Hm, nee, irgendwie wird daraus kein Schuh, egal wie ich es drehe. Ich versuche es mal der Reihe nach:
1) War für Buke im feudalen Japan "Ehre" (in Anführungszeichen, weil das Wort dort eine andere Konnotation hatte als bei uns) ein unverhandelbarer und kaum ausgleichbarer Gegenstand. Buke konnten "Gunst" sammeln und sich standesgemäß, also sittlich, verhalten, hatten aber im wesentlich weder Grund noch Möglichkeit ihre Ehre zu mehren. Sie konnten wohl Prestige oder Ruhm erlangen, aber spätestens im konfuzianistisch geprägten Ständesystem der Sengoku-Zeit war das mehr oder minder verpöhnt, da die Stabilität des Systems oberste Priorität hatte. Gerade für Buke/Samurai war das fühlbar, da Ihnen diverse Erwerbs- und Handlungsverbote auferlegt waren.
Was es jedoch gab, war ehrverletztende Handlungen und Versäumnisse, die ein Krieger allerdings nicht im klassischen Sinne ausgleichen konnte, sondern für die er Buße tun sollte/musste. Das ist etwas kategorisch anderes als ein Ausgleich (im Sinne einer Wiedergutmachung).
2) Ist die in Japan hauptsächlich motivierende Triebfeder für gute Taten der Shinto-Buddhistische Glaube an Karma und Wohlwollen der Ahnen. Erneut gilt zu beachten, dass das mit "Ehre" kaum etwas zu tun hat.
3) Ist der Gedanke, Ehre könne man mehren und verspielen unrealistisch (zumindest in Japan), weil es dort nie einen Messgrad dafür gab, wie ehrenhaft jemand nun genau war. Schließlich kann man nur etwas vergrößern, das eine bestimmte feststellbare Größe hat. Etwa so wie in Sumer, im antiken Griechenland oder im tanistrischem Irland, wo Ehre eine Währung war. Das war nicht der Fall im feudalen Japan und ist nicht der Fall im modernen.
4) Sagen selbst japanische Forscher, dass das Sozialverhalten von Japaner*innen von Pflichtbewusstsein gegenüber der Gemeinschaft geprägt ist (und eben nicht von dem Bedürfnis, Ehre zu wahren oder zu mehren). Tatsächlich hatte ich das in dem von dir zitierten Post sogar erwähnt als von Matsumotos Konzept der social identity sprach. Ich zitiere mal wortwörtlich Matsumoto, einen Japaner, dessen gesamter Forschungsschwerpunkt auf diesem Gegenstandsbereich liegt, auf die Frage hin, ob Japaner*innen von dem Verteidigen und Instandhalten der Ehre (hier als "territory" im Sinne der eigene Ehrenbesitzes übersetzt) getrieben sind
Die Quelle ist Yoshihiko Matsumotos 1988 erschienener Artikel "Reexamination of the unversality of face: Politeness phenomena in Japanese" erschienen im selben Jahr im Journal of Pragmatics, Ausgabe 12 S. 403-426.Zitat von Matsumoto (1988:405)
Kurzum: Ich denke, vor allem mit dem Beispiel Japan klammerst du dich an eine medial romantisierte, ins Deutsche gravierend fehlübertragene und nachweislich kontrafaktische Vorstellung von Ehre.
Keine Ahnung, mir fällt auf Anhieb keine Situation ein, in der mit Ehre durchs Leben geholfen hätte. Insofern kann ich mit der verminderten Bedeutung heutzutage leben.
"Taucht ein in die Schönheit der deutschen Sprache. Ich tue das. Für mich sind Anglizismen ein No-Go"
Ich hatte damals in der Schule nur heilige deutsche Mitschüler in meiner Klasse.
Und wie viele prügeleien es unter denen gab, weil irgendwer des anderen „Ehre“ beleidigt hat, kann ich gar nicht alle aufzählen.
Es ist Schwachsinn, sowas auf irgendeine Gruppe zu beschränken.
Leute, die anderen aus diesen Gründen etwas antun sind einfach Arschlöcher und vermutlich mit sich selbst nicht zufrieden.
Das hat aber in den seltensten Fällen etwas mit Religion zu tun.
Respekt ist wichtig! In jeder Lebenslage funktioniert alles besser durch gegenseitigen Respekt.
Ehre hingegen ist ein abstraktes Konstrukt, mit dem naive, ungebildete, oder auch charakterschwache Menschen dazu getrieben werden, Dinge zu tun, die sie normalerweise nicht tun würden.
cui honorem, honorem honorem
cui honorem, honorem honorem
Corg bekam wohl schon das ihm gebührende. ^^
Hm ich glaub ich hab mich etwas falsch ausgedrückt. Jedoch das mit Dem Gesicht bewahren und Ehre da sehr ineinander geflossen sind.
Natürlich könnte man keine Ehre sammeln das war dämlich ausgedrückt von mir. Jedoch haben die Taten und auch die Treue zum Lehnsherren gezeigt wie viel Gunst ein solcher Samurai hatte und dementsprechend auch ob er als besonders ehrenwert galt in den Augen der anderen.
Ehre ist, wenn du richtig tust und die Wahrheit sagst. Daher kommt auch der Begriff ehrlich. Du sollst Dinge tun, die nicht als hinterhältig gelten. Passt? So gesehen ist auch Töten ehrlich, wenn es unter gewissen Bedingungen wie zum beispiel den Duellregeln abläuft.
Respekt? Wofür? Fremde haben keinen besonderen Respekt verdient. Respekt, dass du mit 50 noch nicht tot bist? Nein. Tu was dafür, dann reden wir weiter.
Liebe grüße von einem 24jährigen.
Hast du was intelligentes erwartet?
Pech.
