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  1. #261
    Ritter Avatar von Khardim
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    [Bild: Gwynn_Tuired.jpg]

    Gwynn zog es vor, seinen Helm auch in der Stadt Denerim auf dem Kopf zu lassen. Zwar erntete er ängstliche Blicke der Bürger und misstrauische der Wachen, doch sicherlich würden sie einen bewaffneten Elfen noch viel weniger durch ihre Straßen laufen haben. Er schlug einen großen Bogen um eine Gruppe emsig plappernder Priester, dann bahnte er sich mit purer Präsenz eine Gasse durch einen Trupp offensichtlicher Taschendiebe und schlug danach den Weg zum Hafen ein. Seiner Erfahrung nach nahm die kriminelle Schwere zu, je tiefer man sich in die Eingeweide einer Stadt wagte. Und der Hafen stand in Gwynns Sinnbild für eine Kloake, war anatomisch also sehr niedrig angesiedelt. Irgendwo zwischen Hafen und Dunkelstadt würde er diesen Falko sicherlich finden, oder zumindest jemanden, der ihm sagen würde wo er suchen musste.
    Als Gwynn seinen Fuß über eine Schwelle aus über die Zeit in den Boden getretenen abgenutzten Steinquardern setzte, wusste er, dass er hier richtig war. Ein Holzschild mit krakeliger Schrift wies darauf hin, dass hinter einer niedrigen Mauer, vor der sich zerschlagene Kisten türmten, das Gesindeviertel der Elfen begann. Der Durchgang zu diesem Armenviertel war durch eine schwere, eisenbeschlagene Holztür mit mehreren Riegeln gesichert. Zweifellos könnten die Spießgesellen dieser Seite einen kurzen Ausflug ins Gesindeviertel unternehmen, während die Elfen keine Chance hatten, das Tor von der anderen Seite öffnen zu können. Gwynn bezweifelte, dass die Stadtwache auch nur einen Fuß in diese Gegend oder die hinter der Mauer setzte und so würden die Menschen nach Herzenslust herüberkommen und stehlen können, was es zu stehlen gab, vergewaltigen können, was sie zu vergewaltigen fanden und meucheln können, wer ihnen gerade über den Weg lief. In diesem Moment kamen drei Kerle aus der Gasse vor ihnen. Drei gut gelaunte Kerle mit Dolchen im Gürtel und Schnaps in den Händen. Sie steuerte geradewegs auf das Tor zu, neben dem Gwynn stand. Der Elf hörte einen der Schurken dreckig scherzen. Als sie ihn jedoch registrierten, ebbte das vorfrohe Gelächter ab. Die drei Kerle beäugten ihn neugieirg. Wie er mit dem langen schwarzen Mantel, der zackenversehenen Rüstung und dem Schwert am Gürtel dastand musste er ein ungewohntes Bild für die Schläger abgeben. Vielleicht hielten sie ihn gar für einen Ritter oder Kommandanten der Stadtwache. Einer griff unwillkürlich zum Dolch, zog ihn aber nicht. „Wer seid Ihr?“, fragte schließlich ein untersetzter Kerl, dessen Schweinsgesicht zu seinem Körper passte. „Geht dich nichts an“, gab Gwynn eisig zurück. „Ihr kommt nicht von hier“, schlussfolgerte sein Kumpane. Gwynn drehte den behelmten Kopf mit ausgesuchter Langsamkeit dem Spreche zu. Dieser schaute plötzlich auf seine Zehen. „Wo ist Falko“, entschied sich Gwynn zu fragen. „Fa – Falko? Woher kennst du ihn? Ich meine »Ihr«! Woher kennt Ihr ihn, Herr?!“ „Noch gar nicht. Wo ist er?“ „Er…“ Der Dicke straffte sich. „Er ist nicht hier.“ „Wie scharfsinnig. Bringt mich zu ihm.“ „Nein“, entschied der Sprecher der Gruppe. „Nein?“, fragte Gwynn. „Nun ja, was bekommen wir dafür?“ „Du weißt, wo er ist?“ „Nun ja, ja.“ „Dann lasse ich dich am Leben, wenn du es mir sagst. Weigerst du dich…“ Der Satz stand für sich selbst und Gwynn sah, wie der Dicke einen faustgroßen Kloß aus plötzlicher Furcht hinunterschluckte. „Wir sind drei und er ist einer“, wagte sein Kamerad, ein Kerl mit dem Gesicht einer Ratte, einzuwenden. Gwynn fragte sich plötzlich, warum alle miesen kleinen Halsabschneider ein so abstoßendes Äußeres besaßen. „Vielleicht“, wagte er zu überlegen: „…spiegelt ihr Äußeres ja ihre Geisteshaltung wieder.“ Unabhängig von der tiefgreifenden Philosophie hinter dieser Überlegung, beschloss Gwynn, dass das Ableben eines so hässlichen Kerls sicherlich kein Verlust sein würde. Der Elf streckte die Rechte aus, spreizte die Finger ab. Die Männer schauten ihn an, einer ließ ein hämisches Lachen hören. Gwynn lachte nicht, ebenso wenig wie der Feiste. Blau-weißer Nebel umhüllte Gwynns Arm, konzentrierte sich gleich einer vor dem Bug hergeschobene Welle zwischen seinen Fingern, dann schoss die Energie direkt auf sein Opfer zu. Der Ausdruck der Überraschung gefror im Gesicht des Gauners, eingemeißelt in eine feine Kruste eisblauer Kristalle. „Beim Erbauer!“, rief sein Kamerad aus und erstarrte ebenfalls – allerdings ohne Zutun des Elfen. Dieser deutete nun abwechselnd auf die zwei verbliebenen Kerle. „Du und du: Zeigt mir diesen Falko. Sofort!“ Gwynns ohnehin schon zischend-kratzige Stimme fuhr gleich einer aus Eis bestehenden Klinge durch den schwachen Willen der Halsabschneider. Der eine warf sich zu Boden, der andere nässte sich ein. „Ja, Herr! Gebieter! Meister!“ Hinter der stählernen Maske lag eine Zweite, in der sich pure Abscheu offenbarte. Diese widerlichen Speichellecker würden kuschen – Elf oder nicht. Der Magier beschloss allerdings, dass sie es nicht wert waren, diese Welt noch einen weiteren Tag lang mit ihrer Existenz zu besudeln. In seinen Augen würden ihn zwei Tote zu diesem Falko bringen. Aber das hatte Zeit…


    Mürrisch zog sich Bosko über die niedrige Brüstung des Daches. Den nervigen Stadtbüttel hatte er abgeschüttelt, aber das Getrampel weiter unten verriet ihm, dass der inzwischen Verstärkung geholt hatte. Er legte sich flach auf den Rücken und wartete, bis die Bewaffneten weitergezogen waren.
    Der Söldner atmete flach und leise. Eine einzelne Krähe beobachtete ihn neugierig aus einigen Metern Entfernung. Bosko ignorierte sie. Aufgeschreckte Tiere mochten von Elfenjägern als Spur gedeutet werden, aber hier in der Stadt bedeuteten Federrauschen und aufsteigende Vögel nichts. Vermutlich hätte er das schwarze Federvieh packen und fressen können, ohne dass jemand es bemerkt hätte. Dieser Gedanke brachte ihn zu seinem verdorbenen Mittagessen und dem Grund seiner Flucht zurück. Er hatte einem Bettler ein Stück Brot abnehmen können, aber anstatt einfach sein Schicksal zu ertragen und die Fresse zu halten hatte der Alte losgekeift und so den ganzen Mist losgetreten. Bosko grunzte und scherte sich nicht weiter drum. Das Brot war weg und seine Verfolger nun hoffentlich auch.
    Er robbte langsam zur Kante des flachen Daches und blickte herab. Das Gebäude überragte eine schmale Gasse am Rande des Gesindeviertels, die dunkel unter ihm lag. Dunkel und vor allem leer. Er rümpfte die Nase und horchte. Keine Schritte zu hören, nur das dreckige Stadtleben drang an sein Ohr. Bosko schob sich langsam von der Kante weg zurück und erhob sich in die Hocke. Er hatte keine Lust, gleich wieder in die nächste Stadtwache zu rennen, wenn er sich wieder auf die Suche nach Falko oder wenigstens etwas Essbarem machte. Geduckt trottete er über das Dach, sprang mit einem Satz auf das nebenstehenden Gebäudes und entfernte sich über schief liegende Schindeln und verwitterte Giebel langsam von der Stelle, wo seine Verfolger ihn zuletzt gesehen hatten.

    Er bewegte sich am westlichen Rand des Gesindeviertels nach Süden und hatte vor einen Bogen zu schlagen, um die Wache endgültig abzuhängen und zurück zum Hafen zu gelangen. Während der Nacht unter der Brücke war er zu dem Entschluss gekommen, Drebin doch noch einen Besuch abzustatten. Vermutlich würde der auch heute keine Informationen ausspucken, aber gewiss ein paar Zähne.
    Er war noch keine halbe Stunde über den baufälligen Dächern von Denerim unterwegs, als er unter sich Aufruhr bemerkte. „Beim Erbauer!“, rief da jemand und hatte genug Angst in der Stimme, um Bosko aufmerksam werden zu lassen. Nur weil er auf der Flucht war, wollte er keine Gelegenheit übersehen, ein wenig Gold neben der Spur zu machen und dort unten wurde offensichtlich jemand so sehr drangsaliert, dass etwas mehr Drangsal gewiss nicht schaden würde. Zumindest ihm nicht.
    Der Söldner legte sich wieder flach auf den Bauch und arbeitete sich zum Rand des Daches vor. „Du und du: Zeigt mir diesen Falko. Sofort!“, hörte er jemanden rufen, definitiv jemand anderen als zuvor. Bosko war sofort aufmerksam und beobachtete die Situation. Der schneidende Befehl kam von einem hoch aufragenden Gepanzerten, der grade drei Lumpen zur Sau machte. Für gewöhnlich nichts ungewöhnliches, wäre der eine Lump nicht zu einem großen Eisblock gefroren, in dem sich das schwache Licht der Vormittagssonne brach und in kaleidoskopischen Farben auf das dreckige Pflaster fiel. Der Mann in der Rüstung trieb die beiden verbliebenen Strolche zur Eile an und ließ sich in das Gewirr der Gassen führen. Wenn der Kerl auch hinter Falko her war, so beschloss Bosko, sollte er selbst besser zusehen, dass er sein Geld bekam, bevor sein Auftraggeber ebenfalls auf Eis gelegt wurde.
    Er ließ sich an der nächsten Mauerkante geschickt aufs Pflaster herab und folgte der Dreigruppe in einigem Abstand. Er war sich sicher, dass noch vor dem Nachmittag Blut fließen würde und hatte fest vor, dazu beizutragen.



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    [Bild: Kilian_2.jpg]

    Wie eisige Dolche spürte Kilian Aldars Blicke in seinem Rücken. Das Misstrauen des Leutnants war so präsent wie aufgestaute Hitze in den Galerien des sommerlichen Universitätsviertels Starkhavens. Und ähnlich der Sommerhitze in den Marschen verging der Augenblick der Verachtung rasch. In dem Moment, in dem Kilian sich im Sattel umwandte und Aldar anzusehen versuchte wandte dieser den Kopf zur Seite. „Feigling!“, rief eine Stimme in Kilians Gedanken. Ob durch Zufall oder Absicht, Kilians und Marius‘ Augen begegneten sich nicht und der offenen Feindschaft innerhalb der Gruppe kam eine weitere, unausgesprochene hinzu. Kilian wusste, dass er nun zwei weitere Feinde hatte: Silas, der die Schmach und seine Verluste sicher nicht vergessen würde und den jungen Templer. Marius‘ Wut wirkte in ihrer Klarheit tragisch und Kilian vermochte nichts zu sagen oder zu tun, was ihn entweder schwach und unentschlossen oder aber schuldig aussehen ließ.
    Während Rafael seine Pfeife zum stinken brachte, schaukelte das Trio in die Tiefen des Bannorns. Die Kargheit des Vortrages wich einer ausladenden Feldlandschaft, die Kilian und Rafael stark an die vorherige Reise erinnern mussten. Im Gegensatz zu ihrer Reiseroute gen Norden würden sie den Weg quer durch das Bannorn einschlagen, sich parallel zum Dane-Fluss halten und nach den westlichen Gebirgsketten einen Rechtsschwenk vollführen. Sie würden den Strom und die Berge umgehen und quer durch die Lande zurück zum Zirkel reiten. Kilian war die Gefahr des Weges bewusst und unter normalen Umständen wäre er das Wagnis vermutlich nicht eingegangen. Das Bannorn wurde vom Bürgerkrieg heimgesucht und Teile der Horde marodierten in den südlicheren Ebenen. Möglichkeiten, in ihrer Reise aufgehalten zu werden gab es also genug. Und das Duo von Templer und Magier schein Schwierigkeiten förmlich anzuziehen wie das Licht die Motten. Aldars Anwesenheit und das schreckliche Sammelsurium aus verbotenen Folianten und unheiligen Apparaturen duldeten keinen Aufschub. Früher oder Später würde der Leutnant seinen Gefühlen freien Lauf lassen und es lag an Kilian dafür zu sorgen, dass zwischen ihm und Aldar dann ein breiter Tisch und ein Raum voller Ordensbrüder und nicht nur sein Schild und sein Wille stand.

    Kilian von Xerox sah weder Rafael noch Marius an während er ostentativ den handgroßen Schleifstein über die beiden Schneiden seines Schwertes zog. Der Nachmittag war nun nicht mehr fern. Kilian hatte beschlossen den Wald, in den sie vor etwas mehr als zwei Stunden geritten waren, noch vor der nächsten Rast zu durchqueren. Die vermeintliche Pause, die er befohlen hatte, war lediglich die Ruhe vor dem Sturm und dem inneliegenden Ausdruck der Gesichter der anderen Beiden nach, schienen sie es zu erahnen. Kilian hatte begonnen eine stoische Art der Kampfbereitschaft herzustellen, angelehnt an seine jüngeren Tage als er mit einem ähnlich tiefverwurzeltem Eifer wie Aldar auf die Jagd nach Blutmagiern gegangen war. Der Name „Kilian von Xerox“ stand in diesen Tagen nicht gerade für Gnade oder Nachlässigkeit. Er wurde zusammen mit anderen Eigenschaften genannt; Pflichtgehorsam und einen, wenn auch nur im Verstohlenen bewunderten und gleichsam gefürchteten, Tatendrang. In diesen Tagen war Kilians Schwert nie vernachlässigt und sein Ruf ein Wetzstein für seinen eisernen Willen gewesen. Der Hauptmann atmete schwer aus und schaute auf die leeren, starrenden Schlitze seines Topfhelmes. Diese gesichtslose Maske, die Magier mit Angst und Abscheu erfüllte. Kilian hatte sich nie gefragt, ob er richtig handelte oder falsch denn stets kämpfte er an den Grenzen der Existenz dieser Welt. Wer konnte schon sagen, wie dünn der Schleier tatsächlich geworden war? Und wie viel Böses die andere Welt verlassen hatte. „Wisst Ihr“, begann er an niemanden bestimmtes gerichtet zu erzählen: „Ich habe nie –„ Mitten im Satz brach er ab. In der dichten Fauna des Waldes ging nur ein schwacher Wind, doch trug dieser nun den unverkennbaren Klang von aufeinandertreffenden Stahls mit sich. Kilian reckte das Kinn, lauschte angestrengt. Rafael sog Luft ein, wollte etwas sagen, doch Kilian gebot ihm mit rasch erhobener Hand zu Schweigen. Tatsächlich! Ein weiteres Mal, diesmal in rascher Reihenfolge traf Stahl auf Stahl. Kilian sprang auf, fluchte halblaut und stieß das Schwert in den Waldboden. Das kleine Lager war nur spartanisch, die Pferde gesattelt und der Großteil ihrer Habe verladen, eine Flucht möglich. Allerdings könnten sie einem Feind bei dem Weg zurück ebenso gut in die Hände laufen wie der Weg voran. Kilian bückte sich, hob den auf Moos gebetteten Helm auf und gab ein abgedroschenes: „Bleibt in Sicherheit!“ in von. Im Prinzip war ihm bewusst, dass vermutlich weder Rafael noch Marius sich daran halten würden, dennoch hoffte er, dass wenigstens einer der Beiden klug genug war, die Pferde nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Dann stülpte er sich den Helm auf den Kopf und aus Kilian von Xerox wurde ein gesichtsloser Schwertkämpfer. Den schwarzen Umhang hatte er abgelegt, seine Zugehörigkeit zum Orden wurde höchstens durch seinen Mandelschild verraten, den er aufgriff bevor er sein Schwert packte, es aus dem Boden zerrte und gen Trampelpfad stürzte, der einzig erkennbare Weg durch den Wald.

    Er musste gar nicht weit laufen, da entdeckte er in einiger Entfernung den Ursprung der Kampfgeräusche. Inmitten der halbhohen Farne und Gestrüppe, auf dem schmalen Pfad den nicht einmal zwei Pferde nebeneinander begehen konnten, focht ein einzelner in silberne Rüstung gekleideter Ritter – das lange Schwert in beiden Händen – gegen eine Horde in bedrängender Krieger. Das Pferd des Ritters hatte sich ins Unterholz geschlagen und wieherte seinem Herrn panisch zu, der wiederum erkennbar geschickt seine Kontrahenten mit einem Wechsel aus Mühlen, Hieben und Stichen bearbeitete, wobei der hellblaue Federbusch auf dem Visierhelm wild im Takt der Streiche zuckte. Der letzte Kampf brannte noch immer lichterloh in Kilians Knochen, doch zwang der Anblick eines wehrhaften aber unterlegenen Ritters Kilian eine schmerzhafte Erinnerung auf. Er dachte an den Beginn seiner Reise mit Rafael, dachte an den Kampf den der Magier aus purer Rechtschaffenheit gegen Gwen und ihre Schergen begonnen hatte. Er erinnerte sich an die Wut, die er wegen seines Alleinganges gegen den Magier gerichtet hatte und an die Scham, die ihm selbst galt. Ein Ritter war da, um die Unschuldigen zu schützen und rechtschaffen zu handeln. Damals hatte er auf seinen Auftrag geachtet, der schwerer wog als die Ideale. Obwohl er Rafael zurechtgestutzt hatte, galt sein größter Ärger damals ihm. Durch die Schlitze seines Topfhelmes beobachtete Kilian die bizarre Szenerie des Schwerttanzes, wie das Silber mit dem satten Grün des Waldes verschwamm und blutige Fächer die Blätter bespritzen. Zwei Angreifer hatte der Ritter bereits gefällt, sieben weitere drängten auf ihn ein. Einzig das Wurzelwerk und die schwergängige Vegetation halfen dem Ritter dabei, nicht vollends übermannt zu werden. Kilian meinte auf einem der Schilde einen Bären zu erkennen, den er unscharf der Stadt Highever zuordnete. Dann jedoch besann er sich, nahm den Laufschritt wieder auf und stürzte ins Gefecht. „Ich helfe Euch, Ritter!“, rief er und überraschte die den Silbernen umzingelnden Krieger. Noch ehe der ihm am nächsten stehende Strauchdieb etwas sagen konnte, rammte Kilian ihm das spitz zulaufende Ende des Mandelschildes gegen die Brust. Er Mann stützte prustend ins Gebüsch zurück. „Steht ab oder helft den Banditen!“, rief der Silberne in hallend-blechernem Ton zurück und hieb einem seiner Kontrahenten ein Stück Holz aus dem Schildrad. „Das will ich nicht!“, rief Kilian zurück. Er wirbelte sein Schwert und ließ er schräg hinabsausen, direkt auf den zur Abwehr gehobenen Hellebardenschaft eines schweinsäugigen Eisenhutträgers. Ein weiterer Mann stürzte sich von Links auf Kilian. Sein Schild und Wappenrock zeigten eine schwarze Bärentanze auf gelbem Grund. Nicht das Siegel der Howes aber wohl eines Verbündeten. Kilian fing den Schlag mit dem Schild auf und stieß seinerseits zu. Der andere Krieger, das gute Kettenhemd, verzierte Nasalhelm und das Schwertgehänge wiesen ihn als bedeutenderen Mann, als einen gewöhnlichen Strauchdieb aus, wich dem Stich aus, schob Kilians Schwert beiseite und versuchte dessen Oberschenkel zu perforieren. Aber Kilians Schild war breit und seit dem letzten Gefecht wusste der Templer, wie er ihn auch mit lediglich drei funktionierenden Fingern gut packen konnte. Kilian tauschte ein paar Hiebe mit dem Schwertträger aus. Irgendwo in einem Wald des Bannorns.


