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    Veteran Avatar von Calan
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Calan lächelte, halb wehmütig, halb wissend. Wer noch nie den Sternenhimmel über der Wüste Varants gesehen hatte, wusste nicht, was er verpasst hatte. Nie würde er diese Nächte, diesen Anblick vergessen. Als ob ein Riese in weiten Bögen die Sterne in strahlender Helligkeit auf die Himmelskuppel gemalt hätte. In ewiger Ferne und doch zum Greifen nah berührten sie doch das Leben jedes Menschen, der sie erblickte. Wie viele Lieder waren über sie geschrieben, wie viele Gedichte wurden in Ehren des Mondes verfasst! In der Einsamkeit der Wüste waren sie oft die einzigen, die ihm nachts Gesellschaft leisteten, während die Hitze des Tages verflog und ein sanfter Wind über die Dünen wehte, dabei leise rauschte, als ob das Meer nicht aus Sand, sondern aus Wasser bestünde.
    Sicher, der Himmel über Argaan war derselbe, der sich über Varant oder gar über Khorinis erstreckte, und doch schien er anders. Nicht schlechter, nur anders. Als ob das Leben unten den Anblick oben beeinflussen würde.
    „Ob wir dem würdig sind, ist nicht an uns zu entscheiden“ sagte Calan, der seinen Glauben an die Gerechtigkeit Innos‘ noch nicht völlig aufgegeben hatte, auch wenn er durchaus einen Dämpfer erfahren hatte.
    „Und doch sind wir alle mit ihm gesegnet. Die Guten unter uns, wie auch die Schlechten. Soll das etwa Gerechtigkeit sein?“
    Kurz hielt er inne. Da war es wieder, der nagende Zweifel an seinem einst so ehernen Glauben.
    Die ersten Sterne zeichneten sich inzwischen ab. Die hellsten, die dem schwächer werdenden Sonnenlicht trotzen konnten und eine Vorhut für den Nachthimmel waren.
    „Egal. Vergesst das. Ein verbitterter Mann, der den Himmel beschimpft.“

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    Drachentöter Avatar von Murielle
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    "Ah, aber warum? Nein, ganz so leicht kommt Ihr mir nicht davon." Sie betrachtete nun nicht mehr den endlosen Himmel und das Meer, sondern hatte sich Calan zugewandt und musterte den Mann mit neugierigem Blick.

    "Erzählt mir, was Euch so verbittert gemacht hat, das interessiert mich wirklich."
    Für so etwas konnte es die unterschiedlichsten Gründe geben. Eine verlorene Liebe, der Tod von nahestehenden Menschen oder ein beliebiges anderes Unheil, das über jemanden hereingebrochen war. "Und Ihr seid ein gläubiger Mann?"

    Murielle zweifelte nicht daran, dass die Götter existierten, doch war dies nie ein Grund für sie gewesen, sich einem Glauben zu unterwerfen. Die Beweggründe anderer Menschen für ihre Religiosität hatten sie bisher nie interessiert, aber in diesem Fall? Doch, sie wollte, dass er redete. Es interessierte sie.

  3. Beiträge anzeigen #303
    Veteran Avatar von Calan
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    „Ich war ein gläubiger Mann“ antwortete der ehemalige Ordensbruder „was ich jetzt bin, weiß ich nicht.“
    Er seufzte. Um das zu erklären musste er zwangsläufig weiter ausholen. Ob er das jedoch wollte? Er war sich unsicher. Zwar würde es ihm guttun, sich diese Bürde zumindest ein Stückweit von der Seele zu reden, jedoch kannte er Murielle gerade einmal ein paar Stunden. Zumal – die Ungewissheit, die Schwere würde davon nicht verschwinden. Und doch…
    „Ich bin nicht sehr religiös aufgewachsen. Zwar baten wir Adanos darum, seinen Brüder zuzureden, damit die Hitze des Tages erträglich war, und die Kälte der Nacht, aber davon abgesehen… sie spielten keine große Rolle, auch wenn sie allgegenwärtig waren.“

