Portal-Zone Gothic-Zone Gothic II-Zone Gothic 3-Zone Gothic 4-Zone Modifikationen-Zone Download-Zone Foren-Zone RPG-Zone Almanach-Zone Spirit of Gothic

 

Seite 3 von 3 « Erste 123
Ergebnis 41 bis 46 von 46
  1. Beiträge anzeigen #41 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Eine wohlvertraute Stimme

    Am nächsten Morgen führte der Weg des Helden direkt in Diegos Laden. Sein alter Freund stand hinter der Theke. Er wirkte nicht unbedingt gut gelaunt. Ob das an dem Kind lag, das auf dem Boden saß und mit Spielzeug spielte, konnte der Held nicht sagen.
    „He, was läuft denn so?“
    „Das läuft“, sagte Diego trocken und zeigte hinunter auf das Kind.
    Dem Helden standen wohl die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben, denn Diego erklärte weiter: „Seine Mutter Marietta, eine Kundin, ist gerade unterwegs und versucht ihr Auto zurückzubekommen. Offenbar gibt es Plätze wo so ein Auto nicht abgestellt werden darf. Jemand hat es mitgenommen.“
    „Ist ja merkwürdig.“
    Der Held hatte sich bisher nie Gedanken über die Parkposition von Elias Auto gemacht. Er parkte es an der Kreuzung, auf dem Gehweg, alten Schotterstraßen, auf dem Grundstück von fremden Leuten oder im Park, immer da, wo gerade Platz war und bisher war es immer noch da gewesen, wenn er zurückkam. Sein Blick fiel auf den Jungen und er erkannte das Spielzeug als zwei kleine Dinosaurier. Hatte seine Aufgabe gestern zu einem weiteren Ansturm im Museum geführt, oder fanden die Leute hier diese Dinosaurier generell gut? Es war ein merkwürdiges Phänomen. In Myrtana nahmen die Leute schreiend reißaus, wenn Ihnen Snapper oder gar Razor begegneten, hier freuten sich die Menschen regelrecht, wenn sie große Echsen sehen konnten.
    „Was hast du denn da?“ fragte der Held und hockte sich neben dem Kleinen hin.
    Der Junge sah misstrauisch zu ihm auf und sah dann zu Diego hoch.
    „Ist ein Kumpel von mir“, gab dieser mit seiner allzeit rauen Stimme bekannt.
    Das war offenbar genau das, was der Kleine hören wollte, denn jetzt erklärte er feierlich: „Das ist ein Tyrannosaurus“, dabei zeigte er auf ein Tier mit großem Kopf und kleinen Armen, das dem schwarzsilbernen Ungetüm von gestern ähnlichsah, „und das ist ein Therizinosaurus“ und wies auf ein ebenfalls auf zwei Beinen stehendes Tier, allerdings mit kleinem Kopf auf langem Hals und großen Händen mit riesigen Krallen. „Willst du mitspielen?“ fragte der Junge geradeheraus.
    „Klar“, kam es nur vom Helden, weil er den Jungen nicht so rüde abweisen wollte.
    Der Kleine drückte ihm den Pflanzenfresser in die Hand und fing gleich darauf an mit seinem Tyrannosaurus laut zu brüllen.
    „Ich bin ein Tyrannosaurus und ich hab riesen Zähne und jetzt werde ich dich fressen.“
    Der Held überlegte kurz und erwiderte dann: „Aber ich bin ein Terpentinosaurus und mit meinen großen Krallen gibt es jetzt volles Pfund aufs Maul.“
    „Der heißt Therizinosaurus,“ verbesserte der Kleine ihn wichtigtuerisch. „und du spielst das falsch.“
    Er nahm ihm den Dinosaurier wieder ab und spielte alleine weiter.
    „Du hast es ja richtig drauf mit Kindern“, kam es schmunzelnd von Diego, als sich der Held wiederaufrichtete. „Komm, lass mal ein Stück gehen.“
    Diego ging auf die andere Seite des Ladens und der Held folgte ihm. Er drückte ihm die Seite einer Zeitung in die Hand und wies auf den Artikel auf der Hauptseite, dessen Überschrift hieß: „Frei laufender Löwe reißt Bürger die Gurgel raus.“
    „Und?“
    Der Held zuckte mit den Schultern.
    „War doch klar, dass ich diesen Kerl umnieten würde. Haben wir doch so abgesprochen.“
    „Aber hättest du das nicht auch ein bisschen unauffälliger machen können? Ich hab gestern auch einen unter die Erde gebracht und davon steht nichts in der Zeitung.“
    Der Held war verstimmt.
    „Da hab ich mir extra die Mühe gemacht, mich in einen Löwen zu verwandeln und dem Kerl hinter seiner Bar aufzulauern und dann ist dir das auch nicht recht? Weiß doch keiner, dass ich es war.“
    „Aber es hat viel zu viel Aufmerksamkeit erregt. So wie ich das mitbekommen habe sind Löwen hier ungewöhnlich.“
    „Ich hab gestern einen gesehen.“
    „Ach?“
    „Ja, im Museum“, rechtfertigte sich der Held, dem es gar nicht gefiel für sein Vorgehen kritisiert zu werden.
    „Und der hat gelebt?“
    „Nein, der war ausgestopft.“
    Diego sah davon ab, weiter auf seinen Freund einzuhacken und sagte stattdessen: „Jetzt weiß zwar keiner, dass du es warst, aber sehr wohl, dass etwas Merkwürdiges in der Stadt vor sich geht. So wie ich das da herausgelesen habe, vermuten sie, dass er aus irgendetwas das sich Zoo oder Zirkus nennt, ausgebrochen ist, doch von deren Seite wird das bestritten. Die Polizei wird dem ganz sicher nachgehen und noch mehr Aufmerksamkeit ist das Letzte was wir brauchen.“
    Dem Helden gefiel diese Wendung gar nicht. Er hatte sich doch extra die Mühe gemacht, damit die Polizei nichts davon mitbekam und jetzt wurde so ein Aufheben darum gemacht, dass der Artikel darüber sogar den neuen Zulauf im Museum von der Titelseite gedrängt hatte.
    Der Held spitzte die Ohren. Eben hatte er eine Stimme gehört, von der er glaubte, dass es unmöglich war sie hier zu hören. Er wandte den Kopf. Der Junge spielte jetzt nicht mehr mit den Dinosauriern. Er hatte ein Gerät zur Hand aus dem Stimmen kamen.
    „Was ist?“ fragte Diego.
    Der Held antwortete nicht und ging stattdessen auf den Jungen zu, der ihn nun wieder misstrauisch beäugte. Vielleicht fürchtete er, er würde ihm sein Gerät wegnehmen. Wieder erklang diese Stimme. Der Held konnte es nicht glauben. Er lachte laut.
    „Was ist denn?“ fragte Diego verwundert.
    „Na hör doch mal“, verlangte sein Freund und zeigte auf das Gerät.
    Diego lauschte. *
    „Das ist doch nur eine Geschichte. Kommt zwar aus so einem komischen Kasten, aber hier gibt es ja so viele Merkwürdigkeiten. Was hast du denn?“ fragte er, als sein Freund in lautes Gelächter ausbrach.
    Sein Kumpel verhielt sich seiner Meinung nach sehr merkwürdig. Er wurde jetzt Opfer eines richtigen Lachanfalls und bekam sich gar nicht wieder unter Kontrolle.
    „Na erkennst du die Stimme denn nicht?“ japste der Held und hielt sich seine Rippen, die schmerzten, weil Lachen und Reden wohl zu viel auf einmal waren. „Oh Mann, dann noch dieser komische Akzent, ich kann nicht mehr.“
    Der Held lachte so laut, dass von der Geschichte gar nicht mehr viel zu verstehen war. Der kleine Junge sah ängstlich zu ihm, vielleicht dachte er, dieser Mann wäre verrückt geworden. Als die Stimmen von Mädchen aus dem Kasten zu hören waren, fragte der Held angestrengt nach Luft ringend: „Sag mal Kleiner, wie heißt denn die Geschichte?“
    „Leonie, Abenteuer auf vier Hufen“ antwortete der Junge arglos.
    Der Held musste wieder loslachen, auch wenn er versuchte es zu unterdrücken. Tränen liefen ihm übers Gesicht.
    „Was ist denn mal los?“ fragte Diego irritiert.
    Die Tür ging auf und eine Frau trat ein. Es war Diegos Spezialkundin Marietta.
    „Na hier ist ja eine Bombenstimmung“ kommentierte sie verwundert.
    „Ja, mein Kumpel hat heute ganz ausgezeichnete Laune“ sagte Diego und ließ den Helden dabei nicht aus den Augen.
    Die Frau sah misstrauisch zu dem lachenden Mann.
    „Ist auch wirklich alles in Ordnung?“
    Diego bemerkte ihren Blick.
    „Ja, alles klar, dein Sohn hat nur so eine lustige Geschichte dabei.“
    Sie seufzte angestrengt.
    „Nicht das schon wieder, dieses Zeug läuft hoch und runter. Meine Schwester musste ihm das ja auch unbedingt zum Geburtstag schenken, nur weil ich mal bemerkt habe, dass er Pferde mag.“
    Sie sah genervt aus.
    „Danke, dass du auf ihn aufgepasst hast. Ich hab den Wagen jetzt wieder.“
    Sie winkte ihrem Sohn und bedeutete damit, dass sie aufbrechen würden. Der sprang sofort hoch, offenbar war es ihm ganz recht hier zu verschwinden. Er packte seine Dinosaurier und den Kasten und lief zu seiner Mutter, die Diego nochmal zuwinkte und dann verschwand. Der Held bekam sich jetzt langsam wieder unter Kontrolle, was sein Freund nutzte um mit säuerlicher Miene zu fragen: „Würdest du mir jetzt endlich mal sagen was mit dir los ist?“
    Der Held wischte sich die Tränen vom Gesicht, blinzelte und schnappte nach Luft.
    „Hast du das denn nicht gehört? Diese Stimme, das ist ganz klar Xardas, das höre ich selbst trotz dieses dämlichen Akzents.“
    „Xardas?“ fragte Diego zweifelnd.
    Er hatte den Magier nie gesehen und deswegen wusste er auch nicht wie er sich anhörte.
    „Könnte es nicht sein, dass es einfach jemand ist, der eine ähnliche Stimme hat?“
    „Nein“, hielt der Held starsinnig dagegen. „Das ist ganz klar Xardas und wenn er hier ist, dann weiß er vielleicht wie es zurück nach Myrtana geht. Wir sollten uns mit den anderen Treffen, um uns zu besprechen.“
    „Gorn hat gesagt, dass es ihm ganz recht wäre nachher zusammen was zu Essen. Ist so eine Bude gleich hier um die Ecke.“
    „Na dann, worauf warten wir noch?“ fragte der Held, jetzt voller Tatendrang.
    Später saßen sie alle zusammen beim Essen in einem Imbiss. Da es mittlerweile Mittag war, waren alle Plätze voll besetzt. Sie quetschten sich zusammen an einen vierer Tisch. Der Held, der neben Gorn saß, zerschnitt gerade ein Schnitzel, als er sagte: „Wenn ich es euch doch sage. Das war ganz klar Xardas Stimme. Das heißt, er muss hier irgendwo sein.“
    „Aber wie sollte Xardas denn hierhergekommen sein?“ fragte Milten verwundert, der gedankenverloren in seinen Nudeln stocherte.
