Da ja im E-Auto-Thread auch dieses Thema angesprochen wurde, dachte ich mir, dass es sich hier lohnt, einen eigenen Thread aufzumachen, weil es doch viele interessante Fragen aufwirft.
Der Tesla verfügt über einen Autopilot, über den der Hersteller aber sagt, dass der Fahrer jederzeit eingriffsbereit sein muss.
Die Idee ist eigentlich großartig. Man setzt sich in seinem Wagen und lässt sich vom Wagen dann zum Zielort fahren. Ganz entspannt kann man derweil anderer Dinge nachgehen. Quasi so, wie ein Taxi. Desweiteren soll durch das bessere Fahren durch den Autopiloten Unfälle verhindert werden, insgesamt reduziert werden.
Nun sind aber von allen Herstellern, ob sie ihr System nun Assistenzsystem nennen oder schon Autopilot, wobei beim letzteren schon suggeriert wird, dass er tatsächlich den Wagen alleine fahren kann, noch nicht ausgereift. Alle verlangen, dass der Fahrer eingriffsbereit ist und jederzeit eingreifen kann oder muss. Wenn der Fahrer zu lange die Hände vom Steuer lässt, warnt das System, dass der Fahrer wieder das Lenkrad bedienen muss.
Wie ist es aber derzeit in der Wirklichkeit. Ist so ein System, welches halbautonom fährt, nicht gefährlicher, als wenn man gleich selbst fährt?
Ich sehe das so, dass der Mensch schläfrig wird, wenn der Wagen erstmal das Kommando übernimmt. Verlangt nun das System, dass der Fahrer eingreifen muss, ist die Reaktionszeit wesentlich länger, als wenn der Mensch sich gleich um die Situation kümmern würde. MMn ist das mit einer gewissen Brisanz zu sehen. Anders, als beim Flugzeug, entscheiden auf der Straße wenige Sekunden, vielleicht sogar nur zehntel Sekunden. Im Flugzeug kann die Reaktion auch etliche Sekunden dauern, es wäre nicht entscheidend. Es gibt in der Regel in der Luft keine Hindernisse, die so dicht dran sind, dass man sich sofort entscheiden muss. Auf der Straße wimmelt es aber von Hindernissen, die allesamt nur ein winziges Zeitfenster Abstand haben.
Deshalb bin ich der Meinung, dass eigentlich nur Systeme zum Einsatz kommen sollten, auf denen man sich hundertprozentig verlassen kann. Da gibt es ja inzwischen auch schon einiges, was der Wagen besser kann. Z.B. die Schilderaufnahme. Der Wagen sagt mir, welche Schilder gerade aktiv sind. Das mit einer besseren Zuverlässigkeit, als der Mensch. Es funktioniert sogar bei stark verdreckten Schildern oder alten vergammelten Schildern sehr zuverlässig. Das ist ein Helfer, den man gut gebrauchen kann.
Oder das selbstständige Einschalten von Fernlicht und Abblendlicht. Es gibt eine Studie darüber, wann der Fahrer das Fernlicht einschaltet. Dort heißt es, dass nur in 40 Prozent der möglichen Fälle das Fernlicht genutzt wird. Der Mensch ist schlicht und einfach zu faul, um das Fernlicht einzuschalten und wieder auszuschalten, obwohl das Fernlicht den Bereich vor einem viel besser ausleuchtet. Hab mir jetzt mal den BMW rausgesucht, der mit der Fernlichtassistenz das selbstständig macht. Der Wagen schaut, wann Fernlicht möglich ist und wann nicht und nutzt viel mehr Situationen aus, wo das Fernlicht möglich ist. Auch eine 1A Lösung, die sehr sicher ist, die man gerne benutzen kann und eben mehr Sicherheit bringt durch größere Sichtweite.
Auch das selbstständige Einparken ist hier zu nennen. Das beherrschen mittlerweile viele Fahrzeuge. Steuert der Mensch, gibt es doch reichlich Blechschaden zu bestaunen. Der Wagen hingegen ist hier fehlerfrei. Wieder ein System, was hilft und demzufolge problemlos angewendet werden kann.
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele. Alle haben gemein, dass sie besondere, stark eingegrenzte Problemfelder betrachten und diese auch für sich lösen können. Hier wäre z.B. noch zu nennen Todwinkelwarner, Seitenspurassistenz oder das Hinterherfahren bei einem Stau, usw..
