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Sag mir was du likest

  1. #1 Reply With Quote
    Irregular  Zetubal's Avatar
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    ...und ich sag' dir wer du bist!

    So oder ähnlich blumig könnte man wohl die Arbeit des polnischen Psychologen Michal Kosinski beschreiben. Was seine revolutionäre Methode leisten kann, wie sie uns schmerzhaft vor Augen führt, wie gläsern wir im Internet sind und wer nun davon profitiert – das alles mag ich hier erstmal kurz ausbreiten, um dann mit euch darüber zu diskutieren.

    Also, los geht’s

    Michal Kosinski arbeitet an der Cambridge University im Bereich der Psychometrik, also derjenigen Psychologie-Disziplin, die versucht, das menschliche Wesen, den Charakter oder die Psyche messbar zu machen.
    Keine neue Disziplin beileibe. Im Gegenteil: Eines der größten Klassiker-Modelle der Psychologie, das Fünf-Faktoren-Modell, stützt sich genau auf so eine Annahme. Nämlich dass in jedem Menschen, in verschieden starker Ausprägung, fünf Wesenszüge vorhanden sind (Offenheit, Neurotizismus, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Extraversion). Kann man genau messen, wie stark oder schwach die vorhanden sind, weiss man, wie eine Person so drauf ist. Um es salopp zu sagen.

    Vor Kosinskis Zeiten hatten diese psychometrischen Messverfahren allerdings einen gewaltigen Haken: Um sie stichhaltig durchzuführen, brauchte man ziemlich lange Fragebögen, in denen teilweise auch sehr persönliche Fragen standen. Die Konsequenz: Kaum jemand machte da freiwillig mit, weswegen die meisten Datenbefunde hierzu aus dem klinischen Bereich bzw. der Diagnostik stammten.

    Kosinski wollte aber gerne eine größere Datensammlung haben. Seine Idee: Man könnte ja eine Online-Umfrage auf Social Media-Plattformen entwerfen. Darin baue er dann einige Elemente von psychometrischen Persönlichkeitstests ein. Die Befragten bekommen durch digitalisierte Auswertung direkt ein paar Sätze über sich verraten und können das dann mit ihren Freunden teilen.
    Also fix so einen Fragebogen gezimmert und auf Facebook verbreitet. Zu Anfang rechnet Kosinski mit einigen Dutzend Teilnahmen, vor allem von Freunden und Studienkollegen, die ihm den Gefallen tun. Doch sein Fragebogen verbreitet sich auf Facebook wie ein Lauffeuer. Nach einem Jahr hat er mehr als eine Million ausgefüllte Fragebögen. Und damit den größten jemals erfassten psychometrischen Datensatz.

    Und dieser Datensatz ist speziell. Da Facebook-Nutzer ihre Ergebnisse teilen können, ist der Fragebogen nicht anonymisiert.* Kosinski kann also die Profile anschauen, die zu den jeweiligen Fragebögen gehören. Und das eröffnet ihm ungeahnte Möglichkeiten. Denn Kosinski kann nun die Ergebnisse der Fragebögen mit dem Nutzerverhalten auf Facebook abgleichen. Was liken NutzerInnen mit hohem Neurotizismus? Liken männliche Nutzer mit hoher Offenheit andere Dinge als weibliche Nutzerinnen mit geringer Extraversion usw.
    Kosinski erstellt groß angelegte Karten zur Verteilung von Persönlichkeitsfaktoren und Nutzerverhalten und sucht nach Korrelationen. Mit Erfolg.

