Dras öffnete als erster seine Augen. Sein Schädel brummte nach einer durchzechten Nacht und sein oberes Augenpaar leuchtete greller als sonst. Als er sich langsam in eine sitzende Position erhob, kam ihm die Übelkeit hoch. Er versuchte das Erbrochene im Körper zu behalten, indem er sich konzentrierte und auf die Unterlippe biss, bis der Schmerz größer war, als der Brechreiz. Es funktionierte und er fühlte sich besser – auch wenn vermutlich nicht für lange.
Er erhob sich vom Bett, ganz langsam, wobei er dabei dieselbe Technik noch einmal anwenden musste um sich nicht doch noch zu übergeben. Es hätte ihm nichts ausgemacht auf dem Boden des Motelzimmers zu kotzen, denn es war eh nicht das sauberste. Das Zimmer bestand aus einem großem, rechteckigen Schlafzimmer, einer Tür zum Klo an einer Wand, ein Fenster von Boden bis zur Decke auf der gegenüberliegenden Wand und einer Küche in Richtung der Eingangstür – eine Theke lag zwischen Küche und Schlafzimmer und trennte beide Räumlichkeiten auf diese Weise auf. Auf der Wand neben der Klotür war ein Holo-Bildschirm und ihm gegenüber ein kleiner, runder Tisch mit drei Stühlen, auf denen auch ein Terminal zu finden war.
Dras ging nicht zum Klo, sondern bewegte sich langsam Richtung Küche. Dabei warf er nur einen kurzen Blick aufs Bett, wo auf der anderen Seite eine Asari lag, ganz eingerollt in die Decke. Nur beim genaueren Hinsehen erkannte man, dass sie nackt war und dass es die Asari von Chora’s Nest war. Der Batarianer versuchte sich auf seinen Weg zur Küche an ihren Namen zu erinnern. „Sherry…“, murmelte er, als er ein Glas nahm und darin Leitungswasser goss. Er nahm einen großen, aber langsamen Schluck und spürte, dass es half – auch wenn der Brechreiz einen Moment später wiederkehrte und er seinen Darminhalt in die metallene Spüle ergoss.
„Verflucht…“, fing er an murmelnd zu fluchen und atmete zunächst laut ein und aus, bevor er sich umdrehte und das Glas auf der Theke abstellte. Er warf der immer noch schlafenden Asari einen Blick zu und erkannte, dass er selbst noch nackt war. „Verdammt…“, seufzte er und suchte seine Kleidung unter der Kleidern auf dem Boden heraus und fand nur mit Müh und Not seine Unterhosen, Hosen, Socken und Stiefel.
Halb angezogen war er zufrieden, auch weil die Übelkeit nach dem Übergeben schwächer geworden war, und er aktivierte sein Omni-Tool, während er einen weiteren Schluck Wasser nahm. Zunächst öffneten sich dabei seine Suchmaschinen, an denen er zuletzt dran gewesen war und die allerlei Links, Bilder und Extranetseiten von Museen und ähnlichem zeigten. Er klickte ein Fenster nach dem anderen weg, bevor er bei einem der Museen stehenblieb und es sich nochmal anschaute – dieses hatte er nicht beenden können. Er ging die Liste der Exponate, die offiziell bekannt waren, durch und sein Blick verriet, dass er unzufrieden war. „Wieder keine schwarzen Kristalle…“, murmelte er verärgert und wischte auch dieses Fenster weg.
Er überprüfte seine Nachrichten und neben ein paar von Aitne Nar, fand er auch eine, auf die er gewartet hatte: der Absender war unbekannt, aber der Betreff-Titel war ‚Unterwegs‘. Er öffnete die Nachricht und erkannte, dass sein Besucher in der nächsten Stunde hier in dem Motelzimmer auftauchen würde.
„Endlich…“, murmelte der Batarianer zufrieden und nahm einen weiteren Schluck des Wassers, bevor er einen Blick auf die Asari warf – sie räkelte sich, schien aber noch nicht aufzuwachen. Bist wohl bisschen Meta im Drink nicht gewöhnt, was Kleine? dachte der Batarianer amüsiert über die letzte Nacht nach und wie er die Asari doch noch rumbekommen hatte mit ihm zu schlafen – unter Drogeneinfluss machten die wenigsten kluge Entscheidungen.