    Er dachte an die Nomaden, die den Adanostempel in Al Shedim wieder auf Vordermann gebracht hatten, an die Assassinen, die in Ishtar und Mora Sul zu Beliar beteten. Wie lange es her war!
    „Als unsere Karawane überfallen wurde, überlebte ich als einziger und wurde versklavt. Nachdem ich fliehen konnte, habe ich Trost und Antwort in Innos gefunden.
    Und eine Möglichkeit, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich schloss mich der Stadtwache in Thorniara an, wurde aber schon bald in den Kreis der Streiter des Ordens aufgenommen. Bis ich eines Tages dachte, dass die Zeit gekommen war. Ich hatte herausgefunden, wer für den Überfall verantwortlich war. Ich weihte meinen Speer Innos‘ und heuerte auf ein Schiff nach Bakaresh ein. Dort wollte ich Rache nehmen, doch noch bevor ich den Mann töten konnte, zerbrach Innos meinen Speer und verweigerte mir meine gerechte Rache.“

    Er ballte die Fäuste als er daran dachte. Noch immer verstand er nicht, wie all dies passieren konnte. Inbrünstig hatte er an Gerechtigkeit geglaubt, und daran, dass das Böse mit der Hilfe seines Gottes besiegt werden konnte. Doch als es soweit war, wurde er enttäuscht, wurde wie ein Bauer im Spiel geopfert und zurückgelassen von jenem, auf den er sich so verließ.
    „Ich bin nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Seitdem war ich nicht mehr in Thorniara. Wenn Innos mir seine Gunst entzogen hat, wie sollen dann nur meine Brüder reagieren?“

    Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann dorthin nicht zurück.“

  4. Beiträge anzeigen #304
    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Die Sonne war inzwischen vollkommen untergegangen und nicht einmal mehr der kleinste Überrest rötlichen Lichtes war auf der Wasseroberfläche zu erkennen.
    Sie dachte über seine Worte nach. Wie sollte sie es formulieren, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen? Sie glaubte nicht daran, dass die Götter eingriffen, sondern war davon überzeugt, dass sie sich einfach nicht darum scherten, was die Sterblichen taten oder nicht taten. Wozu auch? Für sie waren sie nichts anderes als ein Tropfen in einem Meer. Bedeutungslos.

    "Und Ihr seid wirklich sicher, dass es Innos war? Das klingt so negativ. Vielleicht war der Speer einfach.."
    Sie schluckte und suchte nach dem richtigen Wort.
    ".. marode? Ich meine, überlegt nur, könnte er vielleicht einfach kaputt gewesen sein? Wie tragisch wäre es, wenn Ihr zu viel hineininterpretiert und deshalb einen Bogen um Eure Brüder macht? Vielleicht halten sie Euch für tot und betrauern Euch seit - seit wie langer Zeit? Und wären einfach nur überglücklich, Euch noch am Leben zu sehen?"


    Sie hoffte, dass er nicht dachte, sie würde seinen Glauben angreifen wollen, denn das lag ihr fern. Sie wollte ihm nur einen pragmatischeren Blick auf die Dinge anbieten.

  5. Beiträge anzeigen #305
    Veteran Avatar von Calan
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    Für einen Moment stieg Empörung in Calan auf, die jedoch ebenso schnell abflachte wie sie verschwand. Wie konnte er empört sein, wenn seine eigene Überzeugung derart wankte?
    „Nein, nein.“
    sagte er einige Momente später kopfschüttelnd. „Er war kein einfacher Speer mehr. Er war vom Geiste Innos‘ erfüllt. Er glühte und strahlte und wurde von heiliger Hand geleitet.“
    Er bemerkte, fast schon widerwillig, dass er in sein altes Muster abrutschte, von Innos zu reden. Es war wohl eine alte Gewohnheit, eine hohle Fassade, denn dasselbe Feuer, das dereinst dabei in ihm loderte, war inzwischen kaum mehr als glühende Asche.
    „Nein, ihr müsst verstehen, dass einige unserer Brüder…. der Ordensbrüder ihre Waffe Innos weihen. Und das ist keine hohle Phrase, sondern eine reale Sache. Wir beten um Beistand, auf das sein Geist diese Waffe erfüllt. Und diese Waffe ist dann an ihn gebunden, wie auch an den Streiter. Kein anderer wird sie je so führen können, und sein Können an der Waffe scheint gesteigert, als ob ihn nichts etwas anhaben könnte. Es ist ein heiliges Ritual, und ich habe es vollzogen. Diese Waffe wäre nicht zerbrochen, wenn Er es nicht gewollt hätte. Meine Handlung MUSS ihn erzürnt haben, in welcher Weise auch immer, so dass er mir den Rücken gekehrt hat.“

