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  1. #81
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Zitat Zitat von Luceija Beitrag anzeigen

    Es war vorbei bevor es angefangen hatte. Der Moment war falsch und so schnell beendet, dass sie sich nicht dagegen hätte wehren können. Für ein paar Sekunden hatte sie zurück in diese Welt und ihre Vergangenheit gegriffen, hatte ihre Finger für so kurze Zeit auf die helle Haut legen und die unregelmäßigen Stoppeln unter sich spüren können. Sie hatte nur einen Augenblick um seine Lippen zu erobern, um ihn zu schmecken, seinen Duft einzuatmen und sich so verloren in diesem Moment zu fühlen, dass sie keine Ahnung hatte wie die Tränen ihr Makeup lädierten. Sie wollte schlicht alles, so schnell und so viel wie möglich von ihm spüren. Wollte nicht vergessen wie es sich anfühlte - etwas, wovor sie die meiste Angst hatte. Aber alles war so schnell vorbei. Schon im nächsten Augenblick zog sie ein Arm urplötzlich und so vehement von ihm - und gleichzeitig riss man Leif von ihr. Die Schwarzhaarige taumelte rückwärts, mit dieser Atemlosigkeit die diese suizidiale Tat mit sich brachte. Luci sah ihn nicht diesen Tränen in den Augen nach, schien sich wenigstens für einen Moment zu wehren, losreissen zu wollen, was sie aber nicht schaffen sollte, sondern wurde gedreht. Sodass der Blick irgendwann abriss, als ihr Kopf sich mit dem Körper nach vorne drehte. Das Zittern kehrte zurück und sie glaubte, zu hyperventilieren.
    "Denk daran wieso du hier bist.. . Wenn das hier vor allem für ihn funktionieren soll, dann krieg das in den Griff., wies Zora sie an aber Luceija reagierte nicht mehr. Ihre Züge hatten jede Kraft verloren und sie mühte sich sichtlich ab, nicht noch mehr zu weinen. Ihr Kopf senkte sich geschlagen und die letzte Träne an ihrem unteren Augenlid schob sich sichtbar darüber hinweg und fiel glitzernd auf den Boden dieses Gebäudes. Vigilio kam zu ihrer anderen Seite, legte die Hand an ihren Übergang zwischen Nacken und Hinterkopf und streifte schließlich liebevoll ihre Schulter um die Tasche, die sie Zora hatte mitnehmen lassen, von jener abzustreifen um sie in die Plastikkiste zu werfen die am Durchgang bereits zur Verfügung stand. Wieder nickte Luceija so, wie sie schon im Wagen genickt hatte um Zoras Aussage abzusegnen. Und vielleicht hatte sie dieses Mal vor, sich daran zu halten. Auch, wenn sie sekündlich mehr starb und sich fragte, wie sie diesen Tag und diese Nähe überstehen sollte. Wo sie ihn roch und spürte. "Lei ha ragione, tesoro. Devi aggrapparti. E lo farete, va bene? Vi prometto che le cose miglioreranno. Sie hat Recht, Süße. Du musst durchhalten. Und du wirst, ok? Ich verspreche dir, es wird alles besser."
    Es waren Worte, die gut gemeint waren, aber sie nicht erreichten. Er hatte keine Ahnung davon in welchem Loch sie tatsächlich steckte und in welchem sie ihr übriges Dasein fristen musste, bis sie einen Weg finden würde alles wirklich zu beenden, ohne, dass man sie so fremdsteuerte und von ihrem Plan abhielt. Es gab kein Leben nach ihm - wie sollte es auch?
    Die Monotonie prügelte jede Schönheit aus diesem letzten Kuss heraus und jetzt, im Angesicht der eiskalten und leblosen Realität, schritt Vigilio vor ihr durch dieses rechte, zweite Tor von zweien und lies sich anstandslos scannen während sein Tascheninhalt separat in Augenschein genommen wurde und ein anderer Mitarbeiter grob seinen Körper nach Verstecktem abtastete. "Guten Morgen.", begrüßte ihn der Security. "Bitte die Arme ausbreiten."

    Luceija sah den Typen nicht, der nach ihrem Bruder auch sie durchsuchen würde. Zuerst aber hatte sie durch diese Schleuse zu laufen und trat mit den klackernden Absätzen hindurch. Das Kinn allmählich wieder angehoben - spätestens aber, als das Gerät einen unangenehmen Signalton in Form eines Alarmes aussties und der Scannerstrahl rötlich leuchtete. "Kommen Sie bitte zu mir durch, Miss.", forderte der Mann sie auf. "Was haben Sie bei sich?", wollte er wissen und der tote, aber angehobene Blick der Sizilianerin sah leblos in die Augen des Gegenübers, wo sie ein erstes Mal, noch irrelevant, log. "Nichts."
    "Gut, stellen Sie sich hier hin, Arme auseinander bitte.", antwortete er hingegen in einer Routine die versprach, dass er WUSSTE, dass sie etwas zumindest Anmeldepflichtiges oder gar verbotenes bei sich haben musste. Sie kooperierte, sah dieses Mal aber nichtmehr in eine Richtung die Leif treffen sollte und wollte diese Qual weiter vermeiden, als die Hände ihre Kleidung und Arme abfuhren um etwas zu finden, was der Scanner schon längst registriert haben musste. Und kaum, dass er an ihrer Hüfte angekommen war, fanden seine Behandschuhten Finger etwas in ihrer linken Hosentasche.
    "Miss, bitte leeren sie die Taschen."
    Von missbilligendem Gesichtsausdruck gezeichnet griff sie in die besagte Tasche und zog ein orangefarbenes Röhrchen heraus, in welchem bereits mehrere Pillen fehlten und stark an das Zeug erinnerte, mit welchem sie sich beinahe in den Exitus geschossen hätte. Allerdings waren die hier ohne Beschriftung. Der Mann schüttelte es leicht, suchte es nach einem Etikett ab das nicht existierte und fragte skeptisch: "Wofür genau sind diese Pillen?" "Für meine Therapie.", antwortete Luci mit Halbwahrheiten. Das war natürlich Unsinn. Es waren sehr stark dosierte Beruhigungsmittel von denen sie wusste, dass sie sie heute brauchen würde, weil sie anderweitig kaum überlebensfähig war. "Die sind nicht angemeldet. Hat die Ihnen ihr Arzt verschrieben?" Luci sagte einen Moment lang nichts. Wagte aber auch nicht, nach 'ihrem Arzt' zu suchen, dessen Doppeldeutigkeit dem Security nicht bewusst werden konnte weil er ihren Fall nicht kennen würde. Sie würde Leif nicht darauf ansprechen können. Stattdessen versuchte sie sich herauszureden. "Nein. Eh-...ja. Das sind meine Immunsuppressiva - die nehme ich seit der Transplantation."
    Nicht ganz falsch, aber DAS waren sie nicht. Und der Wachmann schien es zu ahnen. "Wenn Sie keine schriftliche Erklärung dabei haben muss ich die Tabletten leider einziehen.", beschloss er, stellte die Tabletten auf einem Tisch in einer Schale hinter ihm ab, wo bereits schon andere Sachen mangels Einwilligungen eingezogen wurden. Aber ganz fertig schien er mit der Sizilianerin noch nicht, die sich von ihm ab und neben Vigilio platziert hatte. Er klopfte an sein Ohr. "Tragen Sie einen Communicator?" Sie schüttelte den Kopf. "Dann müssen Sie hierbleiben und diesen Zettel ausfüllen - das Gericht wird Ihnen einen stellen. Setzen Sie ihn ein und stellen Sie ihn an, die Nutzung ist hier obligatorisch."

    Er deutete zu einem Datapad auf dem nahen Tisch und einem Stift, der daneben bereit lag. "Dokument zwei. Nächste..."



    Die einzig wirkliche Qual in diesem Tag bestand darin das er allein hier war. Das sie die erklärte Gegenseite seiner Anwälte bildete, man getrennt angereist und auseinander gerissen worden war, als sei das alles zwischen ihnen nichts weiter als eine von Eltern verbotene Liebe zwischen Teenagern. Und sein Verbot war diese Schwarzhaarige. Diese Frau die nie weniger für ihn gewesen war, als ein Bild beispielloser Schönheit. Auch wenn sie nichts davon verstand. Wenn sie keinen Schimmer hatte wie tief sich diese Liebe selbst jetzt mit jedem Moment mehr in seinen Brustkorb trieb. Die nicht ahnen konnte wie akribisch er sie auch in diesem Moment musterte, ihr müdes Gesicht abtastete, bedauerte, das vielleicht er der Grund hierfür war. Und das er doch diese Chance sah, die mit ihrem unverhofften Kuss den Anfang genommen hatte. Eine Möglichkeit den Rest seines Lebens um Vergebung für etwas zu bitten, für das sie den Preis zahlte. Diese eine Sache die es ihr im Grunde verbieten müsste ihn zu lieben. Noch irgendwelche Gefühle zu haben, die nicht auf Abscheu basierten. Er wusste was er getan hatte. Das wusste er wirklich. Dennoch war er nie so egoistisch wie jetzt. Als er den ersten Schritt unter den Bogen tat, hinter dem sie noch immer mit der eigenen Kontrolle beschäftigt war, obgleich Alicia und Max schon vor ihm gegangen waren.

    Natürlich war ihm kein Detail der Unterhaltung entgangen, während der Schwede selbst nahtlos in das Herzstück der kleinen Vorhalle eintreten durfte. Die Leute sahen ihn automatisch anders an, sobald sie dieses "Doktor" vor seinem Namen auf dem Ausweis prangen sahen. Man machte ihn größer als er war, während keiner hier vorne wusste in welcher Position er sich hier im Gebäude eigentlich befand. Und so schwer es war die Fassade des geleckten Arztes aus einschlägiger Familie zu wahren, wenn sie nahe war, so professionell tat er es und platzierte sich unmittelbar neben ihr am Tresen. Ungefragt, verstand sich.
    "Haben Sie Stift und Papier für mich? Oder was vergleichbares.", sprach der Blonde den Mann hinter dem Tresen unvermittelt an. Der hob die Brauen auf eine Leif nur zu bekannte Art. "Ich gehe davon aus das Miss Ascaiath meine schriftliche Erklärung bezüglich ihrer Medikamente mitführen muss, solange sie sich im Gericht bewegt?", fragte er ein weiteres Mal und spiegelte die Geste des uniformierten Mannes schließlich. "Also? Stift, Papier und die Corticosteroide die Sie ihr eben abgenommen haben. Bitte."
    Der hinter dem Tresen abgestellte Kerl warf einen skeptischen Seitenblick auf seinen Kollegen, der zögerlich, aber überzeugt nickte.
    "Wir haben kein separates Formular dafür, die Leute bringen für gewöhnlich nicht ihren Arzt persönlich, sondern lediglich eine Verordnung oder sowas mit.", bemerkte der Mann, schob ihm aber zeitgleich widerwillig ein blankes Blatt hin und legte einen Stift nach. Leif entwischte tatsächlich eine Form des Lächelns und das obwohl er die Frau die so verdächtig dicht neben ihm stand nicht einmal ansah. Er wollte. Aber sein Kopf hätte sofort auf eine viel weniger professionelle Art des Denkens umgestellt und der Mann vor ihm sich vielleicht nicht mehr linken lassen, während Leif überaus routiniert den Namen Luceijas auf das Papier kritzelte, sämtliche Daten - die er ohne weiteres auswendig kannte - einfügte und bei der Indikation stockte, worauf er Alicia und ihren Begleiter ansah.
    "Wenn du morgen nicht als Assistenzärztin bei mir anfangen willst, sei ein bisschen diskreter.", bat er sie wenig forsch, leitete sie aber geschickte dazu an den Abstand auszubauen. Ihr gefiel nicht wie die Dinge bereits jetzt liefen, denn ihre Bilanz sollte so tadellos bleiben wie bisher. Er verstand das. Dieser rational denkende, alte Leif tat das wirklich. Nicht aber der Mann der nur diese eine Schwäche hatte und dieses Schriftstück ganz ungeniert fälschte, während alle auf ihn warteten und mehr oder weniger Löcher in die Luft starrten. Das hier war seine einzige Möglichkeit die Dinge in Angriff zu nehmen. Zugegeben, subtiler als Luceija, denn er zog sich "nur" die Visitenkarte ihres Bruders aus dem Jacket, die dort schon seit einer halben Ewigkeit ruhte und ihm jetzt die einzige Grundlage zum Schreiben gab die er brauchte. Das der Mann vor ihm derselben Bitte gefolgt war wie Alicia, war pures Glück. Eines das Leif gestattete die Rückseite der winzigen Karte nebenbei um ein vielfaches schneller zu beschreiben*, im Anschluss das eigentliche Schriftstück fertigzustellen, Luceija über der Visitenkarte zuzuschieben und sie scheinheilig selbst noch unterschreiben zu lassen. Wer wusste schon an wie viele Vorschriften man sich hier noch klammerte? Nur fast steckte er den geliehenen Stift im Anschluss mit ein, besann sich aber und lächelte dieses scheinheilige, weiße Lächeln eines bloßen Tollpatsch in Richtung seines Gegenübers, bevor er das Formular für den gestellten Übersetzer, sowie das Gerät selbst zugeschoben bekam.


    *
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    Die Rückseite der Visitenkarte, kaum leserlich beschrieben mit der Adresse:
    Blackfriar Crown Court
    - London Court Of Interplanetary Matters (Europe) -
    1-15 Pocock St
    London SE1 0BT
    Vereinigtes Königreich

    ... auf der rechten Seite, im Stile einer Postkarte, während zur Linken ein lächerlich hässlich gekritzelter Elch angedeutet wird, unter dem steht - versehen mit einem Pfeil auf die Adresse hindeutend:

    "Ich habe nie an gewöhnlichen Orten zu dir gefunden, Müslischleuder. Mehr noch für alles andere liebe ich dich. Erste Verhandlungspause? Wo auch immer."
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  2. #82
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    Die einzig wirkliche Qual in diesem Tag bestand darin das er allein hier war. Das sie die erklärte Gegenseite seiner Anwälte bildete, man getrennt angereist und auseinander gerissen worden war, als sei das alles zwischen ihnen nichts weiter als eine von Eltern verbotene Liebe zwischen Teenagern. Und sein Verbot war diese Schwarzhaarige. Diese Frau die nie weniger für ihn gewesen war, als ein Bild beispielloser Schönheit. Auch wenn sie nichts davon verstand. Wenn sie keinen Schimmer hatte wie tief sich diese Liebe selbst jetzt mit jedem Moment mehr in seinen Brustkorb trieb. Die nicht ahnen konnte wie akribisch er sie auch in diesem Moment musterte, ihr müdes Gesicht abtastete, bedauerte, das vielleicht er der Grund hierfür war. Und das er doch diese Chance sah, die mit ihrem unverhofften Kuss den Anfang genommen hatte. Eine Möglichkeit den Rest seines Lebens um Vergebung für etwas zu bitten, für das sie den Preis zahlte. Diese eine Sache die es ihr im Grunde verbieten müsste ihn zu lieben. Noch irgendwelche Gefühle zu haben, die nicht auf Abscheu basierten. Er wusste was er getan hatte. Das wusste er wirklich. Dennoch war er nie so egoistisch wie jetzt. Als er den ersten Schritt unter den Bogen tat, hinter dem sie noch immer mit der eigenen Kontrolle beschäftigt war, obgleich Alicia und Max schon vor ihm gegangen waren.

