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Natürlich tat er das, wie konnte er ihn verweigern. Die Pinkertons machten genug Druck, sie beschworen ihn immer dazu, jede noch so triviale Tätigkeit zu untersuchen. Shinji war weit hinter den angeschlagenen Zahlen hinten, die Kollegen rissen sich um all die Fälle, die Geld reinbringen würden. Bald nach Einstellung hatte er sich den Ruf erarbeitet, derjenige zu sein, der als letztes den Finger krümmte. Der letzte am Anschlagboard, der letzte am Tatort zu sein. Shinji und sein festes Gehalt, was brauchte er einen Bonus?
Nun war er bloß hier, weil alle anderen in diesen Tagen bereits verbucht waren. Das kam selten genug vor, aber in den letzten Wochen umso häufiger. Die Pinkerton Detektei war ausgelastet und die letzte Arbeitskraft, die noch nicht komplett verzweifelt durch die Detektei gesprungen war, war der Praktikant. Frage der Zeit: Das Kaffee Kochen war in diesen Tagen manchmal eine aufopfernde Aufgabe, die einen gestresst und müde ins Bett fallen ließ. Was blieb war, die Welt drehte sich schneller als gewohnt. Hätte er es empirisch untersuchen müssen oder eine Abhandlung über die Pinkerton Fälle der letzten Monate verfasst, er wäre zum Schluss gekommen: Das Chaos regiert.
Die Asari war eine dankbare Kundin, der angeschlagene Preis weit über dem Marktpreis. Aber jetzt musste Shinji auch liefern. Sie würde Resultat sehen wollen. Wenigstens eine Herausforderung. Vielleicht lag es an seiner Widerwilligkeit neue Jobs anzunehmen, aber Shinji hatte eine herausragende Quote an gelösten Fällen. Manche meinten, er würde sich nur die leichten Fälle aussuchen, andere stießen sich daran an, dass er gerne mal länger brauchte, als vernünftig war. Aber irgendwie lieferte er dann doch immer Resultate, die zufriedenstellten.
Dennoch, seit er bei Pinkerton angestellt war, hieß es, die Aufträge anzunehmen und bestenfalls zeitig zu erledigen. Die Tage der verdrießlichen Auftragsauswahl, wo man gerne mal das Bespitzeln des Ehemanns für ein paar freie Tage ausließ, waren vorbei. Die Kassa war knapp, er war chronisch klamm. Das beantwortete die Frage sogar, Shinji brauchte einen Bonus. Bald war Zahltag. Glücksspiel und Asari. Nicht so zerstörerisch wie Red Sand, aber an manchen Tagen doppelt so verschwenderisch. Er setzte sich die Sonnenbrille auf, als die Asari zu der Hausbar schlenderte. Das großzügige ausgestattete Wohnzimmer, welches reich mit Fenstergläsern ausgestattet war, ließ genug Sonne durch, um den Move zu legitimieren und ihn nicht als vortrefflichen Douchebag dastehen zu lassen. Die Wohnung lud die Sonne Illiums frühmorgens ein und sie blieb zu Gast bis in die späten Abendstunden. Antike Sonnensymbole der Asari-Kultur schmückten die Bar zusätzlich, eine Kollektion an Cocktail-Gläsern und Trophäen aus der Militärzeit waren hinter der Bar aufgestellt.
Kommando-Unit, uh… Er rümpfte kaum sichtbar die Nase, aber seiner Kundin war es wohl aufgefallen, als sie ihm ein Lächeln zuwarf zwischen ihm und dem Orden des Citadel-Blitz.
Shinji fuhr mit einem Finger an der Bar entlang, um cool zu bleiben. Die Asari machte sich daraufhin einen Drink. Fruchtig und kühl würde er werden, schätzte Shinji. Sie bot ihm einen an, aber lehnte dankend ab. Er log: „
Ich trinke während der Arbeit nicht…“
„Ja“, pflichtete sie ihm bei, und überlegte den Drink stehen zu lassen, nur um ihn dann doch zu genießen. „Auf Illium durchaus klug.“ Sie leerte den Drink zur Hälfte mit zwei Schlücken, kurz drückte die Kälte auf die Stirn. Verwundert war er über die Trunklust nicht, die leichte Fahne verfolgte die Asari schon seit er ihr die Hand geschüttelt hatte. Der Verlust einer Schwester, besonders wenn es ein Freitod war, schlug immer auf die Seele, manchmal half Alkohol weiter. Glaubte man zumindest. Redete man sich ein. „Die Militär-Orden hat sie stets mit voller Stolz hergezeigt… Für sie gab es im Krieg nur die Ehre; aber der Horror… den hatte sie stets verdrängt.“
„Bis er sie eingeholt hat?“, riet Shinji ins Blaue. Die Asari zuckte mit den Schultern. Sie wusste es selbst nicht, aber der Blick sagte ihm, es wäre eine Möglichkeit. Eine unter vielen. Aber der zweite Anhaltspunkt für ihn.
„Sie würde nicht die erste sein, die irgendwann unter den traumatischen Erlebnissen zusammenbricht, und…“ Er ließ den Satz im Raum hängen, wandte sich stattdessen ab. Hinter ihm hörte er ein kurzes, japsendes Schluchzen. Mauern, egal welcher Art. Irgendwann wurden sie niedergerissen.