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    Drachentöter Avatar von Lord-Hagen
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    Mein großes Fazit zu Elex


    Auf bisher kaum ein Spiel habe ich so hingefiebert wie auf Elex. Seit der Ankündigung im Juli 2015 habe ich fast jede News gelesen, mir nahezu jeden neuen Screenshot und jedes neue Gameplayvideo zu dem Spiel angeschaut. Auch wenn hintergründig etwas Skepsis da war, klang das von Piranha Bytes gewählte Science-Fantasy-Szenario von Anfang an irgendwie verlockend, interessant, anders. Selten habe ich mich so sehr auf ein Spiel gefreut, bin mit der RPC 2016 sogar das erste Mal in meinem Leben auf eine Spielemesse gefahren, um mir einen ersten Eindruck von dem Spiel zu verschaffen. Nach einer leichten Verspätung bei der Lieferung meiner Collector’s Edition habe ich schließlich am Samstag, den 21. Oktober 2017 – vier Tage nach Release – mit dem Spielen von Elex begonnen. Ganze 254 Stunden und 10 Minuten später sollte meine Reise durch Magalan im Schwierigkeitsgrad „schwer“ schließlich vergangenen Sonntag enden. Mitsamt Neuladen und dem Probieren alternativer Lösungswege zeigt Steam sogar eine Spielzeit von 303 Stunden an (zum Vergleich: am Ende von Risen 3 hatte ich 91 Spielstunden auf dem Konto …).

    Bevor ich nun jedoch meine Meinung zu Piranha Bytes‘ neuestem Werk in aller Ausführlichkeit darlege, möchte ich ein paar Worte zu meinem Hintergrund verlieren: Ich bin im Jahr 2007 mit 12 Jahren über das Action-RPG Sacred erst vergleichsweise spät zum Spielen gekommen. Doch bereits etwas mehr als ein Jahr später bin ich im Oktober 2008 mit Gothic II: Die Nacht des Raben auf mein erstes Piranha-Bytes-Spiel gestoßen, das mich trotz kleinerer Anlaufschwierigkeiten vor allem aufgrund seiner intensiven Atmosphäre direkt fesselte. Kurz darauf holte ich dann mit Gothic auch den Beginn der Gothic-Trilogie nach, der im Vergleich zum zweiten Teil darüber hinaus auch noch durch eine interessantere Story punkten konnte. Als ich im April 2009 anschließend bei einem Freund zum ersten Mal Gothic 3 sah, war ich direkt in die Freiheit und Weitläufigkeit der Spielwelt verliebt und spielte es kurz darauf selbst durch.

    Über Neuigkeiten zu Gothic 4 bin ich dann auf Piranha Bytes‘ Nachfolgetitel Risen gestoßen. Im Vorfeld des Risen-Releases wurde ich dann auch allmählich in diesem Forum aktiv und freute mich auch ungemein darauf, endlich den neuesten Titel aus dem Hause PB spielen zu können. Abseits der etwas flachen Story enttäuschte mich das Spiel dann auch nicht. Auch damals habe ich zum Abschluss des Spiels einen Test geschrieben, den ich heute immer noch zu großen Teilen unterstreichen würde. Im Gegensatz zu vielen im Forum habe ich auch bis heute sehr viel Spaß mit Risen 2, was meiner Meinung nach vor allem an der gelungenen Piraten-Atmosphäre, dem guten Pacing und der abseits der Klischees wendungsreichen Story liegt. Etwas enttäuscht war ich dann aber zwei Jahre danach von Risen 3. Schon im Vorfeld des Releases war ich bei dem Spiel eher skeptisch, das im Vorfeld gezeigte Material konnte mich damals mit Ausnahme des Back-to-the-Roots-Trailers nicht ganz überzeugen. Letztlich kaufte ich aber auch den Abschluss der Risen-Trilogie zu Release und hatte sehr viel Spaß damit. Bis heute ärgert mich aber an dem Spiel das verschenkte Potential: Auf der einen Seite war Risen 3 meiner Meinung nach ein Spiel mit einem tollen Pacing, fantastischem Leveldesign und abwechslungsreichem Gameplay; auf der anderen Seite aber standen viel zu klischeehafte und flache Charaktere, eine schlecht präsentierte Story und sehr große Balancing-Probleme.

    Nun also Elex. Das Spiel hörte sich für mich – wie eingangs erwähnt – von Beginn an interessant an. Piranha Bytes sollte maximale Freiheiten in der Entwicklung bekommen, das Setting sollte düsterer werden, die Lore sollte vertieft werden und bei den Quests sollte vermehrt auf Moral, Entscheidungen und Konsequenzen gesetzt werden. All das hörte sich in meinen Augen einfach fantastisch an. Und ich sollte nicht enttäuscht werden.

    Bevor ich nun endgültig mit meinem Fazit zu Elex beginne, möchte ich darauf hinweisen, dass ich bei Rollenspielen vor allem Wert auf Atmosphäre, Exploration, Quests und eine interessante Story lege. Solange das Gameplay nicht komplett versagt, sind mir diese vier Dinge wichtiger als das präziseste Kampfsystem oder modernste Technik.

    Nach dieser langen Exposition soll’s nun aber auch wirklich losgehen. Meinen „Test“ werde ich dabei zur besseren Lesbarkeit in eine Reihe von Kategorien aufteilen, ehe ich am Ende zu einem Fazit komme. Wer sich den nun folgenden Wall of Text ersparen möchte, dem sei gesagt, dass ich am Ende auch noch einmal in Kürze fünf positive Aspekte an Elex und fünf Wünsche für ein Nachfolgeprojekt aufliste. Garniert wird das Ganze mit ein paar der schönsten Screenshots, die ich auf meiner Reise durch Magalan aufgenommen habe.



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    Passus 1: Grafik, Steuerung, Technik und Präsentation

    Wenn man bei Elex nach Schwachstellen sucht, wird man in dieser Kategorie sicher fündig. Sicherlich sind Animationen, Texturen und die Präsentation des Spiels nicht auf Tripel-A-Level. Dennoch liebe ich persönlich den grafischen Stil von Elex.

    Der Grund hierfür liegt vor allem in der Beleuchtung des Spiels, die wie auch schon bei den vorigen Piranha-Bytes-Spielen einfach klasse ist. PB versteht es einfach wie kein zweites Studio, Atmosphäre durch Lichtstimmungen zu erzeugen. Das liegt an den tollen Kontrasten, den abwechslungsreichen Wetter- und Tageszeitenszenarien, den dunklen Ruinen und den – zumindest vor dem Dezember-Patch – tollen, dunklen Nächten. Das ist nun aber auch schon der erste Kritikpunkt, den ich nennen muss. Während die allgemeinen Änderungen in der Beleuchtung durch diesen Dezember-Patch sowohl positiv als auch negativ zu sehen sind – vor dem Patch überzeugte das Spiel mit vielen Lichtbündeln durch eine tolle mystische Atmosphäre, während nach dem Dezember-Patch vor allem die satten Farben und starken Kontraste zu gefallen wissen – sind die Nächte seit dem Dezember-Patch leider viel zu hell. Vorher hatte ich regelrecht Angst davor, zu spät Nachts noch nicht rechtzeitig in einer der sicheren Städte zu sein, weil man in der absoluten Dunkelheit abseits eines kleinen Bereichs um seine Magnesiumfackel und den Moden Magalans nichts mehr sah. Nach dem Patch sind die Nächte nun deutlich aufgehellt worden, sodass man sogar die Monde kaum noch sieht. Schade! Demhingegen sind aber die dunklen Innenräume der Ruinen und Gebäude auf Magalan sowie die Adaption der Augen an neue Beleuchtungsverhältnisse einfach nur toll. Anders als in Risen 2 und 3 sind Fackeln tatsächlich wieder zwingend notwendig, um mancherorts etwas sehen zu können. Toll!

    Aber auch abseits der meiner Meinung nach tollen grafischen Gesamtkonzeption hat PB bei Elex einige Schritte nach vorne gemacht. So sind zum Beispiel die Gesichtsanimationen und die Gestik der Charaktere in den Dialogen deutlich dezenter und besser als in den vorherigen Spielen. Wer sich das nicht vorstellen kann, möge sich mal bspw. einen Dialog aus Elex im direkten Vergleich zu einem aus Risen 2 ansehen. Dabei wird auch deutlich, dass die Charaktermodelle mittlerweile sehr viel detaillierter sind als früher. Das sieht man vor allem auch daran, wie weit sich PB mittlerweile traut, in Dialogszenen an die Gesichter der Gesprächspartner heranzufahren.

