Portal-Zone Gothic-Zone Gothic II-Zone Gothic 3-Zone Gothic 4-Zone Modifikationen-Zone Download-Zone Foren-Zone RPG-Zone Almanach-Zone Spirit of Gothic

 

Seite 15 von 20 « Erste ... 48111213141516171819 ... Letzte »
Ergebnis 281 bis 300 von 392
  1. Beiträge anzeigen #281 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Cothro sah nicht nur aus wie ein Asket, nein, er verhielt sich auch so. Kein Tropfen Alkohol, nur Wasser. Keine fette, opulente Kost, nein, ihm reichte Brot, etwas Käse und ein Apfel. Dem wilden Treiben in der Taverne, von dem sich Isengrim für den Abend von Sarpedon hatte herauslösen lassen, schenkte er nur mäßige Beachtung. Die Männer, die hereinstürmten und lauthals Bier und Fraß verlangten, weil es wieder mal etwas Sold gegeben hatte, belächelte Cothromachadh.

    »Was bringt ihnen ihr Reichtum?«, hatte er den Nordling gefragt, »Was haben sie davon, außer einen vollen Magen oder einen betäubten Kopf für den Moment? Danach werden sie wieder hungrig und durstig sein. Bis zum nächsten Gold. Ein Teufelskreis, den derjenige, der darin gefangen ist, nur verlieren kann. Sicher, früher habe ich auch den einen oder anderen Schluck Wein genossen, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich nichts davon habe. Der vollmundige Geschmack? Vergänglich. Wie der Reichtum der Menschen. Allen voran: Was bringt er im großen Streiten um das Gleichgewicht? Der Reiche, der Säufer, der Freier ... verschwenden sich für kurzlebige Dinge, die im Wettstreit der Urkräfte des Kosmos so derartig gering sind, das es fast lächerlich wirkt. Deswegen habe ich das alles irgendwann losgelassen.«

    Der Greis besaß eine beeindruckende Art, Geschichten zu erzählen. Erdachte ebenso wie spirituelle. Der tiefe Bass seiner für sein Alter noch sehr lebendigen Stimme zeichnete die Bilder jener Zeit, da kein Mensch, kein Ork das Universum kannte. Die Schöpfung. Der Streit zwischen Innos und Beliar. Adanos' vergebliche Versuche, Frieden und Freundschaft zwischen ihnen zu stiften. Der Zwiespalt, das Wissen, dass Dunkelheit ohne Licht nichtig ist und Licht nicht ohne Dunkelheit existieren kann. Die Urmächte des Kosmos verschlungen in wilder Schlacht, die keine der beiden gewinnen würde. Aber alle konnten sie verlieren.

    »Wart Ihr früher Schauspieler? Redner oder Herold?«, unterbrach Isengrim ihn irgendwann, »denn, bei Adanos, Ihr seid der wohl beste Erzähler, der mir je untergekommen ist. Und ich habe wohl schon in sämtlichen schäbigen Unterkünften von hier bis Silden genächtigt.«

    Der Alte hob die Schultern. »Wenn nicht mit dem Geschenk der Magie, so hat mich Adanos wenigstens mit dem Talent des Redens gesegnet. Der Kreis des Wassers bringt den Beweis für die Macht des Gleichgewichts mit ihren Zaubern, dem offensichtlichen Wirken des Gottes ... ich hingegen, ich verbreite nur seine Lehren, seine Worte, seine Taten. Ganz bescheiden.« Er kicherte. »Was ist da wohl mächtiger, Feder oder Zauberei?«

    Isengrim behielt seine Meinung für sich, dass ein Zauber Adanos' sicher gegen die Feder bestehen konnte, aber er kannte die Metapher, die Cothro nutzte.

    »Andere Frage, Cothro, Ihr weit gereister, Reden schwingender Prediger ... wenn Adanos schon einmal den Krieg der Brüder beendet hat, nun, durch die Flut damals, warum tut er es heute nicht einfach erneut? Die Waage ist wieder derart in eine Richtung geneigt, die die Vernichtung der anderen zur Folge haben könnte ... warum also nicht nach altem Prinzip handeln?«, fragte der Nordling und trank nachdenklich einen Schluck Wasser.

    Der Greis lächelte sanft. »Weil die Menschen Adanos etwas gezeigt haben, was er damals noch nicht besaß, in jenen alten, von Dunkelheit geplagten Tagen. Hoffnung. Die Hoffnung, dass die Menschen ohne Zutun der Götter den Weg zurück zum Gleichgewicht von Hell und Dunkel finden. Denn auch dafür steht unser Gott. Die Hoffnung, dass nach dem Schauer die Sonne kommt. Und nach der Sonne wieder der Regen.«

  2. Beiträge anzeigen #282 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von Berash
    Registriert seit
    Dec 2006
    Beiträge
    2.824
     
    Berash ist offline
    Berash blickte hinaus auf den Silbersee und überdachte seine nächsten Schritte. Sein Ziel hatte sich trotz des aufgezwungenen Aufenthalts in dieser Burg nicht geändert. Auch wenn es seine Zeit gebraucht hatte, bis der Fuß des Kriegers wieder voll belastbar war. Aber während er über die Zinnen hinaus auf das schimmernde Gewässer blickte, gingen die verschiedensten Gedanken durch seinen Kopf.
    Sicher, seine Schritte sollten ihn schlussendlich zum Kastell der Schwarzmagier bringen. Diese hatten sich weit im Süden des Landes niedergelassen, hieß es. Und den spärlichen Beschreibungen nach, welche Berash gehört hatte, war ihr Kastell genau das gleiche wie damals in Bakaresh. Was ihn verwunderte. Auch wenn diese Magier sich der finsteren Kräften Beliars bedienten, wie konnten sie genau das gleiche Gebäude an zwei verschiedenen Orten errichten? Da musste Magie im Spiel sein. Entweder das, oder diese Robenträger waren so zwangsgestört, dass sie immer alles genau gleich machen mussten. Wahrscheinlich war eine Mischung aus beidem im Spiel...
    Doch warum blieb Berash weiterhin hier, auch wenn sein Fuß längst verheilt war? War es vielleicht nur die Unsicherheit, weil sich immer noch in den Wäldern eine unbekannte Anzahl von Echsenmenschen befand? Auch wenn der einstige Assassine ein ganz passabler Kämpfer war, hatte er nicht das Bedürfnis, sich durch dutzende dieser Viecher schlagen zu müssen. Bei seinem Glück würde das dann weitaus schlimmer enden als beim letzten Mal...

    Gab es vielleicht auch einen anderen Grund? Berash hatte in den letzten Wochen gemerkt, dass ihm das Gefühl von Gemeinschaft doch ein wenig fehlte. Zwar waren die Soldaten und Krieger Ethorns mit ihren militärischen Mustern nicht so angenehm wie der alte Bund, aber es war dennoch eine Gemeinschaft. Krieger unter ihresgleichen, verbunden durch ein gemeinsames Ziel. Konnte es sein, dass genau das dem früheren Assassinen fehlte?
    Doch Berash musste sich fragen, ob er überhaupt in eine solche Gemeinschaft passte. Er war ein Krieger, sicherlich. Aber ein Soldat? Nein. Das konnte er nicht. Er hatte immer versucht, ein unabhängiger Geist zu bleiben. Selbst als Emir des alten Bundes. Berash hatte dieser Gemeinschaft zwar vorgestanden, doch waren sie alle Individuen gewesen. Außerdem fühlte er sich immer noch mehr Beliar verbunden als den anderen Göttern. Doch das behielt er lieber für sich.
    Aber wo sollte er sonst hin?
    Schwarzwasser war ein Haufen von Individualisten, welche sich meist nur Sorgen um den nächsten Bierkrug und das beste Kraut machten. Die Rotröcke... Nein. Einfach nein. Und damit blieb dem Krieger auch nicht mehr viel. Allein durch die Welt zu streifen, dass hatte er hinter sich.

    Und vielleicht konnte Ethorn ja einen Mann seines Formats gebrauchen. Denn es gab eine Sache, die Berash sehr gut konnte. Er konnte töten, ohne zu zögern. Nicht nur irgendwelche Monster und anderlei Gezücht, nein. Berash war ein Krieger, der sein Gewissen für seine Aufgabe hinten an stellte. Und so einen Mann brauchte doch jeder Herrscher, oder?

  3. Beiträge anzeigen #283 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Cothro sah Isengrim von der Seite an, während er am Weg hinauf zur Burg stand und nachdenklich die Wehrmauern und das Torhaus musterte. Dem Nordling war es aus dem Augenwinkel, als würde der alte Gelehrte wissend grinsen. Misstrauisch dreinblickend wandte er sich halb um.

