Zitat von
Raider
Nein, weil ich das nicht so stehen lasse. Die Wirtschaftspolitik des Dritten Reiches war klar kapitalistisch. Die NSDAP hatte, vor ihrer Machtergreifung, unter Otto Strasser einen Flügel, der völkischen Nationalismus mit der Ablehnung von Kapitalismus verband und, in der Tat, eine Reihe von sozialdemokratischen Ansätze hatte (aber auch Strasser hat den Marxismus klar abgelehnt), dieser Flügel wurde nach der Machtergreifung allerdings ausgestossen und sein ganzer Flügel wurde Opfer einer politischen Säuberung. Warum? Weil der dominante Flügel unter Hitler sich die Unterstützung der kapitalistischen Eliten sichern wollte. Hitler machte eine Reihe von Lippenbekenntnissen dazu, dass die Industriellen zwar die Pflicht hätten, im Staatswohl zu handeln, er hat sich jedoch zu jedem Zeitpunkt klar zum Privatbesitz bekannt und die Verstaatlichung der Produktionsmittel abgelehnt.
Im Dritten Reichen wurden eine Reihe staatseigener Industriebetriebe gegründet, es fand jedoch nie in irgendeine Form eine Enteignung oder eine verstaatlichung der Privatwirtschaft statt. Im Gegenteil: Nach der Machtübernahme schieb sich die NSDAP die Reprivatisierung zahlreicher in der Wirtschaftkrise verstaatlichter Unternehmen zu. Der Aktienmarkt stieg, als Hitler an die Macht kam. Die deutschen Großindustriellen waren auf der Seite der Nationalsozialisten, die Nationalsozialisten waren auf der Seite der deutschen Großindustriellen.
Unter Hitler wurden die Gewerkschaften verboten, ersetzt durch eine staatlich gelenkte Arbeitervereinigung, unter der die Löhne gemindert und das Streikrecht abgeschafft wurde. Die IG Farben finanzierte eines der Konzentrationslager in Ausschwitz und nutze seine Insassen als Zwangsarbeiter zur Steigerung der eigenen Umsätze. Der Geschäftsführer des Lagers, Otto Ambros, musste dafür nur 8 Jahre Haft verbüßen und hatte schon in den 50er Jahren Posten in der Aufsichtsräten zahlreicher Unternehmen inne und war wirtschaftlicher Berater der Regierung Adenauer. Aber das nur nebenbei.
Lange Rede, kurzer Sinn: Nein, Nazi-Deutschland war in keinster Weise sozialistisch. Wenn du ein Land sehen willst, dass Sozialismus mit dogmatischem Nationalismus verbindet, dann sieh dir Nordkorea oder Kambodscha unter der Roten Khmer an aber das Dritte Reich hält hier als Beispiel nicht stand. Nebenbei sind auch das moderne China und Venezuela nicht sozialistisch, auch wenn sie sich ebenfalls selbst so bezeichnen mögen.
Mich stört ein wenig das du dich fast ausschließlich auf den deutschen Nationalsozialismus beziehst. Beide Begriffe (Nationalsozialismus und Sozialismus) lassen sich laut Wikipedia nicht eindeutig definieren, da es zahlreiche Unterströmungen gibt, sowohl regionale, als auch historische.
Die kleinsten gemeinsame Nenner beim Nationalsozialismus dürften Fremdenfeindlichkeit und Sozialdarwinismus sein, die eigene Volksgruppe wird als überlegen dargestellt. Interessanterweise trifft diese Ansicht zB in den USA sowohl auf weiße als auch auf farbige Gruppierungen zu, was ich für einen ziemlichen Schenkelklopper halte.
Beim Sozialismus wird es noch komplizierter, laut Wikipedia gab es schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts 260 unterschiedliche Definitionen.
... umfasst eine breite Palette von politischen Ausrichtungen. Diese reichen über sich als revolutionär verstehende (Kampf-) Bewegungen und Parteien, die den Kapitalismus schnell und gewaltsam überwinden wollen (Linksextremismus), bis zu reformatorischen Linien, die Parlamentarismus und Demokratie akzeptieren (demokratischer Sozialismus). Demzufolge wird auch grob zwischen den Ausrichtungen von Kommunismus, Sozialdemokratie oder Anarchismus differenziert. Sozialisten betonen im Allgemeinen die Grundwerte Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und in einigen Strömungen auch die Verwirklichung negativer und positiver Freiheit. Sie heben oft die enge Wechselbeziehung zwischen praktischen sozialen Bewegungen und theoretischer Gesellschaftskritik hervor, wobei sie das Ziel verfolgen, mit Blick auf eine sozial gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung beide zu versöhnen.
Historisch bestehen und bestanden in vielen Staaten Systeme, die – teils als Eigenbezeichnung – mit Realsozialismus, aber auch als Staatssozialismus bezeichnet werden und sich grundsätzlich als autoritäre oder totalitäre Systeme einordnen lassen; zu nennen sind u. a. die Sowjetunion, China, Nordkorea, die DDR oder Kuba.