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Hafenviertel - Hafenkneipe
Der Ergraute brummte und ließ ein kurzes unruhiges Zucken der Lippen erkennen. Sein Kopf war leicht geneigt und fettige Strähnen bedeckten sein Gesicht zum Teil. Die dunklen Augen starrten durch den Vorhang aus grauen und langen Haarsträhnen, die Bardasch einmal kurz beiseite blies. Ja – er assoziierte mit dem Gesicht des Anderen etwas scheinbar Bekanntes, doch es war lange her und dem einstigen Nomaden nicht möglich Redlefs Anlitz eindeutig zuzuorden. Aber alleine das Gefühl eines unbestimmten Deja vue`s mahnte den Säufer zur Vorsicht.
„Nöö“, antwortete der Mittellose, bezogen auf die letzte Frage seines Tischnachbarn. Er wusste lediglich, dass dieser Penner nun mit seiner Frage zusätzliche Gelüste auf den Plan rief. Ja, eine Kombination aus einem Eimer Bier und ein guter, dröhnender Stängel. Das wär´s.
Bardasch schmatzte, schluckte und sog die von Kraut geschwängerte Luft tief in sein Innerstes, bis seine Zunge schließlich über seine Lippen glitt. Und noch einmal schluckte der einstige Nomade, der nun seine geballten Fäuste auf dem Tisch platzierte und den Oberkörper einmal durchdrückte. Schließlich faltete er die Hände, schüttelte das strähnige Haar und wandte sich seinem Gegenüber mehr zu.
Das Seil seines Schaukelpferdes los gelassen und ein weiteres Brummen später: „Etwas Gutes also, gutes Kraut“, Bardasch nickte und überlegte, „ich wüsste da was, aber ohne feuchte Kehle und leerem Magen wird das nix. Ich nehme auch Euren Mantel“.
Bardasch gedachte den Anderen gen Lagerhaus zu locken. Das Hafenviertel bot genug Gelegenheiten einem Ahnungslosen einfach einen über den Schädel zu ziehen, wenn`s denn sein musste.
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»Meinen Mantel?«, Redlef strich über das Hasenfellfutter, »Ein wenig viel für eine einfache Information, oder?«
Der Ordensbruder warf einen kritischen Blick auf die abgerissene Gestalt. Sein strähniges Haar verdeckte das meiste des hageren Gesichts. Seine Wangen waren eingefallen und unrasiert. Ein wenig tat ihm der Fremde leid. Er erinnerte sich ihn an seine Zeit im Kerker. Inzwischen war sich Redlef sicher keinen wanderden Händler vor sich zu haben. Einen einfachen Bettler aber auch nicht. War er ein Veteran? Kam ihm der Mann daher bekannt vor?
»Aber bei Innos, ein Essen ist drin…«
Redlef hob die Hand und rief die Schankmagd herbei. Eine rundliche Frau mit einem breiten Grinsen kam zu ihnen herüber geschwebt. Sie blieb neben Redlef stehen und gerade, als dieser seine Bestellung aufgeben wollte, stieß sie ihn schwungvoll mit der Hüfte an, sodass es ihn beinahe von dem wackeligen Hocker gerissen hätte, hätte er sich nicht auf seinem Stock abstützen können. »Na Süßer, was darf’s sein? Die Spezialität des Hauses?« Sie zwinkerte ihm zu und Redlef versuchte auf seinem Hocker mit entgleitenden Gesichtszügen so weit wie möglich von ihr weg zu rutschen.
»Äh… Nein, danke…«, brachte er stammelnd hervor, »nur… nur den Mittagstisch und ein Bier.«
»Ach, schade, ich hätte so ein gutes Angebot für dich, Rotschopf!«, antwortet sei mit einem glucksenden Unterton. Dann wandte sie sich Redlefs Tischnachbar zu: »Und du?«
»Für ihn dasselbe!«, antwortete Redlef zerknirscht, bevor sein Gegenüber es konnte.
»Ja fein, ich sehe, was ich für euch machen kann…«, flötete sie und entschwand.
Redlef entließ die angehaltene Luft. Der Tabak in der Pfeife war ausgegangen und er steckte sie daher seufzend in den Mundwinkel. Mit dem erneut an der Kerze entzündeten Spahn stocherte er paffend so lange darin herum, bis sein Pfeifchen wieder glomm.
»So lange wir auf das Essen warten, könntet Ihr mir erzählen, was Euch in dieses Rattenloch treibt und wo hier ein vernünftiger Tabak zu kaufen ist.«
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Hafenviertel - Hafenkneipe
„Wer redet von kaufen?... Lagerhaus“, brummte der einstige Nomade undeutlich in seinen Bart, während er dem Weibsbild hinterher sah und seine ungepflegten Nägel sich in die geballten Fäuste gruben.
„Ich lebe hier“, sprach Bardasch nach etwas Zögern, unruhig mit dem Oberkörper wippend und schließlich, den Blick wieder gesenkt und das Anlitz unter Haaren verborgen. Was sollte er Redlef antworten ohne den Mann an seiner Seite auf falsche Gedanken zu bringen?
„Wozu braucht Ihr einen Stock?“, lenkte der Ergraute von dem Thema ab, „Wartet“, fuhr Bardasch fort und zog sein Bein unter dem Tisch empor, „Hier…“, meinte er und zog das Hosenbein hoch, das der Interessierte Mensch einen Blick auf die Prothese des Ergrauten werfen konnte. Und wieder quitschte das Ding, welches aus Sklettknochen und Metallverbindungen bestand. Und wieder erschlafften die metallenen Glieder, dass das Ding kurz wie eine Marionette schlackerte. Zum Glück ein kurzzeitiger Aussetzer, der in letzter Zeit jedoch immer häufiger wurde. „Verdammter Penner!... Wenn ich Euch nochmal sehe“, hust, grummel, „nein, nicht Ihr“, HUST! – wiegelte der einstige Nomade ab und lies die Lunge bellen. Anfallartig sog der Nichtsnutz die Dunst geschwängerte Luft tief in sein Innerstes und lies sie lauthals, röchelnd, keuchend, feucht und laut aus seiner Lunge entweichen. Wie ein Flummi landete das Störende auf dem Boden, um schließlich mittels Sklettfuss dingfest gemacht zu werden. „Hab ich Dich!“.
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Khorinis, Hafenviertel, Kate von Hugol
Enttäuschung. Das war, was Heric als erstes verspürt hatte. Herbe Enttäuschung. Natürlich war er kein Narr und hatte durchaus gewusst, dass die einstige florierende Hafenstadt Khorinis einen Niedergang erfahren hatte … aber, dass er derart tief gewesen war, das hatte er einfach nicht erwartet. Seine Mutter – Adanos hab sie selig – hatte Schmuck aus Khorinis besessen, erstklassige Goldschmiedekunst. Wenn man die Stadt nun sah, würde man nicht einmal erwarten, dass zusammengenähte Kartoffelsäcke und eine rostige Eisenkette als Schmuck von hier kommen würden.
Natürlich sprach Heric während seiner Genesung den alten Mann namens Hugol darauf an. Der lächelte daraufhin nur verbittert. „Wir wurden verraten, Junge, das ist der einzige und traurige Grund. Erst vom Erzverräter selbst, einem hohen Offizier der Armee, der am Ende mit den Orks paktierte und unser aller Leben verkaufte. Und später … von Rhobar dem Zweiten und seinem Nachfolger.“
Während er sprach, zerkleinerte der Barbier Kräuter in einem Mörser. Heric ging ihm dabei mehr schlecht als recht zur Hand, war er doch immer noch etwas schwach auf den Beinen. „Klingt, als magst du die Myrtaner nicht.“
„Nicht mögen? Ach Heric, ich stamme ursprünglich aus Kap Dun und habe dort das Fischen gelernt, ehe ich einige Jahre unter der Flagge der Krone zur See gefahren bin. Damals, bevor die Orkgaleeren im Zweiten Krieg die Übermacht auf See errangen. Ironischerweise ging ich auch über Bord, gar nicht weit von hier, und wurde von den hiesigen Fischern gerettet. Da ich keine Familie hatte, blieb ich hier, fischte, lebte, liebte … brach mir das Bein und … ja …“ Der alte Mann hielt kurz inne, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. „So ist das nun mal.“
Dem jungen Mann fiel keine angemessene Erwiderung ein. Natürlich, auch er hatte dereinst eine Heimat verlassen müssen, war aber noch ein kleines Kind gewesen. Und sie waren damals nur vom Bluttal nach Schwarzwasser gezogen. Er bemerkte, dass die Sache Hugol ans Herz ging.
„Ihr fühlt euch hier … verraten?“, fragte er vorsichtig.