    Natürlich war ihm kein Detail der Unterhaltung entgangen, während der Schwede selbst nahtlos in das Herzstück der kleinen Vorhalle eintreten durfte. Die Leute sahen ihn automatisch anders an, sobald sie dieses "Doktor" vor seinem Namen auf dem Ausweis prangen sahen. Man machte ihn größer als er war, während keiner hier vorne wusste in welcher Position er sich hier im Gebäude eigentlich befand. Und so schwer es war die Fassade des geleckten Arztes aus einschlägiger Familie zu wahren, wenn sie nahe war, so professionell tat er es und platzierte sich unmittelbar neben ihr am Tresen. Ungefragt, verstand sich.
    "Haben Sie Stift und Papier für mich? Oder was vergleichbares.", sprach der Blonde den Mann hinter dem Tresen unvermittelt an. Der hob die Brauen auf eine Leif nur zu bekannte Art. "Ich gehe davon aus das Miss Ascaiath meine schriftliche Erklärung bezüglich ihrer Medikamente mitführen muss, solange sie sich im Gericht bewegt?", fragte er ein weiteres Mal und spiegelte die Geste des uniformierten Mannes schließlich. "Also? Stift, Papier und die Corticosteroide die Sie ihr eben abgenommen haben. Bitte."
    Der hinter dem Tresen abgestellte Kerl warf einen skeptischen Seitenblick auf seinen Kollegen, der zögerlich, aber überzeugt nickte.
    "Wir haben kein separates Formular dafür, die Leute bringen für gewöhnlich nicht ihren Arzt persönlich, sondern lediglich eine Verordnung oder sowas mit.", bemerkte der Mann, schob ihm aber zeitgleich widerwillig ein blankes Blatt hin und legte einen Stift nach. Leif entwischte tatsächlich eine Form des Lächelns und das obwohl er die Frau die so verdächtig dicht neben ihm stand nicht einmal ansah. Er wollte. Aber sein Kopf hätte sofort auf eine viel weniger professionelle Art des Denkens umgestellt und der Mann vor ihm sich vielleicht nicht mehr linken lassen, während Leif überaus routiniert den Namen Luceijas auf das Papier kritzelte, sämtliche Daten - die er ohne weiteres auswendig kannte - einfügte und bei der Indikation stockte, worauf er Alicia und ihren Begleiter ansah.
    "Wenn du morgen nicht als Assistenzärztin bei mir anfangen willst, sei ein bisschen diskreter.", bat er sie wenig forsch, leitete sie aber geschickte dazu an den Abstand auszubauen. Ihr gefiel nicht wie die Dinge bereits jetzt liefen, denn ihre Bilanz sollte so tadellos bleiben wie bisher. Er verstand das. Dieser rational denkende, alte Leif tat das wirklich. Nicht aber der Mann der nur diese eine Schwäche hatte und dieses Schriftstück ganz ungeniert fälschte, während alle auf ihn warteten und mehr oder weniger Löcher in die Luft starrten. Das hier war seine einzige Möglichkeit die Dinge in Angriff zu nehmen. Zugegeben, subtiler als Luceija, denn er zog sich "nur" die Visitenkarte ihres Bruders aus dem Jacket, die dort schon seit einer halben Ewigkeit ruhte und ihm jetzt die einzige Grundlage zum Schreiben gab die er brauchte. Das der Mann vor ihm derselben Bitte gefolgt war wie Alicia, war pures Glück. Eines das Leif gestattete die Rückseite der winzigen Karte nebenbei um ein vielfaches schneller zu beschreiben*, im Anschluss das eigentliche Schriftstück fertigzustellen, Luceija über der Visitenkarte zuzuschieben und sie scheinheilig selbst noch unterschreiben zu lassen. Wer wusste schon an wie viele Vorschriften man sich hier noch klammerte? Nur fast steckte er den geliehenen Stift im Anschluss mit ein, besann sich aber und lächelte dieses scheinheilige, weiße Lächeln eines bloßen Tollpatsch in Richtung seines Gegenübers, bevor er das Formular für den gestellten Übersetzer, sowie das Gerät selbst zugeschoben bekam.


    *
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    Die Rückseite der Visitenkarte, kaum leserlich beschrieben mit der Adresse:
    Blackfriar Crown Court
    - London Court Of Interplanetary Matters (Europe) -
    1-15 Pocock St
    London SE1 0BT
    Vereinigtes Königreich

    ... auf der rechten Seite, im Stile einer Postkarte, während zur Linken ein lächerlich hässlich gekritzelter Elch angedeutet wird, unter dem steht - versehen mit einem Pfeil auf die Adresse hindeutend:

    "Ich habe nie an gewöhnlichen Orten zu dir gefunden, Müslischleuder. Mehr noch für alles andere liebe ich dich. Erste Verhandlungspause? Wo auch immer."


    Längst stand sie an diesem Tresen. Ihre zittrigen Finger hatten sich nur schlecht beruhigt, den Stift zu umfassen glich einer Mammutaufgabe und stellte sie vor ernsthafte Verzweiflungen. Sie verfluchte sich selbst, bog den digitalen Stift beinahe so, dass er zerbrach, weil sie sich so unnatürlich stark daran festklammerte. Sie schnaubte, frustriert. Und ihr Zustand besserte sich nicht, als sie die Stimme neben sich hörte - viel ZU nah - die mit der Mischung aus Professionalität und Arroganz an ihrer Statt die Aufgabe übernahm sich zu rechtfertigen. So gesehen: Ja. Er WAR ihr Arzt. Aber keiner wusste, wie lange noch. Und ob sie sich im Anschluss an diese Farce hier jemals wiedersehen würden. Nein, vermutete ihr Innerstes. Selbst, nachdem er den eben überschwänglich erbrachten Kuss entgegengenommen und erwidert hatte - sie sassen noch nicht mal vor Gericht und ihre Welt war schon mehrfach zusammengebrochen. Besser wurde es nicht als sie mit ihren leeren Blicken dieses Formular ausfüllte und ihren Namen unleserlich in die Zeilen krakelte. Zum Glück war für diesen Communicator nicht viel mehr nötig als ihre grundlegendsten Angaben, die sie gerade so aus ihrem überschwemmten Kopf herausbekommen konnte. Inklusive dieser Unterschrift, ausladend, schnörkelig und noch viel weniger leserlich als ihre Handschrift. "Luceija Natalicia Ascaiath". Sie starrte den eigenen Namen an, als könnte er enthüllen, wie sie ihr Leben künftig zu leben hatte. Ohne diesen Schweden neben sich stehen zu haben, der sie selbst jetzt, bei so einer Trivialität, hinuntergebeugt zum Formular, überragte und, wie sie sicher wusste, einer, nein, der schönste Mann war, den sie jemals betrachten durfte. So irreal großherzig und selbstlos, professionell, arrogant, humorvoll und selbst mit diesem eindeutig künstlichen Lächeln so perfekt, dass es schmerzte. Wie in aller Welt war sie nur darauf gekommen, dass das hätte gut gehen können?
    Sie klatschte etwas zu heftig den Stift auf das Datapad und reichte beides zu der Person auf der anderen Seite.

    Etwas irritiert und hilflos stand sie neben ihm. Sah eher beiläufig auf das, was Leif da vor sich ausfüllte, unbewusst und wartend, bis man ihr den Communicator aushändigte. Sie zog verwirrt die Brauen zusammen, als sie tatsächlich ihre eigenen Daten auf dem Blatt herauslesen konnte. Eine Kunst, wenn man die Ärzteschrift bedachte, mit der er vor sich hinkritzelte. Aber...tat er das wirklich?! Sie hatte es für einen Spruch gehalten der keinen Anklang finden würde, aber-..er tat das wirklich. Diese Mittel, Beruhigungsmittel des Todes, die sie naiv mitgeführt hatte wieder auszulösen, damit sie sie mitnehmen konnte. Einmal mehr drückte man ihr Innerstes zusammen. Tat er das wirklich? Für Sie? Wieder? Ihre Gedanken unterbrachen sich, als die Schachtel mit dem Communicator vor ihr hingeschoben wurde. "Tanti grazii", antwortete sie dem Mann auf Sizilianisch und wollte sich gerade abwenden, primär, weil sie den Zwist den sie in seiner Nähe empfand, kaum ertragen konnte, da schob sich dieses Blatt unter seiner Hand vor sie und fügte den Stift hinzu. Nur kurz, aber rückversichernd, blickte sie zur Seite und für ein paar Sekunden mit ihren von winzigen Tränenresten beklebten Augen in seine, die nicht weniger schlaflos, aber um so viel schöner waren. Es hätten Jahre sein können, in denen sie ihn so ansah. Es hätte sie vermutlich gerettet. Jetzt, musste sie den Schein wieder wahren, stark sein, auf Zora hören, ihre Vernunft einblenden und ihr Herz ausschalten - dachte sie. Es war keine perfekte Tarnung, wie sich diese beschriebene, winzige Karte unter dem Blankoblatt abzeichnete, dass er mit ihren Daten und dem Medikamentennamen gefüllt hatte. Für einen Moment blieb sie an seiner Schrift hängen und ihre Fingerkuppen wollten darüberstreichen - scheinbar. Tatsächlich übte sie nur einen leichten Druck auf die Stelle aus, an welcher die Karte lag, erkannte aber nicht so viel. Also nahm sie den Stift, improvisierte, versuchte sich an einer Unterschrift, aber tat so, als schreibe der Kugelschreiber nicht mehr. "Der funktioniert nicht.", log sie bitter und schob ihn über den Tisch. "Haben Sie einen anderen?" "Da muss ich schauen..moment." Der Mann war abgelenkt und Luci...schob das Blatt vorsichtig und leicht zur Seite und las diese winzigen Zeilen.

    Sie entließ ein zittriges Schnauben, dass ein Wimmern hätte werden sollen. Die Worte...was dort stand und wie er diese Karte provisorisch umgebaut hatte, traf sie irgendwo an eine Stelle in der Brust und quetschte all ihr Leben heraus. Dass er sie liebte. Sie zog die Luft scharf ein und nickte ein aufgesetztes, aber auch durch diese Worte irgendwie hervorgelocktes, tragisches Lächeln nach oben und nahm den neuen Stift entgegen. Sie hatte nicht viel Zeit um zu antworten. Nicht viel bei den Blicken. Aber es Gelang ihr, neben ihrer Unterschrift auf das Papier kurz darunter, auf der Karte, ein kleines Symbol zu malen, ein Piktogramm, welches man vermutlich überall als WC identifizierte. Der Stift fand den Weg auf das Blatt und ohne Leif nochmal anzusehen, schob sie alles zusammen zu ihm zurück.
    "Danke..". Klang es wie ein Danke zum Mann hinter dem Tresen. Aber es galt nur ihm. Bis sie ging.
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  3. #83
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Wieso hatte er das nicht kommen sehen? Tagelang war Leif nicht klar gewesen was dieses Stück Papier aussagte. Papier wenn man es denn handfest machte. Er hingegen hatte es ignoriert. Sicher. Auch der Umstände halber. Immerhin war da Diggle, der seinen Brustkorb durchsiebt hatte. Stiche die er selbst jetzt noch vernahm. Gerade jetzt. War er hingegen ehrlich, wusste wohl jeder Anwesende hier WO aber genau seine Gedanken gewesen waren. In dieser Nacht, aber auch in sämtlichen Wochen davor, in denen er unbewusst so hart daran arbeitete seinen mühevoll aufgebauten Ruf gegen die nächstbeste Wand zu fahren. London schien das Ziel dieser Fahrt. In den Schritten die er aus diesem Aufzug tat, stumm hinter allen anderen durch diesen kargen Flur mit seinen nobel silbrigen Türschildern und eingravierten Lettern ging und sich dem stellte. Viel zu spät. Viel zu viel Zeit hatte Leif vergehen lassen. Sich nicht darauf vorbereitet was dieser Gang für ihn meinte. Und so war es nur natürlich das er zögerte. Das er die "Einladung" des schon bereitstehenden Gerichtsdieners an der Tür nur zögerlich annahm, von Alicia getrieben, wie unter einem Schirm der ihn vor stärkstem Regenguss schützen wollte und mit seinem Schwall von der Außenwelt abschnitt. Wie war er so plötzlich hier gelandet? Wie hatte dieser Saal, den alle mehr oder weniger nach einer mehrminütigen Sammlung, die völlig an ihm vorbei lief, zum Ziel seiner Identität werden können?

    Er bewegte sich für aller Augen irgendwie unnatürlich. Weniger leichtfüßig, weniger selbstbewusst. Seine Hände waren nicht geöffnet, stattdessen gingen sie in regelmäßigen, synchronen Bewegungen auf und zu, während seine Schritte schier immer langsamer wurden. Das hier war das Ende, oder? Sein Gesicht schien die Antwort zu kennen. Die Lippen halbfest aufeinandergepresst, seine Zahnreihen sichtbar knirschend und seine Augen-...Seine Augen sahen nichts weiter als diesen Stuhl auf den seine Anwälte ihn baten. Der Raum war weniger groß als gedacht. Das sah Leif spätestens als seine grauen Augen die gleichfarbigen Wände und die Decke trafen. Und doch kam ihm der Aufbau unmittelbar vor dem für ihn reservierten Platz gigantisch vor. Ohne Zweifel erhaben, so wie er auf ihn wirken sollte. Niemand saß dort, aber dieser Moment den er plötzlich fürchtete, würde nicht lange auf sich warten lassen. Minuten noch, in denen sich dieses Gefühl zweifellos weiter so durch seinen Magen ziehen würde. Die sich tief in sein Innerstes fressende Gewissheit das er ab diesem Zeitpunkt nichts mehr in der Hand hatte. Das das hier sein Ende sein konnte. Ein Ende dessen was er immer gewesen war und welches er so naiv nicht hatte kommen sehen. Ihm war übel und er war den Tränen nah, alles zur selben Zeit. Und während niemand das hier sehen sollte, wandte er sich vor dem hinsetzen ein letztes Mal um. Sah den Raum nach tiefschwarzem Haar ab und verlor die Orientierung. Dabei brauchte er genau das jetzt. Diese grünen Augen, dieser Blick, vielleicht ein stummes Nicken. Etwas das ihm zusichern würde, da draußen zu warten, egal was ab hier passierte. Er sah es nicht. Leifs Schulter wurde berührt, dann war es seine Wange. Die sanfte Hand einer Frau lenkte seinen Blick und schließlich ihn um. Bis er saß. Auf diesem Stuhl der ihm vorkam wie eine Schlachtbank.
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  4. #84
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    Wieso hatte er das nicht kommen sehen? Tagelang war Leif nicht klar gewesen was dieses Stück Papier aussagte. Papier wenn man es denn handfest machte. Er hingegen hatte es ignoriert. Sicher. Auch der Umstände halber. Immerhin war da Diggle, der seinen Brustkorb durchsiebt hatte. Stiche die er selbst jetzt noch vernahm. Gerade jetzt. War er hingegen ehrlich, wusste wohl jeder Anwesende hier WO aber genau seine Gedanken gewesen waren. In dieser Nacht, aber auch in sämtlichen Wochen davor, in denen er unbewusst so hart daran arbeitete seinen mühevoll aufgebauten Ruf gegen die nächstbeste Wand zu fahren. London schien das Ziel dieser Fahrt. In den Schritten die er aus diesem Aufzug tat, stumm hinter allen anderen durch diesen kargen Flur mit seinen nobel silbrigen Türschildern und eingravierten Lettern ging und sich dem stellte. Viel zu spät. Viel zu viel Zeit hatte Leif vergehen lassen. Sich nicht darauf vorbereitet was dieser Gang für ihn meinte. Und so war es nur natürlich das er zögerte. Das er die "Einladung" des schon bereitstehenden Gerichtsdieners an der Tür nur zögerlich annahm, von Alicia getrieben, wie unter einem Schirm der ihn vor stärkstem Regenguss schützen wollte und mit seinem Schwall von der Außenwelt abschnitt. Wie war er so plötzlich hier gelandet? Wie hatte dieser Saal, den alle mehr oder weniger nach einer mehrminütigen Sammlung, die völlig an ihm vorbei lief, zum Ziel seiner Identität werden können?

