Wir schreiben das Jahr 2007. Im Februar gewannen die Indianapolis Colts mit Quarterback Peyton Manning den Superbowl XLI gegen die Chicago Bears, der Präsident der Vereinigten Staaten hieß George W. Bush und Smartphones waren gerade den Kinderschuhen entschlüpft. Am 14. August jenes Jahres erschien auch Madden NFL 08. Es sollte für über 11 Jahre das letzte Mal gewesen sein, dass ein Madden Titel für PC-Spieler verfügbar sein sollte. Dies hat sich seit letzten Monat geändert, wo EA mit Madden NFL 19 endlich wieder eine PC Version herausbrachte. Uns als eingefleischte PC Gamer und NFL Fans freute es in der Redaktion umso mehr, da es für uns nun wieder möglich war Madden zu spielen. Doch was hat sich nach all dieser Zeit alles geändert? Wir werden erstmal klein anfangen.

Bei Madden 08 zierte damals ein gewisser Vince Young das Cover des Spiels. Vince wer? werden sich an dieser Stelle sicher einige Fragen. Young wurde von den Tennessee Titans im Draft 2006 an dritter Stelle gezogen und bekleidete die Position des Quarterbacks. Er spielte insgesamt 5 Jahre für die Titans und konnte einen Rekord von 30-17 aufweisen. 2011 ging Young zu den Eagles bevor es ihn nach mehreren weiteren, meist kürzeren Stationen, in die CFL (Canadian Football League) zog, wo er seine Karriere ausklingen ließ. Nun mehr 11 Jahre später ziert ein anderer Superstar der Liga das Cover, nämlich Pittsburghs Star Wide Receiver Antonio Brown. Aus einer footballaffinen Familie kommend (sein Vater gilt als einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste Arena Footballer aller Zeiten), weist Brown u.a. sechs Pro Bowls, vier All Pros, an die 10.000 Yards gefangene Bälle sowie insgesamt 64 erzielte Touchdowns auf. Die Redaktion findet, dass Brown eine würdige Wahl als Coverstar darstellt.
Da es vielleicht viele Neulinge gibt, die nun erstmalig ein Maddenspiel in die Hand nehmen werden, wollen wir wenigstens kurz einen Überblick geben, was man denn beim Football eigentlich macht. Jeder Veteran darf diesen Abschnitt liebend gerne überspringen, doch die Komplexität des Spiels kann für Neulinge manchmal erschlagend sein. Deswegen werden wir kurz und knapp das Ziel sowie die wichtigsten Regeln erklären.
Es stehen sich immer 11 Spieler von zwei Mannschaften gegenüber (analog zum Fußball). Das grundlegende Ziel von American Football ist es, das das Ei in die gegnerische Endzone gelangt. Um das zu schaffen gibt es immer eine Mannschaft, die im Ballbesitz ist. Diese wird Offense genannt. Die andere Mannschaft will dies verhindern und steht dementsprechend mit ihrer Defense auf dem Feld. Das angreifende Team hat nun erstmal vier Versuche, um 10 Yards zu überwinden. Jedes Mal wenn 10 Yards oder mehr überwunden wurden, gibt es neue vier Versuche. Dieses Spiel lässt sich beliebig wiederholen, bis es der einen Mannschaft gelingt in die Endzone zu gelangen und einen Touchdown zu erzielen (6 Punkte) oder das andere Team dies zu verhindern weiß. In beiden Fällen wechselt im Anschluss der Ballbesitz. Die sich im Ballbesitz befindende Mannschaft hat zudem die Möglichkeit ein sogenanntes "Fieldgoal" zu erzielen, welches dem Team 3 Punkte beschert. Um Punkte zu erzielen, wird das Ei entweder vom Quarterback geworfen oder es wird einem Runningback übergeben, der versucht so viele Yards wie möglich zu erlaufen.

