"Inakzeptabel, absolut inakzeptabel!", fluchte Maran leise als er den Bericht las den man ihm geschickt hatte. Es war der wohl schlampigste Untersuchungsbericht den er je lesen musste und der Abschluss war das man die Suche nach der
Mentekel aufgegeben hatte. Was sollte man auch von einem Transportunternehmen erwarten das vornehmlich in den Terminus-Systemen operierte. Dem Bericht nach hatte man die geplante Route des Passagierschiffes abgeflogen und nichts gefunden, außer dem für diese Region üblichen Weltraumschrott. Was erwarteten diese Idioten auch, dass sie zufällig am Wrack vorbeiflogen? Natürlich konnte das Ding in die Weite des Weltraums abdriften, bis es in irgendein Gravitationsfeld geriet und auch Maran verstand das man kaum das ganze Terminus-System absuchen konnte, aber so wie es aussah hatten diese Seelenverkäufer noch nicht mal nahe Planeten untersucht. Scheinbar dachte das Unternehmen das es das Verschwinden der
Menetekel einfach als höhere Gewalt abtun konnte und jeder das schluckte. Falls seine Klientin wieder auftauchte, würde er ihr empfehlen eine Klage gegen das Unternehmen zu führen, vielleicht sogar eine Sammelklage mit anderen Überlebenden. Was natürlich voraussetzte das es irgendwo noch Überlebende gab. Maran seufzte kurz, er hatte schon damals so ein Gefühl gehabt das diese Miss Orlowski eine Menge Arbeit bedeuten würde.
*
Maran Delok saß an seinem Schreibtisch und spielte hektisch auf seinem Tablet, dass entspannte ihn und lenkte ab. Er hätte lieber etwas produktives gemacht, aber die Auftragslage war zur Zeit ein wenig dünn. Wesor war derzeit mit einem Fall von Steuerflucht beschäftigt und versuchte es vermutlich gerade so das es nur auf Formfehler in der Steuererklärung hinauslief. Sein letzter Fall war ein Nachbarschaftsstreit im Zakera Bezirk gewesen, eine lächerliche Lapalie er hatte einen Vergleich erwirkt. Keine große Sache, aber dadurch auch kein großes Honorar. Gelangweilt schaute er auf sein Aquarium, vielleicht sollte er einfach Pause machen und ein wenig Sushi essen gehen, beim Gang durch die Citadel konnte er dann ein wenig Eigenbewerbung betreiben und nach potenziellen Klienten Ausschau halten. Viele Leute waren sich gar nicht bewusst das sie anwaltliche Betreuung brauchten. "Mister Delok, hier möchte eine Frau Orlowski sie sprechen, sie wartet im Vorzimmer.", meldete sich plötzlich ihre Empfangsdame Laera.
"Was? Seit wann, wieso haben sie die Dame nicht sofort reingeschickt?", fragte Maran erbost. "Ich wollte sie vorher informieren, immerhin hatte sie keinen Termin. Und dann kam ein Anruf dazwischen.", rechtfertigte sich die Asari ohne eine Spur von Schuld auszustrahlen. Maran drückte sie weg, er kannte diese Art von "Telefonaten". Die Asari war 126, würde aber vermutlich bei ihrer Arbeitsmoral bis zu ihrer matriarchalischen Phase an einem Empfangstisch sitzen, allerdings nicht bei ihm und das würde nicht nur daran liegen, dass er bis dahin schon mehrere Jahrhunderte tot sein würde. Er erhob sich von seinem Stuhl und öffnete mit einem Druck auf den Schalter seine Bürotür.
Tatsächlich, da saß eine Menschenfrau und schaute recht gelangweilt auf die Fische in seinem Aquarium die man bewusst sowohl in seinem Büro als auch im Empfangszimmer sehen konnte.