    Er bewegte sich für aller Augen irgendwie unnatürlich. Weniger leichtfüßig, weniger selbstbewusst. Seine Hände waren nicht geöffnet, stattdessen gingen sie in regelmäßigen, synchronen Bewegungen auf und zu, während seine Schritte schier immer langsamer wurden. Das hier war das Ende, oder? Sein Gesicht schien die Antwort zu kennen. Die Lippen halbfest aufeinandergepresst, seine Zahnreihen sichtbar knirschend und seine Augen-...Seine Augen sahen nichts weiter als diesen Stuhl auf den seine Anwälte ihn baten. Der Raum war weniger groß als gedacht. Das sah Leif spätestens als seine grauen Augen die gleichfarbigen Wände und die Decke trafen. Und doch kam ihm der Aufbau unmittelbar vor dem für ihn reservierten Platz gigantisch vor. Ohne Zweifel erhaben, so wie er auf ihn wirken sollte. Niemand saß dort, aber dieser Moment den er plötzlich fürchtete, würde nicht lange auf sich warten lassen. Minuten noch, in denen sich dieses Gefühl zweifellos weiter so durch seinen Magen ziehen würde. Die sich tief in sein Innerstes fressende Gewissheit das er ab diesem Zeitpunkt nichts mehr in der Hand hatte. Das das hier sein Ende sein konnte. Ein Ende dessen was er immer gewesen war und welches er so naiv nicht hatte kommen sehen. Ihm war übel und er war den Tränen nah, alles zur selben Zeit. Und während niemand das hier sehen sollte, wandte er sich vor dem hinsetzen ein letztes Mal um. Sah den Raum nach tiefschwarzem Haar ab und verlor die Orientierung. Dabei brauchte er genau das jetzt. Diese grünen Augen, dieser Blick, vielleicht ein stummes Nicken. Etwas das ihm zusichern würde, da draußen zu warten, egal was ab hier passierte. Er sah es nicht. Leifs Schulter wurde berührt, dann war es seine Wange. Die sanfte Hand einer Frau lenkte seinen Blick und schließlich ihn um. Bis er saß. Auf diesem Stuhl der ihm vorkam wie eine Schlachtbank.




    Eine Frage musste man sich zwangsläufig stellen. Vermutlich stellte er sie sich nun die gesamte Zeit über: 'Wie war es so weit gekommen?' Darauf gab es aber keine wirkliche, rationale Antwort. Außer, man war wie sie, die sich gerne und durchgehend Vorwürfe zu diesem Thema machte, im Wissen, dass es schlicht niemand anders es sein konnte, der hieran wirklich schuldig war. Sie war es. In dem Moment, in dem ihre Rückwärtsschritte unter Tränen im North Bent hinfällig wurden, sich von jeglicher Emotion untergraben ließen und sie die Nähe des Arztes in seiner Abteilung auf Proteus nicht ertragen hatte. Keinen Blick, keinen Atemzug. Sie hatte es tun müssen. Ein innerer Drang forderte sie dazu auf sich auf seinen Schoss zu setzen und ihn wieder zu küssen. Doch der einzige Ort an den sie sich nun setzte, war dieser Stuhl. Hinter einer kleinen Mauer, über der auf einer Seite eine kleine, holografische Anzeige schwebte und sowohl nach links als auch rechts hinter dem Bereich des eigentlichen Geschehens auf die leeren Stühle mit einem "Zeugen & Angehörige" verwies. Dort war jetzt ihr Ort. Distanziert von diesem Mann, der ihr eben noch die Karte zugespielt hatte und 'Mehr noch für alles andere liebe ich dich.' geschrieben hatte. Sie brach regelrecht auseinander. Zora und Vigilio hatten kaum gesprochen, alles, was sie taten, war sich hin und wieder das ein oder andere Wort zuzuflüstern, aber es half der Sizilianerin kaum, sich von dem Gedanken abzubringen, wie es Leif nun gehen musste. Oder was ihm wirklich durch den Kopf gehen musste. Sie nahm sich mit diesem falschen, aufgesetzten Äußeren und ihrer nun selbst aufgespielten Arroganz über ihrem toten Ausdruck heraus, ihn zu beobachten, wie er dort stand und rat- und hilflos um sich gesehen hatte. Panisch. Sie konnte ihm ansehen wie beschissen es ihm ging und wie tief dieser Schlund sein musste, der ihn immer tiefer zog...und sie unbewusst immer weiter mit. Und sie, Luceija, hätte es sein müssen, die seine Schulter berührte. SIE hätte es sein müssen, die nun bei ihm stand, die Hand auf seine Wange legte und ihn zurück zur Realität zog. Nicht diese....'Frau', als welche Luceija sie gedanklich nicht im geringsten bezeichnet hätte. Ihre innere Stimme verschrie sie noch am harmlosesten als Miststück, aber eigentlich waren es unzählige andere Begriffe die sie ihr an den verdammten Schädel werfen wollte bis sie blutend zu Boden ging. Ein irregeleiteter Hass auf eine Schuldige in diesem unsäglichen Gefühlschaos. Sie würde alles treffen und es war Luci recht, dass sie so schnell eine Schuldige hatte finden können. Ihre Finger krallten sich in die teure Hose am Oberschenkel ihres Bruders, obwohl ihre Mimik diese Wut nicht reflektierte, sondern immer kaltblütiger wurde.

    "Calma giù, calma giù. Beruhige dich.", bat er seine Schwester, zupfte ihre kleine Hand von seinem Bein und hielt sie hierauf fest. Nahm den Druck an, mit der sie um seine Finger griff. "Saresti tranquillo, Gil? Sareste davvero tranquilli se vi trovaste nella mia situazione? Wärst du ruhig, Gil? Wärst du wirklich ruhig wenn du in meiner Situation wärst?" wollte sie wissen und blieb dabei, passend zu dem was sie sagte, erstaunlich ruhig. Äußerlich jedenfalls. Aber sie nahm es sich zu Herzen, lies sich weiter die Hand halten und lies ihre müden Augen durch diesen Gerichtssaal streifen, der sich nach und nach mit immer mehr Leuten füllte. Es war hier nicht viel Platz, aber es war egal, wo der Saal genug hermachte. Die riesige Glasfassade zur Rechten der hier sitzenden war imposant und gab einen schicken Ausblick über diesen Stadtteil Londons und das Treiben auf den engen Strassen. Nicht die weitläufigste Ansicht aber imposant. Vermutlich würden nur die wenigsten die hier sassen die Möglichkeit haben diesen Ausblick zu bewundern. Die meisten würden wohl eher den dunklen Putz oder die Holzelemente anstarren, die sich aus dem Boden erhoben und zur Richter- und Zeugenbank wurden. Natürlich war die Architektur beeindruckend...aber er hatte dafür schon den Nerv, wenn es um, meist, das eigene Leben ging.

    Wenn Sie sich nun umsah, nicht zu weit und eher dezent über ihre Schultern hinweg, erkannte sie viele Personen die sie auch auf Proteus schon gesehen hatte. Nicht alle davon beim Namen, aber ein paar. Diese Frauen auf der gegenüberliegenden Seite der Zeugenplätze jedenfalls waren ihr nicht unbekannt: Es war ein Teil derer die ihr Maul zu weit aufrissen. Die an Leif geklebt hatten wie jetzt, wo sie auffällig unauffällig hinter seiner Seite Platz genommen hatten. Dann waren da noch, so weit vorne wie es ging, drei Reporterteams, die die Zeit nutzten ihre Kameras aufzustellen, sich eine gute Sicht im Raum zu gönnen und auf viel Schreibarbeit einzustellen. Von einem, oder besser zweien, wurden sie jedoch überrascht. Sie beide. Urplötzlich schreckte Luci herum, ihre Strähnen schlugen um sich, bis sie erkannte, dass es kein geringerer als ihr Vater war, der mit einem leichten Lächeln die Hand an die Wange seiner Tochter gelegt hatte. "La mia piccola Luceija è tornata. Si guarda bello. Mi ricordate davvero di vostra madre. Meine kleine Luceija ist tatsächlich zurück. Du siehst bezaubernd aus. Du erinnerst mich wirklich an deine Mutter." Zugegeben, es erschien ihr etwas viel auf einmal. Sie schien überfordert mit dieser Aussage, wusste für den Moment nicht, ob sie ihn nun Vater oder Gaius nennen sollte und nahm es einfach hin. Lies sich in diese italienische Begrüßung einbinden, an linker und rechter Wange küssen, kurz über die Wange streicheln lassen und für einen Augenblick konnte man wirklich glauben, Gaius hätte so etwas wie Stolz gegenüber seines Kindes gezeigt. Mit Vigilio verfuhr er ähnlich, drückte ihn aber noch an der Schulter und hielt schließlich für einen Moment beide an ihren Oberarmen zusammen, als sei ihm erst jetzt gewahr, was er wirklich vermisst hatte. Alessio, der mit seinem Bruder angekommen war, weil das Shuttle, wie sie sich erklärten, direkt von Neapel hier her geflogen war, begrüßte beide, seinen Neffen und seine Nichte, mit ähnlich herzlichem Ausdruck und Gesten. "Bello vedervi entrambi di nuovo. Schön euch beide wieder zu sehen."
    Fuer wirklich viel mehr blieb kaum Zeit als diese, kurze Begrüßung. Gaius jedoch beugte sich, nachdem er hinter seinen Kindern Platz genommen hatte, leicht nach vorne und flüsterte Vigilio die Frage zu: "E 'che lui? Ist er das?" und nickte in Leifs Richtung. Zwar hatte er, der selbst Anwalt war, ihn bereits gesehen, aber er wollte sich dennoch rückversichern. "Corretto. Richtig." Ein leicht anerkennendes 'Hmm!' folgte, er nickte zustimmend und lehnte sich schließlich in seinem Sitz zurück.

    Viel Zeit sich von seinem Flug zu erholen hatte der Italiener aber nicht. Sie alle nicht. Denn schon im nächsten Moment kam die ganze, restliche Entourage nach vorne und füllte, unter kritischen Blicken, die linke der beiden Tische. Es war der Anwalt und offenbar auch ein Hilfsarbeiter oder ähnliches, der an ihnen durch den Saal vorbei zog, das kleine Gatter oeffnete und schließlich am linken Tisch Platz nahm und der Gegenseite nur ein knappes Nicken schenkte. Und noch bevor Leif oder die anderen viel Zeit hatten sich zu arrangieren, schob der Helfer des Staatsanwaltes jedem der vorne Sitzenden ein Datapad unter die Nase. Leif. Alicia. Max. Seinem Vorgesetzten. Die Anklageschrift, die gleich verlesen wurde.. . Eine Bank ganz hinten Rechts wurde schließlich mit einigen Geschworenen gefüllt.

    Der Saal wurde ruhig, als sei es eine Kinovorstellung die gleich beginnen würde. Es hatte etwas gruseliges. Fehlte nur, dass die Lichter gedimmt wurden, was natürlich nicht geschah. Eine Protokollführerin setzte sich an seinen Platz und im nächsten Moment forderte eine Stimme: "Bitte erheben Sie sich." Und aus der Türe, hinter dem Pult, kam der Richter an seinen Tisch und alle setzten sich erst, als er bereits sass. Als sei er der Protagonist eines Theaters. Diese Inszenierung war so lächerlich. So lächerlich wie alles an diesem Tag. Und so unendlich vernichtend.

    "Guten Morgen meine Damen und Herren. Wir verhandeln heute, am..", Luceijas Blicke wanderte langsam am grauen Boden nach vorne hinauf und zum Schreibtisch des emsigen Richters. Er rief eine Datei auf, oder blätterte, denn man sah es nicht, "...das Strafverfahren gegen Doktor Leif Arvid Svensson." Beinahe gemütlich lehnte sich der Richter auf seinen Schreibtisch und verlas die Daten in einer einschlägigen Routine. Und das war Moment eins, an dem Luceija irgendwie verwirrt aussah. Sie hatte nie gewusst, dass er einen Zweitnamen hatte. Wie war der gleich...?
    "Beim Aufruf im Sitzungssaal sind erschienen: Der Angeklagte, Dr. Svensson mit ihren Verteidigern Miss Sjörgen und Mister Åberg. Erschienen sind außerdem die Zeugen..", er sah kurz auf und glich die vorliegenden Texte mit den Anwesenden ab. "Miss Luceija Natalicia Ascaiath, Miss Lisa Willoughby, Miss Hannah Michaels, Miss Heather Christensen, Mister Gaius Luciano Ascaiath, Mister Gaël Aguiler, Misses Zora Caroline Ascaiath, Mister Vigilio Gaius Ascaiath, Mister Arnou Daigle und Doktor-..", der Richter stockte kurz und schien Atem zu holen - was zwar ungewollt komisch anmuten musste aber wirklich Konzentration erforderte, "Doktor Abuyin ibn Djadir ibn Omar Kalid ben Hadji al Sharidi. Ich hoffe ich habe alles richtig ausgesprochen.

    Gut..ich stelle also fest, das Strafverfahren mit dem Aktenzeichen 427 Js 85472/07 gegen Dr. Svensson wegen unstandesgemäßem Verhalten durch sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses durch die Staatsanwaltschaft London im Auftrag der internationalen Ärztekammer der Erde erfolgt.

    Damit kommen wir zu Ihnen, Doktor Svensson und ihren Angaben zur Person"
    , er überblickte den Saal und damit dann auch Leif von seiner exponierten Position aus und beäugte ihn kritisch, bevor er verlas, "die Sie wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten haben.
    Bitte geben Sie uns ihren Namen, ihren Geburtstag und -ort und ihre Staatsangehörigkeit an."
    Luceija ist offline

  5. #85
    corridore netto  Avatar von eis engel
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    Verwirrt richtete sie sich wieder auf und blickte zur großen Terrasse. Es war immer noch Dunkel draußen und einen Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie höchsten anderthalb Stunden geschlafen hatte.
    Umständlich kämpfte sie sich aus dem weichen Bett heraus, holte sich ein Glas Wasser und setzte sich an den Tisch.
    Irgendwie fühlte sie sich alleine. Die schwarzhaarige holte ihren Laptop heraus, checkte ihre E-Mails und trank ein Schluck Wasser, während sie las. Sie hoffte von ihren Freundinnen Violet oder gar Liz eine Nachricht im Eingang liegen zu haben, doch da war nichts, nur Geschäftskunden oder Spam.
    Jade seufzte leise.
    Aber was sollte sich auch erwarten? Immerhin wurde sie für Tod erklärt, dass ihre Freundinnen sich da schwer taten zu glauben, dass sie noch am Leben war, konnte sie auch irgendwo nachvollziehen. Vielleicht musste sie ja den ersten Schritt machen...
    Mit zittrigen Händen suchte sie Violets Kontaktdaten und wählte ihre Nummer.
    Es dauerte einen Moment, bis die Verbindung stand und jemand den Videoanruf entgegen nahm. Ein flimmerndes Bild baute sich auf dem Monitor und die schwarzhaarige trauten ihren Augen nicht, als sie zwei bekannte Gesichter sah.
    "Violet? Liz? Seid ihr es wirklich?"

