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    Schwertmeister Avatar von Madlen
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    Madlen ist offline
    Madlen verdrehte innerlich die Augen. Natürlich, solche Fragen waren ja unausweichlich. Scheinbar dachten die meisten Anführer besonders klug dadurch zu wirken, indem sie ein Problem in den Raum warfen, was die Worte töten und wie beinhaltete. In den meisten Fällen war es aber eher so, dass sie ihre eigene Unsicherheit überspielen wollten. Allerdings glaubte die junge Frau in diesem speziellen Szenario nicht daran. Sie wusste, dass sie einen intelligenten Mann vor sich hatte, der zu viel Arbeit erledigen musste. Also spielte sie mit.

    Aus den Augenwinkeln heraus konnte Madlen eine weitere Person ausmachen und den Geräuschen nach hatte sich ihr Begleiter ebenfalls im Raum postiert. Ob sie das aus Vorsicht taten oder einfach auf einen Befehl hin, war ihr egal. Sie war nicht hier, um jemanden zu töten sondern eine Aufgabe zu finden. Also blickte sie weiterhin geradeaus und dachte einen kurzen Augenblick über die gestellte Frage nach. Anschließend legte sie sich ein paar Sätze zurecht, nicht zu viele. Denn scheinbar konnte der Fürst so etwas nicht leiden.
    „Im Kollektiv, Herr. Alleine ist beinahe aussichtslos. Eine Lektion die ich in den Ruinen lernen musste. Stiche durch die Gelenke, um sie bewegungsunfähig zu machen. Bogenschützen sind ratsam. Alles in allem geht das nur in der Gruppe und mit viel Glück.“

    Nun schwieg die Bardin wieder und lauschte den Geräuschen verursacht durch den prasselnden Regen. Es wirkte immer beruhigend auf die junge Frau und sie konnte sich auch besser konzentrieren. Sie wusste natürlich nicht, ob sie die richtige Antwort gegeben hatte. Aber es war ihr gleich. Sie hatte ihre Meinung kundgetan, mehr konnte sie nicht machen…

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    Provinzheld Avatar von Die Klingen
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    Die Klingen ist offline
    Angrim blickte zwischen der Kämpferin und dem Fürsten hin und her. Gawaan ließ sich jedoch nichts anmerken, ob er mit der Antwort zufrieden war oder nicht. Er stand ihr für einen Moment gegenüber und sah ihr direkt in die Augen. Er lächelte nicht. Er funkelte sie auch nicht böse an. Weder teilnahmslos noch wirklich interessiert. Der Wächter hatte sich längst so gut im Griff, dass er nicht mehr nervös mit seinen Stiefeln herumrutschte wenn eine plötzliche Stille in den Raum trat.
    Er warf einen Blick zu den Wachen des Fürsten, die sich einen kleinen, neugierigen Blick zu ihm genehmigten. Offenbar wussten sie auch nicht besser als er, was Gawaan hatte hören wollen oder wie es um die Antwort der Frau bestellt war.

    "Tötet eine und bringt mir ihren Kopf."

    Gawaan schritt ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen an ihr vorbei, weiter zu Angrim und stieß die Tür neben dem Wächter der Akademie auf, der ihm ein wenig unschlüssig folgte. Er bedeutete der Frau mit einer kurzen Handbewegung zu warten und schloss dann mit schnellem Schritt zum Herrn des Silbersee auf.

    "Wenn sie einen Echsenkopf hier abliefert, teilst du sie den Männern der Burg zu. Keine Männer werden zur Echsenjagd entsandt. Jeder Freiwillige kann mit ihr gehen."

    Mit einer entschiedenen Geste bedeutete Gawaan Angrim, ihm nicht weiter zu folgen. Der blieb verwundert und verwirrt stehen, machte kehrt und ging zurück in Gawaans Arbeitszimmer. Er holte die Frau wieder aus dem Raum heraus und führte sie zu den Unterkünften der Burg.

    "Fürst Gawaan betrachtet das wohl als deine Feuertaufe. Wenn du bestehst, giltst du als Soldatin des Königs. Wie du bestehst liegt bei dir, aber ich bin mir sicher, dass Fürst Gawaan sich über die Art und Weise berichten lässt, wie du vorgehst."
    -Turang

  3. Beiträge anzeigen #263 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Madlen
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    Madlen ist offline
    Madlen verbeugte sich noch einmal, als der Fürst an ihr vorbeischritt und blieb auf das Geheiß ihrer anfänglichen Begleitung stehen. Schlussendlich sprach diese zu ihr, woraufhin die junge Frau nur noch meinte: „Das ist eine Jagd, darüber gibt es nicht viel zu berichten. Sollte es dennoch nötig sein, dass mich jemand begleitet, dann bitte nicht so einen, wie vor den Toren der Burg. Er oder sie muss Schritt halten können, denn wir werden wenig rasten und schnell reisen.“ Als sie wieder vor dem Hauptgebäude angekommen waren, war draußen nicht mehr viel los. Es war schließlich schon spät und darum wenig verwunderlich. „Morgen bei Sonnenaufgang werde ich aufbrechen. Sollte sich bis dahin jemand entschlossen haben, mich zu begleiten, findet er mich in der Taverne am See. Ansonsten muss sich der Fürst auf meine Angaben verlassen.“ Erneut neigte die Bardin leicht den Kopf. „Habt Dank für Eure bisherige Gastfreundschaft. Es war mir eine Ehre Euch begegnet zu sein. Lebt wohl und eine geruhsame Nacht!“
    Damit wandte sich die Prinzessin um, suchte ihr Pferd, welches erst aufgeschreckt reagierte. Nachdem Madlen aber mit ihrer Stimme beruhigend auf das Tier eingewirkt hatte, ließ es sich das alte Zaumzeug umlegen, welches die Kriegerin bei einem Händler in der Ansiedlung vor der Burg gekauft hatte. Es war nicht gut, es würde aber reichen. Zusätzlich hatte noch eine Wolldecke erstanden, welche sie auf den Rücken des Rosses legte. Allerdings hatte sie bisher noch keine geeignete Ausrüstung für ein Packpferd gefunden. Dafür aber einen Gerber, den sie morgen aufsuchen würde. Vielleicht hatte er das, was sie benötigte.

    Sie verließ die Burg in Richtung Taverne, das Tier hinter sich herziehend. Dort angekommen brachte sie das Pferd in einem provisorisch errichteten Unterstand und versorgte es anschließend noch für die Nacht, ehe sie das Gasthaus betrat. Sie wusste nicht, ob der Wirt sie noch erkannte oder nicht und es war ihr auch egal. Sie besorgte sich ein Zimmer und ging ohne weitere Umwege auch direkt dorthin. Ihren Waffengürtel legte sie sorgfältig auf die Seite und stapelte im Anschluss daran ihre Rüstung daneben auf.
    Seufzend ließ Madlen sich in das Bett fallen und ignorierte die stechenden Enden von dessen Füllung. Sie wollte nicht wissen, wie lange der Inhalt schon hier war und was darin alles lebte. Es gab nur eine Frage die sie beschäftigte: Was, bei allen Göttern, machte sie hier nur?

