Ich war noch nie dermaßen hin und her gerissen bei einem MCU-Film. Bin mir auch noch nicht ganz sicher, ob ich meine Eindrücke richtig in Worte verpacken kann,
aber ich versuche es mal.
Auf der einen Seite haben wir hier den unterhaltsamsten und witzigsten Film der Thor-Reihe. Mir wurde der Film nicht einen Moment langweilig, und ja, wie es sich für den unterhaltsamsten Film einer Reihe gehört, hat er mich eben... unterhalten. Sogar sehr gut, gar keine Frage. Und ist das am Ende nicht alles, was zählt? Darauf ein glasklares jain.
Denn auf der anderen Seite wird allmählich, wenn auch wirklich nur sehr langsam, immer deutlicher, was ich befürchtet habe, seit Disney bei Marvel die Finger im Spiel hat. Zuerst ist mir das bei GotG vol. 2 aufgefallen. Ebenfalls ein sehr unterhaltsamer und in meinen Augen großartiger Film, den ich mir auch sicher noch sehr häufig ansehen werde, ebenso wie Ragnarok.Was mir hier nun aber eigentlich auffällt ist das zurechtschneiden auf die Hauptzielgruppe. Was grundsätzlich ja auch absolut legitim ist und nicht weiter überraschen sollte,
weil man hier ja von einem gewinnorientierten Unternehmen spricht. Jedoch habe ich den immer deutlicher werdenden Eindruck, dass das zu Kosten der Identität der Figuren geschieht.
Die ersten beiden Thor-Filme kamen leider nur mäßig beim Publikum an. Nicht, dass es Totalausfälle oder Flops waren, aber die meisten Meinungen, die ich so las, sprachen bestenfalls von Durchschnitt. Aber Thor war in diesen Filmen Thor. Ein nordischer Gott mit großer Macht und einem noch größeren Ego und einer teils altertümlich anmutenden Sprache, der außerdem auf einer so völlig anderen Welt wie die Erde teils ein wenig unbeholfen wirkte. Vieles vom Humor dieser Filme entstand genau aus diesen Elementen.
Nun kann ich mich der Aussage, dass Thor: Ragnarok mehr wie die Guardians-Filme ist, weitestgehend anschließen. Und während das erstmal nicht schlecht klingt, da diese Filme ja beide toll waren, haben wir deswegen jetzt einen runderneuerten Thor, der genau in dieses Konzept passt. Und ich rede da nicht von seiner neuen Frisur oder davon, dass man den Soundtrack mit alten Rock/Pop-Songs gewürzt hat, sondern von einem Verhalten/Ausdruck, welches für mich nicht zum Thor der beiden vorangegangenen Filme passen will. Der neue Thor ist "flapsig", hat immer einen witzigen Spruch auf Lager, wirkt alles in allem runderneuert und auf ein breiteres Publikum zugeschnitten. Wenn sowas bei den ursprünglich absolut unbekannten Guardians funktioniert hat, warum damit nicht auch ein anderes, gerade etwas krankendes Franchise wiederbeleben? Also nimmt man sich Thor und presst ihn mit aller Gewalt in eine Form, die eigentlich gar nicht so recht zu ihm passt. Aber hey, die Leute werden es lieben. Denn es ist unterhaltsam. Es ist witzig.
Ich hätt' trotzdem gern den alten Thor zurück. Nichts gegen viel Humor in den Filmen, aber deswegen die Figur, so wie sie eigentlich aufgebaut wurde, scheinbar völlig umzuschreiben?
Als Fußnote will ich noch den Hulk erwähnen. Diesen fand ich in seiner etwas redseligeren Art eigentlich recht gut umgesetzt. Hätte zwar auch ein Tick grimmiger sein können, aber grundsätzlich passt das schon so.
Wie eingangs erwähnt, ich bin hier hin und her gerissen.
Ist tolles und unterhaltsames Popcorn-Kino. Sogar ein toller Marvel-Film. Aber als Thor-Film? Ich weiß nicht so recht...