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    Just arrived
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    Computerspiele:

    Assassin's Creed Revelations.

    Es gab eine Zeit, da habe ich viel gespielt Auch kam ich durch Zufall in der Zeit, kurz nach der Jahrtausendwende, von der ich öfter im Internet als golden age of gaming höre. Desperados, Icewind Dale, Grom, Silent Storm und Silent Hunter, um einige Titel zu nennen. Mir schien, dass selbst groß vertriebene Computerspiele wie Desperados eine Zeit lang ein so kleines Publikum bedient haben, dass sie es sich leisten konnten, knifflig zu sein, zu frustrieren, Lösungsbuchverlage zu beschäftigen. Mit der Zeit gingen viel mehr "große" Titel in Richtung Arcade - jede Kleinigkeit wurde dem Spieler vorgekaut. Oder trivialisiert - Press F to Pay Respects. Dazu DRM, DLC, zahllose upgrades. Vielleicht wurde ich auch einfach älter, jedenfalls kam mir vor, dass selbst gefeierte Titel wie die Fortsetzungen Gothic einen Plot hatten, der so seicht schien, wie Fantasy B-Movies àla Xena oder Herkules. Wie echte Mittelaltermenschen, die auf heutige Mittelaltermärkte gehen. Als das erste Assassin's Creed herauskam, bekam ich das nur noch peripher mit. Einige Jahre später fand ich gefallen an der Serie. Die Sache mit den Erinnerungen und Animus hat was.

    Dazu kamen die detaillierten, lebendigen, glaubwürdigen Städte. Hat man aber einige Teile der Reihe durchgespielt, schlägt einem dennoch eine gewisse Abgedroschenheit entgegen und einige Hanebüchigkeiten, die man nur mit Ulk ertragen kann. Die Story wiederholt sich. In Revelations kommen die Türken vor, in ACIII weht einem der amerikanische Patriotismus entgegen. Fangen wir an. In Assassin's Creed geht es um Auseinandersetzungen von Macht und Gewalt, also Krieg. Jeder Krieg ist in der Realität (und mir geht es um Glaubwürdigkeit einer Geschichte, nicht das echte Leben) entweder wochenlang stinklangweilig oder sofort tödlich. Beides möchte der Spieler aber möglichst nicht erleiden. Ihm geht es um Herausforderung und Spaß. Also kommen Ungereimtheiten ins Spiel:

    - Man kann jeden Bewohner ermorden. Einfach so. Man steht auf einem Marktplatz und auf Mausklick stößt Ezio der netten Dame von nebenan das Schwert in den Rücken. Zum Rausziehen hält er mit dem Stiefel dagegen, geht ja auch schwer. Konsequenten? Außer dem Hinweis, Ezio hätte das ja nicht getan, passiert nicht viel. In weniger als fünf Minuten jonglieren die Tänzer auf dem selben Marktplatz weiter, als wäre nichts gewesen, die Leute applaudieren ihnen. Sofern Ezio nicht übertreibt, kann er so etwas beliebig oft wiederholen. Manchmal macht Ezio das sogar unabsichtlich, wenn er falsch fokussiert. Naja, passiert halt.

    - Nach der Tat nimmt Ezio eine Mission an und spricht in großen Worten über die Armen, die soziale Verantwortung und Bekämpfung von Ungerechtigkeit.

    - Das Schlimmste, was geschehen kann, ist, dass die Wache versucht Ezio zu eliminieren und das zwar beharrlich bis zum letzten Mann. Justiz und Polizei in einem, wie Robocop. Gerichtsverfahren, soziale Ächtung, Reaktion der Obrigkeit auf Ezios bodycount (der in den drei spielen auf über 8000 geht) Gerüchte, Leute die einen wiedererkennen - nada. Und wenn, dann reicht ein weiterer Mord auf offener Straße, um das zu beseitigen ("Zeugen")

    - Ein plausibles Sozium gibt es nicht. Es gibt Menschen zum Prügeln und Schwert reinstecken, und Menschen verschiedener Schichten (der Kleidung nach) in unterschiedlich reichen Vierteln, aber keine echte Interaktion zwischen Ezio und wem auch immer außerhalb der Missionen.