    [Bild: Rafael_2.jpg][Bild: Marius_Avatar_2.jpg]
    „Bleibt in Sicherheit!“, befahl der Hauptmann, bevor er sich seinen Helm aufsetzte und in den Wald rannte, dem leisen Klirren von Waffen entgegen, das irgendwo aus dem Dickicht erklang. Rafael und Marius starrten Kilian beide einen Moment nach, bevor sie schlagartig einander fixierten. Eine günstigere Gelegenheit, dem anderen den Garaus zu machen, würden sie nicht bekommen.

    Keiner von beiden rührte sich, während sie sich mit Blicken maßen. Jeder glaubte kurz zwischen all der Verachtung im Blick des anderen den Wunsch nach Frieden aufblitzen zu sehen, doch Rafael nahm sich nicht die Zeit, um ein zweites Mal hinzusehen und spurtete stattdessen los, um dem Hauptmann zu folgen. Selbst wenn Kilian schnurstracks in die Fänge eines Erzdämonen rennen würde wäre es dort sicherer für ihn als allein mit Marius auf der kleinen Lichtung. Irgendeinen Vorwand würde der Templer schon finden, ihn anzugreifen und zu versuchen, das Begonnene zu vollenden. Selbst ohne Vorwand traute der Magier es der dunklen Gestalt durchaus zu, ihn niedermachen und dann im Wald verschwinden zu wollen.
    Marius setzte sogleich zur Verfolgung an. Es lag auf der Hand, dass Marlov versuchen würde, sich abzusetzen und obgleich von Xerox befohlen hatte, bei den Pferden zu bleiben, konnte er den Magier nicht unbeaufsichtigt durch den Wald rennen lassen. Der lausige Rebell hatte endlich sein wahres Gesicht gezeigt und nun würde er endlich bekommen, was er verdiente. Der Templer lag all seine Schnelligkeit in die Jagd und schloss langsam zu Rafaels wehendem Mantel auf, der wie ein dunkelbraunes Gespenst zwischen den Ästen und Sträuchern hindurchfegte. Der Kampfeslärm vor ihnen wurde lauter.

    Mit einem flachen Satz sprang Rafael über einen verwitterten Baumstumpf hinweg und sah durch das Unterholz schon Stahl blitzen, als er mit dem Fuß hängen blieb und ins Straucheln kam. In diesem Moment holte Marius ihn ein und warf sich gegen den fliehenden Magier, der vollends sein Gleichgewicht verlor, nach vorne fiel und sich zweimal überschlug. Er versuchte sich aufzurappeln, scheiterte und warf sich wenig elegant nach vorne, wodurch er halb liegend auf der Lichtung eintraf, zu der Kilian gerannt war. Noch bevor der Magier den Tumult und das Kampfgetümmel zwischen den hohen Baumstämmen ganz erfassen konnte, hatte Marius bereits ausgeschlossen und ihn gepackt. ,,Stehengeblie..“, brüllte er ihn an, als ihn von der Seite ein Schildstoß traf. Es ließ sich nicht sagen, ob der unbekannte Bewaffnete, der den Templer angegriffen hatte Rafael für einen Kameraden in Bedrängnis gehalten hatte oder Marius ihm als größere Gefahr erschienen war, doch ohne sich weiter um den Magier zu kümmern, setzte er nach. Zischend fuhr Marius‘ Schwert aus der Scheide und ging in zwei blitzschnellen Streichen auf das Schild des Kriegers nieder. Rafael nutzte die Verwirrung, um sich frei zu machen und einen Überblick zu gewinnen:

    Inmitten der Lichtung umzingelten andere Bewaffnete einen Ritter, der sich die Angreifer mit weit ausholenden Schlägen vom Leibe zu halten versuchte. Nicht weit von ihm war Kilian mit gleich zweien der Aggressoren beschäftigt und überall schepperte und klirrten Metall und Holz unter den Schlägen, die die Kämpfenden austauschten. Der Magier versuchte gar nicht erst, sich auf das Chaos einen Reim zu machen und riss stattdessen einem der beiden, die auf den Hauptmann eindrangen, mit einer Druckwelle die Beine unter Füßen weg. Die Magie floss wieder frei durch ihn und obwohl er nach der vergangenen Nacht und dem langen Ritt am Tage noch stark erschöpft war, tat es gut, wieder das Pulsieren im Körper zu spüren, als die Energie hindurchströmte.
    Der rechte Arm seines Gegners zuckte verräterisch, als Marius‘ Gegner ihn mit einer Finte aus der Reserve zu locken versuchte. Der Templer umging den flachen Hieb, drehte sich schnell aus der Hüfte und versenkte die Klinge seines Schwerts im Kiefer des in Leder Gekleideten. Herausströmendes Blut ertränkte die schwarzen Bartstoppeln am Hals des Mannes, als er röchelnd in die Knie ging. Marius hatte keine Ahnung, wer er war und warum er ihn angegriffen hatte, doch wer sich einem Templer in der Ausübung seiner Pflicht entgegenstellte, hatte keine Gnade zu erwarten. ,,Marlov!, schrie er erneut. Der Lump hatte gezaubert, das spürte er. Mit einem Ruck machte er seine Waffe frei und stürzte wieder los, um den Magier zur Rechenschaft zu ziehen. ,,Packt Euch den Zauberer!“, brüllte aus dem Tumult jemand. Offensichtlich war aufgefallen, dass übernatürliche Verstärkung eingetroffen war und obwohl Rafael selbst nicht wusste, gegen wen er seinen Zauber gerichtet hatte, wurde er sogleich als neues Ziel auserkoren. ,,Kommt her Ihr Hunde und kämpft!“, rief scheppernd der Ritter, dem die Aufmerksamkeit bis dahin gegolten hatte, während er einem seiner Gegner mit einem tiefen Stich die Wade spaltete, bevor dieser sich Rafael zuwenden konnte.
    Bevor jedoch einer aus dem bewaffneten Haufen den Magier erreichen konnte, war Marius bei ihm und versuchte ihn am Kragen zu packen. Rafael wich zurück, scheute sich aber, den Templer mit Magie abzuwehren. Stattdessen schob er ihn mit dem Stab weg. ,,Lass mich in Frieden, Bastard!“ Die vielgehasste Beleidigung rief in Marius nur noch mehr Wut hervor, doch bevor er das Schwert gegen den Magier erheben konnte, erreichte die Söldnerbande sie, dicht gefolgt von dem Ritter in silberner Rüstung, der offenbar nicht gewillt war, die Gelegenheit zur Flucht zu nutzen. Rafael schleuderte die Angreifer mit einer Druckwelle von sich und brach einem von ihnen mit einer Faust des Erbauers die Beine. Marius fand sich auf einmal in der paradoxen Situation wieder, Marlov verteidigen zu müssen, um ihn bestrafen zu können und fing mit der Klinge einen Speerstoß, der dem Magier gegolten hatte. ,,Weg mit Euch!“, brüllte er in das Getümmel hinein, doch niemand hörte auf ihn. Immer weiter drängten die Bewaffneten auf sie ein und drängten sie näher zusammen.
    Khardim ist offline
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    Mürrisch zog sich Bosko über die niedrige Brüstung des Daches. Den nervigen Stadtbüttel hatte er abgeschüttelt, aber das Getrampel weiter unten verriet ihm, dass der inzwischen Verstärkung geholt hatte. Er legte sich flach auf den Rücken und wartete, bis die Bewaffneten weitergezogen waren.
    Der Söldner atmete flach und leise. Eine einzelne Krähe beobachtete ihn neugierig aus einigen Metern Entfernung. Bosko ignorierte sie. Aufgeschreckte Tiere mochten von Elfenjägern als Spur gedeutet werden, aber hier in der Stadt bedeuteten Federrauschen und aufsteigende Vögel nichts. Vermutlich hätte er das schwarze Federvieh packen und fressen können, ohne dass jemand es bemerkt hätte. Dieser Gedanke brachte ihn zu seinem verdorbenen Mittagessen und dem Grund seiner Flucht zurück. Er hatte einem Bettler ein Stück Brot abnehmen können, aber anstatt einfach sein Schicksal zu ertragen und die Fresse zu halten hatte der Alte losgekeift und so den ganzen Mist losgetreten. Bosko grunzte und scherte sich nicht weiter drum. Das Brot war weg und seine Verfolger nun hoffentlich auch.
    Er robbte langsam zur Kante des flachen Daches und blickte herab. Das Gebäude überragte eine schmale Gasse am Rande des Gesindeviertels, die dunkel unter ihm lag. Dunkel und vor allem leer. Er rümpfte die Nase und horchte. Keine Schritte zu hören, nur das dreckige Stadtleben drang an sein Ohr. Bosko schob sich langsam von der Kante weg zurück und erhob sich in die Hocke. Er hatte keine Lust, gleich wieder in die nächste Stadtwache zu rennen, wenn er sich wieder auf die Suche nach Falko oder wenigstens etwas Essbarem machte. Geduckt trottete er über das Dach, sprang mit einem Satz auf das nebenstehenden Gebäudes und entfernte sich über schief liegende Schindeln und verwitterte Giebel langsam von der Stelle, wo seine Verfolger ihn zuletzt gesehen hatten.

    Er bewegte sich am westlichen Rand des Gesindeviertels nach Süden und hatte vor einen Bogen zu schlagen, um die Wache endgültig abzuhängen und zurück zum Hafen zu gelangen. Während der Nacht unter der Brücke war er zu dem Entschluss gekommen, Drebin doch noch einen Besuch abzustatten. Vermutlich würde der auch heute keine Informationen ausspucken, aber gewiss ein paar Zähne.
    Er war noch keine halbe Stunde über den baufälligen Dächern von Denerim unterwegs, als er unter sich Aufruhr bemerkte. „Beim Erbauer!“, rief da jemand und hatte genug Angst in der Stimme, um Bosko aufmerksam werden zu lassen. Nur weil er auf der Flucht war, wollte er keine Gelegenheit übersehen, ein wenig Gold neben der Spur zu machen und dort unten wurde offensichtlich jemand so sehr drangsaliert, dass etwas mehr Drangsal gewiss nicht schaden würde. Zumindest ihm nicht.
    Der Söldner legte sich wieder flach auf den Bauch und arbeitete sich zum Rand des Daches vor. „Du und du: Zeigt mir diesen Falko. Sofort!“, hörte er jemanden rufen, definitiv jemand anderen als zuvor. Bosko war sofort aufmerksam und beobachtete die Situation. Der schneidende Befehl kam von einem hoch aufragenden Gepanzerten, der grade drei Lumpen zur Sau machte. Für gewöhnlich nichts ungewöhnliches, wäre der eine Lump nicht zu einem großen Eisblock gefroren, in dem sich das schwache Licht der Vormittagssonne brach und in kaleidoskopischen Farben auf das dreckige Pflaster fiel. Der Mann in der Rüstung trieb die beiden verbliebenen Strolche zur Eile an und ließ sich in das Gewirr der Gassen führen. Wenn der Kerl auch hinter Falko her war, so beschloss Bosko, sollte er selbst besser zusehen, dass er sein Geld bekam, bevor sein Auftraggeber ebenfalls auf Eis gelegt wurde.
    Er ließ sich an der nächsten Mauerkante geschickt aufs Pflaster herab und folgte der Dreigruppe in einigem Abstand. Er war sich sicher, dass noch vor dem Nachmittag Blut fließen würde und hatte fest vor, dazu beizutragen.





    [Bild: Rafael_2.jpg][Bild: Marius_Avatar_2.jpg]
    „Bleibt in Sicherheit!“, befahl der Hauptmann, bevor er sich seinen Helm aufsetzte und in den Wald rannte, dem leisen Klirren von Waffen entgegen, das irgendwo aus dem Dickicht erklang. Rafael und Marius starrten Kilian beide einen Moment nach, bevor sie schlagartig einander fixierten. Eine günstigere Gelegenheit, dem anderen den Garaus zu machen, würden sie nicht bekommen.

    Keiner von beiden rührte sich, während sie sich mit Blicken maßen. Jeder glaubte kurz zwischen all der Verachtung im Blick des anderen den Wunsch nach Frieden aufblitzen zu sehen, doch Rafael nahm sich nicht die Zeit, um ein zweites Mal hinzusehen und spurtete stattdessen los, um dem Hauptmann zu folgen. Selbst wenn Kilian schnurstracks in die Fänge eines Erzdämonen rennen würde wäre es dort sicherer für ihn als allein mit Marius auf der kleinen Lichtung. Irgendeinen Vorwand würde der Templer schon finden, ihn anzugreifen und zu versuchen, das Begonnene zu vollenden. Selbst ohne Vorwand traute der Magier es der dunklen Gestalt durchaus zu, ihn niedermachen und dann im Wald verschwinden zu wollen.
    Marius setzte sogleich zur Verfolgung an. Es lag auf der Hand, dass Marlov versuchen würde, sich abzusetzen und obgleich von Xerox befohlen hatte, bei den Pferden zu bleiben, konnte er den Magier nicht unbeaufsichtigt durch den Wald rennen lassen. Der lausige Rebell hatte endlich sein wahres Gesicht gezeigt und nun würde er endlich bekommen, was er verdiente. Der Templer lag all seine Schnelligkeit in die Jagd und schloss langsam zu Rafaels wehendem Mantel auf, der wie ein dunkelbraunes Gespenst zwischen den Ästen und Sträuchern hindurchfegte. Der Kampfeslärm vor ihnen wurde lauter.

    Mit einem flachen Satz sprang Rafael über einen verwitterten Baumstumpf hinweg und sah durch das Unterholz schon Stahl blitzen, als er mit dem Fuß hängen blieb und ins Straucheln kam. In diesem Moment holte Marius ihn ein und warf sich gegen den fliehenden Magier, der vollends sein Gleichgewicht verlor, nach vorne fiel und sich zweimal überschlug. Er versuchte sich aufzurappeln, scheiterte und warf sich wenig elegant nach vorne, wodurch er halb liegend auf der Lichtung eintraf, zu der Kilian gerannt war. Noch bevor der Magier den Tumult und das Kampfgetümmel zwischen den hohen Baumstämmen ganz erfassen konnte, hatte Marius bereits ausgeschlossen und ihn gepackt. ,,Stehengeblie..“, brüllte er ihn an, als ihn von der Seite ein Schildstoß traf. Es ließ sich nicht sagen, ob der unbekannte Bewaffnete, der den Templer angegriffen hatte Rafael für einen Kameraden in Bedrängnis gehalten hatte oder Marius ihm als größere Gefahr erschienen war, doch ohne sich weiter um den Magier zu kümmern, setzte er nach. Zischend fuhr Marius‘ Schwert aus der Scheide und ging in zwei blitzschnellen Streichen auf das Schild des Kriegers nieder. Rafael nutzte die Verwirrung, um sich frei zu machen und einen Überblick zu gewinnen:

    Inmitten der Lichtung umzingelten andere Bewaffnete einen Ritter, der sich die Angreifer mit weit ausholenden Schlägen vom Leibe zu halten versuchte. Nicht weit von ihm war Kilian mit gleich zweien der Aggressoren beschäftigt und überall schepperte und klirrten Metall und Holz unter den Schlägen, die die Kämpfenden austauschten. Der Magier versuchte gar nicht erst, sich auf das Chaos einen Reim zu machen und riss stattdessen einem der beiden, die auf den Hauptmann eindrangen, mit einer Druckwelle die Beine unter Füßen weg. Die Magie floss wieder frei durch ihn und obwohl er nach der vergangenen Nacht und dem langen Ritt am Tage noch stark erschöpft war, tat es gut, wieder das Pulsieren im Körper zu spüren, als die Energie hindurchströmte.
    Der rechte Arm seines Gegners zuckte verräterisch, als Marius‘ Gegner ihn mit einer Finte aus der Reserve zu locken versuchte. Der Templer umging den flachen Hieb, drehte sich schnell aus der Hüfte und versenkte die Klinge seines Schwerts im Kiefer des in Leder Gekleideten. Herausströmendes Blut ertränkte die schwarzen Bartstoppeln am Hals des Mannes, als er röchelnd in die Knie ging. Marius hatte keine Ahnung, wer er war und warum er ihn angegriffen hatte, doch wer sich einem Templer in der Ausübung seiner Pflicht entgegenstellte, hatte keine Gnade zu erwarten. ,,Marlov!, schrie er erneut. Der Lump hatte gezaubert, das spürte er. Mit einem Ruck machte er seine Waffe frei und stürzte wieder los, um den Magier zur Rechenschaft zu ziehen. ,,Packt Euch den Zauberer!“, brüllte aus dem Tumult jemand. Offensichtlich war aufgefallen, dass übernatürliche Verstärkung eingetroffen war und obwohl Rafael selbst nicht wusste, gegen wen er seinen Zauber gerichtet hatte, wurde er sogleich als neues Ziel auserkoren. ,,Kommt her Ihr Hunde und kämpft!“, rief scheppernd der Ritter, dem die Aufmerksamkeit bis dahin gegolten hatte, während er einem seiner Gegner mit einem tiefen Stich die Wade spaltete, bevor dieser sich Rafael zuwenden konnte.
    Bevor jedoch einer aus dem bewaffneten Haufen den Magier erreichen konnte, war Marius bei ihm und versuchte ihn am Kragen zu packen. Rafael wich zurück, scheute sich aber, den Templer mit Magie abzuwehren. Stattdessen schob er ihn mit dem Stab weg. ,,Lass mich in Frieden, Bastard!“ Die vielgehasste Beleidigung rief in Marius nur noch mehr Wut hervor, doch bevor er das Schwert gegen den Magier erheben konnte, erreichte die Söldnerbande sie, dicht gefolgt von dem Ritter in silberner Rüstung, der offenbar nicht gewillt war, die Gelegenheit zur Flucht zu nutzen. Rafael schleuderte die Angreifer mit einer Druckwelle von sich und brach einem von ihnen mit einer Faust des Erbauers die Beine. Marius fand sich auf einmal in der paradoxen Situation wieder, Marlov verteidigen zu müssen, um ihn bestrafen zu können und fing mit der Klinge einen Speerstoß, der dem Magier gegolten hatte. ,,Weg mit Euch!“, brüllte er in das Getümmel hinein, doch niemand hörte auf ihn. Immer weiter drängten die Bewaffneten auf sie ein und drängten sie näher zusammen.