    Am Ende dieses Prozesses hat Kosinski Prediktoren entworfen. Sein Datensatz ist mittlerweile so groß, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit meint, den umgekehrten Weg gehen zu können: Er knöpft sich also stichprobenartig Profile von Nutzern vor, die seinen Fragebogen [u]nicht[u] ausgefüllt haben und stellt Vermutungen darüber auf, was für Menschen das wohl sind, anhand dessen, was sie auf Facebook liken.
    2012 ist seine Methode soweit vorangeschritten, dass er anhand von 68 Facebook-Likes vorhersagen kann, welche Hautfarbe ein Nutzer hat (95% Trefferquote), ob er/sie homosexuell ist (88%) und mit welchem politischen Lager man sympathisiert (85%). Es folgen Dutzende weitere erfolgreiche Prognosen zu Konsumverhalten, ob ein Nutzer bis zum 21. Lebensjahr bei seinen Eltern gelebt hat, Religion, Geschlecht, künstlerischen und musischen Präferenzen, Erkankungen usw.

    Am Ende seiner Testreihe, ungefähr Ende 2012/Anfang 2013 kann er in einer Studie nachweisen, dass er einen Nutzer anhand von 300 Likes besser einschätzen kann, als dessen Partner im echten Leben.

    In weiteren Folgestudien erweitert er seine Methode u.a. auf das Klassifizieren von Profilbildern auf das Nutzerverhalten am Smartphone (inklusive Daten, die durch die Bewegungssensoren der Geräte erfasst werden).

    Erst nach der Veröffentlichung seiner Ergebnisse dämmert es Kosinski, wie gefährlich seine Methode in den falschen Händen sein kann. Denn die Einschätzungen, die damit getroffen werden, betreffen nicht nur Dinge, die kein Nutzer bewusst preisgibt – sie sind obendrein auch noch fast immer korrekt. Zudem erkennt er rasch, dass mit seiner Methode auch umgekehrt gezielt Leute gesucht werden können, die bestimmte Charaktereigenschaften aufweisen.
    In einem Land wie den USA, wo solche Daten recht einfach erwerblich sind, wird so ein gigantischer Ausverkauf intimster Geheimnisse möglich.

    Kosinski handelt: Seine Methode hält er streng unter Verschluss, kein Dritter bekommt von ihm die genauen methodischen Schritte gereicht.
    Doch da ist es schon zu spät. Obwohl er selbst die Angebote mehrerer Unternehmen ausschlägt, schafft es – aus bis heute ungeklärten Umständen – ein zu dem Zeitpunkt unbekanntes Unternehmen, seine Methode zu ergattern.

    Diese Firma, Cambridge Analytica beschreibt ihr Geschäftsmodell als modernes Politmanagement, sogenanntes Mikrotargeting. Mit Kosinskis Methode erstellen sie Profile von Millionen Menschen hinsichtlich ihrer Aktivierbarkeit für bestimmte politische Agendas. Finden Sie eine Zielgruppe mit starkem Angstmotiv, schicken sie ihnen maßgeschneiderte Wahlwerbung aus dem Sicherheitspolitischen Programm. Sagen die Prediktoren, dass eine oder mehrere Personen um ihre soziale Absicherung fürchten, bekommen sie auf Facebook urplötzlich Werbung, die das Wohlfahrtsprogramm des Auftraggebers thematisiert. Ist eine Wählergruppe höchstwahrscheinlich farbig, bekommen ihre Mitglieder Textausschnitte zugesandt, in denen der Wahlgegner unschmeichelhaft über Dunkelhäutige spricht.

    Klingt wie eine Orwell'sche Dystopie und tatsächlich hat Cambridge Analytica auch erst zwei größere Aufträge durchgeführt.
    Die Auftraggeber? Nigel Farage und Donald Trump.




    Ich freue mich auf eure Beiträge.


    Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica erzählt von der Erfolgsmethode seiner Firma

    Das Magazin erzählt Kosinskis Geschichte (hierauf stützt sich mein EP maßgeblich)

    Kosinskis erste Studie zum Thema


    *= Kosinskis Erhebung stammt aus einer Zeit, als Facebook noch keine Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Posten führte. Ungeachtet dessen wissen einige von euch bestimmt, dass diverse Persönlichkeitstests auf Facebook immernoch die Einverständnis fordern, auf persönliche Daten zugreifen zu dürfen.
    Zetubal is offline Last edited by Zetubal; 10.12.2016 at 18:26.