Der Mann nickte. „Sie kehren zurück … Jahre zu spät. Die Orks besiegten sie vor über zehn Jahren. In der Zwischenzeit waren immer wieder mal Abgesandte da, meist zum Eintreiben irgendwelcher Abgaben, Männer, die Versprechungen machten, die nicht gehalten wurden. Man konzentrierte sich auf die Argaaner, nicht auf einen Teil des Reiches, der so viel für dieses gegeben hatte …“
Heric – der Argaaner – schwieg und nickte abermals nur. Der alte Mann seufzte, schüttelte den Kopf. „Na, egal, Bursche. Ich habe einen kleinen Auftrag, wenn du möchtest … du würdest mir dabei wirklich helfen.“
Die Miene des Diebes hellte sich auf. „Natürlich, Hugol, was brauchst du?“
„Ich habe da eine kleine Liste. Ich brauche einige Kräuter und etwas Verbandsmaterial. Versuch mal, dass auf dem Markt am Stadttor nahe der Kaserne zu bekommen. Und wenn du da bist … mh, halt mal Augen und Ohren offen. Informationen bekommt man hier im Hafenviertel nicht so wirklich, schon gar keine wertvollen. Und wenn, nur für viel Gold.“
Heric grinste. „Das verstehe ich natürlich, Hugol. Vorräte und Informationen, wie du wünschst.“
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Rund um Khorinis
»Haben wir jetzt genug von deinen Blümchen gepflückt?«, meinte DraconiZ grinsend und wohl wissend, dass es seinen Bruder der gerade neben ihm lief ziemlich ärgern würde. Saraliel schnaubte, sagte allerdings nichts zu dem Kommentar, was unüblich war. Eigentlich war er damit leicht aufzubringen. »Es fehlt noch eine wichtige Zutat für den Trank von Constantino«, meinte er nachdenklich. Der Paladin seufzte. Er hatte von Anfang an gewusst, dass es eine schlechte Idee war mit seinem Bruder die Stadt zu verlassen. Jetzt wo sie im Halbdunkel des Abends der Vegetation außen deutlich näher waren als den nur fern erkennbaren Außenmauern der einst prächtigen Hafenstadt wurde ihm noch einmal deutlich bewusst, dass es ein Fehler gewesen war. Doch irgendwie hatte der Magus es geschafft mit einer Mischung aus Gewissenbissen, schließlich schien er ihm einiges schuldig zu sein, weil er sich für ihn eingesetzt hatte, alten Erinnerungen an Vater und der Tatsache, dass es anscheinend wirklich wichtig für die Etablierung von Wohlstand und Frieden in der Stadt war, dazu breitschlagen lassen diesem Unterfangen zuzustimmen.
»Hmm. Das ist die Höhle von der ich erzählt habe«, der Weißhaarige kniff die Augen zusammen und schaute noch einmal genauer hin. Die Vegetation hatte sich geändert, die Zeit hatte ihren Teil dazu beigetragen, doch er war sicher. »Dort habe ich Ulrich hinein geschickt um Schleichen zu lernen. Früher wohnte dort ein Schattenläufer«, wie um seine Worte zu bekräftigen ging er einen Schritt zurück. »Ist den Göttern sei Dank wieder heil herausgekommen. Ich weiß bis zum heutigen Tag nicht, was ich mir dabei gedacht hatte«, resümierte er und bedauerte seine Entscheidung von damals. Es war töricht gewesen und ein Wunder, dass alle Beteiligten unversehrt geblieben waren. Er ging näher an die Höhle. So leise wie er konnte. Im inneren hörte er Geräusche. Langsam ging er weiter. Es roch wie damals. Er hörte ein Knurren und starke Atemgeräusche. Ein Schauer lief seine Schulter bis zur Hüfte hinunter. Ganz langsam kam er wieder zurück.
»Hmm«, machte Saraliel nur. DraconiZ legte seine Stirn in Falten. »Hmm was? Da geht Niemand rein!«, sagte er genervt. Das der Magier nicht offen seine Gedanken teilte war nicht unbedingt auffällig. Er lebte öfter in seinem anderen Kopf als anderswo. »Nun, die Zutat ist dort«, meinte der Zauberer und deutete mit dem Finger auf die Höhle. Der Assassine zog die rechte Augenbraue hoch. »Nein«, sagte er dann als er zum Eingang und zu Saraliel geschaut hatte. »Was immer da drin ist, wir lassen es schlafen. Ich habe dir gerade erzählt, was da höchst wahrscheinlich drin ist. Es gibt sicher eine andere Möglichkeit«. Der Hüne vor ihm fuhr sich über das Kinn. »Natürliche Stärke«, Saraliel dachte nach. »Es gibt Anderes ja. Nicht vieles leider. Es wird nicht ohne die Repräsentation wahrer natürlicher Stärke gehen. Unser Unterfangen wäre umsonst.«. DraconiZ klopfte gegen Saraliels Schulter. »Nun wir sind ja nicht lebensmüde. Wir denken ein wenig nach und dann finden wir schon was«. Er wandte sich zum Gehen, doch der Feuermagier blieb stehen. »Mein Gefühl sagt mir, dass es sein soll«. Der Klingenmeister schluckte, dann erhob er drohend den Zeigefinger. »Du willst einen von den Göttern verfluchten Schattenläufer herausfordern? Falls da noch etwas drin ist und wenn ich richtig rieche, dann riecht es noch genauso wie vor all der Zeit, dann sind wir beide danach tot. Lass gut sein«
»Der Trank ist wichtig. Constantino ist ein alter Mann und ich denke Khorinis braucht seinen Alchemisten. Er gibt ihm seine Kraft wieder. Damit und mit Innos’ Gnade lebt er noch ein wenig länger«. DraconiZ packte seinen Bruder am Kragen, was ihm aufgrund des Höhenunterschieds nicht sonderlich leicht fiel. »Wenn wir da reingehen, leben wir nicht mehr länger«, fauchte er jetzt. »Müssen wir ja nicht. Wir holen ihn einfach raus«, meinte Saraliel als er sich losgerissen hatte und aus seiner Hand ein Licht in die Höhle floss. Der Streiter schaute seinen Bruder fassungslos an. »Du...«, er wollte eine Beleidigung sprechen, doch das Knurren aus dem inneren der Höhle erschütterte ihn.
Er hatte gerade Valien in der Hand als er ihn sehen konnte. »Ganz ruhig bleiben. Geh zu dem Baum herüber. Keine hastigen Bewegungen«, knurrte er Saraliel zu, der wie erstarrt auf das mächtige Wesen schaute, was langsam aus der Höhle kam. Es schien noch verwirrt zu sein. Wie aus einem langen Schlaf aufgeweckt. Es war alt. Das Fell war grau, die Bewegungen wirkten schwerfällig. Ob es der Gleiche war? DraconiZ konnte es nicht sagen. Nur, dass es furchterregend genug war. Er fühlte wie er den Griff des Schwertes so fest umschloss, dass kaum noch Blut durch seine Finger floss. Er spürte die Angst in sich aufkeimen. Was wohl geschehen würde, wenn er jetzt starb? Würde Beliar ihn nehmen? Was für ein ruhmloses Ende nach all dem Weg den er zurückgelegt hatte. Rennen hatte keinen Zweck. Das Biest wäre ohnehin schneller. Auch Verstecken war aussichtlos. Die Sinne des Untiers waren besser als ihre. Er versuchte die Schattenmimik zu rufen. Versuchte mit den Schatten des Abends zu verschmelzen um einen Vorteil zu erlangen, doch sie verweigerten sich. Er konnte die Verbindung nicht mehr spüren. Was auch immer in seinem Inneren geschehen war und noch immer brodelte, es hatte sich gewandelt. Er schluckte.
Dann begann es. Alles ging rasend schnell. Das Biest wurde gewahr, dass er da war. Saraliel verlor die Nerven und schleuderte Magie gegen den Schattenläufer, doch es war DraconiZ den die Bestie im Visier hatte. Er versuchte mit einem Sprung auszuweichen, doch eine Klaue erwischte ihn und schleuderte ihn durch die Luft. Keuchend kämpfte er sich auf die Beine. Das Biest setze zum Sprung an. Eine mörderische Ansammlung von Klauen und Zähnen. Es kam ihm vor als würde der Schlund Beliars ihn versuchen zu verschlingen. Es donnerte erneut und die Luft vibrierte vor Magie. Der Assassine ergriff seine einzige Chance und sprang nach vorne. Riss mit aller Gewalt die geweihte Klinge in die Höhe. Dann merkte er blendenden Schmerz in seiner rechten Gesichtshälfte. Dann war sie wieder da. Dunkelheit. Er fühlte, dass er etwas tun musste. Er rief die Magie im Inneren. Lies sich ganz von dem Zorn verzehren der aus seinem Inneren strömte. Die gerufene Macht lies ihn weitermachen. Er spürte Flüssigkeit sein Gesicht herunterlaufen. Valien hatte sich im Körper des Schattenläufers verkeilt. Mit allen seinen Mitteln trieb er die Klinge tiefer ins Innere. Wieder ein Schlag. Diesmal gegen seine linke Schulter. Er wusste nicht was er tat. Schrie er? Er spürte wie die Klinge tiefer drang. Fühlte wie seine Wut die Klinge zwang weiter zu machen. Unendliche Augenblicke. Dann lies die Magie nach und er verlor endgültig das Bewusstsein.
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Rund um Khorinis
Beide – Monster und Paladin - zuckten noch einmal, dann war Stille eingekehrt. Saraliel die Macht der Windhose um den Schattenläufer von seinem Bruder zu lösen. Er sah übel aus. Eine Gesichtshälfte entstellt. Die linkte Schulter unnatürlich verdreht. Das Biest keuchte noch einmal auf und schaute ihn aus bösartigen Augen an. Die Wunde durch das geweihte Schwert würde es früher oder später richten. Es versuchte auf die Beine zu kommen, doch es gelang nicht. Der Magier rief die Kraft Innos und lies erneut einen Blitz aus seinen Händen auf das Monster niederfahren. Ein hässliches Geräusch. Dann war es vorbei.
»Es.. es musste sein«, meinte er als er neben Draco kniete und ihn anschaute. Er glaubte seine eigenen Worte nicht. Irgendwie hatte er mit einem, nun besseren Ausgang gerechnet. In den Heldengeschichten hatte es nicht so geklungen, dass diese Wesen waren, wie sie nun einmal waren. Er legte seine Hand auf das blutende Gesicht seines Bruders. Er fühlte wie er zitterte. Er konnte das Leben noch spüren, was in ihm war. »Konzentrier dich«, meinte er zu sich selbst. »Konzentrier dich«, meinte er noch einmal und atmete immer schwerer. Er hatte einen Fehler gemacht. Jetzt musste Innos’ ihm die Kraft geben ihn zu revidieren. Er musste es einfach tun. Er rief seine Magie, doch er merkte, dass seine Reserven schon einmal größer gewesen waren. Er verstärkte den Funken in seinem Bruder. Dann fühlte er die Magie seines Bruders und konzentrierte sich darauf.