    »Was, Universalgelehrter?«, fragte er, »Ist das der tiefe Blick in die Seele und das gewinnende Lachen der Bestätigung, dass du meine Tat voraus gesehen hast?«

    Der Alte lachte auf, hob nur die Schultern. »Ein wenig. Ist aber auch offensichtlich. Du hast mich tagelang über Adanos ausgefragt, hast seinen Glauben angenommen ... es ist daher folgerichtig, dass du dich ihren Magiern anschließen willst. Denn jenen, die Adanos verehren und in seinem Sinne handeln, haben wohl seinen Segen, seine Magie zu wirken. Die Vorstellung, nicht wahr? Adanos' Elemente in deinen Händen. Wasser, Eis, Erde, Sand. Die ewigen Elemente und Kräfte dieser Welt.«

    Nachdenklich sah Isengrim Cothro an. »Das Wasser der Ozeane, das Eis des Nordens, die ewige Erde und der Sand des Südens. Feuer? Vergänglich. Wind? Ebenso. Adanos' Elemente sich jedoch unvergänglich.«

    Bestätigend nickte Cothro und klopfte dem Nordling auf die Schulter. »Los, da oben wird jemand warten. Zeig ihnen, dass du Adanos und das Gleichgewicht im Herzen trägst, gewähre ihnen Einblick in deine ausgeglichene Seele ... dann wirst du sie überzeugen können.«

    Isengrim blickte erneut zur Burg, reichte dem Alten die Hand. »Bis dann, Cothro. Ich melde mich bei dir.«

    »Viel Glück, Junge, wir sehen uns.«

  4. Beiträge anzeigen #284 Zitieren
    Veteran Avatar von Lukar
    Registriert seit
    Jan 2014
    Beiträge
    682
     
    Lukar ist offline
    "Hm hm Mhm Ja Nun Ja..."
    Der weißbärtige Medicus, der in pingeliger Genauigkeit die entblößte Bauchdecke Lukars mit deinem starren Fingern abtastete, wirkte so als sei er in Wirklichkeit mit sich selbst beschäftigt und als ginge es hier um nichts weiter als ein lebloses Studienobjekt. Der Händler selbst zuckte bei jeder Berührung des von der Gicht geplagten Griffels zusammen. Es fühlte sich an, als gruben sich die Finger jedesmal durch die Haut in seine Eingeweide. Doch Lukar lies diese grobe Untersuchung nur zu gere über sich ergehen. Seit Tagen schon plagten ihn nun seltsame, dumpfe Schmerzen. Schmerzen die so gar nicht in das Schema einer einfachen Magenverstimmung durch eine Krankheit oder verdorbene Nahrung passen wollten. Lukar vertraute auf seine körperliche Stärke, doch manchmal musste man auch die Männer der Medizin zurate ziehen, wenn man nicht eines Abends einschlafen und nie wieder aufwachen wollte.

    "Ja Tja Nun ja...." Der Medicus drückte mehrmals an der selben Stelle, knapp neben Luakrs Nabel herum, ehe er sich auf dem Hocker zurücklehnte und seine Hände an einem nassen Tuch säuberte. Die tief im Schädel sitzenden Augen lugten unter den buschigen Augenbrauen hinweg ins Nichts, ehe sie sich wie zufällig auf Lukar richteten.
    "Nun Herr Händler..."
    "...Durand. Lukar Durand!" Korrigierte Lukar den Mann, nicht zum ersten Mal am heutigen Morgen allerdings.
    "Gewiss. Also Herr, ich glaube und erahne das die Götter euch und eure Gesundheit entweder auf eine harte Probe stellen wollen, oder aber Beliar hat den Samen der Verderbnis in euren Leib gepflanzt."
    Lukar nahm die Nachricht zur Kentniss. Nüchtern. Vielleicht irritiert. Die Worte des Medicus trafen ihn an einer Stelle irgendwo in den weiten seines Geistes, wo er nicht mit gerechnet hatte. Es klang einfach zu absurd. Der mann erklärte ihm grade, dass er wohl möglich sterben würde. An Bauchschmerzen.
    "Es scheint wohl ein, nun ja, Geschwür zu sein. Bösartig, äußerst, äußerst bösartig, wie ich anhand der Position in der Bauchhöhle vermuten würde. Ja ja... ich mag mich irren und das wäre sicher in eurem Interesse, aber ich irre mich doch eher selten..."
    Der Medicus erhob sich auf seine betagten Beine. Er kratze sich nervös am Bart, seine sonst so abwesenden Augen gingen wild durch den Raum. Lukar setzte sich auf. Die Schmerzen, die wie ein dumpfes Echo die ganze Zeit zu spüren waren, wurden kurz schlimmer, ehe sie wieder in den Hintergrund traten. Routiniert richtete er sein Unterhemd und erhob sich von der Liege. Wie automatisch verfiel er in seine selbstbewusste Körperhaltung, sein Blick verriet keinerlei Besorgniss.

    "Und ihr seid euch ganz sicher? Ihr irrt euch nicht?"
    Der Medicus schlurfte zu seiner Tasche hinüber, krammte wie um Zeit zu schinden in seinen Apparaturen, ehe er die Tasche wieder schloss und an sich raffte wie einen Schild.
    "Ich bin ungerne der Überbringer schlechter Nachrichten, nun, es ist nie angenehm, einem jungen Mann seinen vermutlich drohenden Tod... ähm, ja ich gehe davon aus die Sache ist ausgesprochen ernst für euch."
    Lukar folgte dem Mann, der langsam zur Tür hinüberstarkste. Auf halbem Wege blieb Lukar stehen. Ein eisiges Gefühl stieg in ihm auf. Seine Miene erfror innerhalb von Lidschlägen zu einer steinernen Maske, sein gelassenes Lächeln erstarb. So fühlte es sich also an...
    Der Medicus, schon halb zur Tür hinaus, schüttelte den Kopf, ehe er sich noch einmal zu Lukar herumdrehte.
    "Vielleicht, vielleicht junger Herr, solltet ihr einmal die Wassermagierschaft ansprechen. Über mich geht dieser Fall hinaus, ihr würdet unter meinen Händen verbluten ehe das Geschwür entfernt wäre... aber die Herren Wassermagier, die, ja, die könnten euch..."
    Die Tür öffnete sich und schloss sich hinter dem Mann, der den Satz im Selbstgespräch beendete und nur noch als unverständliches Gemurmel zu hören war das sich langsam entfernte. Lukar blieb alleine in seinem Büro zurück, auf der Stelle stehen wo er eben stehen geblieben war. Unfähig sich zu rühren starre er Gradeaus und versuchte noch immer das kalte Gefühl zu begreifen, dass seinen Körper zu erfassen suchte...

  5. Beiträge anzeigen #285 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Die Wassermagier
    Registriert seit
    Jun 2004
    Beiträge
    870
     
    Die Wassermagier ist offline
    Kaspan wischte sich kurz den Schweiß von der Stirn. Der alte Hofmagier war schon lange nicht mehr derart ins Rotieren gekommen. Aber es war gut und erfüllte ihn mit Freude, endlich wieder ein Ziel zu haben. Die Nachricht, dass Tinquilius, der Oberste Wassermagier und die Hohe Wassermagierin Aniron wieder auf der Burg eintreffen würden, hatten Dinge ins Rollen gebracht, die bisher nur unter dem Mantel der Verschwiegenheit gehandhabt wurden. Wenn Tinquilius da war, würde sofort der hohe Kreis des Wassers und die Klingen zu Ethorn berufen. Es würde darum gehen, die Burg endgültig zu verlassen und nach Stewark zu gehen.

    Kaspan war damit beauftragt, die ersten Vorbereitungen einzuleiten. Jeder hier in der Burg, der konnte, musste Vorräte zusammentragen, Waffen fertigen und die paar Karren, die sie hier zur Verfügung hatten, für den Transport auf Vordermann bringen. Für die kranken und Verletzten brauchten sie auch Platz. Kaspan dachte traurig an Hyperius, der immer noch in der Kammer lag und mehr tot war als lebendig. Sein Herz schlug, sein Atem ging, doch seine Augen waren tot, kein Fünkchen Geist mehr in dem einst so wachen Kopf. Tinquilius würde entscheiden müssen, was mit ihm geschehen sollte.