    Er seufzte. Warum er das alles erzählte, wusste er nicht genau. Nachdem er angefangen hatte zu erzählen, schien es nur so aus ihm herauszusprudeln. So lange hatte er wohl nicht mehr mit einer Person geredet, seit er aus Varant zurückgekehrt war.
    „Die Frage, die ich mir seitdem wieder und wieder stelle, ohne eine Antwort zu finden: Was soll ich tun? Soll ich versuchen, Buße zu leisten und wieder in seiner Gnade aufgenommen zu werden… oder soll ich ihm den Rücken kehren, so wie auch er mir den Rücken gekehrt hat?“

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    Zwar überraschte es sie, dass er so offen über alles sprach, aber es freute sie auch. Das war gut. Sie mochte ihn und war froh, dass er mit seinen Gedanken nicht hinter den Berg hielt. So sehr sie das vor vielen Jahren noch gestört und irritiert hätte, so sehr gefiel ihr das nun. Aber was sollte sie ihm sagen? War es überhaupt wichtig, was sie nun sagte oder war das einzige, was zählte, dass er es sich hatte von der Seele reden können? Was erwartete er nun von ihr? Erwartete er überhaupt irgendetwas? Sie stellte fest, dass sie gar nicht wusste, wie man nun am besten zu reagieren hatte. In einer solchen Situation hatte sie sich noch nie zuvor befunden. Ihr Umgang mit Menschen hatte sich sonst überwiegend auf das Notwendige beschränkt.

    "Nun."
    , begann sie zu reden und seufzte, bevor sie fortfuhr.
    "Ich gebe zu, dass ich keine gläubige Frau bin. Aber, und es ist mir wichtig, dass Ihr das versteht: Ich respektiere Euren starken Glauben. Das tue ich wirklich."
    Sie machte eine kurze Pause um ihre Gedanken noch einmal zusammeln und sprach dann weiter.
    "Aber meint Ihr nicht, dass es vielleicht eine Prüfung Eures Glaubens gewesen sein könnte? Dass es falsch wäre, Euch abzuwenden? Ich habe keine Ahnung davon, aber, was wäre wenn Innos damit einfach prüfen wollte, wie fest und stark Euer Glaube an ihn ist? Ihr sagtet, Ihr hättet knapp überlebt. Vielleicht habt Ihr überlebt, weil Innos es so wollte? Ich weiß es wirklich nicht, Calan, aber ich würde es als falsch empfinden, mich von meinem Glauben abzuwenden, nur weil .. nunja. Vielleicht ist es eine Prüfung. Vielleicht ist das aber auch nur das dumme Gerede einer völlig Ahnungslosen."

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    Veteran Avatar von Calan
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    Inzwischen war es tiefe Nacht geworden, und die Sterne und der Mond reflektierten ihr fahles Licht auf der Wasseroberfläche. Wenn Calan den Kopf drehte, konnte er schwach die Silhouette des Waldes in der Ferne sehen, von Bäumen, die sich seicht im Wind wiegten und sich kaum von der Nachtschwärze abzeichneten. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass die Welt gerade danach strebte, sein Inneres widerzuspiegeln. Ein bisschen Licht, aber noch viel mehr Dunkelheit, in der er herumtapsen konnte.
    „Sicher ist mir der Gedanke gekommen. Ich hatte ja auch lange genug Zeit, mir das durch den Kopf gehen zu lassen.“
    Er grinste gequält.
    „Die Sache ist jedoch: Mein Glaube musste nicht geprüft werden. Er war felsenfest. Sollte es also ein Test sein…“ er zuckte mit den Schulter.
    „Wer schlägt denn schon sein Werkzeug wieder und wieder gegen die Tischenkante, nur um zu sehen, ob es irgendwann zerbricht? Denn wäre es ein Test gewesen, wäre es ein solcher gewesen. Andererseits – wer bin ich, den Willen der Götter zu kennen? Nein. War es ein Test, war es ein undurchsichtiger. War es eine Bestrafung, so wurde sie ohne Anklage vollzogen. Hat er mich verlassen, so weiß ich nicht warum. Wie soll ein einfacher Mensch darauf reagieren, frage ich dich?“
    Müde blickte er zu den Sternen herauf, als ob sie die Antwort hätten. Er gähnte.
    „Ich habe ihn so oft um Antwort gebeten, ohne je eine zu bekommen, kein Zeichen, nichts. Hätte ich nicht all die Wunder, die Magie gesehen – ich würde mich fragen, ob es ihn überhaupt gibt.“