»Du musst mir mit deiner Magie helfen«, sandte er in den Geist seines Bruders. »Deine Wunde ist stark und ich bin erschöpft. Hilf mir«, forderte er. »Gib mir alles was du noch übrig hast«. Er wartete einige Augenblicke. Doch es geschah nichts. Die Magie die er am Ende genutzt hatte, hatte ihn völlig aufgezehrt. Saraliel tat was er konnte, doch die Wunde war zu groß für seine eigene Erschöpfung. Die Klaue der Bestie hatte zu viel zerstört. Dunkelheit umfing ihn von außen und von Innen. Was sollte er tun? Er spürte das warme Blut auf seiner Hand. Blut. Er dachte an die Begebenheit in Geldern. Uralte Magie. Die direkte Repräsentation des Lebens. »Blut von meinem Blut«, meinte er als er sich die Blutstropfen anschaute. Es gab eine Magie über der Magie der Lehren. Eine freie Magie. Viele sagten, dass es individuell war, welcher Magier welchen Weg ging. War das sein Weg? Seine Blutlinie? Er schaute noch einmal auf Draco hinunter, der dort wie tot lag. Wenn er es schaffte ihn zu heilen würde er sich einiges anhören dürfen. Er grinste einen flüchtigen Augenblick. Dann raffte er sich und konzentrierte sich auf das Blut.
Ein Impuls unfassbarer Energie durchströmte seinen Körper. Es fühlte sich an als ob die Energie aus dem Blut seiner Bruders durch seine Hand in ihn floss und genauso stark wieder aus seiner anderen Hand in Draco hineinfloss. Ein kurzer Moment von Ekstase durchflutete den Magus. Dann fiel er nach hinten über. Er keuchte und blieb auf dem harten Boden liegen. Was für eine Szene.
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Hafenstadt
Wie die meisten anderen Würdenträger, die die Expedition begleiteten, quartierte sich Françoise im Ratshaus der Stadt ein. Es war ein schlichtes Eckzimmer, doch im Gegensatz zum Rest der Stadt in einem tadellosen Zustand. Die Einrichtung war utilitär; ein Schreibtisch, ein Bett und ein Schrank. Mehr gab es nicht und mehr brauchte Françoise auch nicht. Vom Schreibtisch aus, welcher unmittelbar vor dem Fenster stand, hatte sie einen guten Blick auf den hinteren Teil des oberen Viertels. Sie konnte sogar den Leuchtturm in der Ferne von dort erkennen. Das andere Fenster erlaubte einen Blick ins Inselinnere. Irgendwo dort lag das Kloster, versteckt in seinem Tal. Françoise hätte lügen müssen, wenn sie behauptete, nicht ein wenig neugierig auf ihr altes Zuhause zu sein. Bis sie tatsächlich dorthin aufbräche, würde gewiss noch etwas Zeit verstreichen. Die Nöte der Stadt überwogen einfach das persönliche Interesse der Priesterin.
Nach ihrer Meditation erhob sich Françoise vom Boden ihres kleinen Zimmers. Es war an der Zeit, Gorax' Fortschritte am Tempel zu inspizieren. Die Kultstätte zügig herzurichten war durchaus von Bedeutung. Es war ein deutliches Signal, dass Innos' wachsames Auge wieder auf der Stadt weilte. Viele Bürger mochten sich vom Königreich in den Jahren von dessen Abwesenheit abgewendet haben. Den Glauben an die Götter verlor man jedoch nicht. Im Gegenteil flüchteten sich in schweren Zeiten umso mehr darin. So gesehen war es nüchternes Kalkül der Obersten Feuermagierin gewesen, der Restaurierung des Tempels Priorität zuzuweisen.
Als Françoise ihr Zimmer verließ, wartete Konstantin bereits vor der Tür auf sie. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg durch das obere Viertel. Obwohl es verhältnismäßig gut in Schuss war, wirkte das Viertel zuweilen sehr gespenstisch. Eine ganze Reihe der sonst luxuriösen Anwesen stand verwaist. Dass die Besitzer zurückkämen, sobald die Stadt wieder im alten Glanz erstrahlte, bezweifelte Françoise nicht für einen Moment. Sobald es wieder etwas zu holen gab.
Auf dem Tempelplatz angekommen, sah die Priesterin gleich die Ergebnisse von Gorax' Arbeit. Seiner und vor allem der der Novizen, die emsig Efeu entfernten, Leitern rauf und runter jagten und das weiße Gestein mit Bürsten malträtierten.
»Innos zum Gruß, Schwester.«, rief der rotnäsige Feuermagier, als er Françoise und Konstantin nahen sah.
»Magie zum Gruß, Gorax.«, erwiderte sie. »Wie ich sehe kommt die Arbeit gut voran. Sehr schön. Man erkennt schon wieder, dass es ein Tempel ist.«
»Ja, die Novizen haben ganze Arbeit geleistet. Sie sind wirklich zu gebrauchen.«
»Strapaziere sie nicht zu sehr.«
»Wo denkst du hin! Wäre Parlan hier, müssten die Burschen wirklich hart arbeiten.«
Françoise konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. In der Tat war der Tempelvorsteher aus Vengard für seine unbarmherzige Einstellung bekannt. Sie selbst hatte es nicht zu spüren bekommen, als sie noch Novizin gewesen war. Fleißig und gelehrsam war sie gewesen, so dass selbst der alte Mann nichts an ihr auszusetzen hatte.
»Bevor ich es vergesse.«, sagte Gorax dann. »Ein Bauernehepaar war bei mir gewesen. Sie sagten, ihnen gehöre der Bauernhof im Süden. Der Bauer, ich glaube er hießt Lobart, sagte, dass er gerne wieder dort leben würde.«
»Was hindert ihn daran? Banditen?«
»Oh nein. Offenbar gibt es wohl keine Menschenseele südlich der Stadt. Dafür umso mehr Monster. In den Bergen gibt es einen alten Turm, dem die Bürger die Schuld dafür geben. Nachts hören sie von dort laute Schreie und sehen Lichter über ihm tanzen.«
»Keine nette Nachbarschaft. Hat die Miliz sich in den Jahren denn nicht darum gekümmert?«
»Scheinbar wollten die sich nicht mit übernatürlichen Wesen anlegen. Sie sind auch kaum dazu in der Lage, wenn ich mir die meisten von ihnen angucke.«
»Dann fällt das in unseren Aufgabenbereich.«
»Sehe ich auch so. Wenn der Bauer seinen Hof wiederbekommt, wird er gewiss loyal gegenüber der Stadt sein. Am besten wir schicken ein paar Paladine, um nach dem Rechten zu sehen.«
»Ich glaube, ich werde mir die Sache selbst mal genauer ansehen. Was meinst du, Konstantin?«
»Das wäre mal eine gelungene Abwechselung.«
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Rund um Khorinis
Er schreckte hoch so als hätte er in einem tiefen Schlaf gelegen. Vor seinen Augen flimmerte es hell und die Morgensonne erhellte die Szenerie. Er hörte Vögel zwitschern und das Rauschen des Windes. Der Assassine stöhnte auf und rollte sich schwer auf die Seite. Es kam ihm vor als wäre eine Kutsche über ihn gefahren. Er hustete. Sein ganzer Körper schrie nach Erholung. Es war als hätte eine Macht sämtliche Energie aus ihm heraus gesaugt. Mühevoll kam er auf alle Viere und kämpfte sich schließlich auf die Beine.
»Es geht dir besser«, meinte Saraliel leise Er war aufgestanden, als er die Gehversuche seines Bruders entdeckt hatte. Der Klingenmeister taumelte mehr als er ging einen Schritt nach vorne und verpasste dem Magier eine Ohrfeige. Dieser wankte nach hinten. Für einen Moment sah er die Wut in seinem Gegenüber, doch die verflog wie Dampf aus einer heißen Quelle. »Die habe ich wohl verdient«, meinte der Magus und versuchte den roten Abdruck mit Fassung zu tragen. »Ich muss sagen«, begann DraconiZ und fühlte einen zuckenden Schmerz in Gesicht und Schulter. »Dass es mich wirklich wundert wie wir das überlebt haben. Bei allen Göttern was hast du dir gedacht?«. Der Hüne schaute gequält. »Nun Constantino ist nicht mehr der jüngste und es könnte alsbald geschehen, dass er seinen Gebrechen zum Opfer fällt. Der Trank den ich im Sinne habe kann ihm helfen. Zumindest noch eine Weile«. Der Paladin lies sich wieder niedersinken. Die Kraft war so vollumfänglich aus ihm gewichen, dass er sich fast fragte, ob sie wieder zurückkehren würde. »Schön. Dann kann er sich jetzt ja sehr glücklich schätzen, dass wir unter Einsatz unseres Lebens seines verlängern können. Wie edel von uns«, meinte er zischend und unter Schmerzen zitternd.