    Kaspan trat in den Burghof, als ein Novize mit einem Eimer frischen Wassers an ihm vorbei kam.
    "Warte, Junge", sagte der alte Magier und wusch sich kurz mit dem sauberen Wasser das Gesicht.
    "Danke dir", sprach er dann.
    "Das Holz für die Wägen geht langsam aus", sagte der Novize.
    "Dann schnapp dir zwei andere Novizen oder Adepten und sorg für Nachschub. Nehmt ein paar Männer des Königs mit", erwiderte Kaspan.
    "Aber ich sollte doch Wasser in die Burgküche bringen", sagte der Novize, ganz offensichtlich nicht beglückt über seine neue Aufgabe.
    "Dein wievielter Eimer ist das?"
    "Der erste."
    "Kümmer dich um den Holznachschub. Sag, ich habe dich geschickt, um das Wasser kümmere ich mich."
    Mit hängendem Kopf schlurfte der Novize los. Kaspan sah ihm hinterher, dann fiel sein Blick auf einen jungen Mann, der ihm unbekannt war. Er stand hier im Burghof und sah sich um.

    "He, du da, suchst du Arbeit? Du kommst mir gerade recht. Kannst du den Wassereimer hier in die Küche bringen und noch mehr Wasser holen? Frag, wieviel Wasser gebraucht wird und lass dir zur Not einen weiteren Eimer geben. Wie heißt du, Junge?"
    Aniron

  6. Beiträge anzeigen #286 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Einen Moment hatte Isengrim ernsthaft mit dem Gedanken an eine bissige Erwiderung gespielt, ehe er sich zur Besonnenheit rief. Auch die Robe, die wohl die eines Hofmagiers von Ethorn war, trug dazu bei, die inneren Wogen zu glätten. Der Nordling verneigte sich leicht, etwas steif, da er stets dem Grundsatz folgte, vor niemandem zu katzbuckeln.

    »Isengrim, Herr«, stellte er sich vor und sah dabei den alten Magier an. Sicherlich älter als fünfzig oder sechzig Lenzen, ein wettergegerbtes Gesicht, weise, dunkle Augen. Der Nordling dachte daran, was der Hofmagier alles gesehen haben musste. Wunder der Magie, Kriege ... und, was wohl das Schmerzhafteste war, den Fall seiner Heimatstadt. Er räusperte sich, fühlte sich schuldig ob der Tatsache, dass er den Mann fast angefahren hatte.

    »Isengrim, Sohn des Fyresgrim vom Feuerclan. Es wäre mir eine Ehre und Freude, Euch zu helfen. Ich hatte die Hoffnung, nun, dass ich mehr tun könnte, als nur Wassereimer zu schleppen.«, sprach er, während er sich den schweren, hölzernen Eimer schnappte und ihn anhob. »Denn bei allem Respekt, Meister Magier, fehlt Euren Novizen und Adepten ein Nordmann mit Schneid, List und Intelligenz. Ich pfeif auf das Schwert und die Feuermagie und den ganzen Nonsens, dem die anderen Männer in meiner Heimat heutzutage nachgehen. Ich wurde hier am Silbersee gut aufgenommen und dachte, ich könnte dafür etwas zurückgeben. Im Dienste der Magier ... falls das möglich ist.«

    Er grinste schief, dachte wieder an den Wassereimer.

    »Fast vergessen. Äh, die Küche ist ... äh, wo?«

  7. Beiträge anzeigen #287 Zitieren
    Chosen One Avatar von Taeris
    Registriert seit
    Oct 2002
    Ort
    im Minental
    Beiträge
    6.368
     
    Taeris ist offline
    Ein Glimmen im Halbdunkel des Blätterdickichts. Erst war es kaum zu erkennen, dann leuchtete es für einen Moment leuchtend rot auf. Und gerade als der Beobachter sich fragen mochte, was das nur für ein Leuchten war, wurde es wieder schwächer.
    ...nur um wenig später erneut aufzuleuchten. Doch statt ruhig in der Höhe zu bleiben, fiel es diesmal zu Boden und erlosch ganz. Als hätte es jemand gehalten und beschlossen es fallen zu lassen. Achtlos.

    Taeris versuchte den Husten zu unterdrücken und drehte den Stiefel auf dem Absatz um sich zu vergewissern, dass der Krautstängel auch wirklich aus war. Es brauchte kein Buschfeuer um seinem Wiederauftauchen Dramatik zu verleihen.
    Einen Moment - und einen weiteren Hustenreiz später trat er schließlich vor und aus der Deckung des Dickichts ans Sonnenlicht.

    Die letzten Sonnenstrahlen des Tages tauchten die Silberseeburg in ein schummrig rötliches Licht. Taeris blinzelte in die Sonne und ging langsam weiter.

    Das Bild, das sich den Torwachen bot war kein besonders eindrucksvolles. Noch nichtmal ein bisschen eindrucksvoll. Eigentlich garnicht. Der Krieger, der in der Schlacht noch als Schwert Ethorns in der vordersten Reihe gekämpft hatte, war nicht als solcher wieder zu erkennen. Allenfalls an der in ein zerfleddertes Tuch gewickelten Klinge, die er auf seinem Rücken trug und die sich durch die hervorlugende Parierstange als solche verriet - zwar waren die meisten Wanderer bewaffnet, die dieser Tage alleine umherzogen, doch trugen wenige eine derart imposante Waffe bei sich. Die Parierstamme schimmerte matt golden im Sonnenlicht.

    Alles andere, das der Krieger an sich trug bot sah jedenfalls eher nach Landstreicher aus. Und so fiel die Begrüßung nicht eben feierlich aus.

    "Verpiss dich Mann. Wir brauchen nicht noch mehr Gesindel. Das Tor ist für heute geschlossen."

    hallte es vom Wehrgang hinunter. Müde blickte Taeris auf und hob gähnend eine Hand zum Schutz vor die Augen. Die Sonne verdunkelte das Gesicht der Wache. Lediglich an der Rüstung ließ sich erkennen, dass der Mann noch nicht allzulange im Dienst Ethorns zu stehen schien. Seufzend löste Taeris eine völlig angelaufene Schnalle an seiner Schulter und ließ das Bündel von seinem Rücken gleiten. Allzu vertraut fühlte sich das Zweihandschwert in seiner Hand an, als er es fast etwas andächtig aus dem Stoff befreite und neben seinem Fuß mit der Spitze voran in den Sand steckte.

    "Ich bin gekommen, um deinem Herrn das hier zurück zu bringen."

    sprach Taeris und bemerkte zu spät, dass die Worte wesentlich schwerer hervorkommen wollten, als er sich das vorgestellt hatte. Der Klang der eigenen Stimme war überraschend gewöhnungsbedürftig, wenn man sie seit Wochen - oder waren es Monate ? - nicht gehört hatte.

    Es war die Klinge, die das Reden besser zu bewerkstelligen schien. Jedenfalls gesellte sich eine weitere Wache zu der Wache von vorhin und wenig später eine dritte. Dann verschwanden die beiden wieder...und nach einigem Lärm öffnete sich das Tor ein Stück. Zwei Wachen - wohl die beiden von vorhin - traten hinaus ins freie und postierten sich vor dem Heimkehrer.

    "Woher hast du das?"

    fragte der eine barsch.

    "Das kann unmöglich dir gehören!"

    ergänzte der andere. Wohl vorschnell, denn er erntete dafür einen zurechtweisenden Blick des einen. Wohl sein Vorgesetzter. Taeris hatte Schwierigkeiten die Ränge zuzuordnen. Zu lange war es her. Wie lange eigentlich? Jäh wurde er aus seinen Gedanken gerissen.

    "Ich hab dich was gefragt. Du Arsch."

    Früher hätte er sicher anders reagiert. Doch der wütende Impuls blieb stumm. Leise in der Ferne. Stattdessen schwieg Taeris, hielt den Griff der Klinge fest umschlossen und blickte dem fragenden gleichgültig entgegen.

    "Es gehört mir."

    sprach er knapp doch mit einer Stimme, die zu seiner eigenen Überraschung erstaunlich autoritär klang. Um seinen Worten mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen nestelte er an seinem zerlumpten Umhang herum und zog eine matt schimmernde Brosche hervor.
    Das musste reichen.

    "Ist lange her. Und jetzt lass mich rein."

    Und es reichte.

  8. Beiträge anzeigen #288 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Die Wassermagier
    Registriert seit
    Jun 2004
    Beiträge
    870
     
    Die Wassermagier ist offline
    "Gut, Isengrim, man nennt mich Kaspan", sagte der alte Magier und versuchte sich die Freude über ein wohl neues Schäfchen nicht zu sehr anmerken zu lassen.
    Kaspan freute sich immer, wenn jemand kam, und die Magier unterstützen wollte. Manche von den Neulingen blieben im Kreis des Wassers und wurden Magier, hohe Wassermagier und sogar Priester. Manche der Neulinge verschwanden nach ein paar Wochen oder Monaten und wiederrum andere blieben ihr Leben lang Adepten, da sie entweder nicht den Schneid oder die Lust hatten, sich weiterzuentwickeln. Welchen Weg würde wohl Isengrim wählen?