  4. Beiträge anzeigen #264 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Madlen
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    Madlen ist offline

    Am Rand der Ansiedlung in Richtung Osten

    Madlen war erst spät am Tag aufgewacht, als die Sonne schon längst hoch am Himmel stand. Durch die geschlossenen Läden drückten die hellen Strahlen durch jede Lücke, die sich ihnen bot und schienen der jungen Frau direkt in ihr Gesicht. Nun, davon wurde sie schließlich wach. Sie fühlte sich gleichzeitig ausgeruht und völlig erledigt. Und doch wusste sie, dass ihr Geist den Schlaf benötigt hatte. Ihr Körper selbst war da anderer Meinung, aber man konnte schließlich nicht alles haben. Viel zu viel war die letzten Jahre geschehen. Der Tod ihres ersten Mannes, die Flucht aus der Wüste. Sie hatte damals ein Leben gehabt. Die meisten Menschen hatten niemals so viel Glück gehabt, wie sie. Und mit nur einem entscheidenden Schritt war alles weggefegt worden. Heute wusste die Bardin natürlich, dass sie beeinflusst worden war. Aber das machte es nicht besser. Sie war für den Untergang so vieler Leben verantwortlich. Dutzende Blätter zierten ihren Rücken, gewachsen an einem Ast, gehalten von einem Kranz und zwei darin verwobenen Federn, welche das Tor zum Jenseits darstellten. Die Pflanze selbst war ein Sinnbild für den Krieger der Finsternis, auf den sie gezeichnet war. Und die Auswüchse daran stellten ein genommenes Leben dar. Einen getöteten Menschen! Ein jeder im dunklen Orden erhielt dieses Mahnmal für die eigene Vergänglichkeit. Wer nicht stiehlt, der wird im Winde verwehen. Es war kein Zauber oder etwas in der Richtung. Es war nur eine Warnung! Und auch wenn Madlen nicht mehr Angehörige dieser Sekte war, so schien es eine Art Zwang zu sein, den Körperschmuck weiter fort zu führen.

    Seufzend war die junge Frau aus dem Bett gestiegen und wusch sich gründlich mit dem zur Verfügung gestellten Wasser. Sie war im Begriff auf eine lange Reise zu gehen. Und wer weiß wann sie wieder zurückkommen würde. Zumindest am Anfang wollte sie gepflegt sein. Nachdem sie also mit ihrer Hygiene fertig war und ihre gesamte Rüstung angezogen hatte, verließ sie die Taverne und machte ihr Pferd bereit. Das Tier war nicht soweit, um geritten zu werden, aber sie konnte es zumindest als Transportmittel für Gebrauchsgegenstände benutzen. Vom Wirt hatte sie noch erfahren, dass es scheinbar einen Sattler in dieser Ansiedlung gab, welcher zuvor für die wenigen Pferde in Setarrif zuständig gewesen war. Diesen hatte Madlen aufgesucht. Allerdings ohne Ross, denn sie wollte den alten Mann nicht verwirren. Nach einigem guten Zureden und Wortspielen, stimmte er schließlich zu, ihr spezielle Taschen für die Reise zu verkaufen. Daran konnte sie alles festmachen beziehungsweise unterbringen, was sie benötigte.
    Auch diese Aufgabe war schnell erledigt und so war sie am späten Nachmittag bereit für ihre Abreise und einen Schritt in das Ungewisse. Sie würde an einen Ort zurückkehren, der ihr nur schlechtes gebracht hatte und doch so etwas wie ihre Heimat war. Die Dunkelheit würde wieder schwarz um sie werden, von innen heraus wachsen. Sie verließ die Welt der Lebenden und kehrte zurück in die Zwischenwelt. Weder tot noch voller Kraft. Madlen wusste nicht, ob sie es ein weiteres Mal schaffen würde, aus dem Nichts wieder zu kommen, aber sie war sich sicher, dass sie immer auf eine Person würde bauen können. Egal wo sie war, dieser eine Mensch konnte sie überall finden.

    Und mit diesen Gedanken im Kopf hatte die Bardin die Ansiedlung in Richtung Setarrif verlassen. Ob es eine Reise ohne oder mit Rückkehr sein würde…nun, das zeigte sich noch früh genug. Die Finsternis würde ihr wie immer folgen. Und so oft hatte Madlen dennoch darüber triumphiert. Ihre weißen Haare, Dead Priest, der dunkle Orden und all die Monster der Nacht konnte ihr nichts anhaben. Aber eins war der jungen Frau nicht klar dabei: Warum?

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Berash ist offline
    "Endlich..." murmelte Berash leise, während er sich kurz auf seinem Stock abstützte, um sich auszuruhen und zu Atem zu kommen. Er und sein Begleiter Wombel hatten endlich die Silberseeburg erreicht. Naja, fast. Sie war in Sichtweite und in einer guten halben Stunde würden die beiden sie erreicht haben. Und dann könnte Berash sich erstmal gemütlich ausruhen. Es schlauchte ganz schön, wenn man sich wie ein Krüppel mit einem Stock fortbewegen musste. Wombel, seines Zeichens ein Magier Adanos, hatte zwar mehrmals seine Hilfe angeboten, doch der frühere Assassine hatte diese immer rigoros abgelehnt. Berash mochte es nicht, von anderen abhängig zu sein. In den meisten Fällen erwarteten dann die Menschen irgendeine Gegenleistung. Und der Krieger war nie gern jemandem etwas Schuldig.

    Eines war Berash schnell aufgefallen, je näher sie der Burg kamen: Es mehrten sich die Leichen von diesen Echsenmenschen. Hier musste ein ziemlich heftiger Kampf getobt haben, so viele, wie es waren. Vereinzelt fanden sich auch die Leichen von Soldaten und anderen Männern und Frauen unter Ethorns Flagge darunter. Diese jedoch wirkten, als wären sie vergessen worden. Für einen Laien konnte es so wirken, als hätten diese Krieger einen großartigen Sieg gegen die Echsenmenschen errungen, doch der frühere Emir vermutete anderes. Nämlich, dass die meisten Leichen bereits geborgen und vergraben worden waren.

    Je mehr Leichen die beiden aber sahen, desto schweigsamer schien Wombel zu werden. Dies überraschte den Krieger doch etwas, hatte er den Magier doch eher für eine fröhlichere Natur gehalten. Doch die ganzen Toten schienen Wombel auf das Gemüt zu drücken. Berash tat die Leichen mit einem Achselzucken ab. Er hatte als Assassine so oft getötet, hatte einfach zu oft den Anblick von Leichen erlebt, als das es ihm noch etwas ausmachte. Aber das war früher gewesen. Heute war er nur noch ein Mann, der keine Heimat hatte. Aber wenigstens hatte er eine Aufgabe, die ihn beschäftigte...
    "Na dann wollen wir mal. Mein Fuß wird vom herum stehen hier auch nicht Gesund." Murrte Berash, um sich aus seinem Gedankengang loszureißen. An früher zu denken war nie gut...

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    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Redsonja war ganz ausser Atem. Sie hatte in Windeseile ihre Sachen zusammengepackt und eilte nun Madlen hinterher.

    "Warte."


    Rief sie dann.

    "Dieses Mal komme ich mit."

  7. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #267 Zitieren
    Knetmaster  Avatar von Wombel
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Wombel ist offline
    Wortlos, in sich gekehrt und angewidert stapfte der Holzfäller tumb vor sich hin.
    Eigentlich hatte er zunächst den Fußmarsch der Teleportation vorgezogen, aber je länger er und sein Begleiter - er hatte sich als Berash vorgestellt - an den Kadavern vorbeigingen, desto mehr bereute er es, nicht die einfachere Option gewählt zu haben. Leid und Tod, Tod und Leid.
    Würde es jemals enden? Für sich selbst genommen war es mehr als genug gewesen. Schmerzlich zogen die grauenhaften Bilder an seinem Auge vorbei. Tharina. Die Kinder. So viel Leid und Tod...
    Berash unterdessen schien unverändert seiner Wege zu humpeln, das Naturell seiner augenscheinlichen Gleichgültigkeit schien nicht gestört zu sein. Zumindest zeigte er keine nennenswerte Regung beim Anblick des Schlachtfeldes. Dieser Umstand, die Tatsache, dass Berash seine Herkunft nicht bekannt geben wollte und weitere Hinweise ließen den Holzfäller zum Schluss kommen, dass dieser Mann augenscheinlich ein Assassine war oder noch immer ist. Wombel war lange genug in den hintersten Ecken in Varant herumgestolpert, die Sache war für den Zimmermann nun relativ klar.

