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Frauenrechte in Saudi-Arabien

  1. #21 Zitieren
    Halbgott Avatar von Seelenschnitte
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    Zitat Zitat von Opodeldox
    Du forderst etwas unmögliches, nur damit du dich selbst nicht entscheiden musst.
    Nein, aber das führt sehr fein zu dem Gedanken, den ich schon die ganze Zeit zu vermitteln versuche.

    Ich sehe ein, dass ein wirklich objektiver Vergleich unmöglich ist und versuche es daher auch nicht mehr. Wie ich auch nicht versuche, mit den Armen schlagend zu fliegen. Es ist nicht möglich.

    Unsere subjektiven Vergleiche sind nur von eingeschränkter Aussagekraft, da sie subjektiv sind. Unsere Vergleiche sind voreingenommen, also weder objektiv noch neutral. Und in einem gewissen Maß müssen sie es auch sein, wie du ja selber sagst, wenn du (zu Recht) einen neutralen Vergleich für unmöglich erklärst.
    Daher können wir auch keine objektiv gültige Aussage treffen, ob ein Wertesystem besser oder schlechter sei. Nur, ob es uns so erscheint oder für uns besser oder schlechter ist. Die Grenzen für derlei Aussagen liegen dann auch bei uns.
    Wir können also nicht sagen, welches Wertesystem Anderen besser oder schlechter gefällt. Wir müssten in deren Haut stecken, um soetwas sagen zu können.

    „Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“

    Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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  2. #22 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Was Du beschreibst ist absoluter Relativismus.
    Kann man denn objektiv sagen, dass es besser ist nicht zu vergewaltigen?
    Und wenn ja, warum kann man das sagen, ohne in der Haut des Betreffenden zu stecken?
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  3. #23 Zitieren
    Halbgott Avatar von Seelenschnitte
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Was Du beschreibst ist absoluter Relativismus.
    Kann man denn objektiv sagen, dass es besser ist nicht zu vergewaltigen?
    Und wenn ja, warum kann man das sagen, ohne in der Haut des Betreffenden zu stecken?
    Wie kommst du darauf, dass ich hier irgendetwas relativieren wollte, wenn ich schreibe, dass objektive Wahrheiten uns Menschen beinahe gar nicht zugänglich sind?
    Wenn ich nun subjektiv zu der Ansicht komme, dass es besser sei, nicht zu vergewaltigen, empfindest du dies als weniger überzeugend? Denn es ist doch rein subjektiv, die Erfahrungen der Opfer und Täter zur Urteilsfindung heranzuziehen.

    Tatsächlich kann man das nicht objektiv sagen. Nur subjektiv, was für dein Beispiel ja auch völlig ausreichend ist.
    Man nimmt an, dass dies fürchterlich ist, weil es ein Akt der Gewalt ist. Und man selber möchte keine Gewalt erleiden. Außerdem hat man gehört, dass Opfer dieser Gewalttat dies als ganz fürchterlich erlebt haben. Aber, so wahr dies auch sein mag, objektiv ist es nicht.

    Oder weißt du a priori, dass eine Vergewaltigung ein fürchterliches Verbrechen ist? Und wenn nein, woher weißt du es, wenn nicht a posterioi?
    Wenn diese Erkenntnis aber aus der Erfahrung geschöpft wird, dann kann sie nicht objektiv sein.

    „Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“

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  4. #24 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von Seelenschnitte
    Wie kommst du darauf, dass ich hier irgendetwas relativieren wollte
    Ich sagte nicht, dass Du etwas relativieren willst (ich galube auch nicht, dass dies Deine Absicht ist), ich sagte, dass Du die Position des Relativismus darlegst.
    Denn was Du schreibst ist eben genau das: Da es keine absolute Objektivität gibt, kann man keine absoluten Werteurteile fällen.
    Die entscheidende Frage, die daraus resultiert ist aber, was soll die Konsequenz daraus sein?
    Ist die Konsequenz daraus, dass Phänomene wie Vergewaltigung oder Folter immer nur innerhalb eines bestimmten Kontextes bewertet werden können
    und nicht als Phänomen als solches für "schlecht" befunden werden können? Und wenn ja, worauf willst Du dann Regeln aufbauen und rechtfertigen,
    wenn ja nichts wirklich objektiv ist?
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  5. #25 Zitieren
    Halbgott Avatar von Seelenschnitte
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ich sagte nicht, dass Du etwas relativieren willst (ich galube auch nicht, dass dies Deine Absicht ist), ich sagte, dass Du die Position des Relativismus darlegst.
    Denn was Du schreibst ist eben genau das: Da es keine absolute Objektivität gibt, kann man keine absoluten Werteurteile fällen.
    Die entscheidende Frage, die daraus resultiert ist aber, was soll die Konsequenz daraus sein?
    Ist die Konsequenz daraus, dass Phänomene wie Vergewaltigung oder Folter immer nur innerhalb eines bestimmten Kontextes bewertet werden können
    und nicht als Phänomen als solches für "schlecht" befunden werden können? Und wenn ja, worauf willst Du dann Regeln aufbauen und rechtfertigen,
    wenn ja nichts wirklich objektiv ist?
    Ach so meinst du das. Entschuldige bitte das Missverständnis.

    Ich ziehe daraus zunächst die Konsequenz, dass man nur subjektive Werturteile fällen kann. Und sich dessen bewusst sein muss, dass sie subjektiv sind.
    Ich wüsste allerdings nicht, wieso dies einem entschiedenen Eintreten gegen Folter und Vergewaltigung entgegenstehen soll. Oder andersherum, wie dies relativierend sein könnte. Es entschuldigt doch nichts und redet auch nichts schön oder klein. Es begründet diese Phänomene nur anders, um sie verstehen zu können.
    Jedenfalls kann mir keinen Kontext vorstellen, in dem es angebracht sein kann, zu foltern und zu vergewaltigen. Also auch wenn wir jede Vergewaltigung als Einzellfall betrachten würden, ich wüsse nicht, wie man um eine scharfe Verurteilung herum kommen sollte. Aber dann ist es eben nicht durch eine allgemeine und abstrakte Moral begründet, sondern durch handfestere Gründe, die direkt aus dem vorliegenden Fall stammen. Ich meine, solche Gründe haben ein größeres Gewicht, als eine allgemeine Moral, an die man sich halten sollte, weil sie eben besser ist. Besonders, wenn diese Moral auch noch von außen, also von einer anderen Kultur, (mit anderer Geschichte und anderen Traditionen) kommen.

