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  1. Beiträge anzeigen #221
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Das Tor des Kastells öffnete sich langsam, und eine Gestalt, die außen an einem der Torflügel gelehnt hatte, sackte wie leblos zu Boden und blieb liegen. Ein paar Sekunden lang wirkte es, als wäre die Masse an verfilztem schwarzem Haar, verdreckten Lumpen und schmutzverkrusteten dünnen Gliedmaßen tatsächlich tot, aber dann regte sie sich und begann, langsam über den glänzenden Marmorboden der Eingangshalle zu kriechen, wobei sie eine Spur aus Staub und Asche hinterließ.

    Thara hatte jegliches Gefühl für wann, wo oder warum verloren. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich eigentlich befand und wie sie hierhergekommen war. Alles, was sie noch empfand, war grenzenlose Erleichterung. Was auch immer ihr zugesetzt hatte – sowie sie durch das Tor gekommen war, hatte es vor ihr abgelassen. Von ihr ablassen müssen. Mit einem zornigen, frustrierten Heulen, bei dem Thara geglaubt hatte, ihr Kopf müsse gleich explodieren, war es davongefahren, zurück in die endlose Finsternis, aus der es gekommen war. Ihre Haut, ihr Fleisch waren wieder intakt. Ihre Seele war wieder ganz. Was auch immer sie hatte verschlingen, sie hatte auslöschen wollen, hier konnte es sie nicht mehr erreichen.
    Sie war in Sicherheit!

    Undeutliche Bilder von einem dunklen Turm standen ihr vor Augen. War das der Ort, an dem sie sich befand? Einerlei. Es spielte keine Rolle. Ihr war schwindlig, alles drehte sich und sie konnte nur verschwommen erkennen, was um sie herum war. Sie bemerkte eine Gestalt, ein Mann in Roben vielleicht, und kroch auf ihn zu. Als sie ihn jedoch erreichte, ertasteten ihre Finger nur kalten Stein.
    Einerlei.
    Das Mädchen rollte sich zu Füßen des versteinerten Magiers zusammen und weinte hemmungslos, als all die Anspannung der letzten Tage, all der Horror ihrer Reise, mit einem Mal von ihr abfielen.
    Sie hatte überlebt!

  2. Beiträge anzeigen #222
    Lehrling Avatar von Schattendämon
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    Schattendämon ist offline
    Der Dämon wurde gerufen und um ihn herum baute sich die für ihn fremde Sphäre der Menschenwelt auf. Und als sie sich so geordnet hatte, dass die Eingangshalle des Kastells vor ihm erschien, war jedoch nichts dort, was ungewöhnlich war und seine Anwesenheit erforderte. Die Statue des versteinerten Magiers stand wie seit vielen Jahren an ihrem Ort und sonst war nichts zu sehen.

    Enervierend langsam flappten die großen ledernen Schwingen des Schattendämons im immer gleichen Rhythmus.

    flapp ... flapp ... flapp

    Es diente lediglich dazu, den Menschen, die Beliar hier wandeln ließ, das Vergehen der Zeit anzuzeigen. Etwas, was nur ihnen in ihrer Sphäre widerfuhr. Aber ob sie dies jedoch jemals verstanden hatten, entzog sich dem Wissen des Dämons. Ebenso wie Fantasie war ihm Neugierde fremd. Denn er war ein Dämon, kein Mensch.

    Was also war der Auslöser für sein Erscheinen? Schon leitete er wieder den Dimensionswechsel ein, um zurückzukehren. Doch nun hörte er ein Wimmern. Es kam von unten, vom Boden vor der Statue. Er entdeckte ein Kind, ein Mädchen, einen dieser zarten, zerbrechlichen Menschen. Und dieser hier war fast zerbrochen.

    Was ist dein Begehr? projizierte er in den Geist des Mädchens.

  3. Beiträge anzeigen #223
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Was ist dein Begehr?
    Thara fuhr erschrocken hoch, als plötzliche eine tiefe, dröhnende Stimme in ihrem Geist ertönte, begleitet von einem stechenden Schmerz. In einer ersten panischen Reaktion kroch sie rückwärts von der Statue weg, zu deren Füßen sie gelegen hatte. War es die Statue, die gesprochen hatte? Aber wie…?
    Nein. Da war etwas hinter der Statue aufgetaucht, eine Kreatur, wie Thara sie noch nie gesehen hatte. Sie hatte keine Beine und schwebte in der Luft, scheinbar getragen von Flügeln, die jedoch viel zu winzig wirkten und viel zu langsam schlugen, um den massigen Körper mit den langen, klauenbewehrten Armen und einem Maul voller scharfer, gelber Reißzähne in der Luft zu halten.
    Die Kreatur fixierte Thara mit glühenden gelben Augen.

    Thara starrte das sonderbare Wesen im ersten Moment entsetzt an, aber es ging keine Feindseligkeit von ihm aus. So bedrohlich sein Äußeres auch war, irgendetwas in ihrem Inneren sagte Thara, dass sie von dem Wesen nichts zu befürchten hätte. Zumindest im Moment nicht.
    Ich bin in dem Turm… in dem Kastell!, erinnerte sie sich. Natürlich! Dieser Ort gehörte Beliar, dem Herrn des Todes, und dies musste eine seiner Kreaturen sein. Ein… Dämon?
    Thara schluckte, rappelte sich auf die Knie und sah unterwürfig zu Boden.
    „I-i-ich bin gekommen, um… u-um… B-beliar zu dienen!“, stotterte sie unbeholfen. War das die richtige Antwort? Sie hoffte es. Der dunkle Gott hatte sie hierhergebracht. Er hatte ihr den Weg gezeigt. Wie sonst konnte sie sich erkenntlich zeigen?
    Deine Gabe, ertönte es in ihrem Kopf, wieder begleitet von einem stechenden Schmerz, der Thara zusammenzucken ließ.
    „Gabe?“, fragte sie verwirrt. Der Dämon kam ein wenig näher herangeflogen und deutete nur wortlos auf den silbernen Teller, den die Statue des Magiers in den Händen hielt. Thara verstand. Man musste ein Opfer bringen, um eingelassen zu werden in die Hallen des Kastells. Eine Gabe. Aber was sollte sie geben?
    Sie erhob sich mühsam und hinkte zu der Statue. Anschließend zog sie ihr Messer hervor. Das Messer, mit dem sie Orins wertloses Leben beendet hatte. Eine Mordwaffe, nach den Buchstaben des Gesetzes, auch wenn der alte Bastard den Tod vollkommen verdient hatte. Es schien ihr eine passende Gabe zu sein. Was sonst hatte sie auch anzubieten?
    Behutsam legte Thara das Messer auf den Silberteller und sah fasziniert zu, wie es plötzlich von einer kleinen, dunklen Wolke umhüllt wurde und verschwand.
    Hoffnungsvoll sah sie den Dämon an.

  4. Beiträge anzeigen #224
    Lehrling Avatar von Schattendämon
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    Schattendämon ist offline
    Weshalb du gekommen bist, wird sich zeigen, antwortete der Dämon in den Gedanken des Mädchens.

    Die Schwingen schlugen weiterhin, als ginge sie das alles nichts an.

    Deine Gabe wurde angenommen.

    Der Dämon schnaubte, so wie er es immer von Zeit zu Zeit tat.

    Folge mir.

    Er schwebte nun in Richtung eines Ganges, der aus dem Saal mit der Statue abzweigte, ohne überhaupt zu prüfen, ob ihm das Mädchen folgte. Immerhin schwebte er ganz langsam voran. Weiter hinten drehten sich zwei breite Wendeltreppen empor in die anderen Stockwerke, doch sie kamen nicht daran vorbei. Über die schachbrettartig verlegten weißen und schwarzen Marmorplatten, immer entlang an dem goldenen Streifen an der Wand ging der Weg, den sie ganz langsam zurücklegten. Bald hatten sie die Eingangshalle hinter sich gelassen. Fackeln flammten auf, sobald der Schattendämon und der Gast des Kastells in ihre Nähe kamen. Seltsame Bilder hingen von Zeit zu Zeit an den Wänden. Hier und da wurde die Wand von einer Nische durchbrochen, in der merkwürdige Gerätschaften oder Apparaturen standen. An allem gingen sie vorbei.

    Dann eine Tür. Hier stoppte der Schattendämon.

    Hier ist ein Gästequartier, in dem du dich ausruhen kannst. Falls du Hilfe brauchst, rufe einen Dämon, falls du Hunger hast, suche das Refektorium auf. Falls du dich säubern willst, steht das Bad bereit. Ebenso darfst du dich im Garten des Innenhofs aufhalten.

    Der Schattendämon verschwand.