    [Bild: Kilian_2.jpg]

    Rafaels magische Einmischung komplettierte das ausgebrochene Chaos nun vollends. Kilian hatte weder Zeit sich zu wundern, noch still in sich hinein zu fluchen. Stattdessen fing er einen Schwertstreich ab, mit dem der Bärentatzen-Bewappte auf seinen Hals zielte. Mit einem tiefen *Klonck* donnerte der Kerl sein Schwert gegen den Holzschild. Kilian spürte einen dumpfen Schmerz im Arm, ignorierte ihn jedoch und hieb seinerseits unter dem Schildrand zu. Sein Gegner revanchierte sich mit geblocktem Schild und so beharkten sich die beiden Krieger weiter während Rafael unweit von ihnen einen der Banditen mittels lebensbejahender Drangsal und stumpfen Willen von den Füßen holte. Der Hauptmann bekam den arkanen Angriff unterschwellig mit, Aldars Anwesenheit hingegen blieb ihm vollkommen verborgen. Der dunkle Templer hatte sich dem Kampf in wilder Raserei angeschlossen, gleich einem Schiffbrüchigen, der den untergehenden Goldschatz vor der unendlichen Schwärze des Meeres zu retten versuchte und dabei weder das Scheitern noch den eigenen Tod vor Augen hatte – ob Schatzsucher oder Templer, ihr Antrieb war Gier. Der silberne Ritter streckte indes einen weiteren Soldaten nieder, brachte ihn zu Fall und metzelte dann Kleidung, Fleisch und Vegetation gleichermaßen nieder. Kilian wich vor einem Schlag zurück, warf einen kurzen Blick nach rechts und links und sah nun auch Aldars lange, hagere Gestalt. Ein bizarres Bild bot sich dem Hauptmann, denn Aldar und Marlov kämpften beinahe Rücken an Rücken. Nichts schmiedete die Ketten eines Bündnisses besser als das Feuer der Schlacht. Doch Kilian hatte kaum Zeit, sich an diesem Anblick zu weiden. Er musste seine eigene Schlacht schlagen.

    Schwer seufzend warf sich Kilians Kontrahent gegen den Templer, drängte seinen Schild gegen den des Templers. Kilians Stiefel gruben sich in die weiche Erde, während das Geschiebe begann. Der Boden gab schnell nach und Kilians Hacke sank ins Erdreich. So hielt er Stand, als sich der andere Krieger mit aller Kraft gegen den eigenen Schild warf. Kilian ahnte, dass sein Gegner nicht mehr viel Energie hatte. Sein Kampfgeist war beinahe erloschen und seine Angriffe resultierten mehr aus Verzweiflung denn aus Taktik. Wie ein Rammbock hämmerte er gegen Kilians Bollwerk aus Holz und in den Waffenschmieden der Kirche erschaffener Disziplin. Schließlich brach er keuchend ab, strauchelte zurück und ließ die Waffen sinken. „Ich ergebe mich, Herr“, sagte er, ließ das Schwert ins hohe Gebüsch fallen und schüttelte den Schild ab. Dann nahm er die Beckenhaube ab und warf sie Kilian vor die Füße. Der Mann war sicher noch einmal zehn Jahre älter als Kilian. Schnauzbart und Haare waren schon stark grau meliert und die vielen Falten zeigten die Strapazen eines harten Lebens. „Sagt Euren Männern, sie sollen die Waffen wegwerfen und sich ebenfalls ergeben!“, befahl Kilian blechern und hielt dem Mann die Schwertspitze unter die Nase. Dieser legte die Hände wie ein Trichter an den Mund und rief laut, dass die Kämpfe einzustellen sind und die Banditen sich ergeben sollten. Da sie aber noch immer die – wenn auch nur knappe – Überzahl bildeten, legten manche ihre Kriegswerkzeuge nur widerwillig beiseite. Zwei besonders dreiste Kerle versuchten dennoch, den silbernen Ritter zu erschlagen. Vermutlich lag ihnen der Gedanke an Rache für die gefallenen Kameraden näher als der flatterhafte Befehl der Kapitulation. Der silberne Ritter beendete ihre Leben jedoch derart rasch, dass die vormals zögernden Soldaten die Waffen mit ostentativer Heftigkeit weit von sich schmissen. Mit einem eleganten und dennoch unweigerlich heftigen Hieb fraß sich das lange Schwert in die Seite des ersten Angreifers und noch in der Bewegung, in der der Silberne seine Klinge freizerrte, schwang er sie herum und trieb sie dem zweiten Soldaten in die freie Stelle zwischen Visier und Harnisch, direkt in den Hals. Eine morbide Stille legte sich über den Wald, ausgenommen dem Gurgeln des Sterbenden, dem der Silberne die Schwertschneide durch die Luftröhre bis in die Brust schob. Der Kadaver sank zur Erde und nahm dem Ritter die Arbeit des Freiziehens des bis zur Hälfte mit klebrigem Lebenssaft bedeckten Schwertes ab. Der Anführer der Strauchdiebe kniff angewidert die Augen zusammen, als der Silberne zu dem zuerst Gefällten schritt und seine Arbeit mit einem beidhändigen Gnadenstoß beendete. Das anfängliche Flehen wurde zu einem Schrei, wie ihn nur Sterbende und Abscheulichkeiten ausstoßen konnten, dann kehrte die Stille stärker denn je zurück.

    „Ich habe kein Interesse an Gefangenen und Euren Tod wünsche ich auch nicht“, verkündete Kilian und nahm sich das Recht heraus, für all die anwesenden Sieger zu sprechen. „Darum steht es Euch frei zu gehen. Aber Eure Waffen lasst hier.“ Der Bärenbetatzte verneigte sich tief. „Ihr seid ein ehrenvollerer Ritter, als ich es war. Habt dank, Herr.“ Kilian ließ das Schwert, dessen Spitze vor dem Gesicht des Anderen zu zittern begonnen hatte, sinken und nickte. „Ihr habt es gehört, Männer. Der gnädige Herr schenkt uns das Leben!“ Kilian hatte Glück, dass er noch immer seinen Helm trug. So konnte der Anführer der Banditen den angewiderten Gesichtsausdruck nicht erkennen, der Kilian bei dem übertrieben einschmeichelndem Tonfall des gegnerischen Ritters überkam. In einer normal angeordneten Welt hätte er die Kerle dem nächsten Lord übergeben, der sie sicherlich gehenkt hätte. Kilian selbst aber hatte keine Lust über Schuld oder Unschuld zu richten, zumal es sich dieser Tage um eben keine angeordnete Welt handelte. Eine jahrtausendealte Legende trat an die Oberfläche, um den Dämonen in Schrecklichkeit und Verwüstungskraft Konkurrenz zu bieten und es gab nicht genügend Templer, um diesen beiden eingeschworenen Feinden die Stirn bieten zu können. Und kaum ein anderer Orden könnte der Flut des Bösen Einhalt bieten, zumal die Grauen Wächter nach seinem Kenntnisstand alle tot waren. Tot oder Verräter. „Nur in einer verkommenen Welt wie dieser können Helden zu Königsmördern mutieren“, dachte Kilian still, während er dem Abzug der Strauchdiebe zuschaute. Daneben spürte er jedoch auch Stolz. Einen Sieg zu erringen war ein gefährliches Unterfangen, denn der kurzzeitige Aufstieg verlieh dem Ungestümen Achtlosigkeit und Arroganz. Kilian war über solcherlei Gefühle erhaben. Bei einem Blick zu dem silbernen Ritter hingegen, der sich mit noch immer gezogenem Schwert dem Trio näherte, war er sich nicht so sicher. Kilian schob das eigene Schwert in die Scheide, ließ den Helm aber noch an seinem Platz.

    Das spitz zulaufende Visier des Silbernen war noch immer geschlossen. Zwei dünne schwarze Schlitze blinzelten Kilian entgegen. Der Ritter steckte die Spitze seines Schwertes, das Kilian nun als Anderthalbhänder erkannte, in die Erde und legte die Hände auf den Knauf. Von nahem betrachtet wirkte der Ritter weniger furchteinflößend und schmaler, was aber auch erklärte wie er sich trotz der Plattenrüstung so flink bewegen konnte. „Herr, ich danke Euch für die Hilfe, derer ich nicht bedurfte“, klang es kalt und stählern von dem Silbernen herüber. Kilian spürte wie ein Muskel auf seiner Wange heftig zu zucken begann. Er schaute kurz zu Rafael, dann länger zu Aldar. Der junge Leutnant hatte das Schwert noch immer in der Hand, schien aber unentschlossen zu sein, wen von den Dreien er damit angreifen wollte. Zweifellos wäre dieser Angriff dann sein letzter. Männer wie Aldar respektierten nur Stärke. Also straffte sich Kilian, drückten den Rücken durch und gab voller Inbrunst zurück: „Das ist brav gesprochen, Ritter, wenn auch nicht sehr höfisch.“ Der Silberne knarrte mit den Gelenken, als er das Schwert im Erdreich lockerte. „Ihr habt das Spiel verfälscht.“ „Begehrt Ihr ein Neues?“, fragte Kilian und legte seinerseits die Hand auf den Schwertknauf. Der Silberne nickte. „Ihr schuldet mir eins. Also bezahlt diese Schuld. Nur mit dem Schwert, wenn es Recht ist.“ Erneut schaute Kilian zu Rafael und Marlov. Dann nickte auch er und zog den Mandelschild vom Arm. Er stakste zwischen den Gefallenen und weggeworfenen Waffen auf Aldar zu. Durch den Topfhelm, der in dem Leutnant vielleicht weniger Wut auszulösen vermochte als Kilians schmutziges und bärtiges Gesicht, starrte Kilian Aldar an. „Meinen Schild“, sagte er und reichte die Schutzwaffe an den Leutnant. „Ihr seid mein Adjutant.“ Starke Führung und eine Aufgabe – das brauchten junge Templer. Kilian wusste es besser als die meisten.
    Der Hauptmann trat auf den Pfad und vor den Silbernen. Dieser legte das Schwert auf die Schulter. Kilian zog das Seine, kniete nieder und senkte den behelmten Kopf. Ein kurzes Stoßgebet später erhob er sich und hielt das Schwert zum Gruß vor das Gesicht, die Spitze gen Himmel. Der Silberne erwiderte den Gruß. „Bereit?“, rief er. Seine Stimme klang merkwürdig dünn, von falscher Tonlage. Einen Moment dachte Kilian, dass Wiedergänger dieselbe Tonlage trafen, dann aber schüttelte er den Gedanken beiseite und nickte heftig zum Zeichen. Beide Ritter taten mehrere Schritte aufeinander zu, erst schnell und die Distanz verkürzend, dann vorsichtiger und abschätzend. Beide hatten den jeweils anderen im Kampf gesehen und beide hatten ihre Schlüsse gezogen. Der Templer hielt das Schwert locker in der Faust während er Silberne die Klinge gekonnt drehte. Einen weniger erfahrenen Schwertkämpfer hätte diese Zurschaustellung fechttechnischer Handhabung vielleicht beeindruckt, Kilian hingegen deutete es als Zeichen der Überschätzung oder Furcht. Ein leichtes Säuseln ging durch den Wald und Kilian griff an.
    Eigentlich hatte der Templer gar nicht angreifen wollen. Es war mehr ein Reflex, ein Drang gewesen vorzuspringen und einen beidhändigen Hieb gegen die linke Schulter des Silbernen zu schwingen. Dieser fing den Schlag behände ab. Der Klang von aufeinandertreffenden Stahls hallte von den bemoosten Bäumen wider. Einen Augenblick starrten die beiden Helme einander an, dann begann ein so rücksichtsloser und schneller Schlagabtausch, dass die Stille des Waldes einer stählernen Sinfonie wich. Die Schwerter sangen aus der ihnen eingehämmerten Seele während beide Krieger in professioneller Schweigsamkeit Hiebe austauschten. Die meisten Soldaten, Krieger und selbst Ritter brüllten, fluchten und schrien bei ihren Kämpfen. Die machten sich Luft, vertrieben die Angst, schüchterten ein. Sie waren laut und irgendwann waren sie heiser oder tot. Kilian und der Silberne hingegen kämpften wortlos und schweigend. Sie ließen die Schwerter für sich sprechen. Und die Schwerter brüllten, fluchten und schrien.
    Der Kampf belegte Kilian auf eine Art, die er nicht vermutet hatte. Er duckte sich unter einem Streich weg, stieß zu und fand seine Klinge in der Leere wieder. Der Silberne beherrschte diesen Tanz gut. Keiner seiner letzten Gegner, weder Gwen noch Silas noch irgendeiner ihrer Schergen hatte Kilian solch einen Widerstand bieten können. Er rühmte sich heimlich, einer der besten Schwertkämpfer von ganz Starkhaven zu sein, vielleicht sogar in den Marschen. In diesem hier jedoch fand er einen würdigen Gegner. Zeitweilen schien er Kilian sogar zu überflügeln. Er täuschte seine Finten so geschickt, dass der Hauptmann zweimal darauf hineinfiel und nur durch die Erfahrung der Jahre seine Niederlage verhindern konnte. Für den Silbernen schien Müdigkeit ein ebenso fremdes Wort wie Gnade zu sein. Mit fast unmenschlicher Härte gingen die Hiebe auf den Templer nieder. Kilian, der um einiges größer als der Silberne war und nur durch dessen Federbusch irritiert gewesen war, nutze seinen Vorteil um immer wieder schnell vor- und zurückzuweichen. Der Silberne hingegen nutzte die Länge des Schwertes. Plötzlich, als Kilian ihm fast den Helm vom Kopf geschlagen hatte, sprang er vor und stach zu; die linke Hand halb auf die eigene Klinge gelegt. Nur mit Mühe schaffte Kilian es, dem Stoß auszuweichen. An seiner statt perforierte der Silberne eine uralte Kastanie. Das Schwert setzte sich dort fest wie ein hartnäckiger Splitter. Kilian wich zurück, aber der Silberne setzte nicht nach. So sehr er auch an dem Schwert zerrte, es gelang ihm nicht es sofort aus seinem hölzernen Gefängnis zu befreien. Kilian aber trat an den Ritter und den Baum heran, lehnte das eigene Schwert gegen den Stamm und beide zogen gemeinsam an dem Bastardschwert. Mit vereinter Kraft zerrten sie es frei. Der Silberne wartete bis Kilian sein Schwert wieder in Händen hielt, dann bedeuteten sie dem jeweils anderen mit einem Nicken die eigene Bereitschaft und hieben von neuem aufeinander ein.

    Kilian duckte sich unter einem waagerechten Streich weg und der Silberne fällte an seiner statt einen jungen Baum, dessen Stamm bereits dick wie ein Arm war. Wendig wirbelte der Templer herum, schlug zu und traf die rechte Schulter des Ritters. Dieser stieß ein gekeuchtes Knurren aus, kämpfte dann aber weiter. Allerdings schien der Treffer doch nachhaltigen Einfluss zu üben, denn die Attacken des Silbernen gingen nicht mehr mit selbiger Brisanz auf Kilian nieder. Klirrend kreuzten sie die Klingen und in einer geschickten Drehung schaffte es der Templer seinem Kontrahenten das Schwert wegzustoßen. Die geschwächten Finger schafften es nicht, den Griff zu halten. Lautlos fiel das Schwert in das pflanzenüberwucherte Gras. Einen Moment standen beide Krieger regungslos dort, dann bückte sich Kilian, las das Schwert auf und warf es dem Silbernen zu. Der fing es und verneigte sich leicht. Der Hauptmann hatte damit gerechnet, dass der Andere nun genug hätte, er hoffte es zumindest, denn ihn selbst hatte der Kampf stark ermüdet. Der Schweiß auf seiner Haut war kalt und angenehm geworden, seine Lungen protestierten gegen die Anstrengungen und seine Muskeln bettelten förmlich um Ruhe. Der silberne Ritter hingegen wechselte nun lediglich die Schwerthand und winkte Kilian herausfordernd heran. Kilians Stolz überwand seine physische Abgeschlagenheit und erneut gingen die beiden Kämpfer aufeinander los.

    Der Kampf zog sich in die Länge und noch immer gewann keiner von beiden klar die Oberhand. Mal überflügelte Kilian den Silbernen mit einem geschickten Manöver, dann aber trumpfte der Silberne mit der offensichtlichen Flamme der Jugend auf. Mittlerweile war sie Sonne ein weites Stück gewandert. Goldene Strahlen brachen durch ein Sieb an Schatten, geworfen von den Stämmen zwischen denen die beiden Fechter die Klingen kreuzten. Nachdem sich die Anzahl der Attacken auf mehr als hundert gehäuft hatte, war das Gefecht nur noch ein müdes Aufeinandereinhauen. Jegliche Disziplin und Kunstfertigkeit war dem Schwertduell genommen worden, doch keiner von Beiden fand die Stärke einen letzten und entscheidenden Angriff zu wagen. Schließlich, als sie einmal mehr die gekreuzten Klingen aneinander drückten, stieß sich Kilian ab, strauchelte zurück und hob die Hand. „Genug!“, keuchte er. „Genug.“ Ein erleichtertes Stöhnen entwich dem spitzzackigen Visierhelm des Silbernen und beide ließen die Schwerter sinken. Kilian stieß die Klinge in den Boden und fiel auf das Knie, stützte sich auf das schartig geschlagene Schwert. Der Silberne ließ den Anderthalbhänder fallen und lehnte sich gegen den nächstbesten Baum. Kilian zog sich den Topfhelm vom Kopf, ließ ihn ins Moos fallen und wischte sich die triefnasse Stirn. „Ihr habt nicht Euresgleichen auf der Welt, Ser. Und jetzt bitte ich Euch, nennt mir Euren Namen.“ Der Silberne atmete durch, drückte sich dann von dem Baum weg und klappte unter Scharren das Visier hoch. Kilian, dessen Atem flach und schnell ging, schluckte knapp. Umrahmt vom silbernen Stahl lag das Gesicht einer Frau. Ein schönes Gesicht mit blitzenden blauen Augen, klar wie Bergseen, starken Wangenknochen, geschwungenen Lippen und einer geraden – wenn auch etwas langen – Nase. Die Stimme der Kriegerin war ebenso ermattet wie Kilian sich fühlte, doch nun erkannte er, warum sie sich vormals so fremd und verzerrt angehört hatte. „Mein Name ist Gisele du Chateau. Erweist mir die Ehre und sagt mir, mit wem ich die Klinge kreuzte.“ Kilian verweilte einen Moment in unverhohlenem Staunen. Die Fremde sprach mit einem unüberhörbaren Einschlag des Orlaisianischen. Du Chateau – der Name rief eine Erinnerung in ihm wach. Zweifellos war die Kriegerin aus Orlais, aber das war es nicht. Eine Chevalier erklärte das Talent im Waffengang zweifellos. „Ich bin Ser Kilian von Xerox. Hauptmann des Templerordens.“ Dann schaute er über die Schulter zu den stark beschatteten Gestalten Rafaels und Aldars. „Meine Gefährten sind der Magier Rafael Marlov und Marius…“ Kilian schnappte japsend nach Luft. Und Gisele lachte. „Ein Templer!“, rief sie aus und fiel fast rücklings um, als sie den Kopf in den Nacken legte und mit weit geöffnetem Mund kicherte. „Ein verfluchter Templer…“ „Was ist so witzig daran, Mylady?“, fragte Kilian, ohne die Vorstellung seines zweiten unfreiwilligen Gefährten zu beenden. „Ich suche seit Wochen nach einem Templer, der mir den Weg zum Turm weisen kann.“ Jetzt fiel es Kilian ein. „Ihr sucht den Turm? Seid Ihr auf der Suche nach einem Templer namens Emile?“ Die Andere schaute ihn an, dann nickte sie. „Das bin ich. Er ist mein Bruder. Als ich von der Verderbnis hörte, kam ich in dieses Land, um ihn nach Hause zu holen.“ Kilian zwang seinen Körper dazu, sich zu erheben. Er hatte nach dem Aufstand im Turm die Namen der toten Templer gelesen, die auf einer meterlangen Liste Pergament eingetragen worden sind. Er erinnerte sich daran, dass Emile du Chateau einer davon gewesen war. „Wir sollten einen Moment rasten. Dann reden wir.“

    Nicht ohne Strapazen schafften die beiden Kämpfer es, zu Rafael und Aldar zurückzukehren. Während Rafael einen Ausdruck regen Interesses zur Schau stellte, war Aldars Miene klar zu lesen: Eine Schande, dass sich die beiden Fechter nicht gegenseitig erschlagen hatten. Die Kriegerin stieß einen kurzen, schrillen Pfiff aus, worauf vorsorglich einigen Abstand haltende Pferd herantrabte. Die nunmehr größere Gruppe kämpfte sich durch das Unterholz zu dem Lager der drei Reisenden zurück, wo die Kriegerin die Apparaturen und Gegenstände aufmerksam musterte. „Ihr seht nicht aus wie ein Templer“, sagte sie knapp. Dann schaute sie zu Aldar. „Ihr schon eher.“ Sie hatte den Helm abgesetzt. Das lange, schwarze Haar klebte in dicken Strähnen an ihrer Stirn, die so nass war als käme sie direkt aus einem Regenschauer. Kilians Gesicht war von dem verschmierten Schmutz und getrocknetem Schweiß noch dreckiger denn je. Er musste mehr wie ein abgehalfterter Raubritter wirken, als wie ein Hauptmann. „Wir hatten eine beschwerliche Reise“, gab Kilian knapp zurück. „Wer nicht“, antwortete Gisele. Aus ihren am Sattel hängenden Reisetaschen zog sie einen Laib weißes Brot und eine tönerne Flasche. „Freut Euch nicht zu früh“, sagte sie angesichts Rafaels leuchtenden Augen.“ Es ist nur Wasser.“ Das Brot riss sie in vier ungefähr gleichgroße Stücke, reichte es den Anwesenden und verschlang die eigene Portion so schnell, als habe sie seit Tagen nichts mehr gegessen. „Zwei Templer und ein Magier“, schlussfolgerte sie. „Ich habe schon ungewöhnlichere Gruppen gesehen. Seid Ihr auf dem Weg zum Turm?“ „So ist es“, bestätigte Kilian, beschloss dann aber vorerst zu schweigen und sein Brot zu essen. Es schmeckte bemerkenswert gut.
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  3. #263
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    Lana

    Bastien

    [Bild: Char_Samira.png]
    Der junge Mann murmelte etwas vor sich hin, dass Samira nicht richtig verstand, bevor er sich wieder der Elfe zuwandte. Er schaffte es tatsächlich Lana etwas von dem Lyrium einzuflößen und Samira kam sich wieder sehr nutzlos vor und senkte unsicher den Kopf. Bastiens Mühen zur Rettung der Elfe zeigten Wirkung und Lana kam langsam zu sich. Sie benutzte Magie, was Samira etwas zusammenzucken ließ, um einige ihrer Wunden zu heilen. Ihre Bitte um Wasser schockte Samira, da sie niemals dachte, dass die Elfe um irgendwas bitten würde.