    "Die Küche findest du, wenn du die Eingangshalle durchquerst und links die Treppe hinunter nimmst. Dann folgst du einfach immer dem Gestank, ähm, dem Geruch von Essen. Sag ruhig, dass ich dich schicke.
    Ein Nordmarer, was? Vermisst bestimmt den Schnee und die Kälte. Wenn du nicht grade im Gebirge bist oder im Norden der Insel ist es hier ja eher warm. Wie dem auch sei, ich schwatze schon wieder, sei herzlich willkommen. Wir können immer tüchtige Hände gebrauchen und wenn deine Arbeit so gut ist, wie du sie anpreist, dann bist du umso herzlicher willkommen. Du siehst, dass gerade viel los ist. Wenn du also nicht weißt, was du als nächstes machen sollst, dann frag mich ruhig. Ich bin meistens hier irgendwo zu finden."

    Kaspan kratzte sich kurz am Kopf. Noch etwas? Nein, das sollte fürs Erste reichen.
    "Hast du sonst noch Fragen, Junge?"
    Aniron

  9. Beiträge anzeigen #289 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.470
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline
    "Ich rieche Kraut", brachte Ornlu hervor. Er hatte geschwiegen, seit sie aufgebrochen waren aus dem Bluttal. "Jemand hat es geraucht, ist noch nicht lange her."
    Aniron drehte sich zu ihm um. Sie waren nur noch wenige Schritte von der Burg entfernt.
    "Wundert mich nicht, so nah am Bluttal und bei so vielen Menschen, die inzwischen hier leben", erwiderte sie.
    Endlich waren sie in Sichtweite des Tores angelangt. Jeden Augenblick würden sie und Maris endlich wieder ihre Kinder in die Arme schließen!
    Sie fanden ein geschäftiges Treiben am Tor vor. Holz wurde in die Burg gekarrt und es war das metallische Hämmern der Schmiede zu hören. Was war nur los?
    Eine der Wachen erkannte sie und rief:
    "Der Oberste Wassermagier ist zurück!"
    Einige Köpfe drehten sich zu ihnen, da trat die Wache, die Tinquilius erkannt hatte, auf sie zu:
    "Verzeiht, aber der König wünscht Euch umgehend zu sprechen."

    Tinquilius seufzte. Kaum angekommen und schon wieder in der Pflicht.
    "Ich hoffe, es geht darum, was es heute Abend zum Fest geben soll. Schließlich kommen wir aus der Schlacht mit dem Drachen zurück", scherzte Aniron, doch bevor die Wache etwas erwidern konnte, gellte ein lautes MAMA! PAPA! aus dem Burginnenhof.
    Und da kamen Runa und Sinan durch das Tor gerannt. Aniron fiel sofort auf die Knie und schloss die Arme um ihre Kinder.
    "Endlich seid ihr wieder da!", rief Runa.
    Aniron vergrub ihr Gesicht zwischen ihren Kindern, die nach Erde rochen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    "Ja, endlich", brachte sie hervor. Sie löste sich und sah ihre Kinder an, Maris neben ihr.
    Wie groß sie geworden waren! Sie hatte das Gefühl, das Leben der Zwillinge verpasst zu haben. Ein schreckliches Gefühl. Nie wieder wollte sie so lange von den Kindern getrennt sein. Sie gab ihnen Küsse aufs Gesicht.
    "Warum weinst du, Mama?", fragte Sinan.
    "Weil ich mich so sehr freue, euch zu sehen."
    "Habt ihr den Drachen besiegt, Papa? Habt ihr ihm den Kopf abgeschlagen?"
    "Lasst uns erst einmal den Weg hier wieder frei machen. Sagt schön guten Tag zu Tinquilius und Ornlu. Tinquilius muss jetzt zum König", sprach Aniron.
    "Zum König? Darf ich mit?", fragte Runa mit glänzenden Augen.
    "Nein, wir bleiben hier draußen. Aber jetzt lasst uns nach Danee suchen und unsere Sachen von der Reise ablegen", sagte Aniron.

    Tinquilius indessen huschte an ihnen vorbei, während Aniron sich zu Ornlu wandte:
    "Willst du dich lieber hier draußen etwas umsehen?"

  10. Beiträge anzeigen #290 Zitieren
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
    Registriert seit
    Mar 2007
    Beiträge
    13.785
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Ornlu ist offline
    "Ich bleibe lieber draußen mit euch. Da in der Burg werde ich doch nur schief angeglotzt und irgend eine Prinzessin springt mich an, weil sie ihren Vater verärgern will. So läuft es doch immer.", meinte der Druide. Runa fragte dann kurzerhand wieso denn eine Prinzessin Onkel Ornlu anspringen will, doch ehe Ornlu auch nur was andeuten konnte, meinte Aniron, dass sowas einfach nur Blödsinn wäre was Onkel Ornlu da erzähle.
    "Naja...aber...ja...eine Prinzessin darf halt nicht auf den Schultern von einen einfachen Mann wie mir reiten. Aber wenn du willst, nehme ich dich auf die Schultern und wir suchen diese eine Tante." - Natürlich war Runa Feuer und Flamme dafür und folglich musste auch Maris dann Sinan auf die Schultern nehmen, während sie dann durch dieses 'Dorf' schritten.
    Ornlu wagte gar nicht irgend ein Wort zu sagen. Sein Blick verriet genug, dass er es hier so elendig fand wie das Hafenviertel von Thornara oder damals Vengard - nur weniger Mauerwerk.
    "Das es keine Aufstände bisher gab und noch so viele da sind. Irgendwas scheint diese Leute noch zusammen zu halten. Die Kleinen sollten hier aber nicht groß werden.", dachte er sich und blickte sich um.
    "Aniron...hier gibt es keine Hunde.", meinte er dann und hoffte, dass sie verstand was er damit andeutete. Wenn Menschen hungerten, aßen sie alles was ihnen Kraft gab. wenn es keine Hunde gab, stand es nicht gut um einen Ort. Vielleicht war es auch so, dass die Setarrifer Hunde hassten oder irgend ein Unhold alle Hund getötet hatte, aber so viel anders waren diese Flüchtlinge hier nicht.
    Runa und Sinan wünschten sich dann auch kurzerhand einen kleinen Hund.
    "Den bekommt ihr, wenn ihr mich mal besuchen kommt. Wir suchen einen dann dort wo ich wohne.", schlug Ornlu vor und hoffte, dass die beiden das bis dahin vergessen würden. Ansonsten würden sie schon irgend einen Straßenköter oder besser sehr hässlichen Waldköter beim Waldvolk schon finden der keine Läuse hatte.
    "Die Zukunft steht uns allen bevor. Wenn der Sommer kommt und die Ernte eingefahren wurde, könnte es hier gefährlich werden. Der Drache ist tot, der alte Konflikt ist immer noch da. Du musst mit deinem König reden und dann mit mir. Beim Thing, wenn sich mein Volk versammelt, könnte ich bewirken, dass es sich die Myrtaner zwei Mal überlegen die Insel zu erobern. Bekommen sie allerdings Verstärkung vom Festland...müssen wir wohl alle weg. Dein König sollte den Frieden ersuchen, eine seiner Töchter hergeben damit sie König Rübennase heiratet und alles wird irgendwie gut. Francois würde sicherlich helfen...", brachte er ein, ehe ihn ein Schatten am Himmel kurz erschreckte und dann lachen ließ. Wroc tauchte auf. Sein Schildrabe kam endlich zurück und hatte wohl die Botschaft überbracht. Der Rabenvogel landete auf Ornlus Arm und Aniron nahm die gefaltete Nachricht entgegen.
    "Was steht da? Von ihr?", fragte er. Aniron nickte und las dann vor, was die oberste Feuermagierin geschrieben hatte.
    "Schreibt die jetzt nur so. Die wird schon auftauchen. Und wenn nicht, dann laden wir uns wieder in Thorniara ein.", meinte er mit einem leicht enttäuschten Unterton.
    "Ist das die Tante da vorne?"

  11. Beiträge anzeigen #291 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Isengrim war ein wenig verwundert. Irgendwie, aus irgendeinem Grund, hatte er mit einer ungleich schwierigeren Aufnahme gerechnet. Prüfungen, die sein Wissen und Können forderten, die ihn geistig an seine Grenze bringen würden. Aber das eben? Einen, mit Verlaub, alten Knacker anquatschen und seine Hilfe anbieten ... und fertig. Mehr nicht. Der Magier konnte ihm wohl seine Verwirrung ansehen und lachte auf. Er erklärte ihm kurz, dass in seiner Jugend die Aufnahme in den Kreis des Wassers ungleich schwieriger war. Oft verbunden mit einem großen Goldbetrag der reichen Familie oder äußerster Hingabe, in wenigen Fällen auch unglaubliches magisches Talent. Heute jedoch? Nach dem Fall der Stadt, der sinkenden Attraktivität der Insel, die nach wie vor in mancher Art ein Kriegs- und Krisengebiet ... all das trug dazu bei, dass der Kreis des Wassers schrumpfte. Daher war man für jede Hilfe dankbar. Das munterte den Nordmann irgendwie wieder auf.

