nach der Kugel zu greifen schienen.
    Ohne zu zögern betrat Homer die Plattform und verschwand in einem hellen Licht.
    „Also los“, rief Wulfgar. „Schön einer nach dem anderen!“
    Er betrat als nächster die Plattform und verschwand ebenso schnell, wie Homer zuvor.
    Mir war etwas mulmig zumute, aber soll Beliar mich holen, wenn ich vor versammelter Mannschaft den Schwanz einziehe. Ich nickte dem neben mir stehenden Ruga zu und machte einen Schritt auf die erleuchtete Plattform.
    Ein lautes Rauschen unterdrückte jedes andere Geräusch, das helle Licht blendete mich, doch so schnell es begonnen hatte, so schnell war es auch vorbei und ich befand mich in einer anderen Höhle, direkt vor einer anderen Plattform.
    „Nicht stehen bleiben!“, rief Wulfgar und deutete auf die Plattform.
    „Direkt weiter, sonst wird’s verdammt eng hier drin!“
    Ein weiterer Schritt, ein weiteres Rauschen, ein weiterer Lichtblitz. Und ich war in der alten Tempelanlage im Nordosten, von der ich schon so viele Gerüchte gehört hatte.
    Es dauerte nicht lang bis die ganze Truppe da war. Wulfgar folgte Homer in die nächste Kammer, ein paar von uns sicherten die übrigen Ausgänge, der Rest folgte dem Kommandanten.
    „Da liegt einer!“, rief ich, als ich im Vorbeigehen einen Blick in eine Art leeres Becken warf, das sich in der Mitte des Raumes befand. Am Boden lag, in einer Lache aus Blut, eine verkrümmte Gestalt.
    „Das ist Coragon, der Wirt!“, sagte Wulfgar nach einem kurzen Blick auf die Leiche. „Was steckt denn da in seinem Auge?“
    Ich beugte mich herunter, um mir die Leiche genauer anzusehen. Offenbar war Coragon mit einer Art Tierklaue getötet worden, die noch immer dort steckte, wo mal sein linkes Auge gewesen war.
    „Hey, dass ist ja mein Glücksbringer!“, rief Homer überrascht, woraufhin alle ihn irritiert ansahen.
    „Ich hatte ihn Hyglas gegeben. Aber nicht für sowas!“, fügte er hastig hinzu, als er sah, wie sich Wulfgars Blick verdüsterte.
    Bevor dieser etwas sagen konnte, hörten wir eine Art Rauschen aus dem nächsten Raum. Schnell liefen wir zum Durchgang, Homer und Wulfgar voran.
    „Bei Innos!“, hörte ich ihn rufen, kurz bevor auch ich die Kammer betrat. Der Anblick raubte mir den Atem. Es war ein großes, von Fackeln beleuchtetes Gewölbe, an dessen Ende eine flache, breite Treppe zu dem kreisrunden Portal hinaufführte, durch das man in diesen anderen Teil der Insel gelangte, von dem ich immer wieder gehört hatte. Das Portal stand offen und ein helles blaues Licht ging von ihm aus. Das eigentlich erschreckende spielte sich jedoch weiter vorne ab. Ein Feuermagier schwebte mit ausgebreiteten Armen vor dem offenen Portal, Wolken aus Licht wirbelten um ihn herum und schienen auf das Portal zuzustreben.
    „Von wegen Banditen!“, rief Wulfgar an Homer gewandt gegen das magische Getöse an. „Der Dreckskerl hat dich nur weggeschickt um selber das Portal zu öffnen! Los Männer, wir müssen ihn aufhalten!“
    Ohne zu zögern zog ich mein Schwert und machte einen Schritt auf den Magier zu, doch Ruga war schneller. Mit ruhiger Hand hob er seine Armbrust und schoss zielsicher einen Bolzen ab. Das Geschoss traf den Magier an der rechten Schulter – jede Wette, dass Ruga das auch beabsichtigt hatte. Der Magier schrie auf und mit einem Mal erstarb das Getöse. Die Wolken verschwanden, das Leuchten hörte auf und der Magier brach bewusstlos zusammen. Das Portal blieb geöffnet, jedoch schien nichts hindurch zu kommen.
    Viele von uns waren noch in Schockstarre, doch Wulfgar begann bereits wieder Befehle zu erteilen.
