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    Schwertmeister Avatar von Edon Mesotes
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    Vorland von Thorniara

    Langsam ließen sich die Dächer von Thorniara am Horizont ausmachen. Nach ein paar Wegstunden bis zum Ziel. Varden hatte in der Nacht noch einmal versucht zu entkommen, aber es war zwecklos gewesen. Sorgfältig an einem Baum verschnürt und jedes scharfe Metall weit außer Reichweite. Er hatte feststellen müssen, dass es nicht annähernd so einfach war, seine Fesseln durchzubeißen, wie es in manchen Geschichten klang. Den Rest der Nacht hatte der Brigant einen Knebel im Mund und Edon hatte seine Ruhe gehabt.
    "Scheiß Kopfgeldjäger. Dämliche Möchtegernhelden. Bist doch nur zu dämlich, um mit dem Schwert auf Monsterjagd zu gehen. Dummes Arschloch. Fühlst dich sicher wie der Retter. Einen Banditen in den Bergen hat er erlegt. Die Leute geben da einen Fick drauf. Gibt andere scheiß Wege, Gold zu machen."
    Varden maulte weiter den Großteil des Weges vor sich hin. Edon hatte längst angefangen, das zu ignorieren. Früher hätte er vielleicht Mitleid mit dem Gauner gehabt. Oder weniger Mitleid und viel mehr Sympathie. Der Feind meines Feundes und so weiter. Da hätte er ihn vielleicht nach der Übergabe des Kopfgeldes wieder befreit. Vom Galgen heruntergeschossen oder nachts die Zelle geöffnet. Einfach nur, damit die Myrtaner nicht das bekamen, was sie gerne haben wollten. Vielleicht hätte er Mana überredet, im passenden Moment den Scharfrichter zu befiedern.

    Jetzt stellte er fest, dass es ihm schlicht egal war. Varden war einfach nur ein Dreckskerl, der an einem Galgen genau richtig aufgehoben war. Ob das nun jemanden in der Myrtanischen Garnison glücklich machte - wen scherte das schon? Er bekam neben einem kleinen Säckchen Gold und trieb seinen Plan weiter voran, sich von allen Schuldigkeiten endgültig freizumachen. Dann konnte er tun, was auch immer er wollte ...

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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
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    Olivia warf noch etwas Holz ins Feuer. Redlef hatte es zuvor gesammelt. Er schien darin ein weitaus besseres Geschick zu haben, als sie selbst. Nur zu gut erinnerte sich daran, wie sie bei Ihren letzten Reisen jedes Mal für ihre schlechte Auswahl des zusammengesuchten Holzes getadelt wurde. Trotz des frühen Jahres war es dem Soldaten gelungen trockenes Holz zu finden. Es qualmte nur wenig und ließ wärmende Flammen entstehen.
    Auch wenn der Tag dank einer kräftigen Sonne recht warm gewesen war, merkte sie nun deutlich, wie in der Nacht die Temperaturen empfindlich sanken. Das zerschlissene Kleid, das sie trug, war nicht in der Lage sie zu wärmen. Da halfen die Flammen. Sie zog dennoch die Knie vor die Brust und schlang die Arme darum.
    Ein rascheln im Gebüsch ließ sie aufhorchen. Redlef trat daraus hervor und rückte seinen Gürtel zurecht. Sie sah es nicht ein sich zu bewegen. Nur kurz würdigte sie ihn eines Blickes. Er erwiderte ihn kühl, während er auf der anderen Seite der Flammen stand und auf sie herunter blickte.
    »Schlaft jetzt, wir ziehen morgen zum Tagesanbruch weiter. Ich will mittags Setarrif erreichen und es zum Abend bereits weit hinter mir gelassen haben. Also sammelt Eure Kräfte.«
    Frustriert ließ Olivia den Atem heraus. Sie lagerten in einer kleinen Senke am Wegesrand. Über ihnen erhob sich ein Hang, der teilweise mit Weinreben bewachsen war. Einen Teil ihres Abendessens hatten sie sich von dort geholt. Nur leider keine Trauben, sondern irgendwelche Kräuter, die Redlef als essbar deklariert hatte. Das Mahl, welches er daraus zusammen gebaut hatte, schmeckte scheußlich. Das kleine Stück Hartwurst und eine Scheibe Brot hatten sie am Ende dennoch satt gemacht. Doch an den verordneten Schlaf war nicht zu denken. Zwar konnte sie nach dem langen Kerkeraufenthalt ein harter Boden nicht mehr schrecken, aber die Kälte war weitaus schlimmer als im Verlies.
    Olivia rollte sich nahe der Flammen zusammen. Die Flammen vermochten nur ihre vordere Körperseite zu wären und sie begann zu zittern.
    Olivia starrte stumm in die Flammen. Den verfluchten Innosler würde sie sicherlich nicht um Hilfe bitten. Wobei, er trug dieses weiten Fellmantel. Was hätte sie dafür gegeben…
    Das Knistern der Flammen beruhigte und mit der Zeit wurden ihre Augenlieder schwer. Doch an Schlaf war dennoch nicht zu denken. Die Erschöpfung hatte sie fest im Griff.
    Ein Schatten schob sich vor das Feuer und dann fiel eine Decke über sie. Verwundert griff sie danach und schob den Hasenfellmantel von ihrem Gesicht. Sie blickte auf schlammverschmierte Stiefel. In ihnen steckte Redlef – nun ohne den Mantel. »Schlaf endlich« Er wandte sich wieder ab und setzte sich zurück auf die andere Seite des Feuers. E zog sich die Pferdedecke um die Schultern und blickte seinerseits in die Flammen.
    Schnell breitete sich eine wohlige Wärme unter dem Mantel aus. Olivias verkrampfte Muskeln entspannten sich, sie streckte sich aus und kuschelte sich in das alte, stinkende Fell. »Danke murmelte sie, dann fielen ihr endgültig die Augen zu und sie fiel in ihren ersten Schlaf als freie Frau, seit einer Ewigkeit. Einen Schlaf, denn sie sich in der Gefangenschaft immer anders ausgemalt hatte und schon gar nicht unter freiem Himmel und in Gesellschaft des Mannes, dem sie viel Übel zu verdanken hatte.
    Geändert von Olivia Rabenweil (12.06.2019 um 14:34 Uhr)