    "Jade... B... bist du es w... wirklich? A... ber w... wie?" stotterte die junge Spanierin und konnte es kaum glauben, dass eine ihrer besten Freundinnen lebend am Bildschirm auftauchte, obwohl sie tot sein müsste. Liz hatte es mit eigenen Augen gesehen, Jade starb in ihren Armen.
    "Wie?" wiederholte Liz die Frage stockend, während ihr Tränen der Freude über die Wange liefen.
    Violet deutlich gefasster, als ihre Freundin Liz, immerhin hatte sie mit Jade schon Kontakt gehabt, lächelte glücklich. Sie war froh darüber, dass das Trio wieder zusammen war.
    "Ja Lil, ich bin es wirklich!" begann die schwarzhaarige mit Tränen in den Augen am anderen Ende der Leitung, wischte sich die Tränen weg und sprach weiter.
    "Das ist eine lange Geschichte, aber kurz gesagt.... Nachdem du gegangen warst, hat mich ein Arzt gefunden, mich mit irgendwelchen Medikamenten vollgepumpt, die mich am Leben halten. Er hat mich dann zu seiner Klinik gebracht, wo er mich die letzten Jahre aufgepeppelt hat."
    "Warum hast du denn kein Lebenszeichen von dir gegeben? Ich bin jahrelang davon ausgegangen, dass du Tod bist... hab mir Vorwürfe gemacht, weil ich nicht rechtzeitig da war, um dich zu retten..." schluchzte die Spanierin vorwurfsvoll.
    "Es tut mir leid, aber ich konnte nicht! Die Versuche, die Joachim Schmidt mit mir gemacht hatte, mussten erstmal behoben werden, ich war gut ein Jahr außer Gefecht und anschließend musste ich wieder in ein normales Leben zurück finden. Und dann, nach so langer Zeit.... hättest du es mir denn geglaubt? Vermutlich nicht!" erklärte die schwarzhaarige.
    "Da könntest du Recht haben." erwiderte Liz und blickte auf den Monitor, in Jade´s Gesicht.
    "Ich könnte nicht nur, ich habe Recht!" erwiderte die schwarzhaarige lächelnd. Liz schmunzelte.
    "Wo bist du eigentlich?" mischte sich nun Violet ein.
    "In London, in einem Luxus Hotel. Ich bin mit Zora Terrence hier her gekommen wegen der Gerichtsverhandlung von Leif Svensson. Allerdings musste ich absagen, als es darum ging als Zeugin aus zu sagen. Ich meine, ich kenne Leif nicht einmal persönlich, hätte ihm bestenfalls mit Kontakten helfen können, die in die Angelegenheit involviert wären." antwortete Jade.
    "Du wärst da ne bessere Zeugin gewesen, Lilu!" meinte Violet schließlich.
    "Ich denke nicht! Es ist immerhin zwei Jahre her, wo ich mit ihm zusammen gearbeitet hatte und das kurze Wiedersehen in Proteus vor ein paar Tagen... ich weiß nicht, er wirkte ziemlich fertig." antwortete Liz.
    "Lilu? Und was hast du auf Proteus gemacht?" lenkte die schwarzhaarige ab.
    "Darüber darf sie nicht reden!" kicherte Violet.
    "Verstehe, neuer Auftraggeber!" lachte die schwarzhaarige.
    "Wie in alten Zeiten!" sagte Violet und die drei lachten.
    "Und was macht ihr schönes? Wo seid ihr?" wollte Jade wissen.
    "Also....... wir sind auf der Citadel und ich arbeite für einen gewissen Stephen Connor, muss für ihn Informationen zusammen suchen. Außerdem hat sich heraus gestellt, dass dieser Connor Lilu´s Halbbruder ist." erzählte die junge Hackerin.
    "Was erst noch bewiesen werden muss!" protestierte die Spanierin.
    "Es ist bewiesen, Lilu! Ich habe deine komplette Vergangenheit hier auf dem Rechner. Ob du Stephen eine Chance geben willst, ist deine Sache!" antwortete Violet.
    "Connor lebt noch? Und was bedeutet Lilu?" hakte die schwarzhaarige verwirrt nach.
    "Ich wollte ihn töten, hab es aber nicht geschafft. Connor verfügt über die selben Fähigkeiten, wie ich... Killergen!" antwortete die Spanierin.
    "Und Lilu bedeutet Liz Luna!" kicherte Violet.
    "Irgendwie süß!" kicherte die schwarzhaarige.
    "Na großartig, jetzt hab ich tatsächlich einen neuen Spitznamen!" gab die Spanierin gespielt beleidigt zurück und die anderen beiden lachten.
    "Sag mal Jade, hast du nicht Lust hier her zu kommen? Brauchst nicht mal ein Apartment, kannst bei mir bleiben!" schlug Violet plötzlich vor.
    "Gute Idee!" bestätigte Liz den Vorschlag.
    Jade schien einen kurzen Moment zu überlegen und willigte schließlich ein.
    "Sehr gerne. Außerdem möchte ich mir ungern das Aufeinandertreffen von Stephen und Lilu entgehen lassen!" grinste die schwarzhaarige breit. Liz seufzte, während Violet sich auf dem Stuhl kringelte vor Lachen.
    Dann wurde es still und Jade schien irgendwas an ihrem Laptop zu machen.
    "Habe eben den Flug gebucht, komme Morgen Vormittag auf der Citadel an. meinte Jade schließlich.
    "Großartig, wir holen dich dann ab!" erwiderte die Spanierin fröhlich.
    "Wir bereiten hier schon mal alles vor!" sagte Violet dann und die drei verabschiedeten sich.

    Die Verbindung brach ab und Jade war wieder alleine. Sie schrieb Oliver noch eine Nachricht und sagte das Date ab, welches sie heute mit ihm gehabt hätte.
    Dann hüpfte sie unter eine heiße Dusche und bestellte anschließend ein Taxi. Während sie auf das Taxi wartete, packte sie ihren Koffer und räumte das Apartment ein wenig auf. Sie hasste es ein Raum unordentlich zu verlassen. Danach ging sie runter und gab die Keycard ab. Das Taxi wartete bereits vor der Eingangstür. Sie stieg ein und das Taxi fuhr los....

    ~•~ Lavoriamo al buio, per servire la luce. Siamo assassini! ~•~
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  6. #86
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Zitat Zitat von Luceija Beitrag anzeigen



    Eine Frage musste man sich zwangsläufig stellen. Vermutlich stellte er sie sich nun die gesamte Zeit über: 'Wie war es so weit gekommen?' Darauf gab es aber keine wirkliche, rationale Antwort. Außer, man war wie sie, die sich gerne und durchgehend Vorwürfe zu diesem Thema machte, im Wissen, dass es schlicht niemand anders es sein konnte, der hieran wirklich schuldig war. Sie war es. In dem Moment, in dem ihre Rückwärtsschritte unter Tränen im North Bent hinfällig wurden, sich von jeglicher Emotion untergraben ließen und sie die Nähe des Arztes in seiner Abteilung auf Proteus nicht ertragen hatte. Keinen Blick, keinen Atemzug. Sie hatte es tun müssen. Ein innerer Drang forderte sie dazu auf sich auf seinen Schoss zu setzen und ihn wieder zu küssen. Doch der einzige Ort an den sie sich nun setzte, war dieser Stuhl. Hinter einer kleinen Mauer, über der auf einer Seite eine kleine, holografische Anzeige schwebte und sowohl nach links als auch rechts hinter dem Bereich des eigentlichen Geschehens auf die leeren Stühle mit einem "Zeugen & Angehörige" verwies. Dort war jetzt ihr Ort. Distanziert von diesem Mann, der ihr eben noch die Karte zugespielt hatte und 'Mehr noch für alles andere liebe ich dich.' geschrieben hatte. Sie brach regelrecht auseinander. Zora und Vigilio hatten kaum gesprochen, alles, was sie taten, war sich hin und wieder das ein oder andere Wort zuzuflüstern, aber es half der Sizilianerin kaum, sich von dem Gedanken abzubringen, wie es Leif nun gehen musste. Oder was ihm wirklich durch den Kopf gehen musste. Sie nahm sich mit diesem falschen, aufgesetzten Äußeren und ihrer nun selbst aufgespielten Arroganz über ihrem toten Ausdruck heraus, ihn zu beobachten, wie er dort stand und rat- und hilflos um sich gesehen hatte. Panisch. Sie konnte ihm ansehen wie beschissen es ihm ging und wie tief dieser Schlund sein musste, der ihn immer tiefer zog...und sie unbewusst immer weiter mit. Und sie, Luceija, hätte es sein müssen, die seine Schulter berührte. SIE hätte es sein müssen, die nun bei ihm stand, die Hand auf seine Wange legte und ihn zurück zur Realität zog. Nicht diese....'Frau', als welche Luceija sie gedanklich nicht im geringsten bezeichnet hätte. Ihre innere Stimme verschrie sie noch am harmlosesten als Miststück, aber eigentlich waren es unzählige andere Begriffe die sie ihr an den verdammten Schädel werfen wollte bis sie blutend zu Boden ging. Ein irregeleiteter Hass auf eine Schuldige in diesem unsäglichen Gefühlschaos. Sie würde alles treffen und es war Luci recht, dass sie so schnell eine Schuldige hatte finden können. Ihre Finger krallten sich in die teure Hose am Oberschenkel ihres Bruders, obwohl ihre Mimik diese Wut nicht reflektierte, sondern immer kaltblütiger wurde.

    "Calma giù, calma giù. Beruhige dich.", bat er seine Schwester, zupfte ihre kleine Hand von seinem Bein und hielt sie hierauf fest. Nahm den Druck an, mit der sie um seine Finger griff. "Saresti tranquillo, Gil? Sareste davvero tranquilli se vi trovaste nella mia situazione? Wärst du ruhig, Gil? Wärst du wirklich ruhig wenn du in meiner Situation wärst?" wollte sie wissen und blieb dabei, passend zu dem was sie sagte, erstaunlich ruhig. Äußerlich jedenfalls. Aber sie nahm es sich zu Herzen, lies sich weiter die Hand halten und lies ihre müden Augen durch diesen Gerichtssaal streifen, der sich nach und nach mit immer mehr Leuten füllte. Es war hier nicht viel Platz, aber es war egal, wo der Saal genug hermachte. Die riesige Glasfassade zur Rechten der hier sitzenden war imposant und gab einen schicken Ausblick über diesen Stadtteil Londons und das Treiben auf den engen Strassen. Nicht die weitläufigste Ansicht aber imposant. Vermutlich würden nur die wenigsten die hier sassen die Möglichkeit haben diesen Ausblick zu bewundern. Die meisten würden wohl eher den dunklen Putz oder die Holzelemente anstarren, die sich aus dem Boden erhoben und zur Richter- und Zeugenbank wurden. Natürlich war die Architektur beeindruckend...aber er hatte dafür schon den Nerv, wenn es um, meist, das eigene Leben ging.

    Wenn Sie sich nun umsah, nicht zu weit und eher dezent über ihre Schultern hinweg, erkannte sie viele Personen die sie auch auf Proteus schon gesehen hatte. Nicht alle davon beim Namen, aber ein paar. Diese Frauen auf der gegenüberliegenden Seite der Zeugenplätze jedenfalls waren ihr nicht unbekannt: Es war ein Teil derer die ihr Maul zu weit aufrissen. Die an Leif geklebt hatten wie jetzt, wo sie auffällig unauffällig hinter seiner Seite Platz genommen hatten. Dann waren da noch, so weit vorne wie es ging, drei Reporterteams, die die Zeit nutzten ihre Kameras aufzustellen, sich eine gute Sicht im Raum zu gönnen und auf viel Schreibarbeit einzustellen. Von einem, oder besser zweien, wurden sie jedoch überrascht. Sie beide. Urplötzlich schreckte Luci herum, ihre Strähnen schlugen um sich, bis sie erkannte, dass es kein geringerer als ihr Vater war, der mit einem leichten Lächeln die Hand an die Wange seiner Tochter gelegt hatte. "La mia piccola Luceija è tornata. Si guarda bello. Mi ricordate davvero di vostra madre. Meine kleine Luceija ist tatsächlich zurück. Du siehst bezaubernd aus. Du erinnerst mich wirklich an deine Mutter." Zugegeben, es erschien ihr etwas viel auf einmal. Sie schien überfordert mit dieser Aussage, wusste für den Moment nicht, ob sie ihn nun Vater oder Gaius nennen sollte und nahm es einfach hin. Lies sich in diese italienische Begrüßung einbinden, an linker und rechter Wange küssen, kurz über die Wange streicheln lassen und für einen Augenblick konnte man wirklich glauben, Gaius hätte so etwas wie Stolz gegenüber seines Kindes gezeigt. Mit Vigilio verfuhr er ähnlich, drückte ihn aber noch an der Schulter und hielt schließlich für einen Moment beide an ihren Oberarmen zusammen, als sei ihm erst jetzt gewahr, was er wirklich vermisst hatte. Alessio, der mit seinem Bruder angekommen war, weil das Shuttle, wie sie sich erklärten, direkt von Neapel hier her geflogen war, begrüßte beide, seinen Neffen und seine Nichte, mit ähnlich herzlichem Ausdruck und Gesten. "Bello vedervi entrambi di nuovo. Schön euch beide wieder zu sehen."
    Fuer wirklich viel mehr blieb kaum Zeit als diese, kurze Begrüßung. Gaius jedoch beugte sich, nachdem er hinter seinen Kindern Platz genommen hatte, leicht nach vorne und flüsterte Vigilio die Frage zu: "E 'che lui? Ist er das?" und nickte in Leifs Richtung. Zwar hatte er, der selbst Anwalt war, ihn bereits gesehen, aber er wollte sich dennoch rückversichern. "Corretto. Richtig." Ein leicht anerkennendes 'Hmm!' folgte, er nickte zustimmend und lehnte sich schließlich in seinem Sitz zurück.

    Viel Zeit sich von seinem Flug zu erholen hatte der Italiener aber nicht. Sie alle nicht. Denn schon im nächsten Moment kam die ganze, restliche Entourage nach vorne und füllte, unter kritischen Blicken, die linke der beiden Tische. Es war der Anwalt und offenbar auch ein Hilfsarbeiter oder ähnliches, der an ihnen durch den Saal vorbei zog, das kleine Gatter oeffnete und schließlich am linken Tisch Platz nahm und der Gegenseite nur ein knappes Nicken schenkte. Und noch bevor Leif oder die anderen viel Zeit hatten sich zu arrangieren, schob der Helfer des Staatsanwaltes jedem der vorne Sitzenden ein Datapad unter die Nase. Leif. Alicia. Max. Seinem Vorgesetzten. Die Anklageschrift, die gleich verlesen wurde.. . Eine Bank ganz hinten Rechts wurde schließlich mit einigen Geschworenen gefüllt.

    Der Saal wurde ruhig, als sei es eine Kinovorstellung die gleich beginnen würde. Es hatte etwas gruseliges. Fehlte nur, dass die Lichter gedimmt wurden, was natürlich nicht geschah. Eine Protokollführerin setzte sich an seinen Platz und im nächsten Moment forderte eine Stimme: "Bitte erheben Sie sich." Und aus der Türe, hinter dem Pult, kam der Richter an seinen Tisch und alle setzten sich erst, als er bereits sass. Als sei er der Protagonist eines Theaters. Diese Inszenierung war so lächerlich. So lächerlich wie alles an diesem Tag. Und so unendlich vernichtend.

    "Guten Morgen meine Damen und Herren. Wir verhandeln heute, am..", Luceijas Blicke wanderte langsam am grauen Boden nach vorne hinauf und zum Schreibtisch des emsigen Richters. Er rief eine Datei auf, oder blätterte, denn man sah es nicht, "...das Strafverfahren gegen Doktor Leif Arvid Svensson." Beinahe gemütlich lehnte sich der Richter auf seinen Schreibtisch und verlas die Daten in einer einschlägigen Routine. Und das war Moment eins, an dem Luceija irgendwie verwirrt aussah. Sie hatte nie gewusst, dass er einen Zweitnamen hatte. Wie war der gleich...?
    "Beim Aufruf im Sitzungssaal sind erschienen: Der Angeklagte, Dr. Svensson mit ihren Verteidigern Miss Sjörgen und Mister Åberg. Erschienen sind außerdem die Zeugen..", er sah kurz auf und glich die vorliegenden Texte mit den Anwesenden ab. "Miss Luceija Natalicia Ascaiath, Miss Lisa Willoughby, Miss Hannah Michaels, Miss Heather Christensen, Mister Gaius Luciano Ascaiath, Mister Gaël Aguiler, Misses Zora Caroline Ascaiath, Mister Vigilio Gaius Ascaiath, Mister Arnou Daigle und Doktor-..", der Richter stockte kurz und schien Atem zu holen - was zwar ungewollt komisch anmuten musste aber wirklich Konzentration erforderte, "Doktor Abuyin ibn Djadir ibn Omar Kalid ben Hadji al Sharidi. Ich hoffe ich habe alles richtig ausgesprochen.

    Gut..ich stelle also fest, das Strafverfahren mit dem Aktenzeichen 427 Js 85472/07 gegen Dr. Svensson wegen unstandesgemäßem Verhalten durch sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses durch die Staatsanwaltschaft London im Auftrag der internationalen Ärztekammer der Erde erfolgt.

    Damit kommen wir zu Ihnen, Doktor Svensson und ihren Angaben zur Person"
    , er überblickte den Saal und damit dann auch Leif von seiner exponierten Position aus und beäugte ihn kritisch, bevor er verlas, "die Sie wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten haben.
    Bitte geben Sie uns ihren Namen, ihren Geburtstag und -ort und ihre Staatsangehörigkeit an."


