Zitat von
Raider
Das ist auch so eine Stelle, an der Star Wars einerseits eine gute Idee hat aber andererseits zu sehr an den Elementen der Originaltrilogie hängt um sie so umzusetzen, dass sie wirklich funktionieren würde. Wenn ich hier mal wieder Backseat Screenwriter spielen darf:
Würde ich einen Star Wars Film machen, würde ich aus der Ersten Ordnung knallhart eine Alt-Right Analogie machen. Sie sind eben nicht das Imperium. Sie habe keine eigene Armee, bestenfalls ein paar kleine, verstreute Milizen und Terrorzellen, sie sind eine Gruppe größenteils junger, Leute die über Propaganda, Einschüchterung, Unterstützung anti-republikanischer Politiker und einzelner Anschläge und Morde versuchen, die Republik zu stürzen und eine Nachfolgeorganisation des Imperiums an die Macht zu bringen. Sie sind nicht besonders groß aber sie haben eine gewisse Unterstützung unter der Bevölkerung der Republik und von reichen und einflussreichen Lobbyisten, die ein Interesse daran haben, sie an die Macht zu bringen. Zumindest im ersten Film der neuen Trilogie. Kylo Ren und General Hux könnte man als Charaktere beinahe in ihrer jetzigen Form übernehmen. Gerade Hux, junger Bursche, kommt wahrscheinlich aus irgendeiner Familie, die unter dem Imperium reich und einflussreich war, hat sich sein Leben lang von seinen Eltern einreden lassen, dass unter dem Imperium alles besser war und wie viel besser es wieder sein könnte, wenn es das Imperium noch gäbe, schließt sich der ersten Ordnung an, um es wieder an die Macht zu bringen. Wie gesagt, das Grundkonzept ist mehr als solide. Und man hätte den ersten Film ja auch damit enden lassen können, dass Politiker der First Order, stellen wir uns eine etwas besser charakterisierte Version von Snoke und einigen Kollaboratoren vor, die Regierung in der Republik übernehmen und aus ihr von innen heraus wieder eine Diktatur machen, die dem Imperium ähnlich ist. Dann könnte man ab dem zweiten wieder Rebellen vs. Regierung haben aber immer noch auf eine Weise, die anders ist, als in der Originaltrilogie.
Nun ist mir schon klar, warum Disney das nicht gemacht hat. Erstens, weil es zu explizit politisch für sie ist, was sich ein Konzern wie Disney nie trauen würde, zweitens weil es Leute ja an die Prequeltrilogie erinnern könnte, von der sie sich verkrampft distanzieren wollen, was ich ebenfalls für einen Fehler halte. Aber das wäre meine Herangehensweise an die Thematik gewesen. Jetzt hat man diese Antagonisten, die einerseits eher an halbstarke Neonazi LARPer erinnern aber trotzdem ein Militär kommandieren, das mächtiger ist als die des Imperiums. Und ich mag Kylo Ren als Charakter wirklich gerne aber man hätte ihn besser behandeln können.
Wisst ihr, wer einer meiner Lieblingsantagonisten der letzten Jahre ist? Lex Luthor aus Batman v Superman. Und wenn man ihn verglichen mit der üblichen Interpretation des Charakters betrachtet oder mit anderen typischen Filmantagonisten würde man eventuell dazu neigen, ihn ganz ähnlich zu beschreiben, wie das Video Kylo und Hux beschreibt. Er ist nicht bedrohlich oder furchterregend, er ist ein schmieriger, schächtiger, junger, neurotischer Bursche mit einem Napoleon-Komplex. Warum funktioniert er? Weil der Film auf eine Weise geschrieben ist, die einen Antagonisten wie ihn begünstigt. Er konfrontiert Superman nicht persönlich. Der Zuschauer soll nicht glauben, dass er den Helden des Filmes rein von der physischen Präsenz her ebenbürtig ist. Er ist kein Krieger, er ist Kapitalist und er verhält sich wie einer.
Er manipuliert die Medien. Er manipuliert Batman. Er bezahlt Söldner um ein Massaker in einem Bürgerkriegsland anzurichten, für das er Superman verantwortlich machen kann. Er finanziert Terroristen. Er arbeitet mit dem organisiserten Verbrechen zusammen. Er kauft Politiker. Er schmuggelt experimentelle Waffen. Er ist der perfekte Bösewicht für die Trump-Ära. Teils Mark Zuckerberg, teils Max Landis, teils Milo Yiannopolous. Er verkörpert eine Form des Bösen, die sehr viel näher an den Ängsten der modernen, westlichen Welt ist, als zum Beispiel Darth Vader oder Imperator Palpatine es aus heutiger Sicht tun. Kylo Ren und Hux hätte sehr leicht die gleiche Art von Charakter sein können, wenn man das Setting ein bisschen besser angepasst hätte. Sehe ich die beiden wirklich als Offiziere einer mächtigen Militäroperation? Eher nicht. Könnte ich sie als antidemokratische Aktivisten in einer nicht ganz stablilen neuen Republik sehen? Sehr viel eher.