    Unklar war jedoch weiterhin, was der Verletzte in der Silberseeburg suchen wollte. Schutz und Heilung? Oder gab es noch einen Hintergrund?
    Einerlei. Der Mann war verletzt und seine Wunden mussten versorgt werden, und dies rasch.
    Nur war es einerseits um Wombels Heilkräfte ohnehin nicht sonderlich gut bestellt. Lediglich leichte Verbände, in kondensiertem Wasser gereinigt hatte er dem Mann anbieten können. Andererseits kam Wombel gar nicht dazu an dem Mann als Heiler herumzupfuschen. Berash lehnte jegliche Hilfe kategorisch ab.

    Auf einer kleinen Anhöhe, die Silberseeburg im Horizont hielten die beiden kurz inne, ein umgetürzter Baum diente notdürftig als Sitzgelegenheit. Berash hielt sich erstaunlich tapfer auf den Beinen, die Blutungen waren durch die Humpelei nicht wirklich zum Stocken gekommen. Trotz der Unversehrtheit Wombels war der Marsch auch für ihn anstrengend. Wombel schloss die Augen, konzentrierte sich und wusch sich mit einem Kondenswasserzauber das Gesicht und die Arme gründlich ab. Das kühle Wasser erfrischte ihn angenehm.
    An Berash gewandt stellte er zuversichtlich fest:
    "Es ist nicht mehr weit, wir werden wohl bis zum Nachmittag das Ziel erreicht haben. Das Gröbste haben wir hinter uns..."
    Doch immer noch leicht besorgt sah er auf Berashs Wunden.
    "... wird es denn gehen, oder sollen wir noch etwas länger rasten?"

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    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    »Alkohol ist ein böser Geist«
    - »Ernsthaft, Kagen, wo hast du das her? Aus dem Buch der platten Sprüche über Alkoholmissbrauch? Hast du noch eines über Bauernweisheiten? Adanos, kein Wunder, dass die Leute hier dich am liebsten in einen Sack stecken und ertränken würden«, antwortete Isengrim in einem Ton, dem jegliche Freundlichkeit fehlte. Nein, er war sogar ganz und gar feindselig. Der Quacksalber hatte sich in der letzten Zeit als schwer erträglicher Sonderling bewiesen, als jemand, der seinen Ruf verdient hatte. Was der Alchemist, der grundsätzlich nicht wirklich einer war, für gutmütige Hinweise und Ratschläge hielt, war an sich nicht mehr als Arroganz und Überheblichkeit. Ein etepeteter Ton, in dem die Fehler der Mitmenschen aufgezählt werden und die eigene Person als Ausbund aller guten Eigenschaften dargestellt wird. Ein Charakterzug, den Isengrim zutiefst verachtete. Einer seiner Brüder war so. Ein Feuermagier, sehr zur Freude des Familienoberhauptes. Zuletzt hatte der Nordling gehört, dass sein Bruder als Kampfmagier für irgendwelche Expeditionsstreitkräfte der Myrtaner diente. Irgendwo am Arsch der Welt. Um das Licht in die Dunkelheit zu tragen. Den Wilden Regeln zu bringen. Zivilisation. Ketten. Schwere Ketten.

    »Das ist ja wohl ...«, begehrte der Quacksalber auf. »Unter diesen Umständen kann ich die Ausbildung ...«
    Isengrim sprang auf, funkelte den Mann an. »Beenden, ja. Komplett abschreiben. Ausbildung? Von dir? Einem Quacksalber? Einem Scharlatan? Einem arroganten Fatzke, der herumläuft, Leute belehrt und den Oberlehrer gibt? Ich hoffe, dass irgendwann jemand nicht einfach mit Ignoranz antwortet, sondern mit dem Dolch. Spitze voran. Ich bin weg, Idiot.«
    Und so war die begonnene Ausbildung beendet.

    Scheiße. Alles Scheiße hier. Verfluchter Silbersee, verfluchte Burg, verfluchtes Dorf, verfluchte Taverne. Der Abend war ein Desaster gewesen. Isengrim mied Alkohol in der Regel, gerade zu viel Alkohol. Aber da hatte er es übertrieben. Dann noch die Gesellschaft durch diesen Landstreicher, den der Wirt Edon genannt hatte! Blöder Penner, der ihn verarscht hatte. Met mit Pissgeschmack. Oder Pisse mit Metgeschmack. Er wusste es nicht mehr. Er hatte sich die Seele aus dem Leib gekotzt und gedroht und gegeifert. Letzten Endes hatte man ihn vor die Tür bugsiert, in den Schlamm gesetzt und ihm geraten, den Rausch auszuschlafen. Seitdem hatte er die Sturzkampfmöve nicht mehr besucht. Warum auch?

    Er hatte nun ein anderes, direkteres Ziel. Die Magier in der Burg. Denn Isengrim war bewusst, dass das Leben in dieser Schlammpfütze von einem Dorf nichts brachte. Er musste mehr erreichen, Größeres.

    »Und wenn ich vor den Toren der Burg lagere wie ein verdammter Bettler, dann ist das so. Aber nicht mehr hier, nicht in diesem Dorf. Ich hasse es. Und ich hasse die Leute hier.«

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    Ritter Avatar von Adson Muller
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    Adson Muller ist offline
    Ein Schatten huschte am Ufer des Silbersees entlang und verschwand in Richtung des Wasserlaufes, der vom Gebirge herunter kam. Die weite Kapuze verbarg das narbige Gesicht des Kämpfers, der sich noch dreimal umschaute und dann in der kleinen Höhle verschwand, die sich zwischen den Felsbrocken auftat. Er verbarg sich im Schatten und lauschte. Das Plätschern und Gurgeln des Wassers umspielte sein Ohr und der Wind hauchte mal leiser und mal lauter über das stille Szenario. Adson löste sich aus seiner Beobachtungsposition und drängte sich durch den schmalen Spalt, am Ende der Höhle, um in seinen eigentlichen Unterschlupf zu kommen. Er brauchte nicht lang. Mit flinken Fingern wühlte er in einer schattigen Ecke im Dreck und brachte schließlich ein kleines Kästchen hervor. Er schaute hinein und betrachtete den Inhalt. Es war eine Kette. Doch nicht Perlen schmückten das Band, sondern scharfen Zähne von Wölfen und Snappern. Er hatte diese Trophäen gesammelt und behalten, doch nun würde er sie vielleicht bald brauchen können. Er kleppte das Kästchen zu und ließ es seiner Tasche verschwinden, dann verließ er die Höhle und schritt zurück zur Ansiedlung an der Burg.

    Die Jäger unterbrachen ihre Gespräche, als Adson bei ihnen ans Feuer trat und wortlos nach seinen Sachen griff. "Du gehst wirklich? Und wenn die Echsen kommen?", fragte der Alte, den sie oft den Grauen Wolf nannten. "Sterben kann man überall.", meinte Adson und wandte sich zum Gehen. "Lebt wohl." "Störrischer Narr.", brummte der Alte und brummelte ein paar Verwünschungen in seinen zotteligen Bart. Doch Adson hörte sie nicht. Er schritt zügig zur Brücke, an den Wächtern vorbei und verschwand ohne ein Wort des Abschieds nach Süden. Er wollte nicht mehr warten.