    »Nein, Meister Kaspan, ich habe an sich keine großen Fragen mehr. Obwohl ... nun, ist hier Platz in der Burg für eure Novizen oder muss ich weiterhin in diesem ... Dorf nächtigen? Und verzeiht, wenn es ungeduldig wirkt, wann kann ich ... äh nun, Magie erlernen?«

  12. Beiträge anzeigen #292 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Sarpedon
    Registriert seit
    Nov 2004
    Beiträge
    952
     
    Sarpedon ist offline
    Der Wirt brummte missmutig, denn er musste feststellen, dass er wahrscheinlich schon wieder einen wackeren Gehilfen in der Taverne eingebüsst hatte. Er würde wohl erwägen müssen Isegrim ein etwas besseres Angebot zu unterbreiten, als sein erstes. Vielleicht liess er sich so dazu bewegen nicht nur im Tempel zu verkommen.

    Aber erst musste er sich um etwas Anderes kümmern. Es hatte nicht all zu lange gedauert, bis Sarpedon davon Wind bekam, dass sich Taeris auf der Silberseeburg befand. Noch viel schneller hatte er den alten Haudegen dann auch aufgespürt. Diskretion war wahrlich nicht sein Talent.
    "Naaaa du."
    Brummte er, als er Taeris erreicht hatte. Dieser drehte sich um. Er wirkte älter als damals.
    "Wo bist du eigentlich abgeblieben?" Und etwas leiser. "Ich habe komplett die Verbindung zu dir verloren."
    Meinte er leicht verwirrt und schüttelte den Kopf.

  13. Beiträge anzeigen #293 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Die Novizen und Adepten besaßen Gemeinschaftskammern in der Burg, nächtigten dort zuhauf in den Räumen, die sich zu anderen Zeiten die Dienerschaft des Burgherrn geteilt hatte. Da der alte Lord Tronter jedoch schon lange fort war und Baron Gawaan nie zu den üblichen Adeligen gehört hatte, die eine verschwenderisch große Schar von Untergebenen um sich geschart haben, wurden diese Räume spätestens beim Einzug der Setarrifer für die großen Mengen an Magierdienern und Kriegern in Anspruch genommen. Magier und Priester besaßen einzelne Zellen und Gemächer, geehrte Krieger und Schwerter ebenso. Nur der König und sein Bruder Gawaan konnten Gemächer von der Größe der Massenunterkunften ihr Eigen nennen. Nun, überlegte Grim, der Vorteil vom Königsein.
    Einen Moment überlegte er, wann er die Chance auf solchen Wohlstand hätte. Im Clan vielleicht? Ja, aber nur, wenn er all seine Brüder loswerden würde. Einige Augenblicke genoss er den Gedanken, schwelgte in der tiefen Abneigung, ja vereinzelt dem Hass an seine Geschwister. Er hatte sich ihnen nie zugehörig gefühlt. Niemals. Den Orktötern, den Jägern und sogar dem einen Feuermagier. Neun verfluchte Brüder. Alle groß, alle blond oder rothaarig, muskulös und talentiert. Und er. Isegrim. Der Letzte, der Verhasste, der Vatermörder. Er schüttelte sich. Blass, schwarzhaarig, als Kind kränklich und klein, jedoch listenreich und intelligent. Einmal hatte sein ältester Bruder Hardgrim - ganze fünfzig Lenzen alt - erwähnt, dass Isegrim nie zu ihnen gehören würde, dass er ein Bastard sei, der ihrer Mutter untergejubelt wurde. Hardgrim. Verbittert dachte Isegrim an ihn. Obwohl ungleich älter, hatte er ihn schon als Kind liebend gerne geschlagen und getreten. Ein widerlicher Mensch, aber gefeiert von seinem Umfeld. Ein geehrter, nobler Nordkrieger, so hatten ihn alle gesehen. Aber hinter geschlossenen Türen, im Langhaus des Vaters, da hat er den kleinen, so anderen Bruder stets geschlagen, windelweich geprügelt. Unwillig strich sich Isegrim über den Handrücken, wo eine alte Narbe war. Zum Spaß hatte Hardgrim ihm dort mal beim Essen eine Gabel hinein gestoßen, mit solcher Wucht, dass sie im Holz des Tisches steckte. Die meisten von Isegrims Brüdern hatten gelacht. Selbst sein Vater. Schnaps und Fleisch waren ihm aus dem zahnlosen Mund gefallen, so sehr musste er lachen. Das war einer der Momente gewesen, in denen der Hass auf seine Umgebung in Isegrim gekeimt hatte.

    »Na, wer bist du denn?«

    Ein junger Mann, edlen Aussehens, trat vor ihn. Blickte hoch in sein blasses Gesicht. Grim schüttelte kurz den Kopf, befreite sich aus der Vergangenheit.

    »Grim. Isegrim. Neu hier.«, kam es kurz angebunden zurück.

    »Grimisegrim? Komischer Name. Nordmarer, ha. Nicht die hellsten Kerzen im Leuchter«, lachte der Kerl, »Ich bin Salophilus Kamberu aus dem altehrwürdigen Hause Kamberu von Setarrif. Und du, äh, Grim, wirst mein Diener sein. Verstehst du? Die-ner! Kennst du das Wort?«

    Eine rasche Bewegung. Isegrim packte den Jüngling an der Kehle, in der anderen Hand den Dolch von den Waldläufern. Sein Blick war eisig kalt.

    »Ich diene niemandem. Nur mir selbst. Ich knie vor niemandem. Adanos sei mein Zeuge, nennst du mich noch einmal Diener oder dumm, Kerl, zeige ich dir deine eigenen Eingeweide.« Er stieß ihn von sich. »Und jetzt zisch ab, Salodingens Kamberirgendwas.«

    Halblaut fluchend schlich sich der Typ davon. Isegrim lachte kurz.

    Schön, wieder unter Brüdern zu sein!

  14. Beiträge anzeigen #294 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Zweifelnd blickte der Nordling in sein Spiegelbild im Waschzuber. Er trug eine Robe, die für die Novizen des Wasserkreises gedacht war. Überreicht worden war sie ihm von einem kurz angebundenen, etwas herablassenden Wassermagier namens Cronos, der wohl so eine Art Verwalter des Kreises war. Das Ding saß zwar nicht perfekt, aber es war zumindest ein Zeichen seines, vielleicht nicht unbedingt hohen, Standes. Selbst einen Stab hatte er ihm überreichen wollen, das universelle Zeichen für Novizen und Adlati beider großer Magierkreise. Aber Isegrim hatte dankend abgelehnt. Einen Wanderstab oder etwas dergleichen brauchte er noch nicht. Allen voran ... lieber einen Dolch als Waffe denn ein unhandlicher Stab.

    Abgesehen jedoch von Stabwaffen und Kleidungsproblemen lebte sich Isegrim relativ gut ein. Die Brüder ließen ihn in Ruhe, keine Revierkämpfe oder dergleichen. Das freute ihn. Die meisten Novizen hatten seinen Umgang mit dem Adelsfritzen aus hochehrwürdigem Hause mitangesehen und wohlwollend aufgenommen. Später waren einige an ihn heran getreten und hatten ihm dafür gedankt, sich derart um Kamberu gekümmert zu haben. Der Älteste der Novizen war jedoch an ihn heran getreten und hatte ihm in kurzen Worten zu verstehen gegeben, dass Differenzen nicht mit Gewaltandrohung gelöst werden können, sondern durch Gespräche und das Betrachten des gegensätzlichen Standpunktes. Isegrim hatte daraufhin nur eine ziemlich unwirsche Erwiderung heruntergeschluckt, brav genickt und weiter seine Arbeit getan.

    Da er einmal erwähnt hatte, dass er kurzzeitig bei einem Quacksalber im Dorf in der Lehre war, entschied sich einer der Magier dazu, Isegrim im Kräutergarten einzusetzen. Eine Ausbildung als Kräuterkundler und Barbier stand also bevor. Mit leuchtenden Augen hatte der Wassermagier ihm davon erzählt, welch Weihen der Heilmagie den Erwählten Adanos' zur Verfügung standen. Knochenbrüche in Windeseile heilen, tiefe Wunden schließen ... angeblich sogar Geisteskrankheiten behandeln. Das faszinierte Isegrim. Denn wo all seine Brüder Experten im Bereich Gewalt, Mord und Tod waren, wäre er der erste und einzige in der Familie, der all das zurückgängig machen könnte. Isegrim der Heiler. Das gefiel ihm.

