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  1. #21
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Oh, Luceija sah sie an. Sie sah unlängst von den feinen Maserungen des Holzes auf, von dem Mikrofon, an welchem sie unweit sass und über es hinab nach unten zu der Blonden. Auf welche sich dieser Hass projizierte, nun aber immer stärker und keinenfalls mehr grundlos. Sie wusste oder ahnte, was dieser Blick ihr sagen wollte. Und es reizte und traf sie genau dort, wo sie im Moment idealerweise nichts mehr getroffen hätte. Und es schmerzte wie die Hölle selbst.
    Sie öffnete wieder den Mund, leichter, nicht mehr so weit, formulierte nur beinahe etwas, entließ im Ganzen aber nur etwas Luft zwischen ihren Lippen, schnaubte in einem abfälligen Ton. Zurecht geriet sie in Bedrängnis, die sie hier vor Gericht jede noch so kleine Kleinigkeit zusammenlog und so langsam glaubte man auch zu bemerken, dass sie in eben jene Ecke geriet. Die Tendenz war zunehmends sichtbar. "Non c'è nulla di importante.. Nichts davon ist wichtig...", flüsterte sie leise und etwas zu schnell für den Übersetzer. "Ich...nehms mal an? Haben Sie haben gesehen wie eh...nah das Ding war, er hätte blind sein müssen um es nicht zu sehen. Questa videocamera."


    "Sie beantworten die Frage nicht, Miss Ascaiath.", zischte Alicia und wurde nicht nur energischer, sondern deutlich lauter, sodass der ein oder andere Geschworene seine Aufmerksamkeit kurz von der Zeugin abwandte und auf Alicia verlagerte.

    "Wollte mein Mandant dieses Video, das von IHNEN vorgeschlagen und gedreht wurde? Hatten Sie eine ausdrückliche Erlaubnis, diese Art von Sex, die Doktor Svensson zweifellos jederzeit in Bedrängnis bringen konnte, zu filmen?"
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  2. #22
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    "Sie beantworten die Frage nicht, Miss Ascaiath.", zischte Alicia und wurde nicht nur energischer, sondern deutlich lauter, sodass der ein oder andere Geschworene seine Aufmerksamkeit kurz von der Zeugin abwandte und auf Alicia verlagerte.

    "Wollte mein Mandant dieses Video, das von IHNEN vorgeschlagen und gedreht wurde? Hatten Sie eine ausdrückliche Erlaubnis, diese Art von Sex, die Doktor Svensson zweifellos jederzeit in Bedrängnis bringen konnte, zu filmen?"


    Jetzt begann es, dass Luceija in der Tat versuchte, die penetrante Anwältin mit ihren Blicken zu töten. Sie widmete ihr einen unwohlen, zweifelsohne angepissten Blick. Das Unwohlsein begann sich zu häufen. Zu wissen, dass diese- WAS diese Frau getan hatte. Zu wenig, dass sie klare Bilder vor Augen haben konnte aber zu viel um zweifelsohne eine Vorstellung davon zu generieren, was mit IHR passiert war. Ein kurzer Gedankengang fragte sie, ob es auch hiervon ein Video gab und sofort drückte die Übelkeit weiter zu und ließ sie kurz schnauben. Als sei es ein Tritt in die längst lädierte Magengrube.
    "...nein.", beantwortete sie kurz und knapp die Frage. Wenn auch mit Verzögerung. Sie würde diese Frau umbringen, dessen war sie sich immer sicherer. Wenn Donal den Diebstahl der Waffe nicht bemerkte, würde das auch nicht mehr lange auf sich warten lassen.
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  3. #23
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    "Vollkommener Schwachsinn!", knurrte Leif ungehalten. Nur hörte ihn niemand. Niemand außer Max, dessen Blicke ihn maßregelten, so wie Alicias Worte es zuvor getan hatten. Eben nach dem besagten Video, unter welches seine Anwältin nunmehr einen Haken auf ihrer Liste zu setzen schien.
    "Verstehe. Also fürs Protokoll: Sie hatten freiwillig Sex mit Ihrem behandelnden Arzt, der jedoch nicht wusste, dass Sie ihn und Ihren-...Was weiß ich-...?", rang die Schwedin um Worte und machte eine wegwerfende, regelrecht angewiderte Geste, "...anderen Liebhaber dabei filmten? Bitte erzählen Sie mir noch, wie es zu so viel Nähe, vor allem körperlicher Nähe, zwischen Ihnen und meinem Mandanten kam? Insbesondere an diesem Abend, auf dem Video sehen wir noch die frisch versorgten Wunden von Doktor Svensson. Mein Mandant scheint nicht im Ansatz irgendwelcher Verführungen fähig zu sein, deswegen-...Gestatten Sie mir die Frage, zweifellos nicht mehr ganz unbefangen: Ich halte Sie, Miss Ascaiath, für berechnend und längst nicht frei von Medikamenten- und Geltungssucht. Sind SIE diese Person, die diese Art der Beziehung antrieb? Ständige Verführungen, Sex-...? Waren Sie mehr noch hinter meinem Mandanten her, als umgekehrt?"
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  4. #24
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    "Vollkommener Schwachsinn!", knurrte Leif ungehalten. Nur hörte ihn niemand. Niemand außer Max, dessen Blicke ihn maßregelten, so wie Alicias Worte es zuvor getan hatten. Eben nach dem besagten Video, unter welches seine Anwältin nunmehr einen Haken auf ihrer Liste zu setzen schien.
    "Verstehe. Also fürs Protokoll: Sie hatten freiwillig Sex mit Ihrem behandelnden Arzt, der jedoch nicht wusste, dass Sie ihn und Ihren-...Was weiß ich-...?", rang die Schwedin um Worte und machte eine wegwerfende, regelrecht angewiderte Geste, "...anderen Liebhaber dabei filmten? Bitte erzählen Sie mir noch, wie es zu so viel Nähe, vor allem körperlicher Nähe, zwischen Ihnen und meinem Mandanten kam? Insbesondere an diesem Abend, auf dem Video sehen wir noch die frisch versorgten Wunden von Doktor Svensson. Mein Mandant scheint nicht im Ansatz irgendwelcher Verführungen fähig zu sein, deswegen-...Gestatten Sie mir die Frage, zweifellos nicht mehr ganz unbefangen: Ich halte Sie, Miss Ascaiath, für berechnend und längst nicht frei von Medikamenten- und Geltungssucht. Sind SIE diese Person, die diese Art der Beziehung antrieb? Ständige Verführungen, Sex-...? Waren Sie mehr noch hinter meinem Mandanten her, als umgekehrt?"


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    "Vollkommener Schwachsinn!", knurrte Leif ungehalten. Nur hörte ihn niemand. Niemand außer Max, dessen Blicke ihn maßregelten, so wie Alicias Worte es zuvor getan hatten. Eben nach dem besagten Video, unter welches seine Anwältin nunmehr einen Haken auf ihrer Liste zu setzen schien.
    "Verstehe. Also fürs Protokoll: Sie hatten freiwillig Sex mit Ihrem behandelnden Arzt, der jedoch nicht wusste, dass Sie ihn und Ihren-...Was weiß ich-...?", rang die Schwedin um Worte und machte eine wegwerfende, regelrecht angewiderte Geste, "...anderen Liebhaber dabei filmten? Bitte erzählen Sie mir noch, wie es zu so viel Nähe, vor allem körperlicher Nähe, zwischen Ihnen und meinem Mandanten kam? Insbesondere an diesem Abend, auf dem Video sehen wir noch die frisch versorgten Wunden von Doktor Svensson. Mein Mandant scheint nicht im Ansatz irgendwelcher Verführungen fähig zu sein, deswegen-...Gestatten Sie mir die Frage, zweifellos nicht mehr ganz unbefangen: Ich halte Sie, Miss Ascaiath, für berechnend und längst nicht frei von Medikamenten- und Geltungssucht. Sind SIE diese Person, die diese Art der Beziehung antrieb? Ständige Verführungen, Sex-...? Waren Sie mehr noch hinter meinem Mandanten her, als umgekehrt?"



    - A blackened heart doesn't conclude. There's nothing in me left for you alive. -


    Genau dieser, spezielle, grüne Blick, den Luceija auf die Anwältin ihres Exfreundes warf, blieb für einige, zehrend lange Sekunden genau so. Unerträglich und schmerzlich. Leifs Einwurf entging ihr nicht und ein Reflex wollte sie dazu zwingen, automatisch einen Blick auf ihn zu richten, eine andere Seite in ihr wollte nichts anderes als ihn aufzufordern es sein zu lassen. Ruhig zu sein. Mitzuspielen. Doch sie überwand den Reflex und unbändigen Drang. Sie kaute mit den vordersten Spitzen ihrer Schneidezähne in einem Anflug von Nervosität auf der Innenseite ihrer Unterlippe. Die Anwältin hatte zu viel gesagt - Luceija längst in eine Ecke gedrängt, aus der es kaum noch einen richtigen Weg heraus geben konnte. Sie versuchte, darüber nach zu denken, sich diese Zeit, die sie nicht hatte, aus irgendeiner Ecke des Universums herzuholen und für sich zu beanspruchen, als sie sich klar werden musste, was es wirklich bedeutete, was sie hier tat. Das, was Sjörgen hier andeutete, würde ihr keiner glauben, wenn sie einfach bejahen würde. Niemand würde einer Staatsanwältin abnehmen, dass eine Drogensüchtige, offensichtlich eingeschüchterte Patientin nach einem Gespräch mit ihrem Kollegen einfach so alles abnickte, was sie ihr servierten. Nicht einfach so.


    "Ohgott..", keuchte sie leise unbewusst in das Mikrofon und es war das 'Oh dio' der alten Luceija, die an dieser Situation zerbrach. Die hier, vor Gericht, hergerichtet wie ein Püppchen, ein tiefes Seufzen entließ, einen beinahe hilfesuchenden Blick in Richtung ihrer Familie, in Richtung Vigilio und Zora sandte, bevor sie sofort wieder absah, den Blick nach unten auf das Pult richtete und ihre filigranen, langgliedrigen Finger in das mühselig drapierte Haar greifen ließ. Es zerfurchte. Noch mehr Strähnen aus der schicken Frisur zerrte, als sie ihren Kopf in jene Hände legte, ihre Stirn gegen sie lehnte und die Augen schloss. Es war, als blieb die Zeit stehen. Es war, als wäre es gelungen, diesen kurzen Moment zu fassen, in dem sie unweigerlich unter ging. Und in dem sie sich ein für alle Mal entschied. Für ihn. Dafür, dass sie ihn retten würde, mit jeder Faser ihres Körpers, jedem kleinsten Funken ihrer Seele. Sie wurde sich darüber klar, dass es nur diesen einen Weg nach vorne gab um ihn hier wirklich unbeschadet ziehen zu lassen. Dem Mann, den sie liebte eine Absolution zu erteilen. Diese Hände nicht nach ewigen Jahren des beruflichen Erfolgs und voller Leidenschaft und Hingabe einfach ihrer Arbeit zu entziehen, der sie unweigerlich verpflichtet waren, weil er regelrechte Wunder schaffte. Luceija wusste das. Als Tochter von Sergio Vittore, dem grössten Neurologen den sie kannte, wusste sie das. Und wie aus dem Nichts, kam ihr dieser wirklich unmoralische, dieser absolut verachtenswerte und demütigende, aber einzige, sinnige Plan. Der, der sie noch ein einziges Mal an alle Momente zurück denken ließ, als sei es ein Zeitraffer, der vor ihren Augen jeden Moment erneut abspielte, der sie beide, der sie als Paar, sie, Leif und Luceija, irgendwie und jemals geteilt hatten. Jeder Moment von Freundschaft, die von der ersten Operation an aufblühte, über die ersten Karten, die nach und nach immer kitschiger, immer abstruser, aber auch immer so viel mehr 'sie beide' wurden, dass es nichts gab, was sich hieran messen konnte. Jede Folge von Singus. Jeder erste und letzte Kuss, jede erste und letzte Berührung und alle tausenden und doch viel zu wenigen zwischendurch.