  2. #2 Reply With Quote
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    Ein echter Frauenversteher also, welcher in der Methodik von psychometrisch auf psychomillimeterisch umschalten könnte, würde ich da mal gewollt lakonisch konstatieren .
    Vielleicht sollte er seine Methode als Selbstversuch ausführen und das Ergebnis dann veröffentlichen. Aber bitte nicht schummeln .

    MfG
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    Musketeer is offline

  3. #3 Reply With Quote
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    Ich like nichts.
    Mir ist die Studie aus der Zeitung bekannt, aber ich sehe ihren gesellschaftlichen Mehrwert nur begrenzt.

    Soll es mir Angst machen, dass Algorythmen mich besser einschätzen können, als mein Partner?
    Nein, im Gegenteil, ich mag Überraschungen und wie das Leben, braucht auch Liebe den Faktor des Unbekannten.

    Eher furchtsam registriere ich, dass die Mehrheit der Menschen sich kaum bis gar nicht darum schert, dass internationale Grosskonzerne und mittelbar sicher auch Krankenkassen und ähnliche für das öffentliche Wohl zuständige Institutionen bald schon alles über einen erfahren können und ggf. dann bestimmte Leistungen gar nicht mehr zusprechen werden.
    Natürlich aus anderen Gründen, als den dahinterliegenden unethischen Kategorisierungen von Menschenleben.

    Kosinksi scheint darauf keine Antwort zu geben, er arbeitet halt einfach mutmaßlich "streng wissenschaftlich", sieht aber die moralischen Konsequenzen seiner Arbeit scheinbar nur bedingt.
    Die anderen sehen sie dagegen sehr wohl und genau deshalb verstossen sie dagegen.
    Cichorium Intybus is offline

  4. #4 Reply With Quote
    Charon. Be my guest! Wocky's Avatar
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    Ich frage mich. wie hoch die Trefferquoten wären, wenn einfach irgendwelche Leute andere Personen ebenfalls nach ihren Likes beurteilen würden. Einfach aus dem Bauch heraus. Ich denke, ziemlich hoch.
    Tatsächlich gehen doch viele im Web ähnlich vor. Wenn mir ein User auffällt, dann checke ich sein Avatarbild, seinen Nick, einen Teil seiner Beiträge, sehe seine orthographischen Fähigkeiten, seine Ausdrucksweise usw., mache mir aufgrund all dessen ein Bild von dem Typen und würde wetten, oft ziemlich richtig zu liegen.

    Sprich: So beeindruckend finde ich das alles nicht.
    Wocky is offline

  5. #5 Reply With Quote

    Foren-Mutter
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    ich like auch. das sind vor allem klassische aufnahmen auf youtube. auf facebook like ich nur katzenbilder. was sagt das jetzt über mich? mehr like ich nicht.

    trotzdem danke für diese information. ich kannte die noch nicht und werde mich damit weiter beschäftigen
    meditate is offline

  6. #6 Reply With Quote
    Irregular  Zetubal's Avatar
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    Ehrlich gesagt bin ich etwas verblüfft, dass eine der meistdiskutierten psychologischen Studien der letzten 10-15 Jahre hier so schulterzuckend aufgenommen wird Ich spreche mal ein paar Sachen einzeln an.

    Quote Originally Posted by Cichorium Intybus View Post
    Ich like nichts.
    Mir ist die Studie aus der Zeitung bekannt, aber ich sehe ihren gesellschaftlichen Mehrwert nur begrenzt.
    Gesellschaftlichen Mehrwert zutage fördern ist auch nicht gerade Ziel der Studie. Höchstens insofern als sie uns vor Augen führt, wie viel mehr unser Online-Nutzungsverhalten über uns Preis gibt, als wir vermuten oder explizit erwähnen. In gewisser Weise könnte man vielleicht sagen, dass der Mehrwert darin liegt, uns NutzerInnen zur Vorsicht zu mahnen. Und vielleicht kritisch zu hinterfragen, warum wir urplötzlich für dies&das Werbung zugeschickt bekommen
    Ursprünglich ging es Kosinski aber nur darum, im Dienste der empirischen Wissenschaft zu zeigen, dass es da draußen eine gigantische Datensammlung für die Psychometrie gibt, die bisher nicht als solche erkannt&genutzt wurde.

