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Der "Mein zuletzt gelesenes Buch" -Thread #5 [Sig aus]

  1. #421 Zitieren
    Drachentöter Avatar von ANTI
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    super Geschichte über alte Spielkarten, empfehlenswert
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  2. #422 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Richard K. Morgan - Heiliger Zorn

    Der Abschluss der Takeshi Kovacs Trilogie ist geschafft. In diesem Fall fand ich den Start des Buches etwas holprig. Die beiden Vorgänger kommunizieren Takeshi und damit dem Leser sehr früh "den Auftrag", eine Mission die bei allem was im Laufe der Geschichte geschieht eine Art Ziellinie darstellt und der Geschichte damit eine sichtbare Struktur verleiht. Heiliger Zorn fehlt dieser Auftrag, bzw. kommuniziert es ihn nicht, jedenfalls nicht bis zur Mitte des Buches.

    Takeshi Kovac ist wieder auf Harlans Welt und damit auf seinem Heimatplaneten. Zu Beginn des Buches ist er gerade dabei eine nicht näher bezeichnete Mission zuende zu bringen, doch äußere Umstände treiben ihn dazu, sich einer freischaffenden Truppe Söldner anzuschließen. Die sogenannten DeKoms befreien ein ehemaliges Schlachtfeld der Siedlerrebellion um die legendäre Philosophin Quellcrist Falconer, von prähistorischen Kampfmaschinen mit der Fähigkeit sich gegenseitig in Stand zu halten. Erst als Morgan dieses Wirrwarr mit Takeshis ursprünglicher Mission zusammenbringt, wird klar, was diesmal Takeshi antreibt und was seine ungefähren nächsten Schritte sein müssen, um es zu erreichen.

    Achja, mild spoiler, aber der Klappentext posaunt es ohnehin heraus und es ist praktisch Kapitel 1, aber eine jüngere Version von Takeshis Bewusstsein wurde gesleeved und macht Jagd auf ihn. Meine Beschreibung mag oberflächlich betrachtet nach Kuddelmuddel klingen, ist aber gar nicht besonders negativ gemeint.

    Heiliger Zorn ist das persönlichste Buch der Reihe. Auf Harlans Welt ist Takeshi mehr oder weniger zuhause. Während er seinen Heimatplaneten bereist, erleben wir gleichzeitig eine Art Detour durch seine Biographie. Besonders ins Detail gingen die Vorgängerromane mit der Geschichte ihres Protagonisten nie. All die Storybeats, die sie zu ihr aufboten: krimineller Jugendlicher, Rekrutierung in die Protektoratsarmee & das Envoy-Programm, das Massaker auf Innenin und die Flirts mit dem Quellismus, arbeitet auch dieses Buch ab, bietet aber stets mehr auf, als bloß das.

    Weil sich Takeshi selbst über die Romane hinweg, auch aufgrund seiner von Affekten weitgehend entkoppelten Natur, kaum entwickelt hat, bietet das Buch uns einen Kontrast mit dem jungen Takeshi. Diesem fehlen 100 Jahre Lebenserfahrung und die ältere Version ist in seinen Augen eine abgewrackte Enttäuschung. Was den sehr auf die Nase gebundenen Eindruck vermittelt: "Guckt Takeshi hat sich eben doch entwickelt, aber in ganz anderen Zeiträumen." ist gleichzeitig plump vom Autor gelöst und doch sehr effizient. Wann immer der junge Takeshi in Erscheinung tritt, haben wir als Leser den direkten Vergleich zwischen vorher/nachher.

    Wieviele Jahre Heiliger Zorn nach Teil 2 spielt, kann ich nicht bestimmen. Ich schwanke zwischen 4 oder 30 Jahre. Doch Zeit spielt in der Welt von Altered Carbon ohnehin eine untergeordnete Rolle. Heiliger Zorn greift zwar die Ereignisse des Vorgängers stärker auf, als dass dieser respektive mit Teil 1 tat, kann aber für sich stehen. War das Thema in Teil 1 eine Detektivgeschichte, im zweiten Buch ein Archäologieabenteuer, so ist es hier Revolte. Das dritte Buch ist dabei eine interessante Synthese des Lores, der uns bereits in den Büchern davor vermittelt wurde.

    Das Ende des Buches fand ich besonders stark, denn es erweckte das Verlangen in Richard K. Morgans Altered Carbon Universum länger verweilen zu wollen, wissen zu wollen, wie es nun weitergeht und findet gleichzeitig einen guten Punkt um es der Fantasie des Lesers zu überlassen.
    HerrFenrisWolf ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (24.09.2020 um 19:49 Uhr)

  3. #423 Zitieren
    Progrinator ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (26.09.2020 um 15:30 Uhr) Grund: Signatur abgeschaltet

  4. #424 Zitieren
    Veteran Avatar von Kiyan
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    Teil 4. Ein schönes Zwischenspiel in der Expanse-Reihe. Die Story im ganz großen Rahmen wird damit sicher nicht monumental weiter bewegt, aber man findet mehr über das Protomolekül und dessen Schöpfer heraus. Vorallem auch darüber, wer sie denn eigentlich vor - übern Daumen gepeilt - 2 Milliarden Jahren ausgelöscht hat.

    Teil 5 - Die Nemesis-Spiele - verlagert aber das Szenario wieder ins Sonnensystem. Ick freu mir!
    Kiyan ist offline

  5. #425 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    William Hope Hodgson - Das Nachtland

    Ich habe mir das Nachtland gekauft, weil es in einem Artikel angepriesen wurde, als Vision dessen, was passieren würde, sollte kosmischer Horror lovecraftscher Spielart mit aller Kraft über die Menschheit hereinbrechen. Das Nachtland ist unsere Welt viele Millionen Jahre in der Zukunft, nach dem Verlöschen der Sonne. Nur das Glimmen vulkanischer Gruben und seltsamer Energiephänomene erleuchtet diese Welt noch. Die Reste der Menschheit haben sich in eine gewaltige stählerne Pyramide in der Mitte eines Kraftfelds zurückgezogen. Diese Pyramide wird indirekt, aber unaufhörlich von einer Vielzahl unterschiedlicher Monster belagert, welche in der direkten Umgebung Schrecken stiften.