    "Miss Ascaiath!"


    Jeder Streit. Jedes einzelne Wort, dass ihre Liebe weiter befeuerte, jede Scheiße, die sie sich in der Wut an den Kopf geknallt hatten und am Ende doch wieder auf eine Art und Weise miteinander schliefen, die jedem Blinden ohne auch nur ein Wort signalisierte, dass der jeweils andere die absolut wichtigste Person dieses Universums für sie war.
    Luceija war sich bewusst, dass all das nun nicht nur als schöne Erinnerung in der Vergangenheit lag, sondern an diesem Punkt unweigerlich und rücksichtslos begraben wurde. Bespuckt. Beschmutzt. Zerfleddert. Und dann Meter tief in den Dreck fiel. Nicht durch Alicia. Nichtmal durch Talbot. Sondern einzig und allein durch sie. Ihren einzigen Verbündeten, einzigen Freund in dieser beschissenen Welt noch einmal so derbe ins Gesicht spuckend, dass es schwer sein würde zu glauben, dass sie so etwas wie Emotionen jemals besessen hatte.
    Ja, sie konnte diese Rolle einnehmen. Dieser "Sündenbock" zu sein, wie Aberg es nannte. Sich ohne Reue in ein Feuer zu werfen, dass sie verbrennen würde. Weil es für Leif war.


    "Oh-...dio...!", wiederholte sie sich. Diese selbe, italienische Phrase, die sie vorab auch schon einmal benutzt hatte, schien wie ein Abziehbild. Aber es war eine gänzlich andere Stimme, die mit diesem Mal sprach. In ihrer Stimme lag nichts mehr von dieser Verzweiflung. Nichts von Scham. Nichts von Reue. Nichts außer Gehässigkeit, nichts außer Egozentrik, nichts außer...eben diese andere Person. Die die schlanken Finger wieder aus den Haaren zog, den Kopf anhob und noch mit geschlossenen Augen dieses breite, widerliche Lächeln auf den Lippen trug, als sei die Stille eine Wiedergeburt gewesen.
    Sie lachte. Sie lachte erst leise, dann etwas lauter, amüsiert. Abfällig. Und tatsächlich irgendwie erfreut. Ihre Haltung änderte sich, als sie die Augen wieder oeffnete und es keine einzige Träne war, die sich hier fand, wo man eigentlich erwartet hätte, die Verzweiflung wäre nun eingetroffen. Oder der Wahnsinn. Aber nichts davon. Sie lachte einfach nur. Verschränkte die Arme auf dem Pult, nahm eine vollkommen andere Sitzposition ein, die tausende Male entspannter war als das, was sie vorhin von sich gezeigt hatte und wirklich professionell wirkte. Kameras, Zuschauer...Zeugen, alles und jeder, sah diesem Wandel zu. Nein. Keinem Wandel. Dieser Enthüllung. Die perfekt sein musste.


    Sie klatschte langsam und laut mit dieser unheimlich gehässigen Miene in Alicias Richtung. "Wow, ausgezeichnet! Sie haben es tatsächlich geschafft ausnahmsweise mal Ihren scheiß Verstand zu benutzen. Kluges Mädchen. Ich wette, Sie waren der absolute Stolz ihrer ganzen Klasse und durften ihrem Lehrer regelmäßig zum Dank den Schwanz lutschen, richtig?
    Ihre Meinung über mich ist so unheimlich naiv und dumm dass ich kotzen möchte, Miss Sjörgen. Sie glauben ernsthaft, dieser Typ war mein erster Arzt?"
    Sie lachte erneut dunkel. Und das erschreckende war nicht, dass sie lachte. Das vielleicht erschreckendste war, wie wenig Zweifel sie zuließ. Und sie abfällig und 'nebenbei' sie mit der Hand in Leifs Richtung fuchtelte um klar zu machen, dass mit 'dieser Typ' niemand anders gemeint sein konnte als er. Leif. Den, den sie mit diesem eiskalten Blick kurz ansah um keinen Zweifel zu lassen, wie ernst sie das hier meinte. "Sie haben mich, Schätzchen.", kotzte sie ihr regelrecht vor die Füsse. Lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Da fehlten nur noch die Beine auf dem Pult. Dann wäre alles wieder auf Anfang.
    Luceija ist offline Geändert von Luceija (18.02.2019 um 10:55 Uhr)

  5. #25
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Eine Antwort, die nichts geringeres war, als eine absolute Überraschung. Für alle Anwesenden, beide Schweden, wovon jedoch nur einer ganz und gar persönlich betroffen, wenngleich noch ungläubig war. Und selbst van Oostven sagte nichts. Schlug keinen Hammer, sprach keine Verwarnung. Absolute Stille war in diesen Saal eingezogen. Hatte sie alle schier heimgesucht.
    "Entschuldigung?", zerriss Alicia eben jene, spannungsgeladene Ruhe. "Was bedeutet 'nicht mein erster Arzt'? Das jemand Ihrer Gesundheit, Miss Ascaiath, mehr als einen behandelnden Arzt hat oder hatte, sollte jedem hier klar sein, aber-...Bitte, korrigieren Sie mich, darum geht es hier nicht, habe ich recht?"
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  6. #26
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    Eine Antwort, die nichts geringeres war, als eine absolute Überraschung. Für alle Anwesenden, beide Schweden, wovon jedoch nur einer ganz und gar persönlich betroffen, wenngleich noch ungläubig war. Und selbst van Oostven sagte nichts. Schlug keinen Hammer, sprach keine Verwarnung. Absolute Stille war in diesen Saal eingezogen. Hatte sie alle schier heimgesucht.
    "Entschuldigung?", zerriss Alicia eben jene, spannungsgeladene Ruhe. "Was bedeutet 'nicht mein erster Arzt'? Das jemand Ihrer Gesundheit, Miss Ascaiath, mehr als einen behandelnden Arzt hat oder hatte, sollte jedem hier klar sein, aber-...Bitte, korrigieren Sie mich, darum geht es hier nicht, habe ich recht?"


    Die symbolische Stecknadel hörte man wohl jetzt fallen. Jetzt, wo es keine einzige Sekunde des Einbrechens mehr geben konnte. Jetzt waren es gerade, uneingeschränkte Schritte geradeaus. Immer weiter nach vorne. Egal, was oder...wer im Weg stand. Es war initiiert. Kein Weg zurück. Das kalte Lachen wurde zu etwas fast schon genervtem. So als habe sie die Frage gerade das zwölfte Mal nicht verstanden. "Oh ich hätte Ihnen gerade fast-..ich wäre KURZ vor einem Kompliment gewesen aber sie sind tatsächlich so bescheuert wie sie aussehen. Was glauben Sie, was das bedeutet? Ich spreche hier nicht von kleinen Sprechstunden wegen 'ner Blasenentzündung. Aber ich werde gerne deutlicher für Sie: Ihr mindestens ebenso umnachteter Mandant", sie deutete auf Leif und sah ihn dabei wieder absolut unbefangen und ja, gefühllos, an, "der, zweifelsohne, seine Vorteile hatte, ist nicht der erste Arzt, für den ich die Beine für ein paar Vorteile breit mache. Oh, glauben Sie nicht, dass ich nicht wüsste, was sie nun denken. 'Ist sie die Schlampe für die wir sie die ganze Zeit halten?' Ich nehm Ihnen die Antwort ab: Ja. Aber nicht jeder ist dafür gemacht in einer kleinen, perfekten Beziehung mit scheiß Schürze vor dem Herd und Balg zu stecken. Für Leute wie mich gab es nie einen Platz wie diesen, aber ich hab meine Mittel und Wege, das Beste aus diesen "verzweifelten, angeschlagenen" Männern herauszuholen."
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  7. #27
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    Es war Leif, der nunmehr nicht mehr aufsah. Beachtet von seiner Anwältin, die sogar selbst schwer schlucken und ihrem Mandanten kurze, mitfühlende Blicke zuwerfen musste, die seine Augen nicht erreichten. Es gehörte zum Standard ihrer Werkzeuge, offensichtliche Lügen aufzudecken. Ganz gleich von wem sie kamen. Doch hierbei hegte sie weder Interesse daran, noch wusste sie, wie viel Lüge in diesen perfekt formulierten Worten steckte. Als Freundin-...Versagte sie. Versagte, als sie sich erneut ihrer Zeugin zu wandte, in einem Ohr den Bruch des Schweden hörend und doch, bohrte sie weiter.
    "Welche Vorteile hatte mein Mandant?", wollte sie schlicht wissen, rührte nicht weiter an allen anderen Worten, die kaum mehr retten würden, als eine Karriere.
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  8. #28
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    Es war Leif, der nunmehr nicht mehr aufsah. Beachtet von seiner Anwältin, die sogar selbst schwer schlucken und ihrem Mandanten kurze, mitfühlende Blicke zuwerfen musste, die seine Augen nicht erreichten. Es gehörte zum Standard ihrer Werkzeuge, offensichtliche Lügen aufzudecken. Ganz gleich von wem sie kamen. Doch hierbei hegte sie weder Interesse daran, noch wusste sie, wie viel Lüge in diesen perfekt formulierten Worten steckte. Als Freundin-...Versagte sie. Versagte, als sie sich erneut ihrer Zeugin zu wandte, in einem Ohr den Bruch des Schweden hörend und doch, bohrte sie weiter.
    "Welche Vorteile hatte mein Mandant?", wollte sie schlicht wissen, rührte nicht weiter an allen anderen Worten, die kaum mehr retten würden, als eine Karriere.


    In dem Moment, in dem sie, wenn auch nur kurz, sehen konnte, wie Leif zurück zu ihr und dann sofort wieder absah, geschah genau, was sie geglaubt hatte, dass passieren musste. Sie sah, wie erbrach. Wie Stück für Stück dieser niemals erreichbare, über alle Massen perfekte Mann in tausende Teile auseinander brach, als sie sagte, was sie sagte. Es war notwendig und das wusste sie. Anders würde nichts hiervon funktionieren. Dennoch war sie sich sicher, dass sie selbst, als sie gelb wie ein Küken kurz vor dem Exitus stand und Leber und Niere fast automatisch aus ihrem Körper gesprungen waren, niemals solche Schmerzen empfunden hatte wie in diesem Moment. Sie zitterte. Ihre Hand zitterte. Und eigentlich würde sie es aufhalten wollen. Aber selbst diese Trivialität deckte sich mit ihrer Aussage. Sie, die Drogenabhängige, zitterte nun mal. Und Leif war nichts weiter als das Gefäß gewesen um sie wieder auf ein ansprechendes, angenehmes Niveau zu bringen, bis sie den nächsten Schuss brauchte. Das, und nichts anderes, musste sie allen hier klar machen. Ausnahmslos. Und ohne den Hauch einer Rücksicht.
    "Welche?", packte sie das zuckersüße Grinsen in ihr Gesicht. Sie lehnte sich wieder vor, wirkte bereit, ja, wirklich motiviert und freudig bei dem, was sie tat. Wie sie die zitternde Hand in die normale faltete und ihr berühmt berüchtigtes, halbseitiges, ascaiathsche Grinsen nach vorne richtete, als sei es eine schöne Motivationsgeschichte, die keiner hier verpassen durfte. Als fließe nichts außer pures Gift durch ihre Venen. ..meistens tat es das sogar.
    "Sehr viele. Ich hab es gestern schon mal gesagt, schauen Sie sich ihn an. Oder besser...erinnern Sie sich an die Nacht zurück, an der sie selbst unter ihm lagen. Er hat einen perfekten Körper und weiß, wie er damit umgehen muss. Ausgeprägte, medizinische Fähigkeiten und Zugang zu allen möglichen Mitteln. Und Sie können sich mit ihrem begrenzten Verstand kaum vorstellen, wie VIELE es gibt. Sehen Sie...es ist nahezu zum Kotzen wenn man sich einen raussucht, der entweder ganz unten in der Hierarchie steht wie...hier, dieser Daigle zum Beispiel, oder wenn derjenige nicht die Ausstattung hat um die lange Vorlaufzeit erträglicher zu machen. Sie wissen schon. Dass ich ihn gefunden habe war purer Zufall. Wie schon gesagt, beim Angriff auf die Citadel damals. Wirklich auf meiner Liste stand er aber erst, als ich zum zweiten Mal von ihm behandelt wurde.