    Soll es mir Angst machen, dass Algorythmen mich besser einschätzen können, als mein Partner?
    Nein, im Gegenteil, ich mag Überraschungen und wie das Leben, braucht auch Liebe den Faktor des Unbekannten.
    Andersrum wird ein Schuh draus: Bedenklich ist nicht, dass in zwischenmenschlichen Beziehungen immer der "Faktor des Unbekannten" auftritt, sondern dass mich mittels eines Algorithmus wildfremde Menschen innerhalb von einer halben Stunde so gut kennenlernen können, dass sie daraufhin besser voraussagen können, wie ich in Situation xy reagieren werde, als meine engsten Freunde. Turings wahrgewordene Enigma-Maschine.


    Kosinksi scheint darauf keine Antwort zu geben, er arbeitet halt einfach mutmaßlich "streng wissenschaftlich", sieht aber die moralischen Konsequenzen seiner Arbeit scheinbar nur bedingt.
    Die anderen sehen sie dagegen sehr wohl und genau deshalb verstossen sie dagegen.
    Naja, doch schon. Deswegen verkauft er seine Methode ja nicht an Konzerne. Nicht mal an andere Wissenschaftler. Der im EP verlinkte Artikel von "Das Magazin" erwähnt immer wieder, dass Kosinski beteuert, seine Methode nie an Dritte weitergegeben zu haben. Tatsächlich schreibt der sogar in seine Publikationen Warnhinweise, die auf die potenziellen Gefahren hinweisen und LeserInnen deswegen mahnen, "verantwortungsvoll" mit den Erkenntnissen umzugehen.

    Quote Originally Posted by Wocky View Post
    Ich frage mich. wie hoch die Trefferquoten wären, wenn einfach irgendwelche Leute andere Personen ebenfalls nach ihren Likes beurteilen würden. Einfach aus dem Bauch heraus. Ich denke, ziemlich hoch.
    Tatsächlich gehen doch viele im Web ähnlich vor. Wenn mir ein User auffällt, dann checke ich sein Avatarbild, seinen Nick, einen Teil seiner Beiträge, sehe seine orthographischen Fähigkeiten, seine Ausdrucksweise usw., mache mir aufgrund all dessen ein Bild von dem Typen und würde wetten, oft ziemlich richtig zu liegen.

    Sprich: So beeindruckend finde ich das alles nicht.
    Natürlich kannst du auch selber Schlüsse ziehen aus Nutzerverhalten. So im Sinne einer qualitativen Untersuchung, wo du dir Profil für Profil einzeln anschaust und Vermutungen aufstellst. Kosinskis Methode ist allerdings quantitativ und maschinell automatisierbar. Cambridge Analytica hat für den US Wahlkampf derartige Nutzerprofile von allen amerikanischen Facebookprofilen erstellt. Mit einem Team von 15 Leuten. Rund 200 Millionen Profile.
    Und dafür brauchen sie keine Bilder, keine Nicks, keine Avatare und keine stilistische Analyse. Sondern lediglich (je nach Fragestellung) 40 oder mehr Likes pro Person.

    Die zweite Sache ist, dass Kosinskis Methode Kontexte und Korrelationen erkennt, die einem Normalsterblichen verborgen bleiben. Natürlich kann ich darauf tippen, dass du ein alternder, homosexueller, evangelischer Mann bist, wenn du Ikonen der 60s, die EKD und Village People likest. Einfach mal so ins Blaue geraten. Kosinkis Methode erkennt Indizien aber auch in wesentlich abstrakteren Hinweise, die wir als solche gar nicht erkennen würden. Also (einfach mal dahingesponnen) wenn du stattdessen Lindt, Hollandräder, Anselm Grün, den Nanga Parbat und die Knesset likest.