Dras gehörte zur den wenigsten. Er holte seine Lederjacke vom Boden und zog sein Injektionsgerät und sein Beutel mit dem Meta aus einer der Taschen. Es brauchte nur ein paar Handgriffe und ein paar Metamurmeln in flüssiger Form waren in seine Adern gespritzt und Dras stöhnte erleichtert auf. „Nichts geht gegen den Morgenschuss…“, murmelte er zufrieden, weil die Übelkeit und auch die Kopfschmerzen seinen Körper verlassen hatten – der Kater war wie ausgelöscht.
Er aktivierte wieder sein Omni-Tool und schaute sich dort die Liste von Kontakten an die Archy und Thorne ihm am gestrigen Abend gegeben haben. Sie war lang und zeugte von der langen Erfahrung der beiden Söldner. Die Kontakte reichten von der Citadel über Illium bis hin nach Omega – jedes große Zentrum, wo Leute für Geld töteten, war aufgelistet. „Werde später ein paar Anrufe tätigen müssen, wie es scheint…“, murmelte der Batarianer zufrieden, darauf hoffend, dass einer der Kontakte ihm die richtigen Leute empfehlen würde. Dras wusste, dass er vor allem bei Omega vorsichtig sein musste – nicht das Besh von der ganzen Sache Wind bekam.
Das Stöhnen der Asari unterbrach seine Gedankengänge. Sie bewegte sich eindeutig mehr als zuvor und es war klar, dass auch sie einen dicken Kater hatte. „Was…?“, murmelte sie hervor, als sie sich langsam aufsetzte und dabei den Brechreiz verspürte. Noch bevor sie überhaupt gesehen hatte wo sie war, hob sie eine Hand vors Gesicht und sprang vom Bett. Fieberhaft blickte sie sich um und entdeckte die Klotür schnell, die auf ihrer Seite des Bettes lag und stürmte hinein. Dras hörte nur noch wie sie sich übergab. „Eine Jungfrau in mehrfacher Hinsicht…ke, ke, ke, he, he, he…“, murmelte Dras amüsiert und kicherte hinterher, „Zumindest bis gestern Abend.“
Es dauerte Minuten bis die Asari torkelnd und eine Hand vors Gesicht haltend – offenkundig war ihr das künstliche Licht der Lampen hier zu hell – aus dem Klo kam und sich langsam umschaute. In der Zwischenzeit hatte Dras sich die Liste weiter angeschaut und ein paar Namen herausgepickt, die er später anrufen würde. „Wo…?“, fing die Asari an zu murmeln, als ihr klar wurde, dass sie nicht bei sich war, „Wo…bin ich?“
„Irgendein Motel.“, entgegnete Dras und lehnte sich auf der Theke vor, „Wir sind gestern hierher gefahren, als die Party vorüber war.“
Die Asari blickte ihn mit erschreckten Gesicht an und er bemerkte dabei ihre dunkelroten Gesichtsmarkierungen, die offenkundig ihren ganzen Körper bedeckten – als ihr bewusst wurde, dass sie nackt vor ihm stand, grapschte sie sich die Bettdecke und hielt sie vor sich. Dann wurde ihr Blick noch verstörter und sie blickte mehrmals zwischen Dras und dem Bett hin und her. „Haben wir…?“, fing sie panisch an zu sprechen, „Haben wir…?“, und konnte es nicht zu Ende bringen.
„Wir haben, mehrmals.“, antwortete Dras mit einem Grinsen und einem gewissen Stolz in der Stimme, „Du bist richtig abenteuerfreudig, wenn du in Stimmung bist.“, und sein Grinsen wurde noch breiter.
Die Asari sah aus, als wäre sie kurz davor loszuheulen. „Nein…nein…“, fing sie an und legte ihre freie Hand auf ihr Gesicht, „Nein, nein, nein, nein!! Das kann nicht sein! Bei der Göttin was hab ich getan?!“
Dras hatte keine Probleme ihr das Meta zu verschweigen, was sie erst über den Berg geführt hatte – sollte sie doch glauben, dass es der Alkohol war. „Du hattest Spaß, Kleine.“, antwortete er stattdessen und ging zu ihr runter, „Und wenn ich mir die Bemerkung erlauben dürfte – den größten, den du jemals hattest – hast du zumindest letzte Nacht behauptet.“, wobei der letzte Satz eine Lüge war, da die Asari nur den Namen der Göttin hatte rufen können.