»Es ist unser Blut«, meinte Saraliel dann sachlich und DraconiZ lies sich nach hinten fallen. Wenn er jetzt auch noch anfing ihm irgendwelche Vorträge zu halten würde er ihn einfach mit Valien aufspießen müssen. Erschrocken sah er die Klinge tatsächlich neben sich liegen. Kein Blutstropfen war an ihr. Er schaute verwundert zu dem Schwert und dann zu dem Schattenläufer, der wie ein stinkendes Mahnmal an den Kampf erinnerte. Er wollte den Feuermagier fragen ob er wohl verantwortlich dafür war, doch der hatte gerade begonnen seine akademische Aufarbeitung des Geschehens zum Besten zu geben: »Die Quelle unserer Magie. Es ist das Blut. Ich konnte es spüren. Ganz deutlich. Als du so schwer verwundet warst. Ich… ich bin sicher es ist das Blut. Die ursprüngliche Kraft die uns durchfließt«. Der Weißhaarige sah seinen großen Bruder nur an. »Wie schön«, meinte er gequält. »Kann es nicht sein, dass sie dadurch nur verstärkt wird? Meines bisherigen Wissens nach wird die Magie von den Göttern verliehen. Für ein Ordensmitglied sind das schon blasphemische Gedanken«, tadelte er und lachte. Was er kurz darauf wieder bereute. »Hmm. Das muss erforscht werden!«, verkündete Saraliel. »Ich sollte mich direkt an die Arbeit machen«, fuhr er fort. »Zuerst«, begann DraconiZ grimmig. »Wirst du mal dafür sorgen, dass ich mich nicht fühle als wäre mir noch jeder Knochen im Körper gebrochen worden. Dann können wir über alles weitere sprechen«.
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Redlef ignorierte die erste Aussage des Streuners und die Angabe zum Aufenthaltsstatus nickend zur Kenntnis. Dann aber schwenkte das Gespräch unvermittelt auf die Krücke des Ordensbruders und Redlef warf nachdenklich einen Blick darauf. Das »Hier« lenkte seinen Blick unter den Tisch. Was er dort sehen musste, ließ ihn die Lippen zu einem dünnen, blassen Strich zusammenpressen.
»Verdammter Penner!... Wenn ich Euch nochmal sehe…«
»Wir bitte?«
»Nein, nicht ihr…« Ein fürchterliches Husten riss den Satz ab und ließ auf keine gute Zukunft für diese Lunge wetten.
Redlef zog die Augenbrauen erneut hoch, glaubte aber, dass der Mann dies nicht einmal mitbekam. Inzwischen war Red überzeugt, dass er eine Fehleinschätzung getroffen hatte. Dieser Kerl hatte ein Problem, eines welches sie zuhauf in derer heruntergekommenen Stadt umhergeisterten.
Wenig beeindruck folgte Redlefs Blick dem Schleimklumpen, der ein einem wunderbaren Bogen auf den Boden geschmettert wurde. Stören tat es ihn nicht. Er hatte gedient, hatte im Schlamm an der Front unter Männern verschiedenster Herkunft wochenlangen strömenden Regen abgewettert. Er hatte widerliches gesehen als den Auswurf eines fiesen Hustens.
Was ihn aber wirklich anwiderte, war dieses beliarsverdrehte Gebilde am Beinstumpf des Krüppels.
»Ein sehr interessante Proteste…«, begann er etwas zögernd. »Mein rechtes Bein hat sich nach einem Reitunfall im Krieg versteift, da hilft auch keine Prothese. Wer hat euch dieses Ding gebaut? Oder habt Ihr das selbst gebastelt?«
Überraschenderweise war die Magd schnell und donnerte wie aus dem Nichts zwei Schüsseln mit einer graubräunlichen Pampe auf den Tisch, in dem deutlich einige wenige Brocken Fleisch schwammen. Er hatte auf mehr gehofft, doch das Mahl sah genießbar aus. Dazu gab es einen Krug Bier, das erfreulicherweise weniger stark verdünnt war, als er vermutet hätte.
Redlef griff nach dem Löffel und begann zu Essen. Der Appetit kam nach dem Anblick der Knochen nach den ersten Bissen zurück, der Pamps war schmackhafter als er aussah.
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Khorinis Stadt - auf Patrouille
Die Blicke, die man Jacques, Léa und ihrem Stadtwächter-Kollegen, der sich in der Zwischenzeit großspurig als Tobias Valentin Harrad von Markos vorgestellt hatte (Léa hatte dabei hinter seinem Rücken nur genervt die Augen verdreht), zuwarf, seit sie das Hafenviertel betreten hatten, waren alles andere als freundlich.
Dabei hatte alles anfangs recht unkompliziert ausgesehen. Zunächst waren sie eine Weile durch das Handwerkerviertel patrouilliert, wobei Léa Jacques erläutert hatte, welche der zahlreichen geschlossenen Werkstätten einmal wem gehört hatte. Der Niedergang der Stadt war in diesem Viertel mehr als offensichtlich – kaum jeder vierte Handwerker ging noch seiner Tätigkeit nach, und die feilgebotenen Waren und Werkstücke wirkten nicht gerade so, als wären ausgerechnet die Meister ihres Faches in Khorinis geblieben. Aber zumindest begegnete man den Stadtwachen hier höchstens mit Indifferenz, aber oft wurde vor allem Léa auch mit einem freundlichen Gruß oder zumindest mit einem Kopfnicken bedacht. Hin und wieder blieb sie auch für eine kurze Unterhaltung stehen, wobei Jacques jeweils die Gelegenheit nutzte, um sich selbst vorzustellen und mit den ortsansässigen Handwerkern bekannt zu machen. Lediglich für Tobias schien all das unter seiner Würde zu sein, er schlenderte mit hinter dem Rücken verschränkten Händen und gelangweiltem Blick durch die Straßen und kickte Kiesel umher. Da sich aber niemand an seinem Verhalten zu stören oder auch nur darüber zu wundern schien, nahm Jacques an, dass der seltsame Vogel bereits ein bekanntes Gesicht sein musste.
Die tendenziell freundliche Haltung der Bürger gegenüber dem Trio änderte sich jedoch schlagartig, als sie das Hafenviertel betraten und sich in die engen, schmutzigen Gassen vorwagten, die sich zwischen den baufälligen Bretterverschlägen hindurch schlängelten, in denen die Bewohner dieses Viertels ihr von Armut und Verzweiflung geprägtes Dasein fristen mussten. Niemand grüßte sie mehr, die Menschen wirkten generell misstrauisch oder sogar von Hass erfüllt. Léa und Tobias ihrerseits wirkten angespannt, Léa hatte ihren Speer nicht mehr locker über die Schulter gelegt und Tobias‘ Hand lag auf seinem Schwertgriff.
„Wir waren lange nicht mehr hier“, erläuterte Léa, „Also … sehr lange. Wir haben das Hafenviertel seit Jahren sich selbst überlassen.“
„Zu wenig Leute?“, mutmaßte Jacques, und Léa nickte.
„Ja, wir konnten froh sein, wenn wir am Hafen selbst, im Handwerker- und Händlerviertel und auf dem Marktplatz die Ordnung aufrechterhalten konnten. So einigermaßen.“
„Nicht, dass es die Leute hier sonderlich gestört hätte“, warf Tobias abfällig ein und rümpfte die Nase, „Dieses Gesindel hat nicht lange gebraucht, um sich selbst zu organisieren. Banden von Verbrechern haben hier das Sagen!“
„… aber euer Boss, dieser Lothar, und die Brüder wollen, dass wir dem ein Ende setzen, also müssen wir Präsenz zeigen.“
„Die Brüder?“, fragte Jacques.
„Gor Na Kosh und die anderen Templer“, erläuterte Léa, „Sie führen die Stadtwache an, seit ihr vom Orden euch das letzte Mal verzogen habt.“
Jaques zog die Augenbrauen hoch: „Templer? Was ist das?“
Léa zuckte mit den Schultern: „Um ehrlich zu sein – keine Ahnung. So richtig weiß das niemand, außer ihnen selbst. So bezeichnen sie sich selbst, und sie haben auch diese Tätowierungen und immer den Kopf kahlgeschoren … Irgendwas aus ihrer Vergangenheit, eine Art Verbrüderung, ich glaube, es ist sogar irgendwie rituell. Aber sie reden nicht darüber. Und es ist mir eigentlich auch egal.“
„Bist du gar nicht neugierig?“
„Pff, doch, klar! Aber es ist ihre Sache, es geht mich nichts an. Ich muss nur wissen, dass sie hier waren und sich um die Stadt gekümmert haben während der ganzen letzten zehn Jahre – im Gegensatz zu gewissen anderen…“ Sie funkelte Jacques ärgerlich an.
„Ja, ich verstehe schon!“, sagte er beschwichtigend.
„Das will ich hoffen, ich werde nämlich nicht zulassen, dass ein paar dahergelaufene Blechdosen schlecht über die Brüder reden!“, giftete Léa schnippisch, und Tobias konnte sich ein glucksendes Kichern nicht verkneifen. Jacques seufzte. Das Vertrauen und vor allem den Respekt der Stadtwachen zu gewinnen, würde wohl ein schwierigeres Unterfangen sein, als er es sich vorgestellt hatte.
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Hafenviertel - Hafenkneipe
Das Schaukelpferd beiseite schiebend und die Prothese wieder unter dem Tisch platziert griff auch der einstige Nomade nach dem Löffel. Einmal quer durch den Teller gezogen und den Kopf tief über den Teller gebeugt landete das Besteck an den Zähnen klappernd im Mund des Nichtsnutz. Wieder und wieder zogen die Beißerchen den Eintopf vom Löffel, begleitet von einem lauten Schlüfen und einem gierigen Schmatzen. Und mit jedem Bissen sank der Schädel des Ergrauten ein Stücken tiefer, bis sein Blick auf dem Bierhumpen landete.
Da richtete der einstige Nomade sich wieder auf und genehmigte sich das Bier auf Ex, dass die gelblich gräuliche Brühe links und rechts an seinem Kinn herunter lief.
Nicht ein einziges Mal hatte der Ergraute Redlef eines Blickes gewürdigt, doch nun schielte er verstohlen zu dem Anderen, sich seiner Frage besinnend und sich an einen Mann erinnernd, dessen Haupt weißes auffälliges Haar krönte. Die Frage Redlefs und des Unbekannten ähnelten sich auf eine solche Art und Weise, das unwirkliche schemenhafte Gedanken durch die Hirnwindungen Bardaschs huschten.