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Berash ist offline
    Berash hatte nur irgendetwas vor sich hin geknurrt, war dann aufgestanden und einfach kommentarlos weiter Richtung Burg getrottet. Der Schmerz in seinem Fuß wäre auch mit einer längeren Pause nicht besser geworden. Und so kurz vor dem Ziel war er nicht mehr bereit gewesen, noch länger zu zögern. Welchen Sinn hätte es da noch gemacht, ein paar Minuten länger zu verharren, wenn die Heilung seines Fußes in greifbarer Nähe war? Und wenn nicht das, dann vielleicht einfach nur ein bisschen Ruhe...
    Es hatte den Krieger, als er drüber nachdachte, etwas gewundert, dass sein Begleiter ihm nicht angeboten hatte, die Verletzung zu heilen. Aber anscheinend war nicht jeder Priester Adanos ein Heiler, wovon der einstige Assassine ausgegangen war. Doch offensichtlich hatte er sich geirrt. Entweder das, oder Wombel hielt es nicht für nötig, sich darum zu kümmern. Aber das hatte Berash bezweifelt, denn so, wie er auf das umliegende Leid reagiert hatte... Er vermutete, dass Wombel eine sanftmütige Seele war und der Heilung nicht fähig. Nun, man musste mit dem arbeiten, was die Götter einem boten, oder?

    Doch nun waren sie endlich an der Burg angekommen. Doch einfach betreten würden die beiden sie sicher nicht, so wie die Wachen aussahen. Berash seufzte verstohlen und dachte wehmütig an seine frühere Gabe. Könnte er doch nur die Schatten noch seinem Willen unterwerfen, dann hätte er sich einfach irgendwie an den Wachen vorbei geschlichen. Doch so? Trotz schmerzen gab sich Berash größte Mühe, ein freundliches Gesicht aufzusetzen, während die Wachen misstrauisch in ihre Richtung blickten. "Beliars Gekröse, als wenn wir so gefährlich aussehen würden..." stieß er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, gleichzeitig wahrte er die freundliche Miene und humpelte näher. Die Wachen waren gerüstet in einfachen Stahl, trugen die Farben Ethorns und hatten die Hand an ihre Schwerter gelegt, als Berash und Wombel zu ihnen traten.
    "Halt!" Eine der Wachen trat ihnen in den Weg. "Wer seid ihr und was wollt ihr?" fragte sie misstrauisch.

    Stumm schickte der frühere Emir ein Stoßgebett gen Götter. Konnten die beiden nicht sehen, dass er verletzt war? War das jetzt wirklich deren Ernst? Er hatte Mühe, nicht die Augen zu verdrehen. "Grüße. Ich bin Berash, mein Begleiter Wombel. Und wie man Vielleicht erkennen kann, benötige ich die Dienste eines Heilers. Oder zumindest eines fähigen Menschen, der mir nicht gleich den Fuß abnehmen will." Die kleine Spitze konnte sich der Krieger nicht verkneifen. "Es gab da eine kleine Unstimmigkeit zwischen mir und einem Echsenmenschen. Er wollte mich fressen, ich war dem etwas abgeneigt. Also hättet ihr zwei edlen Recken vielleicht die Güte, mich und meinen Begleiter hinein zu lassen? Das wäre ausgesprochen famos..."

  11. Beiträge anzeigen #271 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Sarpedon
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    Sarpedon ist offline
    Sarpedon zapfte Bier, brachte Eintöpfe und sprach mit dem einen oder anderen Gast ein wenig. Er war geselliger geworden als früher. Die Jahre in der Taverne hatten den Ganoven dazu gemacht. Sarpedon der Wirt. Er grinste vor sich hin und wurde von Jahr zu Jahr seiner Rolle gerechter. Er brummte vor sich hin und klopfte blöde Sprüche, wenn sie von ihm erwartet wurden. Nur seine Statur entsprach noch nicht der eines Wirts. Aber die Sturzkampfmöwe war auch nicht irgendeine Taverne. Nein für Sarpedon war sie viel mehr. Wo sonst konnte man bei Kneipenschlägereien durchs Wirtshausfenster in den See fliegen?

    "Was grinst du wieder Wirt?"

    Fragte einer seiner Gäste. Ein Nordmarer, er musste die Brummigkeit nicht vorspielen.

    "Ich erfreue mich bloss des Lebens bei so trinkfreudigen Gästen wie dir."

    Entgegnete er und stellte dem Gast noch ein Bier hin.

  12. Beiträge anzeigen #272 Zitieren
    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    Isengrim spuckte auf den mit Stroh bedeckten Boden aus und funkelte den Wirt Sarpedon finster an.

    »Wunderbar, Wirt, dass du dich freust«, antwortete er säuerlich, »Ehrlich. Ich stand im Regen vorm Tor der Burg, abgewiesen von Klingen, die der Meinung sind, alle Nordmänner, die nicht schon seit Setarrif bei ihnen sind, seien verdammte Speichellecker Rhobars. Einen Moment war ich davor, ihnen zu sagen, dass sie mit der Einstellung gerne ihren vollkommen aussichtslosen Kampf gegen ebenjenen übermächtigen Rhobar führen können. Am Ende eine Handvoll Getreuer, die einem König in den Tod folgen.«

    Weitere Worte ertränkte Isengrim in Bier. Manch böser Blick fiel auf ihn ob dieser Worte. Es erhob sich jedoch niemand. Vielleicht hatte er Recht, einen wunden Punkt getroffen. Das Bier lockerte seine Zunge erheblich. Obwohl er sich selbst eigentlich gesagt hatte, in solcher Umgebung nichts mehr trinken zu wollen ...

    »Ich will doch nur was erreichen, verflucht!«, zischte der Nordling ins Bier, »Irgendwas. Aus den Fußstapfen des verhassten Vaters und der noch verhassteren Brüder treten. Etwas wahrhaft Großes vollbringen ... Sag mir, Sarpedon, sind Wunschdenker und Träumer wie ich stets zum Scheitern verurteilt?«

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    Provinzheld Avatar von Die Klingen
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    Die Klingen ist offline
    Jarrick und seine Begleiter verbeugten sich ehrfürchtig vor dem König der Südlichen Inseln. Er zog eine Pergamentrolle hervor, die er dem König reichte, nur schwer konnte er sich ein triumphierendes Grinsen verkneifen. In diesen Zeiten hatten die wenigsten Boten ein wirklich erfreuliches Leben, von einem Ort zum nächsten gehetzt, um an A und B Menschen mit schlechten Nachrichten zu bedenken. Doch dieses mal, nur dieses Mal, hatte er endlich eine hervorragende Nachricht, die er König Ethorn VI. präsentieren konnte.
    "Unser Treffen mit Renwick verlief sehr einträglich. Der Rückhalt, den die Myrtaner in der Zivilbevölkerung genießen, nimmt weiter ab und der Baron baut auf den Rückhalt seiner Truppen. Die Stewarker werden keinen offenen Aufstand gegen die Paladine wagen. Wir können vielleicht nicht davon ausgehen, dass sich Renwicks Leute auf einen offenen Kampf mit den Myrtanern in den eigenen Stadtmauern einlassen werden, aber wir haben eine Zusicherung, dass uns die Stewarker Informationen stellen und im Geheimen operieren werden. Sie wollen die Tore für uns öffnen. Wir werden hören, was die Roten in Stewark treiben, was sie vorhaben und wann Truppenbewegungen zwischen Thorniara und der Baronie geplant sind."
    Ethorn musterte seine Gesandten mit diesem Blick, von dem Jarrick glaubte, dass keiner wusste, was das bedeutete, der nicht mindestens General war. Vielleicht verbarg der König klug hinter seiner Fassade unergründlicher Gesichtszüge ein Lächeln.
    "Können wir Stewark in einem schnellen Sturm nehmen?"
    "Euer Gnaden, vielleicht müssen wir das nicht. Wir treffen uns regelmäßig mit einem Kontaktmann in der Gespaltenen Jungfrau. Wenn wir den richtigen Moment abpassen, in dem die roten Truppen in der Stadt verlegt werden, wenn die Stadt wenigstens für einen Moment ihre Verteidigung vernachlässigt, dann könnten wir sie uns Stadt aneignen, ohne ein Blutbad anrichten zu müssen."