    „Homer, sieh dir das Portal an! Wir müssen wissen, ob wir noch rechtzeitig gekommen sind! Ruga, Mika, ihr gebt ihm Deckung! Pablo, sieh nach dem Dreckskerl und vor allem, nimm ihm seine Runen und was auch immer er sonst noch an magischem Schnickschnack hat. Der Rest sieht sich hier nochmal genau um!“
    Vorsichtig näherten wir uns dem Portal, halb damit rechnend, dass jeden Moment eine dämonische Kreatur daraus hervorstoßen würde.
    Homer blickte eine Weile in das Licht, dann wandte er sich einer kleinen Vertiefung neben dem Portal zu, in der ein ringförmiger Stein steckte.
    „Hm“, machte er. „Soweit ich das sagen kann, ist mit dem Portal alles in Ordnung. Ich würde sagen, es führt nach Jharkendar, so wie immer. Aber um sicher zu gehen...“
    Mit diesen Worten zog er den Steinring aus der Vertiefung und begleitet von einem Rumpeln schoben sich knirschend steinerne Platten vor die Portalöffnung bis es schließlich mit einem lauten Rumms versiegelt war.
    „Gute Arbeit!“, rief Wulfgar. „Wir verschwinden wieder. Nehmt den Dreckskerl mit und alles, was er bei sich hatte. Diesen Steinring auch. Homer, du musst auch mitkommen, wir brauchen deine Aussage! Ich nehme an, wir können wieder den Teleporter benutzen?“
    Homer nickte nur. Kurze Zeit später machte sich die ganze Prozession wieder auf den Weg zurück in die Stadt.

    ~~~

    „Ungeheuerlich! Ungeheuerlich! Kommandant Wulfgar, ich akzeptiere die Formulierung „Höchstverrat“ und werde den Statthalter bitten eine Empfehlung an die zuständigen Berater des Königs zu senden, den Tatbestand des Höchstverrats in die Gesetzbücher aufzunehmen.“
    Hyglas blickte überrascht auf.
    „Soweit ich das sehe“, fuhr der Richter fort, „hast du nicht nur zwei Mitglieder des Rings des Wassers ermordet, sondern auch einen angesehenen Schankwirt aus der Stadt. Und als wäre das nicht genug, hast du versucht die gottverdammten Armeen der Finsternis auf die Welt loszulassen!!!!. Du hast nicht die Stadt verraten, nicht Myrtana, nicht die vereinten vier Reiche, nicht die Menschheit, sondern gleich einfach die gesamte Welt! Und Innos! Also nenn' mir einen Grund, warum ich dich nicht gleich hier hinrichten lassen sollte!“
    Hyglas schluckte. Er hatte damit gerechnet, dass man ihn Coragons Tod anlasten würde, und bis zu einem gewissen Grad war es ihm egal, was mit ihm geschah. Das hatte er jedoch nicht erwartet.
    „Es ist wie ich sage, es war Coragon, nicht ich! Das, was die Miliz da gesehen hat... Daran erinnere ich mich nicht! Ich kann es mir nur so erklären, dass das eine Nebenwirkung des Trankes war!“
    Der Richter winkte ab.
    „Eine Nebenwirkung, wie praktisch. Hast du vorher nicht einen Magier oder Alchemisten befragt?“
    Er hielt inne und schien über etwas nachzudenken. Kurz darauf wühlte er wieder in den Dokumenten, bis er schließlich fand, wonach er suchte.
    „Du hast Glück, Hyglas! Der einzige lebende Verwandte des verstorbenen Coragon ist zufällig Alchemist. Ich hätte ihn sowieso noch befragen wollen, aber jetzt kann er uns ja vielleicht was zu deinen Nebenwirkungen erzählen.“
    Er blickte sich im Saal um und runzelte die Stirn.
    „Wulfgar, wieso ist der Alchemist Constantino nicht hier?“
    Auch Wulfgar blickte sich hektisch um.
    „Ich weiß es nicht, ich dachte wir hätten... Nun, ich lasse ihn sofort herbringen!“
    „Tu das“, entgegnete der Richter. „Bis dahin unterbrechen wir. Und du! Mehr Wein!“
    Er deutete mit seinem leeren Kelch auf den Gerichtsdiener, der sofort loszog um eine weitere Flasche zu holen.