    „Keine Ahnung, aber Xardas weiß sehr viel über Teleportation. Er hat mich damals ja auch aus dem Schläfer Tempel herausteleportiert, obwohl du ja meintest, dass das nicht geht.“
    Milten wurde rot, aber er sagte nichts weiter dazu. Vielleicht wollte er nicht wieder streiten, oder es war, weil er sich immer noch als schuldigen für die verpatzte Teleportation sah.
    „Ich hätte Xardas Stimme bestimmt auch wiedererkannt“, meinte Lester und steckte sich einen Löffel Erbsensuppe in den Mund.
    Diego schluckte sein Gulasch hinunter und fragte: „Stimmt, du warst ja mal bei ihm im Turm. Wie ist er denn so?“
    „Also ich fand ihn hilfsbereit und nett“, erklärte Lester frei heraus. „Als es mir schlecht ging, durfte ich sogar in seinem Bett schlafen.“
    Diego hob seine linke Augenbraue so weit, dass sein Gesicht so verzerrt aussah wie ein verunglücktes Kunstwerk.
    „Aha“, sagte er in einem Ton, der ausdrückte, dass er sich nicht auf das Glatteis wagen wollte weiter nachzufragen.
    Gorn sah so aus, als wollte er auch etwas sagen, aber sein Mund war zu voll mit Pommes und Currywurst. Er hatte eine riesen Portion auf dem Teller, doch keiner seiner Freunde zweifelte auch nur eine Sekunde daran, dass er sie schaffen würde.
    „Was? Ich hab dich nicht verstanden“, stichelte der Held.
    Mühsam schluckte Gorn die großen Brocken hinunter und fragte: „Aber selbst, wenn das Xardas war, wie wollen wir ihn finden?“
    „Tja, das ist die Frage“, kam es vom Helden, der sich ein weiteres Stück Schnitzel in den Mund steckte und beim Kauen angestrengt nachdachte.
    „Ist dir vielleicht sonst irgendwas aufgefallen, was auf seine Anwesenheit deuten könnte?“ fragte Milten nach.
    „Ich weiß nicht.“
    „Denk mal scharf nach.“
    Bei der Aussicht vielleicht doch noch nach Hause zu kommen wurde der Feuermagier ganz aufgeregt. Diego indes hatte jemanden in der Menge erspäht, der ihm bekannt vorkam. Es war eine Frau. Sie war sehr hübsch und hatte kurze blonde Haare.
    „He, Gorn, da ist die Kleine, die dir letztens den Kopf so verdreht hat. Sieh aber nicht hin, oder es fällt sofort auf, dass wir sie entdeckt haben.“
    Doch Gorn hatte offenbar nicht richtig zugehört, denn sofort streckte er den Hals und fragte:
    „Was? Wo?“
    Diego hielt seine rechte Hand an die Stirn und murmelte: „Wozu sag ich überhaupt was?“
    Gorn hatte die Frau entdeckt. Sie telefonierte angeregt.
    „Hm… ja, sieht so aus, aber sie hat ganz andere Haare.“
    „Stell dir vor Gorn, vielleicht hat sie sich verkleidet“, sagte Diego in einem langsamen genervten Tonfall, weil er es offenbar für überflüssig hielt das auch noch erklären zu müssen.
    „Meinst du sie ist von der Polizei?“ fragte Milten und wurde nervös.
    „Vielleicht“, sagte Diego. „Es war unvorsichtig von uns, gemeinsam was essen zu gehen. Wenn die wirklich von der Polizei ist, dann wissen die jetzt ganz genau, dass wir alle zusammenhängen. Besonders Lester ist in Gefahr, weil er ja das Kraut züchtet und verkauft.“
    Lester sah plötzlich doch etwas nervös aus.
    „Vielleicht wäre es am besten, wenn du erstmal im Versteck bleibst. So auf offener Straße könnten sie dich sehr leicht verhaften“, riet Diego.
    Lester nickte. Er war plötzlich etwas blass um die Nase geworden.
    „Jetzt fällt es mir wieder ein“, kam es unvermittelt vom Helden, der seinen Freunden während seiner Grübelei nur mit halbem Ohr zugehört hatte. „In der Bibliothek war ein Buch, das ich schon kannte. Ich glaube es war die „Die göttliche Kraft der Gestirne“. Ja, genau. Ich hatte ein Buch über Ritter gesucht und gleich da in der Nähe stand auch das. Ich hatte mir nichts weiter dabei gedacht, aber wo ich jetzt genauer darüber nachdenke, warum sollte es dieses Buch hier in dieser Welt geben? Eigentlich doch nur, wenn es jemand aus unserer Welt dort abgegeben hat.“
    „Und du meinst es war Xardas?“ fragte Lester.
    „Ich kann mich erinnern, dass ich ein Exemplar dieses Buches zusammen mit einigem anderem Krempel gegen ein paar Spruchrollen und Runen bei ihm eingetauscht habe. Das heißt wir müssen nur in die Bibliothek gehen und fragen wer dieses Buch dort hinterlassen hat.“
    „Und du meinst das geht so einfach?“ fragte Milten skeptisch. „Diese Bibliothek ist riesig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Bibliothekare bei jedem Buch daran erinnern wo das mal herkam.“
    „Ich frag mal Annette, vielleicht weiß sie was.“
    Der Held zückte sein Handy und rief sie an. Wie immer kam der Held schnell auf den Punkt und schilderte ihr sein Anliegen. Das Gespräch dauerte nur wenige Minuten.
    „So“, sagte er, als er das Gespräch beendete. „Ich treffe mich gleich mit ihr in der Bibliothek. Dann werden wir hoffentlich herausfinden, ob es wirklich von Xardas ist.“
    „Hm… das heißt aber nicht, dass wir dann auch wissen, wo er steckt“, gab Diego zu bedenken.
    „Aber es ist eine Spur“, hielt der Held dagegen. „So läuft das meistens. Eine Spur finden und ihr Nachgehen, irgendwas wird schon dabei herumkommen.“
    Der Held war sehr zuversichtlich, dass er Erfolg haben würde und als sich ihre Versammlung bald darauf auflöste, lief er sofort los, um zur Bibliothek zu kommen. Dort angelangt, traf er in der Nähe des Eingangs auf Annette. Sie hatte auf einer Bank gesessen und erhob sich jetzt. In der Hand hielt sie eine ordentliche blaue Mappe.
    „Was ist denn das für ein Typ, dem das Buch mal gehört haben soll?“ fragte sie, gleich nach dem er eingetroffen war.
    „Er ist ein weiser alter Mann. Ich hoffe auf seinen Rat.“
    Diese kryptische Antwort stellte Annette wohl nicht zufrieden, aber sie wagte auch nicht weiter nachzufragen. Mittlerweile war ihr ihre neue Arbeitsstelle etwas zu aufregend geworden, doch sie bekam vier Mal mehr Geld als bei ihrer letzten Arbeit und das ließ sie am Ball bleiben.
    „Weißt du noch, wo sich dieses Buch befindet?“
    „Ja, es war … da entlang“, kommandierte der Held und zeigte in eine bestimmte Richtung.
    Es war nicht einfach den Weg zurück zu dem Buch zu finden, doch schneller als erwartet hatten sie die richtige Stelle erreicht.
    „Hier irgendwo“, sagte der Held und begann die Buchrücken abzusuchen.
    Einige Minuten suchten sie, dann zog er ein kleines Buch heraus und zeigte es vor.
    „Das ist es.“
    „Was willst du jetzt damit tun?“ fragte die junge Frau gespannt.
    „Ich frag die Bibliothekare von wem es ist.“
    Annette biss sich auf die Unterlippe.
    „Ich glaube nicht, dass sie es dir sagen werden. Das ist gegen den Datenschutz.“
    „Datenschutz?“ fragte der Held verständnislos.
    „Ja, wir sind in einer öffentlichen Einrichtung, die Angestellten und Beamten dürfen keine Nutzerdaten an jeden dahergelaufenen weitergeben.“
    „Und … wie kommen wir dann da ran?“ fragte der Held verwundert.
    Er hatte sich das anders vorgestellt. Es hätte doch so schön einfach sein können. Doch Annette hatte bereits einen Plan.
    „Ich hab mir schon was überlegt. Ich werde anfragen, ob ich als Praktikantin hier anfangen darf. Ich hab ja bereits im Büro gearbeitet, ich wäre also nicht völlig unnütz. Mit ein wenig Glück erhalte ich Zugang zum System. Das hier ist eine öffentliche Einrichtung. Es muss ein Nachweis erhalten bleiben woher die Bücher kommen. Und wenn dieser alte Mann, den du suchst, auch ein Ausleihkonto hier hat, dann kriegen wir sogar seine Adresse heraus und dann kannst du ihn besuchen.“
    „Hört sich toll an, na dann mal los.“
    Ihre Wege trennten sich. Während der Held noch weiter im Bestand auf der Suche nach Hinweisen herumstöberte, ging Annette zur Information und brachte ihr Anliegen vor. Ein Bewerbungsschreiben, welches sie in der Mappe bei sich trug, legte sie sogleich vor. Schneller als erwartet kam sie zum Helden zurück und erklärte ihm triumphierend: „Ich wurde angenommen. Offenbar herrscht akuter Personalmangel, wegen Krankheit und Urlaub und weil ich kein Geld haben will, kann ich gleich Morgen anfangen.“
    „Rufst du mich dann an, wenn du die Adresse hast?“ fragte der Held.
    „Natürlich. Es kann aber ein bisschen dauern. Ich weiß nicht wann ich die Gelegenheit habe, allein an einen Computer zu kommen. Hast du noch das Buch?“
    „Selbstverständlich.“
    Er gab es ihr. Sie schlug es auf und suchte nach einem Strichcode. Die darunter stehende Nummer schrieb sie sich auf einen Zettel, den sie faltete und in ihre Hosentasche steckte.
    „Gut, ich habe alles was ich brauche. Das Buch kann zurück ins Regal.“
    „Brauchst du es denn wirklich nicht mehr?“ fragte der Held skeptisch.
    „Nein, alles in Ordnung. Ich hab mir die Nummer des Buches aufgeschrieben, so finde ich es im System.“
    Der Held zuckte mit den Schultern und stellte das Buch zurück. Als sie auf dem Weg zum Ausgang der Bibliothek waren, kam ihnen die junge Bibliothekarin entgegen, die ihm vor einiger Zeit das Ritterbuch ausgeliehen hatte.
    „Ah, sie sind es. Sie hatten doch…“
    Sie dachte angestrengt nach.
    „Ja, Sie hatten das Ritterbuch ausgeliehen.“
    Er musste wohl ein spezieller Fall gewesen sein, weil sie sich noch an ihn erinnerte.
    „Oh, das hab ich dabei.“
    Der Held kramte in seiner Hosentasche herum und zog es schlussendlich heraus. Etwas verwundert nahm die Bibliothekarin das Buch entgegen und sagte verblüfft: „Danke.“
    Der Held ließ sie einfach stehen und ging dem Ausgang entgegen. Seine Stimmung war großartig. Wieder einmal hatte er den Auftrag Xardas zu finden und wieder hatte er die ersten Hinweise gefunden.
    Geändert von Eispfötchen (23.09.2021 um 20:03 Uhr)