    Wir können (und mMn haben wir Menschen es auch schon immer getan) unsere Regeln subjektiv begründen und aufbauen. Also auf Erfahrungen beruhend. Die Art der Erfahrungen mit einer bestimmten Sache hat das Verhalten der Gesellschaften geprägt und zu den vielen lustigen Regeln geführt, die wir hier haben.
    Ganz subjektiv, nach der Anzahl ihres Auftretens. Wo sich bestimmte Erfahrungen in einer Gesellschaft ähneln und entsprechend gehäuft auftreten, dort entstehen auch neue Regeln für eben diese Gesellschaft, um mit diesem Phänomen umzugehen.

    Ich wüsste noch nicht einmal, wofür wir da objektive Werte brauchen würden.

    Diese Betratungsweise hat übrigens auch den Vorteil dass sie Verbrecher, also diejenigen, die die Regeln der Gesellschaft brechen, mit einbezieht. Denn diese Täter wissen um die Regeln und übertragen diese gesellschaftlichen Erfahrungen, auf denen die Regeln beruhen auf ihren persönlichen Kontext. Wenn sie nun der Ansicht sind, in ihrem persönlichen Kontext straffrei oder schadlos davonzukommen, dann sehen sie auch keinen Grund, sich an diese Regeln zu halten, denn die Regeln betreffen diese Verbrecher ja dann nicht mehr. Sie sehen sich dann sozusagen eine Ausnahme von der Regel, die sie brechen.

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  6. #26 Zitieren
    Deus Avatar von Korhal
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ich sagte nicht, dass Du etwas relativieren willst (ich galube auch nicht, dass dies Deine Absicht ist), ich sagte, dass Du die Position des Relativismus darlegst.
    Denn was Du schreibst ist eben genau das: Da es keine absolute Objektivität gibt, kann man keine absoluten Werteurteile fällen.
    Die entscheidende Frage, die daraus resultiert ist aber, was soll die Konsequenz daraus sein?
    Ist die Konsequenz daraus, dass Phänomene wie Vergewaltigung oder Folter immer nur innerhalb eines bestimmten Kontextes bewertet werden können
    und nicht als Phänomen als solches für "schlecht" befunden werden können? Und wenn ja, worauf willst Du dann Regeln aufbauen und rechtfertigen,
    wenn ja nichts wirklich objektiv ist?
    Ich wage mal einen alternativen Gedanken dazu, wenn mein Einwurf denn gestattet ist.

    Nehmen wir doch einmal an, dass tatsächlich alle Form der Moral relativ ist, also in dem Sinne, dass wir gerade keine allgemein gültigen Aussagen über unser Verhalten anderen gegenüber machen können.
    Bleiben wir ferner beim Vergewaltigungsbeispiel.

    Kann eine Vergewaltigung subjektiv falsch sein? Natürlich.
    Kann sie auch objektiv falsch sein? Unrelevant.

    Warum?

    Weil das entscheidende Kritierum nicht die Frage nach einer mutmaßlichen, tatsächlichen oder sonstwie attributiven Wahrheit sein muss, sondern jene nach Erfolg.
    Ich argumentiere dafür, dass sich genau wie in der Natur durch Variation und Selektion von Individuen und letztlich Arten, auch die gleichen Mechanismen bei menschlichen Kulturen finden lassen.
    Wir varrieren in unseren Wertekanons und wir selektieren die Werte, die für gut/schlecht befinden.

    Nehmen wir also darüber hinaus an, dass wir zwei Systeme haben.
    Eines, welches Vergewaltigung unter Strafe stellt und eines, welches sie - wie auch immer - begünstigt. (ich sage bewusst nicht legitimiert)

    Inwiefern hätten Frauen, die immerhin etwa 50% einer Gesellschaft ausmachen, ein legitimes Interesse daran ein Teil von System 2 bleiben zu wollen oder gar jenes aktiv zu unterstützen, wo ihnen doch ein Vergleich zu System 1 erlaubt ist?
    Ich würde behaupten, dass auf einer systemischen Ebene von Moral hier die erste Strategie die langfristig besseren Überlebenschancen hat und sich kulturell durchsetzt, weil sie mehr Individuen die Chance zur freiheitlichen Selbstentfaltung erlaubt und davon letztlich alle Mitglieder einer solchen Gemeinschaft profitieren.

    In dieser Denkrichtung hätten moralische Relativisten gar keine Chance, selbst dann, wenn sie mit ihren erkenntnistheoretischen Prämissen Recht behielten (was eh nicht validierbar ist) und die Menschen könnten sich in finaler Konsequenz eher den Regeln ihres Zusammenlebens widmen, anstatt dererlei Herumvernünftelein.

    Ende der Ketzerzei.^^
    Wer würde glauben, dass jene, die derart in Hass gegeneinander entbrannt sind, aus einer Art stammen, die gleiche Natur haben, der gleichen menschlichen Gesellschaft angehören? Wer würde glauben, dass sie Brüder sind, deren Vater im Himmel ist?
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  7. #27 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von Seelenschnitte
    Aber dann ist es eben nicht durch eine allgemeine und abstrakte Moral begründet, sondern durch handfestere Gründe, die direkt aus dem vorliegenden Fall stammen. Ich meine, solche Gründe haben ein größeres Gewicht, als eine allgemeine Moral, an die man sich halten sollte, weil sie eben besser ist. Besonders, wenn diese Moral auch noch von außen, also von einer anderen Kultur, (mit anderer Geschichte und anderen Traditionen) kommen.
    Und was ist, wenn es in einem vorliegenden Fall nicht möglich ist, handfeste Gründe juristisch abzuleiten? Was, wenn das Opfer sagt: alles gut, war nicht so schlimm? Es kann viele Gründe geben, warum Menschen sich so verhalten würden. Auf welcher Basis sollte man denn dann eine Sanktion des Täters rechtfertigen? Das geht dann nur, wenn das, was der Täter getan hat, grundsätzlich als Verstoß gegen Verhaltensregeln festgelegt ist, unabhängig vom Einzelfall.