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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Olivias Finger griffen fester in das weiche Hasenfell. Sie zog die Decke bis über ihr Ohr, wollte sie doch das Singen der Vögel noch nicht hören und lieber noch weiter schlafen.
    Sie träumte gerade so schon. Vor ihrem inneren Auge sah sie Joe Black, ihren alten Lehrmeister. All der Ärger, den er ihr gemacht hatte und all das Leid, für das er verantwortlich gewesen war, spülten hinfort, als ein breites, herzliches Lächeln über seine Züge zog. Joe war ein Mann gewesen, dem das Lachen stehst leicht fiel. Olivia wusste um seine dunkle Seite, doch diese verblasste, wenn man sich in seiner Nähe aufhielt. Die Krähenfüße in seinen Augenwinkeln waren ihr Zeuge.
    Sie lächelte glücklich und kuschelte sich seufzend unter der Felldecke zusammen, als sie so an ihn dachte. Trotz vom Leben gezeichnet, war Joe ein Mann, den sie gerne angesehen hatte. Seine dunklen Augen, die ja nach Stimmung hell strahlten oder dunkel glommen, wie Kohlen, waren ihr besonders in Erinnerung geblieben. Sie vermisste, neben so vielen anderen, auch ihn. Ob sie ihn je wiedersehen sollte?
    Eingerollt in den Hasenfellmantel, der die Kälte des frühen Morgens von ihr fern hielt, zog sie die kühle Luft in ihre Lungen. Wieder blitzen Bilder von Joe vor ihrem gestiegen Auge auf. Sie konnte ihn sogar riechen. Sein herber Geruch vermischt mit dem Rauch des Sumpfkrautes, welches er in ruhigen Momenten so gern genoss.
    »Joe«, wisperte sie leise und öffnete lächelnd die Augen.
    Das Gesicht, welches sie aber dann erblickte, lies all die glücklichen Gefühle sofort verschwinden.
    Breitbeinig am Feuer sitzend, gegen einen Sattel gelehnt, war dort bloß Cast. Gelangweilt stocherte mit einem Stock in der Glut herum und versuchte die restliche Glut über etwas Reisig zu verteilen. Als Olivia sich auf sie Ellenbogen hievte und versuchte den Schlaf aus ihrem Geist zu schütteln, bemerkte er sie.
    »Ahhh… Endlich wach?« Seine Worte waren undeutlich. In seinem Mundwinkel hing ein kleiner Glimmstängel, zur Hälfte aufgeraucht. »Kommt hoch, dann geht’s gleich weiter.«
    Olivia raufte sich die Haare, reckte sich und blickte sich um. Sie waren immer noch irgendwo am Fuße eines Weinberges. In einiger Entfernung stand das große, schwarz-weiße Pferd. Sein linkes Vorderbein und das rechte Hinterbein waren mit einem kurzen Strick zusammen gebunden. Es graste unbekümmert.
    »Weiter? Was ist mit etwas Frühstück?« Wortlos warf ihr Cast einen Kanten Brot hin. Es landete im Deck vor ihren Knien. Olivia warf ihm böse Blicke zu, griff dann aber schnell das Brot, wischte es ab und riss ein Stück heraus.
    Cast zog ein letztes Mal an seinem Stängel, inhalierte den Rauch und blies eine Wolke dichten weißen Rauches vor sich in die Luft. Er schnipste den Rest des Stängels ins Feuer, erhob sich und verzog sich in Richtung seines Gaules.
    Olivia war das nur Recht. Immer noch behagte es ihr nicht, dass dieser Kerl in ihrer Nähe war. Sie konnte sich einfach einen Reim darauf machen, warum er das für sie tat. Suchte er nur eine Stelle, an der er sie ungesehen umbringen konnte? Doch warum der Aufwand? Schwarzmagier hinzurichten, war doch in Thorniara üblich, wer wollte ihn dafür belangen?
    Sie steckte ein weiteres Stück Brot in ihren Mund. Der Laib musste schon ein paar Tage alt sein, denn so hart und trocken, wie die Stücke waren, brachte sie sie kaum herunter.
    So legte sie das restliche Brot auf einen flachen Stein und befreite sich aus Casts Mantel. Nun, da sie gänzlich wach war, war der angenehme Geruch, der sie an Joe erinnert hatte verschwunden. Der Mantel stank nach ungewaschenem Mann und Pferdeschweiß, in der Luft war der beißende Gestank von billigem Sumpfkraut und das Ganze vermengte sich mit ihrem eigenen Mief.
    Olivia seufzte. Ein Königreich und alle Schätze dieser Erde für ein duftendes Bad im Kastell.

    Cast fing in der Ferne seinen Gaul wieder ein. Olivia beobachtete ihn, als sie sich erhob, den Mantel ausschlug und ihn dann zusammenfaltete. Dann aber zog ein gefalteter Brief ihre Aufmerksamkeit auf sich. Olivia runzelte die Stirn. Sie war sich sicher, dass er eben noch nicht dort gelegen hatte. So zerknautscht und verbogen, wie das Pergament aussah, musste es im dem Mantel gesteckt haben.
    Sie legte das Kleidungsstück zur Seite und griff stattdessen nach dem Schreiben. Es war nicht gesiegelt und so schnell entfaltet. Olivia zog die Zeilen, was sie dort laß, von hoher Stelle gesiegelt, beantwortete ihr so einige Fragen und trieb ihr ein füchsisches Grinsen ins Gesicht.
    Den Brief in der Hand, die Fäuste in die Hüften gestemmt erwartete sie ihren Begleiter schon, als er mit seinem Pferd zurückkehrte.
    »Is‘ irgendetwas witzig?« Seine Worte waren langsam gesprochen. Olivia erkannte, dass das Sumpfkraut bereits seine Wirkung getan hatte.
    Ein fast vergessener Mut sammelte sich in ihrer Brust. »Nein, eigentlich nicht«, antwortete sie immer noch grinsend. Cast zuckte genervt mit den Schultern und griff nach einer Bürste, mit der er das Fell auf dem Pferderücken abstrich. »Nur vielleicht der Umstand, dass der Orden höchst selbst mir einen seiner kleinen, unbedeutenden Waffenknechte zu meinem Schutz zur Seite gestellt hat.«
    Die Bürste fiel Cast aus der Hand. Olivia zog unbekümmert den Befehl hervor und las laut: »Redlef Cast, Waffenknecht… Sollte ich eventuell beleidigt sein, dass der Orden mir nur das niederste Fußvolk zur Seite stellt? Aber vermutlich bist du in deren Augen gerade gut genug für eine Schwarzmagierin, oder?«
    Cast hatte sie inzwischen erreicht. »Gebt das her!« Er strecke seine Hand nach dem Befehl aus und wollte ihn ihr entreißen, doch dieses Mal war Olivia vorbereitet. Der vom Sumpfkraut benebelte Krüppel verfehlte sie. »Das geht Euch nichts an!«, rief er wütend und stolperte an ihr vorbei.
    »Oh doch, Waffenknecht, dieser Befehl geht mich sehr wohl etwas an! Mein Name steht hier drin. Du sollt mich unbeschadet in meine Heimstätte bringen. Un – be – scha – det! Geht das in denen bekifften Schädel?« Olivia wich ihm erneut aus, als er auf sie zukam.
    »Gib das her, oder ich prügele Euch zu Brei…« Cast erwischte ihr Handgelenk und begann daran zu zerren. Seiner Kraft hatte sie immer noch nichts entgegenzusetzten. Er riss sie von den Füßen. Olivia stürzte neben das inzwischen schwach brennende Lagerfeuer. Ihrer Hand wurde das Pergament entwunden. Wütend schrie sie auf. Cast ließ nicht von ihr ab. Er pfefferte den Befehl achtlos hinter sich und griff ihr mit der dadurch frei gewordenen Hand in die Haare. Olivia wehrte sich, ignorierte das Ziehen an ihrer Kopfhaut, konnte sich aber nicht befreien.
    »Ich werde Euch helfen in fremden Sachen zu wühlen.« Sein Knurren war schon wieder viel zu nah. Olivias Hand suchte etwas, mit dem sie sich wehren konnte. In dem Moment, in dem Cast die Faust hob, um ihr eine Abreibung zu verpassen, fanden ihre Finger einen dicken Stock. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff sie danach und riss ihn hoch. Casts Faust traf das glühende Ende, des Stocks, mit dem er vorhin selbst noch die Flammen geschürt hatte. Jetzt jaulte er schmerzerfüllt auf, gab Olivia frei und stieß sie von sich. Schnell war Olivia wieder auf den Füßen, den Stock hielt sie wie ein Schwert immer noch in der Hand. Das glühende Ende kurz vor Casts Gesicht, der im Staub vor ihr lag.
    Olivia atmete schwer. Sie bemühte sich, trotz des Keuchens, ernsthaft auszusehen. »Hör zu, Cast! Ich kann dich nicht leiden und du mich nicht. Ist uns beiden klar. Aber ein Befehl ist ein Befehl und ich vermute mal, dass dieses hier nicht der erste ist, den du verletzt. Wie sonst wird man von einem angesehenen Hauptmann zu einem abgerissenen, saufenden und kiffenden Waffenknecht?« Cast öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch Olivia schnitt ihm das Wort ab: »Halt‘ die Klappe, was auch immer du vorzubringen hast, ich will es gar nicht hören. Alles was ich will, ist das Kastell erreichen. Und zwar so schnell wie möglich. Verstanden?« Herausfordernd sah sie ihn an. Er nickte langsam. »Als diese dummen Feuerwürste Heimstätte in den Befehl geschrieben haben, sind sie sicherlich, von dem Anwesen in Thorniara ausgegangen. Wenn du also nicht möchtest, dass sie sich irgendwann fragen werden, warum der Weg durch die Stadt so lange dauert, dann solltet du dich besser zusammenreißen, mich fix in das Kastell bringen und dann wieder zu diesen Trotteln laufen, um ihnen artig zu berichten, wie fein du deinen Auftrag ausgeführt hast!«
    Sie beide warfen sich vernichtende Blicke zu. Doch dann war es Cast, der seinen Blick fallen ließ und klein bei gab. Sein Nicken war kaum zu sehen.
    Erbärmlicher als ein räudiger Köter, kam es Olivia in den Sinn und sie schüttelte innerlich entgeistert den Kopf.
    Geändert von Olivia Rabenweil (12.06.2019 um 14:34 Uhr)