    All das konnte doch nicht wirklich passieren. Oder? Wann immer sich eine beachtliche Anzahl von Menschen unter dem Namen Svensson versammelt hatte, gab es einen nobleren Anlass als das hier. Vorträge wurden gehalten, Praxen eröffnet, Preise und Auszeichnungen verliehen oder aber C-Darwin war an die Arbeit gegangen. Leif hatte all das schon erlebt. Doch bei keinem Anlass raste sein Puls auf eine Weise wie zu diesem hier. Zu keiner vergleichbaren Gelegenheit kam ihm die Krawatte um seinen Hals wie eine gottverdammte Schlinge vor, die sich mit jeder Sekunde mehr zuzog. Er atmete. Schwer und wenige Augenblicke darauf wieder viel zu schnell. Presste seine Finger einseitig in die Armlehne des Stuhls und versuchte eine Fassung zu wahren, die längst Anstalten machte ihn im Stich zu lassen. Er dachte an sie. Die irgendwo in seinem Rücken saß und ihn wahrnahm, aber bitte nicht SO. Denn immerhin war das hier der Preis für das vielleicht höchste gut das ihm doch noch geblieben war? Was für ein scheiß Glückspilz konnte er nur sein wenn er auf diese Art heil aus der Sache herauskam? Leif hatte keine Ahnung. Denn in jenem Moment hatte er nur noch Augen für den Neuzugang. Der Richter, Platz findend auf dem abgesessenen Leder seines Stuhls, während der Blonde selbst sich mechanisch erhoben und wieder gesetzt hatte. Alicia war eine unglaubliche Hilfe hier vorne. Sie tadelte ihn nicht mehr, vermied bissige Kommentare und ertrug einfach nur die Stille zwischen ihnen, wenn sie denn überhaupt noch die Möglichkeit kurzer Botschaften gehabt hätten.

    Und plötzlich waren sie bei ihm. Die Fragen. Noch wenig unangenehm und doch viel zu schnell. Diese Art der Aufmerksamkeit hatte er nie gewollt. Das hier würde ihn für den Rest seines Lebens angreifbar machen. Diese Schwäche auf die er einfach nicht verzichten konnte. Und jeder hier wusste das jetzt. Auch dieser ihm unbekannte Mann, der die Macht sein Eigen nannte, über die Zukunft des Arztes zu entscheiden.
    "Damit kommen wir zu Ihnen, Doktor Svensson und ihren Angaben zur Person die Sie wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten haben. Bitte geben Sie uns ihren Namen, ihren Geburtstag und -ort und ihre Staatsangehörigkeit an."
    Seine Kehle war trocken. Zugeschnürt. Vollkommen unfähig zu sprechen. Und doch fand Leif zwischen den Sekunden in denen er sich nach vorne lehnte, leicht räusperte und unhörbar Luft holte einen Ansatz um mit ungeahnt fester Stimme in das vor ihm stehende Mikrofon zu sprechen.
    "Leif Arvid Svensson, euer Ehren. Geboren am 03.07.2151 in Stockholm. Ich bin schwedischer Staatsbürger."
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  7. #87
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    All das konnte doch nicht wirklich passieren. Oder? Wann immer sich eine beachtliche Anzahl von Menschen unter dem Namen Svensson versammelt hatte, gab es einen nobleren Anlass als das hier. Vorträge wurden gehalten, Praxen eröffnet, Preise und Auszeichnungen verliehen oder aber C-Darwin war an die Arbeit gegangen. Leif hatte all das schon erlebt. Doch bei keinem Anlass raste sein Puls auf eine Weise wie zu diesem hier. Zu keiner vergleichbaren Gelegenheit kam ihm die Krawatte um seinen Hals wie eine gottverdammte Schlinge vor, die sich mit jeder Sekunde mehr zuzog. Er atmete. Schwer und wenige Augenblicke darauf wieder viel zu schnell. Presste seine Finger einseitig in die Armlehne des Stuhls und versuchte eine Fassung zu wahren, die längst Anstalten machte ihn im Stich zu lassen. Er dachte an sie. Die irgendwo in seinem Rücken saß und ihn wahrnahm, aber bitte nicht SO. Denn immerhin war das hier der Preis für das vielleicht höchste gut das ihm doch noch geblieben war? Was für ein scheiß Glückspilz konnte er nur sein wenn er auf diese Art heil aus der Sache herauskam? Leif hatte keine Ahnung. Denn in jenem Moment hatte er nur noch Augen für den Neuzugang. Der Richter, Platz findend auf dem abgesessenen Leder seines Stuhls, während der Blonde selbst sich mechanisch erhoben und wieder gesetzt hatte. Alicia war eine unglaubliche Hilfe hier vorne. Sie tadelte ihn nicht mehr, vermied bissige Kommentare und ertrug einfach nur die Stille zwischen ihnen, wenn sie denn überhaupt noch die Möglichkeit kurzer Botschaften gehabt hätten.

    Und plötzlich waren sie bei ihm. Die Fragen. Noch wenig unangenehm und doch viel zu schnell. Diese Art der Aufmerksamkeit hatte er nie gewollt. Das hier würde ihn für den Rest seines Lebens angreifbar machen. Diese Schwäche auf die er einfach nicht verzichten konnte. Und jeder hier wusste das jetzt. Auch dieser ihm unbekannte Mann, der die Macht sein Eigen nannte, über die Zukunft des Arztes zu entscheiden.
    "Damit kommen wir zu Ihnen, Doktor Svensson und ihren Angaben zur Person die Sie wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten haben. Bitte geben Sie uns ihren Namen, ihren Geburtstag und -ort und ihre Staatsangehörigkeit an."
    Seine Kehle war trocken. Zugeschnürt. Vollkommen unfähig zu sprechen. Und doch fand Leif zwischen den Sekunden in denen er sich nach vorne lehnte, leicht räusperte und unhörbar Luft holte einen Ansatz um mit ungeahnt fester Stimme in das vor ihm stehende Mikrofon zu sprechen.
    "Leif Arvid Svensson, euer Ehren. Geboren am 03.07.2151 in Stockholm. Ich bin schwedischer Staatsbürger."


    'Arvid.', erinnerte sie sich dank der Aussage nun wieder. Sie war bereit es zuzugeben. Zuzugeben wie schön allein diese wenigen Worte aus seinem Mund waren, wie flüssig und schön er den eigenen Namen aussprach, als wäre es das Gedicht, dass die Halbitalienerin immer falsch aufgesagt hatte. Ihr Blick wandelte sich in etwas mildes, als sie die Hand ihres Bruders noch etwas fester drückte, als könne sie den Schmerz spüren, der in den Blonden fuhr. Und das hier war nur die Vorstellungsrunde.

    Der Richter hingegen sah zur Seite und zur Protokollierenden. Sie nickte, er nickte und die Daten konnten sich problemlos mit denen auf seinem Datapad abgleichen lassen. "In Ordnung. Informieren Sie uns nun bitte über ihren beruflichen Werdegang, ihren aktuellen Arbeitgeber und die aktuelle Tätigkeit."
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  8. #88
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    Es wurde leichter. Weniger erdrückend diese Dinge zu sagen die so ein selbstverständlicher Teil von ihm waren. Noch. Unfreiwillig vergingen einige Augenblicke, bis Leif seine Worte gesammelt hatte.
    "Ich habe mich 2169 für den Dienst und das Studium der Humanmedizin beim Allianzmilitär gemeldet. Dort habe ich bis 2176 gedient, bevor ich den Dienst ehrenhaft verlassen durfte. Meine erste Fachausbildung als Unfallchirurg und Orthopäde siedelt sich in dieser Zeit an. Die zweite zum Anästhesisten habe ich in der Universitätsklinik meiner Heimatstadt beendet. Seit 2182 betreibe ich eine Praxis auf der Citadel, deren Behandlung sich auf ehemalige Soldaten fokussiert. Das Ziel ist Männer und Frauen wieder in den Einsatz schicken zu können, die zum Beispiel Gliedmaßen verloren haben. Das war vor unserem Konzept speziell entwickelter Prothesen, geeignet für den Militäreinsatz nicht einwandfrei möglich und was uns immer noch fehlte, war das Angebot der anschließenden Rehabilitation. Also nahm ich die Möglichkeit wahr, mich unlängst in ein Projekt der Allianz einzuschalten. Im Rahmen des Projektes C-Darwin auf Proteus stellte ich dem Militär das Patent und meine Arbeit gegen Anteile zur Verfügung, womit diese Tätigkeit meine entsprechend aktuelle Beschäftigung darstellt."
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  9. #89
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    Es wurde leichter. Weniger erdrückend diese Dinge zu sagen die so ein selbstverständlicher Teil von ihm waren. Noch. Unfreiwillig vergingen einige Augenblicke, bis Leif seine Worte gesammelt hatte.
    "Ich habe mich 2169 für den Dienst und das Studium der Humanmedizin beim Allianzmilitär gemeldet. Dort habe ich bis 2176 gedient, bevor ich den Dienst ehrenhaft verlassen durfte. Meine erste Fachausbildung als Unfallchirurg und Orthopäde siedelt sich in dieser Zeit an. Die zweite zum Anästhesisten habe ich in der Universitätsklinik meiner Heimatstadt beendet. Seit 2182 betreibe ich eine Praxis auf der Citadel, deren Behandlung sich auf ehemalige Soldaten fokussiert. Das Ziel ist Männer und Frauen wieder in den Einsatz schicken zu können, die zum Beispiel Gliedmaßen verloren haben. Das war vor unserem Konzept speziell entwickelter Prothesen, geeignet für den Militäreinsatz nicht einwandfrei möglich und was uns immer noch fehlte, war das Angebot der anschließenden Rehabilitation. Also nahm ich die Möglichkeit wahr, mich unlängst in ein Projekt der Allianz einzuschalten. Im Rahmen des Projektes C-Darwin auf Proteus stellte ich dem Militär das Patent und meine Arbeit gegen Anteile zur Verfügung, womit diese Tätigkeit meine entsprechend aktuelle Beschäftigung darstellt."


    Auch diese Dinge lies er die Protokollführende notieren, wobei emsiges Tippen zu hören war und der Richter nochmals zwischen dem Angeklagten, dem Staatsanwalt und der Schreibenden hin und her sah. So, als kenne er die Fakten längst und wartete nur, bis alle anderen es verstanden hatten. Dann tippte er mit dem Finger gegen die Tischplatte und nickte: "Ein Arzt wie er im Buche steht. Abschließend noch die Frage nach ihrem gegenwärtigen, monatlichen Gehalt. Wie viel verdienen Sie?"
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  10. #90
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    Der Schwede schürzte sichtlich unwillig die Lippen und sah zu seinen Anwälten. Alicia hob abwartend die Braue, während Max bestätigend nickte. Leif blieb nichts weiter als sich ein weiteres Mal nach vorne zu beugen und den Richter selbst anzusprechen.
    "Das richtet sich danach nach welchem Teil des Gehalts Sie sich erkundigen wollen. Aus meiner Primärbeschäftigung ergibt sich ein Gehalt von ungefähr Einhunderteinundzwanzigtausend Credits."
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  11. #91
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    Der Schwede schürzte sichtlich unwillig die Lippen und sah zu seinen Anwälten. Alicia hob abwartend die Braue, während Max bestätigend nickte. Leif blieb nichts weiter als sich ein weiteres Mal nach vorne zu beugen und den Richter selbst anzusprechen.
    "Das richtet sich danach nach welchem Teil des Gehalts Sie sich erkundigen wollen. Aus meiner Primärbeschäftigung ergibt sich ein Gehalt von ungefähr Einhunderteinundzwanzigtausend Credits."


    Die plötzliche Stille die im Raum lag konnte man sich sicher auch nur einbilden. Oder doch nicht? Luceija zumindest schien es, als könne man eine Stecknadel fallen hören. Vigilio neben ihr räusperte sich mit der Faust gegen die Lippen, von ihrem Vater im Hintergrund war wieder dieses abschätzende 'Hmm.' zu hören, dass offenbar so etwas wie Zustimmung ausdrücken sollte und Sie selbst? Hatte wie alle anderen keine Ahnung gehabt. Allerdings fehlte ihr nicht nur der Sinn dafür, eine Menge Credits wirklich anerkennen zu können. Es hatte schlicht nie eine Rolle gespielt, an keinem einzigen Punkt ihrer Beziehung. Mitunter lag das wohl daran, dass sie selbst in einem verfluchten Rattenloch, auf Omega oder sonstwo, gemeinsam mit ihm glücklich geworden wäre, wo sie es doch auch alleine sehr gut überstand und sich ziemlich wohl fühlte. Niemand brauchte wirklich viele Credits. Und gemeinsam hätten sie die auch nie gebraucht.

    Nichts desto trotz war der Überschlag, den sie im Kopf berechnete, ganz schön hoch angesetzt. Allein die monatlichen Einnahmen, die er als "Primärbeschäftigung" betitelte und viele Fragen offen ließ, war schon genug um ein sorgenfreies Leben leben zu können. Zumindest im finanziellen Sinn. Sie hatte wirklich keine Ahnung gehabt, mit welchem Menschen sie zusammen gewesen war. Was wusste sie über ihn eigentlich wirklich?

    Das Publikum atmete irgendwann jedenfalls wieder und der Richter setzte erneut an:
    "Das bedeutet: Wieviel Credits stehen Ihnen monatlich insgesamt zur Verfügung? Und auf welchen, ungefähren Betrag summiert sich ihr Gesamtvermögen?"
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  12. #92
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    Die plötzliche Stille die im Raum lag konnte man sich sicher auch nur einbilden. Oder doch nicht? Luceija zumindest schien es, als könne man eine Stecknadel fallen hören. Vigilio neben ihr räusperte sich mit der Faust gegen die Lippen, von ihrem Vater im Hintergrund war wieder dieses abschätzende 'Hmm.' zu hören, dass offenbar so etwas wie Zustimmung ausdrücken sollte und Sie selbst? Hatte wie alle anderen keine Ahnung gehabt. Allerdings fehlte ihr nicht nur der Sinn dafür, eine Menge Credits wirklich anerkennen zu können. Es hatte schlicht nie eine Rolle gespielt, an keinem einzigen Punkt ihrer Beziehung. Mitunter lag das wohl daran, dass sie selbst in einem verfluchten Rattenloch, auf Omega oder sonstwo, gemeinsam mit ihm glücklich geworden wäre, wo sie es doch auch alleine sehr gut überstand und sich ziemlich wohl fühlte. Niemand brauchte wirklich viele Credits. Und gemeinsam hätten sie die auch nie gebraucht.

    Nichts desto trotz war der Überschlag, den sie im Kopf berechnete, ganz schön hoch angesetzt. Allein die monatlichen Einnahmen, die er als "Primärbeschäftigung" betitelte und viele Fragen offen ließ, war schon genug um ein sorgenfreies Leben leben zu können. Zumindest im finanziellen Sinn. Sie hatte wirklich keine Ahnung gehabt, mit welchem Menschen sie zusammen gewesen war. Was wusste sie über ihn eigentlich wirklich?

    Das Publikum atmete irgendwann jedenfalls wieder und der Richter setzte erneut an:
    "Das bedeutet: Wieviel Credits stehen Ihnen monatlich insgesamt zur Verfügung? Und auf welchen, ungefähren Betrag summiert sich ihr Gesamtvermögen?"