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    Drachentöter Avatar von Murielle
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    "Ach Ihr.", sagte sie voller Mitgefühl in der Stimme, ein Klang der für Murielle neu war und legte für einen kurzen Augenblick ihre Hand auf seine Schulter.
    "Kommt, wir sollten uns schlafen legen. Wir werden dieses Rätsel heute nicht mehr lösen. Und womöglich auch an keinem anderen Tag. Aber das brauche ich Euch nicht zu sagen, Ihr wisst das längst. Ihr solltet Euren Frieden damit machen. Das sagt sich sicherlich einfacher, als es ist. sonst würdet Ihr Euch nicht so fühlen wie Ihr es nun tut, ist mir durchaus bewusst."
    Sie stand auf und machte sich langsam auf den Weg zurück zur Hütte. Sie hatte genug Decken und etwas Stroh, um ihm auch ein bequemes Lager aufschichten zu können und genau das würde sie nun tun.

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    Veteran Avatar von Calan
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    Unter einer dicken Wolkendecke musste, irgendwo, die Sonne verdeckt sein. Ein schwacher, milchiger Schimmer zeigte ungefähr, wo sie stand, doch nur ein Bruchteil ihres Lichtes erreichte den Boden, der noch immer vom Regenschauer feucht und matschig war. Es war ein grauer, trister Anblick, und jegliche Farbe schien aus der Welt herausgesogen, als ob sich eine dunkle Kraft ihrer bemächtigt hätte.
    Ungeduldig trommelte Calan mit den Fingern auf dem Holz seines Speeres herum, auf den er sich stützte. Er hatte die Türe geöffnet und stand im Rahmen, während er in die Ferne blickte. Das Zucken der Blitze hat inzwischen aufgehört, doch der Regen kam und ging, tränkte den Boden wieder und wieder, bildete Pfützen und Lachen und rann schließlich in kleinen Rinnsalen durch den Sand und ins Meer. Eigentlich hatte er sich schon längst wieder auf dem Weg machen wollen. Andererseits – wer kein Ziel hatte, brauchte keine Angst zu spät zu kommen.
    Das Brausen des Windes und das Prasseln des Regens zog erneut an. Eine plötzliche Windbö drückte ihm den Regen ins Gesicht. Der Varanter wich zurück, wischte sich mit dem Ärmel seines Leinenhemdes trocken und schloss die Türe schnell, damit nicht mehr Feuchtigkeit als nötig ins Innere drang.
    „Hätte man mir früher gesagt, dass hier Wasser vom Himmel fällt, hätte ich es für einen Segen und ein Wunder gehalten. Heute bin ich genervt davon…“

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    Sommerliche Regenfälle hatten ihr noch nie etwas ausgemacht und hätte sie keinen Gast gehabt, so wäre Murielle vielleicht sogar auf den Gedanken gekommen, bei diesem Wetter schwimmen zu gehen, zumindest sobald sich das Gewitter verzogen haben würde. Dennoch war sie froh, als Calan die Tür wieder schloss. Sie mochte es nicht, wenn ihr Fußboden nassgeregnet wurde. So etwas konnte häßliche Wasserflecken hinterlassen, die man nicht so einfach wieder loswurde.

    "Und nun?", fragte sie ihren Besucher, "Wohin wolltet Ihr überhaupt gehen, wenn Ihr mir das Stellen dieser Frage gestattet? Ihr könnt gerne hier bleiben, so lange Ihr wünscht. Es ist nicht so, dass ich mich gestört fühle, im Gegenteil, ich bin dankbar für diese Fügung und schätze Eure Gesellschaft sehr. Und ich höre Euch gerne zu. Ihr habt sicher noch viel zu erzählen."