    @Korhal

    Ich bin da sehr skeptisch. Wenn ich Dich richtig verstehe beschreibst Du quasi eine evolutionsbiologische Dynamik in Hinsicht auf Moral. Ich bekomme da tendenziell eher Bauchschmerzen. In der Evolution stecken keinerlei Absichten, keinerlei Ziele oder Zwecke. In Moral aber schon. Die dringliche Frage in Deiner Idee wäre meines Erachtens, wer bemisst denn nach welchen Kriterien den Erfolg? Sicher kann man annehmen, dass es womöglich auf lange Sicht eine „Abstimmung mit den Füßen“ geben würde, wenn es um erfolgreiche Gesellschaftsmodelle geht, aber das setzt eben auch immer voraus, dass Menschen zumindest eine gewisse Wahlmöglichkeit hätten. Und das bereits angesprochene Phänomen der Internalisierung kommt dann noch dazu. Es kann eben durchaus Gründe geben, warum Menschen ein für sie nachteilhaftes Gesellschaftsmodell bevorzugen, weil sie darin eben kultiviert worden sind.
    Ich sehe aber durchaus den positiven Aspekt in der Idee. Da steckt was von „am Ende präferieren Menschen automatisch das Gute“ drin. Wäre schön, wenn das so ist; ich bleibe da aber skeptisch.
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  8. #28 Zitieren
    Knight Avatar von Opodeldox
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    Man kann Werte ganz oft objektiv bewerten welche Werte besser oder schlechter sind, Vergewaltigung ist ein gutes Beispiel.

    Frage 1) Komm jemand zu schaden, leidet jemand?
    Ja, das trifft bei einer Vergewaltigung zu.

    Frage 2) Tragen die Werte/der Wert zu Vergewaltigungen bei? Wird die Vergewaltigung ermöglicht, gerechtfertigt oder verteidigt?


    Wenn die Antwort auf Frage 2 auch ja ist, ist der Wert schlecht, ganz einfach. Genauso kann man es anders herum sehen, was sind die Ergebnisse unserer Werte und was ist das Ergebnis der Werte einer anderen Kultur? Wenn mehr Menschen leiden, zu schaden kommen oder gegen ihren Willen handeln müssen, sind diese Werte schlechter.
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  9. #29 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von Opodeldox
    Frage 1) Komm jemand zu schaden, leidet jemand?
    Aus der Frage, ob jemand zu Schaden kommt, lässt sich aber kein objektiver Wert ableiten. Es gibt faktisch keine moralischen Werte, die objektiv wären. Sie sind per Definition gesetzte Werte, weil wir „gut“ und „schlecht“, „richtig“ und „falsch“ immer nur im Kontext einer vordefinierten Ethik verifizieren können.
    Ich könnte nämlich jetzt schlicht fragen, warum die Frage nach Leid oder Schaden von einzelnen Individuen überhaupt relevant sein sollen. Ich könnte jetzt argumentieren, dass meine Maxime die des Durchsetzens des Stärkeren ist. Was ich an Bedürfnisbefriedigung bekommen kann, nehme ich mir, wenn ich es kann. Der individuelle Schaden, den andere dabei erleiden interessiert mich nicht, denn ich bin stark genug, das zu bekommen, was ich brauche.

    Auf lange Sicht könnte ich jetzt auch noch argumentieren, dass nach dieser Logik die Stärksten überleben und somit die Gesellschaft zu einer umso stärkeren Gesellschaft wird. Aber selbst wenn nicht; mir geht es ja um mich und ich kann für mich selbst sorgen.

    Welche objektiven Werte können mir da widersprechen?
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  10. #30 Zitieren
    Orbital Knight  Avatar von Winyett Grayanus
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    Zitat Zitat von Opodeldox Beitrag anzeigen
    Das ist eine einfache Redewendung um eine Interpretation vom dem wiederzugeben, was du gesagt hast, ohne sehr formal sein zu müssen.
    Du hast eine Du-Botschaft benutzt, um mir deine Interpretation von etwas zuzuschieben. Ohne dich jetzt dafür verurteilen oder angreifen zu wollen merke ich einfach mal an, dass das bei einigen Leuten nicht gut ankommt, was du evtl. an meiner Reaktion bemerkt hast.

    Ich weiß ehrlich gesagt nicht worauf du hinaus willst? Frauen haben in Europa schon immer gearbeitet und auch sehr viel, weil man auf deren Arbeitskraft garnicht verzichten konnte. Das Frauen nicht arbeiten mussten, war reiner Wohlstand und sehr wenigen Familien vorbehalten, selbst dann hatten sie wichtige Rollen.
    Wenn man in der Geschichte zurückblickt, stößt man u.a. auf das Ideal der Frau, die sich nur um Haushalt und Mann kümmert, während der Mann Aufgaben außerhalb des Hauses verrichtet. Sicher, gerade in der Arbeiterschicht blieb das häufig ein Ideal, wobei es erst ca. ab der Zeit der Industriellen Revolution "normaler" wurde, dass Frauen entlohnte Arbeit verrichteten. Die Tatsache, dass Frauen lange Zeit der Zugang zu besserer Bildung verwehrt blieb, sorgte zudem dafür, dass sie häufig schlecht bezahlte Arbeit verrichteten, wenn sie nicht direkt von bestimmten Berufen aufgrund ihres Geschlechts ausgeschlossen waren. Nicht zu vergessen, dass es gar nicht so lange her ist, dass der Ehemann einer Frau "erlauben" musste, zu arbeiten. Um mal ein wenig über Einschränkungen und persönliche Entfaltung zu reden.