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    Schwertmeister Avatar von Redlef
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Die Sonne stach mit unerwarteter Kraft vom Himmel. Redlef spürte wie sich des Herren flammender Blick in seinen Nacken fraß. Starr blickte er weiter geradeaus, auf den sandigen Weg, der sich Richtung Süden vor ihm erstreckte.
    Red war kurz nach ihrem Aufbruch auf sein Pferd gestiegen. Auch wenn das warme Wetter seinen Gelenken weniger Probleme bereitete, als die Witterung des Winters, so war ein langer Fußmarsch dennoch eine Qual. Außerdem scheute das Mädchen seinen großen Hengst und er blieb somit von ihren spöttischen Kommentaren weitestgehend verschont.
    Da ergab sich ihm auf der langweiligen, in Schweigen gehüllten Reise ausreichend Möglichkeit über sich und seine Situation nachzudenken.
    Dass Olivia heute Morgen in seinem Mantel den Befehl des Ordens gefunden hatte, hätte er gerne vermieden. So oder so wollte er seinen Auftrag pflichtbewusst ausführen, doch vieles wäre einfacher geblieben, wenn die junge Schwarzmagierin weiterhin davon ausgegangen wäre, dass sein großzügiges Wesen war, welches ausgerechnet ihn dazu verleitete ihren Geleitschutz zu spielen. So nun aber hatte sie von seinem Fall erfahren und er konnte mit Gewissheit darauf warten, dass sie ihm damit noch gehörig auf die Nerven gehen würde.
    Nur bei dem Gedanken daran, wallte in ihm der Drang auf ihr die Faust in ihr dreckiges Gesicht zu schlagen.
    Red drehte sich im Sattel und warf einen Blick hinter sich. Olivia war noch da. Augenscheinlich müde trottete sie in einiger Entfernung hinter ihm her. Der schlechte Boden machte ihren baren Füßen zu schaffen. Von Zeit zu Zelt stolperte sie über Wurzeln, rutschte in Schlammlachen aus oder schaffte es kaum einen graden Schritt zu machen, da ihr Steine in die Sohlen stachen. Redlef hatte keinerlei Mitleid für sie. Gerade beobachtete er wie sie einen Umweg durch das Unterholz wählte, um einigen Steinen auszuweichen. Dabei trat sie in Nesselkraut und fluchte so laut, dass selbst er es noch hören konnte.
    Lächelnd stieß er Möhre mit den Fersen an und weckte ihn aus seinem lahmen Trott. Das Pferd hob den gut bemuskelten Hals und fand sie Anlehnung an den Zügel. Seine Schritte wurden raumgreifender und der Abstand zu Olivia vergrößerte sich weiter.
    Noch einmal beugte sich Redlef nach hinten und sah zu Olivia zurück. »Na los, seht zu, dass Ihr den Anschluss nicht verliert. Im Wald kann man sich schnell verlaufen.«
    Ihre undeutliche Antwort kam kaum bei ihm an, den Rest überhörte er einfach und ritt um die Wegbiegung, die sich vor ihm auftat. Der Wald begann hier sich zu lichten. Red presste die Lippen aufeinander. Wenn sie bald den Waldrand erreichten, dann bedeutete dieses, dass Setarrif nicht mehr fern war.
    Er ließ Möhre antraben. Nachdem sie den ganzen Vormittag durch dieses Wald, unter dessen Blätterdach sich eine unangenehme Stille breitgemacht hatte, gewandert waren, sehnte er sich nach etwas frischer Luft auf freier Fläche.
    Als Möhre die letzten Bäume hinter sich ließ, atmete er tief durch. Vor ihm lag ein sanft abfallendes Hügelland. Die Mauern der einstigen Königsstad waren bereits in der Ferne zu erkennen. Das Umland wurde von verwahrlosten Höfen, verwilderten Feldern und spärlichem Baumbestand geprägt. Über alles ergoss sich das goldene Licht der Sonne und verlie der verlassenen Gegend etwas angenehm Ruhiges, Friedliches.
    Redlef beobachtete das Umland genau. Konnte jedoch keine Bewegung oder ein Anzeichen von Leben ausmachen. Vorerst hatten sie wohl keine Echsen oder Orks zu befürchten. Beides wurde auch seit langen von den Spähern in dieser Gegend nicht mehr gesehen.
    Abschließend hob er den Kopf hinauf zum klaren, wolkenlosen Himmel. Redlef wusste nicht, was er dort zu erspähen gedachte, dennoch fesselte das endlose Blau seinen Blick. Das helle Licht der Sonne stach in seinen Augen und er kniff die Lieder zusammen.
    Innos, beobachtest du mich? Beobachtest du jede deiner Schöpfungen? Jeden Menschen?
    Dieser kurze Moment der Stille und des Friedens öffnete seinen Geist - vielleicht war es auch das Sumpfkraut, vom Morgen, wer konnte das schon sagen?
    Die Wärme der Frühlingssonne legte sich auf sein Gesicht. Red erlaubte sich, seine Augen für einen Moment ganz zu schließen.
    Ein jeder Mensch ist deine Schöpfung? Auch die schlechten, auch die schwachen? So einer wie ich?
    - Besonders die Schwachen.–
    Und die Verlorenen?
    - Für die, die sich verloren f ü h l e n, schient jeden Tag ein helles Licht. –
    Und die Schlechten…?
    - …erfahren in meinem hellen, reinen Licht Läuterung und Gnade!
    Red öffnete die Augen. Er sah direkt in die Sonne. Nun erschien sie nicht mehr warm und golden, vielmehr war sie kalt und entsetzlich heiß zugleich. Unbeschreiblich weiß, ihre Kraft verbrannte seine Augen. Dennoch wandte er den Blick nicht ab. Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte er gegen den Drang an die Lieder ganz zu schließen. Der Schmerz wuchs zur Unerträglichkeit an. Tränen quollen unter den brennenden Augäpfeln hervor, rannen über seine Wangen, verfingen sich in seinem Bart. Ein schmerzerfüllter Schrei drang über seine Lippen. Red bemerkte nicht wie sich seine Hände immer fester in den Zügeln verkrampften. Er hatte sie fest angezogen. Möhre versuchte den Schmerzen der Kandare zu entkommen und wich rückwärts. Erst als das ihn Blätterdach des Waldes vor dem glühenden Griff der Sonne abschirmte ließ er die Zügel fallen und presste sich schluchzend die Hände auf die Augen. Alles war weiß, Red konnte nichts sehen.
    Vor Schmerz krümmte er sich auf dem Sattel zusammen, immer noch hielt er sich leise wimmernd und keuchend die Augen. Verzweifelt versuchte er seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Das grelle weiß wurde langsam zu schwarz. Was hatte er nur getan? Der Schmerz wollte nicht nachlassen. Er ergriff sein Herz und zog sich durch den ganzen Körper.
    Was habe ich getan? Was habe ich getan? Was habe ich getan? Der eine Gedanke raste in seinem Kopf. Das Zittern wurde heftiger. Was habe ich…
    Eine kleine Hand auf seinem Oberschenkel riss ihn aus dem Strudel, im dem er zu versinken drohte.
    »Was machst du denn da? Alles gut?« Diese sanften Worte waren von Olivia. Ihre Stimme holte ihn in die Realität zurück. Red atmete tief durch, straffte sich und nahm die Hände von den Augen. Er drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der ihre Stimme gekommen war. Als er seine Lieder wieder öffnete sah er nur verschwommene Schemen. Doch erkannte Olivias helles Gesicht als Fleck, umrahmt von ihren dunklen Haaren.
    Er erwiderte ihren Blick mit zusammengepressten Lippen und griff nach den Zügeln um Möhre einen Schritt seitwärts, von ihr wegtreten zu lassen.
    »Hallo?« Alle Sanftheit war jetzt aus der Stimme der jungen Schwarzmagierin verschwunden. »Ist das Sumpfkraut nicht bekommen oder was stimmt nicht mit dir? Kaum komme ich hier um die Ecke sehe ich dich Flennend und Wimmerns auf deinem Gaul sitzen!«
    Redlef wandte sich ab. Konnte er sich doch vorstellen, was nun folgen sollte. Er versuchte sein bestes sie zu ignorieren, doch Olivias ätzende Stimme war nicht zu überhören.
    »Es freut mich ja, dass deine Degradierung zum Waffenknecht, vermutlich begründet auf unbeschreiblicher Dumm- und Arschigkeit, dir so zu schaffen macht. Das ist aber noch kein Grund hier am helllichten Tage rumzuflennen wie ein kleines Mädchen. Und schon gar nicht, wenn es deine innosverdammte Aufgabe ist, mich nach Hause zu bringen. Reiß dich zusammen, Mann!«
    Wütend warf sie ihm noch einen Blick hinterher, als er schweigend an ihr vorbeiritt. Seine Augen brannten nun nicht mehr ganz so stark und auch, wenn er immer noch alles verschwommen sah, so reichte das, was er sah aus, um sich zu orientieren.
    »Ist ja unfassbar« Olivia folgte ihm leise motzend bis in die nächste Wegbiegung, in der er hielt und sie aufschließen ließ. Schweigend standen sie einen Augenblick nebeneinander. Redlef spürte, dass Olivia immer noch auf eine Erklärung für das erwartete, was eben vorgefallen war, doch Redlef hatte keinen Redebedarf. Stattdessen zeigte er in Richtung der Stadt und sah dann zu Olivia herunter.
    »Von hier an werden wir reiten…« Ein tiefes Luftholen war von Olivia zu hören. Doch bevor sie Einspruch erheben konnte, fuhr er energisch fort und übertönte sie damit: »... um diese Stadt schnell hinter uns zu lassen. Ab hier liegen mir keine Berichte der thorniarischen Späher mehr vor und ich kann die vorherrschende Gefahr nicht einschätzen. Im freien Feld sind wir zu Fuß ein leichtes, langsames Ziel. Daher, steigt ihr auf, wenn ihr noch weiter wollt. Und dann müsst ihr auch langsam mal anfangen mir genau zu erklären, wo dieses Kastell überhaupt liegt, welches ihr euer Zuhause schimpft.«
    Olivia hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. »Da ist kein zweiter Sattel auf diesem Gaul, wo bitte soll ich sitzen?«
    Redlef hielt ihr seine Hand hin. »Vor mir auf dem Sattel, als ist ausreichend Platz.« Wie zum Beweis rutschte er ein Stück zurück. »Reicht mir Eure Hand, stellt Euren linken Fuß auf meinen und dann ziehe ich Euch hoch.«
    Redlef konnte ihre skeptischen Blicke nur erahnen, doch nach einigen Blicken Richtung Süden und einer kurzen Bedenkzeit, in der er wortlos mit ausgestreckter Hand verharrte, ließ sich Olivia auf seine Aufforderung ein und sich von ihm in den Sattel ziehen.
    Geändert von Redlef (12.06.2019 um 14:35 Uhr)