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    Veteran Avatar von Calan
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    Wohin? Eine gute Frage, die auch Calan nicht beantworten konnte. Er war in den letzten Jahren recht ziellos über die Insel gewandert, mal in Begleitung, mal allein, mal durch die Sümpfe von Tooshoo, mal im Ackerland vor Stewark. In all der Zeit hatte er sich nie gefragt, wohin er gehen sollte. Er hatte sich gefragt, wo er eine Mahlzeit oder eine Bleibe finden konnte, aber mehr als ein paar Tage war er nie in einer Gegend gewesen.
    „Wo auch immer ich Arbeit finden kann“ antwortete Calan. Zugegeben, die Arbeit war nicht sehr zufriedenstellend. Bei der Ernte helfen, eine Scheune errichten – er war weder Bauer, noch Zimmermann.
    „aber ich schätze, das kann ich heute vergessen, und das ist die beste Unterkunft, die ich seit langem hatte.“ Calan lächelte.
    „Allerdings kann ich nicht für die Gastfreundschaft aufkommen. Mein letztes bisschen Geld ging für eine dünne Suppe drauf.“

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    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Mit einer leichten, beiläufigen Bewegung ihrer Hand wiegelte Murielle ab.
    "Darüber solltet Ihr Euch nun wirklich keine Gedanken machen, immerhin habt Ihr den Jungen gerettet. Habt Ihr das etwa schon wieder vergessen? Und wie gesagt, bleibt so lange Ihr wollt, ich freue mich über Eure unerwartete aber nicht unangenehme Gesellschaft. In letzter Zeit habe ich auch häufig darüber nachgedacht, von hier zu verschwinden, aber letzten Endes hat es sich bisher nicht ergeben. Wisst Ihr, ich habe einen Bekannten, Onyx. Ein Kerl wie ein Baum! Ich habe überlegt ob ich wohl nach ihm suchen gehen sollte, aber ich denke tatsächlich, würde er Sehnsucht nach meiner Gesellschaft verspüren, so hätte er mich gewiss schon längst aufgespürt."


    Während sie redete, schnitt sie das köstlich riechende Brot, welches die Fischersfrau für sie mitgebacken und am Morgen herübergebracht hatte in Stücke.

    "Dann habe ich nachrüber nachgedacht, nach Khorinis zurückzukehren, aber es ist nicht besonders realistisch, eine Überfahrt nach dort zu bekommen und ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, was ich alleine dort soll. Dann ist es hier genau so gut wie überall anders auch. Ich hatte gehofft, ich könnte mich in der Familie, die hier lebt irgendwie angekommen fühlen, aber so herzlich sie manchmal auch sein mögen, blieb der Kontakt stets seicht und ohne jeden Tiefgang. Nunja, alles andere hätte mich wohl auch überrascht."

    Sie stellte ein hölzernes Brettchen, auf welchem sie ein wenig Brot und Käse für ihn angerichtet hatte vor Calan auf den kleinen Tisch, während sie sich daran machte, den Tee aufzugießen.

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    Veteran Avatar von Calan
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    Dankend nahm sich Calan ein Stücken von dem Käse und steckte ihn sich in den Mund und kaute nachdenklich. Tatsächlich hatte er für einen Moment den Jungen auf den Pier vergessen. Zu lange schien es schon her. Das war ein warmer Sommertag gewesen und heute war ein betrübter Regentag. Es war, als ob eine Ewigkeit dazwischen gelegen hätte.
    „Nach Khorinis fahren derzeit wohl nur die königlichen Schiffe“ sagte der Varanter nach einer Weile. „und wenn jemand ein Schiff hat, das die Reise überleben könnte, fährt er nur mit Erlaubnis der Krone. Und die lässt sich gut bezahlen. Ich habe eine ähnliche Erfahrung gemacht, als ich nach Varant gegangen bin. Hat meine Ersparnisse komplett aufgezehrt. Vermutlich sitzen wir hier also fest.“
    Er nahm sich eine Scheibe des Brotes, nahm einen Bissen und dachte darüber nach, was Murielle gesagt hatte.
    „Wer ist dieser Mann, den ihr da erwähnt habt? Onyx, war es? Warum hat er den Namen eines Edelsteins? Ist er ein solches Juwel unter den Menschen?“