  2. Beiträge anzeigen #42 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Monsterkämpfe

    Es war Abend geworden und wieder einmal sollte ein großer Kampf stattfinden. Tysons Kampfgelände war gerappelt voll, denn bereits seit mehreren Tagen ließ er überall herumerzählen, dass heute etwas ganz besonders Brutales stattfinden würde: Mehrere Monster, die sich gegenseitig zerfetzen und zerreißen würden. Der Held stand zusammen mit Diego, Gorn, Elyas, Cem und Tabo bei Tyson. Sie hatten besondere Plätze bekommen, so dass sie nicht im Gedränge herumzustehen brauchten. Cem war schon im vollen Wetteifer und befahl Tabo die Wetten einzusammeln und zu ihm zu bringen. Der arme Kerl musste sich durch das Gewühl kämpfen und die einzelnen Wetteinsätzen einsammeln. Die Zuschauer konnten es offenbar gar nicht abwarten, schon grölten und brüllten sie und verlangten, dass die Show begann. Tyson gab dem Helden einen Wink und der machte sich daran die abgesprochenen Kreaturen zu beschwören. Zuerst wurde der Dämon beschwört, weil es bei ihm am längsten dauerte. Die anderen Viecher hätten sonst schon begonnen sich gegenseitig anzugreifen. Der Dämon wurde von Tyson mit dem ungemein originellen Namen Daemon tituliert, gleich darauf sagte er noch Bob, Elmo und Murray an. Letzterer war das zweite Skelett, das allerdings beim laufen klapperte. Ganz wie erhofft wurde es ein spannender Kampf. Elmo und Murray hieben sofort auf Bob ein. Daemon sah sich das einen Moment an und mischte dann mit. Vielleicht gab es eine gewisse Verbundenheit zwischen den Skeletten und dem Dämon. Bob hatte ohne Zweifel das Nachsehen. Schon nach kurzer Zeit war er auseinandergefallen. Zuerst sah es so aus, als würden sich die Skelette und der Dämon in Ruhe lassen, aber dann griffen sie sich doch an. Der Held hatte eigentlich vermutet, dass der Dämon ganz klar die Oberhand gewinnen würde, aber die Skelette stellten sich überraschend geschickt an. Besonders Elmo wich den starken Angriffen behände aus und schlug dann zu, danach wich er sofort wieder zurück, um keine Angriffsfläche zu bieten. Es war, als würden sich die beiden Skelette absprechen, wenn Daemon gerade mit Elmo beschäftigt war, griff Murray ihn von hinten an und umgekehrt. Verärgert schnaufend wütete der Dämon in der Halle und schlug wild um sich. Oftmals mussten die Zuschauer zurücktreten, um nicht selbst getroffen zu werden, obwohl sie schon von sich aus nicht bis zur Absperrung vordrangen. Würden die Zuschauer weiter hinten nicht so drängeln, würden die Leute vorne wohl auch noch weiter zurücktreten. Sie hatten wohl zu viel Respekt, oder Angst. Einen Dämon hatte es bisher noch nicht zu sehen gegeben und Teile des Publikums wirkten geradezu schockiert. Manche vergaßen sogar mit ihrem Smartphone zu filmen. Mit jedem Schlag den die Skelette dem Dämon verpassten rückte sein Ende näher, doch er war nicht bereit das einfach so geschehen zu lassen. Mit einem Mal entließ er einen mächtigen Feuerschwall der selbst noch beim Publikum ordentlich Hitze abstrahlte. Elmo und Murray wurden von den Flammen getroffen und gerieten in Brand. Murray zerfiel sofort, doch Elmo wollte sich noch nicht geschlagen geben. Mit einem Schwinger verpasste er dem Dämon eine ordentliche Kerbe im Bauch. Der Dämon brüllte laut und griff dann seinerseits an. Jetzt wo Murray ihn nicht mehr unterstützte hatte Elmo allerdings schlechte Karten. Der Dämon drängte ihn immer weiter in die Defensive, bis er ihm schließlich einen ordentlichen Schlag versetzte und auch Elmo die Niederlage akzeptieren musste. Der Dämon tat so als wäre nichts weiter passiert und schwebte nur noch in der Luft herum, dann plötzlich strebte er auf das Publikum zu.
    „Halt!“ befahl der Held und augenblicklich gehorchte der Dämon. „Bleib wo du bist. Du hast gewonnen, das Reicht erstmal.“
    Der Kampf hatte kaum zehn Minuten gedauert, dennoch war das Publikum begeistert. In ihren Augen hatte es sich allemal gelohnt hierherzukommen. Es gab Blut, Gewalt und Monster, die sich gegenseitig verdroschen.
    „Wieder einmal ein voller Erfolg“, grinste Tyson und wedelte mit den Geldscheinen, die er heute verdient hatte, wie mit einem Fächer.
    Gorn und Diego wollten mit Cem mitgehen. Gorn hatte es zwar nicht mehr nötig als Türsteher zu arbeiten, aber er und Diego wollten bei einem Kartenspiel mitmachen, das bei Cem stattfinden sollte. Der Held hatte keine Lust mitzugehen. Er zog eine Rune heraus und teleportierte sich zum Versteck. Sobald er da angekommen war, beschwor er den Dämon, der in der Zwischenzeit vielleicht schon zu einem menschlichen Opfer unterwegs gewesen war. Der Held wollte Lester fragen, ob er eine weitere Charge Sumpfkraut fertig hatte. Vielleicht würde er heute Nacht einfach mal wieder herumziehen und welches verkaufen. Doch der Held stutzte. Die Haustür war aufgebrochen wurden. Ihm kam ein schrecklicher Verdacht und er rannte in den Keller, aber statt Lester fand er nur Waldi. Der Wolf lag tot auf dem Boden, eine große Blutlache hatte sich unter seinem Körper gebildet. Der Held kniete sich hin und sah, dass der Wolf erschossen wurde. Zerbrochene Glasphiolen und Becher wiesen darauf hin, dass hier im Labor ein Kampf stattgefunden hatte. Er ging jede Wette ein, dass es Miftahs Leute waren. Er lief nach draußen, doch es war niemand in der Nacht zu sehen. Der Held lief los. Sein Ziel: Das „Paradise“. Auf dem Weg dorthin gingen ihm allerhand Fragen durch den Kopf. Warum hatten sie ausgerechnet jetzt angegriffen? Wussten sie das Lester allein im Versteck war? Die letzten beiden Angreifer waren von den Skeletten getötet wurden … die vorhin im Kampf bei Tyson beschäftigt waren. Der Held war wütend auf sich selbst. Sowohl der Dämon, als auch die Skelette sollten ja eigentlich für Lesters Schutz sorgen und er hatte sie abgezogen, weil er einen guten Kampf wollte. Hatte er gedacht Lester würde schon allein zurechtkommen? Missmutig musste er zugeben, dass er gar nicht darüber nachgedacht hatte. Als er im „Paradise“ ankam fand er Gorn, Diego und Elyas im Hinterzimmer, wo sie mit vier anderen Typen Karten spielten. Tabo war auch gerade ins Zimmer gekommen und brachte den Spielern Getränke. Auf der Tischmitte lag reichlich Geld. Dem Helden war das im Moment egal, er platzte einfach herein und rief: „Ich glaube Lester ist entführt wurden. Ich war gerade im Versteck, aber er war nicht da. Waldi wurde erschossen und die Haustür war aufgebrochen.“
    „Scheiße“ kam es von Gorn, dessen Gesicht sich in Sekundenschnelle verfinsterte.
    Diego sagte nichts, aber ihm war anzusehen, dass er innerlich fluchte. Ihre Mitspieler, sahen unsicher aus. War das Spiel damit gelaufen?
    „Hätte ich mal nichts gesagt, dann wäre er mit zum Kampf gekommen. Sicherer als wenn wir alle zusammen sind, kann es doch eigentlich gar nicht sein“, kam es leise von Diego.
    „Das Blöde ist, dass ich den Dämon und die Skelette, die Lester schützen sollten im Kampf eingesetzt habe“, grummelte der Held.
    Es war klar, dass er sauer auf sich selbst war.
    „Aber woher hätten diese Typen denn wissen sollen, dass gerade niemand im Haus ist?“ fragte Gorn.
    Tabo stellte ihm gerade ein großes Bier hin. Zitterte seine Hand? Diego hatte es genau gesehen und aufmerksam musterte er ihn.
    „Tja, vielleicht haben wir ja einen Spitzel in unseren eigenen Reihen.“
    Tabo sah ihm nicht in die Augen. Rasch stellte er einem der anderen Spieler eine große Cola hin und verschwand dann mit schnellen Schritten aus dem Zimmer.
    „Diese Ratte“, brauste Diego auf.
    Er stand so schwungvoll auf, dass der Stuhl, auf dem er saß, nach hinten kippte. Eilig rannte er Tabo nach und als Gorn und der Held auch geschaltet hatten, folgten sie ihm. Leise hörten sie einen der anderen Spieler zu seinem Kollegen sagen: „Ok, also ich bin dafür, dass wir das Geld durch vier teilen.“
    Tabo hatte gerade den Hinterausgang erreicht und wollte in die Nacht verschwinden, da ergriff ihn Diego im Genick und hielt ihn zurück.
    „Nicht so schnell Jungchen. Wo willst du denn so eilig hin?“
    Er hielt Tabo in Schach, was nicht schwer war, denn er war viel zu ängstlich, als sich zu wehren. Er sagte etwas, das Diego nicht verstand.
    „Stimmt ja, ich versteh kein Wort von dem was du sagst. Elyas!“ brüllte er. „Komm her und übersetz mal was dieser Spion zu sagen hat."
    Gorn und der Held waren schon da und Elyas folgte ihnen auf den Fersen.
    „Meinst du wirklich, dass er ein Spitzel ist?“ fragte Elyas unsicher.
    „Ich habe schon viele Verräter gesehen. Schau ihn dir doch an.“
    Tatsächlich zitterte Tabo, der Schweiß troff ihm vom Gesicht und er blickte scheu umher wie ein in die enge getriebenes Wild. Allerdings musste man dazu kein Verräter sein, es reichte schon zu wissen mit wem man es zu tun hatte.
    „Wo ist Lester?“ fragte Diego und er betonte jedes Wort besonders deutlich, um sicherzugehen, dass Tabo ihn verstand.
    Elyas übersetzte es trotzdem noch mal. Doch Tabo schüttelte den Kopf. Auch ohne Übersetzung war klar, was das bedeutete.
    „Vielleicht müssen wir etwas nachdrücklicher werden“, sagte Gorn und rieb sich die Knöchel.
    Tabos Augen weiteten sich. Er verstand auch ohne Worte was da jetzt auf ihn zukommen würde.
    „Warum sich die Hände schmutzig machen?“ fragte der Held, fischte die Dämonenrune aus seiner Hosentasche und beschwor das Ungetüm.
    Tabo stieß einen Schrei des Entsetzens aus, als die Beschwörung direkt vor ihm erschien. Sofort sprudelte ein Wortschwall aus seinem Mund.
    „Also was sagt er?“ fragte Diego Elyas.
    „Er sagt, dass Miftahs Leute ihn zur Zusammenarbeit gezwungen hätten. Er sollte beim Kampf dabei sein und melden, wenn die Ungeheuer beschworen werden. Mehr sei nicht gewesen.“
    „Verdammt!“ fluchte Gorn.
    Der Held fühlte sich schrecklich. Wenn er die Monsterkämpfe nicht eingeführt hätte, dann hätten sie sich natürlich auch nicht herumsprechen können. Vermutlich wusste die gesamte Unterwelt Berlins davon und damit natürlich auch Miftah und seine Leute. Er überlegte, ob Tyson vielleicht auch mit im Boot hing, aber dann verwarf er den Gedanken sehr schnell. Tyson und Miftah konnten sich, nachdem was er gehört hatte, überhaupt nicht leiden und außerdem wusste Tyson womit er es zu tun bekam, wenn er ihn hinterging. Ähnliches hätte er aber auch von Tabo erwartet.
    „Wo ist Lester?“ fragte Diego ein weiteres Mal.
    Aber wieder Kopfschütteln. Der Held ging jetzt davon aus, dass Tabo es wirklich nicht wusste, deswegen fragte er ihn: „Kennst du Verstecke von Miftah und seinen Leuten?“
    Er zog seine Karte von Berlin hervor und hielt sie Tabo hin, damit er es ihm zeigte. Tabo sah noch einmal zum Dämon, der wie eh und jäh in der Luft hin und vor sich hin schnaufte, dann zeigte er auf ein paar Stellen auf der Karte.
    „Zeichne sie ein!“ befahl Diego.
    Geändert von Eispfötchen (23.09.2021 um 20:04 Uhr)

