Zitat von
Archol
Ganz einfache Antwort: Weil's der optimale Zeitpunkt war. Hamiltons Strategie war zweite Wahl, hat ordentlich Zeit gekostet und nur deswegen Sinn ergeben, weil Strategie A schon durch Räikkönen abgedeckt war. Bottas war ein verschmerzbares Hindernis, das mit den Reifen kein absehbares Problem, bzw. von Räikkönens Fahrweise verursacht.
Ich dreh die Frage mal um: Was wäre passiert, wenn Räikkönen nicht gestoppt hätte?
Die Mercedes-Crew stand bereit, und das war nicht nur ein Bluff. Hätte Räikkönen die Box nicht angesteuert, dann hätte Hamilton die Chance wahrgenommen. Der Abstand war vernachlässigbar, der Undercut drohte. Dann wäre das Gejammer groß, von wegen "warum hat Ferrari Räikkönen nicht früher reingeholt?"
Dazu mehrere Gedanken:
1. Wer sagt denn, dass die Ferrari-Box Räikkönen gesagt hat, er müsse unbedingt an Bottas vorbei? Hat man überhaupt irgendwelchen Funk in der Richtung gehört? Falls nein, muss das ja nicht heißen, dass es ihn nicht gab.
2. War der Abstand alles andere als safe. Hamilton kam ja heran und war rundenlang in Räikkönens DRS-Fenster, als Bottas noch den Spielverderber mimte. Aber er hätte ja merken können, dass es im Endeffekt unerheblich war, ob er an Bottas vorbeikommt, und dass seine Aufgabe vielmehr darin bestand, Hamilton im Auge zu behalten.
3. Sollte man von einem Fahrer mit einer solchen Erfahrung erwarten können, dass er auch ohne Fernsteuerung aus der Box die Rennintelligenz besitzt, seine Reifen nicht in einem Kampf ohne Wert zu verheizen. Hamilton war ja auf der anderen Seite auch derjenige, der dem Team gesagt hat, was er so macht und wie er es einschätzt, nicht umgekehrt. Er hat für sich beschlossen, dass er in Räikkönens DRS-Fenster bleiben will, aber ohne zu attackieren, und lag damit goldrichtig.
Manchmal liegt es einfach nicht an der Strategie, wenn sie im Nachhinein eher mau aussieht. Strategie kann ein Pflaster sein, das einiges überdeckt. In dem Fall kam der Stopp zum richtigen Zeitpunkt und hätte den Ausschlag geben können, wenn Hamilton im etwas schnelleren Auto auf Platz 2 festgehangen hätte. Aber hier ging es um Qualitätsunterschiede zwischen Fahrern und deren Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit des Autos. Das zugrundeliegende Problem war zu groß für egal welches Strategiepflaster. Eine Strategie, mit der Kimi Räikkönen dieses Rennen gewonnen hätte, gab es schlichtweg nicht.
Dieselbe Strategie, angewandt auf einen unbeeinträchtigt im Rennen liegenden Vettel hätte aber wohl zum Sieg ausgereicht. Da hätte Hamilton sich noch so sehr anstrengen können, unterm Strich hatte er einfach das knapp schwächere Material und musste darauf hoffen, dass Räikkönen Fehler macht.