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Mutig und selbstlos
setzte er sich für die gerechte Sache ein, die Widrigkeiten, die ihm entgegenschlugen, nicht weiter achtend. Einzig das Wohl der Menschen lag ihm am Herzen und so weiter...
Mal ganz unter uns. Wie kommt man als Historiker nur dazu, gewisse historische Personen als noble Helden darzustellen, die rein und ohne Makel für die gute Sache ihr Leben in die Wagschale geworfen haben? Ich hatte gedacht, führende Historiker auf ihrem Gebiet können auf solche Kniffe verzichten. Ist man hier bemüht, den Leser bloß nicht zu überfordern, durch Sympathie Interesse zu erzeugen, weil die Sache selbst den deutschen Michel schnell langweilen wird? Wesswegen man auch deutlich betonen muss, das manch eine historische Persönlichkeit keine akademische Bildung hatte und eher praxisorientiert dachte und handelte, oder, wie ich eben gelesen habe "mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben ist".
Eben lese ich ein Buch über die Weimarer Republik und bin nun überzeugt, dass Friedrich Eber nicht weniger als ein Heiliger war.
Ich selber fremdel sehr mit dieser Art, Geschichte zu vermitteln, das sollte aus meinem Text hervorgegangen sein. Aber vielleicht gefällt ja dem Einen oder Anderen diese Weise, die Vergangenheit zu betrachten? Meine Schwester spricht gerne davon, dass derlei Bücher ihr nicht so trocken seien.
Wie ist das bei euch? Zieht ihr die nüchternen Fakten sinnvoll kombiniert dem personenorientierten Erzählstil vor? Oder tendiert ihr eher in die andere Richtung, oder gar eine ganz Andere? Erzählt doch mal.
„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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Zitat von Seelenschnitte
setzte er sich für die gerechte Sache ein, die Widrigkeiten, die ihm entgegenschlugen, nicht weiter achtend. Einzig das Wohl der Menschen lag ihm am Herzen und so weiter...
Mal ganz unter uns. Wie kommt man als Historiker nur dazu, gewisse historische Personen als noble Helden darzustellen, die rein und ohne Makel für die gute Sache ihr Leben in die Wagschale geworfen haben? Ich hatte gedacht, führende Historiker auf ihrem Gebiet können auf solche Kniffe verzichten. Ist man hier bemüht, den Leser bloß nicht zu überfordern, durch Sympathie Interesse zu erzeugen, weil die Sache selbst den deutschen Michel schnell langweilen wird? Wesswegen man auch deutlich betonen muss, das manch eine historische Persönlichkeit keine akademische Bildung hatte und eher praxisorientiert dachte und handelte, oder, wie ich eben gelesen habe "mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben ist".
Eben lese ich ein Buch über die Weimarer Republik und bin nun überzeugt, dass Friedrich Eber nicht weniger als ein Heiliger war.
Ich selber fremdel sehr mit dieser Art, Geschichte zu vermitteln, das sollte aus meinem Text hervorgegangen sein. Aber vielleicht gefällt ja dem Einen oder Anderen diese Weise, die Vergangenheit zu betrachten? Meine Schwester spricht gerne davon, dass derlei Bücher ihr nicht so trocken seien.
Wie ist das bei euch? Zieht ihr die nüchternen Fakten sinnvoll kombiniert dem personenorientierten Erzählstil vor? Oder tendiert ihr eher in die andere Richtung, oder gar eine ganz Andere? Erzählt doch mal.
wenn du herdot durch hast weisst duw as alles als historkier zählt
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„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
Geändert von Seelenschnitte (16.09.2018 um 10:59 Uhr)
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Zitat von Seelenschnitte
setzte er sich für die gerechte Sache ein, die Widrigkeiten, die ihm entgegenschlugen, nicht weiter achtend. Einzig das Wohl der Menschen lag ihm am Herzen und so weiter...
Es soll Gegenden geben, da findet der örtliche Historiker solche Worte z.B. für Jesse James...
Zu Deiner Frage: Ich kann beidem etwas abgewinnen: Dem Bemühen um Objektivität und Sachlichkeit ebenso, wie dem Versuch, Geist und Kolorit einer Epoche wieder zum Leben zu erwecken. Ich denke, hier zu differenzieren kann dem Leser schon abverlangt werden.