    Das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit sind nicht selbstverständlich und steht nicht jedem uneingeschränkt zu. So herrscht in Deutschland zum Beispiel die Wehrpflicht und Männer können per Zwang vom 18. bis zum 60. Lebensjahr eingezogen werden, ohne Freiheit und unter der hohen Wahrscheinlichkeit die Gesundheit, oder gar das Leben zu riskieren.
    Diese Situation ist aber schon sehr fortschrittlich, die meiste Zeit gab es Herrscher die absolute macht hatten und jedem Freiheit, Gesundheit und Leben nehmen konnten - solche Zustände gibt es auch immer noch.

    Das ist auch gutes Beispiel für Diskriminierung zwischen Geschlechtern, die nicht auf Sexismus zurückzuführen ist, sondern auf unterschiedlich wahrgenommen Rechte und Pflichten. Letztendlich ist die Basis dieser Verteilung, das Frauen wichtiger und Männer entbehrlicher sind, während Männer gleichzeitig eine bessere Performance bei aktiven Kämpfen haben.
    Für mich als Demokrat ist dieses Recht selbstverständlich bzw. finde ich, dass es in jedem Land als selbstverständliches Recht gelten sollte.

    Ich finde das Wehrpflichtgesetz übrigens sexistisch, weil man Männern und Frauen damit aufgrund ihres Geschlechts zuschreibt, was sie angeblich können und was nicht bzw. wo ihre Mitwirkung entbehrlich ist. Männer sollen im Verteidigungsfall also kämpfen, weil sie es viel besser können und Frauen für den Erhalt des Volkes sorgen. Weil es ja ach-so-schwer ist, milit. Gerät zu bedienen und man lieber für den Staat Kinder kriegen soll? Gut, mag sein, dass ich gerade polemisiere, aber trotzdem dazu: Definitiv nicht!

    Abgesehen davon ist es auch für Männer blöd; man denke mal daran zurück, was für Männer an Zeit verloren ging, als es noch den verpflichtenden Grundwehrdienst/Zivildienst gab. Da es Ersteres heute nicht mehr gibt, ergibt es auch keinen Sinn, Leuten ohne Erfahrung damit im Verteidigungsfall eine Waffe in die Hand zu drücken. Da muss man gar nicht erst vor einem potenziellen Angreifer weglaufen.

    Man kann da durchaus auch Potenzial zu Verschwörungstheorien sehen, wenn man sieht in welchem Ausmaß Antisemitismus beim Women March in den USA z. B. zum Problem geworden ist, frage ich mich wer welche Bewegungen kapert, mit welchem Ziel.
    Ich habe eine Vermutung, worauf du hinaus willst, will dir aber eigentlich nichts unterstellen. Kannst du das weiter erläutern?

    Zitat Zitat von Opodeldox Beitrag anzeigen
    Man kann Werte ganz oft objektiv bewerten welche Werte besser oder schlechter sind, Vergewaltigung ist ein gutes Beispiel.

    Frage 1) Komm jemand zu schaden, leidet jemand?
    Ja, das trifft bei einer Vergewaltigung zu.

    Frage 2) Tragen die Werte/der Wert zu Vergewaltigungen bei? Wird die Vergewaltigung ermöglicht, gerechtfertigt oder verteidigt?


    Wenn die Antwort auf Frage 2 auch ja ist, ist der Wert schlecht, ganz einfach. Genauso kann man es anders herum sehen, was sind die Ergebnisse unserer Werte und was ist das Ergebnis der Werte einer anderen Kultur? Wenn mehr Menschen leiden, zu schaden kommen oder gegen ihren Willen handeln müssen, sind diese Werte schlechter.
    Das kann man so stehenlassen.
    "Jedes Metier hat so seine Vorlieben...gehst du zum Apotheker, verschreibt man dir eine Salbe. Gehst du mit dem gleichen Leiden zum Chirurgen, kommt man dir mit 'nem Skalpell."
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  11. #31 Zitieren
    Halbgott Avatar von Seelenschnitte
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Und was ist, wenn es in einem vorliegenden Fall nicht möglich ist, handfeste Gründe juristisch abzuleiten? Was, wenn das Opfer sagt: alles gut, war nicht so schlimm? Es kann viele Gründe geben, warum Menschen sich so verhalten würden. Auf welcher Basis sollte man denn dann eine Sanktion des Täters rechtfertigen? Das geht dann nur, wenn das, was der Täter getan hat, grundsätzlich als Verstoß gegen Verhaltensregeln festgelegt ist, unabhängig vom Einzelfall.
    Verstehe ich dich richtig? Du sagst, dass ein neutraler (soweit als möglich) Dritter, bei nüchterner Betrachtung der Faktenlage einer einzelnen Vergewaltigung, ohne anklagende Tätigkeit des Opfers, nicht in der Lage sein kann, diese Vergewaltigung als Gewaltakt zu verurteilen und ggf. rechtmäßige Strafmaßnahmen einzuleiten? Wenn du darauf hinaus wolltest, dann unterscheiden sich unsere Ansichten sehr deutlich.

    Wenn das Opfer schweigt, aber Videoaufnahmen, oder Zeugenaussagen vorliegen sollten, dann kann man auch rein subjektiv, aufgrund dieser Daten diesen Fall, auf den sich diese Daten beziehen, beurteilen. Unter der Vorraussetzung, dass man sich den entsprechenden Grenzen der jeweils verwendeten Quelle bewusst ist, was mMn aber auch für die Aussage eines Opfers gilt.
    Ich gebe aber zu, dass man entsprechende Fakten benötigt und ein schweigendes Opfer diese nicht liefert. Was den ganzen Prozess verhindern kann, so keine anderen Quellen zugänglich sind.
    Aber ob wir unser Rechtswesen und unsere Moral nun objektiv oder subjektiv zu begründen versuchen, ohne ausreichend Informationen über einen derartigen Vorfall kann man auch nicht handeln. Wenn ich nicht weiß, dass eine Vergewaltigung passiert ist, wie könnte ich gegen diese Vergewaltigung dann vorgehen? Da hilft weder eine a priori vorhandene Ethik, noch alle Erfahrung der ganzen Welt.

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  12. #32 Zitieren
    Knight Avatar von Opodeldox
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Aus der Frage, ob jemand zu Schaden kommt, lässt sich aber kein objektiver Wert ableiten.
    Das ist aber der beste Ansatz den man in diese Richtung hat, man wertet die Konsequenzen aus.


