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Pragmatik im Gefangenendilemma

  1. #1 Zitieren
    Halbgott Avatar von Oblomow
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    Hallo zusammen. Pragmatisches Handeln hört man ja immer wieder und scheint auch sehr beliebt. Meist hat das dann etwas mit Finanzsituationen etc. zu tun, also quasi pragmatische Entscheidungen hinsichtlich des Zieles der Maximierung des Geldes des Bundes. Viele sagen dies dann etwa Angela Merkel nach, aber es gibt ja auch genug andere Zielmaße: CO2 in der Luft, Menschen unterhalb der Armutsschwelle, Glücksindex, etc.

    Aber darum soll es hier eigentlich sogar weniger gehen, sondern um die Frage, was ihr als pragmatisches Handeln im Gefangenendilemma seht.

    Das Gefangenendilemma selbst ist ein spieltheoretisches Szenario, das klassisch so formuliert ist:

    Zwei Gefangene werden in zwei getrennten Räumen gleichzeitig verhört. Ihnen beiden kann bereits jetzt eine Straftat nachgewiesen werden, allerdings wird diese nicht zur verdienten Höchststrafe führen.

    Die beiden Gefangenen fungieren hier als Spieler. Nennen wir sie Spieler A und Spieler B.

    Schweigen beide bekommt jeder von beiden zwei Jahre Gefängnis.
    Ist A geständig und B schweigt kommt A als Kronzeuge nach einem Jahr raus, B bekommt 6 Jahre
    Ist B geständig und A schweigt kommt B als Kronzeuge nach einem Jahr raus, A bekommt 6 Jahre
    Und sind beide geständig bekommt jeder vier Jahre.

    Hier ist das ganze auch nochmal als Auszahlungsmatrix, links steht die Strafe von A, rechts die Strafe von B

    B schweigt B gesteht
    A schweigt (-2, -2) (-6, -1)
    A gesteht (-1, -6) (-4, -4)

    Das Nash-Gleichgewicht, also wohin sich diese Situation entwickelt, was gemeinhin als optimal gilt ist übrigens, dass beide gestehen, obwohl sich ein Gesamtergebnis von -8 ergibt, der selbst schlechter ist, als wenn nur einer verpfeift.

    Dazu gibt es diesen Gedanken: Angenommen wir sind in der Situation, dass beide schweigen: Sowohl für Spieler A als auch für B lohnt es sich davon abzuweichen, da sie jeweils für sich ein Jahr weniger hätten. Wir befinden uns also oben rechts bzw. unten links in der Matrix.

    Aber in beiden sich so ergebenden Fällen ist es für den bisher Schweigenden von Vorteil zu gestehen, da er so von 6 Jahren Gefängnis auf nur 4 Jahre kommt. Also ergibt sich als Ergebnis, dass beide gestehen.

    Darüber, dass dies das Ergebnis ist, will ich aber auch nicht diskutieren. Das könnt ihr nachlesen, mit Professoren besprechen, etc..

    Was mich allerdings interessiert, was für euch hier pragmatisches Handeln ist, als Spieler: Schweigen oder Gestehen? (Man merke: mit -4 ist das beide-schweigen-Ergebnis das beste Gesamtergebnis von allen).

    Und wie seht ihr es politisch und wirtschaftlich? (z.B. zwei Staaten machen ein Handelsabkommen in dem unter anderem der Patentmarkt geöffnet werden soll. Beide halten sich daran ist das beste Ergebnis. Wenn ein Land sich einseitig nicht dran hält steht dieses aber besser da und das andere hat sogar Schäden, weil der erhöhten Konkurrenz kein entsprechender Gewinn entgegensteht. Halten sich beide nicht daran, sorgt die Unsicherheit bei Unternehmen mit dem anderen Land zu handeln auf derart wackligen Füßen, dass von Engagements komplett abgesehen wird (die -4, -4 Lösung).

    Das ist jetzt sicher nicht das beste Beispiel, aber ihr habt hoffentlich genug Fantasie euch entsprechende Szenarien auszudenken. Und auch entsprechend relevante Einheiten, wenn euch Haftjahre als nicht so relevant vorkommen sollten.

