Zitat von
Sir Auron
Das wäre doch sehr lohnenswert

. Ich finde Obsidian hat in vielerlei Hinsicht genau das geliefert, was Obsidian liefern soll, nämlich nicht die gewöhnliche standardhandlung, die man schon gefühlt 10000 mal gesehen hat. Also den jungen Waisen, dessen Dorf von Orks zerstört wird und der die Welt retten muss und dabei alle Welt mit seiner weißen Weste erblinden lässt.
Dann kannst du ja gerne Josh Sawyer zustimmen.
Laut Interview wollte Josh Sawyer mit den ungewöhnlichen Ende von Deadfire sich
gegen die typische 'Trophäenjagd' stellen, welche ansonsten im CRPG-Genre vorherrscht.
Das Problem bei Deadfire ist nur, dass es auf
eine Weise erzählt wird, welche vielen Spielern am Ende das Gefühl vermittelt, absolut nutzlos gewesen zu sein. Es beraubt sie, aufgrund des klassischen Erzählaufbaus zuvor, jeglichen Erfolgserlebnis und somit einen guten Gefühl beim Abspann.
Bereits der vollmundige Werbeslogan zu Deadfire 'Hunt a god' weckt diesbezüglich falsche Erwartungshaltungen, da eine erfolgreiche Jagd nun einmal
auch ein abschließendes
Erlegen der Beute voraussetzt. Ansonsten hätte es heißen müssen: 'Observe a god and do nothing else!' (Was wesentlich ehrlicher im Bezug zur Handlung gewesen wäre...) Aber bei einen
solchen Slogan hätte das Spiel wahrscheinlich
keiner gekauft.
Der Auftakt der Handlung beginnt dann auch gleich damit, dass Eothas Massenmord an den Einwohner der Lordschaft Caed Nua begeht, und dabei auch gleich unseren Protagonisten um die Ecke bringt, der nur mit Berath Hilfe wieder von den Toten aufersteht. Das weckt bereits im ersten Moment den Eindruck es handel sich um eine typische Geschichte, in welcher der Held Rache nehmen und nebenbei die Welt retten muss.
Und selbst
nachdem im Handlungsverlauf bereits fest steht, dass Eothas aufbricht um das Rad (und somit alles Leben) zu zerstören, bricht der Protagonist seine Jagd nicht ab, sondern verfolgt den amoklaufenden Gott weiter. Was verständlicherweise die Vorstellung bei vielen Spielern weckt, dass es
die Aufgabe des Protagonisten
ist dieses zu verhindern. Denn
warum sollte der Protagonist Eothas ansonsten
weiterhin jagen? Sein Motiv muss der Protagonist ja nicht mehr herausfinden.
Ergo kann es nur um Rache und/ oder die Rettung der Welt gehen...
Selbst der Protagonist bestätigt in mehreren Dialogen, dass es nun an ihn liegt Eothas aufzuhalten und zur Rechenschaft zu ziehen.
Deadfire schafft somit vom Aufbau her
völlig falsche Voraussetzungen, schürt somit völlig falsche Erwartungshaltungen, und konfrontiert erst im Finale den Spieler damit, dass er in dieser Handlung
keine 'Trophäenjagd' erwarten soll. Dass seine Rolle
von Beginn an nur die eines untätigen Beobachters war.
Das ist als würde, vom Erzählstil, DA:O seinen gewohnten Verlauf nehmen. Aber wenn
der Moment gekommen ist, wo der Wächter im Finale den Erzdämon auf der Spitze des Turms von Fort Drakon konfrontiert, schreitet die Erzählung plötzlich ein, und meint:
'Wie, du hast die gesamte Zeit über erwartet, dass es die Aufgabe deines Wächters (oder Alistairs/ Loghains) ist den Erzdämon aufzuhalten und Ferelden zu retten?
Wie kommst du denn darauf?
Die Handlung von DA:O ist keine typische Trophäenjagd.
Die Rolle deines Wächter (samt Alistair/ Loghain) in DA:O war es von Anfang an nur Zeuge des Untergangs von ganz Ferelden zu werden, um Orlai davon zu berichten!'