Edit: O.k., Deine Ebert-Beispiele scheint wirklich ein waschechter Fanboy verfasst zu haben. Fehlt nur noch ein Interview, in dem er erklärt: "Bitte kauft mein Buch, denn ich brauche das Geld für eine Zeitmaschine (und ggf. eine Geschlechtsumwandlung), denn ich will unbedingt ein Kind von Ebert. Ich habe sogar eine Serenade dafür geschrieben. (singt) Friederich, erhöre mich! Friederich, ich liebe dich! (Ende Gesang). Und hier, sehen sie sich mal meine Tätowierung an...".
Mit freundlicher Genehmigung von Casablonga
Geändert von Drachenei (16.09.2018 um 11:13 Uhr)
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Zitat von Drachenei
Es soll Gegenden geben, da findet der örtliche Historiker solche Worte z.B. für Jesse James...
Zu Deiner Frage: Ich kann beidem etwas abgewinnen: Dem Bemühen um Objektivität und Sachlichkeit ebenso, wie dem Versuch, Geist und Kolorit einer Epoche wieder zum Leben zu erwecken. Ich denke, hier zu differenzieren kann dem Leser schon abverlangt werden.
Wenn es denn wenigstens der Kolorit der behandelten Epoche wäre, dann könnte ich mich auch damit anfreunden. Aber wenn einfach nur ein freundliches Adjektiv, wie "standhaft" oder "bodenständig", vor jede Erwähnung des Namens des gefeierten Helden zu setzen, scheint mir auch daran vorbei zu führen.
Aber ich möchte dir nochmal beipflichten. Wenn es dem Autor gelingt, den Geist der beschriebenen Epoche lebendig in sein Buch übertragen kann, dann ist dies auch mir sehr lieb und teuer.
Thiery Lentz beispielsweise scheint mir das in seinem Buch über den Wiener Kongress ganz gut gelungen zu sein.
Im Grunde missfällt mir also nicht diese Absicht, sondern nur eine miserable Ausführung derselben.
„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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Zitat von Seelenschnitte
Wenn es denn wenigstens der Kolorit der behandelten Epoche wäre, dann könnte ich mich auch damit anfreunden. Aber wenn einfach nur ein freundliches Adjektiv, wie "standhaft" oder "bodenständig", vor jede Erwähnung des Namens des gefeierten Helden zu setzen, scheint mir auch daran vorbei zu führen.
Aber ich möchte dir nochmal beipflichten. Wenn es dem Autor gelingt, den Geist der beschriebenen Epoche lebendig in sein Buch übertragen kann, dann ist dies auch mir sehr lieb und teuer.
Thiery Lentz beispielsweise scheint mir das in seinem Buch über den Wiener Kongress ganz gut gelungen zu sein.
Im Grunde missfällt mir also nicht diese Absicht, sondern nur eine miserable Ausführung derselben.
Sie lädt jedenfalls dazu ein, dem Autoren einen Telefonstreich zu spielen: "Hallo, hier ist Friedrich Ebert. Ihre herzlichen Worte haben mich von den Toten erweckt. Wollen wir uns mal auf nen Kaffee treffen? Ich kenne da ein romantisches Lokal mit sauberen Toiletten, nicht weit von meinem Hotel...".
Mit freundlicher Genehmigung von Casablonga
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„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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Zitat von Seelenschnitte
Mal ganz unter uns. Wie kommt man als Historiker nur dazu, gewisse historische Personen als noble Helden darzustellen, die rein und ohne Makel für die gute Sache ihr Leben in die Wagschale geworfen haben? Ich hatte gedacht, führende Historiker auf ihrem Gebiet können auf solche Kniffe verzichten. Ist man hier bemüht, den Leser bloß nicht zu überfordern, durch Sympathie Interesse zu erzeugen, weil die Sache selbst den deutschen Michel schnell langweilen wird?