„Nein, nein!“, wiederholte die Asari und suchte nun ihre Kleidung vom Boden heraus und stürzte an dem Batarianer vorbei, Richtung Ausgangstür. Da ihre Kleidung aus kaum mehr als einem BH und einem Höschen bestand – ihr Tanzdress – zog sie sich auf der Stelle an, behielt aber die Decke, während sie aus dem Zimmer rannte – wäre die Tür nicht automatisiert, hätte sie sie wohl auch zugeknallt.
Dras kicherte zufrieden. „Die Jugend von heute – mit nichts zufrieden.“, murmelte er den Witz zu sich selbst und kicherte darüber, bevor er einen Blick auf das Zimmer warf, „Werd wohl alleine aufräumen müssen.“
Als der Gast kam, sah das Zimmer halbwegs ordentlich aus – unter den Umständen der Qualität des Raumes natürlich – und Dras saß auf dem Bett, schwarzes Hemd angezogen und schaute irgendeine Serie auf dem Holo-Bildschirm. Die Handlung der Sendung schien simpel und teilweise ideenlos, aber scheinbar half sie Dras dabei abzuschalten.
Die Tür verkündete die Ankunft des Gastes und Dras ließ ihn mittels seines Omni-Tools hinein. Es handelte sich hierbei um einen Menschen, mit Vollbart und langen, braunen Haaren. Sein Blick war prüfend, wobei er die ganz normalen Kleider eines Postboten trug und vor ihm fuhr ein Repulsor Lift auf dem eine Kiste abgelegt war. „Schönen Treffpunkt haben sie hier, Mr. Erash.“, erklärte der Mensch mit rauer Stimme, ließ den Lift stehen und ging auf den Batarianer zu, der sich erhob.
Die beiden schüttelten sich die Hand, während Dras erklärte: „Dras reicht vollkommen.“, er warf einen Blick auf die Kiste, „Ist das meine Bestellung?“
„Ja wie sie geordert hatten.“, antworte der Mensch und blieb mit verschränkten Armen stehen, während der Batarianer auf die Kiste zuging und sie öffnete. Der Inhalt war eine Rüstung und ein paar weitere Spielzeuge.
„Darf ich es anprobieren?“, fragte der Batarianer zunächst höflich nach.
„Wie sonst können sie es überprüfen.“, antwortete der Mensch lächelnd, „Nur zu.“
Dras ließ sich das Ganze nicht zweimal sagen. Er holte die Rüstung heraus, die ähnlich wie seine Alte pechschwarz war – nur fehlte der durchgestrichene Totenschädel auf der Brust. Ebenso schien sie dünner zu sein als gewöhnliche Rüstungen und passte deutlich besser zu Dras‘ Körperbau – fast wie ein quarianischer Anzug. Der Batarianer entledigte sich seiner Kleider außer der Unterhose um in sie zu schlüpfen, aber als er fertig war, fühlte sie sich wie eine zweite Haut an.
Dras streckte seine Arme aus, bewegte jeden Finger und drehte auch die Hüfte, bevor er ein paar Schritte ging, ohne den Helm aufgesetzt zu haben. „Zufrieden?“, fragte der Mensch eine Augenbraue hebend nach.