    Es stünde dir natürlich frei, Kosinski anzuschreiben und ihm eine Wette vorzuschlagen: Du und deine Menschenkenntnis gegen seine Methode. Thing is, die Maschine wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur Zusammenhänge erkennen, die du dir kontextuell nimmer erschließen kannst, sondern ihre Vermutung ist dann auch noch in 9 von 10 Fällen richtig. Und so gut sind selbst unter professionellen Profilern nur extrem wenige. Mal ganz abgesehen davon, dass ein Profiler für so eine Vermutung länger als ein paar Minuten braucht. Und mehr Daten.

    Quote Originally Posted by meditate View Post
    ich like auch. das sind vor allem klassische aufnahmen auf youtube. auf facebook like ich nur katzenbilder. was sagt das jetzt über mich? mehr like ich nicht.

    trotzdem danke für diese information. ich kannte die noch nicht und werde mich damit weiter beschäftigen
    Kosinskis Methode kann man an sich selbst ausprobieren via ApplyMagicSauce. Das ist Kosinskis webbasierter Test, den du mit deinem Social-Media-Profil fütterst. Wenn du also wirklich neugierig bist, probier es doch einfach mal aus
    Zetubal is offline Last edited by Zetubal; 12.12.2016 at 19:57.

  7. #7 Reply With Quote
    Charon. Be my guest! Wocky's Avatar
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    Verstehen wir uns nicht falsch: Ich bin nicht so beeindruckt, weil es mich wenig überrascht und ich die ganze Sache für ziemlich nachvollziehbar halte.
    Wenn es schon so ganz gut klappt, funktioniert es ausgefeilt und automatisiert natürlich noch viel besser.

    Da verblüfft es mich mehr, dass dies eine der meistdiskutierten psychologischen Studien der letzten Jahre sein soll.


    Edit:

    PS: In der PE wäre der Thread vielleicht besser aufgehoben.
    Wocky is offline Last edited by Wocky; 12.12.2016 at 11:03.

  8. #8 Reply With Quote
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    Ich habe nicht den Eindruck, dass sich daraus viel lernen lässt. Ich meine, man kann aus den Interessen einer Person darauf schließen, was für eine Art von Mensch sie ist... sollte nicht gerade eine große Offenbarung sein. Die einzige wirklich große neue Erkenntnis, die sich daraus ziehen lässt, ist, dass sich die Interessen einer Person dadurch sehr viel einfacher feststellen lassen aber auch das ist ziemlich selbsterklärend. Vielleicht werden Psychotherapeuten in ein paar Jahren von ihren Patienten zuerst verlangen, die Zusammenstellung ihrer Facebook Likes vorzulegen, bevor die Behandlung beginnt. Nicht, dass das mir irgendeinen Mehrwert brächte, ich habe kein Facebook Konto.
    Raider is offline

  9. #9 Reply With Quote
    Irregular  Zetubal's Avatar
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    Quote Originally Posted by Wocky View Post
    Verstehen wir uns nicht falsch: Ich bin nicht so beeindruckt, weil es mich wenig überrascht und ich die ganze Sache für ziemlich nachvollziehbar halte.
    Wenn es schon so ganz gut klappt, funktioniert es ausgefeilt und automatisiert natürlich noch viel besser.

    Da verblüfft es mich mehr, dass dies eine der meistdiskutierten psychologischen Studien der letzten Jahre sein soll.