Das ist keine Neuheit, sondern war lange Zeit "State of th Art", erst in den letzten drei Jahrzehnten hat da in der Forschung ein allmähliches Umdenken stattgefunden. Aber es wird wohl noch fast ein halbes Jahrhundert dauern, bis sich Geschichtsstudenten nicht mehr mit so einen Scheiss als Sekundärliteratur in ihrer Bibliothek angeboten bekommen
Zitat von Seelenschnitte
Eben lese ich ein Buch über die Weimarer Republik und bin nun überzeugt, dass Friedrich Eber nicht weniger als ein Heiliger war.
Wer soltle es auch wagen an einem Mann zu zweifeln der mit rechten Freikorps breitwillig kooperierte?
Zitat von Seelenschnitte
Ich selber fremdel sehr mit dieser Art, Geschichte zu vermitteln, das sollte aus meinem Text hervorgegangen sein. Aber vielleicht gefällt ja dem Einen oder Anderen diese Weise, die Vergangenheit zu betrachten? Meine Schwester spricht gerne davon, dass derlei Bücher ihr nicht so trocken seien.
Es hat wohl weniger damit zu tun, dass es sich besser verkauft, als vielmehr damit das es einfach einfacher ist, so zumindest meine Meinung. Es ist halt wesentlich einfacher sich Quellen heraus zu suchen, die ein bestimmtes Meinungsmuster vertreten, und diese unreflektiert nachzlabern, als tatsächlich ein möglich breites Meinungsspektrum zu recherchieren, diese kritisch zu analysieren und zu vergleichen und erst dann zu versuchen darauß bestimmte Erkenntnisse darauß abzuleiten.
Zitat von Seelenschnitte
Wie ist das bei euch? Zieht ihr die nüchternen Fakten sinnvoll kombiniert dem personenorientierten Erzählstil vor? Oder tendiert ihr eher in die andere Richtung, oder gar eine ganz Andere? Erzählt doch mal.
Ich mag den kritisch-wissenschaftlichen Stil, dieser darf gerne auch mal parteiisch werden, je nach Thema. Allerdings sollte dann dennoch immer auch die anderen Meinungsspektren wenigstens erwähnt werden und begründet werden warum man zu einer bestimmten Seite tendiert.
Oder um es einfach zu sagen: Ich mag es wenn wissenschaftliche Werke ihrem wissenschaftlichen Anspruch auch gerecht werden
Und wie schon gesagt, dass hängt immer vom Thema ab. Eine absolut "neutrale" Sichtweise kann bei manchen Themen fatal sein (z.B. bei vielen Diktaturen und Angriffskriegen), bei anderem fast schon Pflicht und bei manchen Themen scheinbar fast unmöglich (z.B. ist mir noch kein wirklich neutrales Buch zu Alexander dem Großen untergekommen, entweder er wird als blutrünstiger Teenie mit einem Haufen Glück dargestellt oder aber als "biggest man on human history").
Geändert von Alo (16.09.2018 um 15:05 Uhr)
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@ Alo
Das ist keine Neuheit, sondern war lange Zeit "State of th Art", erst in den letzten drei Jahrzehnten hat da in der Forschung ein allmähliches Umdenken stattgefunden. Aber es wird wohl noch fast ein halbes Jahrhundert dauern, bis sich Geschichtsstudenten nicht mehr mit so einen Scheiss als Sekundärliteratur in ihrer Bibliothek angeboten bekommen
Tatsächlich? Ich habe freilich davon gehört, dass man früher gerne römisch/deutschen Kaisern vorgeworfen hat die Interessen der deutschen Nation für italienische Träumereien verraten zuhaben. Also die Geschichte auf Bezug zu dem preisenswerten preußisch/deutschen Nationalstaat hin bewertet und verbogen hat. Aber was du mir sagst, dies ist mir noch nicht unter die AUgen gekommen. Und ich habe etwa 40 Bücher verschiedenster Historiker. Sollten die alle so neu sein? Ich habe da nie so drauf geachtet, aber jetzt fällt es mir auch auf. Die Älteren sind schon ein wenig einseitig, aber ch hatte das eher auf den starken biographischen BEzug zu der Historischen Person, von der das Buch ja auch handeln sollte, zurück geführt.