    Bastien hatte die Bitte auch vernommen und bevor Samira anbieten konnte etwas zu holen, legte er Lana vorsichtig ab und stapfte mit seinem Helm zum Bach um Wasser zu holen. Samira erhob sich und kniete sich hinter Lanas Kopf nieder. Vorsichtig, um die restlichen Verletzungen nicht zu verschlimmern, legte sie Lanas Kopf auf ihren Schoß während sie beruhigend und leise auf die junge Frau einredete. Bastien kehrte zurück und hielt Lana den mit Wasser gefüllten Helm an die Lippen so dass sie trinken konnte.
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  4. #264
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    Darius

    [Bild: Sarah_klein.png]
    Darius nahm ihren Vorschlag über eine Beerdigung der Toten nachzudenken nicht gut auf, was für Sarah durchaus nachvollziehbar war. Der Gedanke daran, dass nichts oder nicht viel mehr übrig war… sie schüttelte sich leicht und blickte auf als Darius mit Tränen in den Augen fast fluchtartig die Hütte verließ. Sie sprang auf um ihm zu folgen, blieb aber bei der Tür stehen als sie sein Schluchzen und die Geräusche von Erbrechen vernahm. „Es tut mir so leid“, flüsterte sie leise als sie umkehrte und wieder tiefer in die Hütte ging um ihn mit seiner Trauer allein zu lassen.

    Ihr Blick fiel auf das Rezeptbuch und sie hob es auf, doch sie konnte es nicht über sich bringen hinein zu schauen. ‚Es wird Zeit zu gehen‘, dachte sie und sammelte ihre wenigen Sachen ein, die sie besaß um diese in ihrem kleinen Rucksack zu verstauen. Das Rezeptbuch legte sie vorsichtig dazu um später darin zu lesen. Darius schien es zumindest körperlich gut zu gehen und es gab eigentlich keinen Grund länger zu bleiben. Für seine Seele konnte sie, so gut ihre Heilkünste auch waren, nichts tun. Sie würde ihm noch ein paar Anweisungen für die Pflege seiner Wunden geben bevor sie aufbrechen würde. Geduldig wartete sie in der Hütte bis er bereit war mit ihr zu sprechen.
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  5. #265
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    Sarah

    [Bild: DariusTruhnfal.png]

    Langsam ließ der würgende Schmerz in seinem Inneren nach und die Tränen versiegten langsam. Angewidert blickte Darius auf das Erbrochene vor sich und fuhr sich mit dem Unterarm ein paar mal über den Mund. Dann erhob er sich langsam und wickelte die Decke, welche zu Boden gerutscht war, wieder um sich. Er ging langsam zum Bach, kniete sich vorsichtig hin, wusch sich das Gesicht mit ein paar handvoll Wasser, spülte sich den schlimmen Geschmack aus dem Mund und trank sich schließlich satt. Dann ließ er sich auf die Fersen sinken und begann zu Grübeln.


    Ein leises Rascheln erweckte seine Aufmerksamkeit und so suchte sein Blick die Büsche am anderen Ufer ab. Eine helle Stimme rief ihm zu "Dar? Du Dar bist? Bitte du Dar sein."

    Dar. Diesen Namen hatte er schon lange nicht mehr gehört. Seine Chasind-Cousine Ralla hatte ihn immer so genannt.
    "Ich Dar bin. Wer du bist?"

    "Drillee bin" kam die Antwort.

    Drillee. Er erinnerte sich das Rallas Tochter diesen Namen trug und fragte "Du Rallatochter?"

    "Ja. Ralla Mamen von Drillee. Aber Mamen und Babba tot sind. Alle tot sind." Wildes Schluchzten klang plötzlich über den Bach.

    "Drillee ich komme zu dir hinüber" Er rafft die Decke hoch, watete durch den Bach und schob sich durch die Büsche auf das Schluchzen zu. Dort fand er ein junges Mädchen vor das sich zusammengekugelt hatte und mit dem Gesicht zum Boden weinte.
    Vorsichtig kniete er sich neben sie und legte sanft seine Hand auf ihre bebende Schulter. "Drillee"

    Das Mädchen hob langsam den Kopf und sah Darius an. "Alle tot sind" flüsterte sie heiser "Drillee alleine. Kann Drillee bei Dar bleiben? Bei dir und Tante Mali?"

    Darius wunderte sich darüber das Drillee sich an diesen Namen erinnerte, war es doch schon einige Jahre her das Ralla mit ihr zu Besuch war.
    Er zog das Mädchen vorsichtig an sich "Tante Mali auch tot. So wie alle hier. Auch hier alle tot. Aber du darfst gern bei mir bleiben. Dann bist du nicht mehr alleine."

    Drillee sah ihn mit schwimmenden Augen an "Und du auch nicht allein."

    Darius erhob sich stöhnend und Drillee sah ihn von Kopf bis Fuß an. Mit einer zarten Berührung fuhr sie die Narbe an seinem Bauch nach "Schlimm" dann trat sie um ihn herum und verfuhr mit der Narbe am Rücken genau so "auch schlimm". Dann trat sie wieder vor ihn und deutete mit verhaltenem Kichern zu seinem Kopf "Lustig"

    Darius grummelte leicht belustigt.
    "Gehen wir zu meinem Haus"

    Die Beiden schoben sich durch die Büsche, durchwateten den Fluss und gingen auf die Hütte zu. Auf dem Weg sah Darius oft zu Drillee hin und bemerkte das diese nur mit einem Sammelsurium von schmutzigen Fetzen bekleidet war und keine Schuhe trug. Außerdem war sie von Kopf bis Fuß schmutzig als hätte sie sich tagelang durch die Wildnis gekämpft.
    "Als erstes werden wir dich baden müssen und dann brauchst du Kleider und Schuhe"

    Drillee nickte nur.


    Als die beiden das Haus betraten sah Darius eine reisefertige Sarah stehen.
    "Sarah, das hier ist Drillee, die Tochter meiner Chasind-Cousine Ralla. Und meine letzte lebende Verwandte. Wie ich sehe willst du mich verlassen. Wenn es dein Wunsch ist, ich werde dich nicht aufhalten. "
    RainStorm ist offline Geändert von RainStorm (08.03.2017 um 10:26 Uhr)
  6. #266
    #16  Avatar von Forenperser
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    Mit aller Kraft zerrte er an einem Tau, um die in der Auflösung begriffene Takelage des Schiffes zusammenzuhalten. Seine Kleider hingen durchnässt von seinem Körper und der Wind zerrte heftig an ihm, doch Darius hatte sich in seine Aufgabe verbissen und setzte der Naturgewalt einen nicht weniger mächtigen Willen entgegen. Überall an Deck rannten die Matrosen, angetrieben vom Kapitän, umher und versuchten zu retten, was zu retten war. Die Segel peitschten wild im Wind und unermüdlich ergossen sich neue Wellen über die Reling und rissen jeden von den Füßen, der sich nicht schnell irgendwo festhalten könnten.
    Sie hätten glauben können direkt in den tosenden Schlund des Nichts zu segeln, doch inmitten des Geschreis und Getöses behielt Gregorio die Kontrolle und brüllte Befehle. Mit einer Hand zur Sicherung am Mast und der anderen wild gestikulierend in der Luft herrschte er seine Männer an, schneller zu arbeiten. Ob es ihm dabei mehr um seine Fracht als um seine Untergebenen oder einfach nur noch um sein eigenes Leben ging wusste niemand, aber es fragte auch niemand nach. Alles war auf den Beinen um das Schiff über Wasser zu halten.

    Mit ohrenbetäubendem Krachen prallte eine weitere Welle gegen das Schiff und brachte es in gefährliche Seitlage. Darius rutschte aus und konnte sich gerade noch an der Reling festhalten, um nicht davongespült zu werden. Die Masten neigten sich bedrohlich und die letzten Matrosen fielen wie überreife Äpfel aus den Wanten, unter ihnen Talorr. Panische Furcht ergriff die Gregorios Männer und bar jeder Vernunft stürzten sie zu den Luken, um ins Innere des Schiffes zu gelangen. Das Deck des Schiffs war zum Mahlstrom geworden, in dem jeder nur noch an sich dachte und Befehle in den Wind schlug. Der Ben-Hassrath sah, wie auch Talorr versuchte, sich in Sicherheit zu bringen, doch auf einmal verdunkelte hinter ihm etwas den letzten Rest von Licht. Wie von einer Titanenfaust geschleudert stürzte das Schiff in ein Wellental und als Darius sich umdrehte, traf ihn bereits die dazugehörige Welle mit voller Wucht und machte jeden Widerstand zunichte. Das Salzwasser schleuderte ihn von den Füßen, doch er verfing sich mit dem Arm im Tauwerk der Reling. Grausamer Schmerz schoss bis in seine Schulter, als die Wassermassen über ihn hinwegbrandeten und das Schiff unter sich begruben.

    [Bild: rsz_1scarred.jpg]
    "Nnngh...." Sein Kopf dröhnte. Er sich nicht ganz sicher ob er seinen Augen trauen konnte als er sie öffnete. Seine Sicht war zunächst sehr verschwommen und etwas blendete ihn. Als nächstes spürte er den Schmerz in seinem Körper. Und dann etwas.....anderes. Etwas feuchtes, kitzliges in seinem Gesicht. "Slim....nicht, hör auf, haha....." Sein vierbeiniger Freund, dem Erbauer sei Dank noch am Leben, schleckte ihm durch das Gesicht. Das Lachen tat ihm weh, alles tat ihm weh. Langsam wurde seine Sicht klarer. Das erste was er wahrnahm war die strahlende Sonne an einem wolkenlosen blauen Himmel. Der Sturm war tatsächlich vorbei und er lebte noch! Aufgrund der Schmerzen in seinen Gliedmaßen richtete er sich extra langsam auf und sah dann das Desaster um sich herum, welches das schöne Wetter gleich nicht mehr ganz so schön wirken ließ. Mehrere Segel waren gerissen, Planken eingedrückt, Stücke der Reling abgerissen, und einige der Ladungskisten lagen zertrümmert zu Boden. "Auf die Füße, Hornochse!" Äußerst unsanft, so dass er kurz aufschreien musste, wurde er von hinten gepackt und gewaltsam auf die Füße gehoben. Es war Brom, der Koch. "Verdammich, du hast wahrlich mehr Glück als Verstand. Liegst hier oben auf dem Deck und überlebst diesen verdammten Sturm. Der Kaventsmann eben wahr wohl nicht stark genug, was?" "Scheinbar." Sein Stand war alles andere als sicher, sein Knöchel fühlte sich so an als würde er gleich wieder nachgeben. "Wie....hat die Mannschaft es überstanden?" "Der Käpt'n lebt noch. Aber wir haben 10 Mann verloren, gut ein Viertel unserer Ladung.....und noch einen Sturm überlebt unser Kahn auch nicht." Brohm seufzte. "Wisst ihr zufällig......ob mein Reisegefährte es überstanden hat?"
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  7. #267
    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    vorheriger Post: Typwandel ~ Antwort von: Glandis

    [Bild: Aril_Ava.png] Auf Ihr Geständnis sagte Glandis sachlich: »Aril, es ehrt dich, dass du so denkst und es auch sagst. Es st nicht einfach so über sich zu sprechen. Ich weiß …« hier stockte sie. Denn ihr kamen Erinnerungen in den Sinn, wie oft sie gefordert war die Wahrheit zu sagen und es so unendlich schwer war. »… die Wahrheit ist schwer auszusprechen. Doch ist es die Wahrheit?« Hier unterbrach sie jetzt bewusst, hielt inne und schaute Aril fest in die Augen. Sie suchte den Blickkontakt. Das geschieht bei den Waldelfen nicht so oft. Nach dem sie sich sicher war, dass sie die Aufmerksamkeit hatte, sagte sie weiter: »Was, wenn deine Ziele nicht stimmen? Stimmt dann die Wahrheit? Hast du nicht schon mal gesagt: „Ich habe kein Interesse daran.“? Und was ist danach geschehen? Ging es dir gut oder schlecht? Oder warst du froh, es entscheiden zu haben?«
    Aril merkte, wie wichtig Glandis diese Fragen waren und sie dachte nach. Ja, sie hatte kein Interesse an Geschichte oder irgendwelcher theoretischen Kenntnis von Kämpfen gehabt, aber es war Bestandteil ihrer Erziehung gewesen. Hatte sie die Wahl gehabt? Nein, nicht wirklich. Die Tochter eines Bann hatte eine gewisse Pflicht zu erfüllen. Dazu gehörten im Allgemeinen auch Kinder und eine Ehe - noch etwas, was Aril sicherlich nicht interessierte.

    »Ich will dich mit den Fragen nicht nerven, doch was würde geschehen, wenn du sagst: „Schluss mit den Stöckchen“? Für mich würdest du alles, was du gelernt hast mitnehmen und es so können, wie es ist. Du würdest es verwenden, wenn du es möchtest oder auch nicht. Aber du würdest dir keinen Kopf machen, warum du es nichts schaffst. Es ist eigentlich das Gleiche, wenn du abends zu Bett gehst. Wenn man am Morgen aufsteht, hat man über der Nacht nichts verloren.« Aril nickte kurz um zu zeigen, dass sie zuhörte und verstand. Da nahm Glandis sie bei der Schulter und sagte mitfühlend:»Im Vertrauen. Fordere nicht so viel von dir. Ein starker Wille ist wunderbar, aber bändige ihn. Man kann auch mit Fehlern, mit nicht Erreichten leben. Denn morgen ist auch noch ein Tag und wer weiß, was der bringen wird. Deshalb habe ich nach deinem Typ gefragt.«

    "Glandis, das ist sehr lieb von dir," sagte Aril gerührte. Sie machte sich kein Bild davon, warum die Elfe darüber so gesprächig war.
    Sie überlegte, wie sie das alles möglichst kurz und zusammengefasst mitteilen konnte, ohne einen endlosen Sermon über Vergangenheit, nicht erfüllte Wünsche und dergleichen daraus werden zu lassen.
    "Bisher habe ich mich mit vielem befassen müssen, auch das was ich nicht wollte. Aber die Stöckchen, die Heimlichkeit - das mag ich! Im Kampf, im körperlichen Geschickt bin ich gut. Deshalb will ich es können."

    Sie pausierte kurz und fragte dann: "Verstehst du das? Konntest du immer wählen, was du lernen willst und was nicht?"
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  8. #268
    Ritter Avatar von Khardim
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    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Zitat Zitat von Shepard Commander Beitrag anzeigen

    [Bild: Kilian_2.jpg]

    Rafaels magische Einmischung komplettierte das ausgebrochene Chaos nun vollends. Kilian hatte weder Zeit sich zu wundern, noch still in sich hinein zu fluchen. Stattdessen fing er einen Schwertstreich ab, mit dem der Bärentatzen-Bewappte auf seinen Hals zielte. Mit einem tiefen *Klonck* donnerte der Kerl sein Schwert gegen den Holzschild. Kilian spürte einen dumpfen Schmerz im Arm, ignorierte ihn jedoch und hieb seinerseits unter dem Schildrand zu. Sein Gegner revanchierte sich mit geblocktem Schild und so beharkten sich die beiden Krieger weiter während Rafael unweit von ihnen einen der Banditen mittels lebensbejahender Drangsal und stumpfen Willen von den Füßen holte. Der Hauptmann bekam den arkanen Angriff unterschwellig mit, Aldars Anwesenheit hingegen blieb ihm vollkommen verborgen. Der dunkle Templer hatte sich dem Kampf in wilder Raserei angeschlossen, gleich einem Schiffbrüchigen, der den untergehenden Goldschatz vor der unendlichen Schwärze des Meeres zu retten versuchte und dabei weder das Scheitern noch den eigenen Tod vor Augen hatte – ob Schatzsucher oder Templer, ihr Antrieb war Gier. Der silberne Ritter streckte indes einen weiteren Soldaten nieder, brachte ihn zu Fall und metzelte dann Kleidung, Fleisch und Vegetation gleichermaßen nieder. Kilian wich vor einem Schlag zurück, warf einen kurzen Blick nach rechts und links und sah nun auch Aldars lange, hagere Gestalt. Ein bizarres Bild bot sich dem Hauptmann, denn Aldar und Marlov kämpften beinahe Rücken an Rücken. Nichts schmiedete die Ketten eines Bündnisses besser als das Feuer der Schlacht. Doch Kilian hatte kaum Zeit, sich an diesem Anblick zu weiden. Er musste seine eigene Schlacht schlagen.