    Edit:

    PS: In der PE wäre der Thread vielleicht besser aufgehoben.
    Hm, ich glaube hier sollte man zwischen dem, was man allgemein so annimmt und dem, was als empirisch valide in der Wissenschaft gilt unterscheiden. Psychometrische Datenerhebung ist traditionell eine ziemlich sensible Sachen und kam wohl fast immer mit einem Rattenschwanz an Absicherungen daher, um auch ja sicherzugehen, dass die gewonnenen Daten valide sind. Dass ein klassischer Fragebogen zum Fünf-Faktoren-Modell, wie der des NEO-Systems so anerkannt ist, wie er es eben ist, liegt mehr oder weniger daran, dass er ziemlich unverblümt Charakterzüge erfragt. Also nicht viel Drumherum-Reden, sondern ganz klare Worte.

    Denn je mehr man abstrahiert, desto weniger valide ist ein solches Testverfahren in der Regel.

    Vielleicht hilft das, um zu verstehen, warum Kosinskis Methode unter PsychologInnen für helle Aufregung sorgte. Immerhin sind das hier sehr abstrakte Zusammenhänge und Schlussfolgerungen.


    E: Bitte nicht in die PE. Das Portfolio des Politikforums kann durchaus mal etwas Abwechslung von RechtsLinks-Rumgelalle und Asyldiskurs vertragen, finde ich. Und wenn eine Firma wie Cambridge Analytica Kosinskis Methode für Wahlkampagnen instrumentalisiert, ergibt sich mE auch ausreichend politisch/gesellschaftliche Relevanz.
    Zetubal is offline Last edited by Zetubal; 12.12.2016 at 11:57.

  10. #10 Reply With Quote
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    was soll so doll daran sein, das man sich großartig darüber Gedanken machen soll?

    Jedem sollte klar sein, sobald man sich irgendwo hinklickt, das es festgehalten wird. Ja mehr man irgendwo unterwegs ist, dato mehr verrät man über sich und wer will kann daraus Rückschlüsse ziehen.

    Ehrlich gesagt ist mir das letztendlich ziemlich egal, weil aufhalten kann man das Ganze nun mal nicht mehr. Und wer Facebook und Co nutze und jeden Trend mitmacht hat in meinen Augen selbst schuld, wenn man mehr oder weniger alles mögliche recht einfach über denjenigen rausfinden kann.

    Ich nutze übrigens kein Facebook und Co :P
    CKomet is offline

  11. #11 Reply With Quote
    Frau General Millhi's Avatar
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    Quote Originally Posted by Zetubal View Post
    Kosinskis Methode kann man an sich selbst ausprobieren via ApplyMagicSauce. Das ist Kosinskis webbasierter Test, den du mit deinem Social-Media-Profil fütterst. Wenn du also wirklich neugierig bist, probier es doch einfach mal aus
    Schade, dass das nur mit Facebook funktioniert, das hätte mich eigentlich schon interessiert.
    Millhi is offline

  12. #12 Reply With Quote
    Deus thefilth's Avatar
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    Quote Originally Posted by Millhi View Post
    Schade, dass das nur mit Facebook funktioniert, das hätte mich eigentlich schon interessiert.
    Ich war gerade sogar ernsthaft überrascht wie genau die Vorhersagen stellenweise waren. Allerdings wurden im Endeffekt immer die selben 20 bis 30 Likes ausgeschlachtet, weswegen ich schätze, dass das nur mit "Nischenlikes" nicht so gut funktionieren würde.
    thefilth is offline

  13. #13 Reply With Quote
    Irregular  Zetubal's Avatar
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    Quote Originally Posted by thefilth View Post
    Ich war gerade sogar ernsthaft überrascht wie genau die Vorhersagen stellenweise waren. Allerdings wurden im Endeffekt immer die selben 20 bis 30 Likes ausgeschlachtet, weswegen ich schätze, dass das nur mit "Nischenlikes" nicht so gut funktionieren würde.
    Der Test nimmt ein random sample von 16 Likes und merkt sich den Nutzer. Das ist momentan die Minimalzahl an nötigen Likes, um Einschätzungen treffen zu können.

    Quote Originally Posted by CKomet View Post
    was soll so doll daran sein, das man sich großartig darüber Gedanken machen soll?