    - Alle Charaktere sind ziemlich verwegen und klopfen bedeutungsschwangere Sprüche. Ja, Weltrettung und so. Rollenbilder der entsprechenden Zeit vor allem bei Frauen nicht vorhanden, alle scheinen den 68ern anzugehören.

    -tatsächlich nach einer Lösung suchen muss man nie. Wird vorgegeben, mit einem Symbol auf der Karte.

    - "show, don't tell" - negiert. Auf jedes noch so kleine Detail wird der user hingewiesen.

    - Missionen haben letztlich nur eine Lösung: Endgültiger Tod eines Zieles. Na gut, man kann manchmal auch Kisten für Leute im Spiel tragen, für Geld. Ansonsten ist das Problemlösung Nummer eins.

    - Ganz Istanbul ist durchzogen von Einrichtungen wie Seilrutschen, eindeutig erkennbaren gleichförmigen Bombenwerkstätten, Flaggen auf Festungen der Assassinen, einer eigentlich nicht-öffentlichen Organisation? An jeder zweiten Ecke findet eine blutige Geiselnahme statt (Rekutierung neuer Assassinen), an der Soldaten einer anderen Armee beteiligt sind? Bezirke sind vom Feind (Byzanziner) übernommen, und die Regierung interessiert es nicht. Auch juckt es die Stadtverwaltung nicht, wenn es (im Minigame Festung verteidigen) Straßenschlachten mit Belagerungsgeräten und Flammenwerfern gibt.

    - Ezio ist Großkapitalist. In drei-vier Städten besitzt er ein Monopol auf alle Waren und Dienstleistungen.

    Selbstverständlich sind Spiele letztlich ein Produkt; ein Produkt, um Geld zu machen. Sie sollen für das Geld Erwartungen erfüllen und das nicht für einen Künstler, der eine scharfe Botschaft (und einen hungrigen Magen) hat, sondern für Anleger auf der einen und Oberprimaner auf der anderen Seite. Manchmal machen Sie aber auch Spaß.
    Vypr ist offline
  2. #2 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Ich habe nicht den leisesten Schimmer auf was du hinaus willst. Du zählst zwar Sachen auf, mit denen du unzufrieden scheinst, die Liste führt allerdings nirgendwohin. Vieles davon ist Teil Ludo-Narrativer-Dissonanz. Natürlich kann Ezio Dutzende Menschen töten und danach den Schauplatz verlassen, ohne das es tiefergehende Konsequenzen hat (außer das in Assassins Creed 2 - Revelations dann Ezio verstärkt gesucht wird) und natürlich können Wachen auf Ezio losgehen, als seien sie Judge Dredd und ihn ohne Verhandlung töten.

    Es handelt sich dabei nicht um einen wichtigen Teil der Spielgeschichte, sondern um grundlegende Spielmechaniken von Assassin Creed. Was sollte geschehen, wenn die Wachen tatsächlich Ezio überwältigen? Nehmen sie ihn dann fest und führen ihn zu ihrem Boss, dann wird der Spieler eingekerkert und muss Ezios Hinrichtung spielen oder trifft dann den Anführer der Wache (z.B. Cesare Borgia) um den aus dieser Position heraus sofort zu töten kann? Würde das ein befriedigendes Spiel, mit befriedigender Narrative schaffen, wenn sich diese Situation potentiell alle 10 Minuten abspielen kann?