    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ich könnte nämlich jetzt schlicht fragen, warum die Frage nach Leid oder Schaden von einzelnen Individuen überhaupt relevant sein sollen. Ich könnte jetzt argumentieren, dass meine Maxime die des Durchsetzens des Stärkeren ist. Was ich an Bedürfnisbefriedigung bekommen kann, nehme ich mir, wenn ich es kann. Der individuelle Schaden, den andere dabei erleiden interessiert mich nicht, denn ich bin stark genug, das zu bekommen, was ich brauche.
    Die Antwort ist einfach, das System "das Recht des Stärkeren" funktioniert in einer sozialen Spezies nicht. Ein System funktioniert am besten dann, wenn es einen Interessenausgleich aller gibt.

    Das kann man am Besten an Schimpansen sehen, dort passier es gelegentlich, dass der Stärkste Affe an die Macht kommt und beginnt die anderen zu tyrannisieren. Das Ergebnis ist immer, dass mehrere Schimpansen sich zusammen schließen, zusammen stärker sind und den Tyrannen stürzen.

    Daher gibt es auch die liberale Maxime, dass man die Freiheit des Einzelnen nur dann einschränken darf, wenn man damit die Freiheit aller anderen erhöht. Man denke da z. B. am Verkehrsregeln, die den Einzelnen einschränken, aber den Nutzen für alle erhöhen.

    Daher glaube ich, dass man so objektiv wie möglich ist, wenn man Werte nach ihrer Einseitigkeit beurteilt, denn Einseitigkeit, bedeutet immer, dass sie zum Schaden anderer existieren und ein Interessenausgleich fehlt. (Das Ergebnis sind instabile Systeme, die sich ggf. nur mit Gewalt aufrecht erhalten lassen.)

    Natürlich ist eine 100%ige Objektivität sehr schwer, vielleicht unmöglich, aber man sollte es wagen, sich in diese Richtung zu bewegen. Daher finde ich die Diskussion was objektiv ist nicht so interessant, wie die Frage, wie man objektiv bewerten könnte.
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  13. #33 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von Seelenschnitte
    Wenn das Opfer schweigt, aber Videoaufnahmen, oder Zeugenaussagen vorliegen sollten, dann kann man auch rein subjektiv, aufgrund dieser Daten diesen Fall, auf den sich diese Daten beziehen, beurteilen.
    Aber was heißt denn in diesem Szenario subjektiv? Wenn wir keine grundsätzlichen, apriorischen Mechanismen haben, dann kann subjektiv nur heißen, aus der subjektiven Perspektive des Opfers. Und diese subjektive Perspektive des Opfers wäre auch allein vom Opfer zu bestimmen und festzulegen. Ob Video oder nicht; nimm den Fall mit dem abgetrennten und danach zubereiteten männlichen Genital. Das Opfer hatte dieser Prozedur eingewilligt, bzw. sie explizit gewünscht. Aus seiner subjektiven Sichtweise war es sein Wunsch. Was ist dann jetzt mit dem Täter? Hat er sich nach Deiner Ansicht schuldig gemacht oder nicht?

    Zitat Zitat von Opodeldox
    Das ist aber der beste Ansatz den man in diese Richtung hat, man wertet die Konsequenzen aus.
    Da geht die relativistische Kette aber schlicht weiter. Nach welchen Maßstäben werten wir die Konsequenzen aus? Wenn der Maßstab ist, dass möglichst wenig Leid und Schaden entsteht, dann ist das kein logischer Maßstab, sondern ein ideologischer.

    Zitat Zitat von Opodeldox
    Die Antwort ist einfach, das System "das Recht des Stärkeren" funktioniert in einer sozialen Spezies nicht. Ein System funktioniert am besten dann, wenn es einen Interessenausgleich aller gibt.
    Auch hier wieder: worin liegt denn das „Funktionieren eines Systems“ objektiv begründet? Mal abgesehen davon, dass auch repressive Systeme durchaus funktionieren können; funktionieren in dem Sinne, dass sie Bestand haben und langlebig sind. Dass es einen Interessensausgleich geben sollte, weil dann womöglich auf lange Sicht eine Majorität der Menschen sich subjektiv besser fühlt, ist ein ideologischer Standpunkt, der nicht objektiv oder materiell begründet werden kann. Erst, wenn man absolute Werte aufstellt, zum Beispiel, dass ein Menschenleben an sich etwas Wertvolles ist, dem Rechte apriorisch zugesprochen werden, können auch diesbezügliche Gesetze ihre Legitimation erfahren. Alles andere, sei es eine soziologische Kosten-Nutzen-Rechnung, sei es der individuelle, subjektive Fall oder sei es quasi-evolutionärer Erfolg, lässt sich argumentativ relativieren, wenn kein ideologischer, also letztendlich absoluter Wert dahintersteht.
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  14. #34 Zitieren
    Knight Avatar von Opodeldox
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Nach welchen Maßstäben werten wir die Konsequenzen aus? Wenn der Maßstab ist, dass möglichst wenig Leid und Schaden entsteht, dann ist das kein logischer Maßstab, sondern ein ideologischer.
    Der Maßstab ist das Individuum, denn wir haben ein Individualrecht und kein Gruppenrecht.

    Das ist eine Konsequenz des 20. Jahrhunderts, die Verbrechen des Kommunismus, Sozialismus und Nationalsozialismus basierten alle auf Gruppenrechten, genauso wie vorher der Feudalismus. Ein Rechtsstaat und eine gerechte Gesellschaft kann man nur dann schaffen, wenn jeder Mensch Rechte hat. Gruppen die Rechte haben, können diese Rechte gegen die Interessen ihrer Mitglieder einsetzen. Außerdem bilden Gruppenrechte die Grundlage für verbrechen gegen Gruppen.

    Das ist exakt was wir in Saudi Arabien sehen, die Rechte von Frauen von ihren Männer versorgt zu werden, werden die Frauen genutzt, die arbeiten wollen. Genau gibt es Gruppenrecht gegen Frauen, die sie z. B. zur Vollverschleierung zwingen. Solche Konstrukte sind nur möglich, weil sie sich gegen Gruppen wenden.