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    Schwertmeister Avatar von Madlen
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    Madlen ist offline

    südlich der Silberseeburg, Passage durch das Gebirge

    Madlen hatte erst einmal erfolglos versucht, in die Zitadelle eingelassen zu werden. Es hieß, zu viel Verwaltung müsse momentan noch erledigt werden. Nun, wie auch immer. Kurz darauf hatte sich ein altgedienter Krieger bei ihr gemeldet, als sie auf dem Weg zur Taverne war. Im Auftrag des Königreiches sollte sie im Bereich um die Silberseeburg in Richtung Setarrif einige Ziele ausspähen. Es gebe nicht viele Soldaten mit einem Pferd und die meisten von ihnen sind schon mit anderen Aufgaben beauftragt. Madlen nickte nur mit dem Kopf und setzte anschließend ihren Weg fort. Zuerst deckte sie sich bei einem nahen Händler und einem Bäcker mit dem nötigsten an Nahrung und Ähnlichem ein. Nicht viel, gerade genug, um die ersten Tage überleben zu können. Im Anschluss würde sie das, was sie zum Überleben brauchte, im Wald sammeln müssen. Immerhin kannte sie sich damit ja aus. Dann hieß es nur noch, schleunigst zu ihrem Pferd zu kommen und aufzubrechen. So lange würde sie nicht wegbleiben. Sie hinterließ dem Torwächter eine Nachricht, sollte Sonja sie suchen. Nur für den Fall.

    Und dann hatte sie auch mit einem zügigen Ritt das Stewarker Umland und schließlich das Bluttal durchquert. Am Silbersee machte sie dann eine längere Pause, blickte einige Zeit lang in Richtung der Burg und überdachte all das, was ihr seit ihrer Ankunft hier passiert war. Bei der Schlacht um diese Mauern war sie damals ja verletzt worden. Lang ist es her und doch schmerzt ihre Narbe immer noch. An ihrer linken Hüfte prangte sie, wie ein Mahnmal der Geschichte ihres Lebens. Sie zierte ihren Körper genauso, wie ihre Tätowierungen.
    Doch was half es, lange darüber zu sinnieren, was gewesen ist und was noch sein könnte? Nichts und darum schwang sich die junge Frau wieder auf den Rücken ihres Pferdes. Zum Glück hatte sie nur ihre leichte Alltagskleidung an, denn die sommerliche Hitze machte es einem nicht gerade leicht. Um alle Gedanken aus ihrem Kopf zu bekommen, schlug sie einen schnellen Ritt an und summte vor sich hin.