    Doch mit dieser Zukunft beginnt das Buch nicht. Es beginnt im ausgehenden 19 Jhd. vielleicht auch dem anfangenden 20. Jhd. Der namenlose Ich-Erzähler des Buches ist unser Protagonist. Er stellt klar, dass er der athletischsten und klügste Mann seines Landstrichs ist und sich zwischen Studien und Leibesübungen wenig aus Frauen macht. Dann trifft er die schönste Frau des Landes, die übrigens seine Cousine ist und verliebt sich in sie. Sie teilen die besondere Gabe die gleichen Orte in ihren Träumen aufsuchen zu können. Beide heiraten, zeugen ein Kind, die Frau stirbt. Ab diesem Zeitpunkt träumt der Ich-Erzähler nicht mehr von den gemeinsamen Orten, sondern vom Nachtland und träumt das Leben seines dort wiedergeborenen Ichs. Denn im Nachtland ist er ein telepathisch begabter, kluger, athletischer Junge, dem auf Grund seiner Gabe des Nachthörens (eine Abart seiner bereits vorhandenen Telepathie) ein Posten in der Observation des Nachtlands zu teil wird.

    Eine Tages empfängt er die Gedanken seiner großen Liebe aus dem verlorenen, bzw. eig. "gegenwärtigen" Leben, die in einer bisher unbekannten, kleineren Pyramide irgendwo im Nachtland lebt und der Gefahr droht. Also zieht der Ich-Erzähler aus, sie zu retten und muss dabei den Schrecken seiner Reise trotzen.

    Obwohl das Buch nach einer tollen Idee klingt (deswegen habe ich es gekauft) scheitert es beinahe vollkommen in der Umsetzung. Bereits der Sprachgebrauch ist für meinen Geschmack grässlich. Der Erzähler/Autor bedient sich unnötig verschränkter Sätze, wie um den Eindruck einer guten Herkunft zu erwecken, leitet ganze Absätze immer wieder mit dem Wort "Und" ein und strapaziert die Geduld des Lesers.

    Der Charakter des Ich-Erzählers ist extrem von sich selbst eingenommen, was das Buch aber völlig unironisch präsentiert, Marke: "Er ist ein toller Hecht, das weiß er auch, jetzt müssen wir es nur noch dem Leser dauernd sagen." Wieder und wieder kam bei mir der Verdacht auf, dass sich Hodgson selbst hier als der Protagonist der Geschichte darstellt, denn Winkelzüge der Biographie des Autors finden sich auch in den Vorlieben der Figur wieder. Egal auf welcher Ebene, der "Gegenwart" oder dem Nachtland, überall wird dem Protagonist Ehrerbietung seiner Mitmenschen zu teil. So nehmen z.B. in der Szene in der er die Pyramide verlässt, die Millionen ihrer Bewohner Abschied von ihm, sei es mit militärischen Würden in einem Spalier oder auf den Zinnen der Festung. Zuvor waren bereits 500 andere Männer ausgezogen, denen aber weit weniger Beachtung von der Gesamtbevölkerung gezollt wurde. Eine Begründung womit der Ich-Erzähler solcherlei verdient, ist nicht gegeben.

    Die Reise, also das eigentlich spannungsgeladene Element des Romans, verkommt zur vor sich hin plätschernden Aneinanderreihung formelhafter Elemente: Protagonist marschiert, Protagonist schleicht, Protagonist nimmt Nahrung zu sich, Protagonist sucht Schlafplatz, Protagonist überwindet eine Gefahr, Protagonist schläft, Protagonist orientiert sich, Protagonist marschiert weiter. Selbst bei den Gefahren, die der Ich-Erzähler überwinden muss, kommt nur selten Spannung auf. Entweder überwindet er sie durch ein Leichtes, weil er so unglaublich kompetent ist oder eine nicht näher erläuterte Kraft des Guten errettet ihn als Deus Ex Machina (mehrfach). Es ist geradezu eine Rarität, dass der Protagonist wirklich spürbar in der Klemme steckt.

    Etwa zur Hälfte des Buches erreicht der Protagonist seine Liebste und ab hier foltert uns der Autor mit der Fortsetzung der bereits im Prolog unerträglich langweiligen Romanze. Interessanterweise beschreibt der Autor die Liebste als sehr kindlich, wenn auch als Frau, aber dennoch. Der Ich-Erzähler bezeichnet sich als der Herr seiner Liebsten, nennt sie sogar einmal seine "Kindsklavin" und hält sie wieder und wieder für sehr unvernünftig. Tatsächlich verkennt die Figur der Liebsten auch immer wieder den Ernst der Lage, aber eher dafür, damit der Ich-Erzähler sie belehren kann. An mehreren Stellen prügelt der Ich-Erzähler die Liebste, was er dann als Tat großer Liebe rechtfertigt und die Liebste natürlich als vollkommen notwendig einsieht. Die Frauenfigur erscheint daher als dem Protagonist bis zur Selbstaufgabe zugewandte Dienerkreatur und ist am Ende eher ein Bündel oder eine Trophäe die er mit nachhause bringt, denn eine "richtige Figur".