Nein, jedweder Fremde hat den gleichen Grundrespekt verdient.
Sicherlich, keinen "besonderen" aber die Art Respekt, die man auch für sich selbst erwartet.
Den Eindruck hatte ich auch
Tut mir leid, dass ich hier so reingrätschen muss, aber auch hier stimme ich dir nicht zu. Zunächst gibt es natürlich Unterschiede dazwischen, ob jemand ehrenwert ist (d.h. ihm von bestimmten Personen Ehrerbietung zusteht) oder ob er/sie ehrenhaft ist (d.h. Ehre "besitzt"). Heutzutage mag das ein etwas Hinfälliges Ausklambüstern von Begriffen sein, weil, wie ich bereits mehrfach betont habe, Ehre in vielen Teilen der Welt kein relevantes Konzept mehr ist, aber da du dich am historischen Japan-Beispiel festklammerst, tut die Unterscheidung Not. Und zwar aus folgendem Grund:
Die Samurai konnten in der Tat so einiges tun, um sich in die Gunst ihres Daimyo zu bringen. Beispiele sind da mannigfach; von Tapferkeit in der Schlacht, über herausragende Leistungen in den "männlichen Künsten", diplomatische Errungenschaften, bis hin zu spirituellen Taten. Die Crux dabei war allerdings, dass diese Dinge nicht zwingend dem Bushido gemäß "ehrenhaft" sein mussten, um die Gunst des Daimyo einzuhandeln. So konnte ein Samurai auch durch ein erfolgreiches Attentat, politisches Ränkespiel oder durch Heimtücke gegenüber dem Feind seinem Daimyo dienlich sein und in dessen Gunst steigen. So ein Günstling galt es, in bestimmten Situationen, Respekt zu zollen (das war v.a. an der Art seiner "Anstellung" zu Hofe und seinem Sold in Reis festzumachen). Das war wiederum aber keineswegs zu verwechseln damit, wie "ehrenhaft" oder "ehrenwert" ein Samurai galt.
Ein schönes Beispiel dafür steckt im Ende der Edo-Zeit. Als das feudale Japan zu bröckeln begann, scharten sich um den damaligen Kaiser vor allem solche Daimyo (, die ihrerseits dem Samurai-Stand entstammten und ihre eigenen Samurai-Vasallen hatten), die von den regierenden Tokugawa marginalisiert worden waren, die sogenannten Tozama-Daimyo. Die waren rein objektiv betrachtet allesamt Samurai, die niedrig in der Gunst des Shoguns standen und denen wenig Respekt gebot, vor allem weil sie weitgehend ausgeschlossen waren von prestigeträchtigen Positionen. Gleichzeitig beschreiben die Annalen der japanischen Geschichte mehrere Tozama-Daimyo als höchst "integer", was wohl die beste Übersetzung dafür war, wenn ein Japaner sagen wollte, dass sich Samurai vorbildlich entsprechend des Kodex verhielten.
Wenige Jahre später finden sich übrigens ähnliche Beschreibungen über die Samurai, die an der Satsuma-Rebellion beteiligt waren. Das waren aus Sicht der Gewinner zwar "Terroristen" wie wir heute sagen würden, aber dennoch tangierte das kaum ihre Integrität.
Was lehrt uns das also? Ehre im historische Japan war ein starres, ritualisiertes und dementsprechend kaum relevantes Konzept außerhalb von formelhaften Bekundungen. Ehre und Gunst standen meistens in keinem sinnvollen Bezug zueinander. Gunst konnte ungeachtet von Ehre erworben werden.
Was bleibt zu sagen? Naja, das ist mehr oder minder die Antwort auf deine Threadfrage: Selbst die spätfeudale Geschichte Japans zeigt anschaulich, dass Ehre wenig bedeutet im Hier&Jetzt, weil sie einfach keine sinnvolle Funktion hat in vielen Gesellschaften. Hatte sie vielerorts schon vor hunderten von Jahren nicht mehr.
Ich, als recht Jüngerer, versuche jeder Person, der ich begegne, einen gewissen Grundwert an Respekt zu zollen - je nachdem, was diese Person tut (Alter dabei irrelevant), passt sich der gezollte Respekt an.
Wenn ich mich recht entsinne kommt Respekt so ungefähr aus dem lateinischen (re - spicere?) und bedeutet soetwas wie "(auf Jemanden) zurückblicken" bzw. "Rücksicht nehmen".
Ich muss allerdings schreiben, dass so etwas wie Respekt, sich bedanken und weitere Normen eher zur bedeutungslosen
Floskel / Selbstverständlichkeit verkommen (vielleicht schon sind?).
Ich erinnere da gerne an Kinder oder jüngere Schüler, die teilweise dazu gezwungen werden "danke" oder ein unhöfliches "'tschuldige" zu sagen, ohne irgendeine Bedeutung 'rüberkommen zu lassen - vielleicht kommt das aber nur mir so vor .
Das mache ich auch. Ich habe gelernt, dass es nichts bringt, wenn ich in Panik brülle, nur weil es mir manchmal zu eng wird. Und wie gesagt, sollte ich doch jemanden angerempelt haben, nicke ich kurz und lächle leicht, sage aber gar nichts. Ich weiß ja nicht, wie mein Gegenüber das Ganze auffasst. Mit viel Glück nimmt er oder sie die Entschuldigung an. Mit viel Pech ist es ein "provokatives Gelaber", was ihn oder sie zum Angriff übergehen lässt.
[SIZE="4"] Binger sind Pinscher![/FONT]
Leute, liest ein Buch! Das Internet ist sowieso schon kaputt genug, durch die vielen Quarantänemaßnahmen! Lasst auch den Armen das Recht auf ein BISSCHEN Internet! Ich blockiere hier gar nichts! IHR TUT DAS!!!!