    Oh nun sehen Sie mich nicht so dämlich an. Ich bin nicht zu dumm um herauszufinden, dass sie sich erst vor ein paar Tagen von ihm haben flachlegen lassen. Keine Panik, Ihnen wird davon nicht die scheiß Zulassung abgenommen."
    Sie starb. Sie starb weiter und weiter und weiter mit jedem einzelnen Wort. Auf das was sie hier tat konnte nichts anderes stehen, als eine selbstverordnete Todesstrafe. Sie würde sich nie wieder in die Augen sehen können. Aber wenn er sie hassen würde...endlich...wäre alles, wenigstens für ihn, einfacher.. . Luceija gestikulierte wie gewohnt, während sie sprach. Sie war locker. Wirkte unangespannt. Und genau das machte ihr Verhalten so...unheimlich. Und sie komplett fremd. Oder endlich real.
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  9. #29
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    Helle, große Hände gruben sich in eine ebenso helle Kopfhaut. Wirbelten Haar auseinander, sitzend auf einem Kopf, nunmehr in völliger Unordnung, der so voll von Verzweiflung war. Trauer. Unglauben und dem Versuch trotzend, einfach Tränen zu vergießen, die sich einstellen wollten, obwohl sein Geist nicht einmal verstanden hatte, was genau hier vor sich ging. Er, Leif, sonst so gewandt und schnell, war längst überfordert. Regelrecht passiv.

    Eine Starre die brechen musste. Denn da war noch etwas, hinter verschleierten, grauen Augen und das war unbändige, abscheuliche Wut, die kaum unmittelbar in ihrer Gänze entfesselt werden konnte, als er jede Mahnung des Richters in den Wind schlug, Max ignorierte und seine Stimme erhob. Er sprach nicht einfach, er schrie. Laut genug, um jeden daran teilhaben zu lassen. Um diese Scharade in eine regelrechte, unfreiwillige Show zu verwandeln.
    "Gottverdammt, halt endlich die Klappe!", fuhr er die Zeugin an, die nicht seine war. Die er aber auch schlicht nicht mehr kannte. Diese schwarzhaarige, immerzu bildschöne Frau, die nicht einmal ihre Worte für ihn vergiften konnten.
    "Was soll das, Luci? Was, hm? Ist das irgendeine beschissene Form der Selbstgeißelung? Ein-...'ich hab dir gesagt, irgendwann wirst du mich SO ansehen'? Oder war ich so viel beschissener als alle, wirklich ALLE vor mir und ja: Ich weiß beim besten Willen, es waren genug, aber bestimmt kein scheiß Arzt, also, bitte-... HÖR VERDAMMT NOCHMAL AUF!"
    Er war viel zu laut. Zu emotional. Immer noch zu sehr Luceija und Leif, als Leif allein. Und nichts anderes wollte er sein. Also was tat sie da-...? Distanziert vor ihm sitzend, ein nichtssagendes Gesicht und doch so viel gesprochenes Wort, das ihn brach. Neben einer kurzen Bemerkung des Richters und all diesen Umgebungsgeräuschen, die der Schwede überhörte.
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  10. #30
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    Helle, große Hände gruben sich in eine ebenso helle Kopfhaut. Wirbelten Haar auseinander, sitzend auf einem Kopf, nunmehr in völliger Unordnung, der so voll von Verzweiflung war. Trauer. Unglauben und dem Versuch trotzend, einfach Tränen zu vergießen, die sich einstellen wollten, obwohl sein Geist nicht einmal verstanden hatte, was genau hier vor sich ging. Er, Leif, sonst so gewandt und schnell, war längst überfordert. Regelrecht passiv.

    Eine Starre die brechen musste. Denn da war noch etwas, hinter verschleierten, grauen Augen und das war unbändige, abscheuliche Wut, die kaum unmittelbar in ihrer Gänze entfesselt werden konnte, als er jede Mahnung des Richters in den Wind schlug, Max ignorierte und seine Stimme erhob. Er sprach nicht einfach, er schrie. Laut genug, um jeden daran teilhaben zu lassen. Um diese Scharade in eine regelrechte, unfreiwillige Show zu verwandeln.
    "Gottverdammt, halt endlich die Klappe!", fuhr er die Zeugin an, die nicht seine war. Die er aber auch schlicht nicht mehr kannte. Diese schwarzhaarige, immerzu bildschöne Frau, die nicht einmal ihre Worte für ihn vergiften konnten.
    "Was soll das, Luci? Was, hm? Ist das irgendeine beschissene Form der Selbstgeißelung? Ein-...'ich hab dir gesagt, irgendwann wirst du mich SO ansehen'? Oder war ich so viel beschissener als alle, wirklich ALLE vor mir und ja: Ich weiß beim besten Willen, es waren genug, aber bestimmt kein scheiß Arzt, also, bitte-... HÖR VERDAMMT NOCHMAL AUF!"
    Er war viel zu laut. Zu emotional. Immer noch zu sehr Luceija und Leif, als Leif allein. Und nichts anderes wollte er sein. Also was tat sie da-...? Distanziert vor ihm sitzend, ein nichtssagendes Gesicht und doch so viel gesprochenes Wort, das ihn brach. Neben einer kurzen Bemerkung des Richters und all diesen Umgebungsgeräuschen, die der Schwede überhörte.


    Der massive und präsente Schrei ging durch den gesamten Gerichtssaal. Hallte von den Wänden und wirkte so bedrohlich wie das tieffrequente Knurren eines Bären in einer Höhle. Es strahlte Autorität aus, ganz klar. Vorallem aber strahlte es die pure Verzweiflung aus, die der Mann ihr gegenüber empfand. Es ließ sie spüren, dass gerade nicht nur ein Teil, sondern eine komplette Welt vor ihm zusammenbrach. Dass er betrachtete, wie sich Risse bildeten, in einem Konstrukt, welches zuvor keinerlei Risse hatte. An den entstandenen Nähten der dicke Beton aufsprang, bevor alles, Stück für Stück in sich zusammenbrach. Man sah es Luceija nicht an, weil man es ihr nicht ansehen durfte und sollte. Aber sie starb jede Sekunde mit ihm. Als wären sie, trotz aller Trennung und den vielen Tränen die zwischen ihnen lagen, noch immer fest und tief verbunden. Wenn der eine litt, dann litt der andere ebenfalls. Und sie hätte in diesem Moment genauso schreien können wie Leif es tat, als er sie bat, einfach mit alledem aufzuhören. Und für eine Sekunde, vielleicht einen winzigen, kleinen, unscheinbaren Moment lang, zog sie ernsthaft in Erwägung es zu lassen. Ihr Innerstes weinte bitterlich, flehte auf Knien um eine Vergebung, die sie niemals erhalten würde. Sie versuchte, Sekundenabschnittsweise ihren Blick zu etwas zu formen, was ihm bekannt an ihr schien, aber letztlich war es nur ein flimmern. Wie Fehler einer unsauber programmierten VI. Es fiel kaum auf und ging einfach unter in diesem unwirklichen, tiefdunklen Strudel. Sie konnte ihn nicht wissen lassen, wie leid es ihr tat. Wie weh es tat, dass hier zu tun. Aus welchem Grund sie es tat. Wieso sie es für besser hielt, alles für nichtig zu erklären vor all diesen Leuten und ein Leben zu begraben, dass hoffentlich, wie ein Phönix aus der Asche, wieder emporsteigen konnte, kaum, dass es verarbeitet hatte, was hinter ihm lag. Die Sizilianerin bereute es und dennoch, dennoch hielt sie so unendlich professionell ihre Haltung als sie die perfekt grünen Augen zu gefährlichen Schlitzen zog, als sie Leif entgegensah. Das erste Mal in der Verhandlung so direkten Kontakt zu ihm aufnahm und suggerierte, dass sie keine Angst vor ihm hatte. Weil es auch einfach keinen Grund gab. Ihr Blick weichte leicht wieder auf, als sie die Arme auf dem Holz des Pultes verschränkte, sich, ganz vorne auf dem Stuhl sitzend, leicht vornüber über dem Mikrofon gebeugt lehnte und hineinsprach, während sie in seine Augen sah. Und weiter alles vernichtete, was sie jemals aufbauten.

    „Oh Leif..“, säuselte sie so unendlich falsch in ihrer sizilianischen Stimme und legte den Kopf dabei leicht schief, der suggerierte, dass sie von dem Theater langsam etwas genervt war. Es war das abgrundtief ekelhafteste, dass sie wohl jemals tat, als sie so ruhig und irgendwie verständnisvoll aber abfällig genug mit ihm sprach und ihm eine Tatsache erklärte, die sich so real und stichhaltig anfühlte, aber niemand wirklich enttarnen konnte. Weil sie, traurigerweise oder glücklicherweise, so unheimlich gut war in dem was sie tat. Zu Lügen. Ohne Anzeichen von Zweifel oder Reue. „tu uns allen einen Gefallen und komm wieder runter. Ich weiß, dass du dir das nicht vorstellen kannst oder willst aber was glaubst du, wie oft ich dieses lästige Gespräch schon führen musste? Ich geb dir nicht mal die Schuld, du bist wirklich ein…ganz niedlicher Typ - es war meine, wahrscheinlich hab ich an irgendeinem Punkt einfach übertrieben und das Spiel zu weit und zu lang gezogen. Aber du warst einfach einer von vielen und wirst auch nicht der Letzte sein, komm besser jetzt damit klar. Auch wenn es zugegeben schwer wird da an was Vergleichbares zu kommen. Der Sex war wirklich, WIRKLICH gut. Mehr aber auch nicht.“, setzte sie weiter zu.

    Die Wahrheit war längst in ihrem Inneren eingeschlossen. Jede Erinnerung, die sie noch hatte fassen können. Jedes Gefühl, dass er irgendwie in ihr auslöste - selbst jetzt, durch bloße Anwesenheit und seinem zerreißenden Anblick, der sie wieder und wieder und wieder zurecht tötete. Sie hatte ihn ohnehin niemals verdient. Das war das einzige, was sie sich immer wieder sagen konnte. Sie hatte einen so unheimlich perfekten, wundervollen Menschen wie Leif niemals verdient.
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  11. #31
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    Es war ein Damm, der da brach. Aus vollkommenen, perfekten Gefühlen, sich mischend mit Erkenntnissen und einer Einsicht, die er zu keiner Zeit auf dem Schirm hatte. Er war der Idiot. Der dümmliche Narr, der bei Weitem nicht alles für sie getan hatte, aber der sich mit ihr so verändert hatte. Und es war positiv, so dachte er. Befreiend. Eine Art des Gefühls, das er nie wieder finden würde. Nicht in einem Jahr oder zehn, nicht kurz bevor er starb, nicht einmal im nächsten Leben. Denn sein Herz raste nicht mehr, es sog sich, müde und ausgelaugt, mit schier dem ganzen Blut seines Körpers voll und wollte ihm mit den nächsten beiden Schlägen umbringen. Leif wünschte nichts mehr, als dass diese absurde Vorstellung seines Inneren wahr wurde. Dass er starb. Auf der Stelle. Denn was ihn ausmachte, was sonst seine Identität bedeutete, war weg. Jeder Funken, jedes Echo seiner erhobenen Stimme. Stattdessen kratzte eine Träne über sein kalkweißes Gesicht. Nicht einfach mehr nur erschöpft von dieser Verhandlung, sondern jedes Lebenszeichens beraubt.
    "Okay-...", er flüsterte das Wort, wahrscheinlich verstand ihn gar niemand, bis er aufstand, wobei der Stuhl unter ihm unangenehm über den Boden krächzte. Vollkommene Stille herrschte. Wieder einmal. Nur Talbot merkte etwas an, wollte den Richter daran erinnern, dass das hier keine Seifenoper war und wurde letztlich selbst gemaßregelt.

