Zitat von
smiloDon
Ich denke, du vermengst hier einiges.
Könnte man vielleicht meinen, ist aber nicht so:
Nein, um in einer Kita arbeiten zu können, muss man nicht studiert haben, es reicht eine schulische Ausbildung als Erzieher/-in an einer Fachakademie oder einem Berufskolleg, welche je nach Bundesland bis zu fünf Jahre dauern kann.
Genau dieses^ ist in den gegenwärtigen Diskussionen mit "Studium" gemeint, worauf ich mich bezog (sorry, dass ich das nicht herausgestellt habe). Das als Mindestvoraussetzung einzufordern, entspricht etwa der Haltung der SPD (mit der ich absolut nicht konform gehe).
Darüberhinaus gibt es inzwischen auch Studiengänge, welche für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen qualifizieren: Kindheits-, Sozialpädagogen und Ähnliches. Dabei handelt es sich um vollwertige Studiengänge, welche den Vergleich mit anderen nicht zu scheuen brauchen.
Mit richtigen Wissenschaften können sie allgemein nicht ganz mithalten (von Einzelfällen abgesehen), worin ich mir gewiss bin, aber worüber wir vermutlich niemals einen Konsens erreichen werden. Aber das heißt nicht, dass ich deine Sicht oder die Leute, die das betreiben, nicht respektieren würde oder dass ich ihre Arbeit auch nur einen Deut geringer als die anderer Leute schätzen würde. Die Frage ist doch vielmehr, wieviele man davon an den einzelnen Einrichtungen wirklich braucht.
Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass ein heterogener und subsidiärer Aufbau effektiver, effizienter, kostengünstiger und gerechter als einer ist, wo man die Messlatte pauschal bei einem bestimmten formalen akademischen Niveau ansetzt, welches gefälligst alle zu erfüllen haben, sozusagen eine Monokultur aus Akademikern der oben benannten Sorte und letztgenannter.
Aber auch wenn man studiert hat, heißt das noch lange nicht, dass man mehr verdient als ein schulisch ausgebildeter Erzieher. Allerdings haben die Akademiker bessere Aufstiegschancen und sind somit meist mit Leitungsfunktionen betraut.
Ich habe mir mal vor längerer Zeit die Tariftabellen des ÖDs angeschaut und war schon erstaunt, welcher Selbstläufer das ist, durch blanke Jahre der Zugehörigkeit. Die Tarifierungen anderer gesellschaftlicher Bereiche kenne ich durchaus (deswegen ja). Schon heute sind die Stundenlöhne im Vergleich mit anderen Bereichen des ÖDs an der Oberkante. Aber es werden nicht selten viel weniger Stunden geleistet, wodurch sich armgerechnet wird. Es wird nicht zu wenig gezahlt, sondern leider viel zu oft zu viel und an anderer Stelle zu wenig. Die Ungerechtigkeit (Gehaltsschere) ist das Problem, nicht das, was auf dem Papier steht. Das tarifliche Gehaltsniveau ist viel zu hoch, weswegen mit Zeitverträgen herumgetrickst wird. Verlierer sind diejenigen Erzieher, die formal einen tollen Lohn erhalten müssten, aber nur davon träumen können, während einige Alteingesessene mit langjähriger Festanstellung fast das unverschämte Doppelte erhalten. Und die gehen auf die Straße und meckern. Ich finde das ganz schön unverschämt. Und es läuft immer wieder so, in allen gesellschaftlichen Bereichen. Und dann kommen ihnen Gewerkschaften und die SPD beigesprungen. Folge: Alles wird teurer, und die Schere geht noch weiter auseinander. Die anderen, die nicht im AAA-Arbeitsmarkt (Handwerker, kleine Selbständige usw.) sind, haben keine Lobby. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wäre mal ein Fortschritt. Das funktioniert aber nicht, indem alle gierig nach oben streben, denn das lässt immer so einige zurück, wodurch sich der Abstand immer weiter vergrößert. Dann hast du umso mehr AfD-Wähler aus Verzweiflung (die gar nicht braun oder neoliberal, sind, sondern echte Sozialdemokratie vermissen). Erhöhe einem Rentner, der mit Not und Mühe die Bude abbezahlt hat, die Grundbesitzabgabe so lange, bis er sich den Strick nimmt und kurz vorher - man kann es ihm nicht verdenken - Radikale wählt.
In einer Zeit, in der mehr und mehr Erziehungsaufgaben auf Kita und Schule abgewälzt werden, in vielen Familien sind beide Eltern berufstätig, haben sich die Anforderungen an die Pädagogen deutlich erhöht. Das ist auch vom Gesetzgeber durchaus so gewollt, er hat die zusätzlichen Aufgaben und Pflichten in der Sozialgesetzgebung aufgelistet. Wenn also die Erzieher/-innen eine bessere Bezahlung fordern, so ist dies durchaus berechtigt.
Das sagst du vielleicht, von einer möglicherweise gehobenen Perspektive heraus blickend (vielleicht würde ich das ab 5 k€/m auch so sehen, wer weiß, aber das wäre ein verzerrter Blick, denn die wirklichen Verhältnisse sind ganz anders). Bezahlen müssen wir das aber alle, auch wenn wir nur die Hälfte dessen erhalten (Handwerker), was ein Erzieher erhält. Bezahlbare Erzieher bekommst du aber nicht mit dem Anspruch, den Akademiker hegen. Nur weil jemand kein Akademiker ist und vielleicht nicht die Integralrechnung beherrscht, kein Französisch kann oder was auch immer, ist er noch lange kein Idiot. Und diese ebenso gut geeigneten Leute schickt man mit zu hohen formalen Kriterien über Umwege in Hartz4. Viel zu viele Kinder sind schon psychisch krank, weil sie wissen, dass sie ohne absolviertes Studium ihr Leben verwirkt haben. Was die SPD befürwortet und was ich anprangere, trennt die Menschen, anstatt sie einander näherzubringen. Die angeblich vielen offenen Jobs sind doch schon heute ganz überwiegend Akademikern (mit teils unerfüllbaren sonstigen Anforderungen), vorbehalten. Wo die SPD Zugangsbarrieren (Schulgeld, Meisterprüfungsgebühren usw.) abbauen will, liegt sie jedoch meistens goldrichtig. Aber sie sollte sich nicht vor den Karren der Berufsunzufriedenen spannen lassen.