    Du hast es selbst gut ausgedrückt, Assassins Creed simuliert historische Städte. Diese Simulation macht es erstaunlich gut (im Sinne von Menschenmengen, Verkehr, Leute anrempeln usw.) und das eigentliche Spiel, im Sinne von Handlung und Voranschreiten der Figuren, findet in dieser Simulation statt. Dabei ist die Simulation allerdings bewusst unbeweglich, das Leben in den Städten fügt sich immer den selben Regeln, egal was der Spieler gerade anstellt, die Umwelt in der er es tut findet zurück zum Status Quo. Würde das nicht passieren, würde die Simulation als solche zusammenbrechen. Wäre es glaubwürdiger wenn Ezio ein ganzes Viertel in Rom oder Konstantinopel entvölkern kann und dieses bis zum Ende des Spiels leer bleibt? Ich meine, zum einen beraubt man sich damit dann langfristig Spielmechaniken, die auf NPCs zurückgreifen und verbaut sich damit möglicherweise selbst den Spielfortschritt und auf der anderen Seite soll es sich dabei ja um historisches Geschehen handeln - heißt das man hat die Geschichte damit verändert?

    Das es sich um eine Simulation handelt, ist ja sogar Teil der Narrative von Assassins Creed. Die Figuren die sich simuliert durch die Stadt bewegen, ob arm und reich, haben alle denselben Stellenwert für die Narrative des Spiels. Sie sind Statisten. Ihre Rolle ist es die Stadt lebendig wirken zu lassen. Darüber hinaus befeuern sie Mechaniken wie z.B. sich in Mengen verstecken zu können oder für Aufruhr zu sorgen, aber sie erfüllen keinen narrativen Zweck. Darum hat es denselben Wert das Ezio einen Bettler, einen Barden oder einen wohlhabenden Bürger tötet. Klar hätten die Entwickler damals hier noch an Abstufungen denken können, aber es ist überhaupt nicht vorgesehen dass Ezio Zivilisten massakriert. Das Spiel kommuniziert dir das und wenn ich mich recht erinnere, wird man auch desynchronisiert wenn man nicht davon ablässt. Die Mechanikenweisen auch im Gro darauf hin, dass es darum geht ausgewählte Ziele möglichst unauffällig zu töten und sich dann zu verdrücken (daher ist das Kampfsystem im Nahkampf bis Origins immer recht stiefmütterlich behandelt worden).

    Das Töten seiner Ziele am Ende jeder längeren Missionskette von Assassins Creed ist ja im Grunde Teil des Versprechens, welches der Spieltitel selbst gibt. Man spielt einen Assassinen, einen Profikiller, also tötet man seine Ziele. In Hitman wäre es auch irgendwie daneben, wenn Agent 47 das Ziel seiner Mission am Ende davon überzeugt sein Leben zu ändern (und dann dafür noch bezahlt wird).
    Zumal man als Assassine hauptsächlich Templer jagt und die Motivation der Assassinen dafür vielfältig ist: aus Ideologie heraus, dem Bedürfnis die Menschheit zu retten/zu beschützen oder ganz simpel aus Rache. Ezios Reden und Mahnungen müssen auch durch den Filter seiner eigenen Ideologie als Assassine bzw. sogar als Vorsteher dieses Ordens betrachtet werden, die Templer predigen ja ganz ähnliches, nur ist ihre Herangehensweise an die Dinge diametral anders.
    In den Assassins Creed Spielen und ihren Geschichten geht es in der Regel nicht darum eine Wahl zu treffen oder einen Charakter mit Leben zu erfüllen, sondern darum die Hauptfigur durch ihre eigene bereits geschriebene Geschichte zu bewegen (anders als z.B. in Dishonored). Es ist kein RPG, auch wenn es sich solcher Elemente bedienen mag.

    Deine Kritik an dem Festungsspielchen und den "Ziplines" in Revelations kann ich so unterschreiben. Beides war Spielmechanisch eher halbgar eingebaut und sorgt für Gräben in der Glaubwürdigkeit.