    Der Schwede ließ sich nicht beirren. Und Alicia sah voller Sorge zu. Auseinandersetzungen in Prozessen, in denen es um Familie, gar Ehen ging, waren selten ruhiger als dieser hier. Doch es erstaunte, dass Oostvenn Leif so einfach gehen ließ. Nicht etwa den Raum verlassend, sondern auf die Kanzel zu. Er merkte, wie zweifellos sie alle, dass von dem Blonden keine Gefahr ausging, als er sich auf die Schwarzhaarige zubewegte. Sich keiner Scham bewusst war, als er vor ihr hielt und sie unmittelbar ansah.
    "Okay.", wiederholte er seine Zustimmung und fixierte ihr typisches Grün. Es war fremd. Zu fremd, um sie in dieser Sache einfach nur perfekt zu tarnen. Und das bedeutete, dass er schlicht und ergreifend einer Realität ins Auge sehen musste, die sich nur noch auf eine einzige Weise ändern ließ: Indem er ihr diese Maske vom Gesicht riss, sie zurück auf seine Seite zog, hoffentlich mit der Folge, aufatmen zu können.
    "Ich flehe dich an, mir zu verzeihen. Alles was ich getan habe, während wir zusammen waren, kommt mir jetzt falsch vor, Luceija. So ziemlich alles jedenfalls, verstehst du?", fragte er sie und erinnerte, den Blick kurz, aber nicht minder beschämt abwendend, an die letzten Ereignisse auf Proteus. An jeden Moment, in dem er sie hatte hängen lassen.
    "Ich weiß nicht, wieso du dir jetzt-...Wieso du allen hier einredest, dass wir nichts von Bedeutung waren, aber wenn du, wenn-...Ich meine, du tust das nicht für mich, verstehst du? Das hier ist es, was uns endgültig kaputt machen wird. Die Behauptung, dass da einfach nie etwas war."
    Endlose, beschämende Verzweiflung war es, die er noch ausstrahlen konnte, als er in einer ganz und gar unerlaubten Geste ihre leicht zittrige Hand griff. Sanft, aber zu rasch, um ihr eine Fluchtmöglichkeit zu geben. Er hielt sie einfach. Eingeschlossen in seine beiden Hände, die schmale Gestalt seiner einstigen Freundin etwas zu sich nach vorn zwingend, um diese Verbindung mit seinen Lippen zu berühren. Zu beten. Etwas, das Leif sonst kaum tat. Es war das dritte Mal. Nach den flehenden, gedanklichen Gebeten an einen Gott, den es zweifellos nicht gab, als seine Eltern starben und sein kindliches Ich sie nicht wirklich tot wissen wollten. Dasselbe hatte er auch bei seinem Sohn getan, aber nicht einmal, als er kurz vor dem eigenen Tod stand. Auf Elysium. Dort wo er den Krieg gesehen hatte, den er fürchtete bis ins Mark, doch der es nicht im geringsten hiermit aufnehmen konnte, während er stumm weinte. Vor all diesen Leuten. Demaskiert und gedemütigt. Flüsternd, durch die Stille aber in alle Richtungen treibend, obgleich die Frage nur für Luceija bestimmt war. Eine allerletzte, absolute Frage, während er die Wärme ihrer Hand fühlte. Spürte, wie trocken und ungerührt sie war. Wie gut ihr Körper hierauf vorbereitet gewesen war, weil es die Wahrheit war. Nichts, das sie anstrengte.
    "Du liebst mich nicht?"

    "Die Zeugin darf-...Ganz dem eigenen Ermessen nach, eine Antwort aussprechen, aber bitte, Doktor-...", formulierte van Oostven voller Respekt und hörbar, aber deutlich leiser als je zuvor, "Bitte setzen Sie sich. Ich will in dieser außerordentlichen Situation keine erneute Sanktion gegen Sie verhängen."
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  12. #32
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    Es war ein Damm, der da brach. Aus vollkommenen, perfekten Gefühlen, sich mischend mit Erkenntnissen und einer Einsicht, die er zu keiner Zeit auf dem Schirm hatte. Er war der Idiot. Der dümmliche Narr, der bei Weitem nicht alles für sie getan hatte, aber der sich mit ihr so verändert hatte. Und es war positiv, so dachte er. Befreiend. Eine Art des Gefühls, das er nie wieder finden würde. Nicht in einem Jahr oder zehn, nicht kurz bevor er starb, nicht einmal im nächsten Leben. Denn sein Herz raste nicht mehr, es sog sich, müde und ausgelaugt, mit schier dem ganzen Blut seines Körpers voll und wollte ihm mit den nächsten beiden Schlägen umbringen. Leif wünschte nichts mehr, als dass diese absurde Vorstellung seines Inneren wahr wurde. Dass er starb. Auf der Stelle. Denn was ihn ausmachte, was sonst seine Identität bedeutete, war weg. Jeder Funken, jedes Echo seiner erhobenen Stimme. Stattdessen kratzte eine Träne über sein kalkweißes Gesicht. Nicht einfach mehr nur erschöpft von dieser Verhandlung, sondern jedes Lebenszeichens beraubt.
    "Okay-...", er flüsterte das Wort, wahrscheinlich verstand ihn gar niemand, bis er aufstand, wobei der Stuhl unter ihm unangenehm über den Boden krächzte. Vollkommene Stille herrschte. Wieder einmal. Nur Talbot merkte etwas an, wollte den Richter daran erinnern, dass das hier keine Seifenoper war und wurde letztlich selbst gemaßregelt.

    Der Schwede ließ sich nicht beirren. Und Alicia sah voller Sorge zu. Auseinandersetzungen in Prozessen, in denen es um Familie, gar Ehen ging, waren selten ruhiger als dieser hier. Doch es erstaunte, dass Oostvenn Leif so einfach gehen ließ. Nicht etwa den Raum verlassend, sondern auf die Kanzel zu. Er merkte, wie zweifellos sie alle, dass von dem Blonden keine Gefahr ausging, als er sich auf die Schwarzhaarige zubewegte. Sich keiner Scham bewusst war, als er vor ihr hielt und sie unmittelbar ansah.
    "Okay.", wiederholte er seine Zustimmung und fixierte ihr typisches Grün. Es war fremd. Zu fremd, um sie in dieser Sache einfach nur perfekt zu tarnen. Und das bedeutete, dass er schlicht und ergreifend einer Realität ins Auge sehen musste, die sich nur noch auf eine einzige Weise ändern ließ: Indem er ihr diese Maske vom Gesicht riss, sie zurück auf seine Seite zog, hoffentlich mit der Folge, aufatmen zu können.
    "Ich flehe dich an, mir zu verzeihen. Alles was ich getan habe, während wir zusammen waren, kommt mir jetzt falsch vor, Luceija. So ziemlich alles jedenfalls, verstehst du?", fragte er sie und erinnerte, den Blick kurz, aber nicht minder beschämt abwendend, an die letzten Ereignisse auf Proteus. An jeden Moment, in dem er sie hatte hängen lassen.
    "Ich weiß nicht, wieso du dir jetzt-...Wieso du allen hier einredest, dass wir nichts von Bedeutung waren, aber wenn du, wenn-...Ich meine, du tust das nicht für mich, verstehst du? Das hier ist es, was uns endgültig kaputt machen wird. Die Behauptung, dass da einfach nie etwas war."
    Endlose, beschämende Verzweiflung war es, die er noch ausstrahlen konnte, als er in einer ganz und gar unerlaubten Geste ihre leicht zittrige Hand griff. Sanft, aber zu rasch, um ihr eine Fluchtmöglichkeit zu geben. Er hielt sie einfach. Eingeschlossen in seine beiden Hände, die schmale Gestalt seiner einstigen Freundin etwas zu sich nach vorn zwingend, um diese Verbindung mit seinen Lippen zu berühren. Zu beten. Etwas, das Leif sonst kaum tat. Es war das dritte Mal. Nach den flehenden, gedanklichen Gebeten an einen Gott, den es zweifellos nicht gab, als seine Eltern starben und sein kindliches Ich sie nicht wirklich tot wissen wollten. Dasselbe hatte er auch bei seinem Sohn getan, aber nicht einmal, als er kurz vor dem eigenen Tod stand. Auf Elysium. Dort wo er den Krieg gesehen hatte, den er fürchtete bis ins Mark, doch der es nicht im geringsten hiermit aufnehmen konnte, während er stumm weinte. Vor all diesen Leuten. Demaskiert und gedemütigt. Flüsternd, durch die Stille aber in alle Richtungen treibend, obgleich die Frage nur für Luceija bestimmt war. Eine allerletzte, absolute Frage, während er die Wärme ihrer Hand fühlte. Spürte, wie trocken und ungerührt sie war. Wie gut ihr Körper hierauf vorbereitet gewesen war, weil es die Wahrheit war. Nichts, das sie anstrengte.
    "Du liebst mich nicht?"

    "Die Zeugin darf-...Ganz dem eigenen Ermessen nach, eine Antwort aussprechen, aber bitte, Doktor-...", formulierte van Oostven voller Respekt und hörbar, aber deutlich leiser als je zuvor, "Bitte setzen Sie sich. Ich will in dieser außerordentlichen Situation keine erneute Sanktion gegen Sie verhängen."


    Das hier war die Hölle. Die Hölle, die, die man symbolisch als Teil von Religion und Aberglauben heraufbeschwörte, die, über die Luceijas so vergötterter Dante Alighieri mehrmalig und ausführlich geschrieben hatte. Genau, wie er von dramatischen ersten und vor allem letzten Momenten einer ideellen, unerfüllten Liebe geschrieben hatte. Wie viele nach ihm. Von Aufopferung und Abhängigkeit für und nach einer einzelnen, so unerreichbar erscheinenden Person. Luceija hatte schon in ihrer Jugend von ihm gelesen. Von der Vita Nuova, von der Commedia. Und hatte begriffen, worüber er schrieb, es als sowohl hinterfragt und belächelt aber auch fasziniert worden. Aber niemals hatte sie so sehr begriffen, von welcher zermürbenden Verzweiflung er geschrieben hatte, wie jetzt. Jeder einzelne Kreis der Hölle schien sich symbolisch um sie zu formieren, in jenem Moment, an dem er ihre Hand hielt. An dem er diesen Kuss auf die hervortretenden Knöchel legte und die vielen, einzelnen Tränen verlor.