    Wenn man einen Schwachpunkt in der grafische Präsentation von Elex sucht, so findet man diesen meiner Meinung nach am ehesten in der Darstellung der Felsen und den bei Piranha Bytes erstmals designten metallischen Oberflächen. Während die Darstellung ersterer zumindest im Vergleich zu frühem Material stark verbessert wurde, sind manche Metalloberflächen von etwa Autos oder Panzern in der Spielwelt leider etwas sehr detailarm. Der größte grafische Tiefpunkt wurde mit den Schiffen zwar im Dezember-Patch behoben, aber manche Texturen, wie sie etwa bei dem Müllberg von Mad Bob im Fort oder aber mancherorts an den Stränden zu finden sind, dürfen 2017 eigentlich echt nicht mehr sein.

    Auch die Darstellung des Wassers fand ich in Risen 3 teilweise besser gelöst, auch wenn ich nach dem Lesen des zugehörigen Making-Games-Artikels erstaunt war, wie viel Arbeit und Ideen in den Flussläufen von Elex stecken. Besonders schade fand ich auch, dass man in puncto Interaktivität mit der Spielwelt gegenüber Risen 3 in einem Punkt stark zurückgefahren ist: Während sich in letzterem Spiel Objekte wie Knochen, im Meer treibende Planken oder Fässer bei Bewegung des Helden ebenfalls physikalisch korrekt bewegt haben, sind soweit ich das im Kopf habe ausnahmslos alle Objekte in Elex statisch.

    Einen Fortschritt gegenüber Risen 3 hat man hingegen bei der Präsentation der Story durch Cutscenes gemacht. Wie schon in Risen 2 lässt man manche Eindrücke endlich wieder länger wirken, wodurch die Cutscenes nicht ganz so abgehackt und lieblos wirken wie im dritten Serienteil der Risen-Trilogie. Allerdings ist die Qualität der Cutscenes zuweilen stark schwankend: Während der Start des Spiels und insbesondere die erste Begegnung mit Ray und der Schlussmonolog, aber auch einige der Cutscenes in der Mitte des Spiels (Big Bang, Berserkerinsel und Firmengelände West-Edan) sehr gut gelungen sind, fehlt es vor allem den Flashbacks bisweilen an inszenatorischer Raffinesse. Schade ist auch, dass man ausgerechnet eine dramatische Cutscene mit Ray zum Ende des Spiels dramaturgisch nicht ausreichend gut gestaltet hat, indem man etwa Ray auch mal im Gleiter gezeigt hätte und der Szene durch längeres Wirken der Einzelbilder etwas mehr Aussagekraft gegeben hätte. Im direkten Vergleich finde ich hierbei die Cutscene rund um Stahlbarts Tod in Risen 2 immer noch deutlich gelungener. Darüber hinaus finde ich auch, dass die die Story abschließende „Power-Point-Präsentation“ etwas lieblos gestaltet war. Waren die entsprechenden Texte und Bilder für Ladebildschirme wirklich noch eine feine Sache, sind sie als unvertonte Diashow zum Ende des Spiels hin doch etwas sehr antiklimatisch. Zumindest hätte man hier die Texte unter den Bildern ähnlich wie am Ende von Gothic 3 vertonen können. Von der Präsentation her stark fand ich wiederum die Monologe bei den Passus-Wechseln.

    Um die erste Kategorie dieses Fazits nun auch langsam abschließen zu können, möchte ich zum Ende noch auf die Steuerung des Spiels zu sprechen kommen. Nach den ersten Tests zu Elex hatte ich hierbei die schlimmsten Befürchtungen. Das Schließen von Fenstern sollte nur mit Backspace möglich sein? Ausweichen nur über das äußerst unpräzise doppelte Antippen der Richtungstasten? Meine Befürchtungen in dieser Richtung sollten sich jedoch als völlig unbegründet herausstellen. Vielmehr war ich in den ersten Minuten des Spiels doch sehr überrascht, wie direkt und flüssig sich Elex doch spielen lässt. Das Klettern und das Fliegen mit dem Jetpack funktioniert einfach flüssig, der Held reagiert sehr direkt auf Eingaben. Besonders danken möchte ich Piranha Bytes an dieser Stelle für die Möglichkeit, das Ausweichen im Kampf über eine separate Taste regeln zu können. Die wesentlich direktere Steuerung der Ausweichrolle über Alt + W/A/S/D war wirklich ein Segen.



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    Passus 2: Musik und Sound

    Wie ich in diesem Forum nun schon öfter gelesen habe, stößt die erstmals von Björn Pankratz übernommene musikalische Untermalung von Elex nicht auf besonders viel Gegenliebe. Meiner Meinung nach ist es hierbei aber essentiell, zwischen dem Soundtrack und den Soundeffekten zu unterscheiden. Während ersterer meiner Meinung nach äußerst gelungen ist, sind die Soundeffekte zuweilen leider wirklich unterdurchschnittlich.

    An dieser Stelle soll es nun zuerst um den Soundtrack gehen. Als ich auf der RPC 2016 in dem ersten Trailer zu Elex das erste Mal das Musikstück hörte, das im finalen Spiel zu Jax‘ Schlussmonolog erklingt, war ich direkt hin und weg, weil das es einfach so toll klang. Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich im Übrigen noch gar nicht, dass Björn höchstpersönlich sich für dieses Stück verantwortlich zeigt.

    Dieser Eindruck hat sich bis heute auch nicht geändert. Dem Elex-Soundtrack gelingt es meiner Meinung nach, tolle Stimmungen zu kreieren, ohne dabei auch nur einmal zu nerven, wie es etwa das Strand-Thema aus Risen 3 oder aber auch das Kampf-Thema aus Gothic 3 tat, wenn es zum 1000. Mal ertönte. Dabei verliert sich der Soundtrack auch nicht in Beliebigkeit. Besonders gefallen haben mir dabei das bereits angesprochene Thema zum Schlussmonlog (mein All-Time-Favorit des Elex-Soundtracks), das Goliet-Thema, Caja’s und Ray’s Thema, die Themen für die beiden Zwischensequenzen auf der Berserkerinsel und auf dem Firmengelände West-Edan, sowie auch die Melodie im Fort, die mich irgendwie an Gothic 1 erinnerte.

    Ganz speziell möchte ich hervorheben, wie toll ich es fand, dass in Elex jeder Begleiter ein eigenes musikalisches Thema hatte und dass wichtige Dialoge in der Story mit einem eigenen Track untermalt wurden. Das war sicher ein großer Aufwand, der sich aber voll ausgezahlt hat. Allein der Soundtrack hat so in Gesprächen mit Zardom oder Thorald eine viel bedrohlichere und intensivere Atmosphäre geschaffen, als es mit dem Standard-Soundtrack dieser Region im Spiel möglich gewesen wäre. Einzig und allein bei den Kampftracks wäre etwas mehr Abwechslung schön gewesen.

    Ganz anders sieht es leider beim Sound aus. Irgendwas muss da beim Soundmixing teilweise gehörig schief gelaufen sein. Manche Umgebungsgeräusche, Schrittgeräusche und insbesondere auch die Sounds beim Schleichen sind einfach viel zu laut abgemischt. Wenn man dann beim Übergang in Passus 3 aufgrund der Mutantengeräusche den Monolog des eigenen Helden nicht mehr hört, werden auf diese Weise auch zentrale Momente in der Story unnötig zerstört. An vielen Stellen in der Spielwelt setzen zudem Regensounds ohne zugehörigen Regen ein; all das reißt einen immer wieder unnötig aus der sonst tollen Atmosphäre des Spiels heraus, was wirklich schade ist. Wenn noch irgendwie möglich, sollte hier dringend nachgeholfen werden.

    Und auch wenn die Soundeffekte im Mittel kein Weltuntergang sind und man sich nach einer gewissen Zeit an sie gewöhnt, so trübt der teilweise schlecht abgemischte Sound den eigentlich tollen Eindruck vom Soundtrack unnötigerweise.



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    Passus 3: Atmosphäre, Exploration und Leveldesign

    Kommen wir nun zu einem Teilgebiet, dass eigentlich seit jeher die Paradedisziplin von Piranha-Bytes-Spielen ist: Atmosphäre, Exploration und Leveldesign. Und so ist es glücklicherweise auch bei Elex. In manchen Aspekten packt das Spiel gegenüber seinen Vorgängern dabei sogar noch eine große Schippe oben drauf.

    Dabei ist es vor allem das Science-Fantasy-Szenario, das der wohl größte Kunstgriff von Piranha Bytes seit langem ist. Das Aufeinandertreffen von Fantasy, Postapokalypse und Science-Fiction wird vor allem durch die Natürlichkeit des Leveldesigns und den erstaunlich durchdachten storytechnischen Hintergrund sehr plausibel und glaubwürdig umgesetzt und bietet Raum für eine der meiner Meinung nach besten Neuerungen in einem Piranha-Bytes-Spiel.

    Hiermit meine ich die durch das postapokalyptische Szenario möglich gemachten Ruinen der alten Welt und das damit verbundene Environmental Storytelling. Elex profitiert zumindest in meinen Augen sehr stark von diesen Ruinen der alten Welt. Von einer Ruine aus ist stets die nächste zu sehen, und jede dieser Ruinen durchforstet man nach alten Notizen, Audiologs und Büchern, immer unterwegs nach der Frage: Was war das hier früher? Was ist hier passiert?