Bevor man sich nun ins Getümmel stürzen kann, bittet das Spiel einen den persönlichen Gamestyle zu wählen. Dazu wird in drei Kategorien unterschieden: Arcade, Simulation oder Competitive. Erstgenanntes zielt auf spektakuläre Action ab mit vielen Punkten, tollen Catches und wenig Strafen bzw. Limitationen. Simulation bietet ein realistisches Spielerlebnis mit den aktuellen Regeln der NFL. Hier spielen auch die persönlichen Spielerwerte sowie die Teambewertung mit rein. Im competitiven Modus gilt es dann, dass der Spieler selber maßgeblich an jeden Spielzug aktiv teilnimmt, die Steuerung von Spielern übernimmt und Adjustments an der Line of Scrimmage vornimmt. Hat man sich für einen Style entschieden, kann man zwischen den vier Schwierigkeitsmodi Rookie, Pro, All-Pro und All-Madden entscheiden, die aufsteigend im Grad ihres Anspruches sind.
Madden NFL 19 wartet mit vier verschiedenen Spielmodi auf: Exhibition, Longshot, Franchise und Ultimate Team. Wir wollen diese Modi kurz vorstellen und dabei darauf eingehen was neu ist in den jeweiligen Bereichen. Zum Abschluss wollen wir uns noch kurz zur technischen Umsetzung äußern. Abgerundet wird diese Rezension dann mit einem Fazit.

Exhibition

Hier kann man am schnellsten und einfachsten in den Adrenalinrausch von American Football eintauchen. Einfach ein Team wählen und gegen den PC starten. Die Teams sind schon alle konfiguriert, die Roster werden permanent geupdatet. So könnt ihr auch sicher sein, dass ihr immer die aktuellsten Spieler eures Teams im Kader habt. Neben dem Computer kann man natürlich auch gegen andere Spieler im Head to Head Modus antreten. Hier wird via Matchmaking ein Spieler mit denselben Einstellungen gesucht, wie ihr sie auch habt. Ist dieser gefunden, dann kann es auch schon losgehen. Allerdings habt ihr hier, anders wie bei einem Match gegen die KI, nicht die Möglichkeit gewisse Dinge zu simulieren. Offense wie Defense müsst ihr selber koordinieren.
Im Skill Trainer, dem Tutorial System von Madden, gibt euch das Game alle möglichen Arten von Tipps. Ihr könnt hier Passrouten üben oder Special Teams Übungen machen. Dabei werden euch u.a. Konzepte beigebracht, wie beispielsweise die des Slants. Es wird gesagt worauf ihr zu achten habt und was ihr am besten tun solltet, wenn sich der Verteidiger so oder so bewegt. Im Practicemodus könnt ihr dann freie Hand trainieren wie es euch beliebt.

Longshot 2: Homecoming

Longshot ist das Madden äquivalent zu dem, was bei Fifa "Fifa Journey" um Alex Hunter darstellt. Der Storymodus wurde erstmalig im Vorgängerspiel Madden 18 eingeführt und ist eine Art interaktive Erlebnisreise. Es soll ein immersives Spielerlebnis bieten, wo der Spieler in die große Welt des Footballs eintauchen kann. Dabei wird die Geschichte um Devin Wade und Colt Cruise aus Madden 18 fortgesetzt. Im Vorgängerteil versuchten sich die beiden Youngstars nach oben zu arbeiten mit dem Ziel bzw. Traum von einem NFL Team gedraftet zu werden. Dies gelang vor allem Wade, der von den Dallas Cowboys unter Vertrag genommen wurde. Seine Geschichte beginnt im Trainingslager von "Americas Team". Cruise dagegen hat es nicht direkt geschafft, doch er setzt weiterhin alles daran seinen Traum zu verwirklichen. Doch dabei drohen ihn Verpflichtungen abseits des Feldes von seinem Traum immer weiter zu entfernen.
Wir finden, dass sich EA weiter große Mühe mit dem Storymodus gegeben hat. Die Interaktionen sind nun tiefgreifender, als im vorherigen Teil. Während man in 18 noch wenig an den Footballübungen partizipieren konnte, ist man nun voll eingebunden. Auch die Bandbreite an Aktionen hat sich vergrößert und auch die Charaktere wirken lebendig, was ihnen viel Authentizität verleiht.
Uns hat der Storypart sehr gut gefallen, da er - wie bereits in Fifa - eine sehr gelungene Abwechslung zum eigentlichen Gameplay darstellt.