    Kurze Zeit später ging es weiter. Der Richter trank zufrieden von seinem Wein und ein mürrisch dreinschauender älterer Mann mit Halbglatze und fleckiger Schürze stand da und wartete auf die Fragen des Richters.
    „Also dann, lasst uns die Sache endlich hinter uns bringen. Du bist Constantino, der Alchemist?“
    Der Alte rümpfte die Nase.
    „Ich dachte, das wäre bekannt.“
    „Beantworte einfach die Frage!“, sagte der Richter gereizt.
    „Pah! Ja, ich bin Constantino, Meisteralchemist aus dem Handwerkerviertel der Stadt und ehemals Meisteralchemist im Palast des Königs! Genügt das, oder soll ich hier gleich meine ganze Lebensgeschichte erzählen?“
    „BEI INNOS! Wage es nicht! Der nächste, der hier so ausschweifend erzählt, verbringt die Nacht im Kerker! Haben das alle Anwesenden verstanden?“
    Eine Welle von gemurmelten „Ja“s ging durch den Saal, bevor der Richter fortfuhr.
    „Hat man dir bereits von den Umständen berichtet, die zu dieser Verhandlung geführt haben?“
    „Das hat man“, bestätigte der Alchemist.
    „Gut. Der Magier Hyglas wurde dabei erwischt, wie er eine Art magisches Ritual durchführte, offenbar mit der Absicht ein Portal in Beliars Reich zu öffnen. Er behauptet nun, das sei nur die Nebenwirkung eines Trankes gewesen. Hältst du das für möglich?“
    Constantino zuckte mit den Schultern. „Nun, das kommt auf den Trank an.“
    „Angeblich war es ein Heilmittel gegen...“
    Der Richter warf einen Blick in seine Unterlagen.
    „...Manasucht.“
    Der alte Alchemist riss überrascht die Augen auf.
    „Das ist vollkommen unmöglich! Es existiert kein Heilmittel für Manasucht!“
    „Aha!“, rief der Richter triumphierend. „Soviel zu deiner Ausrede, Hyglas.“
    „Doch, es gibt eines!“, beharrte Hyglas. „Minecrawler! Sie waren die Lösung!“
    Constantino schien einen Augenblick zu überlegen.
    „Minecrawler? Nun, sie verfügen über ein wirksames, magisches Sekret, doch ich wüsste nicht wie... Es sei denn... Formica Cuniculus Magus?
    Hyglas nickte.
    „Aber die sind doch ausgestorben! Wo hast du noch welche gefunden?“
    „Habe ich nicht“, widersprach Hyglas. „Aber ich stieß auf einige Rückenplatten, die noch aus der Barriere stammten. Ich glaubte, dass dort, abgeschnitten von der Außenwelt, vielleicht welche überleben konnten. Es zeigte sich, dass ich Recht hatte.“
    „Bei Adanos! Ja... ja, ich könnte mir vorstellen, dass damit ein Heilmittel herstellbar wäre! Ach, wäre ich doch nur früher darauf gekommen! Man hätte sicherlich Proben aus der Kolonie anfordern können!“
    „Schön und gut!“, unterbrach der Richter die Diskussion. „Ein Heilmittel ist also doch möglich, herzlichen Glückwunsch. Aber die angebliche Nebenwirkung, was ist damit?“
    Wieder schwieg Constantino und dachte nach.
    „Nun, ich habe die Krankheit lange Zeit untersucht, mein Neffe litt ebenfalls daran. Aber das wisst ihr vermutlich schon. Es ist die magische Energie, die mit der Zeit den Körper angreift. Es wäre denkbar, dass das Heilmittel eine Gegenreaktion provoziert. Der Körper wehrt sich gegen die Magie. Ich müsste das natürlich erst genauer untersuchen, aber ich halte es für denkbar, dass sich als Folge der Heilung die gesamte magische Energie des Probanden auf einen Schlag entlädt. Im Falle eines Magiers wie Hyglas muss das durchaus beeindruckend gewirkt haben.“
    Der Richter stutzte.
    „Heißt das... heißt das, der Angeklagte hat nicht versucht das Portal zu öffnen?“
    Constantino schüttelte energisch den Kopf.