    So nahm er die Anstellung im Garten an und überlegte, seinem alten Arbeitgeber Sarpedon beizeiten eine Kräuter und Zutaten zu bringen, quasi als Dank für die Anstellung und Entschuldigung für den raschen Abschied.

  15. Beiträge anzeigen #295 Zitieren
    Chosen One Avatar von Taeris
    Registriert seit
    Oct 2002
    Ort
    im Minental
    Beiträge
    6.368
     
    Taeris ist offline
    "Gibt´s dich also auch noch."

    entgegnete Taeris zur Begrüßung und blickte Sarpedon musternd an. Er hatte sich von den Wachen verabschiedet, bevor diese ihn zum König gebracht hatten. Der König konnte warten. Erstmal ein Bad, frische Kleidung und ein Bier. Oder zwei. Eine Rasur würde warscheinlich auch nicht schaden. Der Vollbart juckte. Ohnehin hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr in den Spiegel gesehen.

    "Kennst du das, wenn man jemanden fragt, ob er unter einem Stein gelebt hat? Ich denke ich weiß jetzt, wie das ist."

    antwortete er auf dessen Frage und ließ sie damit bewusst unbeantwortet.

    "Ich sehe ihr seid umgezogen. Wir haben das mit Setariff echt schön versaut..."

    sprach er weiter und blickte sich um.

    "Ich fürchte ich muss erstmal zu Ethorn... Wie geht´s denn unserem großen König? Was habe ich verpasst? Also außer....das hier"

  16. Beiträge anzeigen #296 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    »Keinen Ärger machen, Novize.«, knurrte die Klinge mit dem Bogen und sah Isegrim aus schmalen Augen an.

    Der Nordling wandte sich halb von der Zinne, auf die er sich gestützt hatte, ab und sah ihn. Dieser Blick, nicht der freundlichste, in Verbindung mit dem schmalen Lächeln, außerordentlich kalt, reichte, dass sich der Krieger leise fluchend umwandte und etwas von diesen seltsamen Nordleuten murrte. Es kümmerte ihn nicht. Er war zu sehr in Gedanken vertieft. Angenehme Gedanken. Gedanken, die er früher schon hatte, die da aber noch unerreichbare Fantasien gewesen waren. Jetzt ... wirkte alles näher, die Verwirklichung rückte in greifbare Nähe. In den Tiefen seines Geistes flüsterte eine Stimme, die unangenehm wie sein Vater klang, das Wort Allmacht. In den letzten Tagen hatte Isegrim gelesen. Viel gelesen. Jahre der Unmöglichkeit ein Buch zu lesen, wollten aufgeholt werden. Viel Pflanzenkunde, Heilkunde. Geschichte von Setarrif, der Akademie der Klingen, der Kreise der Magie. Theoretische Magie. Wenig Schlaf, viel Nahrung für seinen Geist. Er wirkte zwar ausgezehrter als noch vor seiner Aufnahme als Novize, doch seine Augen leuchteten wach, fast fiebrig. Als würde in dem Geist dahinter eine Flamme für ein klares, deutliches Ziel brennen. Und dieses Ziel war Macht. Macht, erwachsen aus Magie. Wassermagie. Flüsse anschwellen, Eis auf seine Feinde niederregnen lassen. Erdbeben erschaffen, Felsbrocken schleudern, groß wie ein Mann. Und die Heilkunst. Knochenbrüche richten, vielleicht Wahnsinn heilen. Aber was noch viel wichtiger war ... das Wissen, Schwächen ausnutzen zu können. Was heilt, kann auch töten. Bestimmte Kräuter in erhöhter Dosis und schon konnte das Ergebnis ein anderes sein. Gifte. Tödlichste Gifte, durch hin geschaffen.

    Isegrim kicherte kurz. Das war zu viel für ihn. Die Vorstellung, all diese Macht zu beherrschen. Für sich, gegen seine Feinde. Mit Adanos. Er leckte sich über die Lippen. Das war ein Antrieb, ein guter Antrieb. Der Beste für ihn. Er würde über seine Brüder, über jedes verfluchte lebende und tote Mitglied seines Clans, seiner Ahnenreihe, hinauswachsen. Das Kichern kam zurück, wurde zu einem Lachen. Rette uns, allmächtiger Eisenwolf, lass es regnen in dieser unser Wüste. Eisenwolf, unser Gott, beschütze uns vor dem aufziehenden Monsun. Unser Herr und Meister, zerschmettere unsere Feinde, zerquetsche sie, lass Berge auf sie fallen!

    »Nun, das wird nicht morgen oder übermorgen sein ... aber Adanos, wer weiß, vielleicht werde ich der Größte deiner Diener werden. Vielleicht? Nein, ich verspreche dir beim Blute meines Vaters, dass ich der Größte unter den von dir Erwählten werde!«


    Und irgendwann, vielleicht, mehr ... viel mehr.

    Kichernd wandte er sich ab, begab sich zurück. Zu seinen Brüdern, seiner neuen Familie. Seiner Konkurrenz, seinen Feinden. Das Feuer war entfacht.

  17. Beiträge anzeigen #297 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Cothromachadh sah Isegrim lange und schweigend an. Der Novize hob den Blick zum Greis. Für jemanden, der sich selbst als skrupellosen, kalten Menschen betrachtete, der sich von nichts und niemandem einschüchtern ließ, brach der Nordling verdächtig schnell unter dem forschenden Blick des Predigers zusammen. Er fluchte halblaut, bewegte sich unruhig auf dem Stuhl und trank, um das Zittern seiner Hände in den Griff zu bekommen, einen Schluck aus der Wasserflasche. Die stahlgrauen Augen lösten sich von irgendeinem Detail auf der Tischplatte, trafen auf das unerbittliche Braun, das hart wie Eiche wirkte.

    »Weißt du, Isegrim, ich habe ein wirklich gutes Talent neben meinen rhetorischen Fähigkeiten«, begann der Prediger, »Ich kann Menschen, wie man so schön sagt, auf den Grund der Seele blicken. Mach den Mund zu, das ist keine Magie, keine übernatürliche Fähigkeit. Menschenkenntnis, Lebenserfahrung. Irgendwann lernt man, seinen Mitmenschen in das Herz und den Kopf schauen zu können. Und der Glanz, den ich in deinen Augen sehe, Grim, habe ich schon oft bei anderen Männern gesehen, die am Anbeginn einer Zukunft waren, die Macht verhieß. Das ist der Blick des Paladins, der seine gottgegebenen Fähigkeiten dazu nutzt, tatsächliche und scheinbare Feinde der Ordnung grausam und blutig niederzumetzeln, in der völlig falschen Annahme, er tue das Richtige. Das ist der Blick des Schwarzmagiers, der vergessen hat, dass Beliar der Hüter der Toten ist, nicht ihr Heerführer. Der die Macht seines Gottes nutzt, um Leben und Tod zu entweihen. Und der Blick des Neutralen, der seinen Geist zu weit geöffnet hat, der Gedanken zugelassen hat, die sich fernab vom Pfad des Gleichgewichts bewegen. Der Unparteiische soll die Waage schützen, ihre unverrückbare Fairness. Er soll sie nicht umstoßen und sich selbst zum Entscheider machen, zum Richter über Gut und Böse, Licht und Dunkel. Nein, Grim, die Gedanken, denen du folgst, die ich so offen in deinen Augen lesen kann, haben schon größere, mächtigere Männer auf einen Weg geführt, der schrecklich endet.«

    Die Hände des Nordlings verkrampften sich um das Gefäß. Ein Stimmchen flüsterte davon, dem alten Prediger die Reste einer zerschlagenen Flasche in den Hals zu stoßen, dabei zuzusehen, wie er elendig verblutete. Eine andere Stimme säuselte etwas von Geduld, vom Erhalt der Macht der Magie, um sie später gegen Cothro anzuwenden. Ihn in Eis zu verwandeln, in einem Sandsturm zu zerfetzen oder das Wasser aus seinem Körper zu reißen. Nur eine Stimme, die der Logik, der Vernunft, aber auch des Teils seines Geistes, der Adanos als Gott angenommen hatte, sprach fest und eindringlich. Isegrim kannte sie. Es war die Stimme seiner geliebten Mutter.