    Dieses Konzept geht meiner Meinung nach voll auf und reizt trotz der unüberschaubaren Größe der Welt von Elex dazu, diese vollständig zu erkunden. Fast jede der Ruinen, fast jede der Leichen hat eine Notiz dabei, die diesen Ort oder diese Person in der Lore der Welt verankern. Ganz toll dabei ist, dass der Anteil an nutzlosen Zetteln mit belanglosen Informationen sehr gering ist. So stellt sich schnell heraus, dass etwa selbst die in der ganzen Welt verteilten Werbeflyer Bedeutung für die Hintergrundgeschichte haben. Über dieses Environmental Storytelling wird in toller und detaillierter Weise die Hintergrundgeschichte der Welt für diejenigen Spieler erklärt, die sich dafür interessieren.

    Ein Paradebeispiel für solche Ruinen der alten Welt stellt für mich hierbei der Firmenkomplex West-Edan im Verbotenen Tal dar, der auch für die Hauptstory große Bedeutung hat. Hier gelingt das neu eingeführte Environmental Storytelling am besten. Das liegt neben den vielen Informationen, die man in der Ruine vorfindet, vor allem auch an der tollen Atmosphäre in dieser selbst. Stufe um Stufe steigt man erst in den Ruinen des Komplexes hinauf, und schließlich in den dunklen, vielschichtigen Keller der Anlage hinab und erfährt dabei stets wichtige Informationen über die Hintergründe der Welt. Zudem hat diese Anlage durch ihren Bunker und ihre einmalige Größe auch noch etwas besonders mystisches und spannendes an sich. Von dieser Art Ruine würde ich in Zukunft gerne mehr sehen!

    Andererseits gibt es aber besonders in Ignadon auch viele Ruinenkomplexe, die gerade das Gegenteil davon sind. So steht zum Beispiel in der Nähe des nördlichen Vulkans (nicht zu verwechseln mit dem südlichen Vulkan und den Kuppelruinen sowie der Burgruine West-Ignadon) das riesige Firmengelände Vulkan, das im Spiel auch als „Fort Vulkan“ bezeichnet wird. Man erfährt zwar ein paar kleine Hintergründe zu dieser ehemaligen geothermischen Anlage, die nach dem Einschlag des Meteoriten vom Militär zur Erforschung des Elex benutzt wurde. Wenn man aber schon so etwas interessantes anteasert, wieso kann ich dann bis zum Ende des Spiels nicht den am oberen Ende der Anlage sichtbaren Bunker betreten, vor dem die Waffe „Todesstrahl“ liegt? Wie interessant wäre es denn bitte gewesen, ähnlich wie in West-Edan in diesen Bunker unter dem Vulkan hinabzusteigen und mehr über die damaligen Elex-Experimente zu erfahren? Hier wurde viel Potential verschenkt.

    Vor allem hätte man die teils toll designten Ruinen mehr in die Hauptstory einbinden können, um diese stärker mit der Hintergrundgeschichte der Welt zu verbinden. Oder aber man hätte zumindest obig angesprochenen Bunker im Rahmen der Gefährtenquest von Caja verwenden können, um mehr über die Natur des Elex zu erfahren. Das hätte ihre Quest um eine interessante Facette erweitert.

    Ähnlich verhält es sich leider mit vielen Ruinen – vor allem in Ignadon. Eine riesige Anlage steht beispielsweise auch direkt am Einschlagsort des Meteoriten, ohne dass man je viel darüber erfährt. Hier wirkt es leider fast so, als hätte für die Ruinen in Ignadon am Ende etwas die Zeit gefehlt.

    Insgesamt aber stellen die Ruinen der alten Welt und das damit verbundene Environmental Storytelling eine tolle Neuerung in Elex dar, besonders in Edan, Abessa und Tavar.
    Das führt mich direkt zum nächsten Thema: der Spielewelt an sich. Diese ist unterteilt in die fünf Regionen Edan, Abessa, Tavar, Ignadon und Xacor. Jede der Regionen ist dabei einzigartig gestaltet. Das bewaldete Edan im Süden des Kontinents kann dabei mit dem Verbotenen Tal, vielen Flüssen und einem Hochland im Osten mit besonders viel Abwechslung punkten – auch wenn ein richtiger Wald fehlt. Selbst die Bäume im verbotenen Tal, das extrem atmosphärisch geworden ist, stehen zu wenig dicht aneinander gedrängt, als dass man von einem echten Wald sprechen könnte. Aber schließlich muss die Natur nach dem Einschlag des Meteoriten auch erst wieder aufgebaut werden.

    Von den Regionen her haben mir ingesamt Edan, Tavar und Abessa am besten gefallen. Ersteres punktet wie bereits erwähnt mit viel Abwechslung und mittelalterlicher Atmosphäre, das Hochland von Abessa bietet tolle Panoramen, neben Ruinen aus der alten Welt aber auch Burgen und eine tolle Weitläufigkeit. Die Wüste Tavar wiederum besticht durch eine einmalige Atmosphäre und vielen Industrieanalgen mit viel Hintergrundinformationen über die Botanik- und Atmosphärenforschungen in dieser Region.

    Am wenigsten gefallen hat mir unter dem Strich etwas hinter dem vereisten und für das Finale des Spiels mit vergleichsweise vielen interessanten Locations gefüllten Xacor fast das vulkanische Ignadon. Wie bereits oben beschrieben wurde in den Ruinen des Landes teilweise viel Potential verschenkt; zudem kann ich mich immer noch nicht ganz mit den sechseckigen Felsen der Landschaft anfreunden und auch die Lavadarstellung gefiel mir in Risen 3 auf der Totenkopfinsel wesentlich besser.

    Erstmals seit dem ersten Risen kann Elex im Übrigen auch wieder mit vier richtigen Städten punkten, die allesamt sehr eigenständig sind. So ist die Berserkerstadt Goliet die wahrscheinlich schönste Stadt, die es je in einem Piranha-Bytes-Spiel gab, während das Fort von Tavar eine wunderbar bedrohliche Atmosphäre inmitten von Schrott erschafft.

    Vor allem aber die Tatsache, dass es inmitten dieser riesigen Welt so viele kleine, charmante Stellen gibt, macht die Spielewelt für mich zu einer der besten der PB-Geschichte: So kann man durch einen Brunnen in Abessa per Jetpack in eine Höhle springen, findet im Grenzgebiet zwischen dem Flussdelta und dem Verbotenen Tal eine toll designte Banditenhöhle, entdeckt in Abessa eine geheime Taverne, kann per altem Tourguide die Hintergründe dreier Burgen aus dem Mittelalter erfahren usw. Trotz ihrer Größe behält sich die Spielwelt so viel von dem typischen PB-Charme bei. Chapeau!

    Insbesondere aufgrund dieser Detailverliebtheit und des Environmental Storytelling ist man so trotz vergleichweise weniger Items in der Spielwelt stets dazu motiviert, diese tolle Welt bis in den letzten Winkel zu erkunden. Am besten geht das natürlich mit dem neu eingeführten Jetpack, das neben dem bereits erwähnten Environmental Storytelling eine der besten Neuerungen in der Geschichte der Piranha-Bytes-Spiele darstellt. Mit dem Jetpack gelangt man bis in die letzten Winkel der Welt, die sich dadurch so offen gestaltet wie noch nie. Die Steuerung ist dabei genauso simpel wie effektiv. Genau so wünscht man sich Neuerungen!

    Garniert wird dieses Erlebnis mit einer dichten Atmosphäre, die neben dem tollen Leveldesign der Spielwelt und den tollen Lichtstimmungen vor allem durch die anfangs extrem gefährliche Welt erzeugt wird. Wie zu guten alten Gothic-Zeiten hat man besonders zu Beginn großen Respekt vor der Welt, jeder Schritt könnte der letzte sein.

    Gerade im Vergleich zu den vorigen PB-Spielen ist es aber vielleicht einzig das Pacing, das Björn Pankratz immer so wichtig ist, das in Elex in manchen Momenten nicht so rund ist wie noch in der Risen-Trilogie. So ist man teilweise stundenlang mit dem Erkunden der Welt beschäftigt, ohne einen Questgeber anzutreffen, ohne mit einer anderen Beschäftigung konfrontiert zu werden. Zwar macht die Erkundung inmitten der vor allem zu Beginn sehr bedrohlichen Welt zweifelsohne viel Spaß, mehr Abwechslung außerhalb der Städte wäre aber schön gewesen.
    So hätte man beispielsweise neben dem tollen Vier-Häuser-Rätsel mehr Rätsel implementieren können und eventuell auch die Anzahl der Quests außerhalb der zentralen Städte-Hubs erhöhen können.