  5. Beiträge anzeigen #225
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Als der Dämon plötzlich verschwunden war, schaute Thara unsicher nach links und rechts den Gang hinunter.
    „Ha-hallo?“
    Sie lauschte. Keine Antwort. Nirgendwo regte sich etwas. Sie schien vollkommen allein zu sein in diesem Bereich des Gebäudes.
    Das Kastell kam ihr von innen noch größer vor, als es von außen gewirkt hatte. Eine quälend lange Zeit hatte sie sich hinter dem Dämon herschleppen müssen. Zumindest hatte er kein hohes Tempo vorlegt; trotzdem war der pulsierende Schmerz in ihrem Knöchel mittlerweile kaum noch zu ertragen und so hatte sie nur ganz am Rande etwas von den Dingen mitbekommen, die es auf dem Weg zu sehen gegeben hätte – den seltsamen Bildern etwa und den Laboratorien.
    Vorsichtig betrat Thara das Zimmer, bei dem es sich laut dem Dämon um ein Gästequartier handelte, in dem sie sich ausruhen könne. Der Raum hatte eine einfache Ausstattung mit einem Bett und einem Tisch, an dem zwei Stühle standen. Eine Zinnkaraffe mit dazugehörigem Becher enthielt klares, kaltes Wasser.
    Thara ließ sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf einen der Stühle sinken und goss sich etwas von dem Wasser ein. Zwei Becher voll kippte sie einfach in sich hinein, sie merkte erst, wie ausgedörrt sie sich eigentlich fühlte und wie erschöpft sie wirklich war. Das Bett… Sie musste unbedingt schlafen…
    Aber sie zögerte.
    Was, wenn dieses Gästequartier nicht ihr allein gehörte? Wieso sollte man ihr ein ganzes Zimmer zur Verfügung stellen? Das wäre doch… Das konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Und sie wollte keinen Ärger machen. Nein, das wäre das letzte, was sie tun wollte…
    Kurzerhand streckte sich Thara auf dem Boden gegenüber dem Bett aus. Kaum hatte sie ihre Augen geschlossen, wurde sie auch schon von der Erschöpfung und Müdigkeit übermannt und versank in einen tiefen und gnädigerweise traumlosen Schlaf.

  6. Beiträge anzeigen #226
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Als Thara erwachte, war es bereits Abend. Die Sonne stand tief über dem Horizont und das Licht fiel blutrot durch das schmale Fenster in ihr Zimmer. Sie rappelte sich mühsam auf – ihr tat alles weh, nicht nur ihr Knöchel (wenngleich der auch den einsamen Spitzenplatz für sich beanspruchte), sondern jede einzelne Faser ihres Körpers, und das lag nicht nur daran, dass sie die Nacht (und den Tag) auf dem harten Boden verbracht hatte.

    Trotzdem fühlte sie sich besser als seit… ja, seit wann eigentlich? Hatte sie sich jemals besser gefühlt? Sie war ausgeruht und selbst die Schmerzen in ihren während der Wanderung der letzten Tage völlig ungewohnt beanspruchten Muskeln sagten ihr, dass ihr Körper begonnen hatte, sich zu regenerieren. Es war ein gutes Gefühl.

    Bedacht darauf, nicht mit ihrem verletzten Fuß aufzutreten, hüpfte Thara zu einem der Stühle und ließ sich darauf nieder. Sie stellte fest, dass die Karaffe auf dem Tisch wieder gefüllt war, und trank einen Becher voll von dem kühlen, erfrischenden Wasser. Es schmeckte ein wenig säuerlich, auf eine sehr angenehme Art, als wäre es mit irgendetwas aromatisiert. Dazu kramte sie die letzten Streifen des Moleratfleisches heraus, die sie noch dabeihatte, und aß sie langsam und bedächtig.

    Nach ihrem Frühstück blieb Thara einen Moment lang einfach sitzen, schloss noch einmal die Augen und genoss die Ruhe.
    Sie hatte sich noch nie so sicher gefühlt, so geborgen, wie in diesem Schloss, in dem man von einem Dämon begrüßt wurde. Sie musste lächeln angesichts dieser Absurdität. Wenn die heuchlerischen Ammen aus dem Waisenhaus das wüssten… Laut ihnen kam nur Böses von Beliar. Was für eine unverschämte Lüge!

    Thara verscheuchte die Gedanken an das Waisenhaus. Sie wollte sich jetzt nicht damit herumschlagen. Ihre Vergangenheit würde sie früh genug wieder einholen…
    Stattdessen fiel ihr Blick auf das Bett. Es war nicht angerührt worden. In der Nacht – und auch den Tag über – war wohl niemand hier gewesen. Niemand, mit dem sie das Zimmer hätte teilen müssen.
    Sollte das bedeuten, dass der Raum tatsächlich… für sie allein war?
    Sie rutschte mit dem Stuhl näher an das Bett heran und fuhr vorsichtig mit der Hand über das schwarze Laken. Es war so weich! Sie konnte sich kaum ausmalen, wie es sein musste, in so einem Bett zu schlafen. Würde sie überhaupt jemals wieder aufwachen?
    Verunsichert zog sie die Hand wieder zurück. Irgendwie konnte sie sich einfach nicht vorstellen, dass man ihr so ein Bett zur Verfügung stellte. Nervös warf sie einen Blick zur Tür, aus der plötzlichen, intuitiven Angst heraus, dass gleich jemand hereinstürmen und sie für ihre Anmaßung bestrafen würde.

    Was natürlich nicht passierte. Stattdessen bemerkte sie eine hölzerne Krücke, die am Türstock lehnte. War die gestern auch schon da gewesen? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Gut, sie war sterbensmüde gewesen, aber trotzdem… Und was war dieser weiße Stoff, der dort auf dem Boden vor der Tür lag? Der war gestern sicher noch nicht da gewesen!
    Sich an der Wand abstützend, hüpfte Thara zur Tür und sammelte das Textil auf. Wie sich herausstellte, war es ein einfaches Kleid von praktisch exakt derselben Machart wie dasjenige, das sie gerade trug – nur eben ohne all den Dreck darauf und noch nicht völlig zerfetzt…

    Sie sah sich verwundert um. Es wurde immer seltsamer. Sie zögerte, aber dieses Kleid war eindeutig für sie bestimmt.
    „Ja, also… äh… danke!“, stieß sie verwundert hervor, obwohl sie natürlich niemanden sehen konnte. Aber wer wusste schon, ob man sie nicht trotzdem hörte? Sie hatte keine Ahnung, wozu Dämonen fähig waren. Und wer oder was auch immer sonst noch in diesem alten Gemäuer hausen mochte.
    Auf jeden Fall wollte ihr Gastgeber eindeutig, dass sie ihre verdreckten Lumpen gegen saubere Kleidung eintauschte, also zog sie sich rasch um. Der Stoff fühlte sich gleich viel angenehmer an auf ihrer geschundenen Haut und sie seufzte vor Erleichterung. Da sie nicht so recht wusste, wo sie ihr altes Kleid entsorgen sollte, stopfte sie es einfach in ihre Tasche.
    Und nun?
    Sie hatte noch immer Hunger, und sie selbst starrte vor Dreck, frische Kleidung hin oder her. Was hatte der Dämon gestern gesagt? Es gab ein Bad? Und etwas zu Essen im... im Reh-Fleck-Torin, oder so? Und sie sollte einfach einen Dämon rufen, wenn sie etwas brauchte?
    Thara fuhr sich nervös durch die verfilzten Haare. Konnte sie das wirklich tun? Einen Dämon rufen? Einfach so? Unschlüssig nagte sie an ihrem Daumennagel. Andererseits, wie sollte sie es herausfinden, wenn sie es nicht ausprobierte?

    Kurzentschlossen nahm sie die Krücke, die, da war sie inzwischen überzeugt, ebenso für sie hier hinterlassen worden war wie das Kleid, und humpelte umständlich aus dem Zimmer. Der Gang lag genauso ausgestorben da wie am gestrigen Abend. Nicht ein Stäubchen schien sich zu regen. Als wäre sie die einzige lebende Person in dem ganzen Gemäuer.
    Thara räusperte sich.
    „Äh… D-dämon? Hallo?“, krächzte sie unsicher und wartete furchtsam darauf, was passieren würde.