    "Nein.", sagte sie trocken und schnell. Ihr fehlte der Atem. Ihr fehlte der Blick. Sie glaubte für einen Moment, zu erblinden, weil sich nichts auftat als dieser symbolische, dunkle, schwarze Strudel, der sie so unheimlich tief fallen lies, dass jeder einzelne Knochen im Körper der Frau brach, wenn sie jemals unten ankommen würde. Sie hoffte, dass er nicht hörte, wie ihre Stimme eingebrochen war. Dass es niemand hörte, wie unnatürlich schnell sie auf diese Frage antwortete, als sie durch ihn hindurch sah. Denn hätte sie nur eine Sekunde länger gezögert, hätte sein Vorhaben Erfolg gehabt. Sie wäre in die Wärme seiner Hände eingetaucht und hätte alles vergessen, jegliches, noch so kleine Vorhaben ihn zu retten. Ihm seine Zulassung zu sichern. Ein scheiß Stück Papier. Etwas, ohne dass er genau so zerbrochen wäre wie jetzt, so redete sie sich ein. Es wäre nur mit ihr passiert. Langsam. Quälend. "Ich zieh' hier nur ein Pflaster ab, bevor du es selbst gemerkt hättest.", sprach sie nach und besaß diesen Egoismus, ihm dazu noch, vermutlich ein wirklich letztes Mal, in seine Augen zu sehen. Die nun errötet und voller Tränen waren. Die gebrochen waren. Aber niemals weniger schön als am ersten Tag. Er würde jetzt und hier sofort sterben. Und sie glaubte es wäre besser als der Moment einer langjährigen Beziehung die wie ein eingesperrtes Tier ohne essen langsam verendete...weil ihm immer und immer und immer etwas fehlen würde. Vor allem seine Identität. Sie sog noch einmal alles auf, was in ihnen lag. Jede Nuance von grau, als sie die Lippen leicht öffnete, etwas Atem entließ wie einen Teil ihrer Seele, und schließlich doch nur in ihrem Kopf dieses unendliche 'Es tut mir so leid' formulierte.

    "Du warst wirklich toll.", versicherte sie ihm seufzend, als bewerte sie seine Leistung als langer Schauspieler. Es gab nur ein einziges, ein winzig kleines und vermutlich schwachsinnig unsichtbares Indiz für ihre Lüge. Nur dieses eine. Und zwar, dass nicht sie es war, die seine Hand wieder los ließ, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Noch während sie ihre Lüge weiter mauerte und sich selbst damit einen riesigen Wall zwischen ihre Beziehung zu Leif und sich selbst baute, ließ sie ihre Hand halten oder besser, zog ihre nicht aus seiner. Nicht, bis er sie freigab. Es war alles, was sie noch hatte. Alles, was irgendwie noch Sinn ergab. "Aber du bist auf mich reingefallen wie alle anderen vor dir. Und nicht nur darauf. Aber es war leicht, weil du sowieso schon gebrochen warst. Weil du deine Familie und dein Kind verloren hast. Und wenn man ohnehin kaum noch etwas zu verlieren hat, dann ist es so einfach sich auf eine Frau einzulassen, die dir das Blaue vom Himmel verspricht weil sie ihre Drogen mehr liebt als alles andere auf der Welt. Und die weiß, wie sie dazu Sex einsetzen muss um alles davon zu bekommen."

    'Nichts davon ist wahr. Bitte sieh eh. Bitte sieh es irgendwo. Erinner dich irgendwann nach dieser Verhandlung an das, was uns verbunden hat. Daran, dass ich dich liebe. An irgendetwas-...oder hass mich wenigstens so sehr, dass ich endlich...endlich gehen kann.', formulierte sie stumm. Mit diesem Blick. Mit ihren Gedanken, die er nicht lesen konnte. Sie hasste sich. Sie hasste alles an sich.
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  13. #33
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    Sein Kopf bewegte sich, samt seiner geschlossenen Augenlider, die vehement versuchten, Tränen Einhalt zu gebieten. Leif sagte nichts mehr. Kein 'Okay', kein standhaftes 'Ich liebe dich', denn es half nicht. Es pflückte nur weiter an seinem Herz, nagte langsam an seinen Lungen, denen er mehr zugemutet hatte, als sie eigentlich aushielten durften. Denn da war immer noch diese Wunde an seiner Brust, jedoch kaum so schlimm, wie der Schmerz darunter. Das hier konnte nicht wahr sein. Noch einmal. Noch einmal war er Opfer einer so perfekten Darstellerin geworden, hatte sich jeglich guten Gedanken an ein alleinsein nehmen lassen und wusste kaum, wie er jede weitere Sekunde hier überleben sollte. Schon wieder.
    "Leif-...?", fragte Alicia. Zärtlich, vollkommen bedacht auf ihn und seinen Zustand. Er wünschte, es wäre nicht ihre Stimme. Nicht der schwedische, sondern ganz und gar unverwechselbar italienische Akzent. Doch diese Hand ließ er los. Abrupt und scheinbar ohne auf ihren Verbleib Rücksicht zu nehmen. Auch Luceija sah er nicht mehr an. Kein einziges Mal, während seine Schultern sich wieder merklich strafften, er sich räusperte und jetzt selbst ein so 'anderes' Gesicht aufsetzte. Eisern, vollkommen unbewegt, einer Maske gleich, die seinen ab jetzt ablaufenden, zwanghaften Abschluss mit dieser Frau würden tarnen müssen. Er wollte sich nicht wie ein riesiges Kind zu seinem Sitz zurückführen lassen, also entschuldigte er sich stumm beim Oostven, missachtete auch Alicia und trat in aller Langsamkeit dorthin zurück, wo er hingehörte: Die Anklagebank.

    Die Schwedin sah dem Trauerspiel nicht bis zu seinem Ende zu, sondern wandte sich wieder an Luceija. Zugegeben froh, dass all diese Dinge passiert waren. Denn jetzt, genau jetzt, war sie am Zug. Einem rasenden Zug, der kurz vor dem Abgrund eine Notbremsung hingelegt hatte. Und jetzt in den Rückwärtsgang ging. Mit einem Blick der Anwältin auf ihre Zeugin, die versprach, dass die Pest kaum schlimmer sein konnte, als ihre Gegenüber.
    "Vielen Dank, Miss Ascaiath. Ich bin sicher, jetzt haben Sie nicht nur meinem Mandanten ein Pflaster abgezogen, sondern hoffentlich auch Staatsanwalt Talbot und dem ehrenwerten Richter. Sie haben mehrfach zugegeben, dass es um Medikamente ging, ja? Um die Möglichkeit, Ihrer Sucht nachzukommen. Bitte sagen Sie mir doch, so kurz vor dem Ende dieser Verhandlung, wie spendabel mein Mandant war? Ist Ihr Plan frei verfügbarer Medikamente aufgegangen oder erhielten Sie, wie ich vermute, rein gar nichts, was nicht Ihrer üblichen Medikation entsprach?"
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  14. #34
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    Sein Kopf bewegte sich, samt seiner geschlossenen Augenlider, die vehement versuchten, Tränen Einhalt zu gebieten. Leif sagte nichts mehr. Kein 'Okay', kein standhaftes 'Ich liebe dich', denn es half nicht. Es pflückte nur weiter an seinem Herz, nagte langsam an seinen Lungen, denen er mehr zugemutet hatte, als sie eigentlich aushielten durften. Denn da war immer noch diese Wunde an seiner Brust, jedoch kaum so schlimm, wie der Schmerz darunter. Das hier konnte nicht wahr sein. Noch einmal. Noch einmal war er Opfer einer so perfekten Darstellerin geworden, hatte sich jeglich guten Gedanken an ein allein sein nehmen lassen und wusste kaum, wie er jede weitere Sekunde hier überleben sollte. Schon wieder.
    "Leif-...?", fragte Alicia. Zärtlich, vollkommen bedacht auf ihn und seinen Zustand. Er wünschte, es wäre nicht ihre Stimme. Nicht der schwedische, sondern ganz und gar unverwechselbar italienische Akzent. Doch diese Hand ließ er los. Abrupt und scheinbar ohne auf ihren Verbleib Rücksicht zu nehmen. Auch Luceija sah er nicht mehr an. Kein einziges Mal, während seine Schultern sich wieder merklich strafften, er sich räusperte und jetzt selbst ein so 'anderes' Gesicht aufsetzte. Eisern, vollkommen unbewegt, einer Maske gleich, die seinen ab jetzt ablaufenden, zwanghaften Abschluss mit dieser Frau würden tarnen müssen. Er wollte sich nicht wie ein riesiges Kind zu seinem Sitz zurückführen lassen, also entschuldigte er sich stumm beim Oostven, missachtete auch Alicia und trat in aller Langsamkeit dorthin zurück, wo er hingehörte: Die Anklagebank.

    Die Schwedin sah dem Trauerspiel nicht bis zu seinem Ende zu, sondern wandte sich wieder an Luceija. Zugegeben froh, dass all diese Dinge passiert waren. Denn jetzt, genau jetzt, war sie am Zug. Einem rasenden Zug, der kurz vor dem Abgrund eine Notbremsung hingelegt hatte. Und jetzt in den Rückwärtsgang ging. Mit einem Blick der Anwältin auf ihre Zeugin, die versprach, dass die Pest kaum schlimmer sein konnte, als ihre Gegenüber.
    "Vielen Dank, Miss Ascaiath. Ich bin sicher, jetzt haben Sie nicht nur meinem Mandanten ein Pflaster abgezogen, sondern hoffentlich auch Staatsanwalt Talbot und dem ehrenwerten Richter. Sie haben mehrfach zugegeben, dass es um Medikamente ging, ja? Um die Möglichkeit, Ihrer Sucht nachzukommen. Bitte sagen Sie mir doch, so kurz vor dem Ende dieser Verhandlung, wie spendabel mein Mandant war? Ist Ihr Plan frei verfügbarer Medikamente aufgegangen oder erhielten Sie, wie ich vermute, rein gar nichts, was nicht Ihrer üblichen Medikation entsprach?"


    Luceijas Atem wurde immer knapper. Es schien nicht genug Luft in diesem Saal zu geben. Alles wich. So wie er, der ihre Hände los ließ, als hätten sie in einer Sekunde auf die andere absolut jeden Wert verloren. Was sie sicherlich auch taten, denn Luci nahm ihm bewusst und zielgerichtet alles, was von dieser längst beendeten Beziehung übrig war. Der wahre Tritt ins Gesicht ihres Exfreundes folgte aber erst, als sie sich um Details bemühte, die insgesamt viel weniger schwer zusammen zu karren waren, als sie es sich eigentlich gedacht hatte. Es schien aber habe sie das schlimmste bereits hinter sich. Das hatte sie auch. Niemals hätte sie etwas schlimmeres tun können als das, was sie eben getan hatte. Niemals hätte sie einem Menschen mehr weh tun können und mehr zerstören. Das war, wofür sie sich immer hassen würde. Wofür sie sich verabscheute. Wofür sie sich am liebsten auf der Stelle diesen favorisierten, goldenen Schuss gedrückt hätte, der ihr insgesamt als zu geringe Strafe vorkam und sie glaubte, dass sie dem kaum gerecht käme, wenn sie SO ging. Wie ein Feigling der sie war. Schmerzlos.

    "Von Leif?", lachte sie so dunkel und kalt und so überzeugend, dass die regelrechte Schadenfreude wie Säure über ihre Gesichtszüge floss. "Er hat mich insgesamt viel zu viel Zeit gekostet. Ich glaube, wenn der Sex auch nur halb so gut gewesen wäre, hätte ich mir das meiste davon gar nicht angetan. Sehen Sie, die Sache ist die: Wenn Sie wollen, dass ein Mann wie er Ihnen vertraut, müssen sie anfangen zu graben, müssen lernen, sich gerade weit genug zu öffnen dass er ihnen glaubt, am besten noch ein bisschen Dramaturgische Extras in die Geschichte einbauen und sie haben zumindest eine Basis, auf der sie arbeiten können. Leif war genau so professionell und distanziert, wie es hier jeder vor mir auch schon ausgesagt hat. Und definitiv einer der der am härtesten rum zu kriegen war. Ich gebe zu, zu Anfang waren wir wirklich nur befreundet. Haben einige, wirklich angenehme Tage in London verbracht nachdem er mich operiert hat. Aber auf der Hochzeit meines Bruders war mir schnell klar, dass er mich ficken will. Das ist mittlerweile keine Kunst mehr. Nicht, wenn sie ihr ganzes Leben lang als Testsubjekt in nicht-zugelassenen, spartanischen Kliniken verbringen, mit Drogen vollgestopft werden und mehr als genug Männer ihre entstandene Sucht knallhart ausnutzen und für Tabletten oder Spritzen wollen, dass sie vor ihnen auf die Knie gehen. Wenn sies so als wollen: Ich hatte gute Lehrer."
    Sie sprach nach wie vor kalt. Diese Halbwahrheiten, die sie gekonnt einstreute, ließen alle Anwesenden langsam nach und nach ein logisches Bild von dieser düsteren Vergangenheit malen, die es auf diese Weise nicht gegeben hatte. Nicht genau so, jedenfalls. Ihre Finger umspielten die Strähne, die an ihrem Gesicht lag.

