So, ich habe endlich zum ersten Mal die Hauptquest von
Fallout 4
sowohl der beiden DLC 'Far Harbor' und 'Nuka Cola World' beendet.
MEIN FAZIT:
Im Durschnitt hatte ich eine sehr schöne, unterhaltsame Zeit mit den nunmehr fünften Ableger der Reihe (diverse Spin-Off nicht mitgezählt).
Atmosphärisch gelang es Bethesda, trotz einiger Veränderungen im Artdesign im Vergleich zu den beiden Vorgängern FO 3 und NV, die Postapokalypse in FO 4 erneut sehr stimmig umzusetzen.
Wenn ich mir persönlich auch ein weit geringeres Gegneraufkommen gewünscht hätte. Dadurch dass der Protagonist quasi alle paar Schritte angegriffen wurde, konnte sich erst überhaupt nicht die Atmosphäre einer Erde nach den 'Untergang' der Menschheit entfalten. Aber ich denke der Mainstream braucht diesen beständigen Nachschub an Action um weiterhin interessiert zu bleiben.
Persönlich hatte FO 4 für mich die atmosphärischen Momente, wenn ich alle Gegner eliminiert hatte, diese dank Mod auch nicht innerhalb weniger Stunden/ Tage wieder umgehend respawnten, und ich mich ganz auf das zur Geisterstadt gewordene Boston samt Umland einlassen konnte.
Sehr gut gefallen bei der Charaktererschaffung hat mir die Möglichkeit den Protagonisten unterschiedliche körperliche Verfassungen zu geben, vom Bodybuilder bis Übergewichtigen war alles möglich. Ein Feature, das leider bei der Charaktererstellung in CRPG noch immer nicht zur Norm gehört.
Die Handlung der Hauptquest weiß dabei, trotz einiger Highlight, leider nicht zu überzeugen. Zwar ist sie keine schlichte Kopie kein Hommage der Handlung von FO 1&2, wie es noch bei FO 3 leider der Fall war, erreicht aber weder die Qualität der beiden Klassiker, noch von FO: NV, trotz weit beträchtigeren Schauwert.
Wobei die erste Handlungshälfte, wo der Protagonist versucht das Geheimnis hinter den schwarzen Mann des Commonwealth, den sogenannten Institut, zu ergründen durchaus Potenzial verspricht und dementsprechend zu unterhalten weiß. Leider fällt das Potenzial wie ein Kartenhaus zusammen, sobald der Protagonist das Institut in der Handlungsmitte erreicht hat. Denn ab diesen Punkt lautet die Handlung schlicht: Schließe dich einer der vier Fraktionen an, um die übrigen zu vernichten.
Die vier Fraktionen wären:
- Die Railroad:
Benannt nach den historischen Freiheitskämpfer sind diese Menschen der Auffassung, dass Synth, als menschenähnliche Maschinen, die sich ihrer selbst bewusst sind, die selben Rechte verdient haben wie jeder andere Mensch und integrieren die Synth nun heimlich in die Gesellschaft.
- Die Bruderschaft des Stahl:
Ist der Auffassung, dass wie Menschen aussehende Maschinen, die sich ihrer selber Bewusst sind, körperlich der Menschheit überlegen sind, und sich unbemerkt unter ihnen bewegen können, zur Gefahr werden (Wie zahlreiche Science-Fiction Filme wie Terminator, Prometheus, Alien 1, Blade Runner oder das Remake von Kampfstern Galaktika etc. bewiesen haben) und wollen deshalb alle Synth zum Wohle der Menschheit auslöschen.
- Das Institut:
Vertritt die selbe Meinung wie der Master in FO 1 und die Enklave in FO 2 & 3, dass die Menschheit an der Oberfläche, aufgrund ihrer genetischen Veränderung durch Ereignisse während des Atomkrieges, sowieso unrettbar verloren ist und will diese Menschheit komplett durch Synth, und somit überlegenden Exemplaren, ersetzen. (Wobei das Institut, wie bereits der Master in FO 1, bei der Umsetzung dieses Zieles die Tatsache übersieht, dass die vermeintliche überlegende Rasse nicht zeugungsfähig ist)
- Minuteman:
Ebenfalls benannt nach historischen Freiheitskämpfer kümmert sich diese Gruppe, ausnahmsweise, nicht um Synth und beschränkt sich darauf, wie ein Politiker während der US-Wahlen, Hände zu schütteln, und den Einwohnern des Commonwealth eine bessere Zukunft zu versprechen, wenn sie sich ihnen anschließen.
Hauptsächlich sind die Minuteman aber die Begründung für den 'Baumodus', sowie als Notlösung für alle diejenigen Spieler gedacht, die mit der Synth-Thematik nichts am Hut haben bzw. denen die Ausrichtung der drei anderen Fraktion in ihrer Einseitigkeit zu extrem ist
Was die Synth-Thematik selber betrifft ist die Möglichkeiten des Spieler, sich durch den Protagonisten mit dieser auseinanderzusetzen, leider auf die zwei Extreme beschränkt: Alle Synth sind unschuldige Opfer!' oder 'Alle Synth stellen eine Gefahr da!' (Biowares Magier/ Templer Konflikt in DA lässt schön grüßen!)