    An dieser Stelle sei zuletzt auch noch das gelungene Diebessystem erwähnt. Die Minispiele für das Schlösserknacken und Hacken sind jeweils gelungen und zu keiner Sekunde nervig, besonders aber das neue Taschendiebstahlsystem, das in Richtung des Systems aus Risen 1 geht, ist meiner Meinung nach das bisher beste Taschendiebstahlsystem, das PB in einem ihrer Spiele implementiert hat. Um die Konsequenzen des Diebstahlsystems mehr ausspielen zu können, wäre es aber gut, wenn Diebstahl nicht überall direkt mit dem Tod, sondern mit Niederschlagen bestraft werden würde. So könnten auch häufiger Sanktionen wie Geldstrafen, Handelsverbote oder Kopfgeldjäger zum Zuge kommen, als Neuladen in Folge eines Todes.
    Alles in allem ist die Spielwelt in Elex aber natürlich wie bei allen vorigen PB-Spielen auch ein heimlicher Star, zusätzlich erweitert um tolle Neuerungen in Form des Environmental Storytelling und des Jetpacks.



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    Passus 4: Charaktere, Story, Lore und Quests

    Der Qualitätsunterschied von Elex zu den drei Spielen der Risen-Reihe ist in diesem Bereich mit Abstand am größten.

    Das fängt schon bei den Charakteren an: Jeder der Hauptcharaktere in Elex ist für mich interessanter als diejenigen in bspw. Risen 3. Das liegt vor allem auch daran, dass jeder der Charaktere in Elex eine eigene Geschichte in Form einer Questreihe spendiert bekommt, die im Gegensatz zur Risen-Reihe die Persönlichkeit und die Facetten der einzelnen Charaktere skizziert. Diese Gefährten-Quests sind einer der Highlights von Elex und oft mit überraschenden Wendungen versehen. Auf diese Weise entwickelt jeder der Charaktere eine eigene Persönlichkeit und neben dem im Spiel angezeigten Beziehungsgrad entwickelt man auch als Spieler selbst einen Sympathiegrad für die einzelnen Begleiter.

    So konnte ich nach Beendigung von Duras‘ Questreihe kaum noch freudig mit ihm durch die Welt spazieren; Falk’s eigenwillige Art war mir nach dessen Questreihe wesentlich besser verständlich und Arx fand ich noch unsympatischer als vorher. Anders war es bei Nasty, die ich irgendwann nur noch nervig fand, bis ich am Ende ihrer Questreihe Verständnis für ihr Handeln entwickelte.
    Allein diese Sympathie oder Antipathie gegenüber den einzelnen Charakteren zeigt, dass diese in Elex deutlich mehr an Profil gewonnen haben. Darüber hinaus mischen sie sich aktiver in die Dialoge ein, können Quests abbrechen oder in eine neue Richtung lenken. Am sympathischsten fand ich im übrigen – trotz der vielen Scheiße, die er gebaut hat – fast den Outlaw Ray.
    Einzig für C.R.O.N.Y. U4, den ich nach seiner Einführung so sympathisch fand, hätte ich mir noch eine größere Questreihe gewünscht, in der man bspw. die Ursachen des Gleiterabstuzes näher untersucht, wie es in dem Gespräch mit der Drohne vor dem Konverter in Nord-Abessa bereits angedeutet wurde.

    Aber auch sonst waren die Charaktere gerade im Vergleich zu den letzten beiden Risen-Teilen durchgehend ernster gestaltet, mit mehr Hintergrund versehen und zum Großteil auch sehr gut synchronisiert (ganz besonders sei an dieser Stelle Michael Lotts fantastische Synchronisation des Hauptcharakters Jax erwähnt); Negativbeispiele wie Logan, der Duke von Tavar, bestätigen hier die Regel. Etwas negativ ist mir zudem z.B. die Synchronisation des Judikators Reinhold aufgefallen, der mir immer etwas arg langsam geredet hat.

    Im Bereich Story, Lore und Quests findet man schließlich den größten Fortschritt der Piranhas im Vergleich zu Risen 3. Und dieser ist gewaltig.

    Die Story punktet alleine schon durch ihre dreispurige Erzählweise aus Hintergrundgeschichte der Welt, Hintergrundgeschichte des Hauptcharakters und der eigentlichen Hauptstory. Diese Vielschichtigkeit macht die Story direkt um so vieles interessanter als die von bspw. Risen 3. Als ich, nachdem ich die Hauptstory beendet habe, diese einmal in einem Word-Dokument etwas detaillierter zusammenfassen wollte, kam ich auf stolze 10 Seiten Text – eine Länge, die ich vermutlich selbst bei einer Zusammenfassung der Stories aller drei Risen-Teile nicht erreichen würde.

    Typisch Piranha Bytes geht es nach dem Absturz des Helden und einem schwachen Helden erstmal darum, wieder zu größerer Stärke zu gelangen, indem man sich einer von drei Fraktionen anschließt. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein und punkten auch durch höchst unterschiedliche Questreihen.

    Unterm Strich am besten gefallen hat mir hierbei die Questreihe der Berserker. Hier wurde das Spiel mit den moralischen Entscheidungen und Konsequenzen nämlich mit Abstand am besten gespielt. Denn obwohl ich eigentlich mit der grundlegenden Idee der Berserker, die Welt durch die Nutzung des Mana zu renaturieren, größtenteils einverstanden war, stand ich vor fast jeder Quest vor einem Dilemma, weil ich genauso die Motivation desjenigen verstand, der gegen das Gesetz handelte. Das führte schließlich soweit, dass ich mich den Berserkern anschließen wollte, dies aber nur noch über die Wiedergutmachungsquest möglich war. Die Berserkerquestreihe war für mich daher Questdesign per excellence.

    Mindestens ebenso interessant war die Questreihe der Outlaws, auch wenn es bei denen weniger um moralische Entscheidungen ging, sondern man es vielmehr mit einigen der wohl besten Charaktere und Dialoge aller PB-Spiele zu tun bekam. Ich musste im Fort nahezu ständig schmunzeln und war einfach hin und weg davon, wie geil die Dialoge dort waren. Charaktere wie Mad Bob, Spike, Big Jim oder Crazy Rat sind mir einfach bis heute im Gedächtnis geblieben – das war ganz großes Kino; ebenso wie die ganze Aufnahmequest der Outlaws. Neben einer der besten Quests des Spiels – „Pennerbündnis“ – galt es hier auch noch Arenakämpfe zu gewinnen und eine tolle Questreihe um Mad Bob abzuschließen.

    Als die schwächste Questreihe empfand ich dann fast die der Kleriker. Auch wenn die grundlegende Idee hinter der Detektivquest um den Elex-Handel gut war und es auch einigermaßen Spaß machte, die entsprechenden Täter zu überführen, war die Quest etwas zu linear und überraschungsarm gestaltet. Andere Detektivquests wie diejenige von Duras oder aber gar die Detektivquest aus Risen 1 fand ich da wesentlich besser. Auch die restlichen Quests bei den Klerikern, wie etwa die Geschichte um Eli oder die um die Kampfroboter waren zwar allesamt nicht von schlechten Eltern, aber meiner Meinung nach doch schwächer als die tollen Quests in Tavar und Edan.

    Schade fand ich zudem, dass keine dieser (Neben-)questreihen in späteren Passi fortgesetzt wurde. So haben die ganzen Quests im Spiel zwar tolle Dilemma und Konsequenzen zur Folge gehabt, aber leider quasi ausschließlich unmittelbare. Viel interessanter wäre es doch, wenn mich manche Entscheidungen erst viel später einholen würden. Dann würde ich auch in den späteren Passi Nebenquests bekommen, die von Relevanz sind. Dafür haben sich auch so viele Möglichkeiten geboten: Wieso kommt Angrim nicht vielleicht wie angedeutet dahinter, dass ich ihn bei Ragnar angepfiffen habe? Warum führt man die spannende Geschichte um Orik und seinen Setzlingskonsum nicht fort? Warum kommt Ragnar vielleicht nicht dahinter, dass seine Wachen teilweise einem von mir verschuldeten Stim-Handel erliegen? Warum fordert mich als Champion der Arena von Tavar in einem späteren Kapitel kein neuer Anwärter in der Arena heraus? Das ist leider alles wieder verschenktes Potential, obwohl man sich qualitativ schon so gesteigert hat.

    Und dann ist da ja noch die Sache mit dem Abessa-Konflikt, was an für sich eine tolle Sache ist, für die Hauptstory selbst aber leider wieder kaum Relevanz hat. Die ganze Story um das Relikt ist aber zweifelsohne wieder ein Beleg dafür, wie ernst PB das mit den Entscheidungen und Konsequenzen genommen hat und erinnert – wenn auch in fast noch besserer Form – an den Hafenstadt-Konflikt aus Risen 1. In meinem Spiel selbst habe ich wohl zu ausgeglichen gehandelt, als dass der Konflikt ausgebrochen wäre – was ich aber über die möglichen Konsequenzen gehört habe, hört sich sehr gut an.