    Schwer seufzend warf sich Kilians Kontrahent gegen den Templer, drängte seinen Schild gegen den des Templers. Kilians Stiefel gruben sich in die weiche Erde, während das Geschiebe begann. Der Boden gab schnell nach und Kilians Hacke sank ins Erdreich. So hielt er Stand, als sich der andere Krieger mit aller Kraft gegen den eigenen Schild warf. Kilian ahnte, dass sein Gegner nicht mehr viel Energie hatte. Sein Kampfgeist war beinahe erloschen und seine Angriffe resultierten mehr aus Verzweiflung denn aus Taktik. Wie ein Rammbock hämmerte er gegen Kilians Bollwerk aus Holz und in den Waffenschmieden der Kirche erschaffener Disziplin. Schließlich brach er keuchend ab, strauchelte zurück und ließ die Waffen sinken. „Ich ergebe mich, Herr“, sagte er, ließ das Schwert ins hohe Gebüsch fallen und schüttelte den Schild ab. Dann nahm er die Beckenhaube ab und warf sie Kilian vor die Füße. Der Mann war sicher noch einmal zehn Jahre älter als Kilian. Schnauzbart und Haare waren schon stark grau meliert und die vielen Falten zeigten die Strapazen eines harten Lebens. „Sagt Euren Männern, sie sollen die Waffen wegwerfen und sich ebenfalls ergeben!“, befahl Kilian blechern und hielt dem Mann die Schwertspitze unter die Nase. Dieser legte die Hände wie ein Trichter an den Mund und rief laut, dass die Kämpfe einzustellen sind und die Banditen sich ergeben sollten. Da sie aber noch immer die – wenn auch nur knappe – Überzahl bildeten, legten manche ihre Kriegswerkzeuge nur widerwillig beiseite. Zwei besonders dreiste Kerle versuchten dennoch, den silbernen Ritter zu erschlagen. Vermutlich lag ihnen der Gedanke an Rache für die gefallenen Kameraden näher als der flatterhafte Befehl der Kapitulation. Der silberne Ritter beendete ihre Leben jedoch derart rasch, dass die vormals zögernden Soldaten die Waffen mit ostentativer Heftigkeit weit von sich schmissen. Mit einem eleganten und dennoch unweigerlich heftigen Hieb fraß sich das lange Schwert in die Seite des ersten Angreifers und noch in der Bewegung, in der der Silberne seine Klinge freizerrte, schwang er sie herum und trieb sie dem zweiten Soldaten in die freie Stelle zwischen Visier und Harnisch, direkt in den Hals. Eine morbide Stille legte sich über den Wald, ausgenommen dem Gurgeln des Sterbenden, dem der Silberne die Schwertschneide durch die Luftröhre bis in die Brust schob. Der Kadaver sank zur Erde und nahm dem Ritter die Arbeit des Freiziehens des bis zur Hälfte mit klebrigem Lebenssaft bedeckten Schwertes ab. Der Anführer der Strauchdiebe kniff angewidert die Augen zusammen, als der Silberne zu dem zuerst Gefällten schritt und seine Arbeit mit einem beidhändigen Gnadenstoß beendete. Das anfängliche Flehen wurde zu einem Schrei, wie ihn nur Sterbende und Abscheulichkeiten ausstoßen konnten, dann kehrte die Stille stärker denn je zurück.

    „Ich habe kein Interesse an Gefangenen und Euren Tod wünsche ich auch nicht“, verkündete Kilian und nahm sich das Recht heraus, für all die anwesenden Sieger zu sprechen. „Darum steht es Euch frei zu gehen. Aber Eure Waffen lasst hier.“ Der Bärenbetatzte verneigte sich tief. „Ihr seid ein ehrenvollerer Ritter, als ich es war. Habt dank, Herr.“ Kilian ließ das Schwert, dessen Spitze vor dem Gesicht des Anderen zu zittern begonnen hatte, sinken und nickte. „Ihr habt es gehört, Männer. Der gnädige Herr schenkt uns das Leben!“ Kilian hatte Glück, dass er noch immer seinen Helm trug. So konnte der Anführer der Banditen den angewiderten Gesichtsausdruck nicht erkennen, der Kilian bei dem übertrieben einschmeichelndem Tonfall des gegnerischen Ritters überkam. In einer normal angeordneten Welt hätte er die Kerle dem nächsten Lord übergeben, der sie sicherlich gehenkt hätte. Kilian selbst aber hatte keine Lust über Schuld oder Unschuld zu richten, zumal es sich dieser Tage um eben keine angeordnete Welt handelte. Eine jahrtausendealte Legende trat an die Oberfläche, um den Dämonen in Schrecklichkeit und Verwüstungskraft Konkurrenz zu bieten und es gab nicht genügend Templer, um diesen beiden eingeschworenen Feinden die Stirn bieten zu können. Und kaum ein anderer Orden könnte der Flut des Bösen Einhalt bieten, zumal die Grauen Wächter nach seinem Kenntnisstand alle tot waren. Tot oder Verräter. „Nur in einer verkommenen Welt wie dieser können Helden zu Königsmördern mutieren“, dachte Kilian still, während er dem Abzug der Strauchdiebe zuschaute. Daneben spürte er jedoch auch Stolz. Einen Sieg zu erringen war ein gefährliches Unterfangen, denn der kurzzeitige Aufstieg verlieh dem Ungestümen Achtlosigkeit und Arroganz. Kilian war über solcherlei Gefühle erhaben. Bei einem Blick zu dem silbernen Ritter hingegen, der sich mit noch immer gezogenem Schwert dem Trio näherte, war er sich nicht so sicher. Kilian schob das eigene Schwert in die Scheide, ließ den Helm aber noch an seinem Platz.

    Das spitz zulaufende Visier des Silbernen war noch immer geschlossen. Zwei dünne schwarze Schlitze blinzelten Kilian entgegen. Der Ritter steckte die Spitze seines Schwertes, das Kilian nun als Anderthalbhänder erkannte, in die Erde und legte die Hände auf den Knauf. Von nahem betrachtet wirkte der Ritter weniger furchteinflößend und schmaler, was aber auch erklärte wie er sich trotz der Plattenrüstung so flink bewegen konnte. „Herr, ich danke Euch für die Hilfe, derer ich nicht bedurfte“, klang es kalt und stählern von dem Silbernen herüber. Kilian spürte wie ein Muskel auf seiner Wange heftig zu zucken begann. Er schaute kurz zu Rafael, dann länger zu Aldar. Der junge Leutnant hatte das Schwert noch immer in der Hand, schien aber unentschlossen zu sein, wen von den Dreien er damit angreifen wollte. Zweifellos wäre dieser Angriff dann sein letzter. Männer wie Aldar respektierten nur Stärke. Also straffte sich Kilian, drückten den Rücken durch und gab voller Inbrunst zurück: „Das ist brav gesprochen, Ritter, wenn auch nicht sehr höfisch.“ Der Silberne knarrte mit den Gelenken, als er das Schwert im Erdreich lockerte. „Ihr habt das Spiel verfälscht.“ „Begehrt Ihr ein Neues?“, fragte Kilian und legte seinerseits die Hand auf den Schwertknauf. Der Silberne nickte. „Ihr schuldet mir eins. Also bezahlt diese Schuld. Nur mit dem Schwert, wenn es Recht ist.“ Erneut schaute Kilian zu Rafael und Marlov. Dann nickte auch er und zog den Mandelschild vom Arm. Er stakste zwischen den Gefallenen und weggeworfenen Waffen auf Aldar zu. Durch den Topfhelm, der in dem Leutnant vielleicht weniger Wut auszulösen vermochte als Kilians schmutziges und bärtiges Gesicht, starrte Kilian Aldar an. „Meinen Schild“, sagte er und reichte die Schutzwaffe an den Leutnant. „Ihr seid mein Adjutant.“ Starke Führung und eine Aufgabe – das brauchten junge Templer. Kilian wusste es besser als die meisten.
    Der Hauptmann trat auf den Pfad und vor den Silbernen. Dieser legte das Schwert auf die Schulter. Kilian zog das Seine, kniete nieder und senkte den behelmten Kopf. Ein kurzes Stoßgebet später erhob er sich und hielt das Schwert zum Gruß vor das Gesicht, die Spitze gen Himmel. Der Silberne erwiderte den Gruß. „Bereit?“, rief er. Seine Stimme klang merkwürdig dünn, von falscher Tonlage. Einen Moment dachte Kilian, dass Wiedergänger dieselbe Tonlage trafen, dann aber schüttelte er den Gedanken beiseite und nickte heftig zum Zeichen. Beide Ritter taten mehrere Schritte aufeinander zu, erst schnell und die Distanz verkürzend, dann vorsichtiger und abschätzend. Beide hatten den jeweils anderen im Kampf gesehen und beide hatten ihre Schlüsse gezogen. Der Templer hielt das Schwert locker in der Faust während er Silberne die Klinge gekonnt drehte. Einen weniger erfahrenen Schwertkämpfer hätte diese Zurschaustellung fechttechnischer Handhabung vielleicht beeindruckt, Kilian hingegen deutete es als Zeichen der Überschätzung oder Furcht. Ein leichtes Säuseln ging durch den Wald und Kilian griff an.
    Eigentlich hatte der Templer gar nicht angreifen wollen. Es war mehr ein Reflex, ein Drang gewesen vorzuspringen und einen beidhändigen Hieb gegen die linke Schulter des Silbernen zu schwingen. Dieser fing den Schlag behände ab. Der Klang von aufeinandertreffenden Stahls hallte von den bemoosten Bäumen wider. Einen Augenblick starrten die beiden Helme einander an, dann begann ein so rücksichtsloser und schneller Schlagabtausch, dass die Stille des Waldes einer stählernen Sinfonie wich. Die Schwerter sangen aus der ihnen eingehämmerten Seele während beide Krieger in professioneller Schweigsamkeit Hiebe austauschten. Die meisten Soldaten, Krieger und selbst Ritter brüllten, fluchten und schrien bei ihren Kämpfen. Die machten sich Luft, vertrieben die Angst, schüchterten ein. Sie waren laut und irgendwann waren sie heiser oder tot. Kilian und der Silberne hingegen kämpften wortlos und schweigend. Sie ließen die Schwerter für sich sprechen. Und die Schwerter brüllten, fluchten und schrien.
    Der Kampf belegte Kilian auf eine Art, die er nicht vermutet hatte. Er duckte sich unter einem Streich weg, stieß zu und fand seine Klinge in der Leere wieder. Der Silberne beherrschte diesen Tanz gut. Keiner seiner letzten Gegner, weder Gwen noch Silas noch irgendeiner ihrer Schergen hatte Kilian solch einen Widerstand bieten können. Er rühmte sich heimlich, einer der besten Schwertkämpfer von ganz Starkhaven zu sein, vielleicht sogar in den Marschen. In diesem hier jedoch fand er einen würdigen Gegner. Zeitweilen schien er Kilian sogar zu überflügeln. Er täuschte seine Finten so geschickt, dass der Hauptmann zweimal darauf hineinfiel und nur durch die Erfahrung der Jahre seine Niederlage verhindern konnte. Für den Silbernen schien Müdigkeit ein ebenso fremdes Wort wie Gnade zu sein. Mit fast unmenschlicher Härte gingen die Hiebe auf den Templer nieder. Kilian, der um einiges größer als der Silberne war und nur durch dessen Federbusch irritiert gewesen war, nutze seinen Vorteil um immer wieder schnell vor- und zurückzuweichen. Der Silberne hingegen nutzte die Länge des Schwertes. Plötzlich, als Kilian ihm fast den Helm vom Kopf geschlagen hatte, sprang er vor und stach zu; die linke Hand halb auf die eigene Klinge gelegt. Nur mit Mühe schaffte Kilian es, dem Stoß auszuweichen. An seiner statt perforierte der Silberne eine uralte Kastanie. Das Schwert setzte sich dort fest wie ein hartnäckiger Splitter. Kilian wich zurück, aber der Silberne setzte nicht nach. So sehr er auch an dem Schwert zerrte, es gelang ihm nicht es sofort aus seinem hölzernen Gefängnis zu befreien. Kilian aber trat an den Ritter und den Baum heran, lehnte das eigene Schwert gegen den Stamm und beide zogen gemeinsam an dem Bastardschwert. Mit vereinter Kraft zerrten sie es frei. Der Silberne wartete bis Kilian sein Schwert wieder in Händen hielt, dann bedeuteten sie dem jeweils anderen mit einem Nicken die eigene Bereitschaft und hieben von neuem aufeinander ein.

    Kilian duckte sich unter einem waagerechten Streich weg und der Silberne fällte an seiner statt einen jungen Baum, dessen Stamm bereits dick wie ein Arm war. Wendig wirbelte der Templer herum, schlug zu und traf die rechte Schulter des Ritters. Dieser stieß ein gekeuchtes Knurren aus, kämpfte dann aber weiter. Allerdings schien der Treffer doch nachhaltigen Einfluss zu üben, denn die Attacken des Silbernen gingen nicht mehr mit selbiger Brisanz auf Kilian nieder. Klirrend kreuzten sie die Klingen und in einer geschickten Drehung schaffte es der Templer seinem Kontrahenten das Schwert wegzustoßen. Die geschwächten Finger schafften es nicht, den Griff zu halten. Lautlos fiel das Schwert in das pflanzenüberwucherte Gras. Einen Moment standen beide Krieger regungslos dort, dann bückte sich Kilian, las das Schwert auf und warf es dem Silbernen zu. Der fing es und verneigte sich leicht. Der Hauptmann hatte damit gerechnet, dass der Andere nun genug hätte, er hoffte es zumindest, denn ihn selbst hatte der Kampf stark ermüdet. Der Schweiß auf seiner Haut war kalt und angenehm geworden, seine Lungen protestierten gegen die Anstrengungen und seine Muskeln bettelten förmlich um Ruhe. Der silberne Ritter hingegen wechselte nun lediglich die Schwerthand und winkte Kilian herausfordernd heran. Kilians Stolz überwand seine physische Abgeschlagenheit und erneut gingen die beiden Kämpfer aufeinander los.

    Der Kampf zog sich in die Länge und noch immer gewann keiner von beiden klar die Oberhand. Mal überflügelte Kilian den Silbernen mit einem geschickten Manöver, dann aber trumpfte der Silberne mit der offensichtlichen Flamme der Jugend auf. Mittlerweile war sie Sonne ein weites Stück gewandert. Goldene Strahlen brachen durch ein Sieb an Schatten, geworfen von den Stämmen zwischen denen die beiden Fechter die Klingen kreuzten. Nachdem sich die Anzahl der Attacken auf mehr als hundert gehäuft hatte, war das Gefecht nur noch ein müdes Aufeinandereinhauen. Jegliche Disziplin und Kunstfertigkeit war dem Schwertduell genommen worden, doch keiner von Beiden fand die Stärke einen letzten und entscheidenden Angriff zu wagen. Schließlich, als sie einmal mehr die gekreuzten Klingen aneinander drückten, stieß sich Kilian ab, strauchelte zurück und hob die Hand. „Genug!“, keuchte er. „Genug.“ Ein erleichtertes Stöhnen entwich dem spitzzackigen Visierhelm des Silbernen und beide ließen die Schwerter sinken. Kilian stieß die Klinge in den Boden und fiel auf das Knie, stützte sich auf das schartig geschlagene Schwert. Der Silberne ließ den Anderthalbhänder fallen und lehnte sich gegen den nächstbesten Baum. Kilian zog sich den Topfhelm vom Kopf, ließ ihn ins Moos fallen und wischte sich die triefnasse Stirn. „Ihr habt nicht Euresgleichen auf der Welt, Ser. Und jetzt bitte ich Euch, nennt mir Euren Namen.“ Der Silberne atmete durch, drückte sich dann von dem Baum weg und klappte unter Scharren das Visier hoch. Kilian, dessen Atem flach und schnell ging, schluckte knapp. Umrahmt vom silbernen Stahl lag das Gesicht einer Frau. Ein schönes Gesicht mit blitzenden blauen Augen, klar wie Bergseen, starken Wangenknochen, geschwungenen Lippen und einer geraden – wenn auch etwas langen – Nase. Die Stimme der Kriegerin war ebenso ermattet wie Kilian sich fühlte, doch nun erkannte er, warum sie sich vormals so fremd und verzerrt angehört hatte. „Mein Name ist Gisele du Chateau. Erweist mir die Ehre und sagt mir, mit wem ich die Klinge kreuzte.“ Kilian verweilte einen Moment in unverhohlenem Staunen. Die Fremde sprach mit einem unüberhörbaren Einschlag des Orlaisianischen. Du Chateau – der Name rief eine Erinnerung in ihm wach. Zweifellos war die Kriegerin aus Orlais, aber das war es nicht. Eine Chevalier erklärte das Talent im Waffengang zweifellos. „Ich bin Ser Kilian von Xerox. Hauptmann des Templerordens.“ Dann schaute er über die Schulter zu den stark beschatteten Gestalten Rafaels und Aldars. „Meine Gefährten sind der Magier Rafael Marlov und Marius…“ Kilian schnappte japsend nach Luft. Und Gisele lachte. „Ein Templer!“, rief sie aus und fiel fast rücklings um, als sie den Kopf in den Nacken legte und mit weit geöffnetem Mund kicherte. „Ein verfluchter Templer…“ „Was ist so witzig daran, Mylady?“, fragte Kilian, ohne die Vorstellung seines zweiten unfreiwilligen Gefährten zu beenden. „Ich suche seit Wochen nach einem Templer, der mir den Weg zum Turm weisen kann.“ Jetzt fiel es Kilian ein. „Ihr sucht den Turm? Seid Ihr auf der Suche nach einem Templer namens Emile?“ Die Andere schaute ihn an, dann nickte sie. „Das bin ich. Er ist mein Bruder. Als ich von der Verderbnis hörte, kam ich in dieses Land, um ihn nach Hause zu holen.“ Kilian zwang seinen Körper dazu, sich zu erheben. Er hatte nach dem Aufstand im Turm die Namen der toten Templer gelesen, die auf einer meterlangen Liste Pergament eingetragen worden sind. Er erinnerte sich daran, dass Emile du Chateau einer davon gewesen war. „Wir sollten einen Moment rasten. Dann reden wir.“

    Nicht ohne Strapazen schafften die beiden Kämpfer es, zu Rafael und Aldar zurückzukehren. Während Rafael einen Ausdruck regen Interesses zur Schau stellte, war Aldars Miene klar zu lesen: Eine Schande, dass sich die beiden Fechter nicht gegenseitig erschlagen hatten. Die Kriegerin stieß einen kurzen, schrillen Pfiff aus, worauf vorsorglich einigen Abstand haltende Pferd herantrabte. Die nunmehr größere Gruppe kämpfte sich durch das Unterholz zu dem Lager der drei Reisenden zurück, wo die Kriegerin die Apparaturen und Gegenstände aufmerksam musterte. „Ihr seht nicht aus wie ein Templer“, sagte sie knapp. Dann schaute sie zu Aldar. „Ihr schon eher.“ Sie hatte den Helm abgesetzt. Das lange, schwarze Haar klebte in dicken Strähnen an ihrer Stirn, die so nass war als käme sie direkt aus einem Regenschauer. Kilians Gesicht war von dem verschmierten Schmutz und getrocknetem Schweiß noch dreckiger denn je. Er musste mehr wie ein abgehalfterter Raubritter wirken, als wie ein Hauptmann. „Wir hatten eine beschwerliche Reise“, gab Kilian knapp zurück. „Wer nicht“, antwortete Gisele. Aus ihren am Sattel hängenden Reisetaschen zog sie einen Laib weißes Brot und eine tönerne Flasche. „Freut Euch nicht zu früh“, sagte sie angesichts Rafaels leuchtenden Augen.“ Es ist nur Wasser.“ Das Brot riss sie in vier ungefähr gleichgroße Stücke, reichte es den Anwesenden und verschlang die eigene Portion so schnell, als habe sie seit Tagen nichts mehr gegessen. „Zwei Templer und ein Magier“, schlussfolgerte sie. „Ich habe schon ungewöhnlichere Gruppen gesehen. Seid Ihr auf dem Weg zum Turm?“ „So ist es“, bestätigte Kilian, beschloss dann aber vorerst zu schweigen und sein Brot zu essen. Es schmeckte bemerkenswert gut.