Auch wenn Amazon mir immer wieder ein entsprechendes Abo andrehen will, ich bin kein Student. Was ist denn bitte Sekundärliteratur? Literatur, produziert von Historikern, während Primärliteratur Quellen aus der zu erforschenden Zeit ist? So reime ich mir das jedenfalls zusammen, aber wo du schon mal da bist, würd ich mir gerne Klarheit vom Geschichtsstudent verschaffen (lassen).
Wer soltle es auch wagen an einem Mann zu zweifeln der mit rechten Freikorps breitwillig kooperierte?
Aber er hatte doch die ehrenwertesten Gründe dafür, also geht das schon in Ordnung.
Es hat wohl weniger damit zu tun, dass es sich besser verkauft, als vielmehr damit das es einfach einfacher ist, so zumindest meine Meinung. Es ist halt wesentlich einfacher sich Quellen heraus zu suchen die ein bestimmtes Meinungsmuster vertreten heraus zu suchen und diese unreflektiert nachzlabern, als tatsächlich ein möglich breites Meinungsspektrum zu recherchieren, diese kritisch zu analysieren und zu vergleichen und erst dann zu versuchen darauß bestimmte Erkenntnisse darauß abzuleiten.
Diese Erklärung lässt mich hoffen, dass der Mensch noch irgendwann mal etwas Anderes und Neues, als den Kapitalismus, entwickeln wird. Wenn die Trägheit über die Gier triumphieren kann, ist die Menschheit noch nicht verloren.
„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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Also wenn es um Geschichtsliteratur geht, kann ich tatsächlich beides gut ab. Der eher polemische Stil mag oft vereinfachend und vorurteilsbehaftet sein, aber hat seinen unterhaltsamen Reiz. Nicht zuletzt, weil mich die individuelle oder auch epochenabhängige Bewertung historischer Ereignisse faszinert und amüsiert. Auf der einen Seite lerne ich so nicht nur was über die Ereignisse über die Geschrieben wird, sondern auch über den Geist jener, die Schrieben. Im Vergleich mit anderen Texten kann ich erkennen, was der Autor oder Zeitgeist als unwichtig erachtete und fallen lies, worauf er seinen Fokus legte was heute aber vielleicht eher unwichtig erscheint... es ist alles in allem eine interessante Basis, wenn es darum geht, den Inhalt der jeweiligen Literatur miteinander zu vergleichen.
Außerdem hat es immer etwas von einem Krimi, 'freiere' Geschichtsliteratur mit einer vorsichtigen Linse zu lesen, sich im Hinterkopf zu denken was der Autor da vermitteln will und warum. Nicht selten geht es ja um die heroisierung oder entschuldigung Geschichtlicher Ereignisse, um die eigenen Nation im guten Licht datstehen zu lassen. Grade wenn es an die antike Geschichtsliteratur mit ihrem eigenwilligen Verständnis von Geschichte geht wird es da spannend.
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nomina nuda tenemus
Zitat von Seelenschnitte
Was ist denn bitte Sekundärliteratur? Literatur, produziert von Historikern, während Primärliteratur Quellen aus der zu erforschenden Zeit ist? So reime ich mir das jedenfalls zusammen, aber wo du schon mal da bist, würd ich mir gerne Klarheit vom Geschichtsstudent verschaffen (lassen).
Ja, Primärliteratur sind zum Zeitpunkt der Geschehnisse entstandene Werke. Sekundärliteratur sind später entstandene Schriften, die die Primärliteratur (und andere Quellen wie archäologische, numismatische, genealogische und viele weitere) interpretieren.
Sprichst du zufällig über Horst Möllers "Weimar: die unvollendete Demokratie"? 1985 erstmals veröffentlicht? Das scheint ja als Standardwerk zu gelten, wenn man die Rezensionen im Netz mal überfliegt.