„Mehr als zufrieden.“, berichtete der Batarianer grinsend, als er vor dem Menschen stehenblieb, „Und die kann ich selbst unter der Kleidung tragen?“
„Dazu ist sie ausgelegt.“, erklärte der Mensch sachlich, „Dafür ist schützende Wirkung des Materials deutlich reduziert, auch wenn es immer noch besser ist als die blanke Haut. Ebenso gibt es mehr Fächer für Matrizen, sodass die kinetischen Barrieren deutlich stärker sind als unter Normalumständen – diese Rüstung zu unterschätzen, nur weil sie dünn ist, wäre eine dummer Fehler.“
„Ein tödlicher Fehler.“, pflichtete Dras zufrieden bei, während er einen Blick in die Kiste warf, „Und das ist wohl…“, und er holte die M-11 Wraith heraus, „…mein neues Lieblingsspielzeug.“
„Solange sie damit nicht auf die Falschen zielen.“, erklärte der Mensch, „Die Munition liegt ebenfalls drinnen – wollen sie damit üben?“
„Nein…“, erklärte Dras den Kopf schüttelnd, während er die Waffe wieder reinlegte, „…hatte so ein Ding schon mal, bevor es ins All hinausgepustet worden ist.“, er warf einen Blick auf den Menschen, „Ich vertraue mal darauf, dass sie ihren Ruf nicht für umsonst bekommen haben.“
„Da können sie sich sicher sein.“, erwiderte der Mensch, während Dras eine kleine, metallene Kiste hervorholte, „Das sind die Granaten, die sie bestellt haben.“
Dras öffnete die obere Kappe und blickte in die Kiste hinein – dutzende von flachen Granaten waren dort zu sehen. „Oh ich kann’s kaum erwarten die einzusetzen.“, erklärte er grinsend und schloss die Kappe wieder, bevor er die Kiste zurücklegte, „Sie sind so gut wie ihr Ruf – alles ist da.“
„Dann können wir jetzt zur Bezahlung kommen.“, erklärte der Mensch und verschränkte seine Hände nun vor seinem Bauch, „Das Ganze wird dann…“
„Ich kenne ihren Preis.“, erklärte Dras, bevor der Mensch zu reden aufhörte, während er sein Omni-Tool aktivierte, „Und ich glaub damit werden sie zufrieden sein.“
Der Mensch aktivierte sein Omni-Tool und überprüfte die Summe. Seine Augenbrauen gingen hoch, als er die Summe sah. „Das ist…zu viel.“, erklärte er schlussendlich und blickte Dras an, „Das kann ich nicht annehmen.“
„Können sie nicht oder wollen sie nicht?“, fragte Dras neugierig nach, ein Grinsen aufgesetzt.
„Beides.“, erklärte der Waffenhändler, „Für so eine Summe werden Leute normalerweise erschossen – ich hänge aber an meinem Leben.“
Dras kicherte. „Machen sie sich keine Sorgen – die Summe ist auch für was anderes.“, erklärte er offen und lehnte sich gegen die Küchentheke, „Können sie erraten worum es geht?“
Der Mensch blickte Dras misstrauisch an. „Es geht um Groto, nicht wahr?“, fragte er nach einem Moment des Zögerns.
Dras nickte. „Sie verkaufen auch an ihn und seine Leute oder nicht?“, fragte der Batarianer, obwohl er die Antwort schon kannte.
„Das tue ich und werde es auch weiterhin.“, erklärte der Mensch entschieden, „Ich halte mich aus Revierkämpfen heraus – Neutral zu sein und alle gleichermaßen zu beliefern, sichert mir nicht nur ein überaus großzügiges Einkommen, wenn sie verstehen.“
„Ich will ihr Geschäftsmodell nicht in Gefahr bringen, keine Sorge.“, winkte Dras ab, „Es geht mir eher um Informationen – es ist ziemlich schwierig Fragen über ihn zu stellen ohne aufzufallen, wenn die Tips sein Revier sind.“
Der Mensch blickte ihn skeptisch dreinblickend an. „Informationen sind nicht mein Metier.“, erklärte er schlussendlich.
„Aber sie werden doch sicherlich etwas wissen…“, wollte Dras auf ihn einreden, als der Mensch sich bereits an seinem Omni-Tool zu schaffen machte. Ein paar Momente später bekam Dras die Nachricht von seinem Tool, das Geld überwiesen wurde.
„Ich nehm das was sie mir schulden.“, erklärte der Mensch schlussendlich, „Den Rest können sie behalten.“, und als Dras wieder anfangen wollte zu reden, hob er eine Hand, „Wenn sie Informationen über Groto wollen, gehen sie zum Mann in Schwarz.“
„Wem?“, fragte Dras neugierig.
„Einem Informationsbroker.“, erklärte der Waffenhändler, „Zumindest ist er das auch – er mag zwar keine Aliens, aber Credits stinken nicht. Wenn sie ihn entsprechend bezahlen, wird er ihnen die Informationen liefern, die sie wollen.“, er ging zum Lift und legte die große Kiste nun auf dem Boden ab, so dass er seinen Repulsor Lift freibekam, „Und wenn sie mich jetzt entschuldigen – sie sind nicht mein einziger Kunde.“