    [Bild: Marius_Avatar_2.jpg]
    [Bild: Rafael_2.jpg]


    Mit einem eher verzweifelt als gezielt geführtem Schwung seines Stabes wehrte Rafael das Kurzschwert eines der Banditen ab, während neben ihm Marius die Klinge wild hin und her zischen ließ, um sich Raum zu verschaffen. Die Angreifer waren immer noch in der Überzahl, doch schien ihnen die unerwartete Verstärkung für ihr silbern gerüstetes Opfer nicht geheuer zu sein; diese Bande verstand sich darauf, ahnungslose Reisende zu überfallen und war nicht auf einen längeren Kampf vorbereitet. Als Marius einem seiner Gegner den Schwertknauf auf die Nase stieß und ihn halb röchelnd halb schreiend rückwärts taumeln ließ, wichen auch dessen beiden Nebenmänner zurück und wirkten alles andere als sicher, ob sie den hochgewachsenen Avatar des Zornes weiter beharken sollten.
    Rafael setzte ein Stück zurück und rammte einem der Banditen die Spitze seines Stabes wie eine Lanze in den Unterleib. Kein tödlicher Angriff, aber schmerzhaft genug, um den Getroffenen in die Knie gehen zu lassen. Ein schneller Hieb seitlich gegen den Kopf schickte den Mann ins weiche Laub des Waldbodens, dessen Rascheln im Kampfeslärm ungehört blieb. Über das Getöse erhob sich jedoch eine Stimme, deren Ruf die Bande zur Einhalt gebot. Die Aufforderung wurde von dem feuchten Schmatzen begleitet, mit dem Marius sein Schwert aus der Flanke eines Strauchdiebes befreite. Ob es der Befehl ihres Anführers oder die Mischung aus Abscheu und rasender Wut im Gesicht des jungen Templers war, einer nach dem anderen ließen die Banditen tatsächlich ihre Waffen fallen und hoben die Hände.
    Marius beäugte im Wechsel die zurückweichenden Banditen und Marlov, wie um zu prüfen, von wem die größere Gefahr ausginge. Beide schienen kein Interesse an mehr Blutvergießen zu haben, doch konnte man weder den einen noch dem anderen trauen. Am Rande der Lichtung zeigte der Ritter mit schnellen Schlägen seinen beiden letzten Widersachern den Weg in die jenseitige Welt und der schmerzerfüllte Schrei der Sterbenden raubte ihren Kameraden endgültig den Kampfeswillen. Der Templer schaute sich um. Das Scharmützel hatte nur wenige Minuten angehalten, doch hatte diese Zeit gereicht, um den Untergrund aufzuwirbeln und mit Blut zu tränken. Von Xerox stand nicht unweit der Stelle, an der sie auf die Lichtung gestolpert waren und nahm mehr oder weniger feierlich die Kapitulation der Angreifer entgegen.
    „Ich habe kein Interesse an Gefangenen und Euren Tod wünsche ich auch nicht. Darum steht es Euch frei zu gehen. Aber Eure Waffen lasst hier.“ Die Bande ließ sich das nicht zwei Mal sagen und zog sich, teilweise humpelnd, zwischen die Bäume und das Unterholz zurück. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis sie sich zusammenraufen und wieder über Reisende herfallen würden, doch für den Moment hatten sie Ruhe vor dem Pack. Rafael atmete durch und klopfte sich den Dreck vom Mantel. Er hatte noch einen Schildstoß vor die Brust bekommen und war unsanft auf seinem Stab gelandet. Das solide Eichenholz hatte gehalten, aber seine linke Flanke schmerzte dafür ordentlich. Er beobachtete die abziehenden Banditen und dann Marius, dem er auch lieber auf den sich entfernenden Rücken als in das ausdruckslose Gesicht schauen würde, das er ihm darbot. Mitten in einem Kampf auf ihn statt auf die Angreifer loszugehen, war eine Tollheit, mit welcher der Magier die unselige Besessenheit des Templers für bewiesen ansah. Es wurde Zeit, dass sie das Bleichgesicht loswurden.

    Nach dem Abzug der Räuber blieben sie allein mit dem schwer gerüsteten Ritter zurück, der das ganze Unheil verursacht hatte, indem er allein durch den falschen Wald gezogen war. Er stapfte mit geschlossenem Visier zwischen den Leichen der Besiegten auf sie zu. Marius sah, wie Von Xerox sein Schwert wegsteckte und dem Gepanzerten entgegentrat. Er selbst behielt seine Waffe in der Hand und schloss zum ungeliebten Hauptmann auf. Der unbekannte Ritter wäre eine andere Größenordnung von Gegner und selbst wenn die Welt ohne Von Xerox vermutlich ein besserer Ort wäre, so konnte er doch nicht tatenlos danebenstehen, wenn ein anderer Templer kämpfte. Auch Rafael erkannte die stumme Bedrohung, die von dem Mann in der strahlenden Rüstung ausging und folgte Marius in einigem Abstand. Weiterer Ärger lag förmlich in der Luft.
    ,,Herr, ich danke Euch für die Hilfe, derer ich nicht bedurfte“, eröffnete der Fremde, nachdem einige Schritte vor dem Hauptmann stehen geblieben war und sein Schwert in den Waldboden gerammt hatte. Der blecherne Klang des Helmes verriet nichts über die Stimme, doch der Tonfall ließ Rafael sogleich an Meredith denken, die ähnlich herablassend zu sein pflegte. Der Geschmack von Galle breitete sich in seinem Mund aus. „Das ist brav gesprochen, Ritter, wenn auch nicht sehr höfisch.“, gab der Hauptmann zurück und obwohl auch seine Stimme unter einem Helm hervorkam, war nicht zu überhören, dass er etwas mehr Dankbarkeit erwartet hatte. Rafael spuckte beiläufig aus. Er hatte zu Genüge erlebt, was zu passieren pflegte, wenn zwei vergleichbar große Egos aufeinanderprallten und war nicht im Geringsten verwundert, als das Gespräch relativ zügig in ein Duell mündete, ausgetragen mit dem Schwert und der Ehre allein als Schild. Der Magier verdrehte unauffällig die Augen und kramte in seiner Tasche nach seiner Pfeife und etwas Tabak. Reine Zeitverschwendung, sowas.
    Von Xerox legte seinen Schild ab und drückte ihn Marius ruppig in die Hand. „Meinen Schild“, verdeutlichte er mit Nachdruck. „Ihr seid mein Adjutant.“ Der junge Templer verzog keine Miene und erwiderte den rechtschaffenen Ernst seines Vorgesetzten mit kaum verhohlener Aufsässigkeit. Dieser Zweikampf war unnötig und stellte nur eine weitere Verzögerung auf ihrem Weg zum Zirkel dar. Nichts außer dem Eid, den er geschworen hatte hielt Marius davon ab, den Schild in den Wald zu schleudern und Von Xerox für diesen Schwachsinn zur Rechenschaft zu ziehen. Er nickte stattdessen kalt und wünschte dem Hauptmann stumm, dass er diese Narretei bereuen möge.
    Die beiden Kontrahenten begegneten sich mit gezogenem Schwert. Was dann folgte war ein Kampf, der an Geschwindigkeit und technischer Finesse seines gleichen suchte. Die schiere Kraft, das schnelle Taktieren und die federnde Eleganz, die beide Widersacher trotz ihrer schweren Rüstungen an den Tag legten, konnten den geneigten Zuschauer in Begeisterung versetzen. Rafael war nach drei Schlagabtauschen derart angeödet, dass er sich abwandte und an einen Baum lehnte. Er wusste, dass Marius wieder auf ihn losgehen würde, wenn er sich zu weit entfernte und der dürre Templer würde keinen Schritt in Richtung Rastplatz tun, ehe nicht sein von der Ehre geblendeter Ordensbruder mit seiner glorifizierten Schlägerei fertig war. Ritter und ihr Ehrgefühl waren eine einzige Plage. Während der Magier weiter Rauchringe in die Luft pustete, betrachtete Marius konzentriert die Bewegungen des Hauptmanns und seines namenlosen Gegners. Beide waren erfahrene Schwertkämpfer, was sich in jedem ihrer Schläge ausdrückte. Sie beherrschten alle gängigen Streiche und Finten sowie deren Gegenmanöver, weswegen es beiden schwerfiel, eine Lücke in der Verteidigung ihres Gegenübers zu finden, geschweige denn diese zu nutzen, ohne sich selbst einem Vergeltungsschlag preis zu geben. So heftig und leidenschaftlich die Beiden auch aufeinander los gingen, so offensichtlich war es für Marius, dass sie es beide um des Kampfes selbst und der Ehre Willen taten. Mit anderen Worten: Sie achteten den Anstand, verzichteten auf Tricks und dergleichen und zeigten einen eklatanten Mangel an Willen, den anderen niederzustrecken. Die Nasenflügel des jungen Templers blähten sich leicht vor Verachtung. Wer nicht bereit war oder nicht vorhatte, seinen Gegner zu vernichten, brauchte das Schwert nicht zu erheben. Es war ein Spiel, ein sinnloses und gefährliches Schauspiel, das Von Xerox und der Ritter da aufführten und als der Hauptmann und sein Gegner schlussendlich schnaubend und japsend voreinander standen, beide unfähig, die Waffe auch nur noch ein einziges Mal zu haben, fand das Stück seinen enttäuschenden Abschluss.
    „Ihr habt nicht Euresgleichen auf der Welt, Ser. Und jetzt bitte ich Euch, nennt mir Euren Namen.“, keuchte Von Xerox, auf ein Knie niedergegangen und rang um Atem. Rafael horchte auf und schaute zum ersten Mal seit langem wieder zum Kampfschauplatz herüber. Wurde auch mal Zeit, dass die endlich fertig wurden. Der Magier erhob sich und stellte sich, mit einem sichtbaren Abstand, neben Marius, der einer Statur gleich dort stehen geblieben und mit seiner Anwesenheit wertvolle Atemluft verschwendet hatte. Der unbekannte Ritter, an einen Baum gelehnt, schob sein Visier hoch und gab so den Blick auf sein - ihr – doch ganz ansehnliches Gesicht frei. Rafael bedauerte fast, dass der Kampf mit einer Art Remis zu Ende gegangen war; er hätte Kilian zu gern bis ans Ende seiner Tage daran erinnert, dass er von einem Mädchen verdroschen worden war.
    „Mein Name ist Gisele du Chateau. Erweist mir die Ehre und sagt mir, mit wem ich die Klinge kreuzte.“ Die Kriegerin war ebenso außer Atem wie der Hauptmann, doch trotz ihres Keuchens hätte allein der Klang ihrer Stimme sie als Tochter Orlais ausgewiesen, wenn ihr Name verborgen geblieben wäre. Marius vermutete eine Chevalier, jemand anders wäre schwerlich in der Lage gewesen, einen ebenbürtigen Gegner für Von Xerox abzugeben. Der Hauptmann nutzte seinen langsam zurückkehrenden Atem für entbehrliche Floskeln: ,,Ich bin Ser Kilian von Xerox. Hauptmann des Templerordens. Meine Gefährten sind der Magier Rafael Marlov und Marius…“ Ein langes Keuchen beendete den Satz des Hauptmannes vorzeitig. ,,…von Grellenort.“, beendete Marius und ließ Von Xerox’s Schild mit dumpfem Klang neben seinem Besitzer ins Laub fallen. Gisele hörte wohl beides nicht, sondern erstickte fast an ihrem plötzlich aufwallenden Lachen, das glockenhell durch den dunkler werdenden Wald scholl.
    Die Verwirrung über den unvermittelten Heiterkeitsausbruch ließ sich schnell aufklären, denn offenbar war die Orlaisianerin just auf der Suche nach einem Templer gewesen, der sie zum Turm bringen konnte und hatte nun gleich zwei getroffen. Das die Freude über die Begegnung lange anhalten würde, bezweifelte Rafael jedoch stark, immerhin hatte die Dunkelhaarige mit Kilian und Marius den jeweils humorlosesten und den unberechenbarsten Ordensbruder von ganz Ferelden gefunden. Auf den Hauptmann konnte man sich immerhin verlassen, aber es hätte den Magier nicht verwundert, wenn Marius auf einmal einen Schimmer roten Haares am Haupte der Kriegerin bemerkt und dies als Anlass genutzt hätte, einen Scheiterhaufen aufzuschichten.
    Da es bereits zu dunkel war, um die Reise fortzusetzen und auch eine Rückkehr der Banditen, diesmal in noch größerer Überzahl, nicht auszuschließen war, verließen sie gemeinsam den blutgetränkten Ort der Schlacht und suchten ihren Weg zurück zum Lagerplatz, an dem Rafael und Marius eigentlich hatten bleiben sollen. Der junge Templer musste sich eingestehen, dass Marlov nicht versucht hatte, zu fliehen, sondern tatsächlich dem Hauptmann zu Hilfe hatte eilen wollen. Er hatte seine Waffe inzwischen weggesteckt, sodass sich seine Fäuste nun nur wütend ballen konnten anstatt knarrend das Leder des Schwertgriffes zusammenzudrücken.
    In mehr oder weniger trauter Runde ließen sich die vier Gestalten nieder und verzehrten das Brot, das Gisele aus ihrer Satteltasche hervorholte. Sie hatte die okkulten Gerätschaften, die sie mit sich führten, zweifelsohne bemerkt, doch als niemand darauf eingehen wollen zu schien, wählte sie einen weniger direkten Weg ins unausweichliche Gespräch: „Zwei Templer und ein Magier“, sinnierte sie laut. „Ich habe schon ungewöhnlichere Gruppen gesehen. Seid Ihr auf dem Weg zum Turm?“ Sie hätte auch fragen können, ob sie sich regelmäßig rasieren mussten und gegen Bäume pissten, um die gleich Antwort zu erhalten, doch der Hauptmann legte auch nach dem Duell weiter eine ritterliche Höflichkeit an den Tag, wie sie in den meisten Gegenden der Welt vergessen und von Rafael vor langer Zeit als unnötig abgetan worden war. „So ist es“, bestätigte er nickend und nahm einen weiteren Bissen von seinem Stück Brot. Irgendwo im Wald rief ein Uhu. Wenn Gisele noch weitere Fragen an sie hatte, so ertränkte sie diese mit einem tiefen Schluck aus dem Wasserkrug, der zwischen den vieren kreiste. Der Kampf hatte sie noch weiter ausgedörrt und selbst wenn Gisele den drei Männern noch mehr Fragen gestellt hätte, wären diese vielleicht zu müde gewesen, um ausführlich zu antworten. Gänzlich ungeklärt war zudem, was man der fremden Kriegerin überhaupt erzählen durfte, war ihre Rückreise doch in mehrerlei Hinsicht ein Unterfangen, das inneren wie äußeren Gefahren ausgesetzt war.
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  9. #269
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    Glandis | Am Flussbaum • Eine Aufforderung

    [Bild: VR_Gladis_1.png] Die Dalish hatte keinen Schimmer was ihr langer Vortrag, zumindest für ihre Verhältnisse, so wirklich bewirkte. Zumindest blieb Aril ruhig sitzen und hörte sich die Dinge an. Ob Sie das zu Hause auch getan hätte, wenn eine Elfe eine Erklärung zu Geduld und Zielen nannte? Wer konnte das schon wissen. Und zumindest war alles gut gegangen. Denn die Antwort von Aril lautete: „Glandis, das ist sehr lieb von dir.“

    Doch Aril wäre nicht Aril, wenn nicht noch etwas folgen würde. Und meistens folgte noch etwas auf das Folgende. So war es auch diesmal: „Bisher habe ich mich mit vielem befassen müssen, auch das, was ich nicht wollte. Aber die Stöckchen, die Heimlichkeit - das mag ich! Im Kampf, im körperlichen Geschick bin ich gut. Deshalb will ich es können.“ Da hob Glandis ihrem Kopf und staunte. Das hätte sie nie für möglich gehalten. Ihre Partnerin mochte die Sache in den Schatten zu gehen. Deshalb war sie so unzufrieden mit sich. Es konnte nicht schnell genug gehen. So wie, wenn es gutes Essen gibt und man später einfach den Bauch zu voll hat und sich ärgert. Denn man hatte sein Maß verloren. Aber Glandis kam nicht groß dazu über Dinge nachzudenken, denn es kam zu dem bereits erwartenden folgenden.

    „Verstehst du das? Konntest du immer wählen, was du lernen willst und was nicht?“ So viele Fragen auf einen Schlag. Und zu dem nach dem doch längeren Gespräch. Eigentlich hatte Glandis mit einer Idee, einem Vorschlag gerechnet, was sie noch machen wollten. Der Tag war noch zu jung, um an das Abendessen zu denken und das Nachtlager aufzuschlagen. Aber er war nicht mehr von der Dauer, dass man einen Streifzug unternehmen konnte. Doch irgendwie hatte die Dalish das Verlangen etwas zu tun. Aber nicht noch ein Gespräch und noch eins und …

    »Aril, zu deinen Fragen. Ja ich verstehe das. Und …« sie machte eine Pause, damit es nicht ganz so abrupt herüberkam. Doch sie wusste es würde wie aus dem heiteren Himmel kommen. Es würde die Meinung kräftigen, dass die Elfen kurz angebunden sind. Aber sie hatte schon Fusseln an der Zunge, so meinte sie.

    »… wer kann sich schon aussuchen, was zu lernen ist!« sagte sie und stand auf. Sie tänzelte in einem kurzen Gehüpfe um die Adlige. So als wenn eines ihrer Beine eingeschlafen wäre. Dabei schaute sie auf ihre Begleiterin und fragte so nebenbei: »Aril, hast du eine Idee, ein Interesse. Was wollen wir unternehmen?«
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  10. #270
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    Lana Misericordia

    Post von: Bastien de Launcet

    Post von: Samira Harts

    [Bild: wDMU1xILana_Klein.jpg]

    Das Wasser war kühl und trug eine Note Eisen in sich – für Lana allerdings hatte weder teurer Wein aus Orlais noch Lyrium je besser geschmeckt. Ihre ausgetrocknete Kehle begrüßte die lebensbejahende Flüssigkeit und eh sie sich versah, hatte sie den ganzen Helm gelehrt. Sie atmete schnell und zischend und obwohl ihr Körper spürbar vor Qual brannte, lebte sie. Sie schaute auf das kupferfarbene Haar der jungen Frau, in deren Schoß ihr Kopf lag und erkannte Samira. Lana versuchte die Überraschung zu verbergen, stellte dann aber fest, dass es zu viel Energie kostete. Plötzlich sah sie auch Bastien, der vor den beiden Frauen kniete und ihn mit einem Blick bedachte, der seine eigentliche Neigung wiederspiegelte. Es war unverkennbar, dass der Chevalier sie eher inmitten des Waldes würde verrecken lassen, als dass er ihr freiwillig half. Zumindest, wenn die dralle Wirtstochter nicht dort wäre. Der Gedanke, den Orlaisianer um ihren Tod betrogen zu haben, spannte ein herablassendes Lächeln über ihr Gesicht. Die Elfe brachte alle Kraft auf, die sie in sich finden konnte und krächzte: „Mehr Wasser.“ Dann hob sie schwach den Arm und deutete auf Bastien. „Mein Pferd. Sucht nach Lyrium.“ Sie hustete und das heftige Kontrahieren ließ sich die Zähne aufeinanderbeißen. Sie spürte, wie warmes Blut aus einer der Wunden sickerte. „Das hatte ich mir alles anders vorgestellt“, dachte sie und legte vorsichtig die Hand auf die brennende Stelle. Diese Stümper hatten keine Ahnung von Heilung und die Wundumschläge hinderten sie lediglich daran, in diesem Moment zu verbluten. Besser als nichts, aber um zu überleben wäre sie auf sich allein gestellt.
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  11. #271
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    [Bild: Aril_Ava.png] Als Aril Ihre Sichtweise der Dinge vorgebracht hatte, hob Glandis den Kopf und staunte offensichtlich - schon fast mit offenem Munde. Aril fuhr schnell fort mit Ihren Fragen und erntete Schweigen.
    Aril bekam das Gefühl, dass hier eine andere Herangehensweise besser gewesen wäre. Anscheinend war jetzt erst mal genug geredet worden.