    Und so vergingen die Stunden und auch die Nacht verbrachte sie in relativer Ruhe. Bis auf die natürlichen Geräusche wurde sie durch nichts und niemanden gestört. Bereits zu Tagesbeginn befand sie sich wieder auf dem Pferderücken und kurz vor Mittag hatte sie eine der wenigen passierbaren Stellen des Weißaugengebirges erreicht. Auf der anderen Seite würde sie sich vom Süden aus der Stadt Setarrif nähern können. Weiter wollte sie heute nicht mehr reiten, zumindest vorerst. Zuerst musste sie die Umgebung auskundschaften. Sie war alleine und wusste nicht, wer oder was sich hier versteckte.

    An einem nahen Bach machte sie eine Pause und versuchte sich ein wenig Abkühlung zu verschaffen. Dazu ging sie einen wenig an dem Gewässer entlang entgegen der Fließrichtung, ihr Pferd führte sie dabei hinter sich her. Und schließlich fand sie, was sie gesucht hatte. Einen kleinen Bachfall. Sie befreite ihre rechte Schulter von ihrer Bluse, sodass ein Rabe und einiger der Blätter (beides tätowiert) zum Vorschein kamen. Im Anschluss hielt sie ihren Kopf unter das kühlende Wasser. Oie Dhubar, ihr Pferd, trank derweil ein Stück abwärts des Baches und versuchte ebenfalls, sich Linderung zu verschaffen. Nein, dachte sich Madlen, heute würden sie nicht mehr weiter reiten. Während sie also ihre Haare wusch, da sie es auf den Tod nicht ausstehen konnte, wenn diese keine Ordnung hatten, genoss sie einen Moment der Ruhe. Lange würde er nicht anhalten. Es schien, als würde die ganze Insel gespannt auf den nächsten Knall warten…

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    Shenkt ist offline

    Fischerhütten der Baronie Stewark

    "Schau dir diesen Schönling an, Julia"
    Die Fischerin seufzte und blickte zu dem Mann hin, der im Schneidersitz im Sand saß und auf das Meer hinausstarrte, als würde er auf irgendetwas oder irgendjemanden warten. Sein Blick, was die Frauen aufgrund ihrer Position nicht sehen konnten, war jedoch leer, ja trüb wie bei einem Betrunkenen.
    Die angesprochene Julia seufzte ebenso schwer. "Wie ein Märchenprinz, nicht wahr? Groß, breite Schultern, das Gesicht eines Avatars und die Augen eines violetten Traumes ... aber o weh, Nina, er ist dumm wie ein Fisch." Nina nickte betrübt. "Ja, völlig zerschossen im Oberstübchen, liebe Nina. Sonst wäre er nicht hier und würde seit Wochen nur am Strand hocken und dann und wann ankommen und was zu essen erbetteln."
    Kopfschüttelnd flickten die Frauen weiter an den Netzen herum, die ihre Männer ihnen vor die Füße geschmissen hatten. Fischer. Mit vom Salz und dem Wetter gezeichneter Haut, nach Fisch und Seetang stinkend und hässlich wie die Nacht im Orkwalde. Aber im Vergleich zu dem Märchenprinz wahre Gelehrte.
    "Weißt du, Nina, ich habe mal versucht ihn dazu zu kriegen, mit mir ... na ja ..."
    Erschrocken atmete die Fischersfrau ein. "Nicht wirklich, oder?", flüsterte sie.
    "Doch, doch. Aber ... ach, bei Adanos, der hat mich angestarrt wie ein Hund, der auf einem Drachen reiten soll. Ohne jegliches Verständnis. Dann hat er wieder nur die Handbewegung gemacht und Essen gewollt."
    Kreischend lachte Nina auf. "Wie unsere Kerle, nur dass die weniger höflich sind."

    Verwirrt blickte sich Shenkt um und schaute zu den Hütten, die am Endes des Stegs verteilt lagen. Irgendwer wohnte hier, der zur See fuhr. Fische jagte. Die letzten Tage hatte er damit verbracht, lang und breit darüber nachzusinnen, wie viele Fische es im Meer geben könnte und hatte angefangen zu zählen, war aber bei zehn Fischen zu der bitteren Erkenntnis gekommen, dass ihm zum Zählen zu wenig Finger zur Verfügung gestellt worden waren. Die letzten Monde waren ... seltsam gewesen. Er erinnerte sich noch, das man ihn hier über Bord geschmissen und die Fischer ihn gerettet und aufgepäppelt hatten. Sie hatten viele Fragen gestellt, hatten gebrüllt und gemeckert, dann wieder waren sie nett gewesen, dann wieder wütend wie ein Wespenschwarm. Am Ende hatten sie resigniert aufgegeben.
    Er hörte Kinderlachen, drehte sich aber nicht um. Die Kinder lachten hier ständig. Sie sahen ihn an und lachten. Es freute ihn, dass er einen solchen Effekt auf die Söhne und Töchter der Fischer hatte, wobei ihm aber die mitleidigen Blicke der Erwachsenen nicht klar werden wollten.
    Plötzlich ein Ruf, der erboste Aufschrei einer Frau und dann Schwärze. Das Letzte, was Shenkt spürte, war warmer Sommersand am Meer, ehe er ins Dunkel hinwegdämmerte.

    Einige Zeit später wachte er in einer Koje auf. Sein Blick war erst verschwommen, dann wurde er wieder klarer. Er hatte ein Gesicht vor Augen. Eine Fischersfrau. Julia hatte sie sich genannt, glaubte er zu wissen. Sie war nicht schön. Aber sie fand ihn schön. Glaubte er zumindest. Sicher war er sich da nicht.
    "Ach, schönes Dummerchen", murmelte sie und wandte sich wieder einer Holzschüssel und einem Stößel zu. Damit zerkleinerte sie eine Pflanze, schüttete den Stampf in einen Becher Wasser und rührte es um. Dann reichte sie ihm das Gefäß und bedeutete ihm, davon zu trinken. "Kräutertee. Nun, heißes Wasser habe ich nicht, aber die Kräuter sollten trotzdem helfen. Meine Großtante sammelt die immer an bestimmten Orten in den Wäldern, aber ich höre der alten Hexe selten zu ..."
    Verwirrt trank Shenkt aus dem Becher und fühlte sich sofort, als hätte ihm jemand einen riesengroßen Vorhang vor den Augen weggerissen. Die Flut an Eindrücken, die auf ihn herabstürzte, ließ ihn wieder in die Rückenlage zurückfallen, während er keuchend atmete. Der Becher fiel ihm dabei hinunter, war jedoch völlig leer.
    "Was ... wo ..." Sein Blick war gehetzt, während er die Frau anstarrte. "Wo ... bei allen guten Geistern, wo bin ich hier? Was ist das für ein Ort?"