    Du hast dein ganzes Leben nur Leid erfahren, Eisenwolf. Seit dem Tag deiner Geburt lagen die Schatten der Gewalt und des Schmerz auf dir. Ist Rache dein Begehr? Anderen Menschen das zukommen zu lassen, was du selbst erfahren hast? Oder willst du wahrlich über deine Brüder hinauswachsen und Gutes tun? Für andere. Nicht gegen sie. Werde nicht Rächer, Herrscher und Entscheider. Werde Heiler, Berater, Freund. Erbauer, nicht Zerstörer. Adanos' treuer Diener. Auf das ein jeder sieht, dass der Leidgeplagte nicht dem dunklen Pfad gefolgt ist, sondern dem richtigen, dem guten, dem gerechten. Es liegt an dir. Nutze die Macht, die du erlangen kannst, gegen andere ... oder für andere.

    Isegrim sank in seinem Stuhl zusammen, blickte auf. Der fiebrige Glanz in seinen Augen war verschwunden. Sie wirkten müde, leer. Als hätte er einige Tage nicht gut geschlafen. Und, bei Adanos, so war es. Unzählige Stunden im Kerzenschein in der Bibliothek, kräftezehrende Tage im Kräutergarten. Schlaflosigkeit, die fast zu Wahnsinn führen kann.

    »Bei Adanos, Cothro, du hast recht. Was war mit mir? Was für Gedanken habe ich verfolgt? Ich will schlafen, mich ausruhen. Bin überarbeitet, übermüdet. Ach, Cothro, verzeih mir, was du in meinen Augen gesehen hast. Das ... das war nicht ich. Das war mein früheres Ich. Mein schlechtes Ich.«

    Er schluckte. Der Prediger lächelte sanft.

    »Ein alter Philosoph schrieb einmal, dass die Seele eines Menschen aus zwei Wölfen besteht, schwarz und weiß. Einer ist Güte, Freundlichkeit, Liebe. Der andere Zorn, Egoismus, Hass. Wer gewinnt, wer verliert? Der, den du fütterst, Eisenwolf. Bei Adanos, füttere den richtigen Wolf und du wirst wahrhaftig groß werden. Bedenke dies.«

  18. Beiträge anzeigen #298 Zitieren
    Kämpfer
    Registriert seit
    May 2016
    Beiträge
    370
     
    Isegrim ist offline
    Die Sonne schien ihm schon vormittags auf den Buckel. Er schwitzte, die Kluft klebte an ihm. Die Hände dreckig, verschlammt. Unkraut jäten. Keine angenehme Tätigkeit, gehörte aber dazu. Was würde hier wachsen, wenn man dem Unkraut den Platz zum Wachsen und Gedeihen ließe? Nichts, außer ebenjenes Unkraut. Es gab verschiedene Möglichkeiten, es zu entfernen. Angeblich hatten einige Magier auf dem Festland ein Gift entwickelt, mit dem sich das Zeug vernichten ließe. Aber Gifte in einem Garten, dessen Erträge verarbeitet werden für Nahrung und Medizin? Nicht unbedingt empfehlenswert. Nein, eigentlich half nur das gute, alte Herausreißen der Schmarotzer mitsamt Stumpf und Stiel. Isegrim seufzte. Er hörte Schritte hinter sich, richtete sich auf, säuberte murrend die Hände in einem nahe stehendem Wassereimer. Dann drehte er sich um.

    Vor ihm stand Salophilus Kamberu, ebenjener Adept adeliger Herkunft, dem Isegrim am ersten, richtigen Tag bei den Novizen gedroht hatte. Jedoch nicht auf die einfache, landläufige Art des "Halt's Maul oder ich knall dir eine!", sondern dem eher nordmarischen "Noch'n Spruch und ich zeig dir Stück für Stück die eigenen Eingeweide!". Na ja, Isegrim war nicht für sein Taktgefühl bekannt. Weder in der Silberseeburg, noch auf den Straßen und den Gossen des Festlandes bis hoch in den Feuerclan von Nordmar. Innerlich fluchte er. Vielleicht war er damals etwas reizbar gewesen. Und zu vorschnell. Was war ein Novize ohne seine Brüder? Was ein Diener Adanos' ohne seinen Kreis des Wassers?

    »Isegrim«, begann der Adelige und räusperte sich, »Hast ... du einen Moment deiner Zeit?«

    Mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu blickte er sich im Garten um. Ja, Arbeit mit den bloßen Händen war wohl nicht unbedingt Salophilus' Stärke.

    »Gerne«, meinte er kurz angebunden, »Was gibt es?«

    »Ich wollte ... mich entschuldigen. Du weißt schon, wie ich aufgetreten bin, als du, na ja, deinen ersten Tag hier hattest. Sonst sind die Leute eingeknickt, aber dein, nennen wir's mal Gegenfeuer, hat Wirkung gezeigt.«

    Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Isegrim lächelte freudlos.

    »Ich muss mich entschuldigen, Bruder«, antwortete er, »Vor der Aufnahme hier, war ich ein ... weitaus schlechterer Mensch. Wir beide können gegensätzlicher nicht sein. Ich habe lange Jahre in der Gosse verbracht, für einen Happen Essen ... manchmal sehr Schlechtes getan. Blut klebt an meinen Händen. Für mich ist das Ganze hier ein Neuanfang, vor allem moralisch. Daher ... waren meine Worte dir gegenüber böse und falsch.«

    Salophilus grinste schwach. »Wir tragen alle unser Päckchen, heißt es doch so schön. Manch eins ist schwerer, manches leichter. Und gerne verstecken wir uns hinter alten Masken. Meist aus Angst vor Neuem. Vergessen wir unser erstes, glückloses Aufeinandertreffen. Wir haben beide draus gelernt. Beginnen wir von vorne: Ich bin Salophilus. Aber nenn mich Sal.«

    Isegrim grinste. Aufrichtig. Erfreut. »Isegrim. Nenn mich ruhig Grim.«

    Nun lachte auch Sal. Er schaute sich erneut im Garten um. »Brauchst du Hilfe, Grim? Hab mich zwar immer vor der Gartenarbeit gedrückt, aber nun ja, gemeinsam arbeitet es sich schneller.«

    »Gerne, Sal. Wir müssen Unkraut rupfen. Das Schlechte entfernen, damit das Gute wachsen kann.«

  19. Beiträge anzeigen #299 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Sarpedon
    Registriert seit
    Nov 2004
    Beiträge
    952
     
    Sarpedon ist offline
    Sarpedon lachte.
    "Dazu brauchen wir aber ein Bier oder etwas Stärkeres. Die Sturzkampfmöwe ist unten am See."
    Und damit ging er ohne ein weiteres Wort zu verlieren voran.
    "Es war ein Grauen. Nur wenige haben überlebt, aber alle tapfer gekämpft. Für gewisse Leute soll das ja eine Rolle spielen." Er zog die Mundwinkel hoch. "Am Schluss mussten uns die Rotröcke aufnehmen und haben uns sozusagen den Arsch gerettet. Andere bezeichnen wiederum das als schlimm. Während ich einen grossen Teil meiner Kundschaft eingebüsst habe, von den Gewürzhandelrouten abgeschnitten bin und im Winter kaum etwas habe, um aus Wasser eine Suppe zu zaubern. Aber sonst geht das Leben weiter. Ethorn habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Lee hin und wieder aber auch nicht. Drakk ist wenigstens ein zuverlässiger Stammgast geblieben und es gibt einige neue Gesichter."
    Erzählte der Wirt bis sie bei der Taverne angelangt waren. Dort verschwand er im Keller und brachte seinen stärksten Reisschnaps mit.
    "Und warum bist du zurückkehrt zu einem Königreich, das alles verloren hat?"