    Ein frohes Schreiben euch allen.
    Oblomow ist offline

  2. #2 Zitieren
    Mythos Avatar von Drachenei
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    Generell werden solche Beispiele meist dazu führen, daß Pragmatismus weitestgehend mit Opportunismus gleichzusetzen ist. Meiner Ansicht nach ist es jedoch weit pragmatischer, Optionen zur Einflußnahme auf die Rahmenbedingungen zu schaffen, bzw. offenzuhalten. Also den Versuchsaufbau zu manipulieren oder kurz: Zu bescheißen. Zum Beispiel durch das Ergänzen einer weiteren Komponente: Die Beute kann nur gemeinsam ausgelöst werden. Dadurch wird die Option "beide schweigen" attraktiver. Je nach Höhe der Beute. Beispiel: Zwei Jahre sitzen für 5 zünftige Jahresgehälter - oder ein Jahr sitzen und danach mit leeren Händen dastehen? Auch das Sicherheitsbedürfnis kann eine Rolle spielen: Zwei Jahre in Ruhe absitzen ist immer noch besser, als zu wissen, daß der Verpfiffene dafür sorgen wird, daß der Singvogel das eine Jahr nicht überlebt.
    Mit freundlicher Genehmigung von Casablonga
    Drachenei ist offline

  3. #3 Zitieren
    Halbgott Avatar von Orkjäger XD
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    Kurze Anmerkung: Das Nash-Gleichgewicht ist nicht optimal, sondern beschreibt, dass kein Spieler sich durch einen Strategiewechsel verbessern kann, wenn der jeweilige andere Spieler bei seiner Strategie bleibt.

    Pragmatisch wäre natürlich, wenn man zB ein Handelsabkommen nur mit solchen abschließt, von denen man weiß, dass sie nicht für ihren eigenen Vorteil die Auszahlung des Anderen wissentlich verringert.
    Das wird natürlich besonders dadurch begünstigt, dass man Abkommen sinnvoll und fair verhandelt. Das wäre dann auch schon ein wichtiger Unterschied, man begibt sich im unkooperativen zum kooperativen Spiel.

    Dazu gibt es auch schöne spieltheoretische Ansätze, schau dir mal die Nash-Verhandlungslösung an, wenn dich das interessiert
    Es ist schön, dass ich euch kenne
    Es macht Spaß, mit euch zu plauschen
    Ihr habt Nachmittags oft Zeit
    Ihr habt immer was zu rauchen
    Aber wenn bei mir ein Rohr platzt, seid ihr wirklich zu nichts nütze
    Ihr seid zwar alles Lappen, aber trotzdem gibt's 'ne Pfütze

    Das Lumpenpack - Pädagogen
    Orkjäger XD ist offline

  4. #4 Zitieren
    bester boi Avatar von MisterMeister
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    Das Nash-Gleichgewicht kann man auch verwenden um sicherzustellen, dass beide Gefangenen gleich viele Süßigkeiten bekommen.
    MisterMeister ist offline

  5. #5 Zitieren
    Der Erzbaron Gomez ist offline

  6. #6 Zitieren
    Legende Avatar von Ciao
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    Tja Oblomow

    Gesellschaftsphilosophie, Strategeme und Logik interessieren nur eine Minderheit.
    Bleib diesen Themen treu, denn Du wirst davon profitieren.
    Aber erwarte keine allgemeine Begeisterung. Oder Verständnis. Auch nicht von gebildeten Leuten. Leider ist dem so.
    Nicht umsonst befinden wir uns in gesellschaftlichen Dilemmata.

    Der Durchschnittkriminelle (in diesem Beispiel) und der Durchschnittbürger werden immer im Nash-Gleichgewicht hängen bleiben, da sie sich über die "Spielsituation" keine Gedanken machen.
    Gute Ermittler, aber auch die Mafia haben bereits Ausweichstrategien entwickelt.

    Falls Du noch am Anfang dieser individuellen und gesellschaftspolitischen Bewußtseins-Fragen stehst, empfehle ich "Die Logik des Mißlingens", "Fuzzy Logic", "Lügen mit Statistik"
    Alles einführende Werke, die die Tür zu einer interessanten Welt öffnen helfen können.

