Zitat von
Zetubal
Zunächst steh ich für meine persönliche Meinung ein und nicht für die "Deutsche Sicht". Ich bin schließlich kein Politiker. Und für "moralisch überlegen" halte ich meine Sicht der Dinge nur insofern, als ich hinter den Dingen stehe, die ich denke & hier poste. An die Richtigkeit des eigenen Standpunkts glaubt wohl so ziemlich jeder. Ist schließlich eine der Grundlagen, wegen der man eine bestimmte Meinung statt einer anderen vertritt. Den Seitenhieb auf die "deutsche Sicht" verstehe ich insofern nicht, weil den "moral high ground" schließlich auch die anderen genannten Länder für ihre jeweiligen Entscheidungen verbuchen.
Nun aber zum eigentlichen Thema: Ich finde, die Annahme von Flüchtlingsanträgen von Faktoren wie beruflicher Qualifikation abhängig zu machen, darf nicht sein, weil dadurch letztlich diejenigen benachteiligt werden, die am aller bedürftigsten sind und die generell chancenlos dastehen - nämlich Leute, die aus Umständen kommen, in denen sie keinen Beruf erlernen konnte, keinen Zugang zu Bildung hatten, die durch Hunger, Gewalt und Krankheit sonstwie versehrt sind. Das mögen die unliebsamsten Flüchtlinge für ein wirtschaftliches System sein, aber für ein humanistisches System, wie das, das der Genfer Flüchtlingskonvention zugrunde liegt, sind genau das die Leute, die aufgenommen und geschützt werden sollten.
Wenn ein Staat sich handverlesen "seine Flüchtlinge" danach aussucht, wie wünschenswert sie für Wirtschaft & Co. sind, sagt er damit den Ärmsten der Armen indirekt, dass ihre Verelendung, die ja mithin Grund für ihre Flucht war, gleichzeitig der Grund ist, ihnen die Aufnahme zu verweigern. Im Geiste wird also Bedürftigen kommuniziert, dass sie zu bedürftig sind, um einen Aufenthaltsstatus gewährt zu bekommen, der explizit für extrem Bedürftige ins Leben gerufen wurde. Wenn man sich tatsächlich darauf verständigt, dass es Leute gibt, die zu "elend" sind, um als Flüchtlinge zu gelten, offenbart das in meinen Augen bloß den Wunsch, Flüchtlinge institutionell abzuschaffen und durch selektive, gesteuerte Arbeitsmigration zu ersetzen.
Und das finde ich in höchstem Maße zynisch. "Verwerflich hin oder her" ist ein Satz, der zum Thema Flucht - einer durch und durch humanistischen Grundidee, eigentlich nie fallen dürfte.