    Der König schwieg und bedachte ihn wieder mit einem dieser scharfen, unergründlichen Blicke ...


    -Turang

  14. Beiträge anzeigen #274 Zitieren
    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    »Was machst du da?«
    - »Ich, äh ...«
    »Mein Freund, ich gebe dir fünf Sekunden. Fünf. Nicht mehr, nicht weniger. Dann trittst du von der Tür weg und rennst verflucht schnell davon. Ich mag zwar nicht wie ein gottverdammter Krieger aussehen, aber verlass dich drauf, dir einen Dolch ins Gekröse zu jagen, das krieg ich hin.«
    - »Ich wollte wirklich nicht ...«
    Isengrim trat vor, baute sich auf. Er war zwar kein Riese und wirkte eher schmal als breit gebaut, doch hatte die Zeit hier am Silbersee schon ihre positiven Spuren hinterlassen. Muskeln bauten sich auf, harte Arbeit machte sich bezahlt. Schwielen bedeckten seine Hände, die Oberarme gewannen an Masse und die Beine schmerzten zwar oft von der Anstrengung des Tragens irgendwelcher Säcke und Bretter, doch sprach das auch für die Grundlage eines festen Standes. Noch einige Zeit und aus dem verhältnismäßig dünnen Isengrim würde eine gedrungene Gestalt werden. Das Einschüchternde war jedoch sein Blick. Der kalte Blick mit dem er den jungen Mann an der Tür maß. Den Mann, der offensichtlich mit einem Dietrich hantierte.
    »Weißt du, mein Freund, wie die Varantiner Diebe und Einbrecher bestrafen? Nun, damals. Als die Assassinen noch herrschten. Hand ab. Bei kleineren Diebstählen vielleicht nur ein, zwei Finger. Die Schwarzen waren durchaus rabiater aber erfolgreicher mit ihren Strafen. Die Roten sind lasch. Schwach. Drohen mit Kerker oder der Lagerarbeit in irgendwelchen Steinbrüchen. Das übersteht man. Aber abgehackte Gliedmaßen? Uh, ganz übel. Was meinst du, was ist in diesem unserem Reiche von und zu Setarrif eher angebracht? Die Art von Varant oder die von Myrtana?« Isengrims Stimme war kühl wie seine Augen.
    »Die ... die Büßerschlucht wohl ...«
    - »Ah, ja«, antwortete Grim und gluckste, »Die Schlucht. Ein Pranger quasi. Aber wenig effektiv. Ja, es regnet, ja, es ist kalt. Na gut, man hat nur einen Eimer und etwas Stroh. Aber verflucht, das ist mehr als manch Bettler hat. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche. Nein, ich finde die Methode Varant sehr verlockend. Aber hey, behalte deine Hände. Mir reicht ein Finger. Der Mittelfinger. Vielleicht auch beide. Präventiv für zukünftige Scherereien. Wirkt deeskalierend, wenn ich sehe, dass der pöbelnde Drecksack vor mir die Mittelfingerkarte nicht ausspielen kann. Weil, nun ja, ohne Finger geht das eben nicht.«
    »Meint Ihr das ... ernst?«, fragte der Bursche vorsichtig und ließ langsam den Dietrich in der Tasche verschwinden. Die Hand ruhte weiterhin darin. Isengrim seufzte.
    »Hand raus. Bitte. Falls da irgendwas Scharfes ist ... lass es drin. Schon mal 'nen Messerkampf gehabt? Ich schon. Vengard. Ganz übel. Ganz, ganz übel. Für mich nicht so sehr wie für den anderen. Ich musste zwar auch genäht werden ... aber meine Narbe an der Seite ist eher ästhetisch. Die von dem anderen Typen ... ouh, ich hab ihm ziemlich was eingebrockt. Messerkämpfe sind brutal, schonungslos. Dreckig. Ehrlich gesagt, Junge, muss ich mir beim Gedanken an eine fiese Stecherei fast in die Hose pissen. Also bitte, um dich und meine Hose zu schonen: Lass es.«
    Die Hand kam wieder hervor. Grim lächelte milde, breitete sogar die Arme aus.
    »Wunderbar, mein Guter. Jetzt sei höflich und stell dich vor.«
    - »Tetzel«
    »Tetzel. Klingt myrtanisch. Wobei, wie klingt myrtanisch? Na, egal. Ich bin Isengrim. Nun sag, Tetzel, warum willst du in meine Hütte?«
    - »Ich dachte ...«
    Isengrim lachte. Sein Gesicht schien Freude auszudrücken. Bis auf die Augen. Stahlgrau und kalt. »Achso. Du dachtest. Das war schon mal der erste Fehler. Tetzel, gib es doch zu, du wolltest da einsteigen. Klauen. Plündern. Rauben. Vielleicht brandschatzen. Deine Börse mit dem bisschen Scheiß, den ich besitze, aufwerten. Ha, als würde ein abgemagerter Kojote den anderen abgemagerten Kojoten fressen um satt zu werden. Ich besitze fast nichts, Tetzel. Und das ist bekannt. Also, was wolltest du?«
    Der Bursche seufzte, wischte sich übers schweißnasse, verdreckte Gesicht. »Ein, äh, Edelmann hat mich beauftragt, Chaos bei dir zu stiften. Er meinte, dass ich dafür fünf Wochen Freibier bei Sarpedon bekäme. War mir etwas suspekt das Ganze. Er sagte, du hättest es verdient. Seist ein arroganter Arsch, ein dreckiger Sympathisant der Myrtaner. Und würdest den Köchinnen hier an den Feuern gerne absichtlich in die Suppe rotzen.«
    Der Nordling schüttelte langsam den Koch. »Oh, dieser kleine, verfluchte Lump. Ich denke, dieses Mal werde ich ihn mir selber zur Brust nehmen. Der Einlauf, den die Wache ihm gab, nützte wohl nicht. Hör mal, Tetzel, ich stech dir nicht den Dolch in die Niere, dafür hilfst du mir aber, mich zu revanchieren. Halten wir zusammen. Denn wenn ich dich so sehe, sehe ich mich vor einigen Jahren. Jung, hungrig, abgehalftert, 'ne Spur verzweifelt. Hilf mir und ich helf dir. In Ordnung?«
    Der Bursche lächelte. Hatte er eben noch älter gewirkt, machte das ehrliche Lachen ihn um fast zehn Jahre jünger. Nicht älter als fünfzehn war dieser Tetzel.
    »Na los, ich lad dich ein. Essen, etwas Bier. Dann legen wir los.«