Es waren Schwarze, die sich bei den Grünen einnisteten und den vor langer Zeit Roten einer Behandlung unterzogen. Der heute Blaue mit den gelben Flecken zuckte innerlich und widmete sich erneut seiner Suppe.
„Der Mann hieß…“, wie hieß er noch?, überlegte der Ergraute und schmatzte weiter, „Hurley“, erinnerte er sich nun. „Der baute das Ding und beeinflusste die metallenen Gelenkteile so, dass sie bei Belastung weniger bis kaum nachgeben. Aber wie auch immer er das damals angestellt hatte… dat Ding ist kaputt, irgendwie“, erklärte Bardasch. „Tut mir leid um Euer Bein“, brummte der Essende und deutete mit seinem Blick auf das Bein Redlefs.
Der Plan des einstigen Nomaden schien aufzugehen. Er entkam seiner Strafe, lebte auf Kosten des Orden Innos und erhielt kostenloses Übersetzen zu dem Ort, die einst die Heimat des Ergrauten war. Es wäre doch ein Leichtes die Vorzüge einer Mission zu genießen und sich den unliebsamen damit verbundenen Pflichten zu entziehen, doch je länger der Landstreicher den Mann neben sich ansah, um so mehr beschlich ihn das Gefühl, dass das Glück ihn bald verlassen könnte, wenn er sich nicht teuflich vorsah. Schließlich war er noch nicht so weit den letzten Schritt zu gehen und bedeutsame Unterstützung unter den Dieben zu suchen, wie er es einst schon einmal getan hatte. Damals mit Estefania, bevor ihn das Schicksal zu den Nomaden führte.
„Warum seid Ihr nicht zu einem Heiler gegangen“, fuhr Bardasch nun fort.
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Klappernd fiel der Löffel in die Schale, die Hand ballte sich zur Faust. Die Knöchel traten weiß hervor, ehe Redlef sich dazu zwang die Finger wieder zu entspannen. Er hob den Blick und richtete ihn finster auf seine Tischgesellschaft.
»Der Heiler ist zu mir gegangen, ich war dazu nicht mehr in der Lage«, knurrte er zur Antwort auf diese Frage, die ihn gedanklich zurück auf eine durchgeschwitzte Pritsche in die heiße Hölle eines Lazarettzeltes warf.
»Ein Magier, er versuchte mein Bein zu retten, bis er sich sicher war, dass es abgenommen werden sollte.« Bis heute hatte er den erst panischen, dann überheblichen Ausdruck in diesem Milchgesicht des blonden Halbstarken nicht vergessen, der schließlich versuchte seinen Pfusch zu vertuschen, indem er behauptete, es sei Redlefs Schuld gewesen, dass das Bein nicht heilen konnte.
»Ich bin durch mit den Heilern. Dem Bein geht es auch ohne ihre Hilfe schon schlecht genug. Ich habe mich damit arrangiert.«
Er griff erneut nach dem Löffel und leerte die Schüssel und auch seinen Humpen.
»Da Ihr Euch kaum an den Namen dieses Tüftlers erinnern könnt, denke ich, könnt Ihr mir auch nicht sagen, wo ich ihn finden kann. Vielleicht ist wäre da ja doch noch etwas zu machen.«
Der Ordensbruder ließ sich zu einem dünnen Lächeln hinreißen. Ein Teil von ihm betrachtete die Aussage als zynischen Witz, ein anderer Teil in ihm wollte nebenbei abklären, ob sich die verhassten Schwarzmagier auch in Khorinis aufhielten. Diese schwarzmagische Plage hatte die dumme Angewohnheit überall auftauchen zu können. Dieses eigenartige Gebilde am Bein des Krüppels trug die Handschrift eines dieser Unholde. Welcher andere wahnsinnige Geist würde sonst menschliche Knochen für eine Prothese benutzen?
Redlef griff erneut nach der Pfeife. Das Essen war vorbei, er musste zurück zu den Pferden. Zuerst aber wollte er noch einen Moment verdauen und seine Pfeife genießen. Er entfachte sie erneut und zog den Rauch ein. Es tat gut ihn zu spüren. Für einen Moment ließ er ihn wirken. Der Tabak war stark, nur eben kein Sumpfraut, was Redlef leider sehr bedauerte. Sein Knie schmerzte schon den ganzen Tag.
Ganz unwillkürlich kamen Erinnerungen aus besseren Zeiten in Thorniara zurück. Pons, der immer zu husten begann, wenn er in seiner Nähe den Pfeifenrauch in die Luft blies. Pons, der als junger Kerkermeister versuchte seinen Weg zu finden und sich mit seinem guten Herz bis heute für all den Abschaum einsetzte, der in die Kerker gespült wurde. Ohne ihn hätte Redlef die Jahre in Haft nicht überstanden. Wie gerne hätte er diesen loyalen Mann jetzt hier auf dieser Insel. Sein Werken war stets die größte Unterstützung gewesen.
»Und Ihr? Mit vollem Bauch nun zurück an die Arbeit?«
Und da viel das Goldstück… der Ergraute…
Redlef hob unvermittelt die Hand, um die Schankfrau herzurufen. Er musste zahlen – und vorsorglich löschte der die Pfeife.
Immerhin war der ehemalige Kerkermeister alleine und unbewaffnet in einer Spelunke, voll von Männern, von denen die meisten sicherlich besser in einem Kerker untergebracht waren.
Vermutlich unterhielt dieser Witz einer Stadtwache solch eine Einrichtung nicht einmal.
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Khorinis, Marktplatz, Zuris' Laden
Der Orden Innos‘ brachte auf seine Art Leben zurück in diese Stadt. Zumindest eine gewisse Ordnung, eine Struktur, die – so Hugols Worte – in den letzten Jahren abhandengekommen war, wo zumeist das Recht des Stärkeren geherrscht hatte. Die Kaserne, der Markt, die Handwerkerstraße als auch da Oberviertel waren dabei ein eigener Teilbereich gewesen, ebenso wie das Hafenviertel. Hier hatten über die Jahre immer wieder einzelne Verbrecherfürsten das Sagen gehabt. Ehemalige Piraten und Söldner, Banditen und Schurken niederster Art. Niemand, der aufgrund einer Idee Menschen um sich versammelte, eine Vision umsetzend … sondern schlicht und ergreifend aufgrund des stärkeren Waffenarms oder – wenn dieser nicht da war – genug Lakaien, die diese Schwäche ausbügeln konnten.
Heric tat sein Bestes, unauffällig zu wirken. Nicht auffällig unauffällig, sondern unscheinbar und in das Gesamtbild der einfachen Bürger dieser Stadt passend, an dem keiner der Waffenknechte, Gardisten und Ritter einen Zweifel haben würden. Ein junger, desillusionierter Mann, der in der Gosse groß geworden war und sich erst damit abfinden musste, dass die Welt sich in Khorinis endlich weitergedreht hatte.
Der Markt der Hafenstadt war im Vergleich zu seinen Pendants in Thorniara oder gar Gorthar ein armseliger Witz. Selbst der Schwarzmarkt Schwarzwassers hatte – vor dem Weltenriss und in den Tagen von Herics unbekümmerter Kindheit – ein ansprechenderes Flair gehabt als … das hier. Waffen gab es zu kaufen, viele sogar. Zumeist gebraucht, zumeist in einem Zustand, der einen überlegen ließ, ob der Kerl, der sie feilbot, nicht derjenige war, der sie auf den Straßen der Insel irgendwelchen toten Abenteurern abgenommen hatte. Vertrauenswürdig wirkte hier kein Händler, das sah Heric sofort. Einzig der Greis namens Zuris, der Kräuter und Vorräte für Barbiere und Heiler verkaufte, wirkte freundlich und offen, wenn man ihm sein hohes Alter jedoch anmerkte.
Als Heric in seinen Laden trat, blickte er erst abschätzig auf, stützte sich schwer auf den Tresen. Hinter dem alten Kräuterhändler befanden sich mehrere Schränke und Regale an den Wänden, über und über vollgestellt mit Töpfen und Flaschen, kleinen Phiolen und mit Wachssiegeln verschlossenen Tiegeln.
„Ja, Bursche? Was willst du, mh?“, knurrte er heiser, „Almosen gibt’s hier nicht.“
Obwohl Heric wusste, dass er nicht allzu vertrauenswürdig aussah, lächelte er den Kräuterhändler freundlich und offen an, neigte sogar ehrerbietig den Kopf, wie es ein solch alter Kerl von einem so jungen Kerl erwarten würde.
„Mich schickt der … Barbier Hugol von den Fischern aus dem Hafenviertel“, erklärte der Dieb, „Mein Name ist Heric. Ich soll einige Vorräte kaufen.“
Zuris musterte ihn einige Augenblicke, ehe er schmatzend nickte. „Hugol, ja ja … hat beim verrückten Ignaz gelernt. Wenn man das eine Lehre nennen möchte, pah …“ Er stützte sich auf einen Gehstock, machte einige Schritte zu einem Schrank hinter ihm hin. „Mh, Salben gegen Verbrennungen, Salben gegen Wundbrand. Salbe gegen Trockenheit. Abführmittel …“
„Wie bitte?“, horchte Heric auf. „Abführmittel?“
„Klar, bei der Ernährung unten im Hafenviertel, Bursche, ist ein gutes Mittel für einen guten Schiss immer gerne gesehen.“ Zuris sah ihn misstrauisch an. „Müsstest du wissen, wenn du von dort kommst …“
Heric räusperte sich. „Entschuldigt, Meister Zuris, ich habe nicht nachgedacht.“
Der Alte lachte keckernd. „Natürlich hast du das nicht. Wärst du pfiffig, würdest du dort unten nicht in der Gosse hausen und für so zehntklassige Möchtegernheiler wie Hugol arbeiten.“ Er seufzte kopfschüttelnd. „Früher hätte man Herrn Larius bitten können, so einen der Stadt zu verweisen. Aber heutzutage? Als ich das Bürgermeister Elvrich vorgeschlagen habe, hat er mich ausgelacht. Und mir gedroht!“, zeterte der alte Händler weiter, während er Stück für Stück die Sachen zusammensuchte und am Ende in einen Beutel packte. Heric indes kramte in seinen Taschen nach dem Gold, welches ihm Hugol gegeben hatte. Abgezählt.