    Das gesamte Buch ist als Bericht geschrieben und der Ich-Erzähler beschreibt wirklich jeden einzelnen Tag seiner Reise, egal ob etwas passierte oder nicht. Ich schätze, das kann man mit Hodgsons Zeit als Seemann erklären, der es wahrscheinlich gewohnt war jeden Tag im Schiffstagebuch zu protokollieren. Auf seine Weise ist das eine beachtliche Leistung, es trägt nur nichts zum Buch bei. Stattdessen gerät die Geschichte damit unnötig lang(weilig). Joseph Conrads Klassiker der Weltliteratur Herz der Finsternis ist ein sehr viel interessanterer Reisebericht, und passte auf knapp 120 Seiten, meine vorliegende Ausgabe des Nachtlands braucht 416 Seiten. Eine Raffung hätte diesem Buch sicherlich gut getan. Tatsächlich existiert auch eine Kurzgeschichtenfassung von Das Nachtland, der ich mich aber hiernach nicht mehr widmen möchte.

    Natürlich hat auch dieses Buch seine Momente. Zwischen eher langweiligen Ideen für Monster, stecken auch ein paar durchaus sehr spannende, weil abstrakte oder mysterlöse Konzepte, denen mehr Beachtung seitens des Autors gut angestanden hätte. Hin und wieder finden sich Sätze, so zitierbar und damit so im Kontrast zum Rest des geschriebenen, dass man fast nicht glaubt sie können vom selben Autor sein. Was ich tatsächlich schon beinahe für einen Geniestreich der Geschichte halte, ist etwas das eigentlich aus dem langweiligen Hin- und Zurückreisen des Protagonisten stammt. Die größten Gefahren stellt Hodgson an den Beginn der Reise und degradiert den Protagonist an dieser Stelle zum Beobachter ihrer Wirkmacht, bis der Protagonist schließlich auf der letzten Etappe seiner Rückreise sie noch einmal passieren und diesmal am eigenen Leib erfahren muss. Das war für mich das mit Abstand positivste Element des Buchs.

    Abschließend kann ich sagen, ich habe Das Nachtland gelesen, damit ihr es nicht müsst. Die Idee mag gut sein und das Buch ein paar gute Momente haben, aber davon abgesehen ist es kaum das Papier wert auf dem es gedruckt wurde. Macht euch nicht die Mühe in einem Antiquariat danach zu suchen und hofft auch nicht auf eine Neuauflage, da draußen gibt es so viele bessere Bücher. Von dem Autor selbst hat es mich eher abgeschreckt. Ich hadere mit mir, ob ich noch etwas von ihm lesen möchte.
    HerrFenrisWolf ist offline

  6. #426 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Gerade während der Corona-Pandemie habe ich es häufig gehört, es wird empfohlen Camus Die Pest zu lesen. Aus einem Zufall heraus, hatte ich mir das Buch gekauft, kurz bevor die Krankheit Europa erreichte. Jetzt kam ich dazu. Erwartet hatte ich nicht viel, Philosophen, so dachte ich, was können die schon für Romane schreiben? Offensichtlich wurde meiner Erwartung um ein Vielfaches überboten, denn nach vier Tagen habe ich es jetzt ausgelesen.

    Die Pest kommt als Bericht daher, den der fiktive Erzähler, welcher zuerst seine Identität verschleiert, so objektiv wie möglich halten möchte. Dieser Anspruch macht es zu keinem besonders spektakulären Buch. Wer hofft dass hier eine Actionszene, oder eine tragische Liebe die Emotionen befeuert, wird enttäuscht. Dabei bietet die Geschichte all diese Dinge, zumindest streift es die Gelegenheiten dazu. Nein, es ist der objektive Bericht, die treffende Beobachtung, niedergeschrieben in klaren Worten, um den Verlauf einer Katastrophe wiederzugeben. Manchmal entsteht dadurch eine Distanz, da der Bericht Emotionen nur beschreibt und nicht zeigt, die menschliche Nähe zu den Figuren missen lässt, aber es ist eine gewollte Distanz.

    Die Geschichte trägt sich irgendwann in den 1940er Jahren in der französischen Kolonie Algerien, in der Stadt Oran zu. Wir als Leser folgen dem Geschick des Arztes Dr. Rieux und dessen Bekannten. An Hand dieses Ensembles, aus deren Erinnerungen und Aufzeichnungen speißt sich der fiktive Bericht. Camus arbeitet sich an den Veränderungen in der Gesellschaft, der Stimmung, dem Umgang mit Leben, Arbeit, Liebe und Tod über den gesamten Verlauf der Katastrophe ab. Da er die Seuche mehrfach mit dem Krieg vergleicht und immer wieder ausdrückt, dass die Bewohner der Stadt von der Pest belagert werden, die Camus personifiziert, kann die Seuche auch als Entsprechung für den Zweiten Weltkrieg gedeutet werden. Camus Erfahrung dieses Krieges bildet sicherlich die Grundlage für die Erfahrungen die auch seine Protagonisten durchleben müssen.

    In welcher Verbindung das Buch zu Camus Philosophie steht, weiß ich nicht genau zu sagen. Ich schätze jedoch, dass seine Figuren und deren Überzeugungen diesen Anteil abdecken. So verhält sich jede Figur des Ensembles nach ihren eigenen Prinzipien, der Arzt Rieux rettet sich in die Abstraktion, damit er sein Herz abschirmen und scheinbar gefühllos tun kann, was die Stunde gebietet. Journalist Rambert wiederum ist von der Leidenschaft angetrieben unter allen Umständen seine Geliebte wiederzusehen. Trotz aller inneren Unterschiede findet das Ensembel solidarisch zueinander, um am Kampf gegen die Pest mitzuwirken. Ein Kampf, der Camus Philosophie nach ein absurder Kampf ist. So drückt er es an Hand des Arztes aus, dessen Kampf gegen den Tod ein vergeblicher ist und nennt die Pest eine "Niederlage ohne Ende".