    "Aber sparen wir uns die überdramatischen Details, richtig? Der hat mir definitiv Mittel gegeben. Relativ häufig sogar, aber nicht so oft, dass ich es als regelmäßig beschreiben würde. Was mit der Grund ist, weshalb sich diese...'Beziehung' kein bisschen mehr für mich lohnt. Aber wenn ihr furchtbar schlauer Kollege Talbot nun glaubt, dass er das freiwillig gemacht hätte, muss ich Ihn enttäuschen. Leif hat mir nie freiwillig und nie bei vollem Bewusstsein Mittel gegeben." Dabei grinste sie sogar leicht und so gehässig, dass es einem Wunder glich, dass sie dabei nicht längst selbst öffentlich brach. Vielleicht war das aber längst geschehen?
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  15. #35
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    Luceijas Atem wurde immer knapper. Es schien nicht genug Luft in diesem Saal zu geben. Alles wich. So wie er, der ihre Hände los ließ, als hätten sie in einer Sekunde auf die andere absolut jeden Wert verloren. Was sie sicherlich auch taten, denn Luci nahm ihm bewusst und zielgerichtet alles, was von dieser längst beendeten Beziehung übrig war. Der wahre Tritt ins Gesicht ihres Exfreundes folgte aber erst, als sie sich um Details bemühte, die insgesamt viel weniger schwer zusammen zu karren waren, als sie es sich eigentlich gedacht hatte. Es schien aber habe sie das schlimmste bereits hinter sich. Das hatte sie auch. Niemals hätte sie etwas schlimmeres tun können als das, was sie eben getan hatte. Niemals hätte sie einem Menschen mehr weh tun können und mehr zerstören. Das war, wofür sie sich immer hassen würde. Wofür sie sich verabscheute. Wofür sie sich am liebsten auf der Stelle diesen favorisierten, goldenen Schuss gedrückt hätte, der ihr insgesamt als zu geringe Strafe vorkam und sie glaubte, dass sie dem kaum gerecht käme, wenn sie SO ging. Wie ein Feigling der sie war. Schmerzlos.

    "Von Leif?", lachte sie so dunkel und kalt und so überzeugend, dass die regelrechte Schadenfreude wie Säure über ihre Gesichtszüge floss. "Er hat mich insgesamt viel zu viel Zeit gekostet. Ich glaube, wenn der Sex auch nur halb so gut gewesen wäre, hätte ich mir das meiste davon gar nicht angetan. Sehen Sie, die Sache ist die: Wenn Sie wollen, dass ein Mann wie er Ihnen vertraut, müssen sie anfangen zu graben, müssen lernen, sich gerade weit genug zu öffnen dass er ihnen glaubt, am besten noch ein bisschen Dramaturgische Extras in die Geschichte einbauen und sie haben zumindest eine Basis, auf der sie arbeiten können. Leif war genau so professionell und distanziert, wie es hier jeder vor mir auch schon ausgesagt hat. Und definitiv einer der der am härtesten rum zu kriegen war. Ich gebe zu, zu Anfang waren wir wirklich nur befreundet. Haben einige, wirklich angenehme Tage in London verbracht nachdem er mich operiert hat. Aber auf der Hochzeit meines Bruders war mir schnell klar, dass er mich ficken will. Das ist mittlerweile keine Kunst mehr. Nicht, wenn sie ihr ganzes Leben lang als Testsubjekt in nicht-zugelassenen, spartanischen Kliniken verbringen, mit Drogen vollgestopft werden und mehr als genug Männer ihre entstandene Sucht knallhart ausnutzen und für Tabletten oder Spritzen wollen, dass sie vor ihnen auf die Knie gehen. Wenn sies so als wollen: Ich hatte gute Lehrer."
    Sie sprach nach wie vor kalt. Diese Halbwahrheiten, die sie gekonnt einstreute, ließen alle Anwesenden langsam nach und nach ein logisches Bild von dieser düsteren Vergangenheit malen, die es auf diese Weise nicht gegeben hatte. Nicht genau so, jedenfalls. Ihre Finger umspielten die Strähne, die an ihrem Gesicht lag.

    "Aber sparen wir uns die überdramatischen Details, richtig? Der hat mir definitiv Mittel gegeben. Relativ häufig sogar, aber nicht so oft, dass ich es als regelmäßig beschreiben würde. Was mit der Grund ist, weshalb sich diese...'Beziehung' kein bisschen mehr für mich lohnt. Aber wenn ihr furchtbar schlauer Kollege Talbot nun glaubt, dass er das freiwillig gemacht hätte, muss ich Ihn enttäuschen. Leif hat mir nie freiwillig und nie bei vollem Bewusstsein Mittel gegeben." Dabei grinste sie sogar leicht und so gehässig, dass es einem Wunder glich, dass sie dabei nicht längst selbst öffentlich brach. Vielleicht war das aber längst geschehen?


    Während Sjörgen so fassungslos zweifelte, offenbar selbst nicht sicher, was hiervon noch wahr sein konnte und was nicht, mischte Talbot sich erneut an. Sein Gesicht, sichtlich von einem Stirnrunzeln geschmückt, erhob er sich nicht, sondern sprach einfach in das Geschehen.
    "Wie bitte darf ich das verstehen, Miss Ascaiath? Nie freiwillig?"
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    Während Sjörgen so fassungslos zweifelte, offenbar selbst nicht sicher, was hiervon noch wahr sein konnte und was nicht, mischte Talbot sich erneut an. Sein Gesicht, sichtlich von einem Stirnrunzeln geschmückt, erhob er sich nicht, sondern sprach einfach in das Geschehen.
    "Wie bitte darf ich das verstehen, Miss Ascaiath? Nie freiwillig?"


    Ihr Kopf wandte sich von Sjörgen, die sie abfälliger denn je musterte, hinüber zu Talbot, der genauso wie fast alle anderen, insbesondere die Presse, ein riesen Interesse an diesem Fall entwickelte und aufmerksam zuhörte. Auch, wenn ihm die Tendenz eines Ausganges in diese Richtung alles andere als zusagen wollte. Ihm ging nicht gänzlich in den Kopf wie Luceija nun in dieses Schuldbild passen würde, aber nach und nach passten mehr Puzzleteile in dieses Sammelsorium.
    "Genau so wie ichs sage.", rotzte sie entsprechend frech vor die Füße des Staatsanwaltes, der sich erdreistet hatte etwas zu fragen, obwohl die Befragung doch bisher so wundervoll 'intim' gewesen war. "Ich schätze, ich war nicht hundertprozentig ehrlich bei dem, was ich gerade sagte. Wenn ich nur meine Fähigkeit, mich Männern anzubieten einsetzen würde, wäre ich heute vermutlich nicht hier wo ich bin.", zuckte sie gleichgültig mit ihren Schultern.
    Und damit sprach sie einen weiteren Punkt an, den einzigen vermutlich, der all das hier problemlos zu untermauern wusste. Dazu hätte sie folgendes vermutlich nicht tun müssen, öffnete aber dennoch in aller Ruhe jeweils den einen Knopf an ihrem Hemdsärmel und schlug diese dann, langsam und in aller Geduld, auf jeweils einer Seite nach oben, bis knapp überhalb ihrer Ellenbogenfalte. Die Tätowierung gab sie damit frei, die hier aber kein großes Interesse verbreiten würde. Etwas dagegen viel eher. Die dutzenden Stiche, die sie sichtbar an der Innenseite ihrer Ellenbogen zierten. Beide zeigte sie nach vorne, als wären sie Trophäen, als wären sie das Ergebnis unendlich langer Arbeit. "Sehen Sie, ich bin vermutlich das, was ihre Leute Junkie nennen. Ich habe alleine an meinen Armen mittlerweile so viele Einstiche, dass ich nicht mehr zählen kann, wie lange diese Sache wirklich geht. Und damit...kriege ich Leute wie Leif. Diese wohlbehüteten, gut erzogenen, perfekten, erfolgsorientierten Männer die alle, jeder von Ihnen, mindestens einen Knacks haben der kaum noch zu heilen ist. Und ja. Bei Leif war es leicht ihn in diese Welt mitzunehmen. Er hat Drogen von mir bekommen, noch lange bevor wir uns das erste Mal auf Proteus geküsst haben." Längst waren die Arme wieder unten und sie bedeckte sie mit derselben Gemächlichkeit wieder.
    Sie grinste und biss sich auf die Zungenspitze, begutachtete Leif, als wolle sie sich noch am Anblick eines längst getöteten Mannes weiden. "Nein, selbst hätte er das Zeug vermutlich nie genommen. Aber in kleinen Dosen von mir. Es ist, als würde man Ratten trainieren, Talbot. Sie verabreichen Drogen und vermitteln ihrem Ziel mit Nähe, gespielter Vertrautheit und sträflich grenzwertigem Sex, dass sie alles von einem bekommen was sie sich jemals erträumt hatten. Auf Omega macht man das ständig so, ist also nicht meine Idee, sondern eine geklaute. Irgendwann wird die Hemmschwelle geringer und man kann auch nach Dingen fragen, auf die zuvor noch unmöglich waren."
    Und dann, mit der ekelhaft dreisten Routine eines Drogenabhängigen mit unheimlich viel Erfahrung, äußerte sie routiniert, WAS und WANN sie es ihm gab. In einer berechnenden Eiseskälte, die sie selbst erschütterte. "Er hat regelmäßige Dosen von Medikamenten, diversen Uppern und Acid bekommen, in unterschiedlichen Dosen, eine einzelne sehr offensiv und vermutlich schon auf unbemerkten Entzugserscheinungen sogar selbst injiziert als er schon nicht mehr bemerkt hat was er tat - in Schweden, als wir in seiner Wohnung waren und ich mir Zugriff auf seinen, wenn auch nicht besonders großen Medikamentenschrank verschaffen konnte. Die anderen immer wieder verteilt. Ich hab improvisieren müssen, weil ich auf Proteus nicht an alle Mischungen kam.
    Tja. Meine Laborratte war Leif. Nichts für Ungut, Hübscher, aber du hättest es irgendwann schon raus bekommen."
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  17. #37
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    Ihr Kopf wandte sich von Sjörgen, die sie abfälliger denn je musterte, hinüber zu Talbot, der genauso wie fast alle anderen, insbesondere die Presse, ein riesen Interesse an diesem Fall entwickelte und aufmerksam zuhörte. Auch, wenn ihm die Tendenz eines Ausganges in diese Richtung alles andere als zusagen wollte. Ihm ging nicht gänzlich in den Kopf wie Luceija nun in dieses Schuldbild passen würde, aber nach und nach passten mehr Puzzleteile in dieses Sammelsorium.
    "Genau so wie ichs sage.", rotzte sie entsprechend frech vor die Füße des Staatsanwaltes, der sich erdreistet hatte etwas zu fragen, obwohl die Befragung doch bisher so wundervoll 'intim' gewesen war. "Ich schätze, ich war nicht hundertprozentig ehrlich bei dem, was ich gerade sagte. Wenn ich nur meine Fähigkeit, mich Männern anzubieten einsetzen würde, wäre ich heute vermutlich nicht hier wo ich bin.", zuckte sie gleichgültig mit ihren Schultern.
    Und damit sprach sie einen weiteren Punkt an, den einzigen vermutlich, der all das hier problemlos zu untermauern wusste. Dazu hätte sie folgendes vermutlich nicht tun müssen, öffnete aber dennoch in aller Ruhe jeweils den einen Knopf an ihrem Hemdsärmel und schlug diese dann, langsam und in aller Geduld, auf jeweils einer Seite nach oben, bis knapp überhalb ihrer Ellenbogenfalte. Die Tätowierung gab sie damit frei, die hier aber kein großes Interesse verbreiten würde. Etwas dagegen viel eher. Die dutzenden Stiche, die sie sichtbar an der Innenseite ihrer Ellenbogen zierten. Beide zeigte sie nach vorne, als wären sie Trophäen, als wären sie das Ergebnis unendlich langer Arbeit. "Sehen Sie, ich bin vermutlich das, was ihre Leute Junkie nennen. Ich habe alleine an meinen Armen mittlerweile so viele Einstiche, dass ich nicht mehr zählen kann, wie lange diese Sache wirklich geht. Und damit...kriege ich Leute wie Leif. Diese wohlbehüteten, gut erzogenen, perfekten, erfolgsorientierten Männer die alle, jeder von Ihnen, mindestens einen Knacks haben der kaum noch zu heilen ist. Und ja. Bei Leif war es leicht ihn in diese Welt mitzunehmen. Er hat Drogen von mir bekommen, noch lange bevor wir uns das erste Mal auf Proteus geküsst haben." Längst waren die Arme wieder unten und sie bedeckte sie mit derselben Gemächlichkeit wieder.
    Sie grinste und biss sich auf die Zungenspitze, begutachtete Leif, als wolle sie sich noch am Anblick eines längst getöteten Mannes weiden. "Nein, selbst hätte er das Zeug vermutlich nie genommen. Aber in kleinen Dosen von mir. Es ist, als würde man Ratten trainieren, Talbot. Sie verabreichen Drogen und vermitteln ihrem Ziel mit Nähe, gespielter Vertrautheit und sträflich grenzwertigem Sex, dass sie alles von einem bekommen was sie sich jemals erträumt hatten. Auf Omega macht man das ständig so, ist also nicht meine Idee, sondern eine geklaute. Irgendwann wird die Hemmschwelle geringer und man kann auch nach Dingen fragen, auf die zuvor noch unmöglich waren."
    Und dann, mit der ekelhaft dreisten Routine eines Drogenabhängigen mit unheimlich viel Erfahrung, äußerte sie routiniert, WAS und WANN sie es ihm gab. In einer berechnenden Eiseskälte, die sie selbst erschütterte. "Er hat regelmäßige Dosen von Medikamenten, diversen Uppern und Acid bekommen, in unterschiedlichen Dosen, eine einzelne sehr offensiv und vermutlich schon auf unbemerkten Entzugserscheinungen sogar selbst injiziert als er schon nicht mehr bemerkt hat was er tat - in Schweden, als wir in seiner Wohnung waren und ich mir Zugriff auf seinen, wenn auch nicht besonders großen Medikamentenschrank verschaffen konnte. Die anderen immer wieder verteilt. Ich hab improvisieren müssen, weil ich auf Proteus nicht an alle Mischungen kam.
    Tja. Meine Laborratte war Leif. Nichts für Ungut, Hübscher, aber du hättest es irgendwann schon raus bekommen."