Franchise

Wie der Name schon sagt seid ihr in der Franchise für euer eigenes Team verantwortlich. Ihr leitet beispielsweise die Chicago Bears oder New York Yets. Die größte inhaltliche Veränderung findet sich in den Custom Draft Classes sowie im Leveln der Spieler. Die Draft Classes sind für Madden keine Neuheit, waren aber seit einigen Jahren nicht mehr implementiert. Man kann die Listen nun individuell anpassen und online sogar tauschen. Das Leveln wurde grundlegend aufgearbeitet. Während man früher immer einzelne Punkte ins Verbessern von Spieler investiert, tut man dies nun in Archetypen. Diese stellen Oberkategorien wie "Strong Arm" dar, denen wiederum gewisse Attribute untergeordnet sind, die automatisch gelevelt werden, wenn ihr Punkte in den jeweiligen Archetypen steckt.
Große Änderungen gehen auch mit der Optik einher. So findet die Saison-Planung fortan in modellierten Räumen statt, z.B. im Büro des Coaches oder im Umkleideraum. Hier sieht man dann auch Spieler rumstehen, die gerade am Handy sind oder andere Dinge machen.

Ultimate Team Modus

Der wohl beliebteste und meist gespielte Modus in EAs Sportspielen wird Ultimate Team sein. Dieser darf natürlich auch in Madden NFL 19 nicht fehlen. Ihr baut euch von Grund auf ein eigenes Team auf, dabei spielen die Teams der Spieler keine Rolle. Ein Antonio Brown kann hier durchaus Pässe eines Tom Bradys fangen. Euer Team wird anfangs nur als Basickarten bestehen und ihr müsst es durch stetiges Spielen schaffen es immer weiter zu verbessern. Die wichtigsten Änderungen sind:

  • Grundlegende Überarbeitung des Trainingskonzeptes. Man kann die Spieler nun direkt in der Kartenansicht aufwerten
  • Neue Währung namens "Training"
  • Downgrade von Spielern ist nun möglich, um Items wiederzuerhalten
  • Erweiterung des Koop Modus: Mit bis zu zwei Freunden kann man nun gemeinsam gegen den Computer antreten
  • Squad Battles: Ein Äquivalent zu Fifa. 13 Matches in einer Woche gegen die KI. Je besser ihr seid, desto größer fällt die Belohnung aus
  • Neue Positionen in den Depth Charts: In den Aufstellungen gibt es nun spezifische Slots für spezielle Situationen bzw. Spielzüge. So wird z.B. automatisch ein Slot Cornerback eingefügt, wenn ihr das vorher in der speziellen Coverage festgelegt habt


Neben all diesen Änderungen finden sich auch strukturelle Änderungen im Gameplay wieder, die wir an dieser Stelle näher vorstellen wollen:

- Die wohl tiefgreifensten Neuerungen finden sich im Running Game. Hier werden dem Spieler deutlich mehr Freiheiten gewährt, wie noch in den Vorgängerteilen. Gezielte Jukes, Spinmoves lassen sich nun ausführen, um den Gegenspieler ins Leere laufen zu lassen. Man kann auch mehrere Aktionen miteinander verknüpfen, um so komplexere Tricks auszuführen. So ist einer unserer Lieblingsmoves zuerst den Spin anzuwenden (meist geschieht dies gegen einen nicht so wendigen Defense Tackle, Defense End oder auch Linebacker). Hat man diesen überwunden rennen die meisten Spieler mit dem Corner auf einen zu und drücken zu schnell bzw. zu früh die Taste fürs Tackling. Mit einem Jukemove kann man diesen aussteigen lassen. Doch neben den Moves hat sich die ganze Art des Laufens verändert. Es ist geschmeidiger geworden, die Cuts sind nun schärfer und auch der Stiffarm funktioniert effizient, sodass man auch im Getümmel vielleicht noch den ein oder anderen extra Yard herausholen kann.