    Warum sollte man Die Pest, denn während der Corona-Pandemie lesen? Weil das Buch so viele Parallelen zu unserer gegenwärtigen, nicht fiktiven Lage kennt, so treffend wiedergibt was uns auch umtreibt und realweltlich geschieht, dass es müßig wäre, hier mit der Aufzählung zu beginnen. Ich für meinen Teil bin froh es gelesen zu haben, da ich mein Verstehen der aktuellen Lage dadurch bereichert empfinde.
    HerrFenrisWolf ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (12.10.2020 um 19:02 Uhr)

  7. #427 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Terry Jones - Douglas Adams' Raumschiff Titanic

    Meine Liebe für Douglas Adams Bücher ist eine schwierige. Per Anhalter Durch die Galaxis habe ich wohl viel zu früh als Sammelband in die Finger bekommen, als das ich alles verstanden hätte oder mich auch nur an die Hälfte dessen was nach Buch 1 passiert, erinnern könnte. Wohlgemerkt obwohl ich später noch einmal damit begonnen hatte, einer inzwischen lange verblassten Liebe das Buch auf ihren Wunsch vorzulesen. In Erinnerung geblieben sind mir eher einzelne Szenen und Anekdoten. Später las ich dann die Dirk Gently Detektivromane und fühlte mich genauso wenig schlauer. Adams hat so eine Art den Ausgang mancher Handlung dem Leser vor die Nase zu setzen und gleichzeitig zu verschleiern. Wer mir ohne Umschweife sagen kann, was es mit dem Adler auf sich hat, der Dirk Gentlys Wohnung in
    Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele verwüstet, vor dem ziehe ich meinen fiktiven Hut.

    Was mich an Douglas Adams stattdessen immer begeistern wird, ist die Flapsigkeit und doppelt unterstrichene Absurdität der Dinge, die da passieren, die Schrullen seiner Charaktere, die Dialoge. Alle diese Dinge sind so nonsensical bzw. zu deutsch unsinnig, dass sie für mich die Realität besser abbilden, als manche nicht enden wollende Detailbeschreibung eines anderen Autors. Darum beschäftige ich mich hin und wieder ganz gern mit diesem leider zu früh verstorbenen britischen Autor. Schließlich erfuhr ich, dass er ein Computerspiel geschrieben hatte, namens Raumschiff Titanic, viel mehr noch, dass es sogar einen Roman zum Spiel gibt. Mehr Douglas Adams? Her damit!

    Nach zwei Tagen munteren Lesens, habe ich den Roman durch. Es war ein sehr kurzweiliges Erlebnis. Im Nachwort erläutert der Meister selbst die Entstehung des Werkes. Auf den Seiten von Das Leben, das Universum und der ganze Rest findet sich die Erwähnung eines Raumschiffs namens Titanic, welches kurz nach der Taufe einen plötzlichen Existenzverlust erlitt.

    Es ist ein Witz über ein Raumschiff, genannt wie der berühmte tragische Luxusdampfer, kaum länger als ein Satz. Darin steckte für Adams der Kern einer Idee, viel zu gut, um sie wieder zu vergessen, viel zu gut um sofort einen Roman daraus zu machen, so dass sie in seinem Hirn Jahre lang reifte. Als man ihn aufforderte an einem Computerspiel mitzuwirken, stöberte er die Idee wieder auf, wollte den Kern pflanzen. Tatsächlich hatte er sich vorgenommen nach dem Erscheinen des Spiels, den Roman selbst abzufassen. Seine Verleger hatten jedoch etwas dagegen und legten viel Wert auf ein paralleles Erscheinen beider Produkte. Selbst zu sehr mit dem Spiel beschäftigt, verpflichtete Adams den Monty Python Terry Jones an seiner statt das Manuskript für den Roman vorzulegen. So geschah es...

    Über die Handlung des Buches möchte ich gar nicht viel sagen, denn es ist nicht lang. Das Raumschiff Titanic, Meisterstück seines genialen Konstrukteurs, erleidet zu Beginn seiner Jungfernfahrt Spontanen Existenzverlust, was nicht bedeutet, dass es nicht mehr existiert, es landet nur einfach ganz wo anders. Drei Erdlinge Dan, Nittie und Lucy finden sich bald auf dem Schiff wieder und müssen versuchen wieder zur Erde zurück zu gelangen. Kein einfaches Unterfangen, immerhin haben die Roboter die auf dem Schiff ihren Dienst tun alle Persönlichkeit und zwar alle sehr schrullige, sich langsam zersetzende Persönlichkeiten.

    Beinahe möchte ich es als Glück bezeichnen, dass Terry Jones der Autor eines Buches ist, für welches die Idee von Douglas Adams stammt. Jones Schreibstil hat genau die richtige Note Absurdität, bleibt kaum hinter Adams zurück, dafür ist seine Sprache sehr viel direkter gewählt. So direkt sogar, dass ich am Ende nicht ein einziges meiner Verständnisprobleme hatte, wie sie bei Adams aufkamen. Da Jones die adamssche Autorenschaft so gut stand, frage ich mich wieso man Eoin Coiler und nicht Terry Jones mit dem Schreibens der letzten Anhalter-Romans (Und noch etwas) beauftragte, welcher post mortem wieder gut machen sollte, was Douglas Adams zu Lebzeiten bereute. Ich für meinen Teil habe es sehr genossen, dass mich der 2020 verstorbene Terry Jones nochmal ins Anhalter-Universum mit sich nahm. Dahin, wo Aliens so absurd menschlich sind, dass einem der normale Mensch beinahe fremd wirkt.
    HerrFenrisWolf ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (14.10.2020 um 13:50 Uhr)

  8. #428 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    China Miéville - Perdido Street Station

    Diese Review zu schreiben ist kein leichtes Unterfangen. Ich habe Perdido Street Station auf meine Leseliste gesetzt, weil ich nach Die Stadt & Die Stadt neugierig geworden war, was China Miéville noch geschrieben hat. Beim Stöbern nach weiteren Romanen, hatte Perdido Street Station einen interessanten Titel, war aber nur eine aus einem Wust von Möglichkeiten. Allerdings hatte jemand die Güte, mich darauf hinzuweisen, dass Perdido Street Station eines der besten Miéville Bücher ist und das machte die Wahl recht einfach. Tatsächlich habe ich die Inhaltszusammenfassung auf dem Buchrücken bis heute nicht gelesen. Stattdessen habe ich das ganze Buch verschlungen.