    "Das bedeutet: Wieviel Credits stehen Ihnen monatlich insgesamt zur Verfügung? Und auf welchen, ungefähren Betrag summiert sich ihr Gesamtvermögen?"
    Der Blonde schnaubte sichtlich verärgert und ließ sich in seinen Sitz zurückfallen, während das Geräusch der rasenden Finger der Protokollführerin den Saal durchschritt. Solange sie nicht auf eine erneute Antwort des Schweden wartete, riss dieser Richter sich kein Bein aus ihn zu bedrängen.
    "Wieso spielen die Antworten auf solche Scheißfragen jetzt eine Rolle?", zischte er betont sehr leise in Alicias Ohr, die sich zu ihm gebeugt hatte, aber für ihre wenig pikanten Worte jetzt wieder zurücklehnte.
    "Antworte gewissenhaft, Leif. Es spielt eine Rolle beim Strafmaß. Finanziell betrachtet."
    Passend zu den Worten der Dunkelblonden verklang auf die Schreibarbeit der Protokollführerin. Leifs Blick traf den des Richters, der keine Anstalten machen wollte ihn ein weiteres Mal zu bitten.
    "Also-...", begann er leicht vorgebeugt in das Mikrofon, "Das genannte Gehalt besteht in Begleitung von Einnahmen in Höhe von zwanzig Prozent aus meiner Praxis auf der Citadel. Die Beträge sind zu unterschiedlich um sie explizit nennen zu können, aber Sie bekommen gerne Auszüge. Ganz grob können sie von etwas weniger als dem doppelten des bereits genannten Betrages ausgehen. Außerdem existieren drei Immobilien in meinem Besitz in Schweden, sowie ein Apartment auf der Citadel. Die alten Werte hier anzubringen wäre wohl nicht angebracht, also werden sie sich an den aktuell ortsüblichen Preisen orientieren müssen. Da die Immobilien von mir oder einem Teil meiner Familie genutzt werden, bestehen keine Mieteinnahmen. Ein Gesamtvermögen-...", begann Leif den letzten Teil seiner unangenehmen Darlegung und betonte das Wort als sei es das leibhaftig Böse, "Ist unter diesen Umständen schwer zu nennen. Mein aktuelles und verfügbares Barvermögen liegt durch ein bereits langfristiges Einkommen in dieser Höhe bei etwas mehr als dreizehn Millionen Credits."
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  13. #93
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    "Das bedeutet: Wieviel Credits stehen Ihnen monatlich insgesamt zur Verfügung? Und auf welchen, ungefähren Betrag summiert sich ihr Gesamtvermögen?"
    Der Blonde schnaubte sichtlich verärgert und ließ sich in seinen Sitz zurückfallen, während das Geräusch der rasenden Finger der Protokollführerin den Saal durchschritt. Solange sie nicht auf eine erneute Antwort des Schweden wartete, riss dieser Richter sich kein Bein aus ihn zu bedrängen.
    "Wieso spielen die Antworten auf solche Scheißfragen jetzt eine Rolle?", zischte er betont sehr leise in Alicias Ohr, die sich zu ihm gebeugt hatte, aber für ihre wenig pikanten Worte jetzt wieder zurücklehnte.
    "Antworte gewissenhaft, Leif. Es spielt eine Rolle beim Strafmaß. Finanziell betrachtet."
    Passend zu den Worten der Dunkelblonden verklang auf die Schreibarbeit der Protokollführerin. Leifs Blick traf den des Richters, der keine Anstalten machen wollte ihn ein weiteres Mal zu bitten.
    "Also-...", begann er leicht vorgebeugt in das Mikrofon, "Das genannte Gehalt besteht in Begleitung von Einnahmen in Höhe von zwanzig Prozent aus meiner Praxis auf der Citadel. Die Beträge sind zu unterschiedlich um sie explizit nennen zu können, aber Sie bekommen gerne Auszüge. Ganz grob können sie von etwas weniger als dem doppelten des bereits genannten Betrages ausgehen. Außerdem existieren drei Immobilien in meinem Besitz in Schweden, sowie ein Apartment auf der Citadel. Die alten Werte hier anzubringen wäre wohl nicht angebracht, also werden sie sich an den aktuell ortsüblichen Preisen orientieren müssen. Da die Immobilien von mir oder einem Teil meiner Familie genutzt werden, bestehen keine Mieteinnahmen. Ein Gesamtvermögen-...", begann Leif den letzten Teil seiner unangenehmen Darlegung und betonte das Wort als sei es das leibhaftig Böse, "Ist unter diesen Umständen schwer zu nennen. Mein aktuelles und verfügbares Barvermögen liegt durch ein bereits langfristiges Einkommen in dieser Höhe bei etwas mehr als dreizehn Millionen Credits."




    Der Schwede, der gerade Angaben zu seinem genauen, monatlichen Einkommen und dem Gesamtvermögen machte, hatte eines tatsächlich verinnerlicht: In diesem Moment wirkte er wirklich so, als würde ihn der Betrag null kümmern. Als würde er eben nicht wissen, dass er lächerlich hoch und damit ebenso lächerlich reich war. Nicht einfach nur 'ich besitze eine Praxis und konnte sie mir selbst leisten'-reich, sondern 'ich muss mein Leben lang nie wieder arbeiten und meine Großenkel vermutlich auch nicht mehr'-reich. Einmal mehr ging ein Flüstern durch die Zuschauerreihen, etwas Getuschel hier und da und der Richter musste, begleitet von einem fast unsichtbaren Augenrollen hinsichtlich der Überraschung der Anwesenden den obligatorischen Hammer nutzen um für Ruhe zu Sorgen. "Beruhigen Sie sich bitte!", ging er bestimmt gegen die Unruhe vor.
    Luci hatte nach wie vor nicht viel von dieser Unruhe mit eingebracht. Nichts desto trotz erstaunte sie, wie viel er tatsächlich verdiente, besonders, als ihr Bruder neben ihr falsch die Luft einzog und gerade vermutlich überlegte seinen Beruf zu wechseln. Aber sie überlegte nicht länger wie viel das wirklich sein musste, irgendwie war alles absolut nebensächlich. Stattdessen beobachtete sie ihn weiter akribisch, wenn auch meist nur aus den Augenwinkeln heraus um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sie beide zu lenken. Ihr gefiel nicht, wie unsicher er auf diesem Stuhl saß und wie wenig Interesse er hatte diesen Betrag wirklich zu nennen..

    "Sie sind von Misses Aries Svensson, geborene Nicksay, geschieden und haben keine Kinder. Korrekt?"
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  14. #94
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    Leif stöhnte unweigerlich zu laut auf. Ja. Irgendetwas in ihm hatte diese Frage wohl vermisst. Diesen Umstand daß er diesen Teil seiner Vergangenheit nie vergessen durfte, weil ihn kurz vor dem verschwimmen der Bilder immer irgendwer wieder an sie erinnerte.
    "Ja.", sagte er also nur knapp und registrierte den forschenden Blick des Richters. Vielleicht bildete er es sich einfach ein. Womöglich lag es an der plötzlich unterkühlten Miene die er preisgab oder aber der Mann verstand nicht recht.
    "Ich bin geschieden und habe keine Kinder mehr, das ist richtig."
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  15. #95
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    Leif stöhnte unweigerlich zu laut auf. Ja. Irgendetwas in ihm hatte diese Frage wohl vermisst. Diesen Umstand daß er diesen Teil seiner Vergangenheit nie vergessen durfte, weil ihn kurz vor dem verschwimmen der Bilder immer irgendwer wieder an sie erinnerte.
    "Ja.", sagte er also nur knapp und registrierte den forschenden Blick des Richters. Vielleicht bildete er es sich einfach ein. Womöglich lag es an der plötzlich unterkühlten Miene die er preisgab oder aber der Mann verstand nicht recht.
    "Ich bin geschieden und habe keine Kinder mehr, das ist richtig."


    Es brauchte keine große Menschenkenntnis um zu erfahren was hinter diesen Sätzen steckte. Hinter dem kleinen Wort 'mehr'. Es brauchte auch nicht viel Empathie um klar festzustellen, wie gebeutelt der Schwede von der Frage war. Wie unwillig, sich neue Wunden aufreißen zu lassen, wo die alten nicht mal verheilt waren. Vielleicht nie verheilen konnten. Luci presste die Lippen stark gegeneinander und ihre Hand schien in der von Gil zu schwitzen. Es war immer noch nur der Auftakt. Nichts, was schon eine Verurteilung bringen würde. Es war nur das Intro dieses grausigen Schauspiels, von dem sie nicht wegsehen konnte. "Lo sapevate? Wusstest du das? ", fragte Vigilio seine Schwester, die daraufhin verzögert und langsam nickte. "Sì, ma finora non conoscevo il nome. Ja. Aber bislang kannte ich den Namen nicht."
    Sie kannte den Namen wirklich noch nicht. Aber nun würde sie wissen, wonach sie suchen müsste, wenn es irgendwann von Nöten war, so ihre Vorstellung. Bis sie sich erinnerte, dass es dieses 'irgendwann' garnicht gab, weil er sie in den Wind geschossen hatte. Also sowohl seine Exfrau als auch Luci.

    "Gut. Soweit zu den persönlichen Angaben. Dann bitte ich den Staatsanwalt Doktor Bradley Talbot, die Anklage zu verlesen."

    Ein Stuhl quietschte unangenehm, als ihn jemand nach hinten schob ohne ihn anzuheben. Es hatte einen dramaturgischen Effekt, denn alle Augen, die vorab auf den Richter gelenkt worden waren, fokussierten nun automatisch den Staatsanwalt, der sich erhob, die dunkelblaue, weiß-gepunktete Krawatte richtete, das Sakko einhändig schloss und das Datenpad schließlich auf ausreichende Höhe vor sich hielt um die Anklageschrift schließlich zu verlesen. Nicht aber, ohne vorab ein beinahe gelecktes "Vielen Dank" gegenüber des Richters zu äußern. Er räusperte sich. Und Luceija war tatsächlich daran interessiert, warum und wie, auf welcher Basis, diese Anklage hier überhaupt stattfand. Wie wahrscheinlich die Meisten in diesem Raum, denen ab diesem Punkt eine Menge der sogenannten "Dreckwäsche" des renommierten, fehlerlosen Arztes direkt vor die Augen gehängt wurde.

    "Euer Ehren, Doktor Svensson."
    Er nickte knapp und verließ nun die harten Tatsachen:
    "Dem Angeklagten Doktor Leif Arvid Svensson wird folgendes zur Last gelegt: Auf der Einweihungsfeier der Anlage C-Darwin an der Krem'sua Coast auf dem Planeten Proteus am..", Luci hätte es wissen müssen, dass es SO begann. Mit Proteus. Diesem elendigen Höllenschlund, diesem Monster alles verzehrender Ereignisse, das Anfang vom Ende. Sie hegte einen längst übertriebenen Hass auf diesen beschissenen Wasserplaneten."...setzte sich Doktor Svensson zum gemeinsamen Umtrunk, in Anwesenheit der Belegschaft, neben seine Patientin, Miss Luceija Natalicia Ascaiath, auf eine Bank innerhalb der Bar und griff ihr, wie Zeugen berichten, unter dem dortigen Tisch zwischen die Beine."
    Ihre Gesichtszüge schienen langsam aber sicher von der benommenen Neutralität zum blanken Entsetzen zu wechseln. Sie glaubte das nicht. DAS?! Wie in aller Welt konnte die Umwelt DAS gesehen haben? Zugegeben, für besonders Vorsichtig hielt sie sie beide nicht. Aber dafür brauchte es schon ein gewisses Kalkül und eine hohe Aufmerksamkeit. Vermutlich, so glaubte sie, hatten sie in der Euphorie zwischen Alkohol und ausgelassener Stimmung irgendetwas übersehen... . Nur was?
    "Bei selbiger Feier begab sich der Angeklagte zusammen mit Miss Ascaiath in die angrenzende, öffentlich zugängliche Herrentoilette und schließlich eine Einzelkabine. Der dortige Aufenthalt sowie sexuelle Handlungen und beziehungsweise oder ein Gewaltakt gegenüber seiner Patientin wird von zwei Mitarbeitern der Anlage bestätigt, mit denen sich Doktor Svensson und Ascaiath über die Kabinen hinweg unterhielten. Die niedergeschriebenen Aussagen der beiden Herren liegen dem Richter vor."
    Ihr wurde schlecht. Langsam aber sicher wurde ihr schlecht. Die Situation in der sie sich befunden hatten kam ihr umweglos vor Augen: Die Enge der Kabine, die Küsse, die sie im Rauch geteilt hatten, nachdem sie Leif einen ihrer ekelhaftesten Shots überreicht hatte. Sie waren unsäglich betrunken gewesen. Und ja, Leif hatte sie gegen die Kabinentrennwand gehoben, seine großen Hände an ihre Schenkel gelegt und sie in eindeutigere Richtungen geführt aber...DAZU kam es schlicht nicht. Erst später, wie hier aber nicht verlesen wurde, hatten sie tatsächlich Sex. Dann aber noch eine erhebliche Stufe heikler VOR den Kabinen. Aber es war nur Sex. Nichts was ihnen sonst angedichtet wurde. Sie biss sich unbemerkt auf die Unterlippe, wenn sie daran zurück dachte. Der Staatsanwalt hatte aber noch kein Ende gefunden. Und die Tirade ging weiter.
    "Ein Zeuge vernahm aus dem vom Angeklagten bewohnten Zimmer in der Wohngemeinschaft des Traktes 9 regelmäßig Geräusche, die er Geschlechtsverkehr beziehungsweise einem Gewaltakt zwischen Doktor Svensson und seiner Patientin zuordnet. Nach eigener Aussage etwa alle zwei Nächte bis zur Abreise des Angeklagten und der mutmaßlich Geschädigten. Außerdem bestätigt der Zeuge die Patientin mehrmalig in der Gemeinschaftsküche oder dem Wohnzimmer, davon einmal nur sehr leicht bekleidet, angetroffen zu haben."
    Ihre Erinnerungen machten einen größeren Sprung und fanden sich in diesem anderen Zimmer wieder. In Leifs Zimmer, auf Proteus. Und ja, sie hatte dort gelebt. Mit ihm und gerne. Ihr eigenes Zimmer fast niemals wirklich bezogen. Die Frage hingegen, die sie sich in Bezug darauf stellte, WER das behauptet haben könnte und dieser ominöse Zeuge war, beantwortete sich erstaunlich schnell. Denn es gab keine Zweifel wem aufgefallen war, dass sie nahezu unbekleidet aus dem Zimmer ihres Exfreundes und Arztes stolziert war: nämlich der, der mit ihm dort wohnte. Derjenige, der sie erpresste sie an die Drogen kommen zu lassen die sie brauchte um sich selbst zu töten. Ward. Das Bild, dass sich ihr malte, gefiel ihr immer weniger.

    "Während einer außerordentlichen und nachträglich protokollierten Notoperation an Miss Ascaiath, die sich...", Notoperation. Oh nein. Ihr schlechtes Gefühl behielt Recht. Sie hob ihre freie Hand die nicht in Gils lag und presste ihre Fingerknöchel und die Handrückseite gegen ihren Mund als die aufkeimende Panik immer stärker wurde. Vigilio sah zu ihr, sorgenvoll, lies sich aber nichts weiter anmerken und begann damit, der Schwarzhaarigen mit dem Daumen über den gehaltenen Handrücken zu streicheln.
    "...zutrug, griff Doktor Svensson als erster behandelnder Arzt mit einer Magenspülung bei der Patientin ein, äußerte jedoch bereits während des angewandten Verfahrens anzügliches Verhalten gegenüber der Frau, welches unter anderem intime, für die Behandlung nicht notwendige Berührungen umfasst. Im weiteren Verlauf der Betreuung erwies sich unprofessionelles und irrationales Verhalten beim plötzlich kritisch gewordenen Zustand Miss Ascaiaths als Zeichen mangelnder Zurechnungsfähigkeit, als Doktor Svensson seine Assistenzen in harschem Ton dazu anwies, entsorgungspflichtiges Material - ausrasierte Teile des Haupthaars der Patientin nach Abfallkategorie E - aufzubewahren und nicht zu entsorgen. Des Weiteren entsagte er nach einem Herzstillstand der Patientin seiner ärztlichen Versorgungspflicht gänzlich und blieb regungslos und in einem bestätigten Schockzustand im OP-Bereich stehen und berührte die Patientin abermals, während er trauerte."
    Hiervon wusste die Neunundzwanzigjährige rein gar nichts mehr. Aber wie auf Kommando schien die OP-Narbe zu jucken. Oder besser die Stelle, an der die Narbe in ihrem Nacken hatte sitzen müssen. Hatte er das wirklich getan? Getrauert? So katatonisch neben ihrer Gestalt gestanden? Sie angefasst?
    "Am...", der Tag lies sich schlecht für sie Einordnen. War es dieser Tag gewesen? Als er Sie in der Dusche überrascht hatte? Sie wurde direkt über die Wahrheit dieser Vermutung belehrt. "...begab sich Doktor Svensson auf die Suche nach Miss Ascaiath, während der er sich sowohl bei Trainer Juho Möttöläln als auch Lt. Commander Lydia Kori über den Verbleib der Patientin informierte, bis er sie in der Gemeinschaftsdusche der weiblichen Patienten auffand und dort schließlich erneut den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog. Auch hier liegen schriftliche Aussagen vor."
    Ihr wurde wirklich allmählich anders. Luci schien ein wenig paranoid zu werden: Wo genau waren die Augen der Leute NICHT gewesen?!
    "Und schließlich: Als C-Darwin einem Terroranschlag zum Opfer fiel, erhielt Doktor Svensson laut Angaben der IT- und Securityabteilung einen Anruf von Miss Ascaiath noch bevor er Code Black ausrief und die Anlage verriegeln ließ. Kurz darauf traf Doktor Svensson im abgeriegelten Trakt 8 auf seine Patientin, die er zuerst küsste und ihr dann im Anschluss eine Pistole der Marke Hahne-Kedar Kessler III P7 aushändigte. Letzteres erfüllt den Tatbestand eines Vergehens gegen das interplanetarische Waffengesetz.