    Das Tradition der Bescheidung ist z. B. so ein Gruppenrecht, das auch in Deutschland akzeptiert wird und richtet gegen alle Männer, die nicht beschnitten werden möchten. Es schadet Individuen zugunsten einer Gruppe.


    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Auch hier wieder: worin liegt denn das „Funktionieren eines Systems“ objektiv begründet?
    In der Stabilität des Systems und die Ursache der Stabilität. Die Soviet Union war relativ lange stabil, das basierte aber einzig und allein auf Gewalt. Die USA sind wesentlich länger Stabil, aber basierend auf der freiwilligen Teilnahme der Bürger an dem System.

    Hier zeigt sich auch wieder das, was man in den Schimpansen sieht, ein Interessenausgleich funktioniert besser und länger als eine Tyrannei.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Alles andere, sei es eine soziologische Kosten-Nutzen-Rechnung, sei es der individuelle, subjektive Fall oder sei es quasi-evolutionärer Erfolg, lässt sich argumentativ relativieren, wenn kein ideologischer, also letztendlich absoluter Wert dahintersteht.
    Auch bei ideologischen Werten kann man einfach sehen was das Ergebnis ist. Die Frage ist, welche Dinge für einen Menschen wichtig sind und ob ein System diese Dinge ausreichend, für möglichst viele Menschen bereitstellt. Die Frage ist halt wie tief man alles infrage stellen möchte.

    Wenn ich sage, die wichtigen Dinge, die Menschen brauchen, sind Freiheit und Wohlstand, kann man das infrage stellen, aber dann muss man irgendwie erklären, dass Zwang und Armut besser sind.
    “If it is not right do not do it; if it is not true do not say it.” ― Marcus Aurelius

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    Zitat Zitat von Opodeldox
    Wenn ich sage, die wichtigen Dinge, die Menschen brauchen, sind Freiheit und Wohlstand, kann man das infrage stellen, aber dann muss man irgendwie erklären, dass Zwang und Armut besser sind.
    Der springende Punkt ist, dass man das aus einer rein egoistischen Perspektive eben nicht muss. Solange ich Wohlstand und Freiheit habe, kann es mir egal sein, was mit den anderen ist. Mein Reichtum kann sogar darin begründet sein, dass ich andere in Armut und Zwang halte.

    Du beschreibst, dass unsere Rechtsnormen in Teilen eine Konsequenz aus den Barbareien des 20. Jahrhunderts sind und das ist natürlich richtig. Und gerade deshalb sind sie eben rein ideologisch begründet, weil wir ein solches Ausmaß an individuellem und kollektivem Leid, was Europa in dieser Zeit erfahren hat, vermeiden wollen. Du verwendest den Begriff „gerechte Gesellschaft“. Aber gerecht ist rein ideologisch definiert. In einer Monarchie ist es gerecht, dass der Monarch über allen anderen steht. Für unsere ideologischen Standards ist das nicht gerecht. In einer Theokratie ist es gerecht, wenn Blasphemie hart bestraft wird. Für uns ist das nicht gerecht.

    Gerecht ist das, was absolute Werte als gerecht definieren! Gerechtigkeit ist ein rein intelektuelles Konstrukt. Es lässt sich nicht in der Natur finden.

    Du argumentierst dann weiter aus einem rein utilitaristischen Standpunkt heraus und versuchst diesen sogar auf die Tierwelt zu übertragen, bzw. eine Verbindung diesbezüglich herzustellen. Ich bin prinzipiell gegenüber dem utilitaristischen Konzept nicht abgeneigt. Aber auch dieses Konzept funktioniert letztendlich nur dann, wenn das Maximum an individuellem Wohlergehen und das Maximum an Vermeidung von individuellem Leid als dogmatische Maxime festgesetzt ist.

    Dein Verweis auf die Schimpansen ist diesbezüglich meines Erachtens irreleitend. Zum einen ist es faktisch nicht so, dass sich in Schimpansengruppen „immer“ (um Dich zu zitieren) ein Sturz des dominanten Männchens durch eine Zusammenarbeit anderer Männchen ergibt. Manchmal stirb das dominante Männchen einfach oder es verliert in einer 1 zu 1 Situation in einem Machtkampf gegen ein anderes…oder es passiert halt irgendetwas anderes…

    Zum anderen sind Verweise auf die Tierwelt in sich hochgradig kritisch, wenn wir über die Legitimation von Moral reden wollen. Genau deshalb lehne ich das Prinzip des quais-evolutionären Erfolgs von bestimmten Ethiken gegenüber anderen ab, weil die Dynamik in Natur und Tierwelt kein Vorbild für unsere Kriterien sein sollte. Ob in meinem moralischen Empfinden Menschenrechte etwas „Gutes“ sind, ist vollkommen und absolut losgelöst von einer naturgegebenen Dynamik, wie wir sie in der Tierwelt oder in der Evolution als solches finden. Schimpansengruppen funktionieren so wie sie funktionieren, weil Schimpansen zu 99,9 % rein instinktiv und impulsiv handeln. Unsere Idealvorstellung von einem Wertesystem basiert in großen Teilen genau darin, dass wir in vielen Situationen kontraintuitiv handeln sollten. Das wir nicht dem unmittelbaren Impuls folgen, sondern abstrahieren.

    Und auch im Hinblick auf die Beständigkeit von Systemen analysierst Du meines Erachtens zu eingeschränkt. Die USA waren/sind nicht zuletzt deshalb stabiler, weil ihre Wirtschaftskraft größer war/ist. Warum diese Kraft größer war hat eine Vielzahl von Ursachen und Grundlagen. Je nachdem, wie kausal man Geschichte betrachten will, wäre Sklaverei beispielsweise ein wichtiger und relevanter Faktor im Hinblick auf den Aufstieg der USA als wirtschaftliche Supermacht. Das Gegenteil von individuellen Rechten wäre hier also ein Fundament für den Aufstieg einer stabilen Gesellschaft. Und in der Zeit des Kalten Krieges, in dem sich die beiden Systeme miteinander gemessen haben, waren ausschlaggebenden Kriterien für den Sieg der USA faktisch nie in dem Aspekt der individuellen Rechte zu finden. Es waren militärisch Aspekte (vor allem der Afghanistankrieg), es waren wirtschaftliche Aspekte und es waren politische Aspekte (Die anderen sind die Bösen, wir müssen sie bekämpfen wo immer sie sind). Nach meinem Wissensstand führen die meisten Historiker heute den Zusammenbruch der UDSSR auf zwei unmittelbaren Faktoren zurück, nämlich den Afghanistankrieg und Tschernobyl. All die Unbeständigkeiten innerhalb der politischen Zwangsunion sind natürlich auch wichtig und von hoher Relevanz. Aber es war letztendlich ein wirtschaftlich/militärischer Zusammenbruch und kein ideologisch/politischer.