    "Ach-...Ist das so?", erkundigte sich Talbot mürrisch und blickte zu Svensson hinüber. Er wollte diese Aussage zu gerne prüfen, aber viel Bereitschaft würde der Schwede kaum zeigen. Oder?
    "Wenn wir Doktor Svensson also jetzt Blut abnehmen, würden wir e-...", teilte er seine Idee dennoch mit allen Anwesenden, doch Alicia unterbrach ihn.
    "Sie werden gar nichts tun, Talbot!", giftete sie ungehalten und sah augenblicklich zu van Oostven. Ein Leidtragender, in diesem außergewöhnlichen Prozess. Die Schwedin wollte kaum an seiner Stelle sein, um spätere Entscheidungen zu treffen. Doch noch weniger wollte sie mit ihrem Freund tauschen.
    "Ehrenwerter Vorsitz, ich beantrage eine Probe des, sicher noch in Teilen vorhandenen Blutes meines Mandanten auf Proteus. Wenn Sie erlauben, würde ich gerne meinen Kollegen Aberg beauftragen, die Anlage zu kontaktieren. Das dortige Fachpersonal besitzt die beste Ausrüstung und eine Antwort dürfte innert Minuten folgen. Sind Sie damit einverstanden?"
    Van Oostven suchte keinen direkten Rat bei seinem Staatsanwalt, der sichtlich an Boden verloren hatte und seufzte stattdessen. Vielsagend, aber doch Neutralität wahrend.
    "Bitte, kümmern Sie sich darum. Die Ergebnisse sind mir selbst mitzuteilen, nennen Sie dem dortigen Team die Frequenz, sodass es jeder hier hören kann."
    AeiaCarol ist offline

  18. #38
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    "Ach-...Ist das so?", erkundigte sich Talbot mürrisch und blickte zu Svensson hinüber. Er wollte diese Aussage zu gerne prüfen, aber viel Bereitschaft würde der Schwede kaum zeigen. Oder?
    "Wenn wir Doktor Svensson also jetzt Blut abnehmen, würden wir e-...", teilte er seine Idee dennoch mit allen Anwesenden, doch Alicia unterbrach ihn.
    "Sie werden gar nichts tun, Talbot!", giftete sie ungehalten und sah augenblicklich zu van Oostven. Ein Leidtragender, in diesem außergewöhnlichen Prozess. Die Schwedin wollte kaum an seiner Stelle sein, um spätere Entscheidungen zu treffen. Doch noch weniger wollte sie mit ihrem Freund tauschen.
    "Ehrenwerter Vorsitz, ich beantrage eine Probe des, sicher noch in Teilen vorhandenen Blutes meines Mandanten auf Proteus. Wenn Sie erlauben, würde ich gerne meinen Kollegen Aberg beauftragen, die Anlage zu kontaktieren. Das dortige Fachpersonal besitzt die beste Ausrüstung und eine Antwort dürfte innert Minuten folgen. Sind Sie damit einverstanden?"
    Van Oostven suchte keinen direkten Rat bei seinem Staatsanwalt, der sichtlich an Boden verloren hatte und seufzte stattdessen. Vielsagend, aber doch Neutralität wahrend.
    "Bitte, kümmern Sie sich darum. Die Ergebnisse sind mir selbst mitzuteilen, nennen Sie dem dortigen Team die Frequenz, sodass es jeder hier hören kann."


    Kaum fünf Minuten dauerte dieses gesamte Vorhaben. Aberg war aufgestanden, hatte den Saal routiniert verlassen und Leif mit seiner Verteidigerin alleine gelassen. Er führte dort wohl ein Telefonat, dass ihn entsprechend weiterleitete, vergab einen Auftrag, hinterließ die Frequenz des Saales, die, die der Richter empfangen würde, und trat wenig später wieder ein. Dort sitzend war die aufgekeimte Wartezeit ein wahres Nervenspiel. Eines, dass sie weiter tapfer mitspielte, jeden Blick auf ihren..ja, ihren Leif vermied und stattdessen die Arme vor der Brust verschränkte, sich locker zurücklehnend und mit einem Schuh gepresst gegen das Holz der Kanzel, sodass es ein Leichtes war, sich auf dem Stuhl hin und her zu drehen, als habe sie größte Langeweile. "Wird das hier noch lange dauern? Ich bin davon ausgegangen, dass wir diese Zeitverschwendung damit hinter uns hätten." "In Ihrer Position, Miss Ascaiath, sollten sie äußerst vorsichtig sein." Die Sizilianerin ließ es sein. Nicht, ohne zu seufzen.

    Wenig später klingelte der Anschluss an Van Oostveens Pult. Er besah die Anwälte und hob schließlich ab. "Ja, Van Oostveen.", perfektionierte er die Aussprache seines Niederländischen Namens, "In Ordnung. Ja. In der Tat? Uh-huh. Einen Moment, ich schalte sie um auf Lautsprecher." Er hielt kurz die Pausetaste, wandte sich an die Anwesenden, "Wir hören den Anruf aus dem Labor aus C-Darwin." Dann piepte es kurz und über die Anlage war die Stimme eines Mannes zu hören. Offenbar die Vertretung der Vertretung der Vertretung. "Guten Tag - ich habe die von Ihnen vorliegenden Laborergebnisse und einen Befund, der mit ihren Vermutungen übereinstimmt. Es befinden sich definitiv Nachweise von Rauschmitteln in Doktor Svenssons Proben." Insbesondere Alicia und Aberg lies diese bestätigte Tatsache siegessicher japsen. Erstere stellte die Frage an Ascaiath bevor der Mann am Telefon aussprechen konnte, was es war. "Dann erleuchten Sie uns doch, Miss Ascaiath. Welche Mittel sind es, die man bei Leif finden konnte, huh? Was haben Sie ihm verabreicht?"
    Und Luceija starrte Sjörgen an. Dann Leif. Hob die Brauen sanft. Und antwortete dann wieder mit der Sicherheit einer Frau, die sich mit Rauschmitteln nur zu gut auskannte. "Ein Gemisch aus jeweils zwei Anteilen Sereaphamin und Lysergsäurediethylamid und einem Anteil Rrin-Kalosh-Pulver, aufgelöst, verdickt mit einer Zuckerlösung aus..naja. Wasser und nem Zuckerwürfel."
    Stille herrschte. Entsetzten herrschte. Und dann antwortete der Mann am Anschluss, irgendwo so fern ab auf Proteus, "Besser hätte ich es nicht zusammenfassen können. Stimmt absolut überein."
    Und nicht nur Luceija würde wissen, was es war. Denn ihre Lüge war aus diesem einen Mal gemeinsamen Drogenkonsums in Leifs schwedischem Haus entstanden. Sie, die auf seinem Schoss saß, in dem selben Kleid, dass sie auch schon auf der Hochzeit ihres Bruders trug, seine Arme um ihre Hüfte schlang und ihm genau diese Mittel ins Ohr flüsterte. Ihre Wunschauswahl. Das, was er besorgte. Für diesen, vermeintlich letzten, Trip zu zweit. Der, der nun bestätigte und untermauerte, was sie sich als großes Lügenkonstrukt zusammengebaut hatte. Und vermutlich selbst Leif nicht mehr wissen ließ, was genau davon nun Realität und was Fiktion war.
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  19. #39
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Van Oostven schloss die Beweisaufnahme, seinen Hammer nutzend und damit ein schieres Kapitel voller Widerlichkeiten. Alicia atmete aus. Die Schwedin hatte sich zwischenzeitlich gesetzt, erhob sich aber unmittelbar nach dem Geräusch wieder, das Leif neben ihr merklich zucken ließ. Er war wohl das, was man apathisch nannte. Ohne einen Blick nach vorn. Ohne jedes Interesse an den übrigen Anteilen dieser Verhandlung.
    "Ehrenwerter Vorsitz, ich bitte um einen abschließenden Kommentar und möchte stattdessen auf ein großangelegtes Plädoyer verzichten. Ich denke-...Wir alle sind zu aufgewühlt, um noch die richtigen Worte zu finden."
    "Was immer Sie für richtig halten, Miss Sjörgen.", kommentierte der Richter ermüdet, hatte er immerhin kaum die Verbindung kappen können, bevor die Blondine ihn schon um Erlaubnis bat. Es war dieser Moment einer endgültigen Entscheidung aller im Raum. Und der Moment eines Umbruchs.
    "Ich denke wir alle-...", begann Alicia und schritt durch den Raum, Luceijas Blick meidend, "Haben in diesem Prozess ein auf- und ab der Gefühle erlebt. Wenn auch nicht selbst betroffen, dafür aber nicht nur als Anwältin, sondern auch Freundin hier, möchte ich meine Erschütterung über die Wendung dieses Verfahrens ausdrücken. Ich möchte jedoch auch jeden einzelnen in diesem Raum, vom ehrenwerten Vorsitz, über die Geschworenen, bis hin zur Presse und den Zuschauern an die Person erinnern, die hier vorne noch immer als Angeklagter sitzt. Sicher kein gänzlich unschuldiger Mann, der auch zweifellos falsch gehandelt hat, als er sich Miss Ascaiath anvertraut und angenähert hat, aber bedenken Sie was ihn neben diesem EINZIGEN Fehler ausmacht. Er ist ein beispielloser Arzt, auf dem Höhepunkt einer Karriere, die vielleicht einem von IHNEN irgendwann das Leben rettet. Und die sogar der Frau das Leben rettete, die einen Teil meines Mandanten jetzt sicherlich zerstört hat. Ganz und gar skrupellos.", beendete sie vorerst, blieb exakt in diesem Moment stehen und musterte Luceija. Wie das, was wohl viele im Raum in ihr jetzt sahen.
    "Ich beantrage unmissverständlich einen Freispruch für meinen Mandanten, euer Ehren, verehrte Geschworene. Der Fehler, sich in die falsche Frau zu verlieben, darf nicht auch noch eine ganze Existenz zerstören. Wenigstens nicht die von Doktor Svensson. Stattdessen schlage ich einen Rollentausch vor. Dieses Mal auf der Anklagebank, Miss Ascaiath, die sich zweifellos mehrerer, schwerer Straftaten, unter anderem aber der Körperverletzung und der Nötigung schuldig gemacht hat. Wer weiß, was Sie noch alles finden, wenn Sie nur halb so tief graben, wie bei meinem Mandanten, Staatsanwalt Talbot."
    Luceija mit den Augen loslassend, neigte die Schwedin den Kopf in Richtung der Gegenseite und hob die Braue, als habe sie dieses Schnippchen gerade völlig allein geschlagen.
    "Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, werte Herrschaften."