    Der Angeklagte wird somit des unstandesgemäßen Verhalten durch sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses angeklagt. Strafbar gemäß den Paragraphen 4270-7, 42 Absatz 1, 4. Alternative, 12 StGB-IISL und 4611-9, 1 Absatz 2, 5. Alternative, 6 StGB-IISL."



    Luceija senkte den Kopf in ihre Handinnenfläche und war überfragt. Sie musste so viele Details verpasst haben, dass es sichtlich schmerzte. WO genau war der Moment an ihr vorrüber gegangen, dass sie SO unvorsichtig wurden?! Es war so eindeutig wie nie, dass an der Aberkennung seiner Approbation SIE schuld sein würde.

    Der Richter schaltete sich wieder ein, als der Staatsanwalt Ruhe hinterlassen hatte und die Öffentlichkeit bereits feixende oder enttäuschte Blicke tauschte. "Vielen Dank Herr Staatsanwalt. Doktor Svensson: Ich habe Sie zunächst zu belehren, dass Sie heute Angeklagter in einem Strafverfahren sind. Als Angeklagter steht es Ihnen frei, Angaben zur Sache zu machen oder auch nicht. Möchten Sie sich zu den Anschuldigungen äußern?" Er durchbohrte Leif mit seinen Blicken.
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  16. #96
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Es brauchte keine große Menschenkenntnis um zu erfahren was hinter diesen Sätzen steckte. Hinter dem kleinen Wort 'mehr'. Es brauchte auch nicht viel Empathie um klar festzustellen, wie gebeutelt der Schwede von der Frage war. Wie unwillig, sich neue Wunden aufreißen zu lassen, wo die alten nicht mal verheilt waren. Vielleicht nie verheilen konnten. Luci presste die Lippen stark gegeneinander und ihre Hand schien in der von Gil zu schwitzen. Es war immer noch nur der Auftakt. Nichts, was schon eine Verurteilung bringen würde. Es war nur das Intro dieses grausigen Schauspiels, von dem sie nicht wegsehen konnte. "Lo sapevate? Wusstest du das? ", fragte Vigilio seine Schwester, die daraufhin verzögert und langsam nickte. "Sì, ma finora non conoscevo il nome. Ja. Aber bislang kannte ich den Namen nicht."
    Sie kannte den Namen wirklich noch nicht. Aber nun würde sie wissen, wonach sie suchen müsste, wenn es irgendwann von Nöten war, so ihre Vorstellung. Bis sie sich erinnerte, dass es dieses 'irgendwann' garnicht gab, weil er sie in den Wind geschossen hatte. Also sowohl seine Exfrau als auch Luci.

    "Gut. Soweit zu den persönlichen Angaben. Dann bitte ich den Staatsanwalt Doktor Bradley Talbot, die Anklage zu verlesen."

    Ein Stuhl quietschte unangenehm, als ihn jemand nach hinten schob ohne ihn anzuheben. Es hatte einen dramaturgischen Effekt, denn alle Augen, die vorab auf den Richter gelenkt worden waren, fokussierten nun automatisch den Staatsanwalt, der sich erhob, die dunkelblaue, weiß-gepunktete Krawatte richtete, das Sakko einhändig schloss und das Datenpad schließlich auf ausreichende Höhe vor sich hielt um die Anklageschrift schließlich zu verlesen. Nicht aber, ohne vorab ein beinahe gelecktes "Vielen Dank" gegenüber des Richters zu äußern. Er räusperte sich. Und Luceija war tatsächlich daran interessiert, warum und wie, auf welcher Basis, diese Anklage hier überhaupt stattfand. Wie wahrscheinlich die Meisten in diesem Raum, denen ab diesem Punkt eine Menge der sogenannten "Dreckwäsche" des renommierten, fehlerlosen Arztes direkt vor die Augen gehängt wurde.

    "Euer Ehren, Doktor Svensson."
    Er nickte knapp und verließ nun die harten Tatsachen:
    "Dem Angeklagten Doktor Leif Arvid Svensson wird folgendes zur Last gelegt: Auf der Einweihungsfeier der Anlage C-Darwin an der Krem'sua Coast auf dem Planeten Proteus am..", Luci hätte es wissen müssen, dass es SO begann. Mit Proteus. Diesem elendigen Höllenschlund, diesem Monster alles verzehrender Ereignisse, das Anfang vom Ende. Sie hegte einen längst übertriebenen Hass auf diesen beschissenen Wasserplaneten."...setzte sich Doktor Svensson zum gemeinsamen Umtrunk, in Anwesenheit der Belegschaft, neben seine Patientin, Miss Luceija Natalicia Ascaiath, auf eine Bank innerhalb der Bar und griff ihr, wie Zeugen berichten, unter dem dortigen Tisch zwischen die Beine."
    Ihre Gesichtszüge schienen langsam aber sicher von der benommenen Neutralität zum blanken Entsetzen zu wechseln. Sie glaubte das nicht. DAS?! Wie in aller Welt konnte die Umwelt DAS gesehen haben? Zugegeben, für besonders Vorsichtig hielt sie sie beide nicht. Aber dafür brauchte es schon ein gewisses Kalkül und eine hohe Aufmerksamkeit. Vermutlich, so glaubte sie, hatten sie in der Euphorie zwischen Alkohol und ausgelassener Stimmung irgendetwas übersehen... . Nur was?
    "Bei selbiger Feier begab sich der Angeklagte zusammen mit Miss Ascaiath in die angrenzende, öffentlich zugängliche Herrentoilette und schließlich eine Einzelkabine. Der dortige Aufenthalt sowie sexuelle Handlungen und beziehungsweise oder ein Gewaltakt gegenüber seiner Patientin wird von zwei Mitarbeitern der Anlage bestätigt, mit denen sich Doktor Svensson und Ascaiath über die Kabinen hinweg unterhielten. Die niedergeschriebenen Aussagen der beiden Herren liegen dem Richter vor."
    Ihr wurde schlecht. Langsam aber sicher wurde ihr schlecht. Die Situation in der sie sich befunden hatten kam ihr umweglos vor Augen: Die Enge der Kabine, die Küsse, die sie im Rauch geteilt hatten, nachdem sie Leif einen ihrer ekelhaftesten Shots überreicht hatte. Sie waren unsäglich betrunken gewesen. Und ja, Leif hatte sie gegen die Kabinentrennwand gehoben, seine großen Hände an ihre Schenkel gelegt und sie in eindeutigere Richtungen geführt aber...DAZU kam es schlicht nicht. Erst später, wie hier aber nicht verlesen wurde, hatten sie tatsächlich Sex. Dann aber noch eine erhebliche Stufe heikler VOR den Kabinen. Aber es war nur Sex. Nichts was ihnen sonst angedichtet wurde. Sie biss sich unbemerkt auf die Unterlippe, wenn sie daran zurück dachte. Der Staatsanwalt hatte aber noch kein Ende gefunden. Und die Tirade ging weiter.
    "Ein Zeuge vernahm aus dem vom Angeklagten bewohnten Zimmer in der Wohngemeinschaft des Traktes 9 regelmäßig Geräusche, die er Geschlechtsverkehr beziehungsweise einem Gewaltakt zwischen Doktor Svensson und seiner Patientin zuordnet. Nach eigener Aussage etwa alle zwei Nächte bis zur Abreise des Angeklagten und der mutmaßlich Geschädigten. Außerdem bestätigt der Zeuge die Patientin mehrmalig in der Gemeinschaftsküche oder dem Wohnzimmer, davon einmal nur sehr leicht bekleidet, angetroffen zu haben."
    Ihre Erinnerungen machten einen größeren Sprung und fanden sich in diesem anderen Zimmer wieder. In Leifs Zimmer, auf Proteus. Und ja, sie hatte dort gelebt. Mit ihm und gerne. Ihr eigenes Zimmer fast niemals wirklich bezogen. Die Frage hingegen, die sie sich in Bezug darauf stellte, WER das behauptet haben könnte und dieser ominöse Zeuge war, beantwortete sich erstaunlich schnell. Denn es gab keine Zweifel wem aufgefallen war, dass sie nahezu unbekleidet aus dem Zimmer ihres Exfreundes und Arztes stolziert war: nämlich der, der mit ihm dort wohnte. Derjenige, der sie erpresste sie an die Drogen kommen zu lassen die sie brauchte um sich selbst zu töten. Ward. Das Bild, dass sich ihr malte, gefiel ihr immer weniger.

    "Während einer außerordentlichen und nachträglich protokollierten Notoperation an Miss Ascaiath, die sich...", Notoperation. Oh nein. Ihr schlechtes Gefühl behielt Recht. Sie hob ihre freie Hand die nicht in Gils lag und presste ihre Fingerknöchel und die Handrückseite gegen ihren Mund als die aufkeimende Panik immer stärker wurde. Vigilio sah zu ihr, sorgenvoll, lies sich aber nichts weiter anmerken und begann damit, der Schwarzhaarigen mit dem Daumen über den gehaltenen Handrücken zu streicheln.
    "...zutrug, griff Doktor Svensson als erster behandelnder Arzt mit einer Magenspülung bei der Patientin ein, äußerte jedoch bereits während des angewandten Verfahrens anzügliches Verhalten gegenüber der Frau, welches unter anderem intime, für die Behandlung nicht notwendige Berührungen umfasst. Im weiteren Verlauf der Betreuung erwies sich unprofessionelles und irrationales Verhalten beim plötzlich kritisch gewordenen Zustand Miss Ascaiaths als Zeichen mangelnder Zurechnungsfähigkeit, als Doktor Svensson seine Assistenzen in harschem Ton dazu anwies, entsorgungspflichtiges Material - ausrasierte Teile des Haupthaars der Patientin nach Abfallkategorie E - aufzubewahren und nicht zu entsorgen. Des Weiteren entsagte er nach einem Herzstillstand der Patientin seiner ärztlichen Versorgungspflicht gänzlich und blieb regungslos und in einem bestätigten Schockzustand im OP-Bereich stehen und berührte die Patientin abermals, während er trauerte."
    Hiervon wusste die Neunundzwanzigjährige rein gar nichts mehr. Aber wie auf Kommando schien die OP-Narbe zu jucken. Oder besser die Stelle, an der die Narbe in ihrem Nacken hatte sitzen müssen. Hatte er das wirklich getan? Getrauert? So katatonisch neben ihrer Gestalt gestanden? Sie angefasst?
    "Am...", der Tag lies sich schlecht für sie Einordnen. War es dieser Tag gewesen? Als er Sie in der Dusche überrascht hatte? Sie wurde direkt über die Wahrheit dieser Vermutung belehrt. "...begab sich Doktor Svensson auf die Suche nach Miss Ascaiath, während der er sich sowohl bei Trainer Juho Möttöläln als auch Lt. Commander Lydia Kori über den Verbleib der Patientin informierte, bis er sie in der Gemeinschaftsdusche der weiblichen Patienten auffand und dort schließlich erneut den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog. Auch hier liegen schriftliche Aussagen vor."
    Ihr wurde wirklich allmählich anders. Luci schien ein wenig paranoid zu werden: Wo genau waren die Augen der Leute NICHT gewesen?!
    "Und schließlich: Als C-Darwin einem Terroranschlag zum Opfer fiel, erhielt Doktor Svensson laut Angaben der IT- und Securityabteilung einen Anruf von Miss Ascaiath noch bevor er Code Black ausrief und die Anlage verriegeln ließ. Kurz darauf traf Doktor Svensson im abgeriegelten Trakt 8 auf seine Patientin, die er zuerst küsste und ihr dann im Anschluss eine Pistole der Marke Hahne-Kedar Kessler III P7 aushändigte. Letzteres erfüllt den Tatbestand eines Vergehens gegen das interplanetarische Waffengesetz.

    Der Angeklagte wird somit des unstandesgemäßen Verhalten durch sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses angeklagt. Strafbar gemäß den Paragraphen 4270-7, 42 Absatz 1, 4. Alternative, 12 StGB-IISL und 4611-9, 1 Absatz 2, 5. Alternative, 6 StGB-IISL."



    Luceija senkte den Kopf in ihre Handinnenfläche und war überfragt. Sie musste so viele Details verpasst haben, dass es sichtlich schmerzte. WO genau war der Moment an ihr vorrüber gegangen, dass sie SO unvorsichtig wurden?! Es war so eindeutig wie nie, dass an der Aberkennung seiner Approbation SIE schuld sein würde.

    Der Richter schaltete sich wieder ein, als der Staatsanwalt Ruhe hinterlassen hatte und die Öffentlichkeit bereits feixende oder enttäuschte Blicke tauschte. "Vielen Dank Herr Staatsanwalt. Doktor Svensson: Ich habe Sie zunächst zu belehren, dass Sie heute Angeklagter in einem Strafverfahren sind. Als Angeklagter steht es Ihnen frei, Angaben zur Sache zu machen oder auch nicht. Möchten Sie sich zu den Anschuldigungen äußern?" Er durchbohrte Leif mit seinen Blicken.


    Jemand hatte Leif Kopfhörer aufgesetzt. Alte, klobige Wiedergabegeräte, jedoch kaputt und nur wirkend in einer dämpfenden, weltvergessenden Form. Er hörte etwas. Seine Erinnerungen, trocken wiedergegeben von einem Fremden, der keinerlei emotionale Haltung zu ihnen besaß, obgleich jedes Wort stimmte. Jede Behauptung war wahr. Zu jeder von ihnen gesellte sich ein Bild vor den stahlgrauen Augen des Blonden. Jedes seiner expliziteren Worte forderte eine Gänsehaut auf seiner hellen Haut heraus. Erhöhte den Drang sich umzudrehen und in die Reihen der Zuschauer zu sehen. Sie anzusehen und sich dieses Mal wirklich zu vergewissern ob sie bereit dazu war mit ihm zu verschwinden. Zur Verwirrung aller aufzustehen und schlicht zu gehen. Seine Vergehen waren eine Verhandlung wert, aber niemand würde erwarten das er tat was seine Gedanken eben taten. Kein Mensch würde schnell genug reagieren und sie aufhalten können.

    Wieso also bewegte er sich nicht? Wieso half sie ihm nicht? Wieso hatte er dieses Los der Versteinerung gezogen und saß einfach da? Hörte keine hellen Schritte, gleich denen auf dem Flur unten in der Vorhalle? Wohl weil sie ebenso wenig wusste was jetzt noch zu tun war wie er. Und schließlich fasste ihn wieder eine Hand. Und wieder war es die Falsche. Es würde nie wieder die Richtige sein. Oder?
    "Vielen Dank Herr Staatsanwalt. Doktor Svensson: Ich habe Sie zunächst zu belehren, dass Sie heute Angeklagter in einem Strafverfahren sind. Als Angeklagter steht es Ihnen frei, Angaben zur Sache zu machen oder auch nicht. Möchten Sie sich zu den Anschuldigungen äußern?"
    Antwortete er? Es war möglich, aber seine Lippen würde sich für den Fall automatisch bewegt haben. Kurz bevor Alicia ihn bestätigte.
    "Doktor Svensson wird Stellung nehmen, euer Ehren."
    Und wozu? Dieser alles verbrennenden, unberechenbaren Liebe zu Luceija, die er nicht einmal jetzt schaffte zu bereuen? Leif wusste es nicht. Er hatte keine Vorbereitungen für diesen Moment getroffen, in dem er sich ungeahnt fließend erhob und im Gegensatz zu Talbot seinen Stuhl vor- und zurückrichtete. Er warf dem Staatsanwalt einen Blick zu, der absolute Erhabenheit vortäuschen sollte. Der dieses Pokerface wieder aufzog. Ein Gesicht das er nur als der wirklich innehatte, der er jetzt auch hier war: Dieser unbequem arrogante Arzt, hoch professionell und gegängelt mit dieser unsagbaren Zeitverschwendung.
    "Ich darf?", erkundigte sich Leif scheinheilig beim Vorsitzenden, nachdem er den Weg zum Zeugenstand in gleichmäßigen Schritten gegangen war und seine Hand an den Stuhl legte. Es war eine heuchlerische, aber perfekt gespielte Geste des Respekts, immerhin hatte man ihn unlängst hierum gebeten. Dennoch erwiderte van Oostveen ein nüchternes "Bitte" und ließ Leif sich nicht nur setzen, sondern eines beweisen: Er war kein Gefangener, Bittsteller oder Abschaum. Er besaß denselben Stand wie diese in schwarz gekleideten Männer die ihn heute prüften. Es morgen ebenso tun würden. Alles was sie von ihm unterschied war das zweifelhafte Glück das die Liebe ihres Lebens nicht vor ihnen auf der Anklagebank gesessen hatte. Das der Blitz in ihrem Fall nie zur falschen Zeit eingeschlagen war. Das sie nicht eigentlich hätten bedauernd müssen, wen sie liebten, so wie Leif es nun nicht tat, als er sich setzte. Und endlich geradewegs in die weit geöffneten, grünen Augen unter einer erschrocken aufgerichteten Hand sah. Was er ihr hätte sagen wollen war für keine anderen Ohren neben ihren bestimmt. Für niemanden. Und deswegen blieb ihm nichts weiter als es zu denken, während er sie stur ansah. Ganz egal was irgendjemand dachte.
    "Lass mich um Gottes Willen nach Hause, wenn das hier vorbei ist. Lass mich nur zurück dir."
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  17. #97
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    Jemand hatte Leif Kopfhörer aufgesetzt. Alte, klobige Wiedergabegeräte, jedoch kaputt und nur wirkend in einer dämpfenden, weltvergessenden Form. Er hörte etwas. Seine Erinnerungen, trocken wiedergegeben von einem Fremden, der keinerlei emotionale Haltung zu ihnen besaß, obgleich jedes Wort stimmte. Jede Behauptung war wahr. Zu jeder von ihnen gesellte sich ein Bild vor den stahlgrauen Augen des Blonden. Jedes seiner expliziteren Worte forderte eine Gänsehaut auf seiner hellen Haut heraus. Erhöhte den Drang sich umzudrehen und in die Reihen der Zuschauer zu sehen. Sie anzusehen und sich dieses Mal wirklich zu vergewissern ob sie bereit dazu war mit ihm zu verschwinden. Zur Verwirrung aller aufzustehen und schlicht zu gehen. Seine Vergehen waren eine Verhandlung wert, aber niemand würde erwarten das er tat was seine Gedanken eben taten. Kein Mensch würde schnell genug reagieren und sie aufhalten können.