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    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Murielle lachte. "Oh, nein! Oder doch, wartet! Doch. Vielleicht ist er das in der Tat. Ach Calan!" Sie hatte lange niemandem mehr gehabt, mit dem sie auf diese Art hatte reden können. Zwar immer noch oberflächlich, aber nicht ganz so belanglos wie mit den Fischern. Ihr eigenes Lachen war ihr fremd geworden und sie war überrascht, es nun wieder so häufig und aus tiefstem Herzen kommend zu hören.

    Während sie weitersprach, lächelte sie ihn an.
    "Er hat einen etwas dunkleren Teint als wir. Vielleicht daher der Name, aber sicher bin ich mir nicht. Wir lernten uns kennen, als ich bei Osmo dem Heiler im Bluttal in die Lehre ging. Wenn man das so nennen kann. Ich habe Kräuter gesammelt und viel über deren Eigenschaften gelernt. Wartet einen Augenblick.."

    Murielle stand auf und ging zu der einfachen Truhe, die in einer Ecke der Hütte stand. nach nur wenigen Augenblicken hatte sie ein dickes Buch hervorgekramt. Damit ging zu ihrem Gast zurück an den Tisch und zog ihren Hocker neben den seinen, damit sie beide gleichzeitig ihre Nasen in den staubigen Wälzer stecken konnten.

    "Hier habe ich alles aufgezeichnet und aufgeschrieben.", sagte sie nicht ohne eine Spur von Stolz in ihrer Stimme.
    "Da steht etwas über alle Pflanzen, die wir gesammelt haben. Es waren auch einige sehr seltene Exemplare dabei. Onyx war mir von Osmo als Beschützer zur Seite gestellt worden. Manche Kräuter wachsen nur an besonderen Stellen und die sind nicht immer ungefährlich. Zwar kann ich ein wenig mit dem Schwert umgehen, aber meine Fähigkeiten waren - und sind es inzwischen wieder - ziemlich eingerostet. Wir haben viel miteinander durchgemacht. Sehr viel."

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    Interessiert blickte Calan in das Buch, während sein Verstand noch halb bei dem ominösen Fremden hing. Sein eigener Teint war etwas dunkler als der der Myrtaner, und dieser Onyx soll noch dunkler sein? Auf einigen der südlichen Inseln soll es Menschen geben, deren Haut Ebenholz glich, so hatte er zumindest gehört. Doch auf Argaan selber war er noch keinem begegnet.
    Er schüttelte den Gedanken des schwarzen Hünen ab und fokussierte sich auf das Buch, das Murielle ihr zeigte. Tatsächlich schien es Informationen zu allen Pflanzen zu beinhalten, die er kannte, und noch viel mehr, von denen er noch nie gehört hat. Sie hatten zum Teil wunderliche Eigenschaften. Heilende, tödliche, Rausch induzierende. Pflanzen, deren Blätter man auf Schürfwunden auflegte, und Pflanzen, mit deren Saft man Pfeilspitzen bestrich.
    „Murielle.“ sagte Calan plötzlich, als ihm eine ebenso gewagt wie wahnwitzige Idee in den Sinn kam. Konnte er es wirklich wagen? Sollte er es wirklich aussprechen? Er musste es, vielleicht war es die Lösung seiner Probleme.
    „Gibt es…“ er stockte, als ihm klar wurde, wie unwahrscheinlich es war, doch mit aufgeregter Stimme sprach er weiter. „gibt es irgendeine Pflanze… ein Kraut vielleicht, oder einen Pilz oder sowas… mit dem man in Kontakt mit dem Göttern treten kann? Oder ihnen näher kommen kann? Ihre Absichten verstehen kann? Irgendwas in der Art?“