    Das Tüpfelchen auf dem i stellt da nur noch die Existenz der Krallen mit einer eigenen, tollen Questreihe dar. Questtechnisch macht Elex einfach verdammt viel richtig. Eine Stadt, in der man aber erst etwas tun muss, um zum Boss durchgelassen zu werden, wäre aber auch noch toll gewesen.
    Und dann ist ja da auch noch die Hauptstory da. Das größte Problem bei dieser ist Anfangs, dass man ihren Anfang finden muss. Anders als in anderen PB-Spielen löst nämlich nicht der Fraktionsbeitritt und ein Gespräch mit dem Boss die weitere Story aus, sondern ein Gespräch mit dem Separatistenanführer Sestak, was nicht so ganz klar ist, weil die Story anfangs sehr offen gestaltet ist.

    Als die interessantesten beiden Handlungsstränge empfand ich persönlich die beiden Hintergrundgeschichten. So wird die Geschichte Magalans um das geheime Forschungsprojekt zur Rettung der Menschen bei Infinite Skies mit Botanik-Kuppeln zur Untersuchung von Pflanzenwachstum in Kapseln unterschiedlicher Atmosphären im Weltall, das Calaan-Projekt, die Geschichte um Dr. Adam Charles Dawkins sowie die Geschichte nach dem Einschlag des Meteoriten über Environmental Storytelling sehr schlüssig und vergleichsweise tiefgründig erzählt. Die Gründe, warum die Fraktionen den technischen Stand haben, den sie haben, wird sogar schlüssiger erklärt als ich es mir je gedacht hatte.

    Mindestens genauso interessant fand ich die unter anderem in Flashbacks erzählte persönliche Story von Jax und die Hintergründe um den Absturz des Gleiters. Diese Storyline ist sehr wendungsreich, interessant und spannend in Szene gesetzt. Die Idee, den Hauptcharakter erstmals in der Geschichte von PB mit einer Hintergrundgeschichte auszustatten, ist meiner Meinung nach voll aufgegangen. Ich habe die Familienstory rund um Kallax, Jax und Wardek jedenfalls immer spannend gefunden und wurde bis zum Ende überrascht. Einzig und allein die Rachegedanken an Kallax in dieser Stärke habe ich anfangs nicht ganz nachvollziehen können - die Story hat sich dem Himmel sei Dank dann aber auch weniger in eine Rachestory, sondern eher in Richtung einer Investigativstory entwickelt.

    Am wenigsten überzeugt hat mich aber fast die zweite Hauptgeschichte um den Krieg gegen die Albs, geplant von vielen verschiedenen Playern – Sestak, Zardom und Thorald. Während all diese Charaktere an und für sich interessant waren, wurde die Bedrohung durch die Albs nie explizit deutlich. Und während die Hintergrundgeschichten um Jax‘ Kindheit oder das Geheimnis über den Hybriden unerwartet und spannend in Szene gesetzt wurde, sprang der Funke Epik bei Dingen wie der Schlacht um Ignadon bei mir nie ganz über, da diese bspw. eher langweilig inszeniert wurde. Problematisch fand ich zudem noch die Geschichte um den Big Bang. Wo Elex überall mit Freiheit punktet, hat es mich doch ziemlich genervt, dass ich den Big Bang fertigstellen musste, weil es die Story so wollte; ich persönlich wollte das nämlich nicht und hätte mir hierfür einen alternativen Lösungsweg gewünscht. Auch wenn der Grund hinter dieser fehlenden Entscheidungsfreiheit hier zum Ende des Spiels aufgeklärt wird, empfand ich diese zwingende, aber von mir nicht gewollte Entscheidung an dieser Stelle als einen der größten Schwachpunkte der Story.

    Ganz anders verhält es sich zum Schluss noch bei der im Rahmen der Gefährtenmission von Caja und am Ende relevanten Geschichte um das Elex. Die Idee, dass Elex den Verstand auf einen rein rationalen Zustand ausrichtet, während das umgekehrte Mana den Verstand auf einen rein emotionalen Zustand polt, fand ich sehr schön; mindestens genauso verhält es sich mit dem abschließenden Gespräch mit dem Hybriden und der Idee, dass das Elex unsere Welt auf die Ankunft der Wissenden vorbereiten soll.

    Schade war letzten Endes einzig und allein die Tatsache, dass einzig der Kältewert entscheidend für das Ende war. Dinge wie die Fraktionswahl oder andere Entscheidungen, die mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ verbunden waren, schienen hingegen keine Auswirkungen auf das Ende des Spiels zu haben. Wie bei den Nebenquests gilt auch hier, dass abseits des Kältewerts gerade solche nicht-unmittelbaren Konsequenzen mancher Entscheidungen die Quests noch reizvoller machen würden.

    Alles in allem ist die Hauptstory in Elex aber so viel interessanter, wendungsreicher und vielschichtiger als in allen Risen- und meiner Meinung nach auch Gothic-Teilen, dass man hier getrost von der besten Story sprechen kann, die Piranha Bytes je geschrieben hat. Vor allem die Dichte der Lore und die Schlüssigkeit der Handlung fand ich beeindruckend und hätte ich so nicht erwartet. Danke dafür, Björn, Jenny, Harry und Amadeus!

    Für einen potentiellen Nachfolger würde ich mir lediglich wünschen, auf jeden Fall an einer Hintergrundgeschichte für die Welt und den Helden festzuhalten und darüber hinaus die Story noch stärker mit der alten Welt zu verbinden und dieser durch das Untersuchen alter Ruinen einen stärkeren investigativen Charakter mit noch mehr nicht-unmittelbaren Konsequenzen zu geben.



    [Bild: uId2xCtVqXEKWzuip20180112013957_1.jpg]

    Passus 5: Balancing

    Das Balancing war eine der größten Schwächen von Piranha Bytes‘ Vorgängerprojekt Risen 3. Die gute Nachricht ist, dass Elex auch in diesem Bereich wieder vieles richtig macht, auch wenn noch längst nicht alles perfekt ist.

    Das grundlegende Balancing ist Elex sehr gut gelungen. So ist man während der ersten paar Spielstunden extrem schwach und muss sich selbst vor den schwächsten Monstern in Acht nehmen. Man verbringt viel Zeit in den sicheren Siedlungen, versucht sich möglichst rasch einen Begleiter zu organisieren. Damit wird aber perfekt die vom Spiel zu Beginn suggerierte Erfahrung wiedergespielt: Magalan ist brutal gefährlich, ohne Hilfe und bessere Ausrüstung überlebt man schlicht nicht.

    Am Anfang habe ich mich echt gefragt, wie ich denn jemals eine Sumpfspinne erledigen können soll. Die Tatsache, dass der Torwächter von Goliet dies konnte, zeigte mir aber, dass das in der Tat möglich sein wird. Und so wird man am Anfang vor allem kreativ, wie man die Gegner am besten los wird: man lockt sie zu Torwächtern, rennt weg, … - da kommt dann teilweise echtes Survival-Feeling auf, und das ist toll.

    Sobald man ein paar Level aufgestiegen ist, kann man irgendwann auch erste Gegner plätten, irgendwann müssen auch Sumpfspinnen, noch später gar Unholde oder Bergtrolle dran glauben. Diese Lernkurve funktioniert sehr viel besser als noch in den letzten beiden Risen-Titeln, auch wenn mir persönlich die Phase zwischen „ich kann erste Gegner erledigen“ und „ich kann einen Bergtroll erledigen“ fast zu kurz war. So hatte ich die letzte Hälfte meines Spiels eigentlich gar keine Probleme mehr mit den Gegnern, was aber auch gut und gerne daran liegen kann, dass ich insgesamt abartige 254 Stunden gespielt habe. Irgendwann hat man dann nach all der Erkundung einfach einen High-End-Charakter, am Ende war ich auf Stufe 54 angelangt.

    Weiterhin klappt in Elex das Balancing zwischen Distanz- und Nahkampfwaffen sehr gut. Beide sind etwa gleichwertig: Beide machen am Anfang kaum, am Ende aber sehr viel Schaden an quasi allen Gegnern.

    Probleme scheint mir einzig und allein die Magie zu machen: Während die Magie der Kleriker in Form des Schwarzen Loch-Spruchs mehr oder weniger übermächtig scheint, ist die Magie der Berserker selbst auf Magiestufe 5 nicht ebenbürtig mit entsprechenden Level 3-Distanz- und Nahkampfwaffen. Das ist auch insofern innerhalb der Lore problematisch, als dass die Berserkermagie im Spiel als sehr stark dargestellt wird.