    Jedem sollte klar sein, sobald man sich irgendwo hinklickt, das es festgehalten wird. Ja mehr man irgendwo unterwegs ist, dato mehr verrät man über sich und wer will kann daraus Rückschlüsse ziehen.

    Ehrlich gesagt ist mir das letztendlich ziemlich egal, weil aufhalten kann man das Ganze nun mal nicht mehr. Und wer Facebook und Co nutze und jeden Trend mitmacht hat in meinen Augen selbst schuld, wenn man mehr oder weniger alles mögliche recht einfach über denjenigen rausfinden kann.

    Ich nutze übrigens kein Facebook und Co :P
    Ich denke, man könnte sich darüber Gedanken machen, eben weil es ganz und gar nicht toll ist.

    Das worüber du sprichst ist grob gesagt die Mahnrede vom verantwortungsvollen Umgang mit Social Media. Pass auf was du von dir preisgibst, denke daran, dass du Spuren im Internet hinterlässt und findige Leute diese nachvollziehen können.
    Und ich denke, das ist ist auch absolut richtig. Wer unachtsam etwas auf öffentlichen Plattformen hinterlässt ist selber Schuld. Und wer denkt, er wäre im Netz anonym, ist schlechterdings naiv. Das sind Dinge, bei denen auch ich im Grunde sagen würde: Selber Schuld.

    Das was Kosinski aufdeckt, geht allerdings einen Schritt weiter.
    Beispiel: Ein homosexueller Jugendlicher nutzt Facebook. Aus Angst vor Häme und Mobbing, aus Scham oder weil er noch nicht bereit ist, sich der Tatsache zu stellen, hat er sich aber noch nicht geoutet. Das Thema Homosexualität wird nicht einmal angesprochen auf Facebook und stattdessen werden eben die üblichen Sachen kommuniziert und geliket. Promis, Musik, Filme, Events, Posts von Bekannten. Und ich meine jetzt nicht Promis wie Westerwelle, Musik wie die Village People, Filme wie Brokeback Mountain, Events wie den CSD oder Posts wie Hochzeitsbilder homosexueller Bekannter. Sondern Kram der in der Hinsicht vollkommen unverfänglich erscheint.
    So ein Algorithmus flattert nun über das Profil drüber und erkennt etwas, was jedem Normalsterblichen verborgen bliebe: Dass das Nutzerverhalten (trotzdem) in bemerkenswert starker Weise mit dem anderer Homosexueller korreliert.
    Was nun passiert? Naja, könnte alles mögliche sein, im jüngsten Fall, also den US-Wahlen würdest vielleicht auffällig oft Werbung bekommen, in denen das LBGT-Programm einer Partei auftaucht. Oder du kriegst Werbung eindeutiger Natur etc. Und plötzlich wird es ziemlich schwer, ein Geheimnis, das du nie und nimmer bewusst kommuniziert hast, geheim zu halten. Im schlimmsten Szenario nimmt jemand den Datensatz und macht ihn publik. Was du früher als rufschädigenden Nonsens abtun kannst, wird plötzlich schwer zu kontern, wenn die Aussage nicht lautet: Der ist schwul!, sondern "die ergebnisoffen operierende Software, die in 88 von 100 Fällen mit sowas recht hat geht in deinem Fall mit 90%iger Wahrscheinlichkeit davon aus, dass du schwul bist." Oder in anderen Worten "Du bist höchstwahrscheinlich schwul. Und das sage nicht ich, sondern das Programm".

    Worauf ich damit hinaus will ist folgendes: Jeder von uns kommuniziert simultan Dutzende an Botschaften, wann immer wir uns in irgendeinem echten oder virtuellen Raum bewegen. Dankbarerweise sind unsere Mitmenschen aber nicht so spitzfindig programmiert, dass sie zuverlässig auch all die Botschaften entschlüsseln können, die wir eigentlich nicht kommunizieren wollen. Sie können vielleicht Vermutungen aufstellen, aber das ist in aller Regel dann bloß ein Gefühl, ein Verdacht.
    Der Algorithmus hingegen ist so spitzfindig und so raffiniert, dass er praktisch alles erkennt. Und wir seinem Urteil im Zweifelsfall glauben schenken können.