„Zehn Goldmünzen.“
Heric schluckte, legte neun Münzen auf den Tresen.
„Zehn. Ich bin zwar alt und meine Augen sind nicht mehr die besten, aber ich kann neun Münzen von zehn Münzen unterscheiden, Bursche. Ich kann gerne einen Stadtwächter dazu rufen, der stimmt mir gerne zu, dass das nur neun sind.“
Heric räusperte sich. „Meister Hugol … er …“
Ohne Hast öffnete Zuris den Beutel wieder, nahm das Abführmittel heraus und stellte es zur Seite.
„Soll er an einer Verstopfung krepieren, der Geizhals.“ Dann sah er Heric an und seufzte. „Nichts gegen dich, Bursche. Mich nimmt’s mit, was aus meiner Heimat geworden ist. Bei Innos, ich hoffe, dass du deinen Weg findest. Raus aus dem Hafenviertel und fort von hier.“
Ein kurzes Lächeln, dann wurde er wieder ernst. „Und jetzt raus aus meinem Laden.“
Heric ließ die Münzen liegen, packte den Beutel und ging. Die Arbeit war erledigt. Jetzt würde der Teil kommen, Informationen zu sammeln. Mal zu horchen, was man sich auf den Straßen erzählte. Denn Khorinis war ihm unbekannt, ein grauer Fleck auf seiner gedanklichen Weltkarte.
So wie fast alles, dachte er sich, aber das werde ich ändern!
Geändert von Heric (27.03.2025 um 12:37 Uhr)
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Hafenviertel - Hafenkneipe
Bardasch sollte zahlen? Wieso? Nur seins, oder auch das Mahl des Anderen?
Redlefs Stimmung lies den Ergrauten frösteln und Unbehagen verspüren. Das Weib wedelte mit Ihrem Lappen und blickte die Männer lächelnd erwartungsvoll an, doch bevor hier irgendjemand ein Goldstück zückte, unterbrach der Ergraute das Unterfangen.
„Nicht so schnell“, wandte sich der Obdachlose an Redlef, aber dem schien dies alles gerade überhaupt nicht zu behagen. Da begriff der Ergraute, dass sein Schauspiel fast beendet war und Ausflüchte nicht mehr zogen. „Hurley. Ich sagte, er hieß Hurley“, fuhr Bardasch fort, „aber das ist lange her“. Der Blick des Ergrauten wanderte gen Pforte, durch die er doch entkommen könnte, doch der nächste kurze Gedanke schätzte ab, wie schnell er dabei wohl wäre. Nicht schnell, nicht schnell genug.
Und doch – da war doch etwas, was dem erleichtert Durchatmenden rettend einfiel.
„Und nun zum Geschäftlichen. Ihr zahlt. So war es vereinbart“, fand der einstige Nomade seine Haltung wieder. Das würde ihm einen wertvollen Vorsprung geben. „Essen und Bier gegen Kraut. Ihr erinnert Euch? Danach kann ich meine Arbeit in den Stallungen fortsetzen und Euch geben, was Ihr wollt, wenn es Euch nicht stört, dass es eigentlich nicht direkt mein Kraut ist. Also nicht so ganz direkt“, log der Ergraute und erhob sich entschlossen von dem Schemel. „Ist Kraut der Stadtwache und ich weiß, wo es liegt“, versprach der Nichtsnutz, dem just mit den letzten Worten ein flüchtiger Gedanke kam, doch es war zu spät für den Nomaden, dem es nicht gelungen war, sich an Redlef zu erinnern.
„Ich erwarte Euch dort“, entschied der Ergraute und wandte sich schleunigst zum Gehen.
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Der Kessel vor ihm brodelte. Dampf in verschiedenen Farben und mit variierenden Düften schlug ihm ein entgegen wie ein Feuerwerk. Alles war hier etwas einfacher, als er es gewohnt war und es tat seinen Dienst. Constantino stand nah bei ihm, sagte dann und wann etwas und war die meiste Zeit damit beschäftigt zu nicken. Scheinbar war er nicht ganz auf dem falschen Weg. Saraliel ging noch einmal in sich und betrachtete, was er geschaffen hatte. »Wir sind auf einem guten Weg«, versicherte er dem alten Alchemisten. »Wieder«, knurrte Draco aus einem Winkel des Raumes. Er hatte sich noch nicht gänzlich von seinen Verletzungen erholt und saß in diesem Moment zurückgelehnt auf einem gepolsterten Stuhl und schaute deutlich grimmiger drein als sonst. Der sonst so unverwechselbare Spott war gewichen. Würde wohl eine ganze Weile dauern, bis er sich von dem Abenteuer erholt hatte.
Der Magus gedachte, dass es das Beste sein würde weiterzumachen. »Wir haben die Repräsentation natürlicher Stärke. Die Bestandteile des Schattenläufers« er schaute in den schäumenden Kessel. Davon hatten sie reichlich. Hoffentlich nicht zu viel. »Wir haben die Repräsentation der Jugend mit den jungen Pflanzen. Die Repräsentation der Vielseitigkeit durch den Kronstöckel und die Repräsentation der Unendlichkeit durch Drachenwurzel. Ouroboros der Drache der sich selbst in den Schwanz beißt«. Der Magier blickte zu Constantino. »Zudem Schwefel als Verbindung zwischen Körper und Geist. Die lebendige Kraft«. Er nahm das übel riechende Element und warf es in den Kessel. Ein brennen mit blauer Flamme und vulkanisch stechendem Geruch entfuhr dem Trank, so dass Saraliel einige Schritte nach hinten ging.
»Rot brennend wie ewiges Feuer. Strahlend wie der Morgen. Es ist gelungen!«, verkündete der hohe Magier begeistert, womit er ein Schnauben aus der Ecke erntete. Er bemühte sich um Ignoranz. »Das soll ich trinken?«, meinte Constantino skeptisch. »In der Theorie verbindet es sich mit deinem Blut und gewährt dir noch ein paar weitere Jahre, so Innos’ dir wohl gesonnen ist«. Der Alchemist zog eine Augenbraue hoch. »Und wenn nicht?«. »Dann verbrennst du bei lebendigem Leibe«, meinte Saraliel sachlich, bemerkte dann zu seinem eigenen Erstaunen, dass das vielleicht nicht die zugeneigteste Antwort war. »Das wird nicht passieren. Ich schütze dich mit meiner Magie, wenn ich etwas merkwürdiges bemerke«, versicherte er dann. »Zusammenflicken kann er einigermaßen«, pflichtete der Weißhaarige von seinem Stuhl bei.
Einige Diskussionen und wissenschaftliche Betrachtungen später setze Constantino eine Flasche des Ergebnisses an die Lippen und trank dafür. »Schmeckt wie Scavengerurin«, meinte er angeekelt. »Es wird als stechend wenig bekömmlich beschrieben. Könnte zutreffend sein«, meinte der Feuermagier und schaute dann gespannt ob sich irgendetwas veränderte. »Und Anzeichen von übernatürlichen Verbrennungen?«, fragte der Alchemist konstatiert. »Kann nichts erkennen«, meinte Saraliel beruhigt.
»Und hat es was gebracht?«, fragte Draco genervt und interessiert gleichzeitig. »Wird sich zeigen«, antworteten die beiden Alchemisten wie aus einem Mund. Der Paladin seufzte tief. »Wundervoll«, presste er hervor.
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»Wartet, was?«
Redlef griff nach seinem Stock und versuchte Bardasch hinterher zu eilen. Doch die Magd stand ihm im Weg. Wütend über ihr dämliches Herumstehen versuchte er sie zur Seite zu schieben, doch bewegte er ihren massigen Körper kein Stück.
»Nicht so schnell, mein Kleiner«, gurrte sie mit einem nicht zu überhörenden, drohenden Unterton.
»Verdammt!« Redlef fummelte an seiner Geldkatze herum und donnerte ihr ein paar Münzen auf den Tisch. Erst als sie die Münzen eingestrichen hatte, ließ sie ihn mir einem süffisanten Grinsen passieren.
Er stürzte an ihr vorbei und humpele Richtung Ausgang.
Was war dies für eine Verfolgung? Krüppel jagte Krüppel. Redlef konnte zu seiner frustrierenden Erfreuung feststellen, dass Bardasch noch nicht sehr weit gekommen war.
»Halt!«, rief er wütend über dem Platz vor der Hafenkneipe. Doch auch, wenn der Fliehende nicht gut zu Fuß war, der Verfolger war es auch nicht. Und da Redlef darauf verzichten wollte, sich lächerlicherweise über seine Krücke hüpfend fortzubewegen, brach er die Verfolgung ab.
Grund für sein Aufspringen war nicht die Aussicht auf ein gutes Pfeifchen mit Sumpfkraut, sondern viel mehr, dass dieser Penner völlig selbstverständlich annahm, dass er, ein Bruder des Ordens, einfach von irgendeinem dahergelaufenen Halsabschneider in einer wahrscheinlich sehr dunklen Gasse Sumpfkraut kaufen würde. Nicht, dass er kein Interesse gehabt hätte. Doch das behielt er vorerst besser für sich.
Ob an der Behauptung, dass die Wache Sumpfkraut besaß, etwas wahr war, musste zuvor geprüft werden. Vor wenigen Augenblicken sprach dieser, ein wenig verrückt wirkende Mann noch davon, dass in den Lagerhäusern Sumpfkraut zu finden war.