    Als die Antwort schließlich kam, bestätigte sie Arils Gedanken: »Aril, zu deinen Fragen. Ja ich verstehe das. Und …… wer kann sich schon aussuchen, was zu lernen ist!« Ehe die Dame es sich versah war Glandis aufgesprungen und hüpfe um sie herum wie ein Mabari-Welpe, der spielen wollte.
    Und genau so verhielt sie sich auch mit dem nächsten Satz: »Aril, hast du eine Idee, ein Interesse. Was wollen wir unternehmen?«

    Aril musste ein wenig kichern und rappelte sich hoch. "Gut, ich weiß etwas!" Sie deutete auf den Baum, der einer Trauerweide nicht unähnlich sah, so viele Stöckchen wie daran angebracht waren. "Ich stelle mich direkt an den Stamm, und du musst dich von außen zu mir durchschlagen ohne dass ich dich höre! So kann ich nochmal üben in den Schatten zu sein, ohne immer das Gleiche zu tun. Und du ... nun, wenn du gut bist, kannst du mich erschrecken!"

    Damit begab sich Aril schon auf den Weg zum Baum und wartete darauf, dass Glandis aufschloss. Sie hatte kein Wort des Protestes vernommen - wie auch, die Elfe hatte wahrscheinlich wegen der vielen Fragen einen akuten Heiserkeitanfall - und schlängelte sich gewand durch die Stöcke zum Baum hin. Dort drehte sie den Kopf und sah zu Glandis: "Also?"
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  12. #272
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    Glandis | Am Flussbaum • Bei der Wahrheit bleiben

    [Bild: VR_Gladis_1.png] Die Dalish hatte an viele Dinge gedacht, als sie ihre Begleiterin gefragt hatte: »Was wollen wir unternehmen?« Ihre Vorzugsvariante wäre eine Schlenderei den Bachverlauf folgend gewesen. Sich dem Klang des Wassers anzuschließen und zu schauen, was es zu erleben gäbe. Aber wie so oft, sie hatte sich gründlich verschätzt, wenn es um die Menschen ging. Von Aril kam so etwas nicht. Sie wollte in der Verzückung des neu Erlernten verstecken spielen. „ So kann ich noch mal üben in den Schatten zu sein, ohne immer das Gleiche zu tun. Und du ... nun, wenn du gut bist, kannst du mich erschrecken!“

    Und dann war sie weg. Sie war in den Schatten gegangen. Glandis hingehen waren Zweifel aufgekommen. »Klar bin ich besser«, dachte sie. Denn was sollte auch dabei herauskommen, wenn eine Anfängerin und das war sie unbestritten, sich mit einer messen wollte, die es seit Jahren praktizierte? Nichts, außer Enttäuschung. Die Dalish konnte sich nicht vorstellen, dass Aril zu gern und einfach verlor. Aber sie würde es. Ein Griff an die Schulter, ein gesagtes ‚tûr‘ und es war vorbei. Doch wie würde die andere damit umgehen? Wird sie enttäuscht sein? So wie sie einst? Als sie den großen Bogen nahm, ihn gerade halten konnte, denn er überragte sie in der Länge. Den Pfeil einlegten, dass schaffte sie immerhin. Doch als dieser dann einem kraftlosen Ding gleich einfach zu Boden plumpste hatte sie für dieses Lachen ihres Vaters kein Verständnis und ihn nur grimmig angesehen. Seine wohlwollende Geste, dieses Streicheln über ihre Haare und seine Worte: »Dafür bist du noch zu ‚nimp‘«. Nicht, dass er sie beobachtet hatte. Das war schon genug. Aber er hatte nicht das normale Wort für »klein« aus der Sprache der Dalish genommen, sondern eins, dass die Bedeutung »zart« in sich trug. Eigentlich hatte er ja recht, aber so etwas will einem kleinen Mädchen, die sich am Bogen des Vaters ausprobiert, nicht in den Kopf.

    »Was sollte sie nun machen? Würde es Aril verstehen? Oder sollte sie sie gewinnen lassen?« Das waren so einige der Frage, die sich zu einem Knäul verwirrten. Aber sie musste es verstehen. Denn im wirklichen Leben trifft man keinen Hirsch, wenn der Bogen über den Kopf ragt. Und hier ist es ähnlich. Ein »bleibe bei dem so, wie es ist« trennte den Wust in ihrem Kopf auf. »Sicher die Wahrheit kann schmerzen, aber sie hilft, wenn man besser werden will«, dachte sie mit einem Nicken ihres Kopfes.

    Der Rest der Geschichte ist schnell berichtet. Sie war weg. Einfach so. Verschluckt vom Schatten. Sie hörte sie fragen: „Also?“, doch sie antwortete nicht. Warum auch. Denn sie war eins mit ihrer Umgebung und tat das, was sie immer in solchen Dingen tat. Sich beruhigen, sorgsam atmen, prüfen, was an einem ein Geräusch verursachen konnten, den Weg erkunden und ihn im Geiste durchspazieren. Sie wusste, man musste sich dabei Zeit lassen. Geduldig sein und vorbereitet. Denn die beiden Pferde konnten aufscheuchen. Denn beide für sie bekannten Personen waren auf Fingerschnipsen einfach mal so weggezaubert.

    Dann stand sie hinter ihrer Begleiterin. Fasste sie an der Schulter und sagte tûr. Sie hatte mit Bedacht das Wort zum Sieg genommen. Denn es gab noch andere Begriffe, aber es musste ja nichts in der Art sein.
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  13. #273
    Grisha Avatar von Emerahl
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    Ayden

    [Bild: 4SwLKzqqxG82wAKV9h1RsE2GZMHnqPDarion_portrait.png]

    Verwirrt blickte Arwan sich um. Wo war er denn jetzt gelandet? Er war doch eben noch in einen Bretterverhau in einem kleinen unscheinbaren Dorf gelandet. Danach sah es nun allerdings nicht mehr aus. Es herrschte ein diffuses Licht, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Dunkle Felsbrocken flogen scheinbar wie durch Geisterhand durch die Luft. In der Ferne sah er die Umrisse einer Festung, die zuweilen bizarre Formen annahm. Vorsichtig machte er ein paar Schritte, in der Hoffnung, vielleicht einen Ausweg zu entdecken. Die Angst kroch langsam in ihm hoch, denn immer stärker durchdrang ihn die Gewissheit, wo er sich befand. Schon oft hatte er im Unterricht Geschichten vom Nichts gehört und er wusste auch, dass er für seine Läuterung das Nichts hätte betreten müssen. Doch Arwan wurde auch klar, dass er als Magier viel anfälliger für die Dämonen war und noch nicht geläutert wusste er auch gar nicht, wie er die Dämonen von sich fern halten sollte. Inzwischen erfüllte ihn die Panik fast bis zum Bersten, als er die ersten Stimmen seinen Namen rufen hörte. Sehen konnte er nichts. Er erstarrte vor Angst, dann begann er unkontrolliert zu schreien.
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  14. #274
    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    vorheriger Post: Ein Vorschlag ~ Antwort von: Glandis

    [Bild: Aril_Ava.png] Aril hatte ihre Frage gerade gestellt, aber sie konnte Glandis nirgends mehr entdecken, weder hören noch sehen.
    Dabei war es gar nicht dunkel oder neblig - aber sie schien wie vom Erdboden verschluckt.
    Eilig versuchte sie, ihre Atmund zu beruhigen, sich zu entspannen, und das Licht sie einnehmen zu lassen.

    Sie schärfte ihre Sinne, schloss die Augen, um die Ohren besser einzusetzen. Sie würde die Elfin nicht wiedersehen, bis es zu spät war, aber vielleicht konnte sie sie hören.
    Nichts. Rein gar nichts. Kein Zweig knackte auf dem Boden, kein Laub raschelte, kein Stöckchen schwang, wie eine zarte Klingel, gegen ein anderes. Sie hörte nicht mal einen Luftzug in den Blättern des Baumes.
    Aril war völlig klar, wie das hier ausgehen würde. Sie hegte eine ganz leise, ganz kleine Hoffnung, sie könnte die Dalish doch irgendwie enttarnen, aber im Grunde war völlig klar, dass sie in so kurzer Zeit unmöglich eine Elfe, die damit aufgewachsen war, bezwingen konnte.
    Warum tat sie es dann? Wollte sie sich blamieren? Wollte sie mit Glandis mithalten?
    Das war doch Unsinn. Beide Frauen hatte ihre Stärken und beide Ihre Schwächen. Wieso wollte sie dann das gut können, was Glandis konnte?

    Noch ehe Aril weiterdenken konnte, spürte sie eine Hand auf der Schulter und hörte die Dalish sagen: tûr. Sie verstand das Wort nicht, aber die Betonung der Gesichtsausdruck von Glandis halfen ihr beim Übersetzen.
    Aril grinste. "Nun, mir scheint ich bin noch nicht gut genug. Aber warte nur, wenn ich," sie schätzen Glandis mit einem Blick, "weitere 15 Jahre trainiere, dann schaffe ich das auch!"
    Sie lächelte der Elfe zu und hoffte, dass diese verstand, dass die Niederlage Aril nicht schmerzte.

    "Jetzt schlägst du vor was wir machen. Du hattest sicher etwas anderes im Sinn, oder?"
    meinte Aril lachend und legte der anderen die Hand auf die Schulter.
    "Ich bin auch ganz still dabei!"
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  15. #275
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    Glandis | Am Flussbaum • überraschend gut gelaufen

    [Bild: VR_Gladis_1.png] „Nun, mir scheint ich bin noch nicht gut genug. Aber warte nur, wenn ich, …, weitere 15 Jahre trainiere, dann schaffe ich das auch!“

    Glandis musste sich erst einmal hinsetzen und sie lachte, wie es schon lange nicht mehr möglich gewesen war. All ihre Fragen, wie es nun tun sollte, lösten sich ein einem Zeitraum von 15 Jahren auf. Die Dalish war froh, dass Aril auf so eine weise reagierte und sie war sich aber nicht sicher, ob es immer so sein musste. Damit meinte sie einen Unterschied auszumachen zwischen den Fereldenern oder wie sie sagten »Shemlen« im Allgemeinen und ihrer Begleiterin im Besonderen. Denn diese verhielt sich völlig anders. Sie war offen, nahm Dinge nicht übel, zickte nicht herum, gab keine ruppigen Befehle und vieles mehr. Das war schon eigenartig für die noch junge Elfin. Aber sie konnte es ja nicht hinterfragen und sie wollte es auch nicht. Sie war nach ihrer Natur zufrieden, dass es so ausgegangen war. Trotzdem war dazu noch etwas zu sagen. Das würde sie auch tun. Aber erfahrungsgemäß würde von Aril noch etwas kommen. Zumal Glandis sie nach ihrem Interesse gefragt hatte.

    „Jetzt schlägst du, vor was wir machen. Du hattest sicher etwas anderes im Sinn, oder?“ Dass dann noch ein „… Ich bin auch ganz still dabei! …“ angefügt wurde, ignorierte die Dalish. Die Hand, die auf ihrer Schulter lag, empfand sie als angenehm und unternahm nichts, um diese nette Geste zu unterbinden. Doch sie dachte dabei, dass in einem Wirtshaus bei so einer Geste sie sich prüfen musste, ob der oder die Shemlen jetzt ein Messer in den Bauch bekam über diese Dreistigkeit eine freie Dalish so anzufassen oder ob sie den Gastraum verlassen würde. Ein »,Hena Dor Firn-i-Guinar! würde sie auf den Lippen begleiten und in der hiesigen Sprache konnte man das mit »Sehe das Land der Toten!« deuten. Aber hier am Flussbaum war es etwas anderes. So anders, dass sie es kaum begriff. Aber sie nahm es hin und war zu dem zufrieden mit der Situation. Was wiederum eine Merkwürdigkeit an sich war. Vermutlich würde Aril überhaupt nicht auf Gedanken kommen, dass so eine Geste etwas sehr spezielles war.

    Was sie wollte, war ihr mit der Berührung schnell klar und so sagte sie es auch. »Aril, erzähle mir, wie bei euch gegessen wird. Mich interessiert dabei alles. Speziell, was machen die, die euch das Essen reichen?« Sie vermied das Wort Diener sehr bewusst. Denn es würde ein zweiter Schritt folgen. Und sie fühlte sich nicht als Dienerin. So sprach sie weiter: »Ich würde zu der einen oder anderen Sache gern etwas weiter fragen und anschließend es ausprobieren, ob ich es verstanden habe.«

    Dabei schaute sie Aril an und prüfte, ob diese sich dessen bewusst war, dass es heute Abend um den Versuch ging, ihr zu Hause nachzustellen. Glandis war begeistert von ihrer Idee. Denn es war ihr letzter Abend hier und es sollte einfach schön werden. Sie hatten genug zum Essen und auch die eine oder andere Sache zur Ausgestaltung des Abends hatte sich ja angesammelt. Und so fragte sie immer noch mit der Hand von Aril auf ihrer Schulter: »Aril, können wir das so machen?«
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  16. #276
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    Kilian von Xerox

    Post von: Rafael Marlov und Marius Aldarbrecht von Grellenort

    [Bild: aGJXRNlZ0LYa3soe9Kiliansmall.jpg]

    Ein diffuses Licht tauchte die Wipfel der Tannen in einen grauen Schein. Zwischen den schwarzen Stämmen wälzte sich Nebel umher, wie ein Geist der nach Ruhe suchte ohne sie zu finden. Sein kalter Schleier bedeckte die Vegetation mit Feuchtigkeit und verlieh ihr einen Hauch harsche Lebendigkeit. Das kleine Lagerfeuer, um das herum vier Gestalten ruhten, leistete dem eindringlichen Nebel tapfer Widerstand. Drei Personen lagen auf dem Erdboden, die Körper schützend in alles gewickelt, was sie an Decken und Mänteln aufbieten konnten. Eine Person saß zusammengekauert dicht an dem knisternden Holz und starrte in die Nebelschwaden. Kilian von Xerox fror, doch hatten Körper und Geist schon kurz nach Beginn seiner Wache damit aufgehört, sich über diesen Zustand zu beschweren. Das warme Futter seiner Handschuhe ließ ihn immer dann wohlige Schauer verspüren, wenn er die steifgefrorenen Finger nach lange Zeit des Verharrens aneinander rieb. Dann zog der Templer den Mantel noch enger um den Leib und hatte für einen Moment lang das Gefühl, als würde es nun endlich warm werden. Der Schein trog und Kilian blieb nichts anderes übrig, als die Kälte über sich ergehen zu lassen und zu warten, bis das Schwarz der Nacht einem stahlgrauen Morgen gewichen war. Immer wieder wurden ihm die Augenlider schwer, dann zwang er sich in die Glut zu starren und sich an den Gedanken zu klammern, dass diese Nacht wohl die letzte war, die er unter freiem Himmel verbringen musste. Sollte die Reise ablaufen wie geplant, so würde er noch vor dem Einzug des Abends die Spitze des Turms der Magie am Horizont erspähen können. Ein Holzscheit brach im Feuer und blies einen Schwall orangener Funken in das Zwielicht des anbrechenden Tages. Die Person links neben ihm rührte sich. Es war die orlaisianische Kriegerin, der verschlafen Seufzte und sich in ihrem Lager drehte. Ihr langes Schwert steckte, einer Standarte gleich, zu ihren Füßen im Boden.

    Den Abend nach dem Kampf hatten die Sieger größtenteils mit Wundenlecken verbracht. Nachdem Gisele den Grund für ihre Reise erklärt hatte, hatte Kilian nach dem richtigen Moment gesucht um der Orlaisianerin die Wahrheit zu offenbaren. Emile du Chateau, der verlorene Bruder, war bei dem Magieraufstand im Zirkel umgekommen. Kilian kannte weder die genauen Umstände seines Todes noch wie mit dem Leichnam verfahren worden war. Er wusste nur, dass der Leutnant tot war und Gisele einen Geist suchte. Es war ihm schwer gefallen, der siegestrunkenen Kriegerin beizubringen, dass ihre lange und offenbar beschwerliche Reise umsonst gewesen war. Anscheinend hatte Gisele, die ihr Leben als Söldnerin bestritt, Meilen um Meilen Weg hinter sich gebracht und dabei die schillerndsten Charaktere getroffen. Sie erzählte von Zwergen und Elfen, einarmigen Bogenschützen, wütenden Dörflern und merkwürdigen Wesen, die einem Menschen nicht unähnlich erschienen und tatsächlich das Heim fremder Mächte waren. Kilian und Marius lauschten vor allem diesem Bericht mit professionellem Interesse. Da die Kriegerin allerdings lebend aus der Situation gekommen war und die Geschichte ein befriedigendes Ende genommen hatte, beachteten sie sie dann jedoch nicht weiter. Es war, wie der Templer zugeben musste, belebend den mit reinem Willensdrang bestrittenen Abenteuerreisen einer Fremden zu lauschen. So zog der Abend rasch ins Land und die Gruppe verzichtete auf das Weiterziehen. Aldar ließ diesbezüglich keinerlei Regung durchblicken, Rafael hingegen erschien dem Hauptmann gleichermaßen zufrieden wie bedrückt. Turm oder nicht – ein paar Mauern und bewaffnete Templer zwischen sich und Aldar wäre dem zotteligen Magier sicherlich nicht unrecht.
    Als sich die Nacht schon herabgesenkt hatte, hatte Kilian die Kriegerin dann zur Seite genommen. Sie ließ sich nicht ohne Widerstand wegführen und gab ihm gleich zu verstehen, dass sie keinerlei Interesse an einem kurzen Intermezzo in den Büschen hätte. Kilian, mehr geschockt als überrascht, fing sich rasch und erzählte ihr dann mit ernster, ruhiger Stimme von dem Tod ihres Bruders. Er kam sich dabei merkwürdig ungeschickt vor. Schon das Wissen, dass es keinen zweiten Versuch geben würde, schüchterte ihn ein. In dem Moment, als er Gisele mit möglichst ruhiger Stimme zu verstehen gab, dass ihre Reise nicht das erhoffte Ende finden würde, wurde ihm klar, dass er noch nie eine solche Botschaft hatte überbringen müssen. Zumindest nie einem Angehörigen. Templer starben. Das war ihre Pflicht. Sie starben im Kampf für die gerechte Sache und zum Wohle aller. Und natürlich hatten Templer auch Angehörige. Als Hauptmann war es eine Pflicht, sie dann von dem Umstand des Todes zu unterrichten doch geschah dies eigentlich immer in Briefen. Es war leicht sich eine Stunde bei Kerzenschein im Arbeitszimmer einzuschließen und die eigenen Worte abzurunden bevor man sie aufschrieb, schwerer war es sie mitten im Gespräch wiederzugeben obwohl er sie schon den ganzen Abend schweigsam im Mund gewendet und gedreht hatte. Gisele reagierte wie erwartet unerwartet. Anstatt zu schluchzen und zu weinen, mit den Fäusten gegen seine Brust zu schlagen und ein herzzerreißendes „Wieso?“ auszurufen, schaute sie Kilian nur an, verschränkte die Arme und sagte: „Ich will ihn sehen.“ „Der Aufstand ist nun schon eine Weile vorüber. Unsere Waffenbrüder sind bereits dem Erbauer übergeben worden.“ Kilian schlug die Augen nieder, einerseits aus Anstand, andererseits weil ihn Giseles Blick förmlich zu durchbohren schien. Ihre blauen Augen hatten etwas strenges, hartes und unnachgiebiges. Sie waren wie tiefe Brunnen, an deren Grund sich eine sehende Wahrheit befand, die die Echtheit jedes Wortes abwog. Kilians Worte hielten dem prüfenden Blick nicht stand. „Dann will ich mit Eurem Kommandanten sprechen und er soll es mir bestätigen. Außerdem wird er, sollte er wirklich tot sein, Sachen hinterlassen haben. Erst wenn ich sie sehe, kann ich seinen Tod akzeptieren“, sagte Gisele. Dann fügte sie zu sich selbst gewandt hinzu: „Ich bin diesen ganzen Weg nicht gegangen, um nun kurz vor dem Ende aufzugeben.“ Kilian schwieg peinlich berührt. Er, der nicht gerade der emotionalste aller Charaktere war, hatte mehr Gefühl erwartet. Giseles Abgeklärtheit verstörte ihn förmlich. „Mylady, wenn Ihr möchtet zeige ich Euch den Weg.“ Die Kriegerin hob eine Augenbraue. „Den Weg zeigen? Wollt Ihr mich loswerden, Ser? Unser Ziel ist dasselbe. Ich habe ein starkes Pferd und meinen eigenen Proviant. Lasst mich mit Euch reiten.“ Sie musste sein Unbehagen wohl von seinem Gesicht abgelesen haben, denn sie setzte nach: „Und wenn Euch das nicht reicht, so bedenkt, dass Ihr eine zusätzliche Klinge bei Euch habt.“ „Wir können gut auf uns selbst aufpassen“, entgegnete Kilian trotzig. „Zweifellos. Bedenkt aber: Viele Händler, Adlige und Abenteurer haben mir viel Geld gezahlt, damit ich ihnen Schutz stelle. Ich biete ihn im Austausch für den gemeinsamen Weg.“ Kilians Pragmatismus übertraf seine Ressentiments gegenüber Mietschwertern und nachdem sie das sinnige Argument einer sicheren Reise beharrlich ins Feld geführt hatte, gab Kilian schließlich klein bei. Gemessen an den beiden Freudenspendern, die momentan seine Gefährten bildeten wäre die Orlaisianerin ohnehin eine wahre Bereicherung. „Nun gut, wie Ihr wünscht. Aber ich warne Euch: Das Ende Eurer Reise wird mit einem Verlust abschließen.“ Gisele sammelte spuckte im Mund und spie ins schwarze Gebüsch. Diese rohe Geste entsprach nicht im Entferntesten Kilians Ansicht, wie sich eine Dame zu benehmen hatte, vor allem eine Adlige wie eine Chevalier, also verzog er das Gesicht. Über Giseles Gesicht huschte ein spöttisches Entzücken, doch es verschwand so schnell wie es gekommen war. „Dann sind wir uns also einig?“ „Wir sind es“, sagte Kilian und reichte ihr die Hand. Sie schlug ein während ein fahler, dünner Streifen Mond auf sie herabschaute.