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    Shenkt ist offline

    Fischerhütten der Baronie Stewark

    Seiner gestammelten Frage war natürlich ein spitzer, überraschter Schrei der Fischersfrau namens Julia gefolgt, der alsbald die Hütte gefüllt hatte mit wütenden Fischern, keifenden Frauen und plappernden Kindern. Erst das Aneinanderschlagen von Töpfen durch einen weißhaarigen Alten sorgte dafür, dass Ruhe einkehrte. Er scheuchte so gut wie alle aus der Hütte außer Julia und einen raubeinigen Mann, der wohl ihr Mann war. Sie alle musterten Shenkt mit einer Mischung aus Überraschung, Wut und Verwirrung. Shenkt antwortete ihnen seinerseits nur mit dem Blick eines Mannes, der nicht wusste, wo er war und was er verbrochen hatte, um von einem wütenden Fischermob malträtiert zu werden.
    "Äh ...", kam ihm nur über die Lippen, aber das Zischen des alten Fischers ließ ihn verstummen. Unschuldig wie ein Rehkitz blickte der Schreiber ihn aus violettstichigen Augen an. Der Mann fuhr sich über die Stoppeln am Kinn und sah dann zu der Frau.
    "Was hast'n angestellt, Julia, dass der so schreit?", fragte er knurrend.
    "Hab Kronstöckel zerstampft und ihm das in einen Becher Wasser gemischt."
    Der Alte hustete und sah dann ihren Mann fragend an. "Kronwas?" Julias Angetrauter hob nur die Schultern und wirkte ebenso unwissend wie Shenkt, der aufrecht im Bett saß. Julia spuckte aus.
    "Kronstöckel wächst an manchen Orten in den Wäldern. Bestimmten Orten", erklärte sie, "Großtantchen hat uns Kindern die immer bei besonders starken Kopfschmerzen gegeben. Und ... ich dachte, dass das bei dem vielleicht hilft." Sie sah zu Shenkt, der sie mit den Augen eines Mannes bei vollumfänglichen Verstand ansah. "Weil, Ältester, du weißt doch wie der war, als der angespült wurde ..." Sie tippte sich an die Schläfe.
    Shenkt rieb sich den Kopf. "Also ... äh. Ist das hier Khorinis?"
    Der Alte sah ihn kopfschüttelnd an, überrascht das mehr als nur ein Äh oder Hmpf über seine Lippen kam.
    "Nein, das hier ist Argaan. Wir sind in der Baronie Stewark."
    Der Chronist nickte langsam. "Skarlof sagte, dass mein Schiff hier ankommen sollte. Aber ... es sank wohl in einem Sturm.", murmelte er wie zu sich selbst. Der Mann Julias grunzte bestätigend.
    "Stimmt. Du wurdest angespült als wir gerade auf Fischfang waren. Wir haben noch einige Wrackteile gesehen, die auf der See trieben." Er sah zu dem Alten. "Das würde es erklären."
    Shenkt seufzte. "Kennt ... kennt Ihr Skarlof?", fragte er leise.
    Alle drei schüttelten den Kopf. "Nie gehört. Nordmann?"
    Der Chronist hob die Schultern. "Weiß ich nicht. Woher kommen Nordmänner?"
    "Aus Nordmar."
    "Wo ist das?"
    "Ist das dein Ernst? Bist du noch etwas ... wirr im Kopf?"
    Shenkt schüttelte den Kopf. "Nein", stellte er klar, "Ich komme aber aus einem fernen Land. Weit, weit im Osten. Dieses ... Nordmar ist mir nicht bekannt. Khorinis kannte ich bis vor einigen Monaten ebenso wenig wie diese Insel hier ... Argaan?"
    Der Alte rieb sich erneut das Kinn. "Dann geh am besten nach Stewark. Zum Baron ... und dem König. Vielleicht können dir die Magier helfen. Oder du gehst nach Thorniara, zum Orden und den Feuermagiern. Hauptsache", schloss er düster, "du verschwindest. Wir Fischer haben es so schon schwer. Ein zusätzliches Maul können und wollen wir hier nicht stopfen."
    Shenkt schluckte. Die Stimme des Alten war eindringlich gewesen, kalt und drohend wie die Skarlofs, bevor er Ferlia im Kampf erschlagen hatte. Der Chronist nickte verstehend.

  8. Beiträge anzeigen #288
    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Am Ende des baufälligen Steges sitzend ließ sie die nackten Füße in das kühle Wasser baumeln. Das Sonnenlicht verwandelte dessen Oberfläche in ein Meer aus glitzernden Tropfen und Murielle musste zuweilen gegen die Grelligkeit anblinzeln.

    Wie so oft, wenn sie eine ruhige und einsame Minute hatte – und davon gab es inzwischen mehr als ihr lieb war – kam in ihr unweigerlich der Gedanke auf, dass sie alt geworden war. Unter ihre schwarzen Haare hatten sich inzwischen vereinzelt graue Strähnen gemischt und die kleinen Fältchen, die ihre tiefblauen Augen umrahmten, waren weitaus deutlicher zu erkennen als noch vor wenigen Jahren.

    Und wo stand sie nun? Sie hatte es versäumt, eine Familie zu gründen. Hatte mehr als ein Mal die Gelegenheit gehabt und nicht genutzt, jemanden zu ihrem Gefährten zu machen, dem sie etwas bedeutete. Und das war auch gut so, denn was nutzte es, wenn ein Mann sie auf Händen trug, der ihr Herz nicht zu berühren vermochte? Lieber alleine als an der Seite von jemandem, der gerade zufällig zur Verfügung stand.

    Und dennoch: Kinder, so überlegte sie wehmütig, wären schön gewesen. Erfüllend. Was für eine Mutter sie wohl gewesen wäre? Beiläufig schloss sie ihre Augen für einen kurzen Moment, um eine einsame Träne fortzublinzeln.

    Sie musste leise lachen, als sie hörte, wie sich die kleinen Kinder der Fischerfamilie am Fuße des Steges lautstark und mittels unflätigster Worte darüber stritten, wer mit der größten Muschel, die sie gefunden hatten, spielen durfte.

    Sie hatte was diese Sache anging alles richtig gemacht. Keine Kinder. Keine Notwendigkeit tagein tagaus Streit zu schlichten und sich um andere zu sorgen. Sie war frei. Ungebunden. Alles war gut.
    Geändert von Murielle (30.06.2019 um 11:04 Uhr)

  9. Beiträge anzeigen #289
    Veteran Avatar von Calan
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    Mit müden Augen, auf seinen Speer gestützt blickte Calan in Richtung des Wassers. Es war ein beschaulicher Flecken, ein am Waldsaum liegender Küstenstreifen, an dem sich das Rauschen des Meeres mit dem Rauschen der Blätter mischte und der Gesang der Lerchen vom Kreischen der Möwen unterbrochen wurde.
    Inmitten dessen stand eine Fischerhütte und einige Meter weiter ein altes, marodes Bootshaus. Der davon ausgehende Steg schein auf den ersten Blick ebenso marode, hielt jedoch das Gewicht einer Frau und mehrere Kinder. Während die Eltern bei der Hütte ein Netz flickten, schien unter den Kindern ein Streit auszubrechen.
    "Hey, gib das wieder her!" hörte er die helle Stimme eines Jungen, worauf er nur rüde weggeschubst wurde. Geschwister. Die Kinder waren zweifellos Geschwister.
    Seufzend packte der Varanter seinen Speer und näherte sich dem Steg, während der Streit unter den Brüdern weiter entflammte.
    "Das hab ich gefunden, du Arsch!" rief der Jüngere und trat nach seinem älteren Bruder.
    'Gut, dass ich keine Geschwister hab' dachte sich Calan und versuchte sich an den Streithähnen vorbeizuzwängen, als es laut 'Platsch' machte und der kleinere der beiden strampeln im Wasser landete.
    'Scheiße!' dachte sich Calan, der wusste wie wenige der Fischersleute tatsächlich schwimmen konnten, geschweige denn deren Kinder.
    "Halt dich fest" sagte er und hielt dem Jungen das Ende des Speeres hin, an dem er sich aus dem Wasser retten konnte, bis er spuckend auf dem Pier lag.