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    Wieder musste sie lachen. Und hatte es dieses Mal wirklich schwer, wieder damit aufzuhören.
    "Ehrlich, da kenne ich nur - so wie Ihr vermutlich auch - Sumpfkraut und einige Pilze."
    Sie ging wieder zu der Kiste rüber und wühlte kurz darin umher.
    "Ha! Hier! Seht Ihr, wusste ich es doch, irgendwo hatte ich noch einen kleinen Rest." Triumphierend hielt sie ein kleines papiernes Päckchen in die Höhe und warf es dann vorsichtig auf den Tisch rüber.
    "Sumpfkraut. Und nichtmal Schlechtes. Wenn Ihr wollt? Oh und was die Pflanze angeht, von der ihr spracht: Ja. Ich habe nie davon gehört, aber wenn jemand das wissen könnte, dann Osmo. Er ist kein einfacher Charakter, sehr exzentrisch. Aber ja. Vielleicht finden wir eine Möglichkeit, ihn dazu zu bewegen, sein Wissen mit uns zu teilen. Es wird ihn sicher freundlich stimmen, wenn es uns gelingt auf dem Weg zu ihm einige seltene Kräuter zu sammeln. Die können wir ihm mitbringen."

  17. Beiträge anzeigen #317
    Veteran Avatar von Calan
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    Irritiert zog Calan die Augenbrauen zusammen. Sumpfkraut? Er hatte in seiner Zeit in Thorniara mehr als nur einen Sumpfkrauthändler verhaftet. Jeder in der Stadtwache wusste, dass das Zeug gefährlich ist. Es ruinierte Leben, trieb ehrbare Bürger in Abhängigkeit, in eine Spirale von Armut und Gewalt. Eine Spirale, die meistens nur durch den Tod oder den Kerker aufgehalten werden konnte…
    Doch er war kein Mitglied der Stadtwache mehr. Und das was er vorhatte, würde wohl noch darüber hinausgehen. Er war sich sicher, dass einige seiner ehemaligen Ordensbrüder seinen Vorschlag als Häresie, als Verbrechen auslegen würden. Und auch Calan musste zugeben, dass es unorthodox war. Der Versuch, mit einem Gott in Kontakt zu treten, oder ihn auch nur näher zu kommen – all dies kam ihn wahnwitzig vor. Wie Hybris. Ein einfacher Mann, nicht mehr als ein Bauer im göttlichen Spiel, der die Meinung eines Königs, eines Gottes hinterfragte. Und doch war es die einzige Hoffnung, die er seit Jahren hatte.
    „Nein, danke.“ sagte er dennoch zu dem angebotenen Sumpfkraut. Es war schwer, die alte Gewohnheit abzuschütteln. Und doch, das was er für sein Vorhaben brauchte, ging noch weit, weit darüber hinaus.
    „Wo ist dieser Osmo? Ich würde mich gerne mal mit ihm unterhalten. Auch wenn ich von Kräuter nichts weiß, und ihm höchstens einen Blumenstrauß pflücken könnte...“

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    Nachdem sie die letzten Gegenstände in ihrer geräumigen Tasche verstaut hatte, folgte sie Calan zur Tür der Hütte, in welcher sie nun fast ein Jahr gelebt hatte.
    Sie überreichte ihm eine weitere kleine Tasche, in der sie etwas Proviant verstaut hatte, den die Fischersfrau ihr mitgegeben hatte, als sie bei ihr gewesen war, um sich zu verabschieden.
    "Kannst du mir die bitte abnehmen? Ich muss noch das Buch verstauen."
    , bat sie ihren Begleiter.

    Als auch dies erledigt war, verließen sie die Behausung und Murielle schloß das letzte Mal für entweder immer oder zumindest eine verdammt lange Zeit die verzogene Tür von außen.
    Wieder einmal. Wie oft schon in ihrem Leben?
    Sie hatte aufgehört zu zählen. Hatte aufgegeben zu versuchen, sich irgendwo längerfristig zu Hause zu fühlen. Egal wie sehr sie sich bemüht hatte, sie hatte niemals und nirgendwo dazugehört. Hatte zwar eine kurze und flüchtige Ahnung davon bekommen, wie es sich wohl anfühlen könnte, aber dabei war es stets geblieben. Irgendwann war sie immer wieder von der gleichen alten Rastlosigkeit eingeholt worden, welche sie einesteils verabscheute, anderenteils aber auch als zu sich dazugehörig akzeptiert hatte.
    "Es gibt ja nicht viele Möglichkeiten, sondern nur einen einzigen Weg: Vorwärts."
    Sie deutete auf den Pfad, der sich von den Hütten fortwand und tat den ersten Schritt.
    Geändert von Murielle (30.07.2019 um 12:08 Uhr)