"Miss Orlowski?", erkundigte er sich höflich, worauf die Frau aus der Trance gerissen wurde und sich von ihrem Stuhl erhob. Sie hatte schwarze Haare die sie hochgesteckt hatte, war ein gutes Stück kleiner als Maran und war für menschliche Verhältnisse vermutlich gut gebaut, der Salarianer war sich da nie besonders sicher. Er sagte jeder Kundin das sie gut aussah. Die Dame war nicht besonders angezogen, schwarze Hose, weißes Hemd darüber schwarzen Blazer und schwarze Pumps auf denen sie heranstöckelte. Dennoch sahen die Klamotten nicht unbedingt preiswert aus, für Maran ein gutes Zeichen.
"Ganz genau, Katharina Orlowski. Ich nehme an sie sind Maran Delok, freut mich das sie mich so kurzzeitig empfangen konnten.", erwiderte Kathy freundlich und hielt ihm die Hand hin, die der Salarianer schüttelte. Hände schütteln war für Menschen irgendwie immer sehr wichtig.
"Sie haben Glück, mein Terminkalender hatte gerade ein wenig Spielraum, aber kommen sie doch bitte in mein Büro. Hat ihnen Laera etwas zu trinken angeboten?", lud er die Schwarzhaarige ein.
"Nein, aber nicht so schlimm. Ich würde aber ein Wasser nehmen.", bedankte sich Kathy während Maran kurz einfror und er kurz äußerst langsam blinzelte.
"Setzen sie sich doch.", sagte er höflich und zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
"Laera, ein Wasser und zwar schnell.", sprach er sehr schnell, äußerst wütend aber leise in sein Omnitool. Dann setzte er sich hinter den Schreibtisch, der Menschenfrau gegenüber.
"Nun Miss Orlowski, wie kann ich Ihnen denn helfen?", erkundigte er sich bei seiner potenziellen Klientin, aber bevor die etwas antworten konnte kam Leara hinengeschwebt mit einem Wasser in der Hand. "Ich nehme an, dass ist für sie.", fragte sie und lächelte die Schwarzhaarige an.
"Ja, danke.", sagte Kathy worauf die Asari es vor ihr abstellte und sich dann dem Salarianer zudrehte. "Wollen Sie noch etwas, Mister Delok?", erkundigte sie sich gelangweilt.
"Ja, das sie sich wieder an den Empfangstisch setzen und potenziellen Kunden etwas anbieten wenn sie schon warten müssen. Und jetzt raus.",fuhr sie der Salarianer mit einer erhöhten Gesprächsgeschwindigkeit an worauf sie recht flink das Büro verließ.
"Schwer gutes Personal zu finden.", sagte er entschuldigend.
"Sie hat ja noch ein paar Jahre es zu lernen.", merkte Kathy scherzhaft an.
"Ja, aber die habe ich nicht. Kommen wir zum Geschäft.", lenkte Maran das Gespäch wieder zurück auf das Thema.
"Richtig, also ich habe letzens ein Geschäft übernommen und möchte mich da in ein paar Sachen lieber rechtlich absichern. Ich habe da nicht so viele Erfahrungen, ich bin mehr praktisch veranlagt." "Verstehe und was brauchen sie genau? Vertragsformulierungen? Steuerliche Beratungen? Lizenzrecht? Zollverordnungen?", hakte der Salarianer schnell nach. "Vorher eine kleine Frage, alles was wir hier besprechen bleibt auch in diesem Raum nicht wahr?", erkundigte sich die Menschenfrau und sah ihn fragend an.
"Natürlich, sie zahlen mir für dieses Gespräch ein Beratungshonorar und dadurch sind sie meine Klientin und fallen unter die anwaltliche Schweigepflicht. Meine Klienten vertrauen darauf, würde ich es missachten hätte ich keine." "Wunderbar. Nun der Vorbesitzer des nennen wir es Unternehmens sitzt derzeit in Haft und es handelt sich bei der Ware um Medikamente. Welche die keine Zulassung mehr haben." "Drogen, um es zu vereinfachen.", sprach Maran das offensichtliche aus.