  10. Beiträge anzeigen #290
    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Durch das plötzliche Gemenge, welches sich hinter ihr auf dem Steg, der seine besten Tage seit langer Zeit hinter sich hatte, abspielte, wurde Murielle aus ihren Gedanken gerissen, die sie bis eben noch vollkommen gefangen gehalten hatten.

    Neugierig drehte sie sich um, um herauszufinden, was geschehen war und sprang dann unverzüglich auf, um dem Jungen zu helfen, der sich schon wieder aus dem Wasser gezogen hatte. Wie hatte das passieren können, ohne dass sie etwas davon mitbekam?

    "Geht es dir gut?", fragte sie den Kleinen besorgt, der in vollkommen durchnässter Kleidung vor ihr auf dem Steg stand und das restliche Wasser aus seiner Lunge hustete.
    Er nickte noch sichtbar erschrocken und am ganzen Körper zitternd, nicht dazu in der Lage etwas zu sagen.
    "Du musst die nassen Sachen ausziehen und dich abtrocknen, sonst wirst du dich trotz des schönen Wetters erkälten.", erklärte sie ihm und übergab ihn dann seiner besorgten Mutter, die bereits herangeeilt kam.


    "Danke, dass ihr geholfen habt. Ich war in Gedanken und habe nicht aufgepasst. Das hätte ein böses Ende genommen, wenn Ihr nicht gewesen wärt.", sagte sie, während sie den Fremden musterte, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Für einen kurzen Moment blickte sie fest in seine grünen Augen und lächelte kaum wahrnehmbar, bevor sie den Blick wieder senkte und hinzufügte: "Ich bin übrigens Murielle."

  11. Beiträge anzeigen #291
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    Die feuchten, undeutlichen Umrisse des Jungen waren noch auf dem Holz zu sehen, als die Mutter ihn schon aus den nassen Klamotten gepellt und anschließend mit ihren beiden Söhnen zurück zum Haus geeilt ist. Den einen führte sie an der Hand, der andere wurde widerwillig am Ohr gezerrt. Vermutlich erwartete ihn die Standpauke seines Lebens. Und vielleicht würde er sogar etwas daraus lernen, so hoffte Calan.

    Die Frau die am Ende des Piers saß und scheinbar in Gedanken versunken war, als ‚der Sturz‘ passierte, war inzwischen herbeigeeilt und hatte der Mutter noch einen guten Ratschlag mitgegeben, ehe sie Calan anblickte. Sie war etwa gleich groß, mit eisblauen, fast stechenden Augen.
    Als Murielle stellte sie sich vor.
    „Calan“ sagte dieser zur Erwiderung. „Ich habe nur getan, was getan werden musste“

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    Cal..? Sie zuckte kurz zusammen, als er seinen Namen nannte. Calintz. Cal. Der einzige Mann, für den sie jemals so etwas wie Liebe empfunden hatte. Der einzige Mensch, den sie in ihrem Leben wirklich vermisste. Mit ihm hatte sie reden können. Über alles. Mit ihm hatte sie auch schweigen können, ohne dass diese Stille unangenehm gewesen wäre. Er hatte sie immer verstanden. Nicht nur oberflächlich, sondern tief. Er hatte ihr Herz berührt. Für ihn hätte sie immer alles gegeben. Alles getan. Dass er fort war und niemals wiederkehren würde, tat immer noch weh. Aber nicht mehr so sehr. Der Schmerz verblasste. Genau wie die Erinnerung.

    "Calan..", sie hatte sich wieder gesammelt und wandte sich nun dem Fremden zu.
    "Ich hätte einfach besser aufpassen müssen. Solltet Ihr keine Eile haben, sondern eine Rast einlegen wollen, so kann ich Euch einen Tee anbieten. Seht ihr den kleinen Anbau neben der großen Hütte?", sie deutete auf etwas, das zu klein für eine Hütte und zu groß für einen Schuppen war.
    "Dort darf ich wohnen, so lange der Platz nicht anderweitig gebraucht wird. Also, was sagt Ihr? Seid Ihr mein Gast?"

  13. Beiträge anzeigen #293
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    Tee? Er hatte nicht mehr von diesem aromatischen Getränk gehört, seit er die Wüstenstadt Al Shedim verlassen hatte. Die Myrtaner, mit ihrer Vorliebe für Deftiges, war Tee weitestgehend unbekannt und, wenn überhaupt, nur als exotisches Kraut bekannt. Die wenigen Haushalte, die daraus ein Getränk herzustellen wussten, mussten die Blätter teuer importieren, was in den letzten, von Krieg und Aufruhr geprägten Jahren zunehemend schwieriger geworden ist.

    "Sehr gerne" antwortete der Varanter schließlich, ohne lange überlegen zu müssen. Erleichtert, dass es doch noch Personen gab, die Gastfreundlichkeit groß schreiben, blickte er zu dem kleinen Anbau, auf den Murielle gezeigt hatte. Es war in der Tat von bescheidener Größe, doch für ein oder zwei Personen vollkommen ausreichend. Er hatte sie nicht gesehen, als er aus dem Waldsaum hervorgetreten war, da sie sich hinter dem Haus versteckte.
    Calan wusste, wie weit Armut unter den Fischern verbreitet war und vermutete, dass sie sich durch dieses 'Gasthaus' ein bescheidenes Zubrot verdienten.
    "Ihr habt wirklich Tee?" fragte Calan neugierig, während sie zu dem Anbau schritten? "Woher?

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    Verwirrt runzelte Murielle die Stirn.
    "Woher?", wiederholte sie seine seltsame Frage, während die beiden auf ihre Hütte zugingen und deutete dann auf einen kleinen Flecken im Garten der Fischersfrau, auf welchem die verschiedenartigsten Wildkräuter wuchsen.
    "Na dorther." Sie näherte sich einer Pflanze und pflückte behutsam einige der fein behaarten Blätter.
    "Das ist Salbei. Zusammen mit der Minze dort drüben und ein wenig Lavendel ergibt das einen ziemlich gut schmeckenden Tee."

    Als sie alles beisammen hatte, öffnete sie die windschiefe Tür, damit er eintreten konnte.
    "Nehmt doch dort drüben Platz und erzählt mir, was Euch in die Gegend verschlagen hat, während ich das Wasser koche."

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    Calan runzelte die Stirn. Tee? Aus Salbei und Minze? So ganz verstand er nicht, wie das funktionieren sollte. Immerhin waren es keine Teeblätter, sondern... Kräuter, wie sie in jedem Garten wuchsen.
    Zögern ließ er sich nieder, kreuzte die Beine und blickte Murielle an, wie sie kochendes Wasser aufsetzte.
    "Tee aus Kräuter" sagte er kopfschüttelnd. "ich werde mich nie an euch Nordländer gewöhnen können. Ich komme aus Varant, müsst ihr verstehen, und wir kochen mit Teeblättern einen aromatischen und belebenden Trunk, den ich schmerzlich vermisse. Aber ich schweife ab."
    Zu seiner Verwunderung begann es in der kleinen Hütte stark zu riechen, nach Minze, nach Salbei, angenehm und stark. Er nahm einen tiefen Atemzug und legte nachdenklich den Kopf schief.
    "Ich bin auf der Durchreise, ohne bestimmtes Ziel vor Augen. Ich brauche von den meinigen Abstand, um mir klar zu werden, was ich will und wohin ich mich wenden kann"

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    "Oh, das kommt mir bekannt vor.", antwortete Murielle und umschloss ihre Tasse mit den Händen, hob sie an und nahm einen vorsichtigen Schluck.