    Lange Rede kurzer Sinn: moralische Prinzipien wurzeln nicht in der Frage, was führt zu „Erfolg“, was führt zu Stabilität oder was führt zu einem Maximum an Wohlstand. Denn es ist häufig der Fall, dass eine spezifische Ethik gerade diesen Maximen (maximaler Erfolg, Wohlstand, etc.) entgegensteht. In letzter Instanz geht es immer darum, was Mensch dem Menschen antun darf und was nicht. Und die Antworten auf diese Frage müssen sich letztendlich immer daran orientieren, dass man aufgrund des Menschseins dies und jenes darf oder nicht darf und nicht aufgrund einer anderen Kategorie wie Wohlstand, Macht, Erfolg, etc. Denn diese Kategorien stehen allzuoft in einem direktem Widerspruch zu dem, was Menschen dem Menschen antun darf und was nicht...
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  16. #36 Zitieren
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    Zitat Zitat von Winyett Grayanus Beitrag anzeigen
    Du hast eine Du-Botschaft benutzt, um mir deine Interpretation von etwas zuzuschieben. Ohne dich jetzt dafür verurteilen oder angreifen zu wollen merke ich einfach mal an, dass das bei einigen Leuten nicht gut ankommt, was du evtl. an meiner Reaktion bemerkt hast.


    Wenn man in der Geschichte zurückblickt, stößt man u.a. auf das Ideal der Frau, die sich nur um Haushalt und Mann kümmert, während der Mann Aufgaben außerhalb des Hauses verrichtet. Sicher, gerade in der Arbeiterschicht blieb das häufig ein Ideal, wobei es erst ca. ab der Zeit der Industriellen Revolution "normaler" wurde, dass Frauen entlohnte Arbeit verrichteten. Die Tatsache, dass Frauen lange Zeit der Zugang zu besserer Bildung verwehrt blieb, sorgte zudem dafür, dass sie häufig schlecht bezahlte Arbeit verrichteten, wenn sie nicht direkt von bestimmten Berufen aufgrund ihres Geschlechts ausgeschlossen waren. Nicht zu vergessen, dass es gar nicht so lange her ist, dass der Ehemann einer Frau "erlauben" musste, zu arbeiten. Um mal ein wenig über Einschränkungen und persönliche Entfaltung zu reden.



    Für mich als Demokrat ist dieses Recht selbstverständlich bzw. finde ich, dass es in jedem Land als selbstverständliches Recht gelten sollte.

    Ich finde das Wehrpflichtgesetz übrigens sexistisch, weil man Männern und Frauen damit aufgrund ihres Geschlechts zuschreibt, was sie angeblich können und was nicht bzw. wo ihre Mitwirkung entbehrlich ist. Männer sollen im Verteidigungsfall also kämpfen, weil sie es viel besser können und Frauen für den Erhalt des Volkes sorgen. Weil es ja ach-so-schwer ist, milit. Gerät zu bedienen und man lieber für den Staat Kinder kriegen soll? Gut, mag sein, dass ich gerade polemisiere, aber trotzdem dazu: Definitiv nicht!

    Abgesehen davon ist es auch für Männer blöd; man denke mal daran zurück, was für Männer an Zeit verloren ging, als es noch den verpflichtenden Grundwehrdienst/Zivildienst gab. Da es Ersteres heute nicht mehr gibt, ergibt es auch keinen Sinn, Leuten ohne Erfahrung damit im Verteidigungsfall eine Waffe in die Hand zu drücken. Da muss man gar nicht erst vor einem potenziellen Angreifer weglaufen.


    Ich habe eine Vermutung, worauf du hinaus willst, will dir aber eigentlich nichts unterstellen. Kannst du das weiter erläutern?


    Das kann man so stehenlassen.
    Auf deine Aussage mit der Wehrpflicht und Sexismus. Es ist zwar sexistisch, aber viel mehr im Sinne des Ressourcenmanagements. Hier wird gedacht wie bei einem Bauer, Männer an die Front zur Eroberung oder Verteidigung, Frauen zur Reproduktion. Männer können nun mal keine Kinder gebären. Und eine Nation muss nun mal Bürger nachproduzieren. Funktioniert hier auf der vereinfachten Sicht quasi wie in einem Strategiespiel. Wir sind dabei lediglich Ressourcen, Figuren die ihres größten Nutzens Willen dafür aufs Schachbrett positioniert werden.

    Ein Bauer wird azch zuerst seine männlichen Rinder schlachten bevor er sich an seinen Milchkühen vergreift.

    Hab das Gefühl dass hier bei den Frauen in streng muslimischen Ländern ziemlich viel Gehirnwäsche in der Erziehung betrieben wird.

    Den Regeln der jeweiligen Strengen Kultur wird sich hier oft bereitwillig unterworfen. Das fängt mit Kopftuch an, bis zu anderen Dingen, wie nicht mit Männern weg gehen, party verbot und auch nur Muslimen beziehung zu führen bzw eine Heirat.
    Freie Entscheidung sind sehr eingeschränkt. Was ich persönlich sehr schade finde. Die Mädchen wachsen damit auf und denken gar nicht daran sich dagegen zu wehr zu setzen.