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Zitat von Seelenschnitte
Tatsächlich? Ich habe freilich davon gehört, dass man früher gerne römisch/deutschen Kaisern vorgeworfen hat die Interessen der deutschen Nation für italienische Träumereien verraten zuhaben. Also die Geschichte auf Bezug zu dem preisenswerten preußisch/deutschen Nationalstaat hin bewertet und verbogen hat. Aber was du mir sagst, dies ist mir noch nicht unter die AUgen gekommen. Und ich habe etwa 40 Bücher verschiedenster Historiker. Sollten die alle so neu sein? Ich habe da nie so drauf geachtet, aber jetzt fällt es mir auch auf. Die Älteren sind schon ein wenig einseitig, aber ch hatte das eher auf den starken biographischen BEzug zu der Historischen Person, von der das Buch ja auch handeln sollte, zurück geführt.
Naja, es kommt auch hier immer auf das Thema an. Die Antikeforschung z.B. war bis hinein in die 90er zum größten Teil Quellenabschreiberei, oft auch ohne zu erwähnen, dass die Quelle die man nutzt höchst unsicher ist, weil nicht zeitgenössisch und/oder nicht einheimisch.
Aber auch bei der neueren Geschichte gab es lange Zeit Probleme, wenn du dir z.B. ältere Geschichtsbücher anguckst, stehen da die unglaublichsten Sachen drin, beziehungsweise eben nicht drin! In DDR-Schulbüchern z.B. wurde lange Zeit der Holocaust höchstens im Nebensatz angeschnitten, während die BRD-Bücher von den vielen Verbrechen innerhalb des Ostfeldzuges schwiegen und sogar den Mythos der "sauberen Wehrmacht" bereitwillig nähren. Die fatalen Folgen dessen haben wir bis heute zu ertragen.
Ich kann mich auch noch gut an eine Zeit erinnern (da war ich so 12, also vor ca 15 Jahren) wo es "in" war in Medienformaten bestimmte "Helden der Geschichte" kritisch aufzuarbeiten z.B. die ZEIT gab damals eine dazu raus in der u.a. Mao-Tse-Tung, Alexander der Große und Kleopatra kritisch beleuchtet wurden. Heute scheint es dagegen schon selbstverständlich zu sein, dass Mao-Tse-Tung zu einem der grausamsten Diktatoren der Weltgeschichte gehört.
Biographien sind halt sehr oft problematisch. Da habe übrigens ein super Beispiel für dich! Der Name "Albert Speer" ist sicher den meisten ein Begriff. Dieser hat mehrere Biographien, aber erst kürzlich erschien die erste wirklich kritische Biographie, welche eben nicht Albert Speers Aussagen als Hauptquelle verwendet. Den Sachverhalt kenne ich relativ gut, da ich einem Vortrag des Autoren des Buches an meiner Uni anhören durfte, welcher uns an Hand vieler Beispiele aufzeigen konnte, wie fahrlässig und schlecht die bisherigen Speer-Biographien recherchiert wurden. Und wie gesagt, das Buch ist von 2017 und ist die erste Speer-Biographie die nicht einfach die Nachkriegs-Lügen von Albert Speer willig weiterverbreitet.
Zitat von Seelenschnitte
Auch wenn Amazon mir immer wieder ein entsprechendes Abo andrehen will, ich bin kein Student. Was ist denn bitte Sekundärliteratur? Literatur, produziert von Historikern, während Primärliteratur Quellen aus der zu erforschenden Zeit ist? So reime ich mir das jedenfalls zusammen, aber wo du schon mal da bist, würd ich mir gerne Klarheit vom Geschichtsstudent verschaffen (lassen).
Das ist absolut korrekt. Als Primärquelle wird in der Geschichtswissenschaft gängigerweise die Art von Literatur bezeichnet die die höchste zeitliche (und territorielle) Nähe zur erforschten Zeit hat.
In anderen Wissenschaften bedeuten diese Begriffe natürlich oft etwas anderes bei der Politikwissenschaft fallen unter Primärliteratur z.B. eher Veröffentlichungen von Behörden und Ähnliches.
Zitat von Seelenschnitte
Diese Erklärung lässt mich hoffen, dass der Mensch noch irgendwann mal etwas Anderes und Neues, als den Kapitalismus, entwickeln wird. Wenn die Trägheit über die Gier triumphieren kann, ist die Menschheit noch nicht verloren.