Kommen wir jetzt wieder zum autonomen Fahren. Das ist ganz anders. Hier geht es darum, zu jeder Zeit Gefahrpunkte zu registrieren und zu verwerten. Dabei geht es auch um völlig neue, dem Fahrer bisher unbekannte Situationen zu lösen. Jeder kennt von sich aus Fälle, die bisher einmalig in seinem Fahrerleben aufgetreten sind und trotzdem gab es vom Menschen eine Lösung und wird in fast allen Fällen gemeistert. Man sieht also, dass man vor ganz anderen Herausforderungen steht, als bei den stark eingegrenzten Problemfeldern, wo die Assistenzsysteme schon wunderbar funktionieren. Die Frage ist, wie geht ein Autopilot mit unbekannten Problemen um? Kann er das überhaupt verarbeiten?
Viele Anbieter, auch Tesla sagen für um die 2020, 2021 vorraus, dass sie Systeme haben werden, die ein sicheres Fahren auf Autobahnen und autobahnähnlichen Querschnitten ermöglichen. Hier sieht man also auch wieder die starke Eingrenzung. Autobahnen sind relativ leicht. Hier in Deutschland bedeutet das keine Querverkehre, keine Fußgänger, keine Radfahrer, große Radien, geringe Neigungen, usw.. Wobei ich hier betonen muss, dass das der Regelfall ist. Ich betone das deshalb, weil es auch zu Chaos kommen kann. Z.B. durch Geisterfahrer, dann doch anwesende Fußgänger, Unfälle, Baustellen, usw..
Aber die Hersteller sagen, dass sie das bis 2020, 2021 gelöst haben. Ein System mit autonomen Fahren auf Autobahnen, was ja schon viel wert ist.
Jetzt aber noch mal zurück auf Anfang. Derzeit haben wir kein System auf dem Markt, der das Fahren auf Autobahn hunderprozentig lösen kann. Die Autos legen je nach System mal mehr Kilometer zurück, mal weniger Kilometer zurück, bis der Fahrer eingreifen muss. Hier finde ich, dass so ein System eine Sicherheit vorgaukelt, die nicht gegeben ist und ich finde es ehrlich gesagt auch ein wenig fragwürdig, dass diese zugelassen werden. Im entscheidenden Moment muss der Mensch eingreifen und die derzeitigen Systeme sorgen dafür, dass der Mensch dann weniger Zeit hat zum Reagieren, als wenn er den Wagen gleich selbst steuern würde. Noch gibt es zu wenig Autos mit derlei halbautonomen Fahrhilfen, weil es a) noch relativ neu ist und b) deshalb vor allem in teuren Autos zu finden sind, weshalb es da in der Regel auch nur relativ wenig auf der Straße gibt. Aber ich sage vorraus, dass wenn solche Systeme in größeren Anteilen an Autos installiert ist, dass es mehr Unfälle geben wird. Ich finde ein Auto ist der letzte Platz, wo man Systeme im Alphastatus einsetzen sollte.
Eine andere Baustelle ist dann noch die moralische Frage. Was, wenn ein Unfall unvermeidlich ist? Was, wenn es auf jedenfall Unfallopfer geben wird? Wie wird oder besser wie soll so ein Autopilot reagieren? Abwägen, wo es vermutlich weniger Opfer gibt?
Mercedes hat letztens eine einfache Regel vorgeschlagen. Der Autopilot soll sich vor allem um die Fahrzeuginsassen kümmern. Da weiß er auf jeden Fall, dass Menschen anwesend sind. Außerdem wären vermutlich nur wenig Autofahrer bereit, ein System zu kaufen, welches im Fall der Fälle sich um anderes Leben, als um das eigene Leben kümmert. Eine klare Haltung. Ist damit die Diskussion um diese Frage beendet? Provokant gefragt soll der Wagen im Notfall in die Menschenmenge fahren, damit der Fahrer überlebt und alle anderen Möglichkeiten zum Tod des Fahrers führen würde? Ich finde das in diesem Falle nicht so einfach, wie Mercedes das jetzt darstellt. Allerdings denke ich auch, dass kein Autofahrer so ein System haben will, wenn im Notfall sein eigenes Leben in Frage gestellt wird.
Was fällt auch dazu ein? Seit ihr von den jetzigen Autopiloten überzeugt und haltet meine Bedenken für überzogen?