2171 - Citadel, Tayseri-Ward, C-SEC Präsidium 4 - Luceija Natalicia Ascaiath (15 ½)
"No."
So viel Arroganz, da war sich Seargant Iji sicher, hatte er seit seinen letzten 10 Jahren Dienstzeit noch nicht gesehen. Und jetzt, kurz vor dem wohlverdienten Ruhestand, machte ihn diese Art von Verhalten nur umso wütender. Uneinsichtigkeit, obwohl die ein oder andere Marke an seiner Uniform deutlich machte, welchen Stand er hatte. Seit er bei C-SECURITY arbeitete, hatte er niemals mit so vielen Menschen zu tun gehabt wie jetzt. Dort, so leitete er ab, war wohl gerade eine regelrechte Citadel-Hype-Welle übergeschwappt und so gut wie jeder wollte die moderne Raumstation mit eigenen Augen sehen. So weit so gut. Er gönnte ihnen diese Neugier. Dass er seit dieser Welle an Neuzugängen aber nicht nur das dreifache an Papierkram zu erledigen hatte, sondern auch die Kriminalitätsrate deutlich angestiegen war, machte ihn rasend. Für einen Salarianer hatte er gefühlte Ewigkeiten verbracht daran Teil zu haben die Citadel zu einem sicheren Ort zu machen. Dann kamen diese Rotzgören von pubertären Menschenblagen um die Ecke und die Bemühungen versanken im Gulli. Und dann auch noch so ein Fall. "Das ist kein Spaß.", revidierte er mit zackigen Worten. Nach und nach hob er drei verschiedenen Päckchen kurz von der Tischplatte an, die ihn gerade so davon abhielt dem Menschenmädchen den Hals umzudrehen und beteuerte mit ausgeklügelten Phrasen, WIE gefährlich diese Mittel wirklich waren, die man ihr abgenommen hatte. "Seasulfit? Gut für Salarianer. Tödlich für alle anderen.", war er sich sicher und hob das nächste Päckchen, "Und das? Nicht registriert. Muss ins Labor. Dauert wieder Tage, aber sicher auch nicht besser als der Rest." Viel zu laut schlug das Tictacschachtelgrosse Päckchen auf dem metallernen Tisch auf und erzeugte einen deutlich zu lauten Hall für den kleinen Raum. "Sag uns, woher du das hast!", rief er einschüchternd, wobei sein Augenlid nur einen sehr dünnen, berechnenden Spalt seines vergleichsweise riesigen, rechten Auges NICHT bedeckte. Hätte man sich ein bisschen mit der Gestalt des Beamten auseinandergesetzt hätte man sogar bemerkt, dass das Lid in nervoeses Zucken geriet und sich perfekt an die unruhigen, dreigliedrigen Hände des Alien anpasste, die auffordernde Trommelgeraeusche erzeugten.
"Hmm...", raunte es von der gegenüberliegenden Seite des Tisches. "No-ho.", singsangte die Gegenseite und widmete sich ohne weitere Umschweife wieder ihren kurzen Fingernägeln, die sie behäbig von etwas Dreck befreite. Das war nicht das erste Mal, dass er diese Antwort hörte und wahrscheinlich genau deshalb war er kurz davor, dass dem Alien eine Ader auf Stirnhöhe zu platzen drohte. Ijis Finger zogen nun akustisch deutliche Linien auf dem Metall, ehe er auf es schlug, dass ein kurzes Zittern durch die Verhörte zuckte, die sich kurz sogar hatte erdreisten wollen, es sich besonders gemütlich zu machen und die Füsse auf dem Tisch zu kreuzen. Kaum hatte er sie davon abgehalten wanderte er nachdenklich durch den Raum und kratzte sein Kinn.
"Ho sempre detto che questa roba non è mio."1, entgegnete das schwarzhaarige Mädchen genervt auf den Ausbruch des Cops und missachtete dafür sogar die provisorische Maniküre. Eigenartigerweise passte ihr aufmüpfiges Verhalten nur wenig zu ihrem kränklich wirkenden Erscheinungsbild. "Komisch nur, dass wir das aus deiner Tasche gezogen haben.", mischte sich der Zweite im Bunde ein, der sich vom Universalübersetzer alles ins verständliche rücken lies. Sein voluminöser, plattenüberzogener Oberkörper lehnte sich über den Tisch und Raubtieraugen beobachteten das Menschenmädchen wachsam aber neutral. Officer Derim war deutlich weniger lange im Dienst, aber vielleicht war genau das sein Vorteil. Neuere Mitarbeiter der C-SEC-Enforcements hatten zum einen noch etwas mehr Distanz zu Einzelfällen wie diesem, aber zum anderen gehörte unterdessen auch eine kleine Weiterbildung in Sachen Umgang mit Menschen auf den Plan, von dem er jetzt ohne Zweifel profitierte. Er wusste nicht nur um genetisch vollkommen eingespeiste Arroganz sondern auch darum, wie wenig Kooperation mit dem Gesetz gezeigt wurde, wenn es eine unbekannte Einrichtung weit weg der Erde war, die sie anklagte. "Bist du abhängig?", fragte der Salarianer mit einem Mal unverblümt in seiner rassentypischen, zweifrequentigen Stimme. "Sind Sie wahnsinnig? Sehen Sie sich die ID an, das ist n Kind!", schlug Derim sofort ein. "Bedeutet garnichts. Sie kennen die Ratten. Aber ja. Gehörst du zu den Duct Rats? Wer hat dir das aufgetragen? Slingshot?"