    AeiaCarol ist offline

  20. #40
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    Van Oostven schloss die Beweisaufnahme, seinen Hammer nutzend und damit ein schieres Kapitel voller Widerlichkeiten. Alicia atmete aus. Die Schwedin hatte sich zwischenzeitlich gesetzt, erhob sich aber unmittelbar nach dem Geräusch wieder, das Leif neben ihr merklich zucken ließ. Er war wohl das, was man apathisch nannte. Ohne einen Blick nach vorn. Ohne jedes Interesse an den übrigen Anteilen dieser Verhandlung.
    "Ehrenwerter Vorsitz, ich bitte um einen abschließenden Kommentar und möchte stattdessen auf ein großangelegtes Plädoyer verzichten. Ich denke-...Wir alle sind zu aufgewühlt, um noch die richtigen Worte zu finden."
    "Was immer Sie für richtig halten, Miss Sjörgen.", kommentierte der Richter ermüdet, hatte er immerhin kaum die Verbindung kappen können, bevor die Blondine ihn schon um Erlaubnis bat. Es war dieser Moment einer endgültigen Entscheidung aller im Raum. Und der Moment eines Umbruchs.
    "Ich denke wir alle-...", begann Alicia und schritt durch den Raum, Luceijas Blick meidend, "Haben in diesem Prozess ein auf- und ab der Gefühle erlebt. Wenn auch nicht selbst betroffen, dafür aber nicht nur als Anwältin, sondern auch Freundin hier, möchte ich meine Erschütterung über die Wendung dieses Verfahrens ausdrücken. Ich möchte jedoch auch jeden einzelnen in diesem Raum, vom ehrenwerten Vorsitz, über die Geschworenen, bis hin zur Presse und den Zuschauern an die Person erinnern, die hier vorne noch immer als Angeklagter sitzt. Sicher kein gänzlich unschuldiger Mann, der auch zweifellos falsch gehandelt hat, als er sich Miss Ascaiath anvertraut und angenähert hat, aber bedenken Sie was ihn neben diesem EINZIGEN Fehler ausmacht. Er ist ein beispielloser Arzt, auf dem Höhepunkt einer Karriere, die vielleicht einem von IHNEN irgendwann das Leben rettet. Und die sogar der Frau das Leben rettete, die einen Teil meines Mandanten jetzt sicherlich zerstört hat. Ganz und gar skrupellos.", beendete sie vorerst, blieb exakt in diesem Moment stehen und musterte Luceija. Wie das, was wohl viele im Raum in ihr jetzt sahen.
    "Ich beantrage unmissverständlich einen Freispruch für meinen Mandanten, euer Ehren, verehrte Geschworene. Der Fehler, sich in die falsche Frau zu verlieben, darf nicht auch noch eine ganze Existenz zerstören. Wenigstens nicht die von Doktor Svensson. Stattdessen schlage ich einen Rollentausch vor. Dieses Mal auf der Anklagebank, Miss Ascaiath, die sich zweifellos mehrerer, schwerer Straftaten, unter anderem aber der Körperverletzung und der Nötigung schuldig gemacht hat. Wer weiß, was Sie noch alles finden, wenn Sie nur halb so tief graben, wie bei meinem Mandanten, Staatsanwalt Talbot."
    Luceija mit den Augen loslassend, neigte die Schwedin den Kopf in Richtung der Gegenseite und hob die Braue, als habe sie dieses Schnippchen gerade völlig allein geschlagen.
    "Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, werte Herrschaften."


    "Miss Ascaiath, ich entlasse Sie hiermit noch aus dem Zeugenstand, setzen Sie sich nach hinten, bitte.", kam die Bitte oder eher die milde Aufforderung des Richters Van Oostveen, der dank Sjörgen gar keine Chance hatte die Zeugin zu entlassen. Erst jetzt, als Sjörgen im Grunde ist Plädoyer vorgezogen hatte, nahm er sich diesen Moment und Luceija stand auf wackelige Füße. Sie lief langsam. Nicht, weil sie ihren Zustand irgendwie darstellen wollte, dazu hatte sie eine viel zu differenzierte Haltung bewahrt, hatte ihren Kopf zu weit nach oben gereckt, ihren Blick zu dunkel und zu erkühlt werden lassen um diesen Eindruck noch zu vermitteln. Aber sie lief langsam, weil ihr Körper begann auf eine so fürchterliche Art und Weise zu schmerzen, dass sie am liebsten geschrieen hätte. Sie hangelte sich auf den hohen Schuhen bedacht an Sjörgen vorbei und war viel zu schnell auf der Höhe von Leif, auf welcher sie ihm einen sehr kurzen, aber deutlich weicheren Blick zuwarf, bevor Aberg ihn traf und sie ihm kurz zunickte, als habe er auf dem Weg zum Platz irgendetwas zu ihr gesagt. Setzte sich, schwer und ausgelaugt, auf den einzelnen Platz am Gang, ganz außen, nicht mal neben ihrem Bruder und dem Rest ihrer Familie. Denn die Scham saß tief. Und ihr Erklärungsbedarf bestand quasi nicht.

    "Nundenn...wir sind am Ende der Verhandlung angelangt. Ich bitte Sie, Staatsanwalt Talbot, um ihr Schlussplädoyer."

    Talbot stand auf. Seine Siegessicherheit, die vorab noch beim Zerreißen Doktor Svenssons entstanden war, war irgendwann inmitten der Aussage Luceijas verflogen - gerade die, bei der er geglaubt hatte ein Opfer, ein buchstäbliches Opfer, vor sich zu haben. Aber offenbar war sie keines, denn ihre Worte waren tatsächlich Wasserdicht.

    "Meine Damen und Herren, verehrte Geschworene, werte Kollegen, Euer Ehren.

    Ich muss mich, wenigstens in Teilen, meiner Kollegin Alicia Sjörgen anschließen. Am heutigen Tag haben wir eine absolute Berg und Talfahrt erlebt. Der hier Angeklagte Doktor Svensson hat sich quer durch die Hauptverhandlung, die wir an zwei Tagen hier erleben durften, nicht von Anfang an sonderlich glaubwürdig gemacht. Er gab zu, dass er sich in seine, ihm in ein Vertrauensverhältnis gegebene Patientin, Miss Luceija Ascaiath, verliebte und sich ihr schließlich, nach dem weiterentwickeln einer scheinbaren Freundschaft, Avancen auf der Hochzeit ihres Bruders machte und dort im ansässigen Weinkeller mit ihr schlief. Man mochte es als einmaligen 'Fehler' darstellen und das hätte man ihm vermutlich verziehen. Allerdings begab er sich in eine sehr prekäre Situation, indem er die Beziehung mit der hier erwähnten Miss Ascaiath weiterführte, wobei er ein erstes Mal log. Nun jedoch sind wir darauf aufmerksam gemacht geworden, dass es nicht allein SEIN zutun war, sondern Miss Ascaiath bewusst dafür sorgte, dass Doktor Svensson ein unangebrachtes Vertrauensverhältnis zu ihr aufbaute, ihn mit der heimlichen Verabreichung von verschiedenen, nicht-zugelassenen Rauschmitteln von sich abhängig machte und schließlich zu mehrmaligem Sex verführte, wovon mindestens einer auch seinen Weg auf ein anzügliches Video schaffte, mit welchem sie ihm womöglich drohen wollte. Ihre Absicht war es, als offensichtlich Drogensüchtige, eine permanente Quelle für ihren Rauschgiftkonsum zu finden. Und ich gebe zu, es mangelt mir an diesem Punkt wahrlich an Worten. Ich bin schockiert, wie abstoßend, egozentrisch und herzlos diese Frau agiert und kann nur hoffen, dass der Großteil ihres Verhaltens tatsächlich von Ihrer Drogenabhängigkeit rührt. Ihnen, Miss Ascaiath, rate ich daher, dass Sie sich dringend - und zwar äußerst dringend - in eine intensive, psychologische Behandlung begeben - bezweifle allerdings, dass es irgendeinen anderen Mann vor ihren perfiden Versuchen schützen wird. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie nach dieser Verhandlung, die mich nicht befugt gegen Sie vorzugehen, eine, wie Miss Sjörgen bereits andeutete, eigene Anklage erwartet. Höchst wahrscheinlich unter anderem wegen illegalen Drogenbesitzes und Körperverletzung.

    Um aber nochmals auf Doktor Svennson zurück zu kommen: In meinen Augen, und da unterscheidet sich meine Meinung von der Ihrer Verteidigerin, können Sie nicht ganz schadlos aus dieser Verhandlung gehen und ich erkläre Ihnen auch warum: Ja, sie wurden offensichtlich von einer Betrügerin ausgenutzt. Ja, ich habe tatsächliches Mitleid mit Ihnen und wünsche niemandem diese Behandlung. Und Ja, Sie sind zweifelsohne ein sehr fähiger, wenn auch zu arroganter Arzt, der bereits sehr viele Auszeichnungen erhielt, einen exzellenten Ruf besitzt und zudem von vielen Mitarbeitern und Patienten Vertrauen genießt. ABER sie haben dennoch Ihre Pflicht verletzt, indem Sie Verkehr mit ihr hatten. Ich bitte die Geschworenen der Ethikkommision seinen Fehltritt als solchen auch anzuerkennen, die Ärztekammer wird dies tun. Ich beantrage daher im Namen der internationalen Ärztekammer der Erde, Doktor Svensson zu einem temporären Entzug seiner Approbation als Chirurg und Anästhesist für 3 Jahre zu verurteilen, eine Zeit, in welcher er sich Gedanken über seinen Fehler und, vermutlich, auch sein restliches Leben machen kann. Vielen Dank."
    Luceija ist offline

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