Soweit sich Redlef an Pons Worte erinnern konnte, war der Mann ein starker Trinker gewesen. Hatte er sich den Verstand kaputt gesoffen? Vermutlich! War er deswegen ein gefährlicher Verbrecher? Wahrscheinlich… Doch konnte man seinen Worten trauen? Unwahrscheinlich …
Konnte er festgenommen werden? Nein! Selbst wenn er ihn berechtigterweise für Vagabundiererei oder Bettelei ergreifen konnte, so hatte diese Stadt keine Kapazitäten dafür mit solchen Leuten umzugehen. Vermutlich könnte diese Anklage auch auf einen Großteil der Stadtbevölkerung zutreffen. Es wäre ein aussichtsloser Kampf.
Redlef sah Bardasch hinterher. Eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf sprach mit Pons Stimme zu ihn, dass es das Richtige war, wenigsten zu versuchen jedem zu helfen. Auch er war vor langer Zeit davon überzeugt, doch das war lange her.
Heute hatte sein Willen etwas zu verbessern anderen Prioraten. Der Fokus lag auf den Pferden und damit auf seiner eigenen Karriere.
Und da Innos mit ihm war, erspähte Redlef in diesem Moment, wie Jaques mit seinen beiden Begleitern aus einer engen Gasse trat, die in den stinkenderen Teil des Hafenbereichs führte.
»Jaques!« Bardasch hatte dem Ordensbruder vorhin mitgeteilt, dass er zu den Ställen wollte, doch soweit Redlef wusste, waren die einzig nennenswerten Ställe seine eignen. »Der hinkende Vagabund will zu unseren Ställen! Lasst das nicht zu!«
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„Und, hat dir unsere kleine Tour über die Sehenswürdigkeiten von Khorinis gefallen?“, fragte Léa, als sie sich dem Ausgang des Hafenviertels näherten. Der Sarkasmus in ihrer Stimme war unüberhörbar, aber Jacques nahm es ihr nicht übel. Er schüttelte nur langsam den Kopf.
„Wie … wie konnte es nur so weit kommen?“
„Wie es so weit kommen konnte? Soll das ein Witz sein? Das Reich hat uns im Stich gelassen, ihr habt uns im Stich gelassen, so dass die Stadt …, dass das aus der Stadt und den Menschen geworden ist!“ Léa sah mit zusammengekniffenen Augen zu Jacques hoch und funkelte ihn böse an, bevor sie plötzlich den Kopf hängen ließ, ihre Wut verraucht so schnell wie sie gekommen war. „Ich weiß, du kannst nichts dafür. Du bist ja selbst noch nicht lange dabei. Aber der König … der Orden … Lord Hagen, wenn sie … das hätte alles nicht passieren müssen!“
Jacques nickte langsam. Was er auf dem Rundgang durch das Elendsviertel gesehen hatte, das hatte ihn keineswegs kalt gelassen. Die Menschen lebten in heruntergekommenen Bretterverschlägen und Erdlöchern, die sie in den lehmigen Boden gegraben hatten, sie sahen unterernährt und krank aus, ihre Augen ohne Hoffnung. Den drei Soldaten war man mit Misstrauen, Ablehnung, Wut oder auch Angst begegnet – mehr als einmal waren die Menschen, wie sie ihrer gewahr wurden, rasch in ihren Hütten verschwunden und hatten geräuschvoll ihre Riegel vorgeschoben. Man hatte ihnen Beleidigungen zugerufen und auf den Boden gespuckt, oder sie sogar mit Furcht in der Stimme gebeten, zu gehen und das Viertel sich selbst zu überlassen – das waren die seltsamsten Begegnungen gewesen…
Schließlich hatte Léa eine Route gewählt, die sie nicht zu tief ins Herz des Hafenviertels geführt hatte. Für einen ersten Eindruck hatte der kurze Rundgang ohnehin völlig ausgereicht.
Jacques war noch immer in Gedanken versunken, als sie aus der engen Gasse herauskamen und wieder die Hauptstraße betraten, die vom Hafen aus in Richtung des Handwerkerviertels und er Oberstadt führte. Und just in diesem Augenblick riss ihn Redlefs heiseres Bellen aus seinem brüten: „Jacques! Der hinkende Vagabund will zu unseren Ställen! Lasst das nicht zu!“
Überrascht hob Jacques den Blick und sah tatsächlich einen zerlumpten Kerl, der die Straße hoch gehinkt kam. Eines seiner Beine sah ziemlich seltsam aus, als wäre es nicht echt, aber es handelte sich auch nicht um eine der üblichen, simplen Holzprothesen, die Jacques ab und zu bei Krüppeln und Kriegsversehrten gesehen hatte. Redlef humpelte hinter dem Vagabunden her, eine Szene, die zugegebenermaßen einer gewissen Komik nicht entbehrte.
„Au weia, er will bestimmt eure Pferde stehlen!“, witzelte Léa, „Na los, halte den gefährlichen Verbrecher auf!“
Jacques verdrehte die Augen und seufzte. Aber was sollte er machen? Es war nun mal eine Anordnung seines unmittelbaren Vorgesetzten. Die durfte er nicht einfach ignorieren, auch wenn sie auf den ersten Blick seltsam war.
Léas und Tobias‘ spöttische Blicke in seinem Rücken so gut wie möglich ignorierend, verfiel Jacques also in einen lockeren Lauf und hatte den Vagabunden rasch eingeholt und baute sich vor ihm auf: „Verzeiht, guter Mann, aber es scheint wohl ein kleines … Missverständnis zu geben?“ Über die Schulter des zerlumpten Kerls schielte er zu Redlef, der sich beeilte, aufzuschließen, während Léa und Tobias herangeschlendert kamen.
„Glückwunsch, da hast du ja offensichtlich einen richtig gefährlichen Verbrecher gefangen!“, spottete das Mädchen, „Siehst du, Tobias? Kaum ist der Orden da, wird hier aufgeräumt!“
Tobias hielt sich theatralisch die Nase zu: „Also, wenn wir mangelnde Körperpflege endlich als Gesetzesverstoß anerkennen, dann hat er tatsächlich einen Kapitalverbrecher gefangen!“
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„Wou“, entfuhr es dem einstigen Nomaden, der augenblicklich gestoppt wurde und sogar zwei Schritte beiseite taumelte, ehe er beide Arme hob und seine Handinnenflächen abwehrend nach vorne hielt. An dem Unbekannten, der in Begleitung zweier weiterer Gestalten war, kam er nicht vorbei und der Weg zurück blieb ihm auch versperrt, wie der sich nun Umdrehende feststellte. Von hinten näherte sich Redlef, dass Bardasch auch ihm die erhobenen Hände zeigte. Der Ergraute, der aus der Puste gekommen war, wollte sprechen, doch alles, was für den Augenblick kam, war ein kräftiges Husten, welches sein fettiges Haar regelrecht erzittern lies.
Der Gedanke, was er in guten Zeiten mit seinen Widersachern getan hätte, die sich unter Anderem in derart abfälligen Art und Weise äußerten, konnte garnicht so weit ausreifen, als das er ihnen hätte drohen können und auch so war die abgerissene Gestalt am Arsch genug.
„Wir haben eine Abmachung“, brüllte Bardasch keuchend an jeden gerichtet, der es hören wollte, doch in erster Linie an Redlef gerichtet.
Bezogen auf die zugehaltene Nase durfte mittlerweile dem Letzten aufgefallen sein, dass Bardasch undicht war. Da war Dünnpfiff in der lumpigen Hose, der warm, weich und feucht sich mittlweile über das gesamte Gesäß verteilte und davon zeugte, in welch schlechter Verfassung der Ergraute war. Da war auch braune Suppe in seinem Schädel, das vermutlich Schissschaum entwichen wäre, wenn sein zum bärsten gespannter Kopf einem Dampfkessel glich, aber es blieb bei dem Schmerz, der Bardasch zusätzlichen Schweiß auf die Stirn trieb. Das reichte schon.
„Ich will nur zu den Stallungen“, fuhr der Ungepflegte fort, dem erst jetzt bewusst wurde, was er da sagte. „Eure Ställe?“, sprach er nach einem Moment des kurzen Nachdenkens. Die Arme erschlafften und fanden ihren Platz an den Flanken des einstigen Nomaden, der voller Gedanken auf den Boden starrte und immer wieder den Kopf schüttelte. Sein gesamtes Lügenkonstrukt flog auf, aber nicht nur das – Bardaschs Gedanken schweiften erneut nach Thorniara und überforderten den Flüchtigen maßlos. Immer wieder blitzen Erinnerungsfetzen auf und vermischten sich mit der derzeitigen Szenerie, die dem Ergrauten die Möglichkeit nahm, sich konzentriert dem Gedanken an die Zeit in Thorniara zu widmen.
Verdammt. Aus der Nummer war nicht mehr heraus zu kommen, so sehr der Krüppel sich auch mühte. „Was machen wir jetzt? Machen wir den Irrtum zur Tatsache? Ich will doch nur von der Straße runter und einer ehrbaren Arbeit nachgehen“, und dann an Jaques gerichtet, „ja, nur ein Missverständnis“, und dann wieder an Redlef gewandt, „Das nächste Essen geht dann auf mich, bei Estefanias prallen Möppen – ich schwöre“.