    "Eine Weile bin ich mit einigen Waldläufern umhergezogen. Das war gut, wirklich gut und ich habe so viel von ihnen gelernt. Großartige Leute, wahrlich. Dennoch brauchte ich Abstand von allem und allen, Ruhe. Ich hatte das tiefe Bedürfnis, wieder für mich zu sein. So viele Menschen um mich herum zu haben ist zwar schön, aber es strengt mich nach einer Weile nur noch an und macht mich mürrisch und zynisch. Das wollte ich niemandem zumuten. Inzwischen geht es wieder und ich freue mich über Gesellschaft. Allerdings bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt hier bleiben möchte. Es gibt eine Insel, Khorinis, auf der ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe. Eine verdammt gute Zeit. Dort wird zwar nichts mehr so sein, wie es war, als ich mich das letzte Mal dort aufhielt, aber kennt ihr dieses Gefühl nicht auch? Noch ein Mal an den Ort zurückkehren zu wollen, der Euch einst verzaubert hat? Noch ein Mal nachzuschauen, ob Eure alte Hütte noch steht und wer dort nun wohl lebt? Das würde ich wirklich gerne tun. Aber ob in diesem Zeiten überhaupt jemand den Weg dorthin auf sich nimmt? Ich habe keinen blassen Schimmer."

    Sie merkte, dass sie völlig abgeschweift war und deutete auf den Speer, den der Mann bei sich trug.
    "Benutzt Ihr das Ding eigentlich als eine Art Wanderstab oder könnt Ihr damit richtig gut in einem Kampf umgehen? Das würde mich mal interessieren."
    Er sah nicht aus, als hätte er eine Gehstütze nötig, im Gegenteil, aber irgendetwas wollte sie ihn fragen, denn es war lange her, dass sie eine intensivere Unterhaltung geführt hatte. Die Fischersfamilie war nicht sehr gesprächig.

  17. Beiträge anzeigen #297
    Veteran Avatar von Calan
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    Calan konnte sich ein wehmütiges Lächeln nicht verkneifen, als er Murielle reden hörte. Nur zu gut kannte er dieses Gefühl. Was würde er darum geben, die Zeit noch einmal zurückzudrehen und die Vergangenheit zu besuchen. Noch einmal mit der Karawane durch die Wüste streifen, mit den Händlern und seiner Familie nachts am Feuer zu sitzen, die trockene Hitze zu spüren und den weichen Sand unter den Füßen. All dies kam ihm unglaublich weit weg vor, während er auf dieser Insel saß und einen ersten vorsichtigen Schluck des Tees nahm.
    "Oh, mein Speer, ja"
    Der Varanter blickte auf seine Waffe, die er auf den Boden gelegt hatte. Es war nicht mehr der gesegnete Speer, mit dem er vor einigen Jahren aus Thorniara aufgebrochen war, und der zerbrochen irgendwo auf dem Festland lag, als Zeichen der Missgunst Innos'.
    "Ich kann damit ganz gut, umgehen, würde ich sagen. Ich habe es bei einem sehr... exzentrischen Mann gelernt."
    Kurz stockte er. Ob das der richtige Begriff war, um Silo zu beschreiben? Oder war nicht 'durchgeknallt', 'verrückt' oder 'ohne jeglichen Bezug zur Realität' besser geeignet?. Egal.
    "Und meine Zeit in der Stadtwache hat ihr übriges getan. So manchen Schläger konnte ich damit schon auf Distanz halten. Aber solange es nicht nötig ist, muss er als Wanderstab herhalten. Ist mir auch lieber."
    Er hielt inne, da sich seine Gedanken noch immer um Murielles Worte drehten.
    "Ihr vermisst Khorinis wirklich, was? Wie lange seit Ihr schon nicht mehr dort gewesen?"

  18. Beiträge anzeigen #298
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    Stadtwache? Murielle konnte sich eines Kicherns nicht erwehren.
    "Ach Calan. Das ist viele, wirklich viele Jahre her. Und wisst Ihr was?", fragte sie während sie sich bemühte, ernst zu bleiben.
    "Dort habe ich in der Stadtwache gedient. Allerdings nur für sehr kurze Zeit! Es war eine sehr.."
    Nachdenklich atmete sie tief ein und dann wieder aus, bevor sie fortfuhr:
    "..interessante Erfahrung. Die ich nicht missen, aber auch nicht wiederholen möchte."
    Sie stand auf, nahm Calan den inzwischen leeren Becher aus der Hand und legte diesen zusammen mit dem ihren in die große Schüssel, welche sie benutze um ihr Geschirr darin zu säubern.
    "Lasst uns noch einen Moment die Abendluft genießen. Mit etwas Glück bekommen wir einen umwerfenden Sonnenuntergang zu sehen, bevor ich Euch hier ein Lager für die Nacht zurecht mache."

  19. Beiträge anzeigen #299
    Veteran Avatar von Calan
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    Calan ist offline
    Eine weitere Stadtwächterin also! Wenn auch in verschiedenen Städten und unter verschiedenen Königen, so hatten sie doch demselben Ideal gedient, dieselben Werte verteidigt. Und beide hatte sie – aus welchen Gründen auch immer – ihr Amt niedergelegt und hatten sich zur selben Zeit hier an dieser Fischerhütte auf Argaan eingefunden, einer Insel fernab ihrer Heimat.
    Der Tee war inzwischen ausgetrunken, doch die aromatische Note lag noch immer in der Luft, und Calan war noch immer angenehm warm, wenngleich es inzwischen dämmerte und das Tageslicht sich immer weiter zurückzog. Nur ein rotes Leuchten lag noch über dem Meer und tränkte alles in ein fast schon unheimliches Licht, als ob ein Feuer entzündet worden war, dass den gesamten Horizont verbrannte.
    „Es sieht so friedlich aus.“ meinte der Varanter nach einer Weile, in der er still in den Himmel blickte. „als ob es keine Probleme auf der Welt gäbe, solange es solche Anblicke gibt. Und doch…“ er seufzte. „weiß ich, dass es nicht stimmt. Was solche Augenblicke fast noch wertvoller macht. Oder sie komplett zerstört. Ich weiß nicht, welche der beiden Sachen nun stimmt.“

  20. Beiträge anzeigen #300
    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Murielle ist offline
    Sie lächelte, ohne ihn dabei anzusehen und hielt stattdessen ihren Blick weiter auf das Meer gerichtet, in dessen sanften Wellen sich das rotorangene Licht der untergehenden Sonne widerspiegelte.

    Wie wahr er sprach. Sie fühlte sich unbedeutend und klein. All dies würde immer noch da sein, wenn sie lange fort waren. Die Sonne und das Meer interessierte es nicht, was um sie herum geschah, wer wen jagte, wer wen tötete, wer ging und wer kam.

    "Sind wir dieses Anblickes überhaupt würdig?", fragte sie mehr im Scherz als im Ernst.
    "Das führt mir jedes Mal aufs Neue meine eigene Belanglosigkeit vor Augen.
    Wenn es Euch nicht zu kalt wird, könnten wir auf die Sterne warten, die bieten hier am Meer einen noch erhabeneren Anblick als anderswo. Außer vielleicht in der Wüste, aber dort war ich nie."

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