"Was? NEIN!", protestierte die junge Frau und sass mit einem Mal fast schon aufrecht. Die aggressiv verzogenen Augenbrauen unterstrichen den giftigen Blick klarer, grell-grüner Augen. Auftrumpfend wollte sie ihre Empörung direkt mit einem ausgestreckten Finger in die Richtung der Cops deutlich machen, woraufhin diese aber weniger ungehalten reagierten und sicherheitshalber zumindest eine dreifingrige Hand die Waffe an seiner Seite sicherheitshalber abtastete. Jugendlich oder nicht, potenziell war erstmal jeder eine Gefahr. "Stecken Sie mich besser nicht mit diesen asozialen Dreckstücken in eine Schublade!" Auch Luci sah schnell, dass die Hände der Beamten an Stellen gerieten, die sie besser nicht provozieren sollte und steckte vorerst zurück. "PASS AUF wem du hier drohst, Kleine!"
Für einen Moment hielt sich die Stille wie ein dicker Nebel in der kleinen Verhörbox. Blicke tauschten sich aus. Langsame Schritte des Vorgesetzten zogen sich auf seiner Seite des Tisches hin und her, bis man meinen konnte, dass er eine Furche in den Boden treten wollte. "Das. Ist KEIN. Kavaliersdelikt.", sprach er deutlich aus, blieb irgendwann mitten in seinem Gang stehen und fokussierte die Halbitalienerin wieder. "Dealen. Auf meinem Ward. Auf MEINER Station. Gemeingefährlich. Naiv. Sehr naiv. Wird mit hoher Jugendstrafe versehen. "Knast". Auch für kleine Mädchen."
"Ma non si può nemmeno dimostrare niente a me."2
"Ach nicht? Überall sind Kameras. Kann jeden deiner Schritte nachprüfen, wenn ich will. Meinst du, das reicht nicht? Du bist außerdem auf frischer Tat ertappt. Schwer sich hier noch rauszureden. Siehst du?", bevor er den Gedanken zu Ende spinnte, nickte er Derim zu und der Officer führte nur wenige Eingaben in seinen Hololaptop aus, bevor er den Rahmen problemlos umdrehen konnte und die Kameras präsentierte. Iji schaltete sich inmitten der Aufnahmen, die zeigten, wie Luci bei zwei anderen Personen an einer Seitenstraße des Rejek-Bezirks stand und vorbeilaufende Passanten ansprach, ein. Die Absprache bei der Kette an Ereignissen schien gut ausgeklügelt für das Alter, aber längst nicht so gekonnt wie bei anderen Straftätern, soviel war sich Iji sicher. "Sieht ziemlich professionell aus. Nicht das erste Mal?" Als in die Szenerie die beiden Beamten kamen, die die Schwarzhaarige bei ihrer Straftat in flagranti erwischt hatten, drehte der Turianer das Bild wieder zu sich um. Ihre Begleiter waren schneller verschwunden, als sie bis drei zählen konnten, sodass die einzig Dumme die den Scheiß nun ausbaden durfte Luci war. Das hatte sie noch gut genug in Erinnerung, ohne das Video wirklich zu Ende sehen zu müssen.
"Quante volte faccio a dire? Siamo stati in attesa di qualcuno. Questo non è il mio. È la loro merda!"3
"Rospo ripugnante.."4, knurrte die Jugendliche hinterher - deutlich genug um wenigstens Fetzen davon auch bei des Salarianers Übersetzer ankommen zu lassen. Zwar war die Übersetzung alles andere als exakt, aber das, was ankam, reichte dem Beamten schon um das Verhör beinahe eskalieren zu lassen. Doch zum Glück für alle Beteiligten wurde Seargant Iji jäh unterbrochen, als es an der Türe klopfte und eine Asari den Kopf in die Verhandlungen steckte. "Sir, wir wären dann bereit für die Blutprobe. Und Tiang richtet aus, es will Sie dringend jemand sprechen."
1 Ich hab schonmal gesagt, dass das Zeug nicht mir gehört.
2 Ihr könnt mir doch nicht mal was nachweisen.
3 Wie oft soll ich das noch sagen? Wir haben auf jemanden gewartet. Das gehört mir nicht. Ist deren Scheiße.
4 Widerliche Kröte.