  7. Beiträge anzeigen #227
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Was wünschst du?
    Thara zuckte zusammen, als sich plötzlich die Stimme in ihren Kopf bohrte, begleitet von einem unangenehmen, migräneartigen Stechen, das glücklicherweise nicht lange anhielt. Sie drehte sich unbeholfen um, und da war er, der Dämon. Es war nicht derselbe, der sie empfangen hatte, da war sie sich sicher… obwohl er sehr ähnlich aussah. Auch er hatte diesen massigen, beinlosen Körper mit den viel zu winzigen Flügeln, die langsam in einem gleichmäßigen Rhythmus schlugen. Als würden sie die verbleibenden Schläge ihres Herzens herunterzählen…
    Aber er wirkte weniger mächtig als der andere Dämon, obwohl Thara nicht wirklich sagen konnte, woher sie das zu wissen glaubte. Und natürlich war ‚mächtig‘ ein relativer Ausdruck. Dieser Dämon wäre genauso im Stande, sie mit einem einzigen Hieb seiner klauenbewährten Pranken auszuweiden.
    „Äh… ich… i-ich meine…“, stotterte Thara und starrte dabei auf den Boden vor ihren Füßen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Wie redete man mit einem Dämon?
    Folge mir.
    Der Dämon setzte sich in Bewegung und schwebte an ihr vorbei. Thara sah ihn verwirrt an. Sie hatte doch gar nichts gesagt?
    „T-t-tut mir leid!“, entschuldigte sie sich, ohne zu wissen, wofür eigentlich, und hinkte dem Wesen hinterher. Die Krücke war eine große Hilfe, auch wenn das Gehen mit ihr anstrengend war und sie noch immer aufpassen musste, dass sie mit dem verletzten Knöchel nicht irgendwo anstieß, was jedes Mal sofort heiße Schmerzen ihr ganzes Bein hochjagte.
    Der Dämon blickte sich nicht ein Mal zu Thara um, aber er war nie so schnell, dass sie nicht hätte hinterherkommen können. Er führte sie ein Stück den Gang entlang und anschließend in einen Raum, dessen Tür sich vor dem geflügelten Wesen öffnete, ohne dass es sichtbar mit ihr interagiert hätte. Ob er dafür eine Art von Magie anwandte? Oder… reagierte einfach das Gebäude selbst auf die Anwesenheit des Dämons?
    Dann verschwand er einfach.
    Thara sah sich verwirrt um, aber der Dämon war nirgendwo mehr zu sehen. Nur der Raum vor ihr mit der offenstehenden Tür, die Einladung und Befehl gleichermaßen zu sein schien. Zögerlich ging sie hinein.

    In der Mitte des steinernen, von einer Vielzahl flackernder Kerzen an den Wänden erhellten Raumes stand ein großer hölzerner Badezuber, der bis zum Rand mit dampfendem Wasser gefüllt war. Thara sah an sich hinunter. Natürlich! Sie hatte den Dämon fragen wollen, wo sie sich waschen konnte… Und obwohl die Frage nie über ihre Lippen gekommen war, hatte er es einfach gewusst!
    Das war so beeindruckend wie beunruhigend. Thara knabberte nachdenklich an ihrem Daumennagel. Wenn der Dämon diesen Wunsch irgendwie… direkt aus ihrem Kopf gelesen hatte, was konnte er dann noch einfach so ihren Gedanken entnehmen? Konnte er ihre Erinnerungen lesen? Ihre Hoffnungen – ihre Ängste?
    Bei der Vorstellung wurde ihr ein wenig flau im Magen. Sie wollte eigentlich nicht, dass jemand in ihrem Kopf herumwühlte. Es war… invasiv! Ihr ‚Begleiter‘ konnte zwar auch ihre Gedanken verstehen, aber der war schon so etwas ein Teil von ihr. Da war eine Verbindung, sie würde fast sagen, ihre Seelen waren nicht mehr gänzlich getrennt, auf gewisse Art und Weise waren sie bereits eins, jedenfalls fühlte es sich so an. Der Dämon hingegen…

    Thara schüttelte den Kopf. Sie durfte sich jetzt nicht selbst wahnsinnig machen. Sie hatte es gerade so lebendig ins Kastell geschafft, war hier aufgenommen worden und der Dämon – oder wer auch immer – hatte ihr ein verfluchtes Bad eingelassen, und statt einfach dankbar zu sein, fing sie an, sich darüber aufzuregen, wie der Dämon mit ihr kommunizierte?
    Hatte sie Beliars Gnade so überhaupt verdient?
    „E-e-entschuldige!“, rief sie in den Raum, „Ich wollte nicht… i-ich meine… ich wollte nicht undankbar sein, falls du das… in meinem Kopf gehört hast? Ich… es tut mir leid! Danke! Für… für das alles…“ Sie verstummte und sah sich um. Niemand da. Niemand sichtbares jedenfalls. Sie schloss kurz die Augen und lauschte dem viel zu schnellen Schlagen ihres Herzens. Was machte sie nur schon wieder für Unsinn? Statt Müll zu reden, sollte sie lieber endlich in das Bad steigen, wie es von ihr erwartet wurde. Sonst machte sie nur weiter das ganze Kastell dreckig…
    Mit einem Biss auf die eigene Unterlippe hinderte sich Thara im letzten Moment daran, sich dafür zu entschuldigen, sich entschuldigt zu haben, und humpelte zu dem Badezuber. Sie hielt kurz die Hand ins Wasser – es war heiß, aber nicht zu heiß, sondern genau richtig. Und sogar ein Stück Seife lag bereit! Wie lange war es her, dass sie ein heißes Bad hatte nehmen können? Monate? Jahre?
    „Danke!“, murmelte sie, zog sich aus und ließ sich vorsichtig ins Wasser gleiten, wobei sie ihr verletztes Bein auf den Rand des hölzernen Zubers legte. Was für ein Gefühl! Sie schloss die Augen und genoss ganz einfach die Wärme und die Stille.

  8. Beiträge anzeigen #228
    Grünauge  Avatar von Sinistro
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    Sinistro ist offline
    „Warte auf die, die kommen…!“ Das waren ihre Worte. Und Sinistro tat genau das.
    Er stand in seinem Laboratorium an einem Tisch, auf dem kleine Fläschchen, Kolben und Tiegel über und neben kleineren Flammenzungen aufgebaut waren, Flüssigkeiten verdampften und der Dampf wurde wieder aufgefangen, abgekühlt, mit anderen Dämpfen vermischt. Die Farbe einer Flüssigkeit änderte sich von grün zu klar und durchsichtig, ein weiteres Fläschchen brachte orangene Dämpfe hervor, die beim Abkühlen eine Art grünen Schleim übrig ließen, der unwirklich vor sich hin blubberte Ein Kolben war mit einem Korken verschlossen, darin schienen Insekten gefangen, die in einer milchigen Emulsion schwammen, abzutauchen schienen, nur um nach dem Tauchgang silbrig schimmernd und reglos auf der Oberfläche zu treiben.

    Beinahe als geschäftig hätte man das Treiben des Schwarzmagiers in den letzten Tagen beschreiben können. Neben dem gerade aufgebauten und eher nebenher blubbernden Fläschchen mit Tränken und Dämpfen, deren Endergebnis nach Durchmischung, Abkühlung und Reduktion auf die essentiellen Bestandteile lediglich in einer Salbe gegen Hämatome bestehen sollte, hatte der Mann mit den grünen Augen die Zeit genutzt und sein Wissen über Anatomie, das menschliche Skelett und die Zusammenhänge im Inneren eines Körpers auf den neuesten Stand gebracht.
    Und neben dem Effekt, dass er sich hierdurch wieder ein klein wenig mehr wie er selber fühlte, grübelte er auch erheblich weniger über das Dasein der Götter.
    Sein Dasein war es, das ihn bestimmte und sein Dasein war bestimmt zu Höherem.

    Mit einem Gefühl innerer Zufriedenheit, beinahe schon glücklich, schlenderte der Magier langsamen Schrittes nun durch die Gänge des Kastells, um sich für die Anstrengungen und Strapazen der letzten Tage mit einem leichten Mahl zum Abend und einer Karaffe roten Weins zu belohnen.
    Ein Gläschen Kastellwein in vollkommener Ruhe und Einsamkeit- viel zu lang war auch dieses Ritual nicht durch Sinistro zelebriert worden. Mehr und mehr fühlte sich der Hohepriester nun, da er an einem der Tische Platz genommen hatte und an seinem Glas nippte, wieder wie zuhause.

  9. Beiträge anzeigen #229
    Waldläufer Avatar von Thara
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    Thara ist offline
    Als Thara nach einem ausgiebigen Bad, bei dem sie die Zeit vergessen hatte, irgendwann wieder aus dem Zuber gestiegen war, hatte sie erst gar keinen Blick in den mannshohen Spiegel in der Ecke werfen wollen. Sie tat es dann aber doch. Und bereute es sofort. Dass sie überhaupt noch lebte…
    Thara war schon immer sehr zierlich gewesen, geradezu mager. Gehaltvolles Essen war nichts, was jemals Teil ihrer Kindheit und Jugend gewesen war. Aber jetzt sah sie beinahe verhungert aus. Die Strapazen ihrer Wanderung – Reise? Flucht? – hatten ihrem Körper auch die letzten Reserven geraubt. Ihre Rippen zeichneten sich deutlich unter ihrer kränklich blassen Haut ab, die Hüftknochen stachen scharfkantig hervor. Vor allem ihre Arme und Beine waren zudem mit Kratzern, Schürfwunden und blauen Flecken übersäht, von der Schwellung ihres linken Knöchels gar nicht erst zu reden.
    Aber sie lebte. Nachdenklich hob sie ihre Hände und betrachtete sie, beinahe verwundert, als wären sie exotische Gegenstände, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.
    Ich habe gesehen, wie sich das Fleisch heruntergeschält hat… ich habe bis auf die Knochen sehen können! Ich war dabei mich aufzulösen!
    Aber ihre Hände, ebenso ihr restlicher Körper, waren… intakt, gemessen an den Umständen. Keine Auflösung. Kein Abschälen von Haut und Fleisch und Sehnen.
    Aber in ihrer Erinnerung war alles so klar und deutlich!
    Was war passiert?
    War überhaupt etwas passiert? Oder hatte sie sich vielleicht alles nur eingebildet? Der Jäger aus der Finsternis… ein Konstrukt ihres überreizten Geistes?
    Thara fuhr sich frustriert durch die nassen Haare. Wenn sie Traum und Realität nicht mehr unterscheiden konnte…
    Nein! Nein, da war mehr dran gewesen als bloße Einbildung! Es musste mehr dran gewesen sein! So furchtbar das Erlebte auch gewesen sein mochte, die Alternative war noch viel schlimmer. Die Alternative würde bedeuten, dass sie nicht einmal mehr sich selbst trauen konnte…
    Thara straffte sich und sah sich selbst im Spiegel ins Gesicht. Versuchte, selbstsicher zu wirken. Sie würde herausfinden, was es mit dem Jäger auf sich gehabt hatte. Sie würde es herausfinden, so wahr Beliar ihr helfe!