Womit eine Filmsequenz gestartet wird, in welcher der Erzdämon von der Turmspitze wieder abhebt, noch bevor es überhaupt zur Konfrontation kommen kann, und anschließend ganz Ferelden zerstört. Und der Epilog versucht anschließend die Nutzlosigkeit des Wächter damit schönzureden, dass er Zeuge der Vernichtung Fereldens war und somit in die Geschichtsbücher eingehen wird, während der Wächter sich nun aufmacht Kaiserin Celine das Offensichtliche mitzuteilen. Spielende.
Ich denke der Aufschrei der Empörung zahlreicher Spieler wäre bei DA:O bei einen solchen Ende ebenso groß gewesen, wie derzeit beim umstrittenen Ende von Deadfire.
Und ich finde es ziemlich dreist bzw. ignorant von Josh Sawyer, besagten enttäuschen Spielern nun vorzuwerfen, sie seien schlicht mit der falschen Erwartungshaltung ans Spiel gegangen. Und dass er dabei nicht einmal in Betracht zieht, dass die Erzählart
genau diese falsche Erwartungshaltung gefördert hat. Denn warum sollte der Protagonist Eothas
jagen, wenn es sowieso nicht seine Aufgabe ist irgendetwas gegen ihn zu unternehmen?
Hätte die Handlung stattdessen damit begonnen, dass das Rad bereits zerstört wurde, und der Spieler/ Protagonist im Auftrag von Berath jetzt nur noch untersuchen soll,
wie es dazu gekommen ist, wäre das Ende auch nicht umstritten gewesen. Denn der Erzählstrang hätte von Anfang an seine Karten auf den Tisch gelegt, und nicht völlig falsche Erwartungshaltungen geweckt.
Abgesehen davon tut man ja nicht nichts. Man kann zwar Eothas nicht von seinem Vorhaben abhalten, aber man hat dennoch Einfluss auf ihn.
Nimm es mir nicht übel, aber, ob ich es schaffe Adrian Veidt (Watchmen) den Gefallen abzuringen, nach seiner völligen Auslöschung der Stadt New York und seiner Einwohnern, doch bitte Amerika zumindest einige Werkzeuge zum Wiederaufbau der Stadt bereitzustellen, oder er diesen unvorstellbaren Massenmord einfach so begeht, macht für mich auch keinen Unterschied mehr.
Ich kann Eothas nicht einmal in einen Dialog
- vorwerfen, dass er durch die selbst entschiedene Zerstörung des Rads ebenso überheblich und ignorant gegenüber den Gestandenen handelt, wie er es jenen Göttern vorwirft, aus dessen Kontrolle er die Gestandenen befreien will (Ironie pur!).
- fragen was aus den Millionen Gestandenen werden soll, welche durch ihre Religion einen Sinn im Leben gefunden haben, und diesen Sinn auch weiterhin brauchen.
- die Anmaßung vorwerfen, dass er Gestandene retten will, die überhaupt nicht gerettet werden wollen. Zudem auf diese brachiale Art und Weise.
Stattdessen kann mein Protagonist gegenüber Eothas nur erwidern:
- 'Ja, du hast recht!'
- 'Ja, ich stimme dir zu!'
- 'Ja, völlige Zustimmung!'
- 'Ja, das denke ich auch!'
... und lediglich auf Wunsch noch
einen minimalistischen Verbesserungsvorschlag machen. Einen völlig unbedeutenden dazu, da sich dadurch
nichts daran ändert, dass alle Leben auf Eora, dank Zerstörung des Rades, nun völlig
fucked up (Sorry) ist.
Da hätte Deadfire sich im Finale die
eine Dialogoption auch sparen können, und den ganzen Dialog selbstablaufend machen. Es macht keinen Unterschied mehr.
Du meinst einen Patch, der alle unwichtigen kleinen Plotholes durch größere Plotholes ersetzt?
Kein Patch der Welt kann die missratene Erzählstruktur von Deadfire noch mehr verschandeln. Es
kann also nur noch besser werden.
Wobei ich Obsidian hier tatsächlich ein völliges Overhaul empfehlen würde, wie es z.B. Larian Studios bei der Enhanced Edition von Divinity: Original Sin 1 getan hat (auch wenn ich weiß, dass Obsidian dieses nicht tun wird).