    Wenn Du Wirtschaftswissenschaften studierst, solltest Du Dir auch Themen wie "Pareto-Effizienz", "objektive und subjektive Rationalität", "Kybernetik", "Theorie der öffentlichen Güter", "The intelligent investor", etc. ansehen.
    Aber erwarte nicht, daß Dir Profs dafür eine gute Note geben
    Ist Euch eigentlich klar, dass wir zu den reichsten 10% der Welt gehören?
    10% von 9 Milliarden sind 900 Millionen. Und unter diesen 900 Millionen gehören unsere 80 Millionen klar zu den reicheren unter den reichsten 10%.
    Also, wie verbessern WIR die Welt? Und keine Ausreden.
    Ciao ist offline Geändert von Ciao (26.08.2017 um 21:59 Uhr)

  7. #7 Zitieren
    Halbgott Avatar von Orkjäger XD
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    Zitat Zitat von Conterman Beitrag anzeigen
    "Lügen mit Statistik"
    Hast du einen Link?
    Ich meine mal auf ein Buch mit ähnlichem Titel aufmerksam geworden zu sein

    Zitat Zitat von Conterman Beitrag anzeigen
    Wenn Du Wirtschaftswissenschaften studierst, solltest Du Dir auch Themen wie "Pareto-Effizienz", "objektive und subjektive Rationalität", "Kybernetik", "Theorie der öffentlichen Güter", "The intelligent investor", etc. ansehen.
    Aber erwarte nicht, daß Dir Profs dafür eine gute Note geben
    Kann ich nur unterstreichen. Ich habe letztes Semester Entscheidungs- und Spieltheorie belegt und bin absolut begeistert.
    Auch wenn ich bezweifle mich in einigen Monaten noch an die konkreten Berechnungsverfahren erinnern zu können, so werden definitiv die Grundgedanken hängen bleiben und diese halte ich für absolut sinnvoll.
    Das wird im jetzigen Wintersemester noch um Statistische Analyse Verfahren, Operation Research und Logik ergänzt
    Es ist schön, dass ich euch kenne
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    Orkjäger XD ist offline

  8. #8 Zitieren
    Legende Avatar von Ciao
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    Es geht in der Tat um das Buch "Lügen mit Statistik".
    Es hat mit Sicherheit seine Mängel. Es verhilft jedoch zu einem passablen Einstieg in die Thematik.

    Höre Dir "Statistische Analyse Verfahren" an.
    Lass es sacken.
    Und ergänze es privat um "Fuzzy Logic". Denn es ist ein Unterschied ob man von einem statistischen Durchschnitt ausgeht, oder aber von konkreten realen Erwartungswerten. Viele statistische Größen sind schließlich in der Realität immerhin noch nicht einmal tatsächlich mögliche Größen.
    Ist Euch eigentlich klar, dass wir zu den reichsten 10% der Welt gehören?
    10% von 9 Milliarden sind 900 Millionen. Und unter diesen 900 Millionen gehören unsere 80 Millionen klar zu den reicheren unter den reichsten 10%.
    Also, wie verbessern WIR die Welt? Und keine Ausreden.
    Ciao ist offline Geändert von Ciao (26.08.2017 um 23:07 Uhr)

  9. #9 Zitieren
    Trillionär  Avatar von void
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    Zitat Zitat von Oblomow Beitrag anzeigen
    Was mich allerdings interessiert, was für euch hier pragmatisches Handeln ist, als Spieler: Schweigen oder Gestehen? (Man merke: mit -4 ist das beide-schweigen-Ergebnis das beste Gesamtergebnis von allen).
    Gefangene haben Eigenschaften, nach denen sich das Handeln des anderen jeweils richten könnte. Also existiert das Dilemma vielleicht nur auf einer theoretischen Ebene?
    void ist offline

  10. #10 Zitieren
    Forenkater Avatar von Matteo
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    Zitat Zitat von void Beitrag anzeigen
    Gefangene haben Eigenschaften, nach denen sich das Handeln des anderen jeweils richten könnte. Also existiert das Dilemma vielleicht nur auf einer theoretischen Ebene?
    Natürlich kommt in der Praxis noch der Umstand hinzu, dass die Gefangenen A und B bei ihrer Wahl darauf vertrauen könnten, die Reaktion des Anderen anhand dessen jeweiligem Charakter abzuschätzen. Aber das ist halt trotzdem keine Garantie für irgendwas. Das Dilemma existiert also durchaus auch auf praktischer Ebene.
    Matteo ist offline