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Khorinis, Marktplatz, nahe der Mauer
Das Schlendern über den Marktplatz von Khorinis glich ein wenig einer Mischung aus einem Spießrutenlauf und dem Manövrieren eines Schiffes mit verbundenen Augen durch Untiefen, die man noch nie befahren hatte. Auf der einen Seite drohte Gewalt durch Gestalten und Gesellen, die ganz nicht unbedingt mit der Stadtwache auf gutem Fuße standen, aber auch nicht so offen nach Verbrechern aussahen, als dass die neu eingetroffenen Gardisten des Orden Innos‘ sie hätten festnehmen können, ohne dass es nach herablassender Willkür ausgesehen hätte. Auf der anderen Seite waren es ebenjene Wachen des Ordens und der regulären Miliz, die das Flanieren so gefährlich machten. Heric war nun einmal ein Schurke, ein Taschendieb und Betrüger. Die Art, wie er sich bewegte, gelernt von Qarrah – Adanos geleite ihre Seele ins Totenreich Beliars - in den Straßen Stewarks. Den Blick über die Gesichter, die Kleidung, die Taschen der Opfer … nun, äh … Bürger gleiten ließ.
Aber sie hätten ja ach so Unrecht, würden sie ihn einer Diebestour bezichtigen. Nein, hier ging es dieses Mal ums Zuhören und Lauschen. Ums Informationen sammeln. Welche genau? Das wussten wahrlich nur die Götter. Etwas, das ihm helfen würde, von hier fortzukommen? Wollte er das? Wenn ja, wo hin? Zurück nach Argaan, wo es – unterm Strich – nichts gab? Seine Heimat war ihm seltsam fremd geworden, nachdem er die Luft des Herzogtums Gorthar hatte riechen dürfen, nachdem er Khorinis – trotz seines Zustandes – gesehen hatte. Schwarzwasser, Tooshoo und das Waldvolk schienen im Vergleich dazu … hinterwäldlerisch.
Also, was war sein Ziel? Was wollte er nun erreichen?
„Wenn ich das wüsste …“, murmelte Heric leise in seinen nicht vorhandenen Bart und sah sich um, so, als wäre er zum allerersten Mal hier, was ja letztlich stimmte. Es führte kein Weg daran vorbei, keiner zurück in sein altes Leben als Hilfskraft der Wächter von Tooshoo. Er war ein Dieb. Der Nervenkitzel, der Tanz auf Messers Schneide, das waren Dinge, die ihn reizten, die ihn riefen wie eine Sirene unachtsame Seeleute auf dem Ozean.
Also werde ich hierbleiben. Qarrah hat mir einmal erzählt, dass es – abseits von Argaan – in so gut wie jeder großen Stadt eine Diebesgilde gibt, in jedem Landstrich eine Gemeinschaft von Verbrechern. Denen kann ich mich anschließen, da kann ich lernen.
„Hey, Bursche“, eine schmierige Stimme, die zu dem schmierigen Kerl passte, der sich von der Stadtmauer löste und zu ihm hingeschlendert kam. „Siehst mir … pfiffig aus.“
„Ich habe gerade erst gehört, dass das nicht der Fall ist“, antwortete Heric salopp, schalt sich dann aber einen Idioten. Er wusste nicht, wer der Mann war und ein loses Mundwerk konnte hier einige Zähne oder gar sein Leben kosten. „Was gibt’s?“
„Du siehst wie jemand aus, der Geld braucht.“
„Ja.“
„Du könntest zum Kaufmann Lehmar gehen.“, fuhr der Mann fort, „Im Hafenviertel, an der Haupstraße. Gute Zinsen, verlässlich … wenn man zurückzahlt.“
Heric verzog das Gesicht. „Und wenn man es nicht schafft, schickt er einem jemanden hinterher, nicht wahr? Nein, danke.“
Ein wissendes Lächeln. „Dachte ich mir, dass du nicht so einer bist. Also bist du pfiffig. Genau, der Kredithai jagt dir seinen Schläger hinterher, wenn du dich absetzen willst. Glücklicherweise gibt’s Leute wie mich, die ehrliches Geld für ehrliche Arbeit zahlen.“
Dem jungen Mann lag eine spöttische Erwiderung auf den Lippen, aber er schwieg.
„Schau mal, du siehst aus wie jemand, der auf sich aufpassen kann. Dem man eine Aufgabe geben kann. Botendienst, mehr nicht.“ Er hob die Schultern, als wäre das tatsächlich nicht der Rede wert. „Ich habe etwas, dass ich meinen Freunden im Inneren der Insel zukommen lassen möchte.“
„Und was ist das?“
„Das“ – ein gefährlich ruhiges Grinsen teilte die schmierige Visage – „ist ein Geheimnis. Du bist der Bote. Ich sage dir, wo das Paket hinsoll, du bringst es hin und kriegst bei Abgabe dein Gold.“
Heric lachte müde. „Klar, bei Abgabe. Danke, Junge, hier ist deine Bezahlung. Ein Messer ins Gekröse. Nein, danke. Entweder sehe ich im Voraus etwas Gold oder du kannst dir einen anderen Boten suchen.“
Der Mann verzog das Gesicht. „Das kann ich tatsächlich …“
„Gut“, Heric neigte grüßend den Kopf, „Schönen Tag noch.“
Er wandte sich um, wollte gerade gehen, da spürte er die Hand des Mannes auf der Schulter. Er versteifte sich. Hatte er den Bogen überspannt?
„Na gut, Kleiner. Fünfzig Münzen im Voraus. Doppelt so viel, wenn du das Paket abgibst. Ungeöffnet. Öffnest du es, stirbst du mit fünfzig Münzen. Versuchst du die Insel zu verlassen, stirbst du mit fünfzig Münzen. Solltest du dich absetzen … nun, außer im Minental, werde ich dich überall finden, ist das klar?“ Er grinste böse. „Ob das klar ist?“
Heric lächelte charmant. „Natürlich, Herr Auftraggeber. Wohin soll das Paket denn? Mir einerlei, was da drin ist. Nun, solange es nicht Rhobars Krone ist.“
„Spar dir solche Scherze. Die Futzis vom Orden stehen nicht so sehr auf Majestätsbeleidigung.“
Heric hob beide Hände, führte die rechte an den Mund und tat so, als würde er ein Schloss schließen.
„Das Paket holen wir gleich. Du wirst eine Karte brauchen, da du neu hier bist. Sowas sehe ich. Meine Freunde hausen nahe der Taverne Zur Toten Harpyie.“
„Tote Harpyie. Das kann ich mir merken.“
„Sehr gut. Kannst du kämpfen?“, fragte der Mann.
„Nö. Kein bisschen.“
Einige Augenblicke lang musterte ihn der zwielichtige Auftraggeber. „Nun, im Fall der Fälle wird deine Leiche nicht weit vom Wegesrand liegen. Das macht die Suche nach dem Paket im Zweifel leichter.“
„Besten Dank auch für das Vertrauen. Ich weiß gar nicht, warum hier nicht mehr los ist in eurer Stadt. Bei so unglaublich tollen Einwohnern.“
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Khorinis - Stadt
»Ich grüße euch Mylord«, sprach der Assassine und verbeugte sich vor einem der Männer auf dieser Welt die ihm so feindlich gesonnen waren, dass er sich sicher war, dass er getötet werden würde, wenn er sich eine Blöße gab. Hier im Zwielicht des Haupthauses der Stadt Khorinis blickte er in von tiefem Hass verzerrte Augen die ihn argwöhnisch musterten. DraconiZ wusste sofort, dass er keine Erwiderung auf seinen Gruß zu erwarten hatte. Doch es wäre ihm wohl negativ ausgelegt worden, wenn er nicht gegrüßt und sich nicht tief genug verneigt hätte. Hagen und er waren in diesem Moment alleine. Es war Abend geworden und sonst befand sich Niemand in diesem Raum. Nur ein kleiner Funke und das Pulverfass zwischen Ihnen würde explodieren.
»Eure Informationen sind belanglos. Jeder Rekrut hätte das besser hinbekommen. Ich glaube kaum, dass daraus etwas Nützliches wird. Zudem werde ich mit Elvritch verfahren wie es mir beliebt«, knurrte der alte Paladin.
»Natürlich«, antwortete der Klingenmeister prompt.
»Es wird deutlich mehr Anstrengung brauchen, damit ihr auch nur einen Ansatz von Hilfe bietet«, fuhr er fort und schaute dann angewidert aus dem Fenster, als könnte er seine Präsenz nicht ertragen. Gewiss war es nicht weit von der Wahrheit weg.
»Ich werde tun was in meiner Macht steht«.
»Wie ist es außerhalb der Mauern?«, fragte der Veteran und DraconiZ deutete das als gutes Zeichen. Vielleicht war es doch nicht so belanglos wie er behauptete.
»Ausbaufähig. Viele wilde Tiere, wenige Höfe die noch wirklich Ertrag bringen. Ich würde empfehlen den Betrieb zu unterstützen und darauf zu hoffen, dass fähige Menschen von außerhalb gewonnen werden können um die Bestellung der anderen Höfe wieder aufzunehmen«. Hagen brummte etwas Unverständliches in seinen Bart.
»Schafft mir mehr Informationen heran. Ich will alles wissen. Wenn Jemand bedenklichen Stuhlgang hat will ich es wissen«, noch bevor der Paladin antworten konnte fuhr er fort:
»Zudem werdet ihr euch mit dem Mord an einem eurer Leute beschäftigen«, meinte der Statthalter.
»Meiner Leute Mylord?«, fragte der Weißhaarige verwirrt.
»Wir fanden einen eurer Meuchelmörder im Hafenbecken, als ihr Innos’ weiß was außerhalb der Stadtmauer getan habt«
Die Gedanken des Streiters rasten. Warum wusste Hagen eher etwas davon als er?
»Betrachtet es als geklärt«, versuchte er zu beschwichtigen.
»Das ist es längst. Die varantischen Bastarde die ihr beschäftigt sind nicht mein Belang«, knurrte er. »Das ist alles. Mir aus den Augen«. Der Lord machte eine Handbewegung als würde er ein ekelhaftes Insekt hinfort wischen und der Streiter freute sich fast, dass die Begegnung ohne Blutvergießen geglückt war. Darauf konnte man vielleicht aufbauen.
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