Darauf ein * faust und füße hoch*
Kleine Ergäzung dazu noch: Letztlich zählt für den Verkauf des Buches ja eh vor allem Titel und Klappentext. Wer eine kritisch-wissenschaftliches Buch verkaufen will der kann also auch genauso gut die Leute mit reißerischen Titeln und Versprechungen im Klappentext locken, denn mit dem Inhalt setzen die meisten sich ja erst nach dem Kauf wirklich effektiv auseinander.
Geändert von Alo (16.09.2018 um 15:07 Uhr)
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@ Alo
Eigentlich versuche ich Biographien zu meiden. Eben weil sie so sehr auf die behandelte Person und ihre Beziehung zu den Ereignissen der Zeit eingehen. Da kommt es schon mal vor, dass die französiche Revolution ab 1790 in 4 Sätzen behandelt wird, weil die Person ins Ausland geflohen ist. Auch interessant, was der Person dann anderswo passierte, und nur konsequent als Biographie, doch ich hätte auch nichts dagegen gehabt bei dieser Gelegenheit etwas mehr darüber zu erfahren. Da liest man sich so schön ein, wie die Person mit den Vorzeichen und dem Ausbruch der Revolution umgegangen ist und dann muss man gerade in dieser Zeit Frankreich verlassen? Ach, ich habe mich nach den falschen Personen erkundigt.
Eigentlich habe ich mir gezielt nur eine einzige Biographie gekauft, von Ercole Consalvi, was gar nicht so einfach war. Und auch dieses eine Werk ist... merkwürdig. Nicht unbedingt schlecht, oder falsch, einfach nur ein seltsamer Spagat zwischen Heldenverehrung und den, mehr oder weniger klaren, historischen Tatsachen.
Bei derart junger Geschichte, aus der du deine Beispiele schöpfst, wundert es mich tatsächlich nicht, dass so manches geschönt, weggelassen oder sonstwie beeinflusst wurde. Ich denke, bevor wir die NS-Zeit wirklich kritisch und historisch betrachten können, muss zuallererst noch viel Zeit vergehen, damit aus der Leidensgeschichte des Opas nüchterne Geschichte werden kann. Derzeit ist das Thema noch viel zu emotional und mit Interessen und Absichten beladen. So ist zumindest mein Eindruck.
@ Don-Esteban
Horst Möller ist soweit richtig. Aber hier steht:"Die Weimarer Republik-Demokratie in der Krise" vom Piper Verlag. Auf der Rückseite erzählen sie, das dieses Standardwerk für diese Neuveröffentlichung komplett überarbeitet, deutlich erweitert und auf den aktuellen Forschungsstand gebracht wurde.
Das fand ich ansprechend, auch wenn ich zugeben muss, zu diesen Meisten zu gehören, von denen Alo sprach. Im Buchladen nehme ich mir selten zu mehr die Zeit, als einmal flüchtig in das Buch zu schauen. Und das auch nur, wenn ich gezielt einkaufe und nicht nur einen Gutschein einlösen will, ohne zu wissen, was ich eigentlich kaufen mag.
„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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nomina nuda tenemus
Ja, das ist die aktuelle Neubearbeitung des Buches. Da ist der Titel angepasst worden.
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Zitat von Seelenschnitte
@ Alo
Eigentlich versuche ich Biographien zu meiden. Eben weil sie so sehr auf die behandelte Person und ihre Beziehung zu den Ereignissen der Zeit eingehen. Da kommt es schon mal vor, dass die französiche Revolution ab 1790 in 4 Sätzen behandelt wird, weil die Person ins Ausland geflohen ist. Auch interessant, was der Person dann anderswo passierte, und nur konsequent als Biographie, doch ich hätte auch nichts dagegen gehabt bei dieser Gelegenheit etwas mehr darüber zu erfahren. Da liest man sich so schön ein, wie die Person mit den Vorzeichen und dem Ausbruch der Revolution umgegangen ist und dann muss man gerade in dieser Zeit Frankreich verlassen? Ach, ich habe mich nach den falschen Personen erkundigt.