  11. #11 Zitieren
    Provinzheld
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    Zitat Zitat von Oblomow Beitrag anzeigen
    Hallo zusammen. Pragmatisches Handeln hört man ja immer wieder und scheint auch sehr beliebt. Meist hat das dann etwas mit Finanzsituationen etc. zu tun, also quasi pragmatische Entscheidungen hinsichtlich des Zieles der Maximierung des Geldes des Bundes. Viele sagen dies dann etwa Angela Merkel nach, aber es gibt ja auch genug andere Zielmaße: CO2 in der Luft, Menschen unterhalb der Armutsschwelle, Glücksindex, etc.

    Aber darum soll es hier eigentlich sogar weniger gehen, sondern um die Frage, was ihr als pragmatisches Handeln im Gefangenendilemma seht.

    Das Gefangenendilemma selbst ist ein spieltheoretisches Szenario, das klassisch so formuliert ist:

    Zwei Gefangene werden in zwei getrennten Räumen gleichzeitig verhört. Ihnen beiden kann bereits jetzt eine Straftat nachgewiesen werden, allerdings wird diese nicht zur verdienten Höchststrafe führen.

    Die beiden Gefangenen fungieren hier als Spieler. Nennen wir sie Spieler A und Spieler B.

    Schweigen beide bekommt jeder von beiden zwei Jahre Gefängnis.
    Ist A geständig und B schweigt kommt A als Kronzeuge nach einem Jahr raus, B bekommt 6 Jahre
    Ist B geständig und A schweigt kommt B als Kronzeuge nach einem Jahr raus, A bekommt 6 Jahre
    Und sind beide geständig bekommt jeder vier Jahre.

    Hier ist das ganze auch nochmal als Auszahlungsmatrix, links steht die Strafe von A, rechts die Strafe von B

    B schweigt B gesteht
    A schweigt (-2, -2) (-6, -1)
    A gesteht (-1, -6) (-4, -4)

    Das Nash-Gleichgewicht, also wohin sich diese Situation entwickelt, was gemeinhin als optimal gilt ist übrigens, dass beide gestehen, obwohl sich ein Gesamtergebnis von -8 ergibt, der selbst schlechter ist, als wenn nur einer verpfeift.

    Dazu gibt es diesen Gedanken: Angenommen wir sind in der Situation, dass beide schweigen: Sowohl für Spieler A als auch für B lohnt es sich davon abzuweichen, da sie jeweils für sich ein Jahr weniger hätten. Wir befinden uns also oben rechts bzw. unten links in der Matrix.

    Aber in beiden sich so ergebenden Fällen ist es für den bisher Schweigenden von Vorteil zu gestehen, da er so von 6 Jahren Gefängnis auf nur 4 Jahre kommt. Also ergibt sich als Ergebnis, dass beide gestehen.

    Darüber, dass dies das Ergebnis ist, will ich aber auch nicht diskutieren. Das könnt ihr nachlesen, mit Professoren besprechen, etc..

    Was mich allerdings interessiert, was für euch hier pragmatisches Handeln ist, als Spieler: Schweigen oder Gestehen? (Man merke: mit -4 ist das beide-schweigen-Ergebnis das beste Gesamtergebnis von allen).

    Und wie seht ihr es politisch und wirtschaftlich? (z.B. zwei Staaten machen ein Handelsabkommen in dem unter anderem der Patentmarkt geöffnet werden soll. Beide halten sich daran ist das beste Ergebnis. Wenn ein Land sich einseitig nicht dran hält steht dieses aber besser da und das andere hat sogar Schäden, weil der erhöhten Konkurrenz kein entsprechender Gewinn entgegensteht. Halten sich beide nicht daran, sorgt die Unsicherheit bei Unternehmen mit dem anderen Land zu handeln auf derart wackligen Füßen, dass von Engagements komplett abgesehen wird (die -4, -4 Lösung).

    Das ist jetzt sicher nicht das beste Beispiel, aber ihr habt hoffentlich genug Fantasie euch entsprechende Szenarien auszudenken. Und auch entsprechend relevante Einheiten, wenn euch Haftjahre als nicht so relevant vorkommen sollten.