    Der lange, schlanke Leib Gisele drehte sich erneut. Das schwarze Haar fiel ihr in das nun Kilian zugewandte Gesicht. Er brauchte einen Herzschlag zu lang, um den Blick von ihr abzuwenden, als sie plötzlich die Augen aufschlug. Eine Mischung aus Onyx und Saphir blitzte ihm entgegen, tief, wild, ungebrochen. Kilian spürte wie er errötete. „Ihr seid wach. Gut“, stellte er fest. „Wir wollen bald aufbrechen.
    Shepard Commander ist offline
  17. #277
    Ritter Avatar von Khardim
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    Zitat Zitat von Forenperser Beitrag anzeigen
    [Bild: rsz_1scarred.jpg]
    "Nnngh...." Sein Kopf dröhnte. Er sich nicht ganz sicher ob er seinen Augen trauen konnte als er sie öffnete. Seine Sicht war zunächst sehr verschwommen und etwas blendete ihn. Als nächstes spürte er den Schmerz in seinem Körper. Und dann etwas.....anderes. Etwas feuchtes, kitzliges in seinem Gesicht. "Slim....nicht, hör auf, haha....." Sein vierbeiniger Freund, dem Erbauer sei Dank noch am Leben, schleckte ihm durch das Gesicht. Das Lachen tat ihm weh, alles tat ihm weh. Langsam wurde seine Sicht klarer. Das erste was er wahrnahm war die strahlende Sonne an einem wolkenlosen blauen Himmel. Der Sturm war tatsächlich vorbei und er lebte noch! Aufgrund der Schmerzen in seinen Gliedmaßen richtete er sich extra langsam auf und sah dann das Desaster um sich herum, welches das schöne Wetter gleich nicht mehr ganz so schön wirken ließ. Mehrere Segel waren gerissen, Planken eingedrückt, Stücke der Reling abgerissen, und einige der Ladungskisten lagen zertrümmert zu Boden. "Auf die Füße, Hornochse!" Äußerst unsanft, so dass er kurz aufschreien musste, wurde er von hinten gepackt und gewaltsam auf die Füße gehoben. Es war Brom, der Koch. "Verdammich, du hast wahrlich mehr Glück als Verstand. Liegst hier oben auf dem Deck und überlebst diesen verdammten Sturm. Der Kaventsmann eben wahr wohl nicht stark genug, was?" "Scheinbar." Sein Stand war alles andere als sicher, sein Knöchel fühlte sich so an als würde er gleich wieder nachgeben. "Wie....hat die Mannschaft es überstanden?" "Der Käpt'n lebt noch. Aber wir haben 10 Mann verloren, gut ein Viertel unserer Ladung.....und noch einen Sturm überlebt unser Kahn auch nicht." Brohm seufzte. "Wisst ihr zufällig......ob mein Reisegefährte es überstanden hat?"

    [Bild: Dethmold_Avatar_2.png]
    Unermüdlich strömte das Wasser über Darius hinweg, als dieser sich verbissen an der Reling festklammerte, um nicht davongerissen zu werden. Sein Arm schmerzte, doch schaffte er in dem Chaos, das überall um ihn herum wütete es nicht, sich zu befreien. Salzwasser gelang dem Ben-Hassrath in Mund und Nase und ließ ihn husten. So gut es ging versuchte er sich hinter der Reling zu verkriechen, den schwer angeschlagen Handlauf aus Holz zwischen sich und die Naturgewalten zu bringen. Mit einem lauten Knall riss irgendwo ein Tau und das Peitschen der Segel im tosenden Wind wich alsbald dem Geräusch von reißenden Stoffbahnen, die dann vom Sturm davongerissen wurden.
    Darius spürte, die die Planken unter ihm knarrten und der gesamte Rumpf vor eine Zerreißprobe gestellt wurde. Bei seinem letzten Schiffbruch war ihm das Wetter wohlgesonnen gewesen. Sollte er erneut über Bord gehen standen seine Chancen, das Festland zu erreichen ungleich schlechter. Er biss die Zähne zusammen und versuchte sich zu halten. Es bleib ihm nichts übrig als auszuharren und zu ertragen. Würde das Schiff halten, so hatte er eine Chance seine Mission zu Ende zu bringen. Würde es brechen, so wäre dies sein Ende.

    Es mochten Stunden oder vielleicht auch nur Minuten vergangen sein, aber irgendwann ließ die Kraft der Wellen nach. Weniger Wasser brandete über die Reling und das Schwanken des Schiffes unter ihm ließ langsam nach. Es dauerte noch eine Weile, bis Darius es bemerkte, aber der Sturm war vorüber gegangen und gab den Himmel frei. Er war bis auf die Haut durchnässt und erschöpft, aber am Leben. Mit viel Mühe und schmerzverzogenem Gesicht zog er seinen Arm unter dem Tauwerk hervor, an dem festgehangen hatte. Sein Unterarm war überall dort blau, wo er nicht rot war und seine Hand war auf knapp das Doppelte ihrer normalen Größe angeschwollen und pulsierte unangenehm. Darius schenkte dem Schmerz keine Beachtung, sein Körper würde sich erholen. Er erhob sich langsam aus der kauernden Position hinter der Reling und sah sich um.
    Das Deck war vollständig verwüstet und von Trümmern und zersplitterten Planken gezeichnet. Was von Takelage und Segeln noch übrig war, hing in traurigen Fetzen von den Masten herab, von denen zum Glück keiner geborsten war. Zwischen all dem wagten vorsichtig die ersten Matrosen die ersten Schritte an Deck, nachdem sie aus ihren Verstecken im Leib des Schiffes hervorgekommen waren. Die meisten starrten ohnmächtig auf das Ausmaß der Zerstörung um sie herum und hoben wahllos hier und da etwas auf, das vor dem Sturm an einer ganz anderen Stelle zu finden gewesen war. Nicht weit vom Achterdeck sah Darius Talorr, dem gerade vom Smutje aufgeholfen wurde. Zäh war der Kossith ohne Zweifel und Darius kam nicht umher, das Überleben seines Reisegefährten mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis zu nehmen. Sie hatten den Sturm überstanden und würden ihre Reise fortsetzen.
    Khardim ist offline
  18. #278
    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    [Bild: Aril_Ava.png] Kaum dass Aril ihre Aussage über ihre mangelnde Übung vollendet hatte, lachte die Dalish so sehr, dass sie sich auf den Boden setzen musste. Es dauerte einige Zeit, bis der Lachanfall verklungen war. Der Adligen war nicht klar gewesen, dass ihr Kommentar eine solche Heiterkeit auslöste, aber sie nahm es freudig hin. Eine der Sachen, die sie langsam lernte: Gewisse Dinge einfach hinzunehmen und nicht weiter zu hinterfragen. Natürlich könnte sie es immer noch: Warum war sie nicht so gut wie Glandis im Schattenspiel? Warum lachte die Elfe? Lachte sie sie aus? .. aber wenn das immer so weiterginge, würde Aril ob der fehlenden Antworten und nagenden Zweifel sehr bald graue Haare haben.

    Sie stellte ihr nächste Frage - was die Dalish zu tun gedachte - und wurde überrascht: »Aril, erzähle mir, wie bei euch gegessen wird. Mich interessiert dabei alles. Speziell, was machen die, die euch das Essen reichen?« Nach einer Pause fügte sie an:»Ich würde zu der einen oder anderen Sache gern etwas weiter fragen und anschließend es ausprobieren, ob ich es verstanden habe.«

    Aril verlore fast jede Kraft in dem Arm, der ihre Hand auf Glandis' Schulter hielt.Wenn sie das richtig verstand - und sie hoffte sehr, dass sie hier nichts misinterpretierte! - dann wollte Glandis lernen und sehen, wie das Essen in ihrem Zuhause aufgetragen wurde. Tischsitten. Vieleicht Tischkonversation? Tischdekoration? Das Gebahren der - nunja - Diener? Sie hoffe, dass ihre Gedanken nicht wie eine deutliche Schrift auf ihrer Stirn standen - wollte Glandis ernsthaft lernen, eine Dienerin zu sein? Ausgerechnet sie?

    Auf der anderen Seite - es war nur ein Spiel. Sie würde davon erzählen und es ihr zeigen, aber nichts davon wurde richtig umgesetzt. Weder waren sie in einem Schloss, noch war die Elfe eine Dienerin noch hatte Aril derzeit irgendeinen Anspruch auf irgendeinen Titel, so weit weg wie sie sich von daheim aufhielt.
    Warum also nicht das beste daraus machen? Ein Abend wie daheim, am Kaminfeuer, mit feinem Essen?

    »Aril, können wir das so machen?« kam es fragend von Glandis. Die junge Dame lächelte - wobei es mehr zu einem schiefen Grinsen wurde. "Aber natürlich! Du wirst feststellen, dass es immer ein ganz schöner Aufwand ist, in einer hochstehenden Familie zu essen. Es gelten sehr viele Regeln, für diejenigen, die das Essen kochen und bringen, aber auch für die Familien, die dann speisen. Die oberste Regel ist immer: Man ist sauber und ordentlich gekliedet zum Essen. Keine Waffen, keine zerrissenen Kleider, kein Dreck, es muss alles sehr fein aussehen. Das gleiche gilt für den Tisch, auf dem serviert wird und die Leute, die... das Essen bringen. Alles muss sauber und ohne Makel sein. Und weil das so wichtig ist, verwenden sehr viele Adlige weiße Tischtücher, auf denen jeder Fleck sofort zu sehen ist. Damit beweisen die Adligen, dass sie essen können, ohne eine Tropfen zu verschütten und die anderen beweisen, dass sie das Geschitt, die Platten und Teller und Gläser einwanfrei balancieren können."
    Sie dachte kurz nach und meinte dann verschmitzt: "Eigentlich ist es dumm. Eine weiße Tischdecke zu nehmen, damit jeder sich an die Regeln hält, nur um denjenigen dann bei einem Fehler zu blamieren. Sieh nur wie wir essen - nicht böse gemeint, aber meine Familie würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber hat es uns geschadet? Hatten wir eine Wahl? Satt geworden sind wir jedenfalls."

    Und so erzählte Aril, pantomimisch gewissen Gesten hinzufügend vom Auftreten und Verhalten der Diener. Die absolute Gehorsamkeit, die sie zu haben hatten, die Freundlichkeit und Kompetenz den Wünschen ihrer Herrer gerecht zu werden. Alles was ihr einfiel beschrieb sie der Elfen...
    Fawks ist offline
  19. #279
    Deus Avatar von VRanger
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    Glandis | Am Flussbaum • die Welt der Gläser

    [Bild: VR_Gladis_1.png] Als Aril auf ihren Vorschlag einging, war sie froh eine Option der Fragen gewählt zu haben. Denn manches hörte sie zwar:

    „ Aber natürlich! Du wirst feststellen, dass es immer ein ganz schöner Aufwand ist, in einer hochstehenden Familie zu essen. Es gelten sehr viele Regeln, für diejenigen, die das Essen kochen und bringen, aber auch für die Familien, die dann speisen. Die oberste Regel ist immer: Man ist sauber und ordentlich gekleidet zum Essen. Keine Waffen, keine zerrissenen Kleider, kein Dreck, es muss alles sehr fein aussehen. Das Gleiche gilt für den Tisch, auf dem serviert wird und die Leute, die ... das Essen bringen. Alles muss sauber und ohne Makel sein. Und weil das so wichtig ist, verwenden sehr viele Adlige weiße Tischtücher, auf denen jeder Fleck sofort zu sehen ist. Damit beweisen die Adligen, dass sie essen können, ohne einen Tropfen zu verschütten und die anderen beweisen, dass sie das Geschirr, die Platten und Teller und Gläser einwandfrei balancieren können.“

    Aber es zu verstehen, war für die Dalish nicht so einfach. Gut, sie musste auch ihre Hände gewaschen haben. Sonst gab es schon einen Hinweis der Mutter. Später hatte sie in Ferelden, speziell in den Kneipen und Wirtshäusern, bei Tische Dinge gesehen … sie schüttelte den Kopf und sagte nur mit einem Blitzen der Zähne: »Weiße Tücher, soso!« Weiter kam sie aber nicht, denn Aril musste etwas anfügen. Dass tat sie in ihrer Art, wenn er verschmitzt sein sollte: „Eigentlich ist es dumm. Eine weiße Tischdecke zu nehmen, damit jeder sich an die Regeln hält, nur um denjenigen dann bei einem Fehler zu blamieren. Sieh nur wie wir essen - nicht böse gemeint, aber meine Familie würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber hat es uns geschadet? Hatten wir eine Wahl? Satt geworden sind wir jedenfalls.“

    Der nachfolgende Redeschwall von Aril sprudelte auf die herab. Sie hörte etwas vom „Auftreten und Verhalten der Diener“, von „absoluter Gehorsamkeit“. Sie sah Aril mit den Händen Gesten zeigen. Dann wurde es ihr zu viel. Sie hielt inne. Rüttelte Aril ein wenig an der Schulter. Denn ihre Hände waren immer noch dort. Und sie hörte sich fragen: »Wie werden die Gläser hingestellt?« Und weil sie so einen Blick von Aril bekam, fasste sie nach: »Ja, die Gläser. In den Wirtshäusern gab es große, aber auch kleinere und ganz winzige. Kamen die sofort alle auf den Tisch? Oder wurden die mit den gewünschten Getränken gereicht?« Weil sie nicht wusste, ob Aril sie verstanden hatte, sagte sie laut denkend: »Nach dem Denken müsste man die Gläser mit den Getränken bringen. Doch wenn es um die Sitte geht, dürften die erst am Tisch eingegossen werden.« Dann schwieg sie für einen Moment, als wenn sie ihre Gedanken prüfen würde, und sagte dann in dem Tonfall einer Erklärung: »Deswegen am Tisch, der weißen Tischtücher wegen. Also, wie wird es gemacht?«
    VRanger ist offline
  20. #280
    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    [Bild: Aril_Ava.png]

    Glandis saß da und hörte zu, ab und an kam ein kleiner Kommentar, aber ungewöhnlich geduldig lauchste sie den Redeschwall von Aril.
    Aril hielt erst inne, als sie von unten ein Rütteln spürte und sag zur Dalish hin. »Wie werden die Gläser hingestellt?« kam die Frage von ihr - ziemlich unerwartet für Aril, die große Augen machte. Da setzte Glandis noch etwas hinzu: »Ja, die Gläser. In den Wirtshäusern gab es große, aber auch kleinere und ganz winzige. Kamen die sofort alle auf den Tisch? Oder wurden die mit den gewünschten Getränken gereicht?« Aril überlegte schon hin und her - es gab beides, manches wurde erst gebracht, zum Beispiel auf Wunsch des Herren. Anderes war schon immer im Menü einkalkuliert und wurde nur noch serviert. In einer Taverne war es allerdings noch etwas anderes, denn dort musste man ja für die Getränke bezahlen und erhielt das Gewünschte im korrekten Glas.
    Das schien auch die Dalish so zu sehen, denn nachdenklich fügte sie an:
    »Nach dem Denken müsste man die Gläser mit den Getränken bringen. Doch wenn es um die Sitte geht, dürften die erst am Tisch eingegossen werden. Deswegen am Tisch, der weißen Tischtücher wegen. Also, wie wird es gemacht?«

    Aril lächelte und nickte: "Du hast völlig Recht, Glandis. In einem Wirtshaus wird alles meistens fertig an den Tisch gebracht, dafür bezahlen die Leute ja, sie möchten... umsorgt werden. Bei uns zu Hause wurde es so gemacht: Unterschiedliche Gläser standen auf dem Tisch, dazu einige Karaffen mit Wein, Dünnbier oder auch Wasser. So kann jeder das trinken, was er möchte. Man kann sich selbst einschenken - das geht meistens schneller, gerade wenn das Essen schon serviert ist und die Mägde draußen sind - oder das von einem anderen machen lassen. Wenn aber nun mein Großvater mit an der Tafel saß (also häufiger als es mir lieb war), dann wollte er immer Ausgefallenes, das nicht auf dem Tisch stand. Einen Krug Met. Einen Becher Apfelmost. Das wurde ihm dann, wie in einer Taverne gebracht."

    Sie bückte sich nach einem der Lederschläuche, hob ihn auf und zeigte ihn Glandis. "Nun stell dir vor, dies sei eine Flasche. Man hält sie so," sie griff um den dünnen Hals des Schlauchs, "und so." Dabei stützte sie das untere Drittel des Schlauches mit der anderen Hand.
    "Oben hältst du ihn fest und kannst dann durch Druck nach oben die Flasche ins Glas gießen. Wichtig ist: Nichts verschütten! Am Flaschenrand soll nichts herunterlaufen, auch nicht am Glasrand und natürlich nichts auf die weißen Tücher tropfen."

    Dann schnappte sich Aril die Holzbecher, die sie zum Trinken verwendet hatten.
    "Und so halten wir Frauen unsere Gläser," erklärte sie der Elfe indes sie vier Finger um den Becher schloss und den kleinsten Finger abspreizte, sodass er deutlich vom Becher abstand. "Getrunken wird immer nur in kleinen Schlucken und nicht zu hastig. Sonst denken die Männer, wir saufen wie Pferde und das ist unanständig."

    Sie hielt inne und erinnerte sich, wie ihre Mutter und ihre Zofe ihr all das eingetrichtert hatten. Es war eine Ewigkeit her und sie hatten ganze Arbeit geleistet. Und jetzt kam ihr dieses Wissen zupass - mitten in der Wildnis in Gesellschaft einer Elfin.
    War das Ironie des Schicksals?
    Fawks ist offline Geändert von Fawks (06.05.2017 um 16:10 Uhr)
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