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    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    Tetzel fraß wie ein Schwein, was Menge und Manieren anging. Isengrim lächelte schmal. Seine Mutter hatte ihn zu vorbildlichem Verhalten erzogen. Wenn möglich Messer und Gabel nutzen, nicht in der Nase bohren beim Essen und ebenso wenig den Mund am Ärmel abwischen. Tetzels Mutter hatte in dem Bereich wohl auf ganzer Linie versagt. Der Bursche schlang und würgte große Fleischstücke hinab, lobte in einem weg den Wirt und seine Köche und teilte sich geradezu knauserig das Bier ein, welches wahrscheinlich schon abgestanden schmecken musste. Der Nordling räusperte sich. Tetzel blickte auf, ein großes Stück Huhn im Mund.
    »Waff?«, fragte er und verteilte dabei Fleisch auf Isengrims Gesicht und Kleidung. Die war zwar nicht sonderlich hochwertig ... aber es ging ums Prinzip.
    »Schluck runter. Danach war's das mit dem Essen. Und - bei allen Göttern - wisch dir's Maul ab. Das ist hier kein Schweinestall sondern ein wertgeschätztes Etablissement.«
    Glatt gelogen. Sarpedons Taverne war die einzige Kneipe abgesehen von der in Thorniara, in Stewark und der von der alten Murdra. Wahrscheinlich war sie am Ende der Schlange anzusiedeln. Aber nun, in der Not frisst Beliar eben auch bei Sarpedon.
    »Etabliffwaff?«, wieder ein Fleischregen. Bestimmt lange Grim übern Tisch, packte den Teller und zog ihn zu sich heran.
    »Krieg ich noch ein Bisschen Hähnchen ins Gesicht, Tetzel, verpasse ich dir eine. Keine Drohung, ein Versprechen. Kapiert?« Der Ton war kalt.
    Tetzel schluckte herunter. Blass, etwas erschrocken. »Ja«, stieß er hervor. »Entschuldigt, Isengrim.«, schloss er reumütig. Der Nordling seufzte.
    »Alles gut. Nun, Bursche, schieß los. Was weißt du über diesen Adeligen?«
    Der Bursche räusperte sich. »Er heißt Sutra. War in Setarrif, vor dem Fall, eine mittelgroße Nummer. Ein Kämpfer der Akademie in seiner Jugend, sogar ein relativ passabler. Als man ihn jedoch vor die Wahl stellte, sein Haus und seinen Reichtum zu behalten ... oder sich völlig der Akademie und damit über kurz oder lang dem Reich zu verpflichten, na, da wählte er das weitaus sorgenfreiere Leben. Seitdem ist der bewaffnete Arm des Reiches nicht unbedingt von ihm begeistert. Gerade als die Stadt fiel und man sich hier breit machte, soll er ein ziemlich großer Arsch geworden sein. Größer noch als vorher. Arme schikanieren, obwohl er selber arm war. Bedrohen, klauen. Ein astreiner Verbrecher, der Kerl. Hatte sogar bei ein paar Leuten Einfluss. Nun, bis zu dem denkwürdigen Tag, da Ihr auf ihn getroffen seid und die Wache ihm mächtig ins Werk pfuschte. Na, seitdem hasst er Euch ordentlich. Hat mich beim Betteln gesehen, wollte ihn in ein Gespräch verwickeln und das dürre Säckel vom Gürtel schneiden, aber er bemerkte das. Er versprach mir, mich nicht zu verpfeifen und Bier und Essen in der Möwe, dafür, dass ich Euch in Schwierigkeiten bringe. Sutra wollte, dass ich das hier bei Euch hinterlege.« Bevor Tetzel zeigte, was er hinterlegen sollte, nahm er einen Schluck Bier. Dann griff er in die Tasche des dünnen Mantels und holte etwas hervor.
    »Was«, zischte Grim finster, »bei allen Dämonen ist das?!«
    Tetzel schluckte. »Nun, äh«, fing er an, »angeblich ein Medaillon Beliars. Sein Zeichen. Aus Varant, hat über etliche Schwarzmarktrouten seinen Weg hier her gefunden. Ich sollte es bei Euch deponieren, damit er die Wache verständigen könne. So würde sein Name rein gewaschen, weil er einen Beliarkultisten aufgespürt hätte. Man hätte Euch wohl hingerichtet. Die Setarrifer waren zwar zeitweise mit derlei Schwarzmagiern in guter Verbindung, doch nach dem Fall der Stadt, dem Drachen und alles, diesen finsteren Werken Beliars, da bringt man ihnen wenig Zuneigung entgegen. Darüber hinaus ... öffentliche Hinrichtungen lenken gut und gerne von anderen Problemen ab.«
    Grim sprang auf, lief zur Theke und nahm sich dort einen Lappen, schlug das Amulett darin ein.
    »Davon«, flüsterte er eindringlich, »erzähl nichts. Niemandem. Weder der Wache noch den Magiern noch wem anders. Vielleicht können wir Sutra mit seinen eigenen Waffen schaden. Es ist jedenfalls gut zu wissen, dass der Mann wohl für die Bloßstellung mein Ableben wünscht. Das erweitert meine Möglichkeiten enorm.«
    Ein wölfisches Grinsen blitzte über seine Züge. Dann nickte er dem Burschen anerkennend zu.
    »Nicht schlecht, Tetzel. Scheinst ein aufmerksamer Junge zu sein, gar nicht dumm. Hilf mir und ich helfe dir. Wir revanchieren uns bei Sutra und sehen dann weiter.«
    Tetzel blinzelte verwirrt. »Revanchieren? Ich?«
    Der Nordling lächelte nun wieder kalt. »Ist doch klar, Bursche«, sprach er gleichmütig, »nach meinem Tod wäre deiner gefolgt. Du bist ein Mitwisser, eine potenzielle Gefahr für ihn.«
    Und für mich, verflucht, ich muss mir überlegen, was ich mit ihm mache, wenn ich meine Rache bekommen habe.

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    Schwertmeister Avatar von Sarpedon
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    Sarpedon ist offline
    Sarpedon hatte noch lange über die Worte des Fremden nachgedacht. Er hätte ihm in jenem Moment am liebsten entgegengespuckt. "Ja, sie sind zum Scheitern verurteilt." Dennoch hatte er es nicht gemacht, sondern ihm stattdessen nur ein Bier hingestellt. Warum? Immer wieder sagte er sich, dass es egal war warum, doch irgendwie liess ihn der Mann nicht los. So beobachtete er ihn auch jedes Mal wieder, wenn er in der Taverne auftauchte, doch sprach er nicht. Hin und wieder wurde er nur wieder dabei ertappt, dass er starrte. Er wunderte sich, ob der Fremde vielleicht ein guter Mitarbeiter in seiner Taverne wäre. Aber bisher hatte sich die Gelegenheit nicht ergeben nachzufragen.

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    Ritter Avatar von Das Waldvolk
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Das Waldvolk ist offline
    "Der Minecrawler...", murmelte der pockennarbige Mann zu sich selbst, als er die Schnitzerei in seiner Handfläche betrachtee. Es war ein hölzernes Amulett auf dem die Kontur eines Minecrawlerkopfs grob eingeschnitzt worden war. Nichts Auffälliges. Jeder Dahergelaufene mit einem guten Messer konnte sowas reinschnitzen. Der Unterschied aber war, dass dieses Zeichen nicht einmalig war. Sein gegenüber hatte selbiges und trug es am Hals. Er hatte dem Pockennarbigen das in seiner Hand übergeben. Ebenso selbe Schnitzerei an die zwei Gefährten des Pockennarbigen. Mehr musste erst einmal nicht gesagt werden.
    Für die drei Männer sollte es nun beginnen. Sie hatten sich entschieden, dass es zum Leben mehr brauchte als durch Wälder zu streifen. Ihnen fehlte Führung und Momente wo auch sie, die nie was hatten, mehr besaßen als das was sie an sich trugen. Sie brachen mit dem Leben als Waldvölkler, würden aber dies niemanden offenbaren. Es war ihre Tarnung und womöglich gerade deswegen für ihre neuen Freunde interessant.
    "Bringt mir Drei am vereinbarten Ort. Das soll eure Eintrittskarte sein.", sprach ihr Auftraggeber und stülpte die Kapuze wieder über den Kopf. Der Pockennarbige - Lod sein Name - mochte den Ergrauten irgendwie. Seine Hände und Körperhaltung sprachen davon, dass er lange Zeit in Minen geschuftet hatte. Seine Stimme klang fordernd, aber fair. Dann verschwand die Gestalt in Richtung Süden, während die drei Männer abseits des Flüchtlingsdorfes noch da standen und überlegten, wie sie vorgehen sollten.
    "Ziras schaut sich morgen mal um. Tret als Barbier auf, zieh ein paar faule Zähne...meinetwegen auch Gesunde, wenn es was bringt. Das zieht auch unsere Ziele an.", meinte Lod zum Ältesten der Drei. Ein Kräuterkundiger und Barbier war Ziras. Seine Haut und Blick sahen nicht gut aus, weil er zu viel seiner Kräuter selbst probierte, um sich ab und an mal in einen Rausch zu versetzen. Sein Handwerk verstand er aber.

