Die Tür zu Hannas temporärem Quartier zischte verräterisch, als Vhan den Raum betrat. Hanna schaute ihn an, ihre Rechte wanderte langsam zu der im Tiefziehholster steckenden Pistole. Der rote Turianer begann, die Situation erkennend, sofort zu reden und um Waffenstillstand zu bitten. Einzig ein Funken Anstand – und die Tatsache, dass sie auf einem Schiff mit eventuell aktiv feindseliger Stimmung gestrandet war – ließ die Waffe geholstert. Seine Entschuldigung wirkte fadenscheinig, seine Erklärung löchrig. Vhan wusste, was er sagen musste, doch zweifelte Hanna daran, dass er es auch so meinte. Er kannte die Worte, nicht aber ihre Bedeutung. „Es tut mir leid“ wirkte bei dem roten Turianer mehr wie eine Anschuldigung als ein Eingeständnis. Einzig seine Angabe, er wolle sich am Ende der Ermittlungen stellen, klang überraschend ehrlich. Dennoch glaubte Hanna ihm kaum. Vhan, so kurzsichtig er auch sein mochte, war nicht dumm. Und sein Familienname alt. Jemand würde ihn raushauen, schließlich war er nicht nur
nicht der Killer, sondern sogar ein von der Justiz unschuldig angeklagter Mitbürger. Ein Geächteter des Systems. Ein Underdog. Und die Leute liebten Underdogs. Sie würden in eigener Reue, ihn einst den Kryptogramm-Killer geschimpft zu haben, seine jetzige Unschuld beteuern und die Gerichte der Citadel würden einem der Masse – dem Namen des Volkes – zuträgliches Urteil sprechen. „
Sie sagten Sie würden mich umbringen.....richtig?“, fragte Vhan vorsichtig. Hanna legte die Hand locker auf den Pistolengriff, spürte die ergonomisch geformten Handschalen und das raue Material des Griffes. „
Richtig. Sie und der Kryptogramm-Killer mögen zwar nicht dieselbe Person sein, das gleiche Schicksal haben Sie aber trotzdem verdient.“ Hanna hob die Hand – waffenlos – bildete mit den Fingern eine Pistole nach. „
Ein Schuss in die Fresse. Ein Knall, dann ist schon alles vorbei.“ Hanna drückte ab – symbolisch. „
Also rate ich Ihnen, verschwenden Sie nicht den Atem, den Sie noch haben damit, mich anzusprechen. Wie sagte mein Ausbilder früher so passend: Wenn ich einem Arschloch zuhören will, lasse ich einen fahren.“
*
Nate wusste nicht, ob er das konnte. Seine Welt war merkwürdig verzerrt. Er hatte noch nie einen Kameraden verloren, hatte auch noch nie in einer Schlacht gekämpft. Vor dem Tod hatte er dennoch keine Angst – zumindest nicht vor seinem eigenen. Im Gegenteil, der Tod schien ihm sogar einen merkwürdigen Aufwind zu verleihen. Memento mori, nannten das die religiösen Philosophen, wie Anastasia ihm mal erzählt hatte. Anastasia. Die Erinnerung an ihren Namen schmerzte wie eine frische Wunde. „
Ich heule mit den Wölfen“, sagte Nate und hoffte, dass die Turianerin die Metapher nicht überforderte. Nate fing Saenias Blick auf. Er wirkte hastig, sofern er es beurteilen konnte. „
Was ist?“ Er überwandte den Drang, sich umzusehen. Er spürte, wie sich innere Unruhe in ihm ausbreitete. Irgendetwas stimmte nicht…