"Ja, aber das klingt doch irgendwie so hart. Auf jedenfall hat es aufgrund von Nebenwirkungen seine Zulassung verloren, weswegen seine Produktion und der Vertrieb im Citadel Sektor illegal sind." "Wo sind ihre Abnehmer?" "Derzeit hauptsächlich Korlus, auch wenn man den Kundenstamm sicher vergrößern könnte. Ich muss sowieso erst die ganzen Vorkontakte kennen lernen , weswegen ich mich bald dort hin begeben werde. Aber ich denke dennoch gerne langfristig." "Vernünftig. Nun wenn ihre Übernahme komplett ist und alles klappt, denke ich es wäre klug den Standort zu wechseln. Die Citadel ist ein hervorragender Ort, aber auch mit strengen Gesetzen und Sicherheitsapparat. Außerdem befindet sich ihr Kundenkreis nicht hier." "Sie erfassen schnell was ich möchte, haben sie da Vorschläge?", erkundigte sich Kathy neugierig.
"Nun ihre Forschungsabteilung kann vorerst hier bleiben und Nebenwirkungen bekämpfen, solange sie es nicht für den Verkauf produzieren ist es legal. Die Produktion würde ich allerdings nach Illium verlagern, mehrere Vorteile gehört nicht zum Citadel-Sektor, weniger Auflagen und im Gegensatz zu Planeten in den Terminus Systemen ist es keine Müllhalde. Ich hätte da sogar ein paar Kontakte aus meiner Studienzeit.", erklärte er und ging die Liste seiner Kontakte im Kopf durch.
"Ansonsten müssen sie sich natürlich Gedanken machen wie sie das versteuern, Vertriebswege, Zollbeschränkungen ist viel Arbeit, aber bei fast allen kann ich Ihnen helfen, bzw. meinen Partner um Rat fragen. Er kennt sich aus im Steuerrecht. Allerdings werden das viele Arbeitsstunden werden, weswegen ich vermutlich meinen Stundenlohn hochsetzen würde.", erklärte er seiner Klientin.
"Was nehmen Sie denn als Honorar?" "150 Credits die Stunde.", erklärte Maran ohne zu zögern was sein doppeltes Entgelt war.
Kathy hatte wenn Sie ehrlich war keine Ahnung was ein Anwalt normalerweise nahm, dementsprechend fiel ihre Antwort aus.
"In Ordnung, allerdings werden sie erstmal nur die Fühler ausstrecken und ihre Kontakte anstupsen. Über den Rest reden wir wenn mein Besuch in Korlus zu meiner Zufriedenheit ausgefallen ist. Dann kann ich auch beurteilen ob sie ihr Geld wert sind." "Natürlich, warten sie ich suche die Vertragsdatei heraus.", entgegnete ein sehr erfreuter Salarianer, auch wenn man es ihm nicht direkt ansah.
*
Das Piepsen seines Kommlinks riss den Anwalt aus seinen Erinnerungen. Er forstete die Nachrichten durch, seine Kontakte in den Terminus Systemen hatten auch keine Neuigkeiten für ihn. Als sich seine Klientin aus Korlus gemeldet hatte, war sie zufrieden gewesen und hatte ihm gesagt das sie seine Kontakte treffen wollte. Aber angekommen war sie nicht weil diese verdammte
Menetekel scheinbar spurlos verschwunden war. Und jetzt hatte er damit zu tun das die Frau nicht für tot erklärt wurde, denn dann würden die Konten eingefroren und das wäre seinem Honorar äußerst abträglich. "Mister Delok, ihr 1300 Uhr Termin ist hier. Miss Vernon, die mit dem Ehestreit."
"Hatte ich der nicht gesagt das ich kein Scheidungsanwalt bin?",hakte Maran nach, der sich dessen aber sicher war. Nicht das er das Beratungshonorar nicht nehmen würde. "Ja aber sie hat vorhin angerufen und wollte ihn trotzdem haben. Sie hat wohl ein paar Gegenstände ihres Partners zerstört und seinen Klamotten verbrannt. Oder sowas.", informierte ihn Laera.
"Oh. Na dann, schicken sie Miss Vernon bitte rein." Arbeit war schließlich Arbeit.