Vhan
Thadera
Van Zan
Devil‘s Tips. Merkwürdig, dass sämtliche Aliens einen derart passenden Namen für das Gebiet gefunden hatten, in das die beiden Skycars stumm eindrangen. Hanna kaute Kaugummi und vermied es zumeist aus dem Fenster zu sehen. Sich mit dem Abgewrackten abzulenken wäre kontraproduktiv, ihr Operationsgebiet ohnehin unter dieser Müllhalde. Dennoch kam sie, als sich das Skycar im leichten Sinkflug befand, nicht umhin, den Verfall zu bemerkten, der sich wie ein Leichentuch über diesen Ort gesenkt hatte. „Miss Ilias? Viel Erfolg!“ Hanna ließ zur Antwort die Kaugummiblase platzen.
Aelius zog es vor in dem Skycar zu bleiben, dass sie abgesetzt hatte. Das vibrierende Surren des Motors verriet seine Abflugbereitschaft. Nathaniel Hudson stieg mit aus, in seinen Händen eine Maschinenpistole. Man hatte sich darauf verständigt, dass der Beamte – dem man aufgrund seines Verlustes und des offensichtlichen Genusses zu vielen Whiskeys keine Position im Angriffstrupp zutraute – den Rückzug decken sollte. Für den Fall, dass die Lage eskalierte wäre eine zusätzliche Wache sicherlich hilfreich. Nate hatte protestieren wollen, war seine Wunde noch frisch und der Drang nach Rache glühend, doch man hätte ihn ansonsten gar nicht mitkommen lassen. Er fügte sich leise und begnügte sich damit, Hanna die Hand zu reichen. „Sollten Sie Ihn sehen…“, begann Nathaniel, wollte dann aber doch nicht weitersprechen. Seine Moral schien ihm den direkten Tötungswunsch zu verweigern. Hanna nickte jedoch zum Zeichen verstanden zu haben. Die Blondine hatte den Blick auf die Ecke geheftet in der sie den Zugang zur Kanalisation wusste. „Passen Sie auf sich auf.“ Hanna ballte die rechte Hand zur Faust, dann streckte sie den kleinen und den Zeigefinger ab und sagte nichts, ehe sie sich den Helm auf den Kopf stülpte. Ihre Welt verengte sich auf das Feld, dass durch die Helmöffnung zu erkennen war. Der Laut rauschender Skycars wurde gedämpft und durch ihr eigenes, omnipräsentes Atmen abgelöst. Es pfiff kurz – der Helm war nun Luftdicht versiegelt. Der durch den Atemfilter gesogene Sauerstoff schmeckte kalt und irgendwie bitter. Sie würde sich schnell daran gewöhnen.
Hanna schaute auf ihr Omnitool, checkte die Uhrzeit. In wenigen Minuten würden auch die anderen am Ziel sein und so wie sie Beyo Vhan kannte, würde er nur sehr kurz warten. Die Agentin ließ das Skycar, Aelius und Nate hinter sich und joggte zum vergitterten Eingang. Der Verschluss war schnell gelöst, sie musste aber bereits am Anfang auf alle Viere gehen, um in den Kanal zu kommen. Die ersten zwanzig Meter kroch sie rasch und unter dem Licht der Helmlampe voran. Vor der Öffnung des sich kerzenartig verjüngenden Tunnels prüfte sie den Sitz der Waffen. „Angriffsteam hier Ilias: Ich bin unmittelbar vor dem unter dem Gebäude laufenden Tunnelabschnitt. Ab jetzt Funkstille!“ Hanna schaltete das Licht aus. Sofort umfing sie Schwärze. Sie spürte, wie ihr Herz einen instinktgesteuerten harten Schlag tat. Sie brauchte das Licht nun nicht und sollte die Kanalisation durch Gitter belüftet sein, wäre der Schein der Lampe mitunter verräterisch.
Hanna drückte gegen den Gitterdeckel und spürte die Erleichterung, als er sich bewegte. So leise wie irgend möglich schob sie ihn beiseite, schlüpfte hindurch und sah sich in dem kargen Raum um. Das wenige Restlicht – mehr Zwielicht als Strahlen – reichte nach einer gefühlten Ewigkeit in bodenloser Schwärze vollkommen aus, um sich einen Eindruck von der Leere zu verschaffen, die hier gähnte. Die schiere Größe des Raumes ließ ihn wie eine Krypta wirken. Hanna zog die Vindicator von ihrem Rücken, legte sie an und begann damit den Raum über das auf „Nachtsicht“ geschaltete Visier abzutasten. Nichts. „Dann los“, dachte sie und setzte sich in Bewegung.
Das Knacken des Funks in ihrem Helm durchzuckte Hannas gesamten Körper, folgte ihm nicht weniger als ein panischer Schrei verpackt in eine Erklärung. „Killer ist im Gebäude, Mhenyra ist der Kryptogramm Killer. Wiederhole, Mhenyra ist der Killer!“ Hanna selektierte: Es war unwichtig, wie die Killerin hieß, unwichtig, dass ihre Identität nun geklärt war, unwichtig, dass sie für Beyo Vhan arbeitete. Zwei Informationen kamen bei Hanna an: erstens war der Killer turianisch, zweitens war er noch immer vor Ort. Die ehemalige Soldatin rief die Schwachstellen der Spezies ab. „Vhan hier Ilias: Wo ist sie?“ Keine Antwort. Sie prüfte das Gelände: Es gab eigentlich nur einen Weg nach vorne, auch wenn dieser mehr einer Halle als einem Weg ähnelte. „Sind da. Kommen rein. Wie ist die Situation?“ Das war die Stimme von van Zan. Wenn er dort war, war Sorax auch nicht weit. Das bedeutete Vier gegen Einen – und zumindest die Turianerin und der Mann in Schwarz waren brauchbare Kämpfer. Hanna kniete sich ab, senkte die Waffe kurz und überlegte. Der Haupteingang wäre für den Killer kaum eine Option, zumal draußen noch Aelius, Nate und wer weiß wer noch alles wartete. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Mheynira ins Innere des Gebäudes zurückzog erschien wahrscheinlicher. „Status?“, fragte van Zan. Hanna entschied sich zu antworten: „Gefechtsbereit. Halte Stellung.“