  3. Beiträge anzeigen #43 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Lester der Drogenkoch

    Lester fand sich in einem kahlen Raum wieder. Er war im Labor von Miftahs Leuten überfallen wurden. Lester hatte sie mit Pyrokinese belegen wollen, aber sie hatten kurzen Prozess gemacht und mit ihren Waffen um sich geballert, um klar zu stellen wer der Chef war. Der Umstand, dass Lester völlig unverletzt war, ließ darauf schließen, dass das die volle Absicht der Entführer war. Sie brauchten ihn wohl noch. Mit einem Sack über dem Kopf hatten sie ihn verschleppt und jetzt hockte er in diesem kahlen Raum. Seine Hände und Füße waren gefesselt und ihm war alles abgenommen wurden, was er bei sich trug. Mit Zauberei würde er sich also nicht befreien können. Lester fiel kein Plan ein, wie er sich selbst wieder aus dieser misslichen Lage befreien könnte. Er fragte sich, warum er nicht mit den anderen zum Kampf gegangen war. Dort hätten ihn diese Leute bestimmt nicht drangekriegt. Und der arme Waldi. Mutig hatte er sich seinen Feinden in den Weg gestellt und war auf sie losgegangen. Noch im Sprung hatten sie ihn erschossen. Immerhin könnte der Held ihn wieder beschwören. Lester hätte jetzt zu gerne etwas Sumpfkraut. Er war sehr nervös und er musste zugeben, dass er große Angst hatte. Immerhin war niemand da, um das zu bemerken. Lester war ein optimistisch denkender Mensch, aber in diesem Fall fiel es ihm wirklich schwer. Er konnte sich denken, dass sie ihn über das Sumpfkraut ausfragen würden. Lester sah auch nicht, warum er es ihnen nicht erzählen sollte, denn es war klar, dass sie ihn wohl foltern würden, wenn er nicht mit der Sprache herausrückte und darauf hatte er nun wirklich keine Lust. Doch andererseits, wenn er ihnen alles erzählt hätte, würden sie ihn wohl umbringen und darauf hatte er noch weniger Lust. Sollte er also doch den Mund halten, um Zeit zu gewinnen? Seine Freunde würden ihn doch bestimmt retten kommen. Doch vielleicht wussten sie ja auch gar nicht wo er sich befand.
    Die Tür ging auf und ein Typ trat ein. Er war etwa so groß und ähnlich gebaut wie Lester, hatte einen Bart und einen dunklen Teint.
    „Da ist ja der Koch“, sagte der Mann und grinste breit. „Du und deine Kumpel habt mit eurem Sumpfkraut die ganze Stadt durcheinandergebracht.“
    Lester war froh, dass dieser Mann immerhin seine Sprache benutzte. Die Typen, die ihn entführt hatten reden unaufhörlich in einer fremden Sprache, was Lester sehr unheimlich fand, weil er so nicht verstehen konnte was sie besprachen.
    „Wir wollten einfach nur das Sumpfkraut verkaufen. Das irgendwas durcheinandergerät daran haben wir gar nicht gedacht“, erklärte Lester.
    „So, so.“
    Der Typ grinste immer noch.
    „Das stimmt vielleicht sogar. Du scheinst mir ein sehr offener Typ zu sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir hier in dieser Stadt Geschäfte machen wollen und wenn ihr uns da reinpfuschst wird es nichts.“
    Der Mann musterte Lester eingehend.
    „Aber so wie es aussieht, werden wir das Geschäftliche bald aufholen können und dafür erwarten wir deine Hilfe.“
    „Und warum sollte ich euch helfen? Immerhin habt ihr mich ja überfallen“, sagte Lester abwehrend.
    Der Mann ging auf ihn zu und setzte sich einige Meter vor ihm auf dem Boden. Eigentlich wirkte er nicht besonders gefährlich. Vielleicht war das so gewollt. Vielleicht sollte er besonders einnehmend auftreten, um sich seine Mitarbeit zu erschleichen.
    „Dein Kumpel, dieser Typ, von dem überall erzählt wird, dass er keinen Namen hätte, der hat viele gute Männer aus meiner Familie getötet und die anderen …“ Er wies hinter sich auf die Tür. „warten nur auf eine Gelegenheit sich zu rächen. Wenn du also nicht helfen willst, super, die freuen sich schon drauf dich so richtig Leiden zu lassen.“
    Er legte den Kopf schräg.
    „Und du sollst auch ein ganz übler Typ sein, hab ich gehört. Der Schwager meines Cousins hat erzählt, dass der Bruder seines Onkels von dir mit schwarzer Magie belegt wurde. Er soll innerlich verbrannt sein.“
    Sein Gefängniswärter sah ihn nachdenklich an.
    „Hm… sieht man dir gar nicht an, dass du so ein übler Bursche sein sollst.“
    „Dir sieht man es auch nicht an“, hielt Lester dagegen. „und trotzdem hältst du mich hier gefangen.“
    Etwas in den Augen seines Gegenübers veränderte sich. Das falsche Lächeln war aus seinem Gesicht verwunden. Es sah ganz so aus, als würde er innerlich mit sich ringen. Lester fand, dass der Typ mal etwas Sumpfkraut gebrauchen könnte, so gestresst wie er aussah.
    „Ich kann deine Sprache gut, außerdem verstehe ich was von Biologie und Chemie. Deswegen wurde ich zu dir geschickt. Jeder in meiner Familie hat eben seinen Teil beizutragen, aber ich bin kein Mörder so wie du.“
    Eine Zeit lang saßen sie einfach nur stumm da und sahen den jeweils anderen misstrauisch an.
    „Was ist nun? Erzählst du uns was über dieses Sumpfkraut, oder muss meine Familie dir deine Zunge lockern?“
    Lester blickte unschlüssig drein und als er nach mehreren Minuten immer noch keine Antwort gegeben hatte, rief sein Kerkermeister etwas laut in einer anderen Sprache. Sofort ging die Tür auf und ein anderer Mann steckte feist grinsend den Kopf zur Tür herein.
    „Nein, ist in Ordnung, ich erzähle dir alles über das Sumpfkraut“, sagte Lester schnell.
    „Na bitte, das war doch gar nicht so schwer, oder?“
    Sein neuer Bekannter nickte dem Kerl an der Tür zu, woraufhin der sich enttäuscht wieder zurückzog.
    „Oh, jetzt hast du ihm den Tag verdorben.“
    Der Mann lächelte schief und zückte ein in Leder eingebundenes Buch sowie einen Stift und legte es auf seine Knie.
    „Dann leg mal los, was muss ich über das Sumpfkraut wissen?“
    „Was willst du denn wissen?“ fragte Lester und er versuchte Zeit zu schinden.
    „Einfach alles, wo es wächst, wie man es züchtet und erntet und natürlich, wie man daraus Stengel dreht.“
    Lester legte los. Er bemühte sich es möglichst umfangreich zu erklären, damit es länger dauerte und er seinen Tod so noch etwas aufschieben konnte. Er war gerade bei der Ernte des Sumpfkrauts angekommen, da rummste es laut und eine heftige Erschütterung ging durch den Fußboden. Erschrocken fuhren sie zusammen. Was könnte das sein? Was war da unten los? Ein markerschütterndes Brüllen drang von unten herauf, das Miftahs Familienangehörigen die Angst ins Gesicht trieb. Lester ahnte, dass es ein Dämon war, den der Held herbeigerufen hatte und seine Rettung nahe war. Das änderte aber nichts daran, dass er nervös war. Was würde sein Gegenüber jetzt tun? Vielleicht würde er ihn umbringen, oder ihm eine Waffe an den Kopf halten, damit er eine Chance bekam noch davon zu kommen. Doch es kam anders. Er tat gar nichts. Er saß einfach nur da und brachte keinen Ton mehr hervor. Lester hätte ihm gerne einen Sumpfkrautstengel angeboten. Er tat ihm trotz allem leid. Vielleicht konnte er ja gar nichts dafür, dass seine Familie ihn hier reingezogen hatte. Von unten waren schrille Schrei, laute Rufe und das durchdringende Geräusch von betätigten Schusswaffen zu hören. Alle schrien durcheinander. Es rummste noch mehrmals und immer mal wieder erzitterte der Boden. Dann wurde es beängstigend ruhig, bis sie Schritte hörten, die sich dem Raum näherten. Die Tür flog auf und der Held stand im Türrahmen. Er trug wieder die schwere Drachenjägerrüstung. Blut am linken Arm verriet, dass er verletzt war. Den Helden schien das nicht zu kümmern. Selbst Lester bekam etwas Angst, wie sein Freund so dastand. Es lag nicht nur an der blutbesudelten Klaue Beliars, die er in der Hand hielt. Es war vor allem diese ungewohnte Aura von Hass, Aggression und Feindseligkeit, die er ausstrahlte. Sein Gesichtsausdruck war grimmig und es sah so aus, als hätte sich ein Schatten über seine Augen gelegt. Lesters Gefängniswärter sprang erschrocken auf und hob eilig die Hände zum Zeichen das er unbewaffnet war.
    „Ich bin keine Gefahr ehrlich nicht“, sagte er mit viel zu hoher sich fast überschlagender Stimme. "Dein Freund kann gehen, tu mir bitte nichts."
    Der Held sah ihn finster an und purer Hass ging von ihm aus. Er ging entschlossen und ohne Worte auf seinen Gegner zu, der immer weiter mit erhobenen Hände zurückwich, bis er mit dem Rücken an die Wand stieß.
    „Bitte töte mich nicht, ich bin doch gar keine Gefahr, ich wollte das alles gar nicht, es war meine Familie, die hat mich dazu gebracht mitzumachen, bitte, du siehst mich auch nie wieder“, bettelte er verzweifelt um sein Leben.
    „Hör mal. Er hat mir nichts getan und er ist keine Gefahr. Du brauchst ihn nicht zu töten“, sagte Lester, der selbst etwas erschrocken war.
    Der Held achtete gar nicht auf seine Worte, sah ihn nicht mal an und irgendwie beunruhigte das Lester. Was war mit seinem Freund nur los? Lag es an der Klaue Beliars? Hatte sie ihn so verändert? Der Held packte seinen wehrlosen Gegner an der Schulter, drückte ihn fest gegen die Wand, hob die Klaue Beliars und stieß sie ihm in den Leib. Zuerst schrie der Mann, dann ging der Schrei in ein Röcheln über, das von seinem eigenen Blut erstickt wurde, welches ihm nun aus dem Mund quoll. Hasserfüllt sah der Held ihm in die Augen aus denen das Leben schwand, dann ließ er ihn los und zog die Klinge heraus. Der tote Körper fiel zu Boden und das Blut tränkte den Boden. Der Held steckte die Waffe weg und drehte sich zu Lester um. Es war, als würde all der Hass und die Aggression von ihm abfallen.
    „Lester, alles in Ordnung bei dir?“ fragte er in seinem üblichen Plauderton.
    „Ja“, sagte Lester und er versuchte das Zittern aus seiner Stimme zu vertreiben.
    Er war erschüttert, über diese Kälte, die bis eben von seinem Freund ausgegangen war. Es wäre ja nicht so, als hätte er noch nie gesehen wie jemand getötet wurde. Es ging mehr um die Art und Weise wie sein Freund es getan hatte. Der schnitt ihm jetzt die Fesseln durch und klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter.
    „Jetzt hast du es überstanden. Die werden uns keinen Ärger mehr machen.“
    „Wie meinst du das?“ fragte Lester tonlos.
    „Na hör mal, ich hab zwei weitere Häuser durchsucht bis ich dich in dem hier gefunden habe“, sagte der Held ganz nebenbei. "Sieh mal was ich gefunden habe."
    Der Held drückte Lester seine Runen in die Hand, dann ging voran aus dem Zimmer und Lester folgte ihm mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Die Treppe, die sie herabstiegen war halb zerstört, so wie das Haus an sich. Linker Hand fehlte ein großes Stück von der Wand und der Decke. Dort stand ein Dämon, der sich den Platz verschafft hatte, den er brauchte. Er sah dem Exemplar aus Gotha ähnlich, hatte kräftige Beine und Arme, sowie Flügel und war vollständig Schwarz. Die Hörner auf dem Kopf ließen ihn sehr bedrohlich aussehen, die Augen waren wie Schlünde in die Abgründe der Finsternis. Das Flammenschwert ließ er gerade wieder auf eine Gruppe dicht zusammengedrängter, jammernder Frauen niederfahren und einen übel zugerichteten Körper hämmerte er immer wieder gegen die Wand, die langsam zerbröckelte. Die Leiche seines Opfers war nur noch eine blutige Masse. Vielleicht hatte er nicht gemerkt, dass seine Beute längst tot war, oder es war ihm egal. Übelkeit stieg in Lester auf. Auf dem Boden lagen überall aufgeschlitzte tote Körper und es waren nicht nur bewaffnete Männer. Der Held hatte offenbar keinen Unterschied gemacht wer sich ihm hier in den Weg stellte. Es waren genauso Männer ohne Waffen darunter, sowie ein paar Frauen. Dort hinten wo der Dämon stand, konnte er auch kleine tote Körper sehen. Er hoffte inständig, dass der Dämon dafür verantwortlich war. Plötzlich wünschte Lester sein Freund wäre nie hierhergekommen, um ihn zu retten.
    „He, ist wirklich alles in Ordnung?“ fragte sein Freund besorgt.
    Lester wagte kaum ihn anzusehen. Er fühlte sich schrecklich. Es war allein schon, wie der Held diese Frage stellen konnte angesichts dieses Chaos.
    „Ich … ich …“ sagte Lester mit erstickter Stimme.
    Der Held folgte seinem Blick.
    „Ja, sieht übel aus, oder? Schätze hab wohl die Nerven verloren und es ist ein bisschen mit mir durchgegangen. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie angepisst ich war, als ich hörte, sie hätten dich entführt.“
    Mehr wollte er wohl angesichts seiner Taten nicht sagen. Lester atmete angestrengt durch, doch es war nicht befreiend. Der Geruch nach Blut und Tod drang in seine Lungen ein wie Gift. Er wollte nur noch hier raus, aber weil er nicht wollte, dass ihnen der Dämon folgte, um noch mehr Zerstörung zu verursachen, fragte er den Helden: „Aber den nehmen wir doch nicht mit, oder?“
    „Nein, du hast Recht, warte einen Moment, das haben wir gleich.“
    Der Held stiefelte los und seine Schuhe saugten sich mit dem Blut seiner Opfer voll. Einmal wäre er beinahe auf einer Blutlache ausgerutscht, doch er konnte sich noch fangen. Als er vor dem Dämon stand, der ihm erwartungsvoll entgegensah, sein Opfer noch immer in der Pranke, zog er erneut Beliars Klaue und hieb auf ihn ein. Der Dämon brüllte laut, durfte sich aber nicht wehren. Er musste es akzeptieren, gemeuchelt zu werden. Mit einem Brüllen brach er zusammen und begrub zahlreiche ermordete Menschen unter sich.
    „Gehen wir“, sagte der Held und ging voraus in die milde Nachtluft.
    Lester folgte ihm eilig. Er wollte keine Sekunde länger hierbleiben.
    Geändert von Eispfötchen (23.09.2021 um 20:05 Uhr)

  4. Beiträge anzeigen #44 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Unter Verdacht

    Milten befand sich gerade wieder im Krankenhaus, als er unangenehmen Besuch erhielt. Es waren die beiden Polizisten Klein und Nagel und dieses Mal sah es nicht so aus, als würden sie ihn einfach so gehen lassen. Sie führten ihn in einen Besprechungsraum und schlossen die Tür hinter sich. Milten wusste, dass er sich dem nicht einfach so entziehen konnte. Vielleicht wurde es ja auch gar nicht so schlimm wie er befürchtete.
    „Herr Feuermagier“, fing Herr Nagel an und seine Stimme war auf eine unerträgliche Art freundlich, dass es Milten schlecht wurde. „Ich wusste doch, dass sie uns nicht alles erzählen. Sie hätten ruhig sagen können, dass zwei ihrer Freunde Drogendealer sind.“
    „Was meinen Sie?“ versuchte sich Milten dumm zu stellen.
    „Ach komm, jetzt spielen Sie hier nicht den Ahnungslosen.“
    Herr Nagel zog sein Smartphone hervor und zeigte ein Bild.
    „Das wurde mir gestern Mittag zugeschickt. Und sehen Sie mal, da sind sie zusammen mit ihren Freunden. Und was für ein Zufall das doch ist, wer da alles zusammenkommt. Da ist ja Gorn, der mal einen meiner Männer zusammgeschlagen hat, sicher, Sie haben sich für ihn eingesetzt, deswegen ist ja klar, dass er ihr Freund ist, aber dann ist da auch noch dieser komische Typ, der mitten in Gorns Vernehmung geplatzt ist und mich bestechen wollte. Der verkauft Sumpfkraut. Da auch der andere Dealer, bei dem wir rausfinden konnten, dass er Lester heißt und hier … den kennen wir noch nicht, aber so wie ich ihren Freundeskreis einschätze, wird der auch irgendwas auf dem Kerbholz haben.“
    Er sah Milten finster an.
    „Ganz schön üble Halunken mit denen Sie sich da abgeben.“
    Das ließ er so im Raum hängen, vielleicht wettete er darauf, dass sich der Feuermagier irgendwie verteidigen würde, aber das tat er nicht, was ihn schon überraschte. Milten versuchte angestrengt einen Ausweg aus diesem Schlamassel zu finden. Er konnte nicht bestreiten, dass seine Freunde Verbrecher waren, niemand würde ihm abkaufen, dass sie weiße Westen hatten. Doch sie zu verraten war natürlich keine Option. Vielleicht sollte er einfach nichts sagen.
    „Na, so schweigsam heute?“ fragte Herr Klein ungehalten. „Wie kommt es denn, dass ein Feuermagier, der hier im Krankenhaus versucht anderen Leuten zu helfen, sich mit so einem Pack zusammentut?“
    Milten biss die Zähne zusammen, um nicht etwas zu sagen was er später bereuen würde. Er versuchte ruhig zu bleiben. Natürlich versuchten sie ihn zu reizen, damit er etwas Unvorsichtiges tat und ihm etwas herausrutschte, aber diese Genugtuung würde er ihnen nicht geben.
    „Hören Sie“, setzte Herr Nagel wieder an. „Wenn Sie uns nichts sagen und ihre Hilfe verweigern, dann machen Sie sich mitschuldig. Sie wollen doch nicht ins Gefängnis gehen, nur, weil ihre Freunde das Gesetz mit Füßen treten, oder?“
    Milten blieb hartnäckig. Er sagte gar nichts.
    „Schön“, sagte Herr Nagel genervt. „Ich habe versucht es Ihnen leicht zu machen, weil Sie offenbar wirklich vorhaben den Leuten hier zu helfen, aber jetzt komme ich nicht mehr drumherum. Jetzt muss ich Sie zur offiziellen Befragung zur Wache mitnehmen. Wenn Sie mir bitte folgen würden?“
    Er ging voran, Milten wurde in die Mitte genommen und Herr Klein übernahm die Nachhut. Milten kam sich schon jetzt wie ein Verbrecher vor. Er ließ die Schultern hängen und fragte sich wie er hier nur wieder raus kommen sollte.
    „Milten, schnell, wir brauchen deine Hilfe“, kam ein Ruf von links.
    Es war Saskia, die den Gang entlangrannte und aufmerksamkeitsheischend mit den Armen ruderte.
    „Was ist denn los?“ fragte Milten.
    Er wollte anhalten, aber der Polizist hinter ihm gab ihm einen leichten Stoß, damit er weiterging.
    „Notfall, Herzversagen, jetzt komm schon mit!“
    „Er geht nirgendwohin“, schnarrte Herr Nagel. „Wir müssen ihn zu einem Sachverhalt befragen.“
    Saskia sah zuerst völlig eingeschüchtert aus, aber dann reckte sie den Kopf und sagte mit für sie ungewöhnlich selbstbewusster Stimme: „Wenn Sie nicht den Tod eines Menschen auf dem Gewissen haben wollen, dann lassen Sie ihn kurz mit mir mitgehen.“
    Herr Nagel schnaubte.
    „Na schön, aber wir kommen mit.“
    Jetzt eilten Saskia und Milten voran und die Polizisten mussten sich beeilen um Schritt zu halten. Der Feuermagier und die Krankenschwester waren zuerst im Patientenzimmer und Milten rief ihr zu: „Schnell schließ die Tür!“
    „Was? Warum?“ fragte Saskia verwirrt.
    „Mach einfach!“ drängte Milten.
    Sie tat was er verlangte und als die Polizisten die Tür aufstießen und sie zornfunkelnd ansahen, sagte sie: „Tut mir leid, aber hier dürfen Sie nicht rein. Es geht um das Patientenwohl. Er darf sich im Moment nicht aufregen. Milten ist ja gleich wieder bei ihnen“, und damit schlug sie ihnen die Tür vor der Nase zu.
    Der Feuermagier hatte bereits den Heilzauber gesprochen und die kritische Lage des Patienten stabilisierte sich. Er ging sicher, dass es dem Mann gut ging und zog dann eine Teleporterrune hervor.
    „Was machst du?“ fragte Saskia und sah ihn mit großen Augen an.
    Milten legte den Finger an den Mund, um ihr zu bedeuten still zu sein.
    „Bestell Astrid meine Grüße“, sagte er leise und wirkte den Zauber.
    Er wusste, dass er wohl nie mehr ins Krankenhaus zurückkehren könnte.
    Er rematerialiserte sich im Versteck. Dieses Mal schwebte kein Dämon im Treppenhaus. Er hörte Stimmen von oben und folgte ihnen. Seine Freunde saßen oben in dem Raum wo das großes Bett und das hässliche grüne Sofa stand. Diego, Lester und Gorn saßen auf diesem Sofa und unterhielten sich. Nur der Held war nicht dabei.
    „Wir haben ein Problem“, sagte Milten und lief zu ihnen.
    „Ach?“ fragte Gorn in einem merkwürdig abgeklärten Tonfall, der Milten irritierte.
    „Die Polizei ist uns dicht auf den Fersen. Du hattest Recht Diego, die Frau, die wir beim Imbis gesehen haben war wirklich von der Polizei. Die haben mir im Krankenhaus ganz schön unangenehme Fragen gestellt. Wenn ich nicht mittels Teleport entwischt wäre, hätten sie mich auf ihre Wache gebracht.“
    „Auch das noch“, kam es von Diego.
    „Was? Was ist denn?“ fragte Milten, der das starke Gefühl hatte, irgendwas verpasst zu haben.
    „Lester ist entführt worden“, klärte Gorn ihn auf.
    „WAS?“ fragte der Feuermagier erschrocken und sein Blick huschte zu Lester, der ungewöhnlich blass um die Nasenspitze war.
    „Ja,“ bekräftigte Gorn noch einmal. „Dieser Tabo hat uns verraten und Miftahs Leuten gesteckt wann es praktisch wäre hier aufzukreuzen und ihn einzukassieren.“
    „Und wie … wie bist du da wieder rausgekommen?“ fragte Milten aufgeregt.
    Er fand es unglaublich, dass er davon gar nichts mitbekommen hatte.
    „Was wohl, unser Kumpel hat ihn da rausgehauen, aber Lester will nicht erzählen was genau passiert ist.“
    „Das wollt ihr auch gar nicht wissen“, sagte Lester, dessen Stimme ungewohnt ernst klang.
    „Doch, wollen wir schon, mach es doch nicht so spannend“, sagte Gorn, der wohl gar nicht merkte, wie es Lester ging.
    Milten warf Gorn einen Blick zu, der sagte, dass er aufhören sollte, Lester zu drängen. Wenn Lester sich so untypisch verhielt, dann musste etwas wirklich Schlimmes geschehen sein. Der Feuermagier setzte sich zwischen Lester und Diego, der etwas beiseite rutschte, um seinem Kumpel Platz zu verschaffen. Er musterte Lester und wartete darauf, dass er etwas sagte. Der Umstand, dass sein Freund so still war, beunruhigte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte.
    „Guck nicht so, ich hab keine Lust darüber zu reden“, druckste Lester herum.
    „Aber irgendwas muss doch passiert sein“, kam es von Gorn und er hob kurz die Hände, nur um sie dann auf seine Oberschenkel klatschen zu lassen.
    Lester ließ seinen Kommentar an sich abprallen und sah Milten eindringlich an.
    „Wir müssen ihm die Klaue abnehmen“, flüsterte er.
    Milten runzelte die Stirn. Das kam unerwartet. Sie hatten schon darüber gesprochen, aber hatten sie im Moment nicht andere Probleme?
    „Was hat er denn gemacht?“ fragte Diego neugierig.
    „Na was wohl. Lester befreit und bestimmt im Alleingang alle Feinde getötet“, sagte Gorn, der da offenbar überhaupt kein Problem sah.
    Lesters Gesicht wirkte verkniffen.
    „Ja, er hat sie getötet, sie alle. Egal wer sich ihm in den Weg gestellt hat, er hat sie alle getötet.“
    Gorn hatte offenbar immer noch nicht begriffen was Lesters Problem war, aber Diego hob eine Augenbraue. Er konnte es sich wohl vorstellen. Damals in Ishtar hatte er ja auch keine halben Sachen gemacht. Milten sah Lester beunruhigt an.
    „Wir müssen ihm dieses Schwert abnehmen, versprich mir das“, sagte Lester drängend.
    Ihn so verzweifelt und durcheinander zu sehen war verstörend.
    „Ja, ich versprechs. Wir müssen uns aber was einfallen lassen. Einfach so wird er es ja nicht hergeben“, sagte Milten und dachte angestrengt nach.
    „Hauptsache du bist wieder da. Ich hab mir echt Sorgen gemacht, sie würden dir was antun“, versuchte Gorn diese furchtbare Stimmung zu überwinden.
    Diego sagte gar nichts. Vielleicht dachte er sich seinen eigenen Teil, wollte ihn aber nicht aussprechen. Eine unangenehme Stille trat ein. Erst als es auf der Treppe polterte und schließlich der Held ins Zimmer trat wurde sie durchbrochen.
    „He Leute,“ der Held hielt mitten in der Bewegung inne. „Was ist denn los? Was ist passiert? Ihr sitzt da, als wäre jemand gestorben.“
    Lester warf Milten einen flehenden Blick zu. Er wollte wohl nicht, dass der Feuermagier seine Befreiung ansprach.
    „Wir … ähm… die Polizei ist hinter uns her“, nahm Milten diesen Faden wieder auf. „Eben wurde ich von zwei Polizisten im Krankenhaus befragt. Wir wurden gesehen wie wir zusammen im Imbiss gegessen haben. Sie haben viele unangenehme Fragen gestellt, aber ich hab nichts dazu gesagt.“
    „Sehr gut“, freute sich der Held.
    „Was haben die denn gemeint?“ wollte Gorn wissen.
    „Sie wollten zum Beispiel wissen, warum ich einen Haufen Verbrecher als Freunde habe.“
    Gorn gluckste.
    „Ach ja, immer das gleiche, sofort ist man ein Verbrecher, nur weil man jemandem einen Satz warmer Ohren verpasst.“
    „Ja, genau, daran hatte sich der Polizist sofort erinnert“, sagte Milten und tatsächlich stahl sich ein schmales Lächeln auf sein Gesicht. „Lester ist der Drogendealer, genauso wie du“, er zeigte auf den Helden. „Außerdem bist du noch wegen Bestechungsversuch aufgefallen.“
    „Na sowas,“ sagte der Held leichthin und musste grinsen.
    „Nur mit Diego konnten sie nichts anfangen. Über ihn wussten sie gar nichts zu sagen.“
    Wie zum Sieg stieß Diego seine rechte Faust empor.
    „Tja, ich bin eben am besten. Ihr könnt eure Verbrechen einfach nicht vertuschen.“
    „Freu dich nicht zu früh“, mischte sich Milten ein, um ihn etwas zu sticheln. „Der meinte, bei dem Freundeskreis, den ich habe, müsstest du auch irgendwelchen Dreck am Stecken haben. Die forschen jetzt bestimmt nach.“
    Diego knurrte. Die anderen lachten. Selbst Lester wirkte jetzt nicht mehr ganz so bedrückt. Die schlechte Stimmung war wie weggeweht.
    „Hört mal, ich hab gerade eine Nachricht von Anette bekommen. Sie hat herausgefunden wo Xardas wohnt. Wenn ihr wollt können wir uns sofort auf den Weg machen. Wenn wir Glück haben, geht es für uns bald nach Hause.“
    „So eine gute Nachricht habe ich lange nicht mehr gehört“, sagte Gorn.
    Auch Lester, Milten und Diego freuten sich und aufgeregt brachen sie auf. Vielleicht konnten sie alle Probleme dieser Welt bald hinter sich lassen.
    Geändert von Eispfötchen (23.09.2021 um 20:05 Uhr)

  5. Beiträge anzeigen #45 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Xardas Turm

    Der Held verglich die Adresse mit der, welche ihm Annette per Kurznachricht geschickt hatte. Sie standen vor einem großen Hochhaus, das aussah wie …
    „Ein Turm… natürlich musste es ein Turm sein“, sagte der Held schmunzelnd.
    „Naja, immerhin musste er ihn diesmal nicht erschaffen“, gab Lester seinen Senf dazu.
    Milten war bereits vorgelaufen und suchte am Klingelknopf nach dem Namen Xardas.
    „Ich kann ihn nicht finden“, erklärte er unsicher.
    „Lass mal sehen“, der Held ging zu ihm und sah sich die Namensschilder an.
    „Hier das ist leer, probieren wir es doch mal da. Marius hat mir gesagt wie man es machen muss. Er wollte wohl nicht mehr, dass ich klopfe.“
    Der Held betätigte einen Knopf. Das hieß er ließ seinen Finger einfach für ein paar Minuten drauf. Aus einigen Löchern in der Wand drang eine genervte Stimme, die unverkennbar Xardas gehörte: „Kommt rein und hört mit diesem Lärm auf!“
    Die Freunde sahen sich an und fragten sich, ob Xardas gut auf sie zu sprechen sein würde. Dem Helden plagten solche Sorgen offenbar nicht. Er öffnete die Tür und ging voran die Treppe hinauf.
    „Wir könnten auch den Aufzug nehmen“, schlug Milten vor.
    „Den was?“ fragte der Held, der schon zwei Absätze weiter war.
    „Ach nichts“, kam es von Milten, der sich jetzt bemühte hinter den anderen Schritt zu halten.
    Schier endlos ging es die Treppe hinauf, bis der Held endlich stehen blieb und an einer bestimmten Tür klopfte. Er sah immer noch so aus, als hätte es ihn überhaupt keine Anstrengung gekostet hier hochzusteigen. Es dauerte einen Moment, dann wurde die Tür geöffnet und es stand niemand anderes vor ihnen als … Xardas. Allerdings sah er nicht so aus wie sonst. Statt seiner Dämonenbeschwörerrobe trug er jetzt einen schwarzen Anzug. Man könnte ihn für einen ganz normalen alten Mann halten, wären da nicht die unnormal weißen Augen.
    „Da bist du ja endlich, ich hab mich schon gefragt, wann du dich blicken lässt“, begrüßte der Magier den Helden.
    Der Held wunderte sich nicht weiter über diese Ansprache, offenbar war er es gewohnt. Seine Freunde warfen sich aber entgeisterte Blicke zu, denn immerhin hatte es ja so lange gedauert Xardas zu finden. Xardas hatte sich währenddessen umgedreht und war weiter in sein Apartment hineingegangen. Der Held folgte und nach einem kurzen Zögern auch seine Freunde. Die Wohnung war recht groß. Hier hatte Xardas mehr Platz als in einem seiner Türme und es war viel bequemer. Gediegene Sessel und Sofas standen um ein Tischchen herum, kunstvolle Bilder in schweren Rahmen hingen an den weißen Wänden und schweres, kostbar aussehendes Mobiliar aus echtem Holz zierte den Raum. Auch der Boden schien aus Holz zu bestehen. Der Blick aus den Fenstern war atemberaubend. Es sah aus, als ob die ganze Stadt diesem Turm zu Füßen lag.
    „Setzt euch doch“, forderte Xardas sie auf Platz zu nehmen.
    Der Held ließ sich in einen Sessel plumpsen, als wäre das sein angestammter Platz, während sich die anderen etwas nervös auf die Sofas verteilten. Xardas, der ebenfalls in einem Sessel saß wiederholte noch einmal: „Ich habe mich schon gefragt, wann ihr hier auftauchen würdet.“
    „Du wusstest also, dass wir hier sind?“ fragte der Held interessiert.
    „Selbstverständlich. Es gab eine Fülle von Nachrichten über euch. Wenn man weiß wonach man Ausschau halten muss, ist es geradezu lächerlich einfach herauszufinden was ihr gerade treibt. Es war … amüsant“, sagte er nach kurzem Zögern.
    Plötzlich kam ein Skelett zu ihrem Platz getreten. Es trug eine Fliege am knochigen Hals und in den Händen hielt es ein Tablet mit einer Weinflasche und sechs Gläsern. Xardas und der Held beachteten es nicht weiter, doch Gorn, Diego, Milten und Lester bedachten es mit skeptischen Blicken, während es die Gläser auf den Tisch stellte, den Wein entkorkte und die Gläser füllte.
    „Warum hast du dich denn nie gemeldet?“ wollte der Held wissen.
    „Du weißt doch, dass das nicht meine Art ist“, erklärte Xardas.
    „Hm…“ kam es nur vom Helden, was wohl so viel heißen sollte wie: stimmt.
    Xardas hatte ihn nur einmal wissen lassen, dass er ihn sprechen wollte, indem er Lester zu ihm geschickt hatte, sonst war er wohl immer davon ausgegangen, dass er zu ihm kommen würde, wenn etwas anlag.
    „Warum bist du eigentlich hier?“ fragte der Held und eine Spur Verwunderung lag in seiner Stimme.
    Xardas runzelte die Stirn.
    „Du warst es doch, der mich gefragt hat, ob ich mein restliches Leben abgeschieden im unentdeckten Land verbringen will“, sagte Xardas fast schon etwas empört und vorwurfsvoll. „Außerdem lässt sich nicht leugnen, dass ich mittlerweile ein alter Mann bin und so ein feuchter, muffiger Turm ist nicht die angenehmste Unterkunft. Diese Welt bietet erstaunlich viel Komfort und ich finde auf meine alten Tage habe ich das durchaus verdient.“
    „Und du verdienst dein Geld damit Kindergeschichten zu erzählen?“
    Der Held feixte.
    „Unter anderem. Es sind auch einige sehr ernsthafte Themen darunter. Außerdem gibt es einige Werbespots, denen ich meine Stimme leihe.“
    „Finden das die Leute nicht etwas seltsam?“ fragte Lester verwundert.
    „Nein, ganz und gar nicht. Es ist alles eine Frage der Anpassung. Für die Menschen hier bin ich einfach nur ein alter Mann, der sich ein Zubrot verdienen möchte.“
    „Wie bist du hierhergekommen?“ fragte der Held neugierig.
    Xardas antwortete nicht sofort. Er schüttelte das Kissen hinter seinem Rücken auf und machte es sich in dem gemütlichen Sessel so richtig bequem.
    „Nun, ich habe eine interessante Verbindung zwischen unserer Welt und dieser gefunden und wollte das erforschen. Mit einem Teleport kam ich dann hierher.“
    „Warst du auch im Schläfertempel?“ fragte Lester freiheraus.
    Xardas runzelte die Stirn.
    "Nein, ich war in Ishtar. Auch wenn viele Leute es nicht wissen, aber Ishtar ist aus gutem Grund nicht offen für jeden. Es ist ein heiliger Ort Beliars. Das Tor ist mit alter Magie durchtränkt, die nur von jenen erkannt werden kann, die erfahren genug sind, sie zu sehen. Hier in dieser Welt gibt es ein ähnliches Ishtar-Tor, auch wenn es etwas anders aussieht und ein c hat. Es ist das Gegenstück und dort bin ich auch erschienen.“
    „Aber wieso sind wir dann hier? Wir waren gar nicht beim Tor von Ishtar“, fragte der Held.
    „Das Portal, aus dem der Schläfer kam, ist sehr mächtig und führt direkt in Beliars Sphäre. Zwischen den beiden Is(c)htar Toren besteht eine Verbindung, doch es sieht ganz so aus, als hättet ihr eine Abkürzung gefunden. Es war recht leichtsinnig gleich neben dem Schläferportal einen Teleport zu versuchen.“
    Milten errötete.
    „Die Höhle war eingestürzt“, rechtfertigte sich Milten.
    „So? Na, das ist ja kein Wunder, nachdem sie sich derart destabilisiert hat.“
    Betretenes Schweigen breitete sich aus. Natürlich war ihnen klar, dass es sehr leichtsinnig gewesen war in den Schläfertempel zu gehen.
    „Kannst du uns zurück nach Myrtana bringen?“ erhob jetzt Diego die Stimme.
    „Sicher“, kam es sofort von Xardas „doch warum sollte ich das tun?“
    Die anderen sahen ihn ungläubig an.
    „Wie meinst du das?“ fragte Gorn. „Willst du uns nicht zurückschicken?“
    „Wenn ihr zurückkehrt, dann seid ihr doch drauf und dran ihn zum König zu machen“, bemerkte Xardas und zeigte auf den Helden. „Und das bringt das Kräftegleichgewicht völlig durcheinander. Alles wofür ich all die Jahre gearbeitet habe, wäre dann dahin.“
    Gorn stieg die Zornesröte ins Gesicht und er brauste auf: „Nun mach aber mal halblang. Wir anderen haben jahrelang dafür gearbeitet, damit Myrtana für Menschen endlich wieder sicher ist und so ganz ist das Ziel ja immer noch nicht erreicht. Wir können froh sein, wenn überhaupt noch jemand da ist, wenn wir zurückkommen. Ich finde die Menschen von Myrtana haben schon genug gelitten und sie brauchen eine Chance wieder auf die Beine zu kommen und die haben sie bestimmt nur mit ihm als König.“
    Der Held rutschte im Sessel hinunter. Jetzt ging das wieder los. Hatte er nicht alles getan, um seine „Kein-König-Kampagne“ zu rechtfertigen? Diego hatte währenddessen die Augen geschlossen und hoffte wohl einfach, dass er immer noch er selbst war, wenn er sie wieder öffnete und Xardas sie wegen Gorns Wutausbruch aus Rachsucht nicht in irgendetwas Scheußliches verwandelt hatte.
    „Nun, das mag für dich so aussehen,“, erklärte Xardas vollkommen ruhig „aber es gibt auch kaum noch Kräfte Beliars in Myrtana.“
    „Und was ist mit den Assassinen?“ fragte Milten.
    „Die Assassinen sind ebenfalls stark geschwächt und gehen sich aus Uneinigkeit gegenseitig an die Gurgel. Für einen großen Feldzug gegen ihre Nachbarn fehlt ihnen die Einigkeit.“
    „Du nimmst es also einfach so hin, dass die Menschen in Myrtana sterben?“ fragte Milten ungehalten. „Wir wissen doch gar nicht genau, ob das Gleichgewicht der Kräfte wirklich gestört werden würde.“
    „Es ist aber anzunehmen.“
    Es klang endgültig.
    „Ich habe nicht vor König zu werden. Wir wollen einfach nur zurück“, erklärte der Held entschlossen.
    „Hm…“ machte Xardas und stützte sein Kinn nachdenklich auf seine Hand. „Tatsächlich wäre hier bleiben auch keine wirkliche Option. Ihr habt hier alles durcheinandergebracht und wenn ihr noch länger bleibt, befürchte ich schwere Folgen.“
    Er ließ das einen Moment so im Raum stehen, bis er sagte: „Schön, dann werde ich euch zurückbringen.“
    Einen Moment sahen ihn die Anderen nur ungläubig an. Sie konnten gar nicht fassen, dass sie jetzt doch noch nach Hause kamen. Ein Aufatmen ging durch den Raum.
    "Kommen wir dann in Varant raus?" fragte Milten.
    Er war erleichtert bei der Vorstellung nach Myrtana zurückzukehren, aber Varant war nicht sein Bevorzugtes Reiseziel.
    Xardas sagte aber: "Da ihr vom Schläfertempel hierhergekommen seid, müsst ihr auch wieder dahin zurückkehren."
    "Aber dann hat sich unsere Situation doch nicht verändert", protestierte Gorn. "Der Ausgang ist doch trotzdem noch eingestürzt."
    "Ich werde euch die Aufzeichnungen hinterlassen, mit denen ein Teleport aus oder in den Schläfertempel möglich ist."
    "Meinst du, du kriegst das hin?" fragte Gorn an Milten gewandt.
    Sein Freund warf ihm einen verletzten, aber auch wütenden Blick zu und sagte: "Das will ich doch hoffen."
    „Ich werde die nötigen Vorbereitungen treffen“, sagte Xardas stand auf und verließ das Zimmer in einen Nebenraum.
    „Dann … dann war es das einfach?“ fragte Diego. „Wir verschwinden?“
    „Was ist mit meinem Sumpfkraut?“ fragte Lester erschrocken.
    Die anderen verdrehten die Augen. Da kamen sie endlich nach Hause und er dachte nur an sein Sumpfkraut.
    „Keine Sorge, Kumpel, ich hab noch jede Menge davon in meiner Hosentasche. Das ist bestimmt so viel, dass du noch Jahre was zu rauchen hast.“
    Lester atmete erleichtert auf. Der Held kramte sein Handy heraus und sagte: „Aber ich denke, es wäre gut Elyas und Annette mitzuteilen, dass wir uns verdrücken.“
    Er wählte Elyas Nummer und rief an.
    „Ja, ich bins. Die Jungs und ich, wir verschwinden von hier. Wird langsam zu dicke Luft hier. Nein, ich weiß nicht, wie du alleine mit dem Sumpfkraut zu Rande kommen sollst. Du wirst schon eine Möglichkeit finden, immerhin warst du lang genug dabei. Ach, jetzt, tu nicht so, du hast doch bestimmt genug Geld, um dich die nächsten Jahre über Wasser zu halten.“
    Während der Held noch telefonierte suchte Milten Stift und Papier zusammen, um einen Brief an Günther und Astrid zu schreiben, in dem er sein Fortgehen erklären wollte. Er fand, dass sie einen ordentlichen Abschied verdient hätten, doch dafür war bestimmt keine Zeit. Als er ihn fertig geschrieben hatte, trat er vorsichtig an Xardas heran, der gerade in einem großen Buch las.
    „Was gibt es denn Milten?“ fragte der alte Magier, ohne dabei von seinem Buch aufzusehen.
    „Könntest du diesen Brief an einige Freunde senden? Die Adresse habe ich auf dem Umschlag notiert.“
    Xardas sah ihn jetzt doch an und nahm den ihm entgegengehaltenen Brief an.
    „Wissen diese Leute von Magie?“
    „Ja, ich habe im Krankenhaus Verletzte und Kranke geheilt und sie waren mit dabei.“
    „Davon habe ich gelesen. Sie werden ihn erhalten“, erklärte Xardas knapp und widmete sich dann wieder seinem Buch, was ein klares Zeichen war, dass er nun nicht weiter gestört werden wollte.
    Sie verbrachten den Rest des Tages bei dem alten Magier und in der Nacht stiegen sie in das Pergamon Museum ein, indem sich laut Xardas, das Ischtar-Tor befand. Der Einbruch war gar nicht so schwer wie gedacht. Der Held hatte Marius damit beauftragt die Computer zu hacken und die technische Überwachung so auszutricksen. Diego übernahm die manuellen Einbruchtechniken. Xardas führte sie durch die großen Hallen und gespenstisch leeren Gänge des Museums. Die Exponate wirkten irgendwie unwirklich hinter ihrem Glas in diesem Dunkel, nur unterbrochen von den Strahlen des kleinen Lichts, welches der Held beschworen hatte. Er und seine Freunde trugen jetzt wieder ihr alte Kleidung. Wenn sie wieder in Khorinis waren, wollten sie auf eine mögliche kritische Situation vorbereitet sein. Sie erreichten ein blaues, imposantes mit glasierten Reliefs verziertes Tor.
    "Da hat sich aber mal jemand richtig Mühe gegeben", kam es von Diego und er zeigte auf die Darstellungen von Löwen, Stieren und drachenartigen Wesen. "Wer soetwas in Auftrag gibt, muss richtig viel Gold haben."
    "Viel interessanter ist doch, wer es verzaubert hat", wandte Milten ein.
    "Hat das Tor wirklich was mit Beliar zu tun?" fragte Lester.
    Die anderen sahen ihn verwundert an.
    "Ich mein ja nur", sagte Lester kleinlaut, als wäre er ganz verwundert über die plötzliche Aufmerksamkeit. "weil es blau ist."
    "Es ist ganz sicher das richtige Tor", kam es jetzt in einem Ton von Xardas, der keinen Widerspruch mehr zuließ.
    Die Anderen sahen sich an und ließen weitere Gedanken unausgesprochen.
    "Stellt euch in den Torbogen!" wies sie der alte Magier an.
    Diego, Gorn, Lester und Milten stellten sich auf, aber der Held kam noch mal zu Xardas und holte dicke Geldbündel aus seiner Hosentasche: "Fast hätte ich es vergessen. In Myrtana habe ich dafür ja keine Verwendung. Ich denke für einen angenehmen Aufenthalt in dieser Welt sollte das eine längere Zeit reichen, dann musst du auch keine Kindergeschichten mehr vorlesen."
    Der Held zwinkerte ihm keck zu.
    "Danke", sagte Xardas möglichst würdevoll und steckte das Geld ein. "Nun denn, dann will ich euch mal nach Myrtana zurückschicken."
    Er hob beschwörend die Hände und ein blauschwarzer Strudel erfasste Diego, Milten, Gorn, Lester und den Helden. Von jetzt auf gleich waren sie verschwunden.


    Sie rematerialisierten sich. Pure Finsternis umhüllte sie. Ein bedrohliches Pulsieren drang an ihre Ohren.
    "Licht, nun mach doch mal jemand Licht!", knurrte Diego verstimmt.
    "Nun warte doch mal ab, euer Krempel behindert mich bei der Suchen nach der Rune", kam es genervt vom Helden.
    Doch endlich erschien ein Licht über ihnen und offenbarte ihren neuen Aufenthaltsort. Sie waren tatsächlich zurück im Schläfertempel.
    "Puh, ich hätte nicht gedacht, dass ich mal froh sein würde hier zu sein", kam es von Lester, der sich den Schweiß von der Stirn wischte. "Wo du gerade bei der Suche bist, reich mir doch mal ein Dutzend Sumpfkrautstengel rüber."
    Der Held seufzte und gab seinem Freund was er verlangte.
    "Also, ich bin dafür, dass wir die nächste Teleportation nicht hier an diesem Ding starten", kam es von Gorn und er zeigte auf das Portal direkt vor ihnen.
    "Dem schließe ich mich an", sagte Diego. "Lasst uns weiter nach oben gehen, vielleicht ist es dann auch leichter für Milten. Wer weiß, wenn wir das schon letztes Mal gemacht hätten, dann wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen."
    So liefen sie durch den Schläfertempel, der wieder seine gruselige Atmosphäre auf sie wirken ließ und die Stimmung drückte.
    "So, da wären wir", sagte Gorn, als sie am Eingang des Tempels standen.
    Die Brücke zum Ausgang war immer noch zerstört und mit schweren, unverrückbaren Felsen verschlossen. Milten zog die Aufzeichnungen hervor, die Xardas ihm gegeben hatte und las sie sich durch, dann krempelte er die Ärmel hoch, bat seine Freunde dich zusammen zu rücken und sprach den Zauber.



    Weiter geht es dann demnächst in "Neue Abenteuer braucht der Held" https://forum.worldofplayers.de/foru...aucht-der-Held
    Geändert von Eispfötchen (23.09.2021 um 20:09 Uhr)

  6. Beiträge anzeigen #46 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Eispfötchen
    Registriert seit
    Jul 2017
    Beiträge
    1.245
     
    Eispfötchen ist offline

    Epilog

    Astrid war über das Wochenende bei ihren Eltern zu besuch. Es war Nacht und sie sah sich im Wohnzimmer auf dem Sofa in eine Decke gehüllt einen Gruselfilm an. Es ging um ein merkwürdiges geisterhaftes Wesen, das aus einem GuteNachtBuch kam und kleine Kinder fressen wollte. Schrille Werbung unterbrach die Spannung jäh und buhlte um ihre Aufmerksamkeit. Astrid seufzte, setzte sich auf und ging dann los, um die Werbepause für einen Gang zur Toilette zu nutzen. Sie war gerade wieder im Flur, als ein lautes Pochen sie zusammenfahren ließ. Abruppt blieb sie stehen. Wieder klopfte es laut. Da war jemand an der Tür und begehrte Einlass. Nachdem Astrid den ersten Schrecken überwunden hatte, wurde sie wütend. Wer wagte es um diese Uhrzeit hier anzuklopfen? Erneutes Hämmern erklang, diesmal energischer.
    "Nun schlag doch gleich die Tür ein!" rief sie wütend und lief mit eiligen Schritten durch den Flur.
    Derjenige draußen hatte sie offenbar gehört, denn er schien ihren Worten Taten folgen zu lassen. Astrid riss die Tür auf, griff sich dann ans Herz und verfiel in eine Schockstarre. Dort im schwachen Licht vom Halbmond schwebte ein Dämon vor der Haustür und schnaufte bedrohlich. Das Biest blickte sie aus seinen grausigen Augen an, hob dann einen Umschlag hoch, um sicher zu gehen, dass sie ihn gesehen hatte und warf ihn ihr zu. Das Papier segelte durch die Luft und kam leicht wie eine Feder auf der Türmatte auf. Astrid hatte gar nicht danach gegriffen, sie war zu erschrocken. Ihr Gast drehte sich jetzt einfach um, schlug kräftig mit den Flügeln um höher in die Luft zu kommen und flog in die Schwärze der Nacht. Astrid gab ein Wimmern von sich. Als es ihr möglich war sich wieder zu bewegen schaute sie vorsichtig aus der Tür heraus. Vielleicht fürchtete sie noch mehr Ungeheuer würden sich in der Nähe aufhalten, doch es war keins da. Ihr Blick fiel auf den Umschlag auf der Türmatte. Er sah ganz unscheinbar und harmlos aus. Mit zitternden Fingern hob sie ihn auf und knallte eilig die Tür zu und schloss rasch ab. Drinnen lehnte sie sich an die Wand und versuchte ruhig durchzuatmen, um sich wieder zu fassen. Sie zitterte wie Espenlaub und weil ihre Füße sie nicht mehr tragen wollten, rutschte sie an der Wand hinunter und setzte sich auf den Boden. Sie starrte auf den Umschlag in ihren Händen und fragte sich was er enthalten könnte. Nachdem er von diesem Biest gebracht wurde, war er vielleicht verflucht? Mittlerweile hielt sie solche eigentlich abwegigen Möglichkeiten tatsächlich für denkbar. Sie kannte aber niemanden, der sie verfluchen wollte. Sie fasste sich ein Herz und ritzte den Umschlag mit dem Haustürschlüssel auf. Sie entfaltete das innen liegende Papier und stellte fest, dass es ein kurzer Brief war. Neugierig las sie:



    Astrid, Günther.
    Es tut mir Leid, dass ich keine Zeit habe, mich von euch so zu verabschieden wie ihr es verdient hättet, aber für meine Freunde und mich hat sich eine plötzliche Gelegenheit aufgetan in unsere Heimat zurückzukehren.
    Ich möchte meinen Dank aussprechen, weil ihr mich in meiner Zeit hier unterstützt und mich so freundlich und nett aufgenommen habt. Ich habe mich willkommen gefühlt.
    Obwohl es ein Zufall war, dass meine Freund und ich in diese Stadt gekommen sind, bin ich doch froh, dass ich so viele Wunder dieser Welt erleben durfte und um viele Erfahrungen reicher bin.
    Vielleicht seid ihr noch wütend auf mich, weil ich einfach so verschwunden bin und ich muss sagen, dass es mir sehr Leid tut, weil in letzter Zeit so einiges nicht so gelaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte.
    Wir passen wohl einfach nicht in diese Welt und vermutlich ist es gut, dass wir nach Hause zurückkehren.
    Hoffentlich können mit den Heiltränken, die im Krankenhaus verblieben sind, noch viele Menschenleben gerettet werden.
    Ich habe einige Spruchrollen zur Heilung beigelegt. Der junge Martin hat Talent in der Magie. Vielleicht braucht ihr seine Fähigkeiten eines Tages.
    Ich wünsche euch, dass ihr ein langes, glückliches und gutes Leben führen werdet.
    Milten




    Astrid sah in den Briefumschlag und entdeckte einige Papiere mit seltsamen Symbolen.
    Tränen liefen Astrid über die Wangen, bevor sie so richtig wusste warum. Weil Milten so unvermittelt verschwunden war? Sie hatte gewusst, dass etwas nicht stimmte, als Saskia ihr erzählt hatte, die Polizei wäre wegen ihm im Krankenhaus gewesen und er wäre mittels Teleportation geflüchtet. Was war geschehen? Wie waren er und seine Freunde in ihre Welt zurückgekehrt? Würde sie ihn wirklich nie mehr wiedersehen? Sie saß noch eine Weile so da, bis sie aufstand und langsam, den gedankenverlorenen Blick immer noch auf den Brief in ihren Händen gerichtet, die Treppe in die obere Etage hochstieg. Sie schaltete ihre kleine Nachttischlampe an, zog sich für die Nacht um, legte sich aufs Bett und las den Brief wieder und wieder durch, in der Hoffnung, dass ihr der Inhalt dann realer vorkommen würde. Milten war tatsächlich verschwunden. Sie würde ihn wohl nie wieder sehen. Sie erinnerte sich wieder daran was sie ihm zuletzt an den Kopf geworfen hatte und weinte, weil sie wütend auf sich selbst war. Sie wünschte sich, dass es diesen Streit nie gegeben hätte. Natürlich hätte das nichts an seinem Verschwinden geändert, aber dann würde sie sich jetzt wohl nicht so schrecklich fühlen. Als einige Tränen auf das Papier fielen und die Tinte von ein paar Wörten begann zu verschwimmen, legte sie den Brief eilig auf ihren Nachttisch und wischte sich die Tränen fort. Sie schaltete ihre Leselampe aus und legte sich auf den Rücken. Aus dem Dachfenster konnte sie bis zu den hellen Sternen sehen. Es waren nicht viele, denn immerhin wohnte sie in Berlin, aber dennoch war es ein schöner Anblick, der sie aus unerfindlichen Gründen wehmütig werden ließ. Sie lag noch lange so da, den Kopf voller Fragen, die sie wieder und wieder durchging und auf die sie einfach keine Antworten fand. Es mochten Stunden vergangen sein, bis ihr eine Frage aufkam, bei der sie sich wunderte, dass sie so lange auf sich warten ließ und die jetzt wo sie in ihrem Kopf erschienen war nicht mehr losließ. Wenn Milten und seine Freunde verschwunden waren, wer hatte dann den Dämon geschickt?
    Geändert von Eispfötchen (17.08.2018 um 17:15 Uhr)

Seite 3 von 3 « Erste 123

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
Impressum | Link Us | intern
World of Gothic © by World of Gothic Team
Gothic, Gothic 2 & Gothic 3 are © by Piranha Bytes & Egmont Interactive & JoWooD Productions AG, all rights reserved worldwide