    Und an dem Punkt nützt auch Medienkompetenz nicht, weil du praktisch nichts mehr preisgeben kannst, ohne zu fürchten, dass du damit ganz, ganz andere Dinge kommunizierst, die dann irgendein Unternehmer für seine eigenen Zwecke kaufen und verkaufen kann.

    Kosinskis Methode schnappt sich nicht das was wir von uns geben, sondern auch das was darunter liegt, also das vermeintlich Ungesagte. Und stiehlt sogesehen unsere Geheimnisse.
    Zetubal is offline Last edited by Zetubal; 12.12.2016 at 19:44.

  14. #14 Reply With Quote
    Deus Lemimus's Avatar
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    Also ich sehe mich als "Idioten-Liker". Ich like nämlich, was die Mehrheit auch "liken" will, auch wenn ich in Wirklichkeit deren Ansicht nicht immer teile.
    Hier sollte eine Signatur stehen!

    Tut sie das?

    Ja!
    Lemimus is offline

  15. #15 Reply With Quote

    Faszinierend!
    smiloDon's Avatar
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    Ich like nichts, ich habe nicht einmal einen Facebookaccount.
    smiloDon is offline

  16. #16 Reply With Quote
    ... CKomet's Avatar
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    Quote Originally Posted by Zetubal View Post

    Ich denke, man könnte sich darüber Gedanken machen, eben weil es ganz und gar nicht toll ist.
    natürlich ist es nicht toll, aber es ist nun mal so und keiner von uns kann da nochs dran ändern und muß damit leben und halt eben so gut es geht drauf achten wo draufgeklickt wird, welche seiten man sich anschaut, wo und was man bestellt.

    ich finde es nur erstaunlich, weil eigentlich jedem klar sein sollte, das wenn man sich in einem Raum bewegt, wo alles und nichts überwacht werden kann, wenn man sich nicht über 1000 umwege absichert, jetzt plötzlich als so was erstaunliches angesehen wird. Weil jeder der sich ein wenig gedanke macht, sollte sich darüber im klaren sein, das man durch wenige besondere suchkriterien irgendwo eingeordnet werden kann.

    und gerade nutzung von Facebook und co, und zu allem was sagen oder einfach sein gefallen, missachten durch einen einfachen klick kundtun, trägt halt dazu bei.

    und wie du selbst ja schreibst... da haben die Leute halt selbst schuld...

    Ich like auch nichts, denn auch ich habe keinen Facebookaccount oder nutze diese sogenannten sozialen netzwerke.
    Das ein oder andere Forum ja, bestelle hier und da was, darüber kann sicherlich auch wer wirklich will den einen oder anderen Schluß ziehen, aber da sage ich dann halt auch, ist halt so, also was solls, ändern kann ich es nicht, weil selbst wenn man privat versucht sich von inet fernzuhalten, wird man doch spätestens bei der Arbeit gezwungen sich damit auseinanderzusetzen und es mit Pech nutzen zu müssen
    CKomet is offline

  17. #17 Reply With Quote
    Legende Ciao's Avatar
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    Mit so etwas wie liken verschwende ich meine Zeit nicht.

    Bei politischen Themen poste ich meist mit Klarnamen.
    Das gibt genug über mich preis.
    Und so viel demokratisches Rückgrat muss sein
    Ist Euch eigentlich klar, dass wir zu den reichsten 10% der Welt gehören?
    10% von 9 Milliarden sind 900 Millionen. Und unter diesen 900 Millionen gehören unsere 80 Millionen klar zu den reicheren unter den reichsten 10%.
    Also, wie verbessern WIR die Welt? Und keine Ausreden.
    Ciao is offline

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