    Problematisch ist auch das Balancing der Spells untereinander: Normalerweise sollten Angriffssprüche im Idealfall alle gleich „gut“ sein, mit jeweils entsprechenden Boni und Mali. In meinem Fall – ich habe einen Berserker gespielt – war bspw. die Magische Hand des Eises derjenigen des Feuers klar unterlegen, während hingegen die Magische Hand des Giftes irgendwo dazwischen lag. Und auch innerhalb der Sprucharten einer Hand – wie etwa Feuerstrahl, Feuerpfeil oder Feuerball bei der Hand des Feuers – gibt es einfach klare Qualitätsunterschiede. Keiner der Sprüche war aber vergleichbar mit dem „Schwarzes Loch“-Spruch der Kleriker, der schlichtweg OP zu sein scheint.

    Auch die restlichen Magiesprüche der Berserker waren – speziell für spätere Level – nur noch eingeschränkt sinnvoll. Gegen einen Bergtroll geht ein beschworener Geisterwolf nun mal ziemlich schnell drauf.

    Zuletzt ist da noch die Sache mit den Bosskämpfen: Ich verstehe ja, dass man bei solchen Schlüsselereignissen nicht Spieler vergraulen will, die ein Spiel nur nicht beenden können, weil sie einen solchen Boss nicht schaffen und man diese daher vergleichsweise leicht zu besiegen macht. Speziell die Seeungeheuer oder Margoloth in Risen 3 haben etwa – erstere bspw. auch bei mir – sehr viel Kritik für ihren unverhältnismäßig hohen Schwierigkeitsgrad einstecken müssen. Aber muss man Bossgegner wie den Big Bang oder den Hybriden derart leicht zu besiegen machen? Ich finde irgendwie, dass das in diesem Fall schon etwas an der Glaubwürdigkeit der Spielwelt kratzt und das ist schade.

    Während also das Balancing bei regulären Nah- und Fernkampfwaffen gut funktioniert, finde ich das Balancing bei der Magie und den Bossfights leider etwas missglückt.



    [Bild: 20180203040346_1.jpg]

    Passus 6: Kampfsystem

    Kommen wir nun zu einem der wohl größten Kritikpunkte vieler Spieler an Elex: dem Kampfsystem. Ich muss gestehen, dass mir das Kampfsystem im Gegensatz zu vielen anderen sehr gut gefällt. Und das hat eine Vielzahl von Gründen.

    Zum einen gefällt mir die Tatsache, dass das Kampfsystem in Elex stark heldenskillgebunden, und weniger spielerskillgebunden ist. Während es etwa in Risen 3 mit genug Herumgerolle bereits sehr früh möglich war, selbst schwere Gegner wie Lindwürmer oder Seelenfresser zu besiegen, ist in Elex das Besiegen eines Bergtrolls mit einer rostigen Axt quasi unmöglich, da man quasi keinen Schaden macht. Zudem wird die anfängliche Schwäche des Helden durch drei sehr schöne Konzepte umgesetzt: So ist zum einen die Ausdauer des Helden begrenzt, was unendliches Ausweichen unmöglich macht. Interessant und sehr toll umgesetzt finde ich aber auch die neuen Attribute Angriffs- und Paradestärke. Bin ich noch nicht stark genug, kann ich den Angriff eines Gegners wegen zu geringer Angriffsstärke nicht durchbrechen, während er meine Blocks durch eine geringe Paradestärke problemlos durchbricht. Das führt dazu, dass ich anfangs wenig Schaden an einem Gegner mache, ihm kaum ausweichen kann, seine Blocks kaum durchbrechen kann und seine Angriffe kaum abwehren kann, was starke Gegner am Anfang de facto unbesiegbar macht.

    Nur durch gezieltes Skillen und damit besseren Waffen und Fertigkeiten, die diese Attribute erhöhen, kann ich mich auch an bessere Gegner wagen – und dann läuft das mit dem Kämpfen auch sehr rund. Auf diese Art und Weise – und die Tatsache, dass Waffen und Ausrüstung endlich wieder Attributsanforderungen haben – hat man meiner Meinung nach sehr gut das von vielen Spielern an Risen 3 kritisierte Problem behoben, wonach jeder Gegner im Prinzip von Anfang an besiegbar ist. Die Welt wird so am Anfang extrem gefährlich und man muss viele Tricks anwenden, um zu überleben. Als Niemand kann ich eben nicht mal schnell einen Skex um die Ecke bringen. Das ist realistisch und viel näher dran an einem RPG und auch den frühen Gothic-Spielen als die Kampfsysteme der letzten beiden Risen-Spiele.

    Zudem ist das Kampfsystem sehr direkt. Durch die Möglichkeit, das Ausweichen auf Wunsch nicht durch Doppeldrücken von W/A/S/D, sondern vielmehr durch eine separate Taste (bei mir Alt + W/A/S/D) auzulösen, lassen sich erstaunlich präzise Ausweichmanöver vollziehen. Das hat mich echt überrascht. Auch das System aus leichten und starken Schlägen, sowie einem Spezialangriff gefällt mir. So schlägt Jax bei starken Schlägen mit Einhandwaffen mit beiden Händen zu, was diesen Move mit Schildern unmöglich macht, sodass dort anstelle ein Schildschlag ausgeführt wird.
    Jeder Nahkampfwaffentyp hat zudem ein eigenes Animationsset und einen speziellen Wuchtschlag. Das Kampfsystem ist damit sehr umfangreich und spielt sich, wenn man sich auf seine Art einlässt, meiner Meinung nach sehr gut.

    Sehr gut gefallen hat mir auch die Tatsache, dass erstmals seit Risen 1 wieder der 1-vs-1-Kampf mehr im Vordergrund steht und nicht der Kampf gegen Gegnergruppen. Das macht das Kämpfen meiner Meinung nach taktischer, weil man sich mehr auf sein Gegenüber und seine Aktionen konzentrieren kann. Dazu passt auch, dass Fehler im direkten Vergleich zu Risen 3 wieder viel stärker bestraft werden. Ein Angriff eines leichten Gegners zieht dann am Anfang nicht nur 20%, sondern vielmehr 80% des Lebens ab.

    Im Nahkampf zu kritisieren habe ich allerdings das Trefferfeedback und die Fernkampfattacken einiger Gegner. So treffen mich viele Gegner noch, obwohl ich längst ausgewichen bin und die Steine, die ein Unhold wirft, nehmen teils abenteuerliche Flugbahnen, nur um mich selbst nach dem Ausweichen noch treffen zu können. Das macht das ansonsten gute Kampfsystem in manchen Situationen etwas frustrierend, hier ist noch Feintuning angesagt.

    Zudem hat man in gewisser Weise ein Problem, wenn man wie ich und wahrscheinlich viele andere zunächst viele der ersten Stunden des Spiels in Edan verbringt, wo storybedingt natürlich nur eine begrenzte Anzahl an (Berserker-)Waffen zur Verfügung steht. Auf Grund dessen rennt man sehr viele Stunden des Spiels nur mit einer rostigen Axt umher, ohne sichtbaren Fortschritt zu erreichen. Zudem kämpft man zu Beginn des Spiels aufgrund der anfangs etwas hohen Anforderungen meist ohne Schild, was den Kampf durch das dadurch ermöglichte sichere Parieren aber sehr viel leichter machen würde.

    Der Fernkampf funktioniert so wie man sich das vermutlich vorstellt. Toll ist, dass allerdings viele Gegner vergleichsweise schnell sind oder selbst Fernkampfangriffe nutzen, welche die Vorteile des Fernkampfes sehr gut balancieren. Schwere Waffen machen zuletzt meist ordentlich Schaden, lassen dafür aber kein Ausweichen zu und verlangsamen die Bewegungen des Helden.
    Toll ist auch, dass es für sämtliche Fernkampfwaffen jeweils drei Munitionstypen gibt: Meist handelt es sich dabei um eine Standardmunition und zwei Spezialmunitionstypen. Auf diese Weise bringt man ähnlich wie beim Nahkampf durch die Verzauberungen bzw. Modifikationen von Schwertern mehr Varietät in den Fernkampf.

    Einzig und allein für den Bogen hätte ich mir hier gewünscht, dass man neben verschiedenen Schussmodi auch andere Pfeile als einfache Holzpfeile verwenden kann: wie wäre es bspw. mit Feuer- oder Giftpfeilen gewesen? Insbesondere der anstelle dessen angebotene suchende Pfeil ist zwar eine coole Idee, in der Ausführung aber doch recht fummelig, weil man den anzuvisierenden Gegner jedes Mal erst mal mit dem Mausrad auswählen und bestätigen muss.



    [Bild: 20180209033756_1.jpg]

    Passus 7: Charaktersystem

    Das Charaktersystem in Elex ist eine Mischung aus dem alten Gothic/Risen-1-System und demjenigen aus Risen 2 und 3. Durch das Sammeln von Erfahrungspunkten erreicht man Stufenaufstiege. Jeder Stufenaufstieg geht mit 10 Attributspunkten, die direkt in die fünf Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz und Gerissenheit gesteckt werden können, und einem Lernpunkt einher, der bei einem Lehrer zum Erlernen einer Fähigkeit genutzt werden kann. Dieses im Grunde altbewährte System funktioniert auch in Elex gut, zumal ein Großteil der Skills auch tatsächlich bedeutsam ist und sich zu lernen lohnt.