    "Ich werde alles im Auge behalten. Elmon kümmert sich darum, dass der Transport schnell passiert. Am besten über den See. Also brauchen wir ein Boot oder Floss. Schau dich um und organisier etwas. - Ohne Aufsehen zu erregen. Verstanden!?", fragte der Anführer und blickte den Jüngsten an. Elmon sah so harmlos aus, dabei war er ein Bastard sondergleichen. Er scheute nicht davor selbst bei den Schwächsten miese Tricks und Gewalt anzuwenden und gehörte zu der Sorte die als kleiner Junge Insekten die Beine ausrissen und einem Huhn zum Spaß den Hals umdrehte. Klang böse - war auch so. Aber unter Lod benahm er sich, seitdem Lod den Burschen windelweich geprügelt hatte, weil er beinahe einmal ihren Jagdkommandoführer vergiftet hätte. Lod verhinderte es, weil er den Burschen und den Anführer damals mochte. Als er dann gefragt wurde, wieso er Elmon verhauen hätte, sagte er nur, dass Elmon einmal seine Schwester gevögelt hätte und sie dann verlassen hatte. Wurde so geglaubt und Elmon verstand erst danach, was Lod für ihn getan hatte. Das Waldvolk war zwar recht lose organisiert und schien lockere Regeln zu haben, aber Verrat und Mord unter seinesgleichen wurde unerbittert durch Jagdkommandos verfolgt und gerächt.


    ornlu
    Geändert von Das Waldvolk (07.04.2017 um 00:47 Uhr)

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    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    Sutra, der Adelige, war fort. Sie hatten ihn eingekerkert. Es war eine relativ rasche Angelegenheit gewesen. Ein erneuter Versuch des Mannes, sich irgendwie aufgrund seiner Abstammung irgendwelche Rechte zu erwirken, ein Streit mit jemandem, der es nicht so sah und in der Hinsicht jedoch deutlich reizbarer als Isengrim vor einiger Zeit war. Sutra stach den Mann nieder, den er provoziert hatte, die Klingen bekamen es mit und machten dem ganzen Problem ein recht schnelles Ende. Sutra bekam Fesseln um die Handgelenke und hockte seitdem in einer Zelle in der Büßerschlucht. Früher hätte sowas für Ungemach, für Protest gesorgt. Heute? Gleichgültigkeit. Ein Maul weniger im Dorf zu stopfen, ein Unruhestifter weniger, der die Moral der Menschen schädigt.Der König würde sich ihm irgendwann annehmen. Isengrim hatte einige Minuten da gestanden und den Gefangenen gemustert, hatte nach irgendwelchen Triumphgefühlen gesucht, sie jedoch nicht gefunden. Tetzel, der Bursche, hatte sich recht bald aus dem Staub gemacht, nachdem er versucht hatte, einem Gast in der Möwe den Beutel zu klauen und der ihn dabei erwischte und schwor, ihm beide Hände abzuhacken. Das Beliarsymbol - fiel Grim später auf - hatte er mitgenommen. Dem Nordling war es einerlei.

    »Ich will'n Bier.«
    - »Und ich ein Schloss und dreizehn Kurtisanen. Kann ich mir aber nicht leisten. Genauso ist es mit dem Bier und dir, Derd. Kein Geld, kein Bier.«
    Isengrim arbeitete nun schon einige Zeit recht erfolgreich bei Sarpedon. Der Wirt war dankbar für die Unterstützung und Grim tat sich recht gut mit der Arbeit. Um einiges angenehmer als löchrige Dächer auszubessern, Holz zu hacken oder sonstige Tagelöhnerarbeiten zu verrichten. Er war im Kontakt mit den Leuten und konnte mit Fug und Recht behaupten, zum Silberseevolk zu gehören. Man schätzte ihn für seinen trockenen Humor, für die Geschichten, die er ab und an erzählte. Oft nordmarische Sagen und Märchen, die gerade bei den Damen aus der Umgebung gut ankamen. Das größte Los waren jedoch die gelegentlich einkehrenden Novizen oder Adepten der Wassermagier, die er wie ein Kleinkind einen Greis ausfragte und mehr und mehr Ideen ersann, selber einer von ihnen zu werden. Mit Adanos' Hilfe mochte das sogar möglich werden. Solch ein Adept als Fürsprecher war sicher schon mal etwas.

    »Ich will'n Bier!«
    - »Das magische Bierfass sagt ... nein. Ansonsten: Frag doch einfach nochmal ...«
    »Krieg ich'n Bier? Weil du trinkst doch selber eins, Teilen ist heilig!«
    - »Nö, Goldmünzen sind heilig. Ich arbeite für's Gesöff, du nicht. Und jetzt zieh ab!«
    Geändert von Isegrim (03.05.2017 um 17:29 Uhr)

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    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    Der Wind wehte, träge Wellen schwappten ans Ufer und der Himmel zeigte ein Flickenkleid von blauem Himmel und grauweißen Wolken, die der Hauch der Götter vor sich her jagte. Der Nordling saß auf einem Felsen, der etwas in den See hinein ragte. Schroff wirkte er, als wäre er vor Äonen gewaltsam von Seinesgleichen getrennt worden, hätte sich aber stoisch entschieden, an Ort und Stelle zu verharren, am Rande des Sees. Adanos' Elemente vereint. Die Hand des Mannes fuhr über den kühlen Stein, erfasste etwas Kies, ließ ihn rieseln. Ein kurzes Nachdenken, dann warf er es in Richtung der Wasseroberfläche. Immer wieder war ihm der Gott des Gleichgewichts, Hüter von Land und Meer in den Sinn gekommen, denn jedes Kind der Welt wusste, dass es zum Wirken von Magie eine Bindung zu den Göttern brauchte. Wer Feuermagier werden will, muss fest an Innos glauben, Wassermagier das Gleichgewicht anbeten und Schwarzmagier sich der Dunkelheit und dem Tod hingeben. Das war hinlänglich bekannt. Doch Isengrim war nie wirklich gläubig gewesen, ganz im Gegenteil. Als Kind, ja. In dem naiven Glauben, dass die Götter ihn erretten würden, aus der Hölle seiner Kindheit befreien würden. Doch nachdem Jahre ins Land gingen, in denen sein Vater und seine Brüder ihn quälten, schlugen und verachteten, kam er zu der Überzeugung, dass es zwar Götter gab (Zeichen und Wunder, die das bewiesen, gab es genug), sie jedoch wichtigere Belange als die Menschen hatten. Diese Ansicht galt es nun vielleicht zu revidieren, sie anders, aus einem besseren Blickwinkel zu beobachten. Isengrim seufzte und blinzelte in die Sonne, die sich kurz durch eine Lücke im löchrigen Wolkenteppich stahl.