    Die Perdido Street Station ist der zentrale Bahnhof inmitten der Stadt New Crobuzon. Eine Stadt der keine andere Beschreibung würdig ist, als sie das erste Kapitel des Buches leistet, welches in den poetischen, fast schon überladenen Worten eines fremden Neuankömmlings, die ganze Wucht dieses Molochs in feingedrechselte Sätze presst. An dieser Stelle muss reichen, sie als eine Stadt der Gegensätze zu charakterisieren. Industriealisierung und Magie, Arm und Reich, Mensch und fantastisches Wesen teilen sich ihre Straßen.

    In diesem Moloch lebt Isaac, ein freischaffender Wissenschaftler. Jemand beauftragt ihn, die Konsequenzen einer erlittenen Verstümmelung rückgängig zu machen und Isaac stürzt sich in die Arbeit. Zur gleichen Zeit nimmt seine Geliebte, die Künstlerin Lin, den Kunstauftrag ihres Lebens an. Beide Arbeiten sind durch ein unsichtbares Netz aus Beziehungen, Umständen und ungünstigen Zufällen verwebt. Eine Katastrophe bricht über die Stadt herein, die selbst die höchsten Stellen völlig berechtigt in Panik versetzt. Bald schon findet sich Isaac an der Spitze eines Kampfes, gegen eine schier unfassbare Bedrohung wieder.

    Perdido Street Station ist ein ungewöhnliches Buch. China Miéville bedient darin eine Bandbreite spannender Themen und ihm gelingt das Kunststück, ihnen allen genug Raum zu geben und eine mehr als runde, fantastische Geschichte damit zu spinnen. Müsste ich ein übergreifendes Themen benennen, so ist es die Verschmelzung der vermeintlichen Gegensätze, der unzähligen diversen Elemente, in einem hybriden Gesamtbild. New Crobuzon ist in mehr als einer Hinsicht ein kochender Schmelztigel, wie die mythisierten USA, mit den ebenso realen Bruchkanten und Rissen. Die Katastrophe dieser Stadt ist genauso selbstgemacht, wie natürlich.

    Gelesen habe ich es in der dt. Ausgabe von 2014. Das Original erschien im Jahr 2000, eine erste dt. Übersetzung in zwei Bänden gab es 2002. Positiv hervorheben möchte ich die Sprachgewalt der Übersetzung, durch die bereits durchschimmert, dass hier bei der Übertragung eine eigenen titanenhafte Leistung erfolgt sein muss. Mehr als einmal, musste ich Worte googeln, da es sich um altertümlende, nicht mehr gebräuchliche Begriffe handelten, die aber in jedem Fall Bereicherungen des dt. Wortschatz waren. Deswegen führte ich sogar eine Liste. Was an dieser Stelle vielleicht anstrengend klingt, bereitete mir großen Spaß und passte auch perfekt zum Setting des Buches.

    Zu einer vermeintlich objektiven Bewertung dieses Romans bin ich nicht in der Lage. Ich kann nur schwärmen. Es war fantastisch und reiht sich in den Reigen meiner Lieblingsbücher ein. Perdido Street Station ist ein großer Wurf der fantastischen Literatur, in beinahe jeder Hinsicht..
    HerrFenrisWolf ist offline

  9. #429 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Arkadi und Boris Strugazki - Es ist schwer ein Gott zu sein

    Ich habe mal wieder ein Strugatzki Buch gelesen. Es ist schwer ein Gott zu sein teilt sich die Beliebtheitspitze des internationalen Publikums mit Picknick am Wegesrand. Die Autorenbrüder verfassten es in den 60er Jahren, als die Stimmung unter den Kunstschaffenden in der Sowjet Union gerade von den bösen Erinnerungen an die Zeit von Stalins Intellektuellenverfolgungen belastet wurde. Ursprünglich wollten die Brüder eine Mantel- und Degengeschichte auf einem fremdem Planeten für Kinder schreiben. Als jedoch die Partei mit ihren Kritikern, Denunzianten und unterworfenen Autoren gegenüber anderen Schaffenden die Zähne zeigte, fanden mehr und mehr politische Themen ihren Eingang ins Buch.

    Protagonist ist Anton. Als Historiker lebt er unter dem Namen Don Rumata auf einem Planeten, auf dem eine zweite Menschheit existiert. Auf diesem Planeten hat die menschliche Zivilisation etwa den Stand des Spätmittelalters erreicht. Darum schickt die Erde, welche inzwischen ein kommunistisches Utopia ist, ihre Historiker als Beobachter, die vor Ort ihre Basistheorie des Mittelalters überprüfen.

    Don Rumata ist ein reicher Edelmann, welcher in der Hauptstadt des Königreichs Arkanar lebt und Dienst in der Ehrengarde des Kronprinzen leistet. Vor Ort hat der Minister für die Sicherheit der Krone Don Reba eine graue Sturmmannen genannte Bewegung etabliert, die Schriftgelehrte jeder Coleur jagen, gefangen nehmen, foltern und lynchen. Denn alle Schriftgelehrten stehen unter dem Generalverdacht unpatriotische Feinde des Königs zu sein.