    Ein frohes Schreiben euch allen.
    Hallo ,

    Gedankenspiele sind nützlich als Hirntraining und erforderlich wenn man Reaktionen auf möglichst viele Zustände planen muß. Das Leben findet aber nicht in klinischen Elfenbeintürmen statt und die Realität von Kausalketten ist eben nur dort real.

    Kybernetik wurde hier schon genannt. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, beschäftigt sich diese mit den sich gegenseitig beeinflussenden Wechselkreisläufen auf welche ich, aus meinem Blickwinkel, ständig und überall treffe. Sei es bei der Expansion von Gasen in einem Verbrennungsmotor, dem Reifen einer Frucht oder der Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen.
    Ginge es um wirklich notwendige Entscheidungen würde ich die Entwicklung von Forschung in diesem Bereich eher als Basis anzunehmen bereit sein.

    MfG
    Musketeer
    In Memoriam Iris Christa Linke Der Morgen wird kommen
    Musketeer ist offline

  12. #12 Zitieren
    General Avatar von Cichorium Intybus
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    Ich habe absolut keine Ahnung, wovon hier alle reden.
    Cichorium Intybus ist offline

  13. #13 Zitieren
    Forenkater Avatar von Matteo
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    Zitat Zitat von Cichorium Intybus Beitrag anzeigen
    Ich habe absolut keine Ahnung, wovon hier alle reden.
    Dann lies dir die Wikipediaartikel zum Gefangenendilemma und Nash-Gleichgewicht durch.
    Matteo ist offline

  14. #14 Zitieren
    General Avatar von Cichorium Intybus
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    Zitat Zitat von Matteo Beitrag anzeigen
    Dann lies dir die Wikipediaartikel zum Gefangenendilemma und Nash-Gleichgewicht durch.
    Ah, so meinte ich das nicht.
    Die Skizze kenn ich und auch die Begrifflichkeit darum grob.

    Aber so ganz klar ist mir nicht, worum es jetzt hier eigentlich geht.
    Cichorium Intybus ist offline

  15. #15 Zitieren
    Forenkater Avatar von Matteo
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    Achso. So wie ich das verstanden habe ist die Frage, ob man hier unter "pragmatischem Handeln" nun eher das Nash-Gleichgewicht (A gesteht, B gesteht) versteht oder eher die "ideale" Lösung (A schweigt, B schweigt).
    Matteo ist offline

  16. #16 Zitieren
    Mythos Avatar von Drachenei
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    Interessant wird es, wenn einem, keinem oder beiden Gefangenen das Nash-Gleichgewicht bekannt ist. Und wie würde das tatsächliche Ergebnis wohl ausfallen, wenn den jeweiligen Gefangenen bekannt oder nicht bekannt ist, ob es dem anderen bekannt ist...
    Mit freundlicher Genehmigung von Casablonga
    Drachenei ist offline

  17. #17 Zitieren
    Legende Avatar von jabu
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    Ein sehr schöner Thread, wie ich finde. Also gut, dann versuche ich es mal pragmatisch:

    Um das Problem auf gesellschaftlicher Ebene einigermaßen in den Griff zu bekommen, empfiehlt es sich, dass beide Seiten sich gewiss sind, in einem Boot zu sitzen, sodass beim Gefangenendilemma die Summe der Jahre zählt und nicht, was einer für sich alleine herausholt:

    Dann wären wir gemäß (-2,-2) beim Optimum. Das funktioniert aber nur bei Überwindung der neoliberalen Vorherrschaft, welche auf (-1,-6) setzt (wenn jeder für sich selber sorgt, sei für alle gesorgt). Das predigt natürlich zuvorderst derjenige, der sich im Vorteil wähnt. Sogar kriminelle Kartelle sind schlauer, indem sie auf (-2,-2) setzen, denn wer petzt, wird durch den Fleischwolf gedreht. Damit sind sie unserer Wirtschaftsordnung überlegen, siehe die wirtschaftlich sehr erfolgreichen Mafia-Clans in Italien oder auch ganz gewöhnliche Kartelle, die bekanntlich auch ihre ganz eigenen Gesetze und Verträge befolgen, wo keiner ausbrechen darf.