  20. Beiträge anzeigen #300 Zitieren
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
    Registriert seit
    Mar 2007
    Beiträge
    13.785
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Ornlu ist offline
    Aniron verneinte Ornlus Frage und schien sich selbst zu fragen wo denn die alte Bekannte wäre. Die Kinder selbst schienen sie auch zu suchen, doch sahen sie es wohl mehr wie ein Spiel. Ornlu sah sich auch um, ging ein wneig umher. Immerhin sollte ja die Tante irgendwo hier sein. Als er um eine Ecke kam und auf eine Gruppe Menschen blickte, stockte ihm der Atem. Kaltschweißig wurde er und sein Herz pochte wie wild auf, als würde er ein Gespenst sehen.
    Gut es war kein Gespenst, aber ein Schrecken war sie für wahr. Er erkannte sie an den Augen und der markanten Nase. Nicht hässlich oder zu groß, aber markant und passend zum restlichen Gesicht. Nicht so wie bei Maris!
    Schnell ließ er sich nach hinten fallen und atmete durch. Es war Jahre her gewesen...damals in Al Shedim. Sie beide waren recht jung, sie beide hatten zu viel vom Wein und dann hatten sie die Nacht miteinander verbracht. Ornlu wusste schon damals wie gut er das konnte, aber so gut, dass sie am nächsten Morgen in schöner Gewandung ihn weckte und einen Wassermagier dabei hatte, um sie zu verheiraten, war doch eine Nummer zu viel für den damaligen Abenteurer. Als dann der Vater, zwei Brüder und drei Cousin dazu kamen und Ornlu zum Tempel geleiteten, schien es fast so wie das Ende aller Abenteuer und eine Zukunft in der er sich wieder und wieder und wieder immer wieder mit derselben Frau vergnügen müsste. Er würde nicht mehr auf Abenteuerreisen gehen können und müsste einen Tagwerk nachgehen, das weniger Spaß machte wie die Jagd. Irgendwas mit einem Handwerk oder in irgend einem Steinbruch in der Wüste. Dafür war er nicht geschaffen. Erst recht nicht da in der Wüste zu leben - so fern von den Laubwäldern Myrtanas und den Nadelwäldern Nordmars.
    Nein! Ornlu flüchtete aus dieser Lage, indem er sich wirklich dank des Weins vom Abend übergeben musste und darum bat sich frisch zu machen. Die Bitte wurde natürlich gewährt und dank der Beihilfe seines Freundes Ryu Hayabusa - ein Experte auf dem Gebiet der plötzlichen Abreise aus Orten an denen er die Sehenswürdigkeiten der versammelten Weiblichkeit begutachtete - gelang eine abenteuerliche Flucht in einem Transportkorb auf einem Kamel. Ryu hatte danach erzählt wie er sich als Söldner verbürgte den myrtanischen Tunichtgut aufzustöbern und wieder hierher zu bringen. Was der Familie des Mädchens wohl nicht genügte, aber besser war als nichts und einen Auftrag bescherte. Danach war es für Ornlu ein beschwerlicher Weg bis er Myrtana erreicht hatte und es hatte etwas gedauert bis er wieder mal in Al Shedim erschien. Stets in Sorge er würde geschnappt werden, war es dann selbiger Wassermagier von damals, der Ornlu beruhigen konnte als er erzählte, dass die Familie weggezogen sei. Irgendwohin in den Süden. Er hatte sich damals nicht gefragt wo das denn sei, aber nun hier vor Ort wusste er es wohl.

    "DU! DUUU BIST DAS!", erklang es von der Seite. Gerade noch zur Ruhe gekommen, zuckte er nun zusammen und wendete sich nur langsam der weiblichen Stimme zu.
    "Wer bin ich...verzeiht, holde Maid. Ich sehe euch zum ersten Mal.", schauspielerte er und verstellte seine Stimme.
    "Als ob! Ornlu! Du lebst ja noch! Meine Brüder sagten mir, sie hätten dich erschlagen, als sie dich in der Wüste schnappten und du zugegeben hast, dass du mich nicht heiraten wolltest. Erkläre dich!"
    "Ich kenne keinen Ornlu. Das muss eine peinliche Verwechslung sein. Gute Frau macht euch nicht lächerlich."
    "Unsinn! Die Tätowierungen hat doch wohl nur einer auf dieser Welt."
    "Wa...waaas? Nein, meine Gute. In Myrtana trägt die jeder so im Gesicht. War mal richtig Mode so wie das Hirschgeweih am Steiß bei Frauen.", sagte er und windete er sich wie ein Aal. Doch dann bekam er direkt eine geklatscht und kaum wieder bei sich, sprang die Frau ihn an und küsste ihn.
    "Du bleibst jetzt bei mir. Gib es zu!"
    "Ja...jaa..ich bins....aber es ist so lange her. Wir beide sind doch jetzt wirklich erwachsen geworden. Geh runter...", bat er.
    "Nein, nein, nein. Wir holen jetzt nach, was du vor einigen Jahren nicht wolltest. Dich will ich zum Mann!"
    "War ich wirklich so gut in dieser Nacht?"
    "Was? HAHAHA! Nein, du warst wie jeder andere den ich davor und danach hatte. Etwas animalischer und wilder, aber nicht besser. Ich war damals aber schon schwanger und brauchte einen Kerl! Ich erzähle gleich meinen Brüdern das du wieder aufgetaucht bist. Dann hat auch unser Sohn wieder seinen Vater und meine Familie muss sich nicht mehr wegen mir schämen."
    Ornlu schwieg. Für ihn brach gerade eine Welt zusammen. Ihm war egal was sie da mit Sohn und Hochzeit erzählte. Sie hatte ihn als beliebige, gewöhnlich im Bett beschrieben.
    "Glaub ich nicht!"
    "Doch, er ist nicht dein Sohn."
    "Nein, dass ich so beliebig war...so wie die anderen die du wohl hattest. Du hast mir in der Nacht gesagt ich sei der Beste!"
    "Ja, weil ich dich behalten wollte."
    "Pha! Ich war betrunken. Das zählt nicht! Ich würde ja sagen...zieh dich aus und ich zeige dir mal wer dein Bester ist. Aber du spielst ein böses Spiel. Wo ist der echte Vater?"
    "Irgend ein blauäugiger Myrtaner oder Khoriner der Aris oder Mario oder so heißt. Aber der war verschwunden. Du kamst mir recht."
    "Unfassbar... - und jetzt runter von mir!"
    "Oh...willst du es mir jetzt beweisen?"
    Mit einer ruckartigen Bewegung schubste Ornlu sie von sich und nahm ein paar Schritte abstand.
    "Und nun? Ich weiß jetzt, dass du hier bist. Meine Brüder sind Soldaten unter Ethorn. Du kannst mir nicht entkommen."
    "Wohl wahr...und wie ich sehe hast du dich kaum verändert. Bist sogar noch schöner geworden und vielelicht war es trotz diesem üblen Spiel Schicksal, dass wir uns wieder hier trafen. Schau mir in die Augen...", sagte er und hatte sich ihr genähert. Sie war wirklich nicht so schlecht und gewiss würden genug Männer sagen - ok nehme ich. Doch für den Druiden war wie damals ein gewöhnliches Leben nicht das wozu er bestimmt war. Zumal es eine andere gab - nur diese eine - mit der er eine Familie gründen würde.
    Sein Wille entfachte eine Kraft in ihm und seine Augen trugen beides weiter.
    Ein kurzer Moment und Magie schien durch seine Augen. Die Frau erschrak, riss die Augen weit auf und konnte doch nichts weiter tun. Sie war regelrecht gelähmt. Starr vor Angst. Sie sah nicht mehr den Ehemann in spe vor sich, sondern eine Umgebung die dunkler und dunkler wurde bis es tiefschwarz war. In dieser Schwärze mochte sich ihre Seele regen, doch nicht ihr Körper. Ornlu war mit seiner Magie tief in ihrem Kopf und schuf dort diese Urangst, dieses lähmende Gefühl dass sich auf ihren Körper übertrug.
    Sie schrie in der Dunkelheit, fragte was das sei, doch kein Mensch antwortete ihr. Es war ein Knurren das um sie umher schlich, das sie nicht sah und ihren Geist vor Angst heulen ließ. Tiefe Ängste wurden in ihr geschürrt, während in der Welt um sie herum Ornlu Abstand von ihr nahm, jedoch den Blickkontakt hielt.
    Gnade erwies er ihr, als er nichts weiteres tat. Er ließ die Bestie in sich nicht auf ihre Seele los, ließ die Bestie nicht ihre Seele zerreißen wie der Wolf den Hasen. Er wandte seinen Blick ab, sah wie die Lähmung nachließ und sie heulend auf die Knie fiel.
    "Was war das? Beliar! Er hat mich verhext!", jammerte sie zusammen gekauert.
    "Ein wenig...lass es dir eine Lehre sein. Du suchst besser nicht mehr nach mir und deine Brüder auch nicht. Ich kann weitaus schlimmer sein. - Such besser diesen Aris oder Mario oder Maris. Jeder muss für das einstehen, was er getan hat oder machen wird. Bewahre!", wünschte er und eilte auf und davon. Man wusste nie wie sie gleich, wenn die Lähmung gänzlich nachließ, reagieren würde.

    "Aniron! Ich muss weg. Kleines Problem und ich will dich nicht damit belästigen. Ich komme bald wieder. Erwarte mich in der Stunde, wo du mich am dringendsten brauchst. - Na gut, dass ist etwas daher geredet. Grüß mir Maris und geb den beiden Kleinen nen Kuss. Bewahre!", sagte er, umgriff seinen Druidenstab und machte sich dann mit großen und schnellen Schritten auf in Richtung Orkwald.
    Geändert von Ornlu (16.07.2017 um 20:31 Uhr)

Seite 15 von 20 « Erste ... 48111213141516171819 ... Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
Impressum | Link Us | intern
World of Gothic © by World of Gothic Team
Gothic, Gothic 2 & Gothic 3 are © by Piranha Bytes & Egmont Interactive & JoWooD Productions AG, all rights reserved worldwide