Ich bin zu Dan Simmons zurückgekehrt und habe mich endlich an die Fortsetzung zu den Hyperion-Gesängen gewagt. Eines vorweg, es handelt sich zwar um eine Fortsetzung, aber die Hyperion-Gesänge selbst sind schon absolut rund und komplett. Endymion ist etwas für Leser, die nicht genug von dieser SciFi-Welt bekommen können.
Wieder handelt es sich um einen Sammelband der zwei Romane in einem Buch vereint. Mit dem ersten der beiden Romane, den Pforten der Zeit, bin ich durch, also hier eine kleine Review. Endymion spielt viele Jahrhunderte nach Hyperion und beschreibt was aus der Welt geworden ist. Die Hegemonie existiert nicht mehr. Ihr Farcasternetzwerk brach zusammen und so kann von der Gemeinschaft der Netzwelten keine Rede mehr sein. Stattdessen füllt eine neue Macht das Vakuum der Hegemonie aus. Der PAX ist eine katholische Theokratie, die sich mühsam über viele der ehemaligen Netzwelten ausgedient hat. Der Großteil der Menschheit besteht nun aus Auferstehungschristen und Auferstehung ist wörtlich zu verstehen.
Dargebracht wird uns die Geschichte von Raul Endymion, Held und namensgeber des Buches. Raul wurde zum Tode verurteilt und treibt im All in einer Art Schrödingers Kiste. Jeder Moment könnte sein letzter sein. Aber da das Ende auf sich warten lässt, begann er Aufzeichnungen anzufertigen, wie es so weit kam. Nur so viel, das ist nicht Rauls erste Verurteilung zum Tode. Endymion stammt vom Planeten Hyperion, der noch immer am Hintern der Galaxis liegt. Er wuchs als Nomade auf, schloss sich später der Heimatgarde an, war Gärtner und später Jagdführer durch die hyperionischen Sümpfe. Nun beauftragt ihn ein Dichter das Kind Aenea an den Zeitgräbern abzuholen und vor dem PAX zu beschützen.
Mit dem Kind und einem Androiden im Schlepptau beginnt eine abenteuerliche Reise und das wohl irrsinnigste Katz- & Mausspiel, das ich je gelesen habe. Denn an Aeneas Fersen klebt der andere Hauptprotagonist des Buches, Pater-Captain de Soya. Wie bei Simmons üblich ist de Soya kein flacher Antagonist, sondern ein idealistischer Anhänger des Herrn, mit eigenen Wünschen und Zweifeln. Wunderbar ist, wie überfordert beide Helden mit ihrer jeweiligen Aufgabe wirken.
Diese Reise bzw. Jagd macht den Spannungsbogen des ersten Buches aus. Wann immer es droht langweilig zu werden, fährt Simmons wieder interessante Ideen auf, seien es exotische Welten, seine raffinierten Plottwists oder eine gehörige Dosis Hybris. Im direkten Vergleich mit dem ersten Hyperion-Buch zieht dieser Endymion-Teil den Kürzeren. Das ist aber meckern auf enorm hohen Niveau. Denn während die Pilgergeschichten aus Hyperion extrem viele Genres bedienten, ist Endymion vor allen Dingen ein reinrassiger Abenteuer-SciFi-Roman. Ich freue mich darauf wie es weitergeht.