    Aber erst musste sie etwas essen. Das verriet ihr nicht nur ihr Spiegelbild. Sie streifte sich wieder ihr Kleid über und humpelte zur Tür. Sie öffnete vorsichtig – warum sie so vorsichtig war, wusste sie selbst nicht, aber irgendein überempfindlicher, durch lebenslange Misshandlung geschärfter Überlebensinstinkt sagte ihr, dass sie nicht stören, nicht auffallen sollte – und trat in den Gang hinaus. Der Dämon hatte etwas gesagt von einem Reh… Ra… Refiktrium? Jedenfalls, dass sie irgendwo etwas zu essen bekommen könnte.
    „Äh… Dämon?“, rief sie zögerlich.
    Flap. Flap. Flap.
    Das unverkennbare Flügelschlagen hinter ihr. Als sie sich umdrehte, sah der Dämon sie nur aus unergründlichen, blutroten Augen an. Thara räusperte sich.
    „H-hallo… äh… w-w-wo kann ich etwas zu… zu essen bekommen, bitte?“
    Wie schon die letzten Male, setzte der Dämon sich einfach in Bewegung und führte sie zu einem anderen Raum, der gar nicht allzu weit den Gang hinunter lag. Die Tür öffnete sich, der Dämon verschwand.

    Thara betrat einen Saal, der fast ganz und gar von einer langen Tafel aus poliertem dunklem Holz eingenommen wurde. Ein paar Fackeln an den Wänden und ein massiver Kronleuchter mit schwarzen Kerzen spendeten Licht und um die Tafel herum standen sicherlich dreißig oder mehr Stühle. Sie sah sich unsicher um und machte einen weiteren Schritt in den Raum hinein, als plötzlich eine tiefe Stimme in ihrem Kopf ertönte, begleitet von stechenden Kopfschmerzen:
    „Was ist dein Wunsch, Gast?“
    Thara blinzelte, konnte aber niemanden sehen. Auch keinen Dämon. Aber angesichts dessen, dass diese Wesen aus dem Nichts erscheinen und ebenso wieder verschwinden konnten, war das wohl nicht zu verwunderlich. Sie waren wahrscheinlich einfach da, auch wenn man sie nicht sah, und zeigten sich nur, wenn sie es für sinnvoll hielten…
    „M-mein Wunsch? Ähm… Bitte etwas zu… zu essen?“, fragte sie vorsichtig.
    Der Dämon schwieg einen Moment.
    „Natürlich möchtest du etwas zu essen. Du bist im Refektorium. Warum sonst solltest du diesen Raum aufgesucht haben? Aber was wünschst du zu dir zu nehmen?“
    Kam ihr das nur so vor, oder war da so ein leicht genervt-augenrollender Unterton in der ‚gedachten‘ Stimme?
    „I-i-ich weiß nicht…“, stotterte sie. Etwas zu essen aussuchen? Damit hatte sie nun nicht gerechnet. Wonach konnte sie denn überhaupt fragen?
    „Ein… ein… äh, Brot vielleicht?“
    Hoffentlich war das nicht zu viel verlangt! Aber ihr Magen fühlte sich an, als wäre er kaum mehr als ein riesiger Hohlraum. Etwas Brot wäre ein Geschenk der Unterwelt!
    „Und einen Apfel?“, schob Thara noch in einem hungerbedingten Anfall von Tapferkeit hinterher. Der Dämon ließ wieder einen Moment auf sich warten mit der Antwort. Als sie schließlich kam, hatte Thara den Eindruck, als würde sie von einem frustrierten Seufzer begleitet.
    „Natürlich. Nimm Platz, Gast. Dein Mahl wird dir in Kürze gereicht werden.“

    Thara hinkte zu einem der Stühle, setzte sich an die Tafel, an der dutzende Menschen Platz finden konnten, die gerade aber ihr allein gehörte, und nagte nervös an ihrem Daumennagel, während sie auf das Essen wartete.
    Plötzlich merkte sie, dass sie doch nicht allein war. An einem kleineren Tisch, der in einer Nische zwischen zwei Säulen verborgen war, saß jemand, den sie beim Betreten des Refiktarius nicht bemerkt hatte. Er trug eine schwarze Kutte, nippte entspannt an einem edlen, mit dunkelrotem Wein gefüllten Glas, und beobachtete sie. Seine Augen waren von einem fast schon unnatürlich stechenden Grün.
    Thara zuckte unwillkürlich zusammen und zog den Kopf zwischen die Schultern. Es gab also doch nicht nur Dämonen hier! Hoffentlich tat sie nicht gerade irgendetwas, das nicht gestattet war? Sie nahm ihren Mut zusammen, hob kurz den Kopf und lächelte entschuldigend.
    „Hallo, i-i-ich hoffe, ich störe nicht? Ich… ich meine… t-t-tut m-mir leid, wenn…“
    Thara hielt inne. Ihr wurde plötzlich heiß. Sie hatte hier sicher nichts zu suchen! In so einem Raum? An so einer Tafel? Niemals! Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Dämonen herumscheuchen und an einer Tafel für fünfzig Personen speisen? Das war mehr als anmaßend von ihr!
    Sie stemmte sich ungelenk hoch, griff nach ihrer Krücke und machte sich daran, zu verschwinden.
    „Entschuldigung! E-es tut mir leid, wirklich! I-i-ich… ich geh schon, ich…“, stammelte sie, den Blick schuldbewusst auf den Boden geheftet. In was für ein Schlamassel war sie da nur wieder hineingeraten…

  10. Beiträge anzeigen #230
    Grünauge  Avatar von Sinistro
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    Was in Beliars Namen… der Grünäugige zuckte kurz und kaum merklich zusammen, als er angesprochen wurde, riss ihn doch das vor ihm stehende, hagere und abgemagerte Ding – manche hätten es auch als Mädchen bezeichnet – vollkommen aus seiner Konzentration. Wenn man ihn nicht kannte – und das junge Mädchen mit den schwarzen Haaren, die ihr Gesicht beinahe vollkommen verdeckten, kannte ihn natürlich nicht – hätte man seinen Blick stur geradeaus als Starren auslegen können. Doch eigentlich war Sinistro nur wieder in seine eigene Welt entflohen, versunken in Gedanken, Inspirationen und Möglichkeiten.

    Und noch eher er aufstehen und der jungen Frau einen Platz anbieten konnte, wollte diese sich schon wieder zurückziehen. Sie stammelte regelrecht, als sie sich entschuldigte und nach ihrer Gehhilfe griff, um sich schnellstmöglich wieder zu entfernen.
    „Moment!“ rief der Schwarzmagier ein klein lauter und herrischer als er eigentlich wollte, „Heute scheint mein, äh, dein Glückstag zu sein, junges Fräulein. Dein Weg hat dich ins Refektorium geführt, mein Weg mich ebenso und zumindest mir gelüstet es danach, nicht wieder alleine zu speisen. Und so, wie es aussieht, kannst du ein wenig Nahrung gut vertragen!“

    Der Hohepriester erhob sich, strich sich seine Robe glatt und verbeugte sich leicht vor dem Mädchen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie sehr ihr Körper geschunden war und dass ihre Arme und Beine voller blauer Flecken und Wunden waren. Sinistro zog die linke Augenbraue leicht nach oben und versuchte der Geschundenen den Anflug eines Lächelns zu schenken, das jedoch ein wenig Skepsis kaum verbergen konnte.
    „Sollte das Mädchen hier diese Ominösen die sein, deren Ankunft ich erwarten sollte?“ ging es dem Magier durch den Kopf, neugierig mehr über die Gestalt ihm gegenüber zu erfahren.
    Er zog den zweiten Stuhl an seinem Tisch ein wenig zurück, um der jungen Frau halbwegs galant eine Einladung zum Bleiben auszusprechen, ohne Worte dafür zu benutzen.