    Wieso also bewegte er sich nicht? Wieso half sie ihm nicht? Wieso hatte er dieses Los der Versteinerung gezogen und saß einfach da? Hörte keine hellen Schritte, gleich denen auf dem Flur unten in der Vorhalle? Wohl weil sie ebenso wenig wusste was jetzt noch zu tun war wie er. Und schließlich fasste ihn wieder eine Hand. Und wieder war es die Falsche. Es würde nie wieder die Richtige sein. Oder?
    "Vielen Dank Herr Staatsanwalt. Doktor Svensson: Ich habe Sie zunächst zu belehren, dass Sie heute Angeklagter in einem Strafverfahren sind. Als Angeklagter steht es Ihnen frei, Angaben zur Sache zu machen oder auch nicht. Möchten Sie sich zu den Anschuldigungen äußern?"
    Antwortete er? Es war möglich, aber seine Lippen würde sich für den Fall automatisch bewegt haben. Kurz bevor Alicia ihn bestätigte.
    "Doktor Svensson wird Stellung nehmen, euer Ehren."
    Und wozu? Dieser alles verbrennenden, unberechenbaren Liebe zu Luceija, die er nicht einmal jetzt schaffte zu bereuen? Leif wusste es nicht. Er hatte keine Vorbereitungen für diesen Moment getroffen, in dem er sich ungeahnt fließend erhob und im Gegensatz zu Talbot seinen Stuhl vor- und zurückrichtete. Er warf dem Staatsanwalt einen Blick zu, der absolute Erhabenheit vortäuschen sollte. Der dieses Pokerface wieder aufzog. Ein Gesicht das er nur als der wirklich innehatte, der er jetzt auch hier war: Dieser unbequem arrogante Arzt, hoch professionell und gegängelt mit dieser unsagbaren Zeitverschwendung.
    "Ich darf?", erkundigte sich Leif scheinheilig beim Vorsitzenden, nachdem er den Weg zum Zeugenstand in gleichmäßigen Schritten gegangen war und seine Hand an den Stuhl legte. Es war eine heuchlerische, aber perfekt gespielte Geste des Respekts, immerhin hatte man ihn unlängst hierum gebeten. Dennoch erwiderte van Oostveen ein nüchternes "Bitte" und ließ Leif sich nicht nur setzen, sondern eines beweisen: Er war kein Gefangener, Bittsteller oder Abschaum. Er besaß denselben Stand wie diese in schwarz gekleideten Männer die ihn heute prüften. Es morgen ebenso tun würden. Alles was sie von ihm unterschied war das zweifelhafte Glück das die Liebe ihres Lebens nicht vor ihnen auf der Anklagebank gesessen hatte. Das der Blitz in ihrem Fall nie zur falschen Zeit eingeschlagen war. Das sie nicht eigentlich hätten bedauernd müssen, wen sie liebten, so wie Leif es nun nicht tat, als er sich setzte. Und endlich geradewegs in die weit geöffneten, grünen Augen unter einer erschrocken aufgerichteten Hand sah. Was er ihr hätte sagen wollen war für keine anderen Ohren neben ihren bestimmt. Für niemanden. Und deswegen blieb ihm nichts weiter als es zu denken, während er sie stur ansah. Ganz egal was irgendjemand dachte.
    "Lass mich um Gottes Willen nach Hause, wenn das hier vorbei ist. Lass mich nur zurück dir."


    Sie hatte seinen Blick aufgenommen, kaum, dass er sich umgedreht und dort hingesetzt hatte, wo er nach ihrer Ansicht niemals hingehörte. Sollte es sich ficken, dieses beschissene Gericht und diese lächerlichen Idioten die es antrieben wie ein Hamsterrad. Sie schiss auf diesen Prozess und die falschen Gesichter, auf die Anzugnorm und diese Hurensöhne, die gesamte Existenzen auseinanderrissen und Leben zerstörten - ganz besonders die, die offensichtlich getratscht haben mussten oder Leif ganz bewusst in die Scheiße geritten hatten. Warum wusste zu diesem Zeitpunkt kein Mensch und das war auch schlicht egal. Luci hatte eine Wut in sich die längst aufkochte, die sie sichtlich bedrückte und die Hand, den Kopf leicht stützend, über den Mund legen lies, wo sie ihre Lippen schmerzlich mit dem Eck- und Schneidezahn traktierte um irgendeine Kompensation dafür zu haben, was in ihr vor ging. Sie tauschte diese Blicke mit ihrem Exfreund aus und versuchte darüber irgendetwas auszusagen, was sie einfach nicht formulieren konnte. Irgendwas, dass ihm diese Anspannung und diese Panik nahm. Doch vermutlich wäre kein Wort jetzt wirklich hilfreich.
    Da war sie also wieder, dieses Märchen von einer sicheren Welt, wenn sie doch nur zu ihm gehen und ihn an der Hand aus diesem Raum führen würde. Ungeachtet aller Blicke und Anklagen, ungeachtet der Approbation, einfach verschwinden würden um ihnen allen diesen Schmerz zu ersparen. Es war schlussendlich aber genau das: Nur ein Märchen. Nur eine Illusion, während sich der eiserne Mantel aus Zwang und Gesetz um sie beide schlang und langsam ertrinken ließ. Ohne, dass auch nur eine Hand den jeweils anderen an die Oberfläche hätte ziehen können. Jedenfalls...noch nicht. Schon längst hatte sich ihr Arm beinahe mit um Vigilios geschlungen, der ihr wenigstens temporär diesen Halt bot. Und ihre korallfarbenen Lippen formten ein tonloses Wort, einen tonlosen Satz, der ihn niemals erreichen sollte. 'Halte durch. Ich hol dich hier raus.'

    Wieder erhob sich der Staatsanwalt. Wieder waren es die selben Bewegungen an seinem Sakko und der Krawatte. In einem ernüchternd gleichbleibenden Ablauf, als richte er sein komplettes Leben nach gewissen Standards aus. Geistig voll und ganz auf dieses Szenario ausgerichtet, zu welchem er nun eine andere Seite des Datapadarchivs aufrief. "Herr Staatsanwalt, beginnen Sie bitte mit ihrer Befragung."

    Er ließ sich kaum zweimal bitten. Talbot war ein eifriger und erstaunlich gerissener Staatsanwalt, der immer nach einem ähnlichen Schema spielte und so gut wie immer gewann. Denn er war gründlich. Zu gründlich. Selbst nach diversen Prozesstagen, an dem man meinte, er läge an einer sehr schlechten Position, beförderte er noch ein weiteres Ass aus seinem Ärmel. Und die Fakten die er hatte lies er mehrmalig und äußerst penibel überprüfen. Zumindest Gaius hatte schon von ihm gehört und sass einmal an einem Stammtisch mit ihm zusammen. Allerdings war er ihm immer zuwider gewesen, was auch irgendwie am Zusammenspiel von Haltung und Mimik lag, die nie recht zusammen zu passen schien.
    Jetzt war er schon auf den Beinen, da hatte ihn der Richter noch nicht mal richtig aufgerufen. Gerade diesen Mann auseinander zu nehmen würde ihm eine Menge Freude bereiten. Er hatte sich im Vorfeld gut über Svensson informiert und diese geleckte Vergangenheitspredigt mehrmalig analysiert, wobei ihm Details aufgefallen waren, die er hier nutzen würde um an die Wahrheit heranzukommen. Insbesondere wenn er, sofern die Anklagen wahr waren, labile Patientinnen missbrauchte. Aus dem Heiligen würde er schon zurecht den Angeklagten kitzeln, dessen war er überzeugt.
    Und mit dieser Haltung trat er auch auf den Platz vor dem Zeugenstand und setzte ein aufgesetzt charmantes wie professionelles Schauspielergrinsen auf.

    "Also Doktor Svensson...erzählen Sie uns doch erstmal Ihre Sicht der Dinge. Was sagen Sie zu den Anschuldigungen, die man Ihnen in Bezug auf ihre Patientin, Miss Ascaiath, vorwirft?", er machte eine Ausschweifende Bewegung hinter sich und deutete mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, in der Luceija saß. Nunja. Nun war zumindest der Blickkontakt nicht mehr verwerflich.
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  18. #98
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Sein Blick an Luceija verlor sich. Unbewusst und nicht gewollt, aber Leif musste seine Aufmerksamkeit früher oder später diesem gut gekleidetem und durchaus smarten Staatsdiener vor sich schenken. Er hatte keine Ahnung wer Talbot war, aber er wusste im Rahmen der schriftlich erhaltenen Anklage dass er einen Doktor vor dem Namen trug, was bei den aktuellen Studienzeiten und dem vermutlichen Alter des Mannes durchaus respektabel war. Es war jedoch nichts was ihm einen Bonus verschaffen würde. Leute wurden Staatsanwälte, weil sie gerne auf einer Jagd wie dieser hier waren, ebenso wie Ärzte Chirurgen wurden, weil sie geisteskranke Workaholics waren und sich offenbar nicht zwischen dem handwerklich orientierten Beruf eines Schlächters und dem eines Lebensretters entscheiden konnten. Mit einem sachten Grinsen über dieser Tatsache schwebend, lehnte Leif sich langsam nach vorn und verkaufte Talbot seine Miene als die eines unwissenden Idioten, der nicht wusste was zutun war.
    "Verzeihung, ich hatte mit expliziteren Fragen gerechnet, Doktor. Bevor ich zu den Anschuldigungen gegen meine Person komme-...Was wollen Sie da wissen? Einen Abriss vom Kennenlernen meiner Patientin bis zum heutigen Tag? Oder ausschließlich Details zur selbigen professionellen Beziehung im Zeitraum unseres Aufenthaltes auf Proteus im Projekt C-Darwin?"
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  19. #99
    Fionda per cereali  Avatar von Luceija
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    Sein Blick an Luceija verlor sich. Unbewusst und nicht gewollt, aber Leif musste seine Aufmerksamkeit früher oder später diesem gut gekleidetem und durchaus smarten Staatsdiener vor sich schenken. Er hatte keine Ahnung wer Talbot war, aber er wusste im Rahmen der schriftlich erhaltenen Anklage dass er einen Doktor vor dem Namen trug, was bei den aktuellen Studienzeiten und dem vermutlichen Alter des Mannes durchaus respektabel war. Es war jedoch nichts was ihm einen Bonus verschaffen würde. Leute wurden Staatsanwälte, weil sie gerne auf einer Jagd wie dieser hier waren, ebenso wie Ärzte Chirurgen wurden, weil sie geisteskranke Workaholics waren und sich offenbar nicht zwischen dem handwerklich orientierten Beruf eines Schlächters und dem eines Lebensretters entscheiden konnten. Mit einem sachten Grinsen über dieser Tatsache schwebend, lehnte Leif sich langsam nach vorn und verkaufte Talbot seine Miene als die eines unwissenden Idioten, der nicht wusste was zutun war.
    "Verzeihung, ich hatte mit expliziteren Fragen gerechnet, Doktor. Bevor ich zu den Anschuldigungen gegen meine Person komme-...Was wollen Sie da wissen? Einen Abriss vom Kennenlernen meiner Patientin bis zum heutigen Tag? Oder ausschließlich Details zur selbigen professionellen Beziehung im Zeitraum unseres Aufenthaltes auf Proteus im Projekt C-Darwin?"


    Talbot lachte leicht in einer schelmischen Weise, als habe Leif gerade einen guten Witz gemacht, den nur er, aber alle anderen nicht verstanden. "Ich sehe es Ihnen nach, Doktor Svensson. Wie wir erfahren haben, sind Sie bislang nicht straffällig in Erscheinung getreten und haben dementsprechend auch wenig Erfahrung vor Gericht. Nein, ich frage Sie nach einer Stellungnahme zu den genannten Vorwürfen, die Sie in der vorliegenden Anklageschrift vorfinden. Was genau sagen Sie zu den Vorwürfen. Stimmen Sie zu?"
    Er machte ein paar Schritte und hatte dabei die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Er wirkte nachdenklich und besonnen. "Aber, wenn Sie schon eigenständig darauf zu sprechen kommen, gehen Sie im Anschluss gerne auch darauf ein, wie Sie und Miss Ascaiath sich kennenlernten. Das wäre nämlich ohnehin meine nächste Frage gewesen."
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  20. #100
    Mythos Avatar von AeiaCarol
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    Leif nickte, immer noch unter diesem fadenscheinigen Lächeln und dankte Talbot für die vor allen als hochmütig dargestellte Geste ihn als bisher vorschriftstreuen Mediziner zu platzieren.
    "Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Doktor-...", begann Leif, verlagerte seine Haltung nun gänzlich nach vorn und stützte die Unterarme auf die hölzerne Fläche vor ihm, "Dann beginne ich mit der Antwort auf die Frage die Sie mir erst im zweiten Akt stellen wollten."
    Talbot ließ den Blick nicht von ihm als er nickte. Zögerlich, aber scheinbar durchaus gewillt sich darauf einzulassen. Leif erwiderte die Geste und verschränkte die Finger ineinander.
    "Ich lernte Miss Ascaiath bereits 2183 kennen. Um genau zu sein am Tag des Angriffs auf die Citadel. Wenn Sie nicht dort waren, erinnern Sie sich sicher daran es in den Nachrichten gehört zu haben. Sie kam durchaus-...angeschlagen zu mir in die Praxis, die als eine der Wenigen noch funktionierte und als von der Allianz ausgewiesene Anlaufstelle diente. Ich empfing meine Patientin in Begleitung und stellte bereits hier gesundheitliche Probleme fest, die dazu führten dass ich sie kein Jahr später ein weiteres Mal längerfristig behandelte. Ähnlich einer längeren Behandlung mit anschließender Rehabilitation also, wie dem Model auf Proteus, wenn Sie verstehen. Ich will es vermeiden für Miss Ascaiath zu sprechen, aber ich schätze jede unserer einzelnen Etappen in dieser Beziehung als von Respekt und ja, einer besonderen Freundschaft geprägten Zeit. Letzteres ergibt sich auch aus der Tatsache das ihre Familie und ich seither einen guten Kontakt pflegen. Ich halte Ihr Bild von einer von mir bedrängten Patientin und mit Gewalt behafteten Beziehung also für ziemlich haltlos."
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