    Das System hat aber in Elex leider auch zwei große Probleme: Das erste ist die mangelnde Transparenz. Man kann im gesamten Charaktermenü nirgendwo erfahren, welchen exakten Kältewert man hat, wie groß die maximale Lebensenergie, Ausdauer und magische Energie des Helden ist, wie viele Erfahrungspunkte man noch zum nächsten Level benötigt und so weiter. Das wird besonders dann problematisch, wenn man etwa einen Ring mit +10 Lebensenergie und +25 Paradestärke bekommt, aber mit Ausnahme anderer Objekte keine Anhaltspunkte hat, wie groß die Zahlen im Vergleich zu den Basiswerten tatsächlich sind. Noch schlimmer ist es, wenn etwa der Skill „Emotional“ bei einem Kältewert zwischen 0 und 20 aktiv wird, man diesen Kältewert aber nirgendwo ablesen kann. Auf diese Weise wird die Wirkung vieler Skills zu keinem Zeitpunkt des Spiels völlig klar, was ein klares Manko des Charaktersystems ist.

    Zudem hat das ansonsten gute Charaktersystem das Problem, dass sich anders als im Menü beschrieben entgegen aller Intuition etwa der Nahkampfschaden durch das Erhöhen des Attributs Stärke nicht erhöht wird. Das hat zur Folge, dass mit Stufenaufstiegen verbundene Attributserhöhungen erst mit dem Anlegen einer neuen Waffe mit entsprechend höheren Attributsanforderungen bemerkbar werden. Dadurch wird der Fortschritt durch das Erlangen einer neuer Waffe zwar deutlich bemerkbar und schafft ein Gefühl des Fortschritts, ein Stufenaufstieg verliert aber abseits eines damit verbundenen Zugewinns an Lebensenergie etwas an Bedeutung.

    Schade ist auch, dass die Sprüche von Lehrern beim Erlernen einer Fähigkeit nun endgültig weggefallen sind.

    Insgesamt hat mich der letzte Punkt persönlich weniger gestört, die mangelnde Transparenz allerdings schon. Die erlernbaren Skills selbst können aber wie gesagt auf ganzer Linie überzeugen.



    [Bild: 20180409040411_1.jpg]

    Passus 8: Items und Crafting

    Ähnlich wie mit dem Charaktersystem verhält es sich bei den Items und dem Crafting. In Elex ist das wahrscheinlich umfangreichste Craftingsystem aller Piranha-Bytes-Spiele implementiert, das jedoch aufgrund mangelnder Transparenz etwas undurchschaubar ist.

    So können alle Waffen – den entsprechenden Skill vorausgesetzt – bis zu dreimal aufgewertet werden. Das Resultat ist eine entsprechend bessere Waffe – mit entsprechend aber auch höheren Anforderungen. Einer Fraktion zugeordnete Waffen können zudem mit einem entsprechenden Fraktionsskill weiter verbessert werden. Berserker können so beispielsweise Flammen-, Frost- oder Giftnahkampfwaffen herstellen. Allerdings ist der Effekt mancher Verzauberungen oder Verbesserungen nicht ersichtlich. So wird bspw. nirgendwo erklärt, was genau Frost auf einem Gegner bewirkt; noch unersichtlicher ist das bei der Psi-Verbesserung von Nahkampfwaffen der Kleriker.

    Abseits dieser mangelnden Transparenz macht das Craftingsystem von Elex aber viel Spaß: So können Waffen aufgewertet und magisch, technisch oder praktisch verbessert werden, weitere Verbesserungen in Form von in der Welt findbaren Steinen vorgenommen werden. Des weiteren ist es möglich, eine Vielzahl an Tränken, Stims, Mahlzeiten, Ringen und Amuletten herzustellen.
    Das Crafting veredelt hierbei die ohnehin schon große Itemauswahl in Elex, die alleine bei den Waffen von Einhandschwertern, Zweihandschwertern, Keulen, Äxten, Hämmern, Bögen, Armbrüsten, Laser- und Plasmagewehren, Harpunen und vielen anderen Waffen bis hin zu Flammen- und Raketenwerfern reicht.

    Zum Schluss möchte ich noch explizit die Sonnenbrillen loben: Das war wirklich eine coole Idee, die mich überrascht hat. Auf ihre Weise haben die Dinger echt was cooles und darüber hinaus fühlen sie sich ein wenig an wie richtig gute James-Bond-Gadgets.



    [Bild: 20180409052833_1.jpg]

    Fazit

    Mit Elex ist Piranha Bytes ein verdammt starkes Rollenspiel gelungen, dem man das in das Projekt gesteckte Herzblut zu jeder Zeit anmerkt. Elex ist dabei vermutlich vor allem das Spiel geworden, dass Gothic 3 immer sein wollte: Ein Spiel mit vielen Freiheiten, einer riesigen, offenen Welt und einer tollen Atmosphäre, das darüber hinaus aber auch nicht vergisst, interessante Geschichten zu erzählen. Dazu krönt Piranha Bytes Elex mit teilweise sehr interessanten Quests, die auf bisweilen schwierigen moralischen Entscheidungen basieren und mit einer im Kern spannenden und wendungsreichen Story. Darüber hinaus fühlt sich das Spiel dank seines gewagten, aber hervorragend funktionierenden Science-Fantasy-Szenarios aber auch angenehm frisch an. Und ja verdammt: Mit dem Jetpack und dem Environmental Storytelling hat Piranha Bytes die vielleicht die besten Neuerungen eingeführt, die man sich hätte vorstellen können! Abseits davon gibt es aber leider Probleme bei der Abmischung mancher Sounds, mit der Transparenz des Charakter- und Craftingsystems, sowie mit dem Balancing der Magiefähigkeiten.

    Die fünf größten Stärken von Elex, die unbedingt beibehalten werden sollten:
    1. erzählerisch düstere und ernstere Quests, die auf schwierigen moralischen Entscheidungen beruhen und entsprechende Konsequenzen zu Folge haben
    2. interessante und wendungsreiche Story rund um Jax‘ Hintergrundgeschichte und die Wahrheit hinter der Havarie seines Gleiters
    3. interessante und konsistente Lore im Bezug auf die Hintergrundgeschichte Magalans, die durch Environmental Storytelling erzählt wird
    4. vertikale und ingesamt freiere Weltenerkundung mit Hilfe des Jetpacks
    5. tolle Beleuchtung und einzigartiges Leveldesign durch Relikte der alten Welt, das eine Atmosphäre erschafft, die zum permanenten Erkunden einlädt

    Wünsche für das Nachfolgeprojekt:
    1. mehr Transparenz in Bezug auf die Charakterwerte und genauere Erklärungen über die konkrete Auswirkung einiger Skills und Waffenupgrades (Verzauberungen)
    2. Entscheidungen aus Haupt- und Nebenquests sollten auch in späteren Kapiteln unerwartete Konsequenzen in Form von neuen (Neben-)quests haben
    3. mehr Environmental Storytelling und Ruinenerkundungen im Stile des Firmengeländes West-Edan
    4. verbesserte Sound-Abmischung
    5. verbesserte Inszenierung von Cutscenes: Szenen ruhig auch mal länger wirken lassen, Dramaturgie verbessern



    An dieser Stelle Respekt an jeden, der das hier ganz durchgelesen hat! Über Feedback und eure Meinung zu dem Fazit würde ich mich freuen

    Lord-Hagen
    Lord-Hagen ist offline Geändert von Lord-Hagen (15.04.2018 um 19:06 Uhr)

  2. #2 Zitieren
    Veteran Avatar von irony
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    ...danke für deine Ausführungen.

    Perfekt und nachvollziehbar dargelegt...

    Grüße...irony
    ...the truth, can bring you pain
    irony ist offline

  3. #3 Zitieren
    World of Elex  Avatar von Dark_Bauer
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    Ne ne ne.
    Respekt für deinen Bericht !
    Du schrobst die Review, die meine hätte werden sollen (es aber aufgrund von Chaos im Kopf nicht wurde).

    Gerade die Punkte um das Environmental Storytelling sprechen mir aus der Seele
    https://worldofelex.de/site/newsarchiv/61-artikel-de/826-elex-ii-review
    Dark_Bauer ist offline Geändert von Dark_Bauer (13.04.2018 um 21:20 Uhr)

  4. #4 Zitieren
    Drachentöter Avatar von Lord-Hagen
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    Zitat Zitat von irony Beitrag anzeigen
    ...danke für deine Ausführungen.

    Perfekt und nachvollziehbar dargelegt...