    In seiner Rolle als Beobachter reibt sich Don Rumata/Anton an diesem Geschehen auf. Für ihn bricht die Existenz Don Rebas und seiner Sturmmannen eindeutig mit der Basistheorie, da er in ihnen lupenreine Faschisten erkennt. Als Leser verfolgt man, wie Don Rumata versucht wenigstens einige Wenige zu retten und soviel wie möglich von Don Rebas Machenschaften zu durchschauen, wenn er doch nicht eingreifen darf.

    Meiner Meinung nach handelt es sich hier zurecht um einen Klassiker. Das Buch bietet genauso viel leichtherzigen Spaß, in Form der Mantel- und Degenabenteuer Don Rumatas und gleichzeitig philosophische Betrachtungen über das Wesen der Menschheit und ihre vermeintliche Entwicklung zu einer besseren Gesellschaft hin. Speziell in den Gesprächen gegen Ende verdient sich das Buch seinen Titel.
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  10. #430 Zitieren
    Abenteurer Avatar von Julthus
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    Die Götzendämmerung

    [Bild: 518rF77Uf6L._SX342_QL70_ML2_.jpg]

    Es ist ein Buch, das über die Stärke des Menschen spricht. Man weiß Nietzsches Worte zu schätzen, weil sie klug und mächtig zugleich sind. Sehen wir dieses Beispiel: der Übermensch. Er hat im Leben keine Probleme - er hat Herausforderungen! Wenn es Regen gibt, ist der Übermensch zufrieden, weil er seine Haut erquicken kann. Er ist ein Überwinder des Lebens, der ständig in Bewegung ist. Er fürchtet Änderungen nicht, er l i e b t sie. Wenn man über so etwas liest, erhält man viele Lebenskraft und Tatkraft. Man will sofort Bücher lesen, das Wissen erweitern, seine Macht steigern.
    Julthus ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (07.12.2020 um 08:22 Uhr) Grund: In diesem Thread Signatur bitte deaktivieren.

  11. #431 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Nach nur zwei Büchern ist China Miéville zu einem meiner Hausgötter avanciert, was Autoren angeht. Darum war es überhaupt keine Frage, ob ich mehr von ihm lesen würde, speziell Bas-Lag Romane betreffend. Anders als Perdido Street Station genießen die weiteren Bas-Lag Romane keine jüngere Neuauflage in Deutschland, was bedeutet sie sind nur noch gebraucht verfügbar. Meine Ausgabe von die Narbe ist daher aus dem Jahr 2004, als es ähnlich Perdido Street Station, in zwei Bände geteilt veröffentlicht wurde. Hier lest ihr die Review von Band 1, den ich gestern ausgelesen habe. Es ist also eher eine vorläufige Bewertung von der ungefähren Mitte der Handlung aus.

    So wenig ich die Idee mag aus einem Buch zwei Bücher zu machen, so geschickt finde ich den Endpunkt für Buch 1 gewählt. An dieser Stelle endet ungefähr, zumindest für die Protagonistin, der Plotteil, der die Dinge anfänglich in Bewegung gebracht hat, so dass die Plotteile, die sich im Hintergrund zusammenballten im nächsten Band übernehmen können. Perdido Street Station macht etwas ähnliches, aber wenn man es als ein Buch liest, bekommt man das nicht so stark mit.

    Heldin des Buches ist Bellis Schneewein, eine vierzigjährige Linguistin aus New Crobuzon. Die Narbe spielt nicht nur in derselben Welt wie Perdido Street Station, sondern knüpft auch indirekt daran an. Die Ereignisse aus Perdido Street Station haben es Bellis auf Umwegen notwendig gemacht, die Stadt zu verlassen und ins Exil zu gehen. Man muss Perdido Street Station nicht gelesen haben, um es zu verstehen, da Bellis keinen Anteil an dortigen Ereignissen hatte und auch sonst fast nichts darüber weiß.

    Da Bellis New Crobuzon als Heimat sehr liebt, wählt sie sich die Kolonien der Stadt, in der Fremde, als Exil und heuert auf einem Schiff als Übersetzerin an, um sie zu erreichen. Bald schon findet sie sich in einer neuen, außergewöhnlichen Stadt wieder, aus der es kein Entrinnen gibt. Die ebenso außergewöhnlichen Herren dieser Stadt verfolgen undurchsichtige Pläne und Bellis beginnt langsam diesen auf die Spur zu kommen.

    In Die Narbe geht es viel um die Seefahrt, den Ozean und die Meeresbewohner von Bas-Lag. New Crobuzons Handelsbeziehungen spielen genauso eine Rolle, wie fremde Völker und niedergegangene Kulturen. China Miéville ist ein großartiger Weltenbauer und erweitert Bas-Lag um viele passende Facetten. Wie Perdido Street Station ist Die Narbe ein bunter Blumenstrauß interessanter Themen, Ideen und Spins, ähnlich aufwändig gesteckt nur aus anderen Blumen zusammengesetzt. Ich bin gespannt wie Band die Geschichte beendet.
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  12. #432 Zitieren
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    China Miéville - Leviathan

    Da bin ich wieder. Leviathan ist durchgelesen, also Die Narbe Band 2 sozusagen. Die Zweiteilung des Buches funktionierte für das Ende von Band 1 noch sehr gut. Für den Beginn eines Band 2 taugt sie eher nicht. Das war zu befürchten. Ich hoffe niemand hat damals Leviathan als Einzelroman gekauft und gelesen, denn derjenige hätte dann nur ein Fragment gehabt, auf dessen Grundlage er die Geschichte nicht vollstänndig erfassen oder begreifen konnte. Zumindest das Impressum in Leviathan ist in der Hinsicht einigermaßen klar.