- Spätestens nach OBJs spektakulären One hand catches sollten auch die Spieleentwickler davon Wind bekommen haben. Die Catchinganimationen wurden in Madden 19 deutlich verbessert, sodass auch genannte One hand catches möglich sind. Diese sind auch möglich, wenn sich der Receiver in Coverage befindet. Doch nicht nur das Fangen, auch die Animationen von Passdeflections haben sich verbessert. Es wirkt insgesamt nun alles flüssiger, respektive realistischer.

- Verhalten der Spieler: Hier hat EA deutlich mehr auf Realismus gesetzt. Gewisse Spieler haben nun gewisse Verhaltensweisen auch im Spiel. Wie Aaron Rodgers oder Drew Brees, der sehr gerne seine Hand etwas befeuchtet vor dem Snap, um besseren Grip zu haben

- Real Player Motion. Einiges wurde schon angesprochen, aber dies soll allgemein noch Mal darauf hinweisen, dass sich das Verhalten von jedem Spieler auf seiner Position verändert hat. Die Bewegungen sind realitätsnäher geworden

- Man kann nun erstmalig nach Touchdowns individuelle Jubelarten vollziehen. Exemplarisch sei hier Rob Gronkowski "Gronk spike" genannt.


Bevor wie diese Rezension mit einem Fazit abschließen, wollen wir noch einen kurzen Blick auf die technische Umsetzung werfen.
Auch Madden 19 greift auf die Frostbite Engine aus dem Hause Dice zurück. Die wohl aktuell beste und umsetzungsstärkste Engine im Gamingbereich lässt Madden 19 als Hochglanzprodukt erstrahlen. Durch den PC Release ergeben sich einige Besonderheiten, die den Konsolenspielern leider verwehrt bleiben. So bietet das Spiel einen 4k Support, unbegrenzte Bildraten sowie diverse Möglichkeiten der Anpassung in den Bereichen der Kantenglättung, Gras- sowie Texturqualität. Auf dem getesteten System mit einer Geforce 980 Titan, 6GB VRam, Intel i5 Generation sowie 16 GB Arbeitsspeicher können wir nur lobende Worte finden. Noch nie sah ein Sportspiel so bestochend scharf aus in seiner grafischen Umsetzung. Die Gesichtszüge der Spieler, die Stadien, die Sonneneinstrahlung, die Schatten bei Stadien mit Dachkonstruktionen etc. lassen Madden 19 als ein absolutes Topprodukt daherkommen. Von der technischen Umsetzung gibt es von uns eine glatte eins.

Fazit:

Das neuste Produkt der Maddenreihe weist soviele Neuerungen auf wie schon lange nicht mehr. Es spielt sich flüssig, realistisch und macht viel Laune. Allerdings müssen wir auch sagen, dass man sich als neuer Maddenspieler erst an so einiges gewöhnen muss. Wenn man zwar Football kennt, selbst es regelmäßig schaut, ist dies keine große Hilfe, wenn man sich nun im Detail mit Routerunning, Deckungskonzepten etc. auseinandersetzen muss. Begriffe wie Cover 1, Cover 2, over storm brave, Tampa 2, Flood, Slants, Texas route usw. usf. stellen den Casualspieler erstmal vor einem Berg an Herausforderungen bzw. Fragezeichen. Das Tutorial ist da auf jeden Fall hilfreich, aber es ist nur ein Anfang. Die Spieler müssen selber lernen, welche Art von Coverage macht in welcher Situation Sinn. Genauso umgekehrt muss man sich Gedanken machen, welche Spielzüge wählt man wann aus? Hat man eines von beiden geschafft, muss man den Gegner analysieren. Spielt mein Gegner gerade Zone oder Man Coverage? Habe ich wo ein Missmatch? Dann muss man auch noch den richtigen Moment zur Passabgabe schaffen und dabei im Auge haben, ob die eigene Oline auch den gegnerischen Passrush abfängt. All diese Dinge liegen aber in der Natur des Spiels und sind natürlich nicht dem Game anzuhängen.
Wir geben eine klare Kaufempfehlung für alle Footballbegeisterte aus, doch würden jeden Neuling und Gelegenheitsspieler bzw. gelegentlichen Footballschauer raten sich vor dem Kauf im Klaren zu sein, dass das Spiel einfach eine Komplexität mit sich bringt, die man nicht unterschätzen sollte.