Erst das DLC 'Far Harbor' ermöglicht diesbezüglich ein wenig zu differenzieren, und zu zeigen, dass die Thematik nicht derart schwarz/weiß ist, wie uns noch das Hauptspiel glauben lassen will und bietet den Spieler dementsprechend auch weit mehr Handlungsspielraum.
Überhaupt gehört das DLC zum Höhepunkt des Spieles, da es nicht nur ein überraschend frisches Szenarium mit seiner, unübersehbar an Lovecraft's 'Schatten über Innsmouth' angelehnten, Nebeninsel bietet, sondern auch die bessere Haupthandlung, sowie die besseren Möglichkeiten des Rollenspiels.
Leider setzt Bethesda alle diese guten Vorsetze mit den zweiten Story-DLC 'Nuka Cola World' in den Sand, welches das Potential, einen alten Vergnügungspark nach seiner schicksalhaften Schließung zu erforschen, in keinen Moment ausnutzt, sondern mit plumpen Ideen, wie einen von Ghoulrillasaufgezogenen Tarzan im Safari-Vergnügungspark, und einfalllosen Sammelquest als einzige Aufgabe beliefert.
Die noch im DLC 'Far Harbor' eingeführte Flexibilität der eigenen Entscheidungen wird, mehr noch als im Hauptspiel, völlig zu Gunsten einer einseitig linealen Erzählweise geopfert, die an Sinnlosigkeit nicht mehr zu überbieten ist (Im Prinzip soll der Protagonist einigen Raider-Stämmen dabei helfen die Siedlungen auszulöschen, welche er selber im Hauptspiel errichtet hat- Nur des 'Böse sein' wegen...) und nur dadurch in eine andere Richtung gelenkt werden kann, indem der Spieler die Haupthandlung schlicht abbricht und alle Beteiligten umbringt.
Lediglich die Wüste, in welcher der Vergnügungspark liegt, ist erneut gekonnt atmosphärisch umgesetzt und beinhaltet leider die einzige originelle Quest in Form einiger typischen UFO-Spinnern, welchen der Protagonist zu einer Begegnung der dritten Art verhelfen soll.
Wirklich überzeugen kann FO 4 letztendlich hauptsächlich durch seine Nebenquest. Auch wenn sich leider auch hier, für meinen Geschmack, viel zu viele Sammel-Quest im MMO-Qualität, eingeschlichen haben (aber die neuere Generation von CRPG-Spielern scheint ja auf solche zu stehen.), überzeugen oder zumindest unterhalten die Nebenquets diesbezüglich durch skurrile Geschichten und Charaktere.
Die Kritik vieler Veteranen der FO-Franchise, dass hier ein Großteil des Rollenspiels im Vergleich zu den Vorgängern verloren gegangen ist, da die Gespräche quasi immer Gleich verlaufen, egal welche Werte- und Fähigkeiten der Charakter besitzt, möchte ich mich zwar anschließen. Auf der anderen Seite überrascht Bethesda im Einzelfall dadurch, dass die NPC nebenher in ihren Dialogen schon einmal Bezug zu den Charakterwerten nehmen, so lobt z.B. die Nachtclubsängerin Magnolia, je nach Charakterwert, schon einmal die Muskeln des Protagonisten bei entsprechend hohen Stärkewert, oder seine Ausstrahlung bei hohen Charisma, etc. Was dann doch erheblich zum Rollenspielgefühl beiträgt, hier einen individuellen Charakter zu verkörpern.
Zudem ist bei allen Handlungselementen, die eine Entscheidung zulassen, auch nach wie vor eine gegeben.
So dass auch in FO 4 noch Rollenspielelemente vorhanden sind, wenn auch nur noch auf den Niveau eines ME von Bioware, statt eines FO 1& 2 oder NW.
'Bioware' ist dann auch ein schönes Stichwort um die zweite Stärke dieses Spieles zu nennen: Die Begleiter.
Waren diese in den bisherigen Bethesda-Werken bestenfalls Beiwerk ohne Persönlichkeit, sobald der Spieler sich dazu entschlossen hatte sie auf seine Reisen mitzunehmen, da sie fortan verstummten, handelt es sich bei den Begleitern in FO 4 um Persönlichkeiten auf Bioware-Niveau mit eigener Meinungen, und Beteiligungen an Gesprächen und Ereignissen, inklusive den Einfluss-System, das sich bereits Bioware seit längeren von Obsidian entliehen hat.
Die Begleiter besitzen dabei zwar keinerlei Tiefe, mit vielleicht max. zwei Ausnahmen, sind aber durchgehend unterhaltsam und unterschiedlich genug, dass eigentlich für jeden Spieler eine/r dabei sein sollte, die/der einen anspricht.
Wenn überhaupt hat diese Annährung an Bioware-CRPG FO 4 gut getan, denn es spielt sich wesentlich unterhaltsamer als noch die Vorgänger.
Wenn Bethesda im eventuelle Nachfolger das Niveau des Hauptspiels von FO 4 beibehält, dabei ABER wieder auch mehr Rollenspieloptionen von Bedeutung in die Dialogen einbaut (statt alle Dialoge gleich ablaufen zu lassen), die Gegnerdichte und somit den Actionanteil allgemein wieder reduziert, und die Haupthandlung nicht derart plump und belanglos dahinsiechen lässt, wäre ich durchaus rundum zufrieden.
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