    Die Pläne der Stadtoberen von Armada erreichen ihre finale Phase. Mehr denn je ist Protagonistin Bellis Schneewein Spielball anderer. Ab hier tritt die Figur Uther Doul ganz besonders stark in Bellis Leben. In dem Leibwächter und ungekrönten Arenachampion steckt der Geist eines leidenschaftlichen Forschers. Umso mehr baut China Miéville Bas-Lag aus. Wir erfahren von der Frühgeschichte der Welt, dem Geisterhaupt-Imperium. Dadurch werden auch Dinge aus Perdido Street Station umso klarer, ohne dass Die Narbe/Leviathan dabei besonders referenziell wäre.

    Jetzt da ich das Ende kenne, kann ich sagen auch Die Narbe/Leviathan ist ein ganz großer fantastischer Roman. China Miéville verwendet seine Handlungselemente wie ein Hütchenspieler, der Fortgang der Handlung ist die Kugel. Als Leser verfolgt man den Verlauf der Kugel und Meister Miéville macht es in einer Geschwindigkeit, die uns gut folgen lässt. Doch mit jeder Drehung, jedem Twist der Hütchen ergibt sich ein neues Bild am Tisch, steht die Kugel in neuem Kontext. Die Narbe/Leviathan ist in seinem Herzen eine Geschichte über Spionage, Manipulation und Möglichkeiten, gepaart mit der ewigen Metamorphose von Bas-Lag, umso passender der Stil in dem die Dinge passieren.

    Ich bleibe dabei Perdido Street Station ist insgesamt das meisterlichere Werk. Die Narbe/Leviathan muss sich dahinter jedoch nicht verstecken. Im Gegenteil, je mehr ich von Bas-Lag lese, desto weniger kann ich auf nur eine Geschichte darüber verzichten.
    HerrFenrisWolf ist offline

  13. #433 Zitieren
    Abenteurer Avatar von Julthus
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    Wissenschaft als Beruf

    von
    Max Weber

    Ein ausgezeichnetes Buch, das ein Vergleich zwischen der Wissenschaft in den USA und Europa durchführt. Es erklärt die amerikanische Ehrgeiz und Produktivität und gibt Ratschläge für europäische Erforscher.

    Zweitens: Wissenschaft als Beruf spricht über einen wichtigen Prozess, namens ''Entzauberung der Welt''. Wissenschaft enträtselt Leben, d.h. tötet Gotten, schafft Klartext über Galaxis und vernichtet Leid und Krankheiten mit Wissen über Erholung, strategische Kräfte-Sammlung und wirkungsvolle Ernährung. Wenn man das gute Blut haben will, soll man rotes Fleisch essen - das ist eine Entdeckung der Erforscher und wir wissen es dank der Wissenschaft. Daher bringt sie uns bei, wie können wir unsere Macht steigern.
    Julthus ist offline

  14. #434 Zitieren
    Legende Avatar von Ajanna
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    Zitat Zitat von Julthus Beitrag anzeigen
    ...
    Wissenschaft als Beruf

    von
    Max Weber

    Ein ausgezeichnetes Buch, das ein Vergleich zwischen der Wissenschaft in den USA und Europa durchführt. Es erklärt die amerikanische Ehrgeiz und Produktivität und gibt Ratschläge für europäische Erforscher.

    Zweitens: Wissenschaft als Beruf spricht über einen wichtigen Prozess, namens ''Entzauberung der Welt''. Wissenschaft enträtselt Leben, d.h. tötet Gotten, schafft Klartext über Galaxis und vernichtet Leid und Krankheiten mit Wissen über Erholung, strategische Kräfte-Sammlung und wirkungsvolle Ernährung. Wenn man das gute Blut haben will, soll man rotes Fleisch essen - das ist eine Entdeckung der Erforscher und wir wissen es dank der Wissenschaft. Daher bringt sie uns bei, wie können wir unsere Macht steigern.
    Max Weber ist eh ein guter. Ich kann nicht verstehen, dass er nicht im Lehrplan der Schulen steht.
    Ajanna ist offline

  15. #435 Zitieren
    Abenteurer Avatar von Julthus
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    Zitat Zitat von Ajanna Beitrag anzeigen
    Max Weber ist eh ein guter. Ich kann nicht verstehen, dass er nicht im Lehrplan der Schulen steht.
    Richtig! Webers Klugheit ist ein echter Jubel.
    Sie sollte mehr populär sein und daher diskutiere ich über sie ständig mit meinen Freunden.
    Julthus ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (22.12.2020 um 09:06 Uhr) Grund: In diesem Thread Signatur bitte deaktivieren.

  16. #436 Zitieren
    Halbgott Avatar von Progrinator
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    Zitat Zitat von Ajanna Beitrag anzeigen
    Max Weber ist eh ein guter. Ich kann nicht verstehen, dass er nicht im Lehrplan der Schulen steht.
    ich finde allgemein schlimm, dass so alte Schinken auf dem Lehrplan stehen. Das will doch kaum jemand lesen.
    Progrinator ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (28.12.2020 um 20:05 Uhr) Grund: In diesem Thread Signatur bitte deaktivieren.

  17. #437 Zitieren
    Legende Avatar von Ajanna
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    Zitat Zitat von Julthus Beitrag anzeigen
    Richtig! Webers Klugheit ist ein echter Jubel.
    Sie sollte mehr populär sein und daher diskutiere ich über sie ständig mit meinen Freunden.
    Benutzt du ein Übersetzungsprogramm? Ich fürchte, es ist nicht sehr gut.