    Grüße...irony
    Danke

    Zitat Zitat von Dark_Bauer Beitrag anzeigen
    Ne ne ne.
    Respekt für deinen Bericht !!!
    Du schrobst die Review, die meine hätte werden sollen (es aber aufgrund von Chaos im Kopf nicht wurde).

    Gerade die Punkte um das Environmental Storytelling spricht mir aus der Seele
    Danke Obwohl der Bericht echt sehr lang geworden ist, fallen mir selbst jetzt immer noch so viele Dinge ein, über die ich noch gerne geschrieben hätte - aber irgendwann muss dann halt mal gut sein. Zumindest zum Kampfsystem und den Items habe ich eben noch ein paar Sätze ergänzt.
    Lord-Hagen ist offline Geändert von Lord-Hagen (13.04.2018 um 19:02 Uhr)

  5. #5 Zitieren
    Deus Avatar von Gothaholic
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    Zitat Zitat von Lord-Hagen Beitrag anzeigen
    Obwohl der Bericht echt sehr lang geworden ist, fallen mir selbst jetzt immer noch so viele Dinge ein, über die ich noch gerne geschrieben hätte - aber irgendwann muss dann halt mal gut sein. Zumindest zum Kampfsystem und den Items habe ich eben noch ein paar Sätze ergänzt.
    werde ich morgen lesen, nach den ersten 4 Passi(?) hat es mir erstmal gelangt.
    aber ein fettes wow! für die Mühe die du dir gemacht hast, hat mir als Elex-Fan bislang jedenfalls viel Spaß gemacht zu lesen.
    Gothaholic ist gerade online

  6. #6 Zitieren
    Provinzheld Avatar von PnCIa
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    Du hast dir wirklich enorm Mühe gegeben, Respekt dafür

    Mich würde interessieren, wie du Elex im Verhältnis zu anderen populären RPGs auf dem Markt siehst?
    Als Beispiele würde ich hier The Witcher 3, Fallout 3, New Vegas und 4, Divinity: Original Sin und so weiter nennen. In deinem Review lese ich vor allem Vergleiche mit früheren Werken von PB. Das ist auch vollkommen in Ordnung, mich würde deine Meinung im Verhältnis zu "allen anderen" auf dem Markt auch interessieren
    PnCIa ist offline

  7. #7 Zitieren
    Drachentöter Avatar von Lord-Hagen
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    Zitat Zitat von Gothaholic Beitrag anzeigen
    werde ich morgen lesen, nach den ersten 4 Passi(?) hat es mir erstmal gelangt.
    aber ein fettes wow! für die Mühe die du dir gemacht hast, hat mir als Elex-Fan bislang jedenfalls viel Spaß gemacht zu lesen.
    Vielen Dank

    Zitat Zitat von PnCIa Beitrag anzeigen
    Du hast dir wirklich enorm Mühe gegeben, Respekt dafür

    Mich würde interessieren, wie du Elex im Verhältnis zu anderen populären RPGs auf dem Markt siehst?
    Als Beispiele würde ich hier The Witcher 3, Fallout 3, New Vegas und 4, Divinity: Original Sin und so weiter nennen. In deinem Review lese ich vor allem Vergleiche mit früheren Werken von PB. Das ist auch vollkommen in Ordnung, mich würde deine Meinung im Verhältnis zu "allen anderen" auf dem Markt auch interessieren
    Danke . Das ich in der Review ausschließlich auf frühere Werke von PB eingegangen bin, ist vollkommen richtig und liegt neben der auf der Hand liegenden Vergleichbarkeit dieser Werke vor allem auch daran, dass ich aufgrund von Zeitmangel viele der von dir genannten Spiele noch gar nicht gespielt habe. Dennoch will ich Elex mal grob in die Reihe renommierter RPGs einreihen, die ich bisher gespielt habe.

    Die für einen Vergleich naheliegendste Reihe ist dabei sicher die Fallout-Reihe. Leider habe ich aus dieser Reihe bisher nur Fallout: New Vegas von Obsidian Entertainment im Vorfeld des Elex-Releases 77 Stunden lang angespielt, habe es dann aber aufgrund Zeitmangels und des dann folgenden Elex-Releases erstmal pausiert. Obwohl ich in der Vergangenheit gar nicht mit Bethesda-artigen Spielen klargekommen bin (und ja, ich weiß, New Vegas ist nicht von Bethesda, basiert aber zuminest grob auf dem Gameplay derer Spiele), hat mich New Vegas doch sehr positiv überrascht. Im direkten Vergleich zu Elex finde ich, dass New Vegas sogar durch eine noch höhere Anzahl an "unique locations" aufwartet. So sind Relikte der alten Welt dort oftmals von größerer Varietät und man erkennt direkt durch das Objektdesign, was dort mal gemacht wurde (ich erinnere mich an die Repcon-Analge oder Helios One). Zudem ist das Weltendesign dort oft noch konsistenter, man hat Autobahnen, die wichtige Orte verbinden, Stromtrassen, die wirklich Sinn machen, Eisenbahnschienen etc. Da merkt man dann einfach, dass Obsidian wohl einfach mehr Manpower und Zeit hatte, um noch mehr einzigartige Locations zu erstellen und diese sehr sinnvoll anzuordnen, als Piranha Bytes bei Elex. Einen sehr großen Reiz bei New Vegas sehe ich auch darin, dass die Spielewelt auf einem real existierenden Abschnitt der Mojave-Wüste basiert, was die Welt noch ein Stück glaubwürdiger macht. Atmosphärisch stark finde ich dort auch Dinge wie die Radiosender, die Tatsache, dass man sich mit fremden Rüstungen in Feindeslager einschleichen kann usw.

    Zwiespältig finde ich die Fraktionen. Zwar ist insbesondere das erste Auftreten der Legion in Fallout: New Vegas in Nipton (?) beeindruckend stark und bleibt im Gedächtnis hängen, allerdings finde ich die Fraktionen im Gegensatz zu Elex fast noch mehr schwarz/weiß gezeichnet. Zumindest bisher konnte ich jedenfalls noch nicht viele positive Aspekte der Legion im Vergleich zu der sicher auch nicht fehlerfreien RNK sehen.

    Im Gegensatz zu Elex schwächer finde ich bei New Vegas allerdings die auf Dauer etwas eintönige Welt. Lanschaftlich ist Elex da sowohl topographisch, als auch von der Stimmung her deutlich abwechslungsreicher. Auch die Quests fand ich von dem, was ich bisher von New Vegas gesehen habe und das keineswegs schlecht war, in Elex besonders bei den moralischen Fragen noch etwas interessanter. Zu guter letzt nervt mich persönlich - auch wenns natürlich realistisch ist - eine Gewichtsbeschränkung bei Rollenspielen.

    Bei einigen Dingen - insbesondere zur Story - kann ich bisher allerdings noch keinen Vergleich zu Elex ziehen, einfach weil ich von der Story in New Vegas noch viel zu wenig gesehen habe.

    Ansonsten habe ich bisher viele storylastige Rollenspiele gespielt, allen voran die Mass-Effect-Trilogie und die ersten beiden Teile der Witcher-Trilogie (Teil 3 steht noch aus, obwohl ich hochgespannt auf ihn bin - das wird sicher eines meiner nächsten großen Spieledurchgänge werden). Hierbei bietet es sich meiner Meinung nach vor allem an, die beiden Witcher-Spiele mit Elex zu vergleichen.

    Insbesondere The Witcher 1 finde ich atmosphärisch durch die sehr düstere Welt und die angesprochenen Themen sehr stark, auch wirken sich Entscheidungen noch viel sträker aus als in Elex - ich denke da spontan bspw. an die Obduktion im zweiten Kapitel. Dafür kann das Spiel in puncto Exploration wieder weniger bieten.

    Ähnlich sieht es beim zweiten Teil der Witcher-Trilogie aus, der erzählerisch auch extrem stark ist und in dem sogar der komplette zweite Akt abhängig von meinen Entscheidungen anders verläuft. Aber auch hier wieder eher weniger Wert auf Exploration gelegt.

    Zumindest meiner Meinung nach braucht sich Elex vor diesen Spielen aber nicht unbedingt zu verstecken. Wenngleich Elex sicher näher am Bethesda-Konzept dran ist als alle anderen PB-Spiele vorher, schafft es Elex wie auch schon Gothic dennoch noch recht gut, einen Spagat zwischen spannenden Erzählungen auf der einen Seite, und einer atmosphärischen, abwechsungsreichen Welt, die zum Erkunden einlädt, auf der anderen Seite herzustellen. In keinem dieser Bereiche erreicht es zwar Perfektion, aber das Zusammenspiel funktioniert doch so gut, dass es Elex eine ganz eigene Note auf dem Spielemarkt setzen kann.
    Lord-Hagen ist offline Geändert von Lord-Hagen (14.04.2018 um 19:14 Uhr)

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