    Aber die Politik bekommt (in ihrer Eigenschaft als unsere Interessenvertretung) solche Allianzen nicht hin, weil Arschgeigen am Werk sind, die selber auf (-1,-6) setzen, wenn nicht heute, dann per Anschlussverwendung auf dem zweiten Karriereweg in der sog. Wirtschaft. Aber in der Realität ist das nicht ganz so schlicht und lenkt ein wenig von einem grundlegenden Problem ab: Denn es genügt bereits, wenn man Leute mit den jeweiligen unterschiedlichen Mindsets zusammenrührt, dass sich Vertreter der (-1,-6)/(-6,-1)-Kategorie durchsetzen. Denn wenn man alle machen lässt, bleibt die Mittelmäßigkeit zurück, während einige aus der Masse hoch pokern, dabei die meisten Fallen und einige eben mit (-1,-6) als vermeintlich erfolgreichere Menschen, woran sie feste glauben, durchkommen. Also haben die sowieso schon tendenziell dieses neoliberale Mindset mit im Gepäck, wenn sie oben ankommen. Von den Zurückgebliebenen hört und sieht man hingegen nichts. Die Summe zählt leider nicht. Wer hat mich denn nach oben getragen? Doch nicht meine Gegner? Doch, das haben sie. Es würde sich nur kaum jemand zugestehen.

    Religiös Verstrahlte bekommen es aber hin, denn wenn alle von einem unumstößlich positiven Menschenbild geprägt sind, landen sie auch bei (-2,-2), solange das keiner hintertreibt. Da Menschen aber eher davon ausgehen, dass der andere moralisch tiefer steht als man selbst, nur seinen eigenen Vorteil sucht, schwach wird, wie auch immer, landet man abwechselnd bei (-4,-4), (-1,-6) und (-6,-1) und viel zu selten bei bei (-2,-2). Man bekommt schwer auf freiwilliger Basis so eine geschlossene Gruppe hin. Dafür bedürfte es schon einer gewissen Werteerziehung und einer guten Portion an echter Bildung, also unabhängig von neoliberaler Ideologie und falschen Versprechungen (Wurst vor der Nase herziehen, damit du funktionierst).

    Deswegen braucht man eben ein starkes Band, indem man sich gewiss ist, in einem Boot zu sitzen (Beute und Schaden werden gerecht verteilt, sodass (-1,-6) wegen -3,5 im Schnitt Nachteile bringt und das stabile Versagen (-4,-4) sowieso.). Und weil es genügend Idioten gibt, welche die Regelkonformität der anderen ausnutzen, indem sie mit ihrer Bauernschläue selbst dagegen verstoßen, muss es abschreckende Sanktionen geben. So, das wäre die horizontale Ebene, funktioniert im Guten wie im Schlechten.

    Dann hätten wir noch die Vertikale: Es bedarf auch hier Allianzen und wirksamer Sanktionen, damit nicht die Beute privatisiert und Schaden vergesellschaftet wird. Wer hoch pokert, hat gefälligst auch die Verluste zu realisieren.

    Die Seite von Macht und Kapital hat aber längst ihr Allianzen geschmiedet, die andere nicht, da sie schwach ist. Seltsam ist dieses, weil die Seite von Macht und Kapital von den Werten abhängig ist, welche die Schwachen für sie schaffen. Also ist doch klar, wer die eigentlichen Starken sind. Aber es gibt genügend selbstzufriedene Arschgeigen unter ihnen (die sich einbilden, sie könnten jemals reich werden, also bei (-1,-6) landen, echt lachhaft, hahaha...) , welche denjenigen nachlaufen, welche daran arbeiten lassen, die bestehenden Strukturen zu verfestigen und auszubauen. Und wenn du nur ein Wort der Kritik anbringst, bist du gleich ein fieser Erzkommunist und Staatsfeind sowieso, auch wenn du nur auf verfassungsmäßige Grundrechte verweist.

    Wo sind jetzt all die supranationalen Allianzen? Attac vielleicht, aber immer noch viel zu schwach. Da dürfte noch eine ordentliche Schippe drauf, damit es richtig wirkt. Und wichtig ist aus systemtheoretischen Erwägungen auch, dass es viele Organisationen (und die auf unterschiedlichen Ebenen) gibt und nicht nur die eine, weil man sie allzu leicht korrumpieren, unterwandern, destabilisieren oder sonst wie marginalisieren kann.
    jabu ist offline Geändert von jabu (03.09.2017 um 12:44 Uhr)

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