Eigentlich habe ich mir gezielt nur eine einzige Biographie gekauft, von Ercole Consalvi, was gar nicht so einfach war. Und auch dieses eine Werk ist... merkwürdig. Nicht unbedingt schlecht, oder falsch, einfach nur ein seltsamer Spagat zwischen Heldenverehrung und den, mehr oder weniger klaren, historischen Tatsachen.
Bei derart junger Geschichte, aus der du deine Beispiele schöpfst, wundert es mich tatsächlich nicht, dass so manches geschönt, weggelassen oder sonstwie beeinflusst wurde. Ich denke, bevor wir die NS-Zeit wirklich kritisch und historisch betrachten können, muss zuallererst noch viel Zeit vergehen, damit aus der Leidensgeschichte des Opas nüchterne Geschichte werden kann. Derzeit ist das Thema noch viel zu emotional und mit Interessen und Absichten beladen. So ist zumindest mein Eindruck.
mag.
Eigentlich habe ich eher unbewusst die "neueren Beispiele" gewählt, gerade weil es dort eben doch recht wenig Beispiele gibt und die wenigen Fälle die mir konkret einfielen dann unbedingt genannt werden mussten
Denn eigentlich ist es umgekehrt: Je älter die Geschichte desto tendenziell unreflektierter meist auch die Quellenanalysen der bisherigen Historiker. Oft weil nur eine handvoll Quellen zur Verfügung steht. Aber noch fataler ist: Desto weiter man in die Geschichte zurück geht, desto größer die Menge an Völkern die gar keine "richtige" (bzw. herkömmliche) Geschichtsschreibung hatten, z.B. die antiken Perser oder auch die Indianer, usw.
Geändert von Alo (16.09.2018 um 17:42 Uhr)
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Zitat von Alo
Eigentlich habe ich eher unbewusst die "neueren Beispiele" gewählt, gerade weil es dort eben doch recht wenig Beispiele gibt und die wenigen Fälle die mir konkret einfielen dann unbedingt genannt werden mussten
Denn eigentlich ist es umgekehrt: Je älter die Geschichte desto tendenziell unreflektierter meist auch die Quellenanalysen der bisherigen Historiker. Oft weil nur eine handvoll Quellen zur Verfügung steht. Aber noch fataler ist: Desto weiter man in die Geschichte zurück geht, desto größer die Menge an Völkern die gar keine "richtige" (bzw. herkömmliche) Geschichtsschreibung hatten, z.B. die antiken Perser oder auch die Indianer, usw.
Das hat doch auch was für sich. Da weiß der Leser ja, dass eine objektive Geschichtsschreibung kaum möglich ist und er die Welt durch die parteiischen Augen eines Zeitzeugen wiedergegeben bekommt.
Ich meine tatsächlich, dass der Film 300 diese perspektivische Erzählung gut illustriert. Doch niemand wird diesen Film für historisch korrekt halten. Sicherlich wird auch der Historiker antike Quellen mit Vorsicht genieße und eher eingestehen, etwas nicht zu wissen, statt Spekulationen als Tatsachen zu verkaufen.
Bei jüngerer Geschichte scheint man ja eine deutlich umfangreichere Quellenlage zu haben. Die dann nicht genutzt, oder sogar absichtlich ausgesondert und verfälscht wird.
„Die Menschen bedienen sich ihrer Vernunft nur dazu, um ihre Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen, und die Sprache dient ihnen allein dazu, ihre Gedanken zu verbergen.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
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Zitat von Seelenschnitte
Sicherlich wird auch der Historiker antike Quellen mit Vorsicht genieße und eher eingestehen, etwas nicht zu wissen, statt Spekulationen als Tatsachen zu verkaufen.
Man sollte meinen, dass das selbstverständlich ist, tatsächlich ist das aber eben eher eine neuere Tendenz der Forschung.
Zitat von Seelenschnitte
Bei jüngerer Geschichte scheint man ja eine deutlich umfangreichere Quellenlage zu haben. Die dann nicht genutzt, oder sogar absichtlich ausgesondert und verfälscht wird.
Korrekt. Aber im Großen und Ganzen ist der derzeitige Forschungsstand zur neueren Geschichte im Grunde eigentlich recht zufriedenstellend.
Aber einzelne Historiker die einfach lieber verklären statt erklären wird es wohl leider immer geben
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