    „Sollte es wirklich zu dieser Nebenwirkung gekommen sein, war er vermutlich kaum bei Bewusstsein. Die Energie entlädt sich nicht zielgerichtet, der Körper stößt sie einfach ab. Es ist unmöglich sie auf irgendetwas zu fokussieren. Nein, ich denke das Ganze war nicht mehr als Schall und Rauch, ein hübsches magisches Feuerwerk. Vollkommen harmlos.“
    „Das beweist gar nichts!“, meinte der Richter. „Wir haben schließlich nur Hyglas' Wort, dass er überhaupt diesen Trank genommen hat!“
    Constantino warf Hyglas einen nachdenklichen Blick zu.
    „Ich denke, das ließe sich leicht herausfinden. Lasst einen anderen Magier herkommen, er dürfte bestätigen, dass in Hyglas keinerlei magische Energie mehr vorhanden ist. Das ist der Preis, den er für seine Heilung zahlen musste.“
    Der Richter wandte sich wieder an Hyglas und hob eine Augenbraue.
    „Stimmt das?“
    Hyglas lies den Kopf sinken und nickte betrübt.
    „Ja, ich habe meine magischen Fähigkeiten verloren. Seit ich den Trank eingenommen habe, ist es mir nicht gelungen auch nur den kleinsten Zauber zu wirken. Meine Zeit als Magier ist unwiderruflich vorbei...“
    Wieder entstand eine Pause, als der Richter über das gesagte nachdachte.
    „Constantino, dir ist klar, dass du dem Mann hilfst, der deinen Neffen getötet hat? Und ihm obendrein noch die Schuld an allem gibt?“
    Der Akte zuckte nur mit den Schultern.
    „Ich kannte meinen Neffen. Er war besessen von der Idee ein Heilmittel zu finden. Und nichts von dem, was ich über die Geschehnisse gehört habe, liegt außerhalb seiner Möglichkeiten. Hyglas ist ein Diener Innos', wenn er sagt, dass es so war, hege ich keinen Zweifel daran.“
    „Na schön“, begann der Richter. „Dann schafft den Magier Daron her. Er kann Hyglas untersuchen und bei der Gelegenheit gleich einen weiteren Teil seiner Aussage bestätigen.“

    Nach einer erneuten Unterbrechung und einer gründlichen Untersuchung Hyglas' durch Daron, ging es weiter. Betrübt berichtete Daron, dass er nicht den Hauch einer Spur entdecken konnte, dass Hyglas überhaupt je magische Fähigkeiten besessen hatte. Anschließend erzählte er in knappen Worten von seiner kurzen Begegnung mit Hyglas am Osttor der Stadt, die sich lückenlos mit Hyglas' Aussage deckte. Am Ende blieb dem Richter keine Wahl, als Hyglas' Aussage zu akzeptieren.
    „Also wollt ihr mir erzählen, dass alle Schuldigen in dieser Sache bereits tot sind? Die Ganze Verhandlung war vollkommen umsonst?“
    Der Richter schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein, nein, nein! Wir haben hier mehrere Stunden meiner kostbaren Zeit verschwendet, irgendwer gehört dafür an den Galgen! Was ist mit den Piraten, warum wurden die nicht festgenommen?“
    Wulfgar wechselte einen Blick mit einigen seiner Männer.
    „Nun, wir wussten ja nicht mal sicher, dass sie überhaupt darin verwickelt waren. Wir hatten ja unseren Verdächtigen.“
    „Tja, und jetzt stellt sich raus, dass er es nicht war. Also gut. Im Namen des Königs ergeht folgendes Urteil: Der Feuerm... ehemalige Feuermagier Hyglas ist frei und darf gehen, vorausgesetzt, dass er nie wieder das Wort an mich richtet! Des Weiteren wird die städtische Miliz unter Führung von Kommandant Wulfgar in Zusammenarbeit mit dem Ring des Wassers eine Expedition durch das Portal starten, um drüben in Jahr... Jacken... da... im nördlichen Teil der Insel die Piraten aufzuspüren und ihrer Gerechten Strafe zuzuführen. Der Schankwirt Coragon wird posthum zum Verräter an der Menschheit erklärt und seine Weinvorräte werden beschlagnahmt!
    Die Verhandlung ist damit – endlich – geschlossen!“

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