    Worauf du mit deinem 68er Kommentar hinauswillst, weiß ich allerdings nicht. Die meisten Frauen in Assassins Creed erfüllen doch gängige Rollenklischees, die man von diesen Zeiten hat. Für die Handlung wichtige Frauen mögen hervorstechen, aber nicht notwendig auf unglaubwürdige Weise. Ezios Schwester und Mutter verbringen das meiste ihrer Zeit auf dem Landgut des Onkels in Assassins Creed 2, helfen bei dessen Verwaltung und spielen für Brotherhood und Revelations keine Rolle mehr (wenn ich mich recht entsinne). Die hervorstechenden Frauen in Ezios Geschichte sind für gewöhnlich nicht aus dem gemeinen Volk, z.B. Lucrezia Borgia oder Caterina Sforza. Speziell vermögende Frauen aus Adelsgeschlechtern und als Ehefrau oder Witwen von Männern mit entsprechenden Positionen, waren auch schon im Mittelalter und der Neuzeit in der Lage Macht und Einfluss auszuüben, gewissermaßen sich ein Stück weit zu emanzipieren.

    Da du von Revelations sprichst, gehe ich davon aus du bezieht dich auf Ezios "Loveinterest" Sofia Sartor, die dort eigenständig einen Buchladen führt. Das liegt für diese Zeit absolut im Bereich des Möglichen, wobei ich keine Aussage darüber treffen kann, wie häufig so etwas vorgekommen ist. Konstantinopel ist zu diesem Zeitpunkt bereits Teil des Osmanischen Reichs [wären die Byzantiner noch an der Macht, hätte das vielleicht anders ausgesehen]. Als Italienerin fiel Sofia nicht unter die Regeln der Sharia. Dazukommt dass sie als ungebundene Frau, in diesem Teil der Welt und zu dieser Zeit, sogar selbst geschäftsfähig war. Es war ihr gestattet Handel zu treiben, Vermögen anzuhäufen, Geld zu leihen und zu verleihen, als Geschäftspartner aufzutreten und Land zu besitzen. Das ist schon verdammt viel für diese Epoche und es verwundert nicht, wenn der Stand und die Möglichkeiten der Figur sich in ihrem Charakter wiederspiegeln.

    Was du mit einem "Monopol auf Waren und Dienstleistungen" in drei Städten meinst, kann ich nur erraten. In den Spielen kauft man ja gewissermaßen Immobilien auf und bezieht dann Waren aus den dort entstandenen Geschäften. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass Ezio der Einzige ist, der z.B. beim Schmied auf der Tiberinsel in Rom seine Waren gekauft hat. Wenn ich mich recht entsinne, stehen manchmal auch andere Kunden vor den Händlern, die gehen, sobald Ezio sich nähert. Ich selbst habe Ezio aber schon einmal mit einem Mafiosi verglichen Warum ist das ein Kritikpunkt?

    Ezio stammt aus einer wohlhabendne Bankiersfamilie. Handel im großen Stil ist ihm nicht fremd. Zumal in dieser Epoche die Erschließung neuer Handelsrouten und Warenströme Europa und den Rest der Welt für immer verändert hat. Die Assassinen, als Orden, waren vor dem Beginn von Assassins Creed 2 auch allen Anschein nach keine armen Schlucker. Auch das Knüpfen profitabler Beziehungen, gehört ja irgendwie zum Klischee von Geheimgesellschaften dazu

    Ich habe von Assassins Creed 1 an bis hin zu Rogue gespielt. Die Ezio-Trilogie hat bis heute einen besonderen Platz in meinem Herzen. Revelations mag ihr Schwachpunkt sein, doch das Ende des Spiels rührt mich bis heute. Ich hatte enormen Spaß mit den Spielen.
    HerrFenrisWolf ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (24.03.2018 um 09:29 Uhr)
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    Almanach-Gelehrter  Avatar von Schatten
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    Ich kann mich HerrFenrisWolf nur anschließen. Auch ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst.
    Schatten ist offline

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