    Zitat Zitat von Progrinator Beitrag anzeigen
    ich finde allgemein schlimm, dass so alte Schinken auf dem Lehrplan stehen. Das will doch kaum jemand lesen.
    Wenn der olle Schinken besser ist, als der neue Quark...
    Ajanna ist offline Geändert von Ajanna (28.12.2020 um 20:38 Uhr)

  18. #438 Zitieren
    Charon. Be my guest! Avatar von Wocky
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    Zitat Zitat von Ajanna Beitrag anzeigen



    Wenn der olle Schinken besser ist, als der neue Quark...
    ..
    Wocky ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (31.12.2020 um 09:44 Uhr) Grund: In diesem Thread Signatur bitte deaktivieren.

  19. #439 Zitieren
    Waldläufer Avatar von Drottning Katt
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    Toller vierter Band einer tollen Reihe. Macht auch beim zweiten Lesen noch Spaß. Ich mag hier vor allem das Worldbuilding mit den vielen Welten zwischen Chaos und Ordnung. In diesem Band stehen die Drachen im Fokus.
    Drottning Katt ist offline

  20. #440 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    China Miéville - Der eiserne Rat

    Auch mit China Miévilles letzten Ausflug nach Bas-Lag bin ich nun durch. Für Der eiserne Rat gilt ähnliches wie für Die Narbe. Es wurde nur einmal im Deutschen verlegt, 2004 und ist deshalb nur noch gebraucht verfügbar. Allerdings ist es auch wirklich nur ein Buch und nicht wieder aufgeteilt.

    Das Buch spielt ca. 20 Jahre nach Perdido Street Station. Eine Gruppe Arbeiter, Vertreter des Gremiums, verlassen New Crobuzone auf der Suche nach einem gemeinsamen Freund, der sich auf den Weg zum legendären Eisernen Rat gemacht hat und von der städtischen Miliz verfolgt wird. Angeführt wird die Gruppe von einem Kaufmann namens Cutter, der für diesen Teil der Geschichte unser Protagonist ist. Die Suche nach seinem Geliebten wird zu einer kleinen Weltreise.

    Ein weiterer Protagonist ist der junge Verladearbeiter Ori. Ori steht den Gruppen des Gremiums nahe, besucht Podiumdiskussionen linker Untergrundparteien, hilft in einer Suppenküche für Obdachlose aus und beginnt langsam sich zu radikalisieren. Denn die Stimmung in der Stadt kocht. New Crobuzone befindet sich im Krieg mit der Handelsstadt Tesh und desillusionierte Kriegsheimkehrer entlarven die Propagandalügen der Heimatfront.

    Auf diese Weise wechselt das Buch immer wieder zwischen der Außenperspektive in den Weiten Bas-Lags und der Innenperspektive im städtischen Moloch. Etwa in der Mitte erhalten wir einen neuen Hauptprotagonisten und dessen Geschichte als eine Rückschau in die Zeit vor ca. 20 Jahren, die dem Leser erklärt was eigentlich der Eiserne Rat ist.

    Dadurch beschert Miéville dem Buch meines Erachtens nach ein Strukturproblem. Ein signifikanter Teil des Buches etwa in der Mitte ist eine Rückschau in eine 20 Jahre vor der eigentlichen Handlung zurückliegende Zeit. Beim Lesen dachte ich, ok das handelt er jetzt in aller Kürze ab, aber nein. Der Rückblick ist viel mehr als nur ein kurzes Kapitel. Der Inhalt dieses Rückblicks ist enorm wichtig, ohne ihn könnte das weitere Buch nicht funktionieren. Es wirft nur die Frage auf, warum beginnt das Buch nicht genau mit dieser Stelle und macht keinen Zeitsprung um 20 Jahre?

    Nun damit wäre das anfängliche Mysterium um den Eisernen Rat keines mehr, zumindest für den Leser nicht und manche emotionale Entwicklung oder Motivationen von Figuren wäre für den Leser vielleicht ineffektiver. So weiß ich selbst keine befriedigende Lösung für diesen von mir als Problem wahrgenommenen Umstand. Durch den Einschub erhält auch eine der Protagonistenparteien sehr viel mehr Gewicht als die andere. Wenn beide Erzählstränge sich gegen Ende verbinden, wird klar, dass einer der Protagonisten beinahe zur Gänze auserzählt ist und ein eher stiefmütterliches Dasein im Fahrwasser des anderen fristet. Die Verbindung passiert nicht ohne jedes Geschick, wirkt aber unter dem Strich eher funktional, denn genial, wie man es nach Perdido Street Station von Miéville erwarten würde.

    Das Buch arbeitet sich an einem Aspekt New Crobuzons ab, der bereits in Perdido Street Station schmerzlich dargelegt wurde, den Kampf der Unterdrückten und Ausgestoßenen. Miéville fächert dieses Thema in einer Vielzahl von Aspekten aus, den Symbolen, den Hoffnungen, den politischen Vordenkern, den Radikalen. Der Krieg mit einer anderen fremdartigen Handelsstadt ist dafür ein sehr guter Katalysator. Das Finale, in welches dies alles mündet, ist außergewöhnlich. Durch die erneute Wahl von New Crobuzone als einflussreichen Handlungsort, macht der Autor die Stadt Synonym mit seiner Fantasywelt Bas-Lag.

    China Miévilles Buch ist wieder ein fantastischer Roman, zwar mit Schwächen im Vergleich zu den anderen Bas-Lag Romanen, aber doch großartig. In meiner persönlichen Bestenliste der Bas-Lag Romane würde ich es gleichauf mit Die Narbe einordnen. Bei einem Fotofinish wöllte ich gar nicht sagen, welches Buch die Milisekunde eher ins Ziel kommt. Perdido Street Station stößt es jedenfalls nicht vom Thron.
    HerrFenrisWolf ist offline

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