    Ich hab gerade ein muslimisches Mädchen durch eine Tinder Like App kennen gelernt. Die so aufgewachsen ist. Das geht soweit dass sie mich zum Islam bekehren will... Was irgendwie zeigt wie intolerant diese streng muslimischen Leute sind. "Du musst zum Islam konvertieren, darfst kein Schwein mehr essen. Etc."
    Wahrscheinlich hatte ich auch das Glück eine extreme Anhängerin hier zu finden

    Da finde ich zum Beispiel Aleviten viel gechillter, meist vor allem Kurden. Die leben einen lockeren Islam und dürfen eigentlich alles. Sind auch weitaus toleranter.
    Takeda Shingen ist offline Geändert von smiloDon (27.01.2019 um 12:40 Uhr)

  17. #37 Zitieren
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    Zitat Zitat von Takeda Shingen
    Auf deine Aussage mit der Wehrpflicht und Sexismus. Es ist zwar sexistisch, aber viel mehr im Sinne des Ressourcenmanagements. Hier wird gedacht wie bei einem Bauer, Männer an die Front zur Eroberung oder Verteidigung, Frauen zur Reproduktion. Männer können nun mal keine Kinder gebären. Und eine Nation muss nun mal Bürger nachproduzieren. Funktioniert hier auf der vereinfachten Sicht quasi wie in einem Strategiespiel. Wir sind dabei lediglich Ressourcen, Figuren die ihres größten Nutzens Willen dafür aufs Schachbrett positioniert werden.

    Ein Bauer wird azch zuerst seine männlichen Rinder schlachten bevor er sich an seinen Milchkühen vergreift.
    Wenn Du komplexe Phänomene mit Analogien erklären möchtest, dann solltest Du Dir mehr Gedanken über die Konsistenz der Analogien machen.

    Allein zu sagen, dass es „zwar Sexismus ist aber mehr im Sinne des Ressourcenmanagements“ zeigt auf, dass Du offenbar eine falsche Vorstellung von Sexismus hast. Deine Analogien würfeln Vergangenheit und Gegenwart willkürlich zusammen. In modernen Armeen gibt es Frauen und Männer. In modernen Milchfarmen gibt es keine männlichen Rinder. Und in modernen Kriegen geht es nicht um die Frage nach Reproduktion oder nicht Reproduktion (und es ging im Übrigen nie darum…)
    In historischen Armeen war es schlicht ein gesellschaftliches Tabu, dass Frauen mit Waffen in Kriegen kämpfen. Stichwort Abscheulichkeiten, Stichwort Flintenweiber, etc.

    In der Milchproduktion der Vergangenheit wäre es reichlich sinnlos gewesen, die männlichen Tiere zu schlachten, da sie einerseits für andere Arbeiten relevant waren und andererseits geben Kühe nur dann Milch, wenn Sie Kälber haben, bzw. schwanger sind…

    Du verwechselst also einmal Menschen mit Fabriken (Frauen zur Reproduktion und Männer zur Verteidigung), Du wählst die logisch falschen Analogien, weil sie nicht passen und Du vermischts vollkommen unterschiedliche Konzepte miteinander (Sexismus und Ressourcenmanagement).
    Allein daran, dass es heute Frauen in modernen Armeen gibt; und zwar in Armeen, die äußert erfolgreich sind, könntest Du eigentlich schon ableiten, dass das Tabu im Hinblick auf Frauen im Militär keine Frage ist, die man mit Milchbauern erklären kann. Stattdessen ist es schlicht eine gesellschaftliche Norm, die auf kulturellen Rollenklischees aufbaut.

    P.S.
    Zitat Zitat von Takeda Shingen
    Da finde ich zum Beispiel Aleviten viel gechillter, meist vor allem Kurden. Die leben einen lockeren Islam und dürfen eigentlich alles. Sind auch weitaus toleranter.
    Kurden sind meistens keine Aleviten…eine kleine Minderheit gehört zu dieser Konfession…
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  18. #38 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Wenn Du komplexe Phänomene mit Analogien erklären möchtest, dann solltest Du Dir mehr Gedanken über die Konsistenz der Analogien machen.

    Allein zu sagen, dass es „zwar Sexismus ist aber mehr im Sinne des Ressourcenmanagements“ zeigt auf, dass Du offenbar eine falsche Vorstellung von Sexismus hast. Deine Analogien würfeln Vergangenheit und Gegenwart willkürlich zusammen. In modernen Armeen gibt es Frauen und Männer. In modernen Milchfarmen gibt es keine männlichen Rinder. Und in modernen Kriegen geht es nicht um die Frage nach Reproduktion oder nicht Reproduktion (und es ging im Übrigen nie darum…)
    In historischen Armeen war es schlicht ein gesellschaftliches Tabu, dass Frauen mit Waffen in Kriegen kämpfen. Stichwort Abscheulichkeiten, Stichwort Flintenweiber, etc.

    In der Milchproduktion der Vergangenheit wäre es reichlich sinnlos gewesen, die männlichen Tiere zu schlachten, da sie einerseits für andere Arbeiten relevant waren und andererseits geben Kühe nur dann Milch, wenn Sie Kälber haben, bzw. schwanger sind…

    Du verwechselst also einmal Menschen mit Fabriken (Frauen zur Reproduktion und Männer zur Verteidigung), Du wählst die logisch falschen Analogien, weil sie nicht passen und Du vermischts vollkommen unterschiedliche Konzepte miteinander (Sexismus und Ressourcenmanagement).
    Allein daran, dass es heute Frauen in modernen Armeen gibt; und zwar in Armeen, die äußert erfolgreich sind, könntest Du eigentlich schon ableiten, dass das Tabu im Hinblick auf Frauen im Militär keine Frage ist, die man mit Milchbauern erklären kann. Stattdessen ist es schlicht eine gesellschaftliche Norm, die auf kulturellen Rollenklischees aufbaut.

    P.S.


    Kurden sind meistens keine Aleviten…eine kleine Minderheit gehört zu dieser Konfession…
    @erster Absatz... Das stimmt natürlich.



    @kurden und Aleviten.
    Ok auf jeden Fall sind Kurden und viele Türken in Sachen Religion viel entspannter als zum Beispiel Araber. Dort scheint strenge Religion nicht so sehr verbreitet zu sein.
    Takeda Shingen ist offline

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