    Geduld. Geduld war das Zauberwort. Er kannte es nicht. Hatte sie nie gekannt. Und wenn, dann nur zum eigennützigen Erreichen der persönlichen Ziele. Das ewige Meer, das unsterbliche Land ... seit der Schöpfung da und von keinem Krieg, keiner Plage und (viel wichtiger) keinem Menschen hinweggefegt. Unvergänglich. Stoisch, ja, geduldig. Kaltes Gestein, dass die Nerven beruhigt, dass die aufwallenden Gefühle nur durch seine Berührung kühlt. Das Wasser, das bis über den Horizont hinaus reicht, dass allen Triumph, jede Niederlage, König und Bauer gleichsetzt, unbedeutend macht. Ja, so musste Isengrim werden. Geduldig, unverrückbar. Mit dem, was war, abschließen. Seiner Vergangenheit, den blutigen, unrühmlichen Taten. Die Verletzungen, körperlich wie seelisch, als null und nichtig betrachten. Er dachte an Blutauge, an die Innosler auf dem Festland. Die Macht des Guten, der absoluten Ordnung gegen die des Bösen, des totalen Chaos. Adanos brauchte Diener, die ihm gleich waren, die seine Werte, seine Elemente, seine Philosophie verkörperten, ja, sie lebten.

    Isengrim seufzte erneut, diesmal jedoch wie um sich zu befreien. Er zog seine Kleidung etwas enger, um sich vor dem Wind zu schützen, legte dann die Beine im Schneidersitz übereinander, wie er es einmal bei einem Prediger aus Varant gesehen hatte. Der hatte ihm erklärt, dass diese Position für Ruhe und Ausgeglichenheit stand. Für das Gleichgewicht. Der Nordling atmete tief ein und wieder aus und begann langsam und leise murmelnd zu beten. Ein Gebet, welches er sich vor Jahren gemerkt hatte, gesprochen von einem dünnen, dunklen und fast asketisch wirkenden Priester Adanos' aus der Wüste Varant.

    Aber dort, wo Adanos stand, ward ein Ort, an dem Innos und Beliar keine Macht hatten.
    Und an diesem Ort waren Ordnung und Chaos zugleich.

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    Kämpfer
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    Isegrim ist offline
    »Ich habe dich beten gehört«

    Ein Greis erhob sich von einer Kiste an einer Hüttenwand, als Isengrim daran vorbei schritt. Er hielt an, funkelte ihn fragend und misstrauisch an.

    »Hab gehört, wie du Adanos' angebetet hast. Es klang einstudiert, nicht persönlich. Das finde ich schade. Ist die Zwiesprache mit einem Gott nicht immer etwas, das man als persönlich betrachten soll? Persönlicher noch, als nackt bei einem Weib zu liegen oder einen Mann mit bloßen Händen zu töten? Denn beim Gebet bist du mit Gott ganz und gar alleine. Persönlicher, finde ich, geht es einfach nicht.«

    Der alte Mann war untersetzt, besaß die dunkle Hautfarbe eines Südländers und hatte gut und gerne sechzig Sommer gesehen. Dennoch strahlte er eine Art von Vitalität aus, die Isengrim beeindruckte. Der Blick aus den dunklen Augen, so ruhig und fest, war es wohl auch, was ihn davon abhielt, dem Fremden vor die Füße zu rotzen und weiter zu gehen. Dennoch war Misstrauen Isengrims erster Schritt. Manche Charakterzüge wird man einfach nicht los.

    »Und wer, wenn ich fragen darf«, begann der Nordling betont höflich, »Seid Ihr, alter Mann, dass Ihr mich bei meinen Gebeten belauscht? Ihr sprecht davon, dass das Gebet etwas ist, dass unter eine fast heilige Privatsphäre fällt. Und doch hocktet Ihr in der Nähe und habt die Worte mit angehört. Warum?«

    Der Greis lachte auf, strich sich mit der Hand über den kahlen Schädel und zuckte mit den Schultern. Er grinste entschuldigend. Ein entwaffnendes Lachen. Das bisschen Wut, das in Isengrim kochte, schwand schneller und schneller.

    »Nun, mein junger Freund, ich heiße, hm,
    Cothromachadh. Ein altes Wort aus ... na ja, einer alten Sprache. Nenn' mich meinetwegen Cothro, wenn du möchtest. Ich habe dich schon vor einigen Tagen das erste Mal gesehen und, verzeih' mir, beobachtet. Du wirkst wie jemand, der einen Wandel durchmachen will. Als würdest du eine Möglichkeiten suchen, alten Ballast abzuwerfen. Noch vor kurzer Zeit, da wurdest du von einem jungen Burschen begleitet, hast du noch zornerfüllt gewirkt, als würdest du ein Ventil suchen, durch das du alle Wut ablassen möchtest. Aber ... seit man diesen Mann aus Setarrif sang- und klanglos in den Kerker verfrachtet hat, scheinst du verändert. Offensichtlich gefällt dir das Schicksaldes Mannes nicht, auch wenn du es erwartet hast.«

    Grim mahlte mit den Zähnen, bleckte sie in wölfischer Manier. Die Wut kehrte zurück.

    »Ihr redet viel, Mann. Und maßt Euch einiges an. Seid Ihr ein verdammter Spion oder dergleichen?« Er klopfte auf die Scheide seines Dolchs. »Können wir hier direkt regeln, das Ganze. Nur war's das dann für Euch.«

    Der Alte grinste wieder nur. »Mitnichten, Junge, möchte ich dich zum Feind haben. Nein, ich habe leider einen ziemlich analytischen Charakter, gerade wenn es um Menschen geht, die ... verloren wirken. Ich pflege sie dann, so gruselig es klingt, zu beobachten und zu gegebener Zeit in die richtige Richtung zu lenken, um ihren Weg zu finden.«

    »Ihren Weg, den Ihr ihnen vorgebt? Was für einer seid Ihr, Cothromachadh?«

    Cothro breitete die Arme aus und lachte erfreut auf. »Ein Prediger Adanos', mein ungeduldiger Freund, der doch dem Gott Geduld und Ausgeglichenheit gelobt hat, den er nun angenommen hat. Nein, kein Magier, kein Adept der Magie. Nenn' mich Philosoph, Redenführer und dergleichen. Ich verbreite das Wort des Gottes unter dem gemeinen Volk. Von West nach Ost, Nord nach Süd. Denn selbst in Tagen, da das Banner Innos' über der Welt weht, sehnen sich viele nach Gleichgewicht. Nach der Waage, die Gut und Böse in Einklang hält. Für diese Menschen bin ich da.«

    Mehrere Augenblicke sah Isengrim den Mann an, ehe er die Schultern hob. »Nennt mich Isengrim, wenn's recht ist. Nur Isengrim. Ein Wort aus der Nordsprache. Ihr verbreitet also die Lehren Adanos'? Nun ... ja, wie Ihr sagtet, habe ich ihn als ... meinen Gott angenommen. Nur scheint mir sein Ziel ... so weit entfernt, gerade für mich selbst. Wie soll mich Adanos' annehmen, wenn ich selber so zerrissen bin, so unausgeglichen?«

    Der Greis schaute mitfühlend. Streckte die Hand aus. Grim nahm sie. Er musste schlucken, ein Kloß war in seinem Hals.

    »Das, mein Junge, ist ein Problem, dass sich so einfach lösen lässt wie ein komplizierter Knoten. Wie will man wissen, was das Gleichgewicht ist, wenn man nicht weiß, was Gut und Böse, Licht und Dunkelheit sind? Lass uns spazieren gehen,
    Eisenwolf, und ich erzähle dir ein wenig.«
    Geändert von Isegrim (03.05.2017 um 17:31 Uhr)

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