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    Vorwärts, immer vorwärts. Einen Schritt auf den anderen, im Grunde war es nicht schwer. Und doch zehrte es an Calans Kräften und Nerven. Nicht nur, dass das Terrain über Felsen, durch Wäldern und aufgeweichten, matschigen Boden führte. Noch dazu, war die Wahl ihres Weges fast schon zufällig. Zwar wussten sie, wen sie suchten, doch nicht wo. Und so überließen sie die Wegführung den Füßen, die sich ihren Weg bahnten, immer weiter und weiter.
    Ihre Reise wurde nur dann unterbrochen, wenn sie meinten eine besondere Pflanze gefunden zu haben, welche vielleicht die Wundheilung beschleunigen konnte, magische Wirkungen verstärken konnte, einfach nur besonders gut roch oder andere Eigenschaften hatte, die es wert machte, sie mitzunehmen. Murielle stellte sich in diesem Unterfangen weitaus geschickter an als Calan, der sich in der Flora Argaans auch nach all den Jahren, die er inzwischen hier verbracht hatte, nicht auskannte. Mehr als einmal war er kurz davor, etwas zu pflücken, nur um kurz zuvor gewarnt zu werden. Vor Giften, vor unschönen Ausschlägen oder vor Pflanzen, die ganz und gar nicht geeignet waren, sie Osmo zu übergeben. Brennnesseln, Gräser und andere Pflanzen… der Varanter konnte mit etwas Glück Weizen von Reis unterscheiden.
    Und so hatte sich der Beutel der Gaben, die sie Osmo bringen wollten nur langsam gefüllt, doch einige besondere Exemplare hatten sie – oder eher: Murielle – inzwischen gefunden.

    Calan warf einen Blick in den Himmel um zu sehen, ob sie in die richtige Richtung gelaufen sind, und nicht etwa im Kreis. Zufrieden nickte er. Grob nach Osten, alles andere war dem Zufall überlassen.
    „Und du weißt wirklich nicht, wo Osmo sein konnte?“
    fragte er gefühlt zum zehnten Mal an diesem Tag, obwohl er die Antwort schon kannte. „Wir sollte bald das Bluttal erreichen, wenn ich mich nicht irre. Vielleicht weiß es ja dort jemand?“

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    Drachentöter Avatar von Murielle
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    Murielle seufzte und antwortete dann: "Ich weiß, wo ich Osmo das letzte Mal gesehen habe. So viel ist seither geschehen, so viel Zeit vergangen. Vermutlich wüsste ja auch niemand, wo er nach mir suchen müsste. Oder nach Euch." Sie zwinkerte ihm amüsiert zu.

    "Vielleicht finden wir Onyx. Oder eine Spur von ihm. Irgendeinen anderen Waldläufer. Ach kommt schon, Calan. Ihr wisst doch genau so gut wie ich wie so etwas läuft. Man marschiert planlos umher und der Rest fügt sich dann irgendwie von selbst."

    In ihrem Kopf allerdings arbeitete es und bei ihren düsteren Gedankengängen war ihr weder zum Grinsen noch zum Zwinkern zumute. Was würden sie im Bluttal vorfinden? Gab es dort überhaupt noch jemanden? Wenn nicht, wohin sonst sollten sie sich wenden? Wenn sie Osmo nicht fänden, so wären sie in der Verlegenheit einen anderen machtvollen Kräuterkenner ausfindig machen zu müssen. Eventuell einen Alchemisten. Nur wo?

    "Nur für den Fall. Irgendwie beschleicht mich ein ungutes Gefühl, wir müssten eigentlich auch langsam angekommen sein. Falls wir Osmo nicht finden sollten, müssen wir uns überlegen, wo wir sonst jemanden mit seinen Fähigkeiten aus dem Hut zaubern können. Irgendwo auf dieser verfluchten Insel muss es doch Magier geben. Die kennen sich mit so etwas doch für gewöhnlich aus. Habt Ihr gar keine Idee?"

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