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    Fast mechanisch tat Thara, wie ihr geheißen worden war. Sie humpelte zu dem Tisch des Mannes und setzte sich umständlich.
    „Äh… Danke?“, presste sie unsicher hervor.
    Ihr schlug das Herz bis zum Hals, sie hatte keine Ahnung, was sie davon halten sollte. Sie konnte nur hoffen, dass es sich bei der vorgeblichen Höflichkeit nicht um den Auftakt zu irgendeiner perfiden Strafe für die Übertretung von Regeln handelte, die sie ohne ihr Wissen gebrochen hatte. Oder einer perfiden Strafe, einfach weil dem anderen gerade danach war. Aber sich zu weigern, kam erst recht nicht in Frage. Und vielleicht… vielleicht wollte er ja wirklich nur Gesellschaft beim Essen haben? Irgendwo in Tharas Hinterkopf kreiste diese Möglichkeit herum, konnte sich aber noch nicht so recht durchsetzen. Dafür war ihr Misstrauen viel zu tief eingegraben, jeden Tag aufs Neue eingeprügelt.
    Unbewusst beobachtete sie jede einzelne Regung des Mannes, jede noch so kleine Geste, jedes Zucken seiner Mundwinkel, immer auf der Hut und mit dem Schlimmsten rechnend. Er war ein seltsamer Mann, nicht nur wegen der auffälligen Farbe seiner Augen, auch sein Gesicht… es kam Thara schier unmöglich vor, sein Alter zu schätzen. Auf den ersten Blick wirkte er recht jung, vielleicht irgendwo Anfang zwanzig, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Eindruck täuschte. Sie fing an, sich zu fragen, nicht wer – sondern was er war?

    Nachdem er ihr gegenüber Platz genommen hatte, senkte Thara unterwürfig den Kopf. Ihr Blick huschte nervös mal hier hin, mal dort hin.
    „B-bitte verzeiht mir, falls ich… f-f-falls ich etwas falsch gemacht habe!“, stotterte sie, „I-i-ich w-weiß nicht welche… w-welche Regeln es hier gibt, und… u-und… a-a-aber ich w-wollte sicher nicht… ich meine… ich…“
    Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe. Falls ihr Gegenüber tatsächlich auf einen Gesprächspartner gehofft hatte… oh je.
    Inzwischen war ein Teller mehr oder weniger herangeschwebt – nur wenn man genau hinsah, bemerkte man, dass die Luft um ihn herum leicht flimmerte und auch dunkler aussah, als würde sich ein Schatten von selbst bewegen. Ein Zauber? Eine Art unaufdringlicher Diener-Dämon? Der Teller wurde vor Thara auf den Tisch geschoben, auf ihm lagen ein aufgeschnittener Laib Brot und ein Apfel. Thara zögerte einen Augenblick, ob sie einfach so anfangen sollte, zu essen, ob das angebracht war oder vielleicht gegen irgend eine Art von Etikette verstieß (im Waisenhaus hatte man warten müssen, bis alle still saßen und die Mutter Oberin ihren schier endlosen Sermon an den verdammten Innos endlich beendet hatte), aber am Ende siegten zwei einfache Instinkte: Ihr Hunger, und der implizite Gedanke Was auch immer passiert, dann habe ich wenigstens ein bisschen was im Magen – also nahm sie eine der Brotscheiben und fing an, daran zu knabbern.

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    Grünauge  Avatar von Sinistro
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    Brot. Brot und Apfel. Brot und Apfel!
    Sinistro legte den Kopf leicht zur Seite und starrte schon fast fragend auf das karge Mahl.

    Ohne sich weiter vorzustellen und dabei wahrscheinlich auch ein wenig seine Manieren vergessend, sagte der Grünäugige ohne Umschweife in beinahe vorwurfsvollem Ton:
    „Die größten Gaumenfreuden der Menschheit kann man sich hier kredenzen lassen und die Wahl lautet Apfel mit Brot??? Da muss jemand entweder einen ganz besonderen Geschmack haben – oder nicht viel mehr kennen!“
    Der Magier grinste. Grinste und griff zu seinem Glas mit dem roten Wein. Nachdem er einen kleinen Schluck genommen hatte, sein Gegenüber dabei stetig beobachtend und ihre kleinsten Regungen und ihr Zucken realisierend und analysierend, fiel ihm ein, dass er tatsächlich vergessen hatte, sich vorzustellen. Ebenso fiel ihm ein, dass die junge Dame vor ihm wahrscheinlich gar keine Ahnung hatte, wo sie hier wäre und wie sie sich zu verhalten habe, wisse sie sicher auch nicht, das hatte sie ja klar und deutlich von sich gegeben. Und gleichzeitig fiel ihm ihr Humpeln auf.
    Nach der langen Zeit, in der ihm gar nichts mehr auffiel, kämpfte der Schwarzmagier innerlich, seine Freude zu unterdrücken, doch nicht vollkommen dem Wahn oder einer anderen Psychose verfallen zu sein.

    „Aber nun mal von vorne, junge Dame! Du befindest dich hier in einem der spannendsten Räume dieses Gebäudes, wenn nicht einem der spannendsten Räume der gesamten Welt. Naja, zumindest, wenn man Genuss am Verzehr von festen und flüssigen Gaumenfreuden findet. Du befindest dich im Refektorium, dem Saal der Speisen und des Speisens. Dieser großartige Saal erfüllt dir jeden Nahrungswunsch, den du dir nur vorstellen kannst. Denke an einen in Wermut geschwenkten Zander auf Prinzessinenkartoffeln, mit Dill verfeinert und auf der Haut knusprig gebraten und du wirst damit verwöhnt werden. Frage nicht danach, wie es geschieht, das ist kaum zu erklären, doch bisher hat es jedes Mal funktioniert. Steht dir der Sinn nach einem den Geist belebenden Getränk – denke daran und es wird erscheinen. So, wie das bei dem Apfel und dem Brot auch geschehen ist. Man befindet sich hier im Paradies der Gaumen und entscheidet sich für die banalsten aller banalen Gerichte…“
    Der Mann mit den grünen Augen schüttelte seinen Kopf und tadelte die junge Frau vor ihm, jedoch mehr in einem neckischen, statt einem strengen Ton.
    „Man muss sich hier nicht zurückhalten. Wer den Tribut entrichtet hat oder wer ein Mitglied unserer Gemeinschaft ist, hat das Recht, hier zu sein und hier zu speisen! Zu speisen, was begehrt wird.“
    Sinistro hätte weiter und weiter mit seinen Ausführungen auf das junge Mädchen einreden können, doch er besann sich, da sich seine Gesprächspartnerin nicht wirklich als das entpuppte, was er sich versprochen hatte. Sie war hier eindeutig nicht als Partnerin an Sinistros Monolog beteiligt. Doch das wollte der Schwarzmagier nun ändern, in dem er sie aufforderte, ihm ein wenig über ihre Verletzung und ein wenig über sich zu erzählen.

    „Doch genug davon… Lass mich nun ein wenig von mir erzählen. Man nennt mich Sinistro. Hohepriester Sinsitro. Und ich kam nicht umhin, eure Verletzung zu bemerken. Und zufälligerweise… darf ich mich nicht nur Hohepriester und Meistermagier, sondern auch Heiler nennen…! Wollt ihr mir nicht ein wenig über euch erzählen? Und darüber, was euch geschehen ist? Vielleicht könnten meine Fähigkeiten euch zu Diensten sein?“

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    Waldläufer Avatar von Thara
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    Thara zog ängstlich den Kopf ein, als ihr Gegenüber sie wegen ihrer Nahrungswahl tadelte. Er schien das aber vor allem als einen willkommenen Anlass zu sehen, ihr eine weitschweifige Erklärung angedeihen zu lassen, wo sie sich hier gerade befände. Das Refrigorium war offenbar nicht einfach ein normaler Speisesaal, sondern etwas Magisches? Das einem jede gewünschte Speise zubereiten konnte? Selbst das… was auch immer der Mann da aufgezählt hatte und wovon Thara die meisten Begriffe noch nicht einmal etwas sagten? Und man musste es nur denken?
    Gut, dann dachte sie eben: „Kann ich das haben, was… er da gesagt hat?“
    „In Wermut geschwenkten Zander auf Prinzessinenkartoffeln, mit Dill verfeinert und auf der Haut knusprig gebraten? Natürlich. In Kürze.“, kam die von Kopfschmerzen, aber irgendwie auch einer Art Vorfreude begleitete Antwort aus dem Nichts.
    Der Grünäugige hatte inzwischen seinen Monolog fortgesetzt und sich als Sinistro vorgestellt, Hohepriester Sinistro, und wollte nun von ihr wissen, wo sie denn überhaupt herkäme. Und was es mit ihrer Verletzung auf sich hätte. Und all das…
    Thara schwirrte der Kopf. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sich jemals irgendwer dafür interessiert hätte, wo sie herkäme. Normalerweise war sie eben einfach da, und man konnte sie herumscheuchen. Das reichte.
    „Ich… äh… i-ich heiße Thara“, begann sie zögerlich und überlegte, wo sie anfangen sollte. Einen Moment lang knabberte sie nervös an ihrem Daumennagel, bis Sinistro erwartungsvoll die Augenbrauen hob.
    „Thorniara. I-i-ich meine, ich… ich komme aus Thorniara. I-ich bin die letzten T-tage durch die Wälder gelaufen, und… u-und das Gebirge und die Aschewüste und… i-i-ich weiß nicht, wieso, aber jemand… w-wollte, dass ich hierherkomme?“
    Sie zuckte unbeholfen mit den Schultern.
    „Ich habe diesen Turm… dieses… Kastell gesehen. Eine… V-vision oder so? T-t-tut mir leid, ich… ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll, i-i-ich meine es nicht anmaßend, Herr Hohepriester…“
    Hohepriester. Thara stockte. Natürlich! Dieser Ort war letzten Endes ein Tempel! Ein Tempel Beliars! Und Sinistro, der sich als Hohepriseter, Meistermagier und Heiler bezeichnete, er gehörte zur Priesterschaft des dunklen Gottes!
    „Ich will Beliar dienen!”, platzte sie heraus.
    Im selben Augenblick kam ein Teller herangeschwebt und wurde vor ihr platziert, darauf ein knusprig gebratener Fisch, garniert mit frischen Kräutern und einer Beilage aus kleinen gelben Knollen. Allein der Duft ließ Thara schon schwindeln.
    „Auch… w-w-wenn ich nicht weiß, wie…“
    Das Einzige, was ich kann, ist Fische aufschneiden, dachte sie und betrachtete das Gericht auf ihrem Teller, und dafür werde ich hier offensichtlich nicht gebraucht

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    Thara aus Thorniara. In den Ohren des Schwarzmagiers klang das eher wie die Figur aus einer Geschichte, die man kleinen Kindern erzählte. Doch das wollte er der jungen Dame nicht ohne Umschweife an den Kopf werfen. Dass sie sich jedoch nun gerade für das Mahl entschieden hatte, das Sinistro einfach nur als Beispiel genommen hatte, um die Küche des Kastells zu preisen, entlockte ihm einen kleinen Pfiff.
    Scheinbar zuckte die junge Dame bei dem Geräusch zusammen und blickte, kaum merklich, nach rechts und nach links.
    „Lasst es euch munden, junge Dienerin Beliars“, kam über die Lippen des Hohepriesters, „Wenn es euch beliebt, werde ich mir ein paar Gedanken dazu machen, wie Beliar zu dienen ist.“
    Sinistro hielt kurz inne, forderte Thara mit einem kurzen Nicken des Kopfes dazu auf, zu essen und strich sich mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand über den Nasenrücken, während sein Daumen auf dem Steg zwischen seinen Nasenlöchern die Hand und die Bewegung stabilisierte.
    Er fuhr in seinen Ausführungen fort: „Zunächst einmal gibt es da den Weg, den jedes sterbliche Wesen geht, das nicht im Feuer Innos geläutert werden möge: Du stirbst und wirst Teil seiner Armee. Wobei ich mir schon denken kann, dass das nun nicht unbedingt dem entspricht, was du dir vorgestellt haben wirst. Doch letzten Endes ist das der Weg, den wir alle dereinst bestreiten werden…!“
    Der Mann mit den grünen Augen achtete nun penibel darauf, Thara nicht aus seinem Blick zu entlassen, während er erneut einen Schluck aus seinem Glas nahm.
    „Du kannst natürlich auch anfangen und Beliar dienen, indem du die Größe seiner Armee mehrst und Menschen dazu bringst, in das Reich der Toten einzutreten. Wobei es nun auch nicht wirklich einfach ist, mir nichts, dir nichts einen Menschen … aus dem Leben zu reißen. Jedenfalls … für die meisten Menschen nicht. Und ich kann behaupten, aus Erfahrung zu sprechen, wenn ich sage, dass es … sehr viel Überwindung … und Anstrengung kostet, einen … einen Menschen … einen Menschen mit … mit seinen eigenen Händen zu töten.“
    Bei diesen Worten kam der Hohepriester leicht ins Stocken, sein ansonsten schneller Redefluss war nicht ganz so flüssig wie gewohnt. Gleichzeitig ließ er seinen Blick von Thara ab und blickte an ihr vorbei in die Ferne.

    „Doch das… das Thema passt nun nicht wirklich zu einem leckeren Mahl. Als nächstes kannst du Beliar dienen, in dem du seinen Lehren folgst und seine Worte unter das gemeine Volk bringst – so, wie es die Prediger der anderen Götter tun. Davon rate ich dir jedoch ab, ein Anhänger Beliars ist auf dieser Welt nirgends so angesehen wie ein Feuermagier. Natürlich steht dir auch der Weg offen, den meine Gefährten und ich gegangen sind. Wir mehren unser Wissen, damit wir unsere Macht mehren und damit wir dadurch die Macht des dunklen Gottes mehren. Wir streben nach Wissen, um dieses Wissen in die Welt zu tragen – um den Menschen zu zeigen, dass das Wissen und der Glaube an das unweigerliche und unabwendbare Ende keinen Trost und keine Vergebung benötigt, sondern lediglich die Akzeptanz des Unumgänglichen. Denn wir alle werden am Ende unserer Tage in das Reich Beliars eingehen. Diejenigen, die ihn bereits zu ihren Lebzeiten als höchsten der Götter anerkennen, wird er mit der Führung seiner Armeen betrauen, ihnen wird er mehr Verantwortung und Macht übertragen als denen, die ihn bis zu ihrem Tode minderschätzten!“

    Die Götter, ihr Dasein und ihre Geschichte – der Hohepriester begann, sich in Rage zu reden, handelte es sich doch um das Gebiet, auf dem er sich seit Jahren bewegte.
    „Beliar dienen bedeutet in erster Linie, auch dir selber zu dienen“, fuhr er fort, „denn nur, wenn du in der Lage bist, dich zu formen, dich zu bilden und dir zu vertrauen, wirst du in der Lage sein, dieses Vertrauen auch Beliar entgegenzubringen. Bist du schwach, bleibst du schwach, dann wird es dir nicht gelingen… Bist du stark, glaubst du an dich und deinen Weg, dann wird es der Weg, den Beliar dir vorbestimmt hat.“

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    Zum Essen ließ sich Thara nicht zweimal auffordern. Allein der Geruch ließ ihren Magen vor Vorfreude Purzelbäume schlagen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Leckeres gerochen zu haben! Wenn es auch nur halb so gut schmeckte, wie es roch… Und das tat es! Nein, es schmeckte sogar noch besser! Nach den ersten Bissen hatte Thara Mühe, sich noch zurückzuhalten und halbwegs ordentlich zu essen, statt die Mahlzeit einfach mit beiden Händen in sich hineinzuschaufeln. In ihrem ganzen Leben hatte sie nichts gegessen, was diesem Gericht auch nur annähernd gleichgekommen wäre. Auch, wenn sie schon wieder vergessen hatte, wie es eigentlich hieß…

    Während sie aß, versuchte Thara trotzdem, den Ausführungen Sinistros zu folgen. Der Hohepriester schien guter Stimmung zu sein und sie wollte keinesfalls riskieren, ihn zu verärgern. Auch wenn es nicht ganz einfach war, aus der Fülle an Informationen, mit denen er sie überschüttete, diejenigen herauszufiltern, die wirklich wichtig waren. Sie hatte gehofft, er würde ihr eine klare Anweisung geben, was sie tun sollte, um dem dunklen Gott ihre Treue zu beweisen – und sei es, dass sie die Latrinen des Kastells reinigte (auch wenn sie inzwischen den starken Verdacht hatte, dass das Kastell sich um derartige Dinge einfach selbst kümmerte). Aber so einfach machte er es ihr nicht.

    Die erste Option, Beliar zu dienen, fand selbst Thara gerade weniger attraktiv. Sie hatte zwar schon oft den Gedanken gehabt, ihrer miserablen Existenz selbst ein Ende zu setzen, und manchmal war sie auch kurz davor gewesen, den Gedanken in die Tat umzusetzen, aber irgendetwas hatte sie am Ende dann doch immer davon abgehalten. Ein letzter Schimmer von Hoffnung vielleicht? Und jetzt, wo sie es geschafft hatte, der Hölle ihres bisherigen Lebens zu entkommen, sich unter Aufbietung all ihrer Kräfte durch die Wildnis geschlagen und es endlich hier her, in dieses Kastell geschafft hatte, wo sie vielleicht eine Zukunft hatte, wollte sie ganz sicher nicht sterben – nicht, ohne zuvor nicht wenigstens einmal gelebt zu haben!

    Die zweite Option hingegen…
    Thara wunderte sich direkt, dass Sinistro so ins Stocken kam, als er davon erzählte, wie es wäre, einen Menschen zu töten.
    Ihrer eigenen Erfahrung nach war es ganz einfach.
    Aber natürlich hatten ihre Opfer den Tod auch verdient gehabt. Ihre Väter, ihr leiblicher und ihr Ziehvater, waren Monster gewesen, hatten sie misshandelt und missbraucht, ihr Leben lang. Es hatte Thara nicht die geringste Überwindung gekostet, sie zu töten, und sie bereute es keine Sekunde. Sie bereute höchstens, sie so schnell getötet zu haben.
    Sinistro hingegen hatte offenbar andere Erfahrungen gemacht. Thara fragte sich, was geschehen war, als der Hohepriester kurz abschweifte und wohl vor seinem inneren Auge die Vergangenheit Revue passieren ließ, aber sie sagte nichts. Es sah nicht danach aus, als wäre es ein Thema, über das er gern spräche.

    Die Idee, predigen zu gehen, verwarf Thara, ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden. Es kam ihr schon wie eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe vor, auch nur mit einer einzigen Person zu reden und dabei halbwegs verständliche Sätze zu formulieren. Sich vor eine Menschenmenge zu stellen, war komplett undenkbar. Da würde sie eher noch die erste Option wählen…

    Der letzte Weg hingegen – Wissen mehren? Lernen? Macht erlangen? Thara konnte sich kaum vorstellen, wie es sein musste, Macht zu haben. Alles, was sie bisher in ihrem Leben kennengelernt hatte, war Ohnmacht gewesen; ein Objekt zu sein, über das andere verfügten. Wie fühlte es sich an, selbst über andere verfügen zu können?
    Und vor allem, wie konnte sie das erreichen? Sie hatte keine Fähigkeiten, auf denen sie aufbauen konnte. Sie konnte nicht kämpfen, oder zaubern. Sie beherrschte kein Handwerk, war in keinen Künsten bewandert.
    Alles, was sie konnte, war, Drecksarbeiten zu erledigen.
    Was tue ich hier eigentlich?
    Nachdenklich stocherte sie in den Resten ihrer Mahlzeit herum. Von dem Fisch waren nur noch ein paar Gräten übrig, die Sauce hatte sie mit dem Brot auf getunkt.

    Sinistro kam ans Ende seiner Ausführungen. Der Weg, den er skizzierte… Thara fragte sich, ob sie wirklich dazu in der Lage war. Sich selbst bilden? Sich selbst vertrauen? Einen Weg finden, der dann der Weg werden würde, den Beliar für sie auserkoren hatte? Wie sollte sie das anstellen?
    Sie legte die Gabel ab und biss nervös auf ihrer Unterlippe herum, während sie nachdachte. Schließlich hob sie zögerlich den Kopf und warf Sinistro einen scheuen Blick zu.
    „Ich… w-w-weiß nicht, ob ich das kann!“, flüsterte sie beinahe und sah beschämt wieder weg, „Ich meine, ich… ich kann eigentlich… nichts!“
    Thara starrte auf die Tischplatte vor sich. In ihrem Schoß rang sie die Hände vor lauter Nervosität, ihr Hals fühlte sich an wie zugeschnürt.
    „K-k-k… könnt… Könnt Ihr mir helfen?“, würgte sie schließlich hervor, ohne dabei den Blick zu heben, „Bitte! I-i-ich tue auch alles, was Ihr verlangt!“

  16. Beiträge anzeigen #236
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    Ob er ihr helfen könne, fragte die Frau mit den dunklen Haaren und Sinistro begann, in einem erneuten Monolog, sie auf die ein oder andere weise darauf vorzubereiten, wie sie ihm bzw. sich helfen könne.
    Er begann damit, ihr zu erklären, dass jeder Mensch eine Begabung habe, man diese jedoch erst finden müsse, der Weg dahin beschwerlich wäre und dass man auch bei Rückschlägen nicht aufgeben möge. Dann führte er weiter aus, dass manche Menschen dazu bestimmt seien, Dinge mit ihren Händen zu tun, andere wiederum dazu, ihren ganzen Körper einzusetzen und wieder andere mit ihrem Geist zu Höchstleistungen fähig waren.
    Er erklärt und erzählte dem gepeinigten Mädchen von Magiern und ihren Künsten, von Schwertkämpfern und von Menschen, die ihren Körper beherrschten, als wäre er ohne Knochen. Er holte aus und redete beinahe ohne Unterlass, immer wieder kurz innehaltend und unterbrechend, wenn er einen Schluck aus dem Glas vor ihm nahm. Und sobald das Glas leer war, wurde ein Neues gereicht, drei bis vier an der Zahl und während der gesamten Zeit konnte man nur und ausschließlich die Stimme des Hohepriesters vernehmen.
    Und je weiter die Stunden vorangeschritten waren, desto weniger hatten die grünen Augen des Magiers noch Sinn für die ihm gegenübersitzende Frau, er war vollkommen in seinem Element, ihr die Welt, Beliar und alles drumherum erklären zu wollen und ihr begreiflich zu machen, dass ihr die Welt hier offen stünde wie sonst nirgends.
    Dass er sie damit vielleicht überfordern könnte oder dass seine Worte in ihr Qualen auslösen könnten, kam ihm nicht in den Sinn.

    Je mehr Wein der Grünäugige zu sich genommen hatte, desto mehr schweiften seine Worte von allgemeinen Dingen ab und bezogen sich, mal mehr, mal weniger deutlich, auf sein eigenes Schicksal. Auf seinen Weg vom Habenichts zum Hohepriester. Darauf, wie er lernen musste, in dieser Welt zurechtzukommen, wie er lernen musste, Bücher zu lesen und selber zu schreiben, wie er erkannte, dass er den Weg der Magie beschreiten solle…

    „Jetzt aber genug von mir“, schloss der Schwarzmagier seinen Monolog mit einem ausgedehnten Gähnen, „wenn ich dir helfen kann, dann werde ich das tun, denn Beliar teilt seine Macht mit denen, die an ihn glauben. Und je mehr an ihn glauben und ihn verehren, desto mehr Macht… Suche mich in meinem Arbeitszimmer auf, wenn dir danach ist, mehr zu erfahren – und du kannst mir dabei helfen, Ordnung zu schaffen, wo das Chaos herrscht! Und wenn du willst, dann schau dir doch davor die Bibliothek an. Da kannst du dich noch ein wenig in die Thematik einlesen… Und überhaupt: Vielleicht finden wir ja einen Weg, dass du diese Gehhilfe loswirst!“
    Mit diesen Worten erhob sich Sinistro, verbeugte sich ein wenig tiefer, als er eigentlich wollte und ging – oder eher: torkelte leicht – in Richtung seines Gemachs.
    Geändert von Sinistro (25.06.2023 um 15:53 Uhr)

  17. Beiträge anzeigen #237
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    Thara sah dem mit leichter Schlagseite davonschlurfenden Hohepriester unschlüssig hinterher. Sie konnte nicht abschätzen, wie lange er ihr jetzt einen Vortrag über Beliar und die Welt gehalten hatte. Sie hatte zwar versucht, seinen Ausführungen zu folgen und eine gelehrige Schülerin zu sein, aber mit jedem Weinglas war er weiter abgeschweift und hatte angefangen, von Dingen zu reden, die Thara absolut nichts sagten und dabei mit Wörtern um sich zu werfen, die sie nicht verstand, so dass sie aller Bemühungen zum Trotz bald vollkommen den Faden verloren hatte. Der Hohepriester bemerkte jedoch offensichtlich überhaupt nicht, dass seine Monologpartnerin nur noch rein mechanisch ab und an nickte; er war sich selbst genug.
    Immerhin hatte Thara so viel verstanden, dass Sinistro selbst wohl nicht gerade aus gehobenen Verhältnissen stammte und sich die Fähigkeiten, die er brauchte, um den Weg Beliars zu beschreiten, selbst hatte aneignen müssen. Vielleicht bestand also doch noch Hoffnung für sie?
    Thara blieb noch ein wenig sitzen, nachdem Sinistro gegangen war, und versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Leichter gesagt als getan. In ihrem Kopf ging schon unter gewöhnlichen Umständen alles drunter und drüber, und die Ereignisse der letzten Tage, die zahlreichen völlig neuen Eindrücke und Erfahrungen, hatten das nicht gerade besser gemacht. Es fiel ihr zunehmend schwerer, die Dinge überhaupt noch in eine zeitliche, geschweige denn sinnvolle Ordnung zu bringen.
    Seufzend erhob sie sich und beschloss, in ihr Quartier zurückzugehen. Den Apfel, den sie nach der ausgiebigen Mahlzeit doch nicht mehr angerührt hatte, nahm sie mit. Sicher ist sicher! Man konnte ja nie wissen, wann es wieder etwas zu essen gab…

    ***

    Als Thara am nächsten Tag erwachte, war es schon wieder so spät, dass die Sonne den Zenit schon überschritten hatte. Vielleicht, weil sie sich getraut hatte, sich ins Bett zu legen? Es war ein sonderbares, ein völlig ungewohntes Gefühl gewesen, so weich zu liegen. Anfangs konnte sie deswegen kaum einschlafen – deswegen, und weil eine hinterhältige Stimme in ihrem Kopf ihr die ganze Zeit einzureden versuchte, dass sie das nicht durfte, dass gleich ein Dämon oder der Hohepriester oder sonst wer ins Zimmer gestürmt kommen und sie für ihre Anmaßung bestrafen würde. Mehrfach schreckte sie grundlos wieder hoch, als sie kurz vor dem Einschlafen war, bevor die Erschöpfung schließlich die Oberhand gewann. Sie hatte noch immer einiges an Schlaf nachzuholen und ihr Körper brauchte die Ruhe, um sich zu regenerieren.

    Sie fühlte sich inzwischen aber auch schon wieder deutlich besser. Ihr tat nicht mehr alles weh… nur noch das meiste. Nach dem Aufstehen begab sie sich nach kurzem Zögern ins Refitorisum, wo sie sich eine Schüssel Eintopf mit frischem Brot bringen ließ. Trotz allem, was sie zuletzt erlebt hatte, war sie noch immer überrascht, dass ihr so ohne Weiteres das Essen gebracht wurde… Sie würde wohl noch eine Weile brauchen, bis sie das als normal ansehen konnte.

    Nachdem sie gegessen hatte, ließ sie sich von einem Dämon zum Arbeitszimmer des Hohepriesters führen. Als sie vor der Tür stand, hielt sie inne. War es nicht vielleicht schon zu spät? Und außerdem… Er hatte ihr gesagt, sie solle sich in der Bibliothek einlesen, und sie hatte ihm nicht mitteilen können, dass sie überhaupt nicht lesen konnte… Was, wenn ihn das verärgerte? Unschlüssig stand Thara vor der Tür und nagte an ihren Fingernägeln. Klopfen? Oder wieder umdrehen und am nächsten Tag wiederkommen?
    Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als die Tür aufflog, ein in Gedanken versunkener Sinistro herauskam und sie beinahe über den Haufen gerannt hätte. Thara stolperte nach hinten und trat dabei aus Versehen mit ihrem verletzten Fuß auf. Sie schrie auf, als ein heißer Schmerz wie glühende Messer ihr Bein hochfuhr, verlor die Balance und fiel auf ihr Hinterteil. Stöhnend zog sie die Beine an den Körper, blinzelte die Tränen weg, die ihr der Schmerz in die Augen getrieben hatte, und schaute schuldbewusst hoch zu Sinistro, der schockiert zu ihr heruntersah.
    „T-t-tut mir leid!“, stammelte sie, „I-ich w-w-wollte nicht stören…“

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    „Na so hab ich das aber nicht gemeint, als ich dich gestern aufforderte, dich bei mir zu melden, wenn du mehr erfahren willst“, flüsterte Sinistro, während er sich bereits auf seine Knie begab, um sich dem kaputten Fuß der jungen Frau zu widmen.

    „Außerdem kannst du auch wirklich langsam aufhören, dich für jede Kleinigkeit zu entschuldigen. Ich hatte dich eingeladen, mich aufzusuchen. Dann störst du nicht. Wobei ich ja eigentlich andere Dinge mit dir tun sollte, als mich um dein Bein zu kümmern.“

    Der Hohepriester bemerkte, wie Thara sich leicht von ihm wegdrehen wollte und die Augen zukniff, als er sich ihr nähern wollte.

    „Hier draußen, können wir da sowieso nichts tun. Ich wird dir jetzt langsam auf die Beine helfen, wenn du das möchtest und zulässt. Und dann stütze ich dich, während wir uns beide hier in das Zimmer begeben. Wir werden dir dann einen Platz zum sitzen suchen und ich schaue mal genauer nach dem, was ich mit dem Bein anstellen kann. Je nach Verletzung…“
    Schon wieder fing der Magier an, seine Stimme sprechen zu lassen und Thara zuzuquatschen. Doch eben fiel ihm das tatsächlich selber auf und er räusperte sich.
    „Also, meine liebe Thara, ich werde jetzt gar nicht mehr viel sagen, sondern es dir überlassen. Hier ist meine Hand…!“
    Der Grünäugige hatte sich wieder erhoben, doch nach vorne zu der jungen Frau gebeugt, er blickte ihr tief in die Augen und erst jetzt fiel ihm das milchige Auge der Verletzten auf. Doch er zeigte keine Regung, hielt ihr einfach die Hand hin und wartete ab, wie sie sich entscheiden möge.

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    Thara ist offline
    Thara rutschte im ersten Moment instinktiv ein Stück weg, als der Hohepriester sich über sie beugte und ihr die Hand reichte.
    …dass er eigentlich andere Dinge mit ihr tun sollte, als sich um ihr Bein zu kümmern…
    Was hatte er damit sagen wollen? Meinte er es so, wie sie es gerade verstand? Oder verdrehte sie nur für sich selbst mal wieder die Dinge so, dass sie sich automatisch die schlimmste denkbare Möglichkeit vorstellte?
    Sie sah ihn kurz misstrauisch an, hob ihre Hand dann trotzdem ein Stück, zog sie wieder zurück.
    Habe ich denn eine Wahl?
    Nein, hatte sie nicht. Sinistro war im Moment der Einzige, der ihr weiterhelfen konnte. Sie konnte nur hoffen, dass sie seine Andeutung falsch verstanden hatte.
    Doch selbst wenn nicht… sie würde es überleben. Sie würde es einfach über sich ergehen lassen, wie sie es so oft über sich hatte ergehen lassen, und dann würde sie Beliar einen Dienst erweisen auf die Art, wie sie es schon zwei Mal getan hatte.
    Sie legte ihre Hand in die des Schwarzmagiers.
    Was geschehen würde, würde geschehen.

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    Grünauge  Avatar von Sinistro
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Sinistro ist offline
    So ganz konnte man aus dem Mädchen nicht schlau werden. Zumindest Sinistro konnte das nicht. Nichtsdestotrotz griff er nun ihre Hand, näherte sich ihr ein wenig mehr und griff mit seinem Arm um ihre Hüfte, um sie daran langsam und ohne Druck auf das verletzte Bein hochzuziehen. Zuvor jedoch legte er noch einen Arm der jungen Frau um seinen Hals und er forderte sie auf, sich so fest wie möglich an ihn zu klammern.
    „Lass mich bitte einfach machen…“, versuchte er, Thara während der gesamten Prozedur zu beruhigen, ob seine Worte nun Erfolg hatten oder nicht.

    Langsam stolperten die zwei Anhänger Beliars voran in das für einen medizinischen Eingriff viel zu düstere Labor des Hohepriesters. Und mangels Alternativen sollte Thara sich nun auf den großen Tisch setzen, der inmitten des Labors aufgebaut war und auf dem vor langer Zeit sicherlich die ein oder andere Leiche lag, an der der Hohepriester seine anatomischen Kenntnisse vertieft hatte.
    Sinistro half Thara, seinen Arm immer noch um ihre Hüfte gelegt und ihren Arm um seine Schulter, dass sie den Tisch auch erreichte. Er half ihr auch dabei, sich nun hinzulegen.

    „Alles wird gut!“ versuchte er sie weiter zu beruhigen, während er nun begann, das Bein der jungen Frau abzutasten, nicht jedoch, ohne vorher für ein wenig mehr Beleuchtung gesorgt zu haben.
    „Ich muss mir das genau angucken, damit ich dir helfen kann.“
    Der Heilkundige strich über das verletzte Bein, danach über das Unverletzte. Wieder und wieder verglich er mit seinen Händen und Berührungen die Beschaffenheit, die Dicke und alles, was ihm zusätzliche Informationen geben könnte.
    Während er nun den Knöchel der jungen Frau untersuchte, wanderten langsam und unbewusst die kleinen magischen Fühler, die er als Heiler zu nutzen wusste, in Richtung des Knöchels der jungen Frau, um seine Diagnose zu bestätigen. Sie hatten schon Tharas Haut erreicht und wollten beiläufig weiter vordringen, ehe sie abrupt wie an einer Wand stehen bleiben mussten. Erst jetzt bemerkte der Grünäugige, was hier geschah, brach die magische Unterstützung seiner Diagnostik ab und beschränkte sich darauf, ihr zu erklären, was nun geschehen müsse.
    „Ich gehe… von einer Verstauchung aus. Das ist eine Art Dehnung durch eine Überlastung, vielleicht eine unbedarfte Bewegung in unnatürliche Richtung. Jedenfalls kann sie ohne größere Probleme gut von alleine heilen, wenn man sie mit Verbänden ruhig stellt und Salben können die Heilung beschleunigen. Ich werde den Knöchel verbinden müssen – aber zuerst muss ich ihn reponieren, also in die normale Stellung bringen. Das könnte ein wenig weh tun…!“

    Ohne weitere Vorwarnung und ohne auf ihr Einverständnis zu warten, zog der Schwarzmagier kurz und heftig an Tharas verletztem Bein. Sie schrie lauter auf als zuvor ihm Flur.
    Das ihm verdächtig erscheinenden und ihm nicht erklärbare Stoppen seiner heilerischen Möglichkeiten beschäftigte Sinistro, doch er wollte dem erst später auf den Grund gehen, jetzt musste er sich auf das Verbinden des Knöchels konzentrieren.
    Er suchte, bevor er weitermachte, in einem seiner Schränkchen nach einer Paste, die er auf ein Tuch aufbrachte und direkt auf die empfindlichste Stelle am Knöchel legte. Danach hob er Tharas Bein leicht an, stabilisierte es und legte den Verband an, darauf achtend, diesen weder zu fest noch zu locker zu binden.
    „Das sollte fürs Erste reichen… probier mal zu laufen!“ forderte der Grünäugige seine Patientin nun auf und blickte ein wenig stolz auf